e e Erſtes Blatt. 5 Vieruheiner Anzeiger ———— Ur. 57. 5 —— Samstag, den 20. Juli 1901. 17. Jahrgang. ————p England und Transvaal. London, 18. Juli. Nach einer hieſigen Meldung hatte die Regierung ſich überzeugt, daß der Krieg noch lange dauern muß, und ſuche nun wenigſtens ſeine rieſigen Koſten zu reduzieren. Von den 50000 Mann auserleſenen be⸗ rittenen Truppen, welche Kitchener an Stelle der heimge⸗ ſandten Infanterie fordert, ſollen nach Kitcheners Plan drei größere Abtheilungen gebildet werden, um den drei Haupt⸗ korps der Buren mit leichteſtem Train unabläſſig auf den Ferſen zu bleiben. Der Infanterie würde die Deckung der Verbindungslinien und die Rückendeckungen der Reiterſchaaren zufallen. Kitchener ſoll überzeugt ſein, mit 180 000 Mann den Krieg gründlich beendigen zu können. Brüſſel, 18. Juli. Nach Berichten aus Lourenzo Marques breitet ſich der Abfall der Afrikander infolge der Hinrichtung mehrerer Afrikander derart aus, daß in den letzten Wochen allein 5000 Afrikander zu den Buren ſtießen. Die Kommandos Scheepers, Herzog, Malan und Fouche find ausſchließlich aus Afrikandern(Kopburen) zuſammengeſetzt. Haag, 18. Juli. Die holländiſche Preſſe erwägt den Vorſchlag, die Burenfrauen und Kinder, die derzeit in den Konzentrations⸗Lagern von Bloemfontein und Prätoria der Krankheit und dem Hunger ausgeſetzt find, auf Koſten des internationalen Burenkomitees nach Holland überführen und hier während der Kriegsdauer verpflegen zu laſſen. London, 18. Jul.„Daily Mail“ meldet aus Prä⸗ toria vom 16. ds.: Die Nachrichten über von den Buren bei Vlakfontein begangenen Grauſamkeiten haben ſich als unbegründet herausgeſtellt. Die Buren handelten während des Krieges mit wenig Ausnahmen immer human und großmüthig.(Das wird die Engländer nicht hindern, ver⸗ logene Nachrichten über Burengrauſamkeiten immer wieder auf's Neue zu verbreiten, um die Schändlichkeiten der eigenen Kriegsführung nach Möglichkeit zu verdecken. D. R.) Die Ereigniſſe in China. Shanghai, 16. Juli. Prinz Chun iſt auf ſeiner Reiſe nach Deutſchland heute Früh hier eingetroffen. Ein offizieller Empfang fand nicht ſtatt. Petersburg, 18. Juli. Ueber die Abſichten Rußlands bezüglich der Mandſchurei erfährt ein der Präventivzenſur unterworfenes ruſſiſches Blatt: In Peking behaupte ſich das Gerücht, Rußland habe China mitgetheilt, es werde die Mandſchurei nur zurückgegeben, wenn es dafür einen größeren, an das Gebiet von Sſemipalantinsk grenzenden Bezirk und einen an den Hindukuſch ſtoßenden größeren Theil des weſt⸗ lichen Tibet erhalte. Rußland habe außerdem noch andere Forderungen geſtellt, die aber nicht die Hergabe von Land betreffen. Ausland. Antwerpen, 18. Juli. Vom Congo an Bord des Dampfers„Anvers ville“ zurückgekehrte Paſſagiere berichten, daß die beiden Offiziere, die wegen Ermordung von 31 Schwarzen, darunter mehrere Frauen, angeklagt waren, vom Schwurgericht zu je 25 Jahren Gefängniß verurtheilt worden find. Bekanntlich wurden die Schwarzen auf Befehl der Offiziere erſchoſſen, weil ſie ſich geweigert hatten, vor ihnen zu tanzen, zu einer Zeit, als ſie eine Leiche im Dorfe hatten und ihre Gebräuche ſolange den Tanz unterſagten. Nah und Fern. — Die Obſternteausſichten Deutſchlands für dieſes Jar ſind im großen Durchſchnitt nicht ungünſtig. Der praktiſche Nathgeber im Obſt⸗ und Gartenbau hat auf Grund von 519 Berichten aus ſeinem Leſerkreis feſtgeſtellt, daß Aepfel und Birnen nur mittlere Ernten geben und zwar Birnen noch geringer als Aepfel. Steinobſt, Kirſchen, Pflaumen und Zwetſchen laſſen beſſere Ernten, wie voriges Jahr er⸗ warten, auch Nüſſe ſind beſſer. Sehr voll hängt alles Beeren⸗ obſt, ſogar Erdbeeren haben trotz des ſehr großen Froſt⸗ ſchadens recht gute Ernten geliefert. Für das Großherzogthum Heſſen in's be⸗ ſondere geſtalten ſich die Ausſichten für Aepfel und Birnen bedauerlicherweiſe, wie überall, nur gering, dagegen läßt Stein⸗ und Beerenobſt gute Ernten erwarten. Sollte ſich jemand noch eingehender für die Obſt⸗ ernteausſichten intereſſieren, ſo kann er gratis die betreffende Nummer des praktiſchen Rathgebers vom Geſchäftsamte zu Frankfurt a. O. erhalten. — Luhns Seifenfabrik in Barmen erhielt für nach China gelieferte Seife mehrere Dankſchreiben von unſeren im fernen Oſten ſtreitenden Söhnen. Eine der Karten hat folgenden humoriſtiſchen Wortlaut: Man⸗Tſchöng. „Den beſten Dank für Ihre Sendung! Bei uns iſt Seife nicht Verſchwendung; ſchon oft hat ſie nach heißen Stunden von„Dreck“ und Schweiß uns hier entbunden. Drum beſten Dank richtet an Sie hiermit die Schwaben⸗Kompagnie.“ Lud wigs hafen, 18. Juli. In der Nähe von Mundenheim iſt die Baufirma Menzel damit beſchäftigt, Straßen aufzufüllen, wozu das Material auf einer ſog. Feldbahn herbeigefahren wird. Vorgeſtern früh entgleiſte nun die Lokomotive und ſtürzte den Damm herunter, den Maſchiniſten Ludwig Fiſcher unter ſich begrabend. Fiſcher wurde durch den ausſtrömenden Dampf furchtbar verbrüht und war alsbald eine Leiche; er mußte erſt unter der Lokomotive herausgegraben werden. Der Heizer kam mit einigen geringen Verletzungen davon. Die Sandwagen des Zuges blieben auf dem Geleiſe ſtehen. Feudenheim, 18. Juli. Vorgeſtern Mittag ſchlug der Blitz in das Haus des Landwirths Flicker, welches vollſtändig niederbrannte. Die gerade im Orte einquartierte 1. Reiter⸗Batterie des F.⸗A.⸗Regmts. Nr. 14 leiſtete wackere Dienſte beim Löſchen und die Gemeinde ſtiftete deshalb der Mannſchaft nach gethaner Arbeit ein Fäßchen Bier. Bensheim, 18. Juli. Die„Kölniſche Volkeztg.“ ſchreibt:„Bensheim, 12. Juli 1901. Vor einigen Tagen verſchwand dahier die Gattin des Zigarrenfabrikanten A., ohne Angabe ihres Reiſeziels. Einem hier umgehenden glaubwürdigen Gerüchte zufolge fand nun heute in der Frühe ein Piſtolenzwei⸗ kampf ſtatt zwiſchen dem genannten Fabrikanten und dem Großh. Kreisamtmann S. aus dem benachbarten Heppenheim und zwar unter ſehr ſchweren Bedingungen. Der Erſtere, alſo der auf's ſchwerſte Beleidigte ſoll nun auch noch dazu lebensgefährlich verletzt ſein. Man bringt allgemein jenes Verſchwinden undden Zweikampfin urſächlichen Zuſammenhang“. Die Meldung wird beſtätigt; nur wird in Abrede geſtellt, daß der in ſeiner Familienehre gekränkte Fabrikant im Duell auch noch ſchwere Verwundungen davongetragen habe. Beide Betheiligte ſeien im Gegentheil unverletzt geblieben. Heppenheim a. d. B., 18. Juli. Mit der dies⸗ jährigen Generalverſammlung der Spar⸗ und Leihkaſſe, die alljährlich am Ludwigstag ſtattfindet, wird eine ſeltene Feier verbunden ſeſn. An dieſem Tage ſieht Herr Oberlehrer Roos i. P. auf eine 50jährige Dienſtzeit an dieſer Kaſſe zurück. Worms, 18. Juli. In hellen Flammen ſtand kurz nach 1 Uhr das Getreide auf einem Acker unweit der bayeriſchen Grenze an der Eiſenbahnſtrecke Worms— Frankenthal. Es handelt ſich um einen Komplex von etwa 6 Morgen, die verbrannten. Das Getreide war zum Theil ſchon gemäht. Wahrſcheinlich iſt das Feuer durch Funken einer Lokomotive entſtanden. Aus Rheinheſſen, 17. Juli. In dem Orte Rhein⸗Dürkheim hat vorgeſtern Nachmittag während eines Gewitters eine Windhoſe bedeutende Verheerungen ange⸗ richtet. Dächer wurden abgedeckt, Stallungen und Scheunen niedergelegt, Schornſteine abgeſtürzt, mächtige Bäume ent⸗ wurzelt, Grabſteine umgeſtürzt uſw. Die auf den Feldern liegende Frucht wurde in alle Winde zerſtreut. Der Schaden iſt ſehr bedeutend. Darmſtadt, 18. Juli. Am Amtsgericht ereignete ſich dieſer Tage der gewiß ſeltene Fall, daß ein ohne Voll ⸗ macht aufgetretener Anwalt auf Grund des 5 89 der Civil⸗ prozeßordnung in die dem Gegner durch ſeine Zulaſſung erwachſenen Koſten verurtheilt wurde; er hatte unterlaſſen, bis zur Zeit der Urtheilsfällung ſeine Vollmacht zu den Akten zu bringen! Hockenheim, 18. Juli. Die hier und in der Um⸗ gegend vorgeſtern im Quartier gelegene Feldart illerie hatte bei Rheinau auf dem Marſche hierher mit Infanterie und Kavallerie eine Gefechtsübung, wobei ein vor ein Geſchütz Pferd mit ſeinem Reiter zu Fall kam und vom Geſchütz geſpanntes überfahren wurde. Der Kanonier iſt ſchwer verletzt nach Schwetzingen verbracht worden. Adelsheim, 18. Juli. Aus Zimmern läßt ſich der„T. u. Frkb.“ berichten, daß ein dortiger junger Schreiner⸗ meiſter Namens Philipp eine großartige Erfindung gemacht hat. Durch dieſelbe werden in Zukunft alle Eiſenbahn⸗Un⸗ glücke vermieden(22) und die Signale bei den Einfahrten an den Bahnhöfen überflüſſig. Der Erfinder war bereits wegen dieſe Sache vor dem Bezirksamt und in Karlsruhe. Er muß jetzt die Erfindung aus Pappendeckel herſtellen und vorlegen, dann ſoll ſie weiter geprüft werden. — Eine unglückliche Frau iſt die Mutter des Kapellmeiſters Hundt in Schwetzingen. Vor einigen Monaten ſlarb ihr ein 18 Jahre alter Sohn, bald darauf ſolgte ihr Gatte und am Samſlag ertrank ein weiterer 19 Jahre alter Sohn beim Baden im Altrhein bei Ketſch. Schwetzingen, 18. Juli. Am Samstag Abend erſtickte das 3 Monate alte Kind des Maſchinenmeiſters Ernſt Ullrich dadurch, daß der als Beruhigungsmittel dienende Schnullen, den das Kind beim Schlafen im Munde hatte, in den Hals gerieth und ſo den Tod des Kindes herbei führte. Heidelberg, 18. Juli. Das 18. Verbandsſchießen des Badiſchen Landesſhützenvereins und Pfälziſchen und Mittelrheinigen Schützenbundes begann hier am Sonntag. Der impoſante Feſtzug führte 12 hiſtoriſche und 6 ſonſtige feſtliche Gruppen vor. Die Zahl der Schützen betrug etwa — eee— Am Poſtſchalter. Kriminal⸗Roman aus dem Verkehrsleben von Th. Schmidt. Nachdruck verboten. 20. Fortſetzung. XV. Im linken Flügel des Gefangenhauſes in D. wurde am Spätabend des dreiundzwanzigſten October die Klingel gezogen. Nachdem der Gerichts diener die Tühr geöffnet, trat eine tief in ſchwarz gekleidete alte Dame— die Mutter Bäumers— ein. „Kann ich meinen Sohn, den Poſtſekretär Bäumer jetzt noch ſprechen?“ fragte die Eingetretene mit tiefem Weh in der Stimme. „Das geht nicht, Madame!“ „Hier, bitte, leſen Sie dieſes Schreiben vom Richter!“ „Ah ſo! Das ändert die Sache— ich bitte, mir zu folgen* Mit zögerndem Schritt, das Herz zum Zerſpringen voll, folgte die unglückliche Frau dem Voranſchreitenden. „Wie wird er ausſehen, was wird er antworten auf die Anſchuldigung?“ fragt fie ſich. 10 Jet pal— Schließer vor einer kleinen mit Eiſen be⸗ ſchlagenen Thür; nachdem er aufgeſchloſſen, tritt er höflich zurück— es iſt das gegen ſeine Pflicht, allein auch ein rauher Gefangenwärter mag einer ſolchen Scene des Wiederſehens zwiſchen Mutter und Sohn nicht gern beiwohnen, deshalb lehnt er, nach⸗ dem die Frau eingetreten, die Thür leiſe an und geht elnige Schritte zur Seite. Der Verhaftete fitzt an einem Tiſche, vor ihm ſteht eine kleine Lampe, bei deren ſchwachem Schein er in einem Buch lieſt. Die Mutter prallt entſetzt zurück und hält ſich an der Thür, dem Umſinken nahe; der junge Mann ahnt nicht, wer in ſeiner Nähe weilt, er glaubt, es ſei der Schließer, der da eintritt. Was bewegt jetzt das treue Herz der Mutter? Was drängt ihr die Thräne ins Auge? Es iſt die Geſtalt des einzig geliebten Sohnes! Iſt dieſer Mann mit den eingeſallenen Wangen und den hohlen Augen, mit dem ungepflegten Haar und Bart, mit dem bleichen kranken Ausſehen ihr Sohn, ihr Kind, das ſie mit wachſender Mutterluſt hatte aufblühen ſehen u einem ſtolzen, ſchönen Jüngling? Und doch, er iſt es. Bergeſſen iſt alles Leid und alle Trauer um ihn, nur ein Ge⸗ fühl, das Gefühl, ihm jetzt nahe zu ſein, ihm in die Augen zu ſchauen und auszurufen:„Komm an meine Bruſt!“ durchzittert das mütterliche Herz. „Hermann!“ Der Angeredete blickt wie geiſtesabweſend um ſich. Was iſt das für ein Ton, woher kommt die, ach nur zu gut bekannte Stimme? Iſt es Phantaſie? Er ſpringt auf und „Mutter] Theure Mutter! Du hier bei Deinem geüchteten Sohn? O, daß wir uns ſo wiederſehen müſſen!“ Heiße Thränen, die erſten ſeit langen Jahren, rollen über ſeine bleichen Wangen, während er in den Armen der Mutter liegt. „Hermann! Hermann! Unglücklicher! Iſt es wahr, haſt Du Dich in einem ſchwachen Augenblicke vergeſſen? Haſt Du das fremde Gut an Dich genommen? Blicke in das Auge Deiner in Schmerz um Dich vergehenden Mutter!“ Jetzt richtet der Sohn ſeſne Geſtalt hoch auf und heftet ſein thränenumflortes Auge feſt auf dasjenſge ſeiner Mutter. „Bei dem Andenken an meinen theuern Vater ſchwöre ich Dir, daß ich unſchuldig bin! Meine Hand ſoll verdorren, wenn ich das Geld an mich genommen habe,“ ſtößt der Verhaftete, die Hand wie zum Schwur erhebend, hervor. „Das iſt mein Sohn!“ jubelt es im Innern der ſchwer⸗ geprüften Frau.„Ich wußte es, daß Du nicht theil haben kannſt an Gemeinem. Laß Dich jetzt noch einmal umarmen, mein einzig geliebter Sohn.. und dann ſei ruhig und trage Dein Schickſal mit Faſſung, ich werde für Dich beten. Wenn Du dann rein und fleckenlos zu uns zurückkehrſt, dann wollen wir alle in Liebe um Dich wetteifern.“ Der Schließer machte ſich nach einer Weile bemerkbar. Die zur Unterredung bewilligten zehn Minuten waren bereits verſtrichen. „Wir müſſen uns jetzt trennen, Hermann. Bfelleicht biſt Du ſchon bald wieder im Kreiſe Deiner Lieben, in dem Hauſe Deiner an Dich wie an ein Evangelſum glaubenden lieben Braut. Leb' wohl!“ „Lebe wohl, liebe Mutter, und Dank, tauſend Dank für Deine aufopfernde Treue. Möge Gott es fügen, daß ich Dir alles ausgeſtandene Leid tauſendfach mit Freuden wieder vergelten kann. Grüße und tröſte meine Bertha und mein liebes Schweſter⸗ * chen; auch den andern lieben Freunden überbringe einen Gruß von mir und ſage Allen, daß meine Unſchuld nun bald erwieſen werden würde.“ Gefaßt betrat Frau Bäumer die Straße wieder, wo ſie von Droop und Bertha in den Waffen gehoben ward, der dann ſchnell dem Droop'ſchen Hauſe zurollte.— Alle Perſonen, die dem Verhafteten näher ſtanden, ja auch viele andere waren geſpannt auf die Verhandlung, welche in den nüchſten Tagen ſtattſinden ſollte. Der Major glaubte ſteif und feſt an die Freiſprechung ſeines Neffen. Droop ſah mit weniger zuverſichtlicher Gewißheit der Gerichts⸗Verhandlung entgegen, da er nicht einſehen konnte, daß andere Richter anders über den Fall denken als der als tüchtiger Juriſt berühmte Gerichtsrath Korff. Wenn es jetzt nach 5 Willen gegangen wäre, dann hätte er es lieber ge⸗ ſehen, daß dem Verhafteten noch Zeit dazu verblieb, etwaige Beweise gegen ſeine Beſchuldigung durch den Vertheidiger auf⸗ zubringen. Er verſprach ſich freilich viel von der Tüchtigkeit des Letzteren, aber andererſeits konnte es leicht geſchehen, daß alle Beredtſamkeit durch die nackten Thatſachen, die der Staats⸗ anwalt entgegenzuhalten hatte, zu nichte wurde. Auch Linde ſah mit Beſorgniß der Verſammlung entgegen. Mit der von ihm dem Frank geſtellten„Falle“ hatte er bis heute noch keinen Er⸗ folg aufzuweisen. Es war eine große Anzahl von Perſonen zur Gerichts⸗ Verhandlung vorgeladen, unter anderen auch das Burcau⸗Per⸗ ſonal des Adensſchen Geſchäfts. Das Gericht in der kleinen Stadt D. war für den vorliegenden Straffall nicht competent. Dieſer gehörte vielmehr vor das Schwurgericht der Pro⸗ vinzial⸗Hauptſtadt W., was inſofern 2 für Bäumer war, als ein anderer Richter und Geſchworene über ihn zu ur⸗ theilen hatten, die den Verhaſteten nicht perſönlich kannten. XVI. An demſelben Abend, an dem Frau Bäumer ihren ver⸗ hafteten Sohn im Gefüngniß aufgeſucht hatte, ging Linde in Begleitung des Doktor Ebert zur Geſellſchaft„Eintracht.“ Linde ſchmerzte der Kopf von aller Aufregung der letzten Zeit. Was hatte er nicht alles verſucht, um hinter die Schliche des oder der Böſewichte zu kommen, die ſoviel Unheil unter friedliebenden Menſchen angerichtet hatten. 1 Are n rr ̃ ˙ — 4 e — r n Nr N 44 eee e— r 1800. In der Feſthalle fand ein Eſſen zu 12 1500 Ge⸗ decken ſtatt. Begrüßungsreden hielten Namens der Stadt Oberbürgermeiſter Dr. Wilckens, Namens des Schützenver⸗ eins Oberſchützenmeiſter Roesler, Namens des Feſtausſchuſſes Prof. Rohrhurſt; ferner ſprach der Vorſitzende des 17. Ver⸗ bandsſchießens Brück in Gießen. Bei dem um 5 Uhr be⸗ gonnenen Konkurrenz⸗Schießen erhielten Preiſe: Bock⸗Frank⸗ furt, Berthels⸗Wiesbaden, Kilbinger⸗Gießen, Heck⸗Offenbach, Dittrich⸗Landau, Illig⸗Bockenheim, Ganß⸗Mainz, Jung⸗ Frankfurt, Weygand⸗ Worms, Damm Mannheim. Das nächſte Bundesſchießen wird in Neuſtadt a. d. H. abgehal ten. Heidelberg, 18. Juli. Der in den 60er Jahren ſtehende penſionirte Lokomotivführer Ernſt Auguſt Schäfer hat ſich vorgeſtern Nachmittag auf dem Friedhof mit 4 Schüſſen entleibt. Er hinterließ einen Zettel, worauf er bemerkte, daß er vor Schmerzen nicht mehr zu leben möge. Schäfer war der Führer des Zuges, der Kaiſer Wilhelm I. 1870 in den Krieg brachte, wobei er auf der Maſchine ver⸗ wundet wurde.— Am Sonntag Abend ſtürzte der im hieſigen Fuhrhof bedienſtete Fuhrmann Joh. Erni beim Heu⸗ holen auf dem Heuſpeicher der ſtädt. Abfuhranſtalt durch einen Laden, den er aufdrückte, heraus und fiel in einer Höhe von etwa 7 Metern auf das Pflaſter. Er trug ſo ſchwere Verletzungen davon, daß er geſtern Mittag um 11 Uhr ſeinen Geiſt aufgab. Der Verunglückte war 44 Jahre alt. Karls ruhe, 18. Juli. Nun hat Karlsruhe auch ſeinen Vankkrach, der das größte Aufſehen hier und aus⸗ wärts erregen wird. Das Bankgeſchäft des Geh. Commer⸗ dienrath Karl Auguſt Schneider iſt ſeit 14 Tagen in Zahlungs⸗ ſchwierigkeiten gerathen. Die zahlreichen Gründungen dieſes Hauſes, wie die Badiſche Feuerverſicherungsbank, die Geſell⸗ ſchaft für elektriſche Industrie, die Maſchinenfabrik Nagel u. a. haben mit Unterbilanzen im letzten Jahre gearbeitet. Das hätte bas Bankhaus noch ertragen können, es hatte aber auch über ſeine Leiſtungsfähigkeit hinaus Credite ge⸗ währt, welche die Kriſis herbeigeführt haben. Durch das Eintreten der Oberrheiniſchen Bank, der Rheiniſchen Credit⸗ bank, der Reichsbank und anderer Geldinſtitute, welche ſämmtliche Activa und Paſſiva übernahmen, iſt ein Concurs, der unſägliche Verluſte gebracht hätte, verhütet worden. Nichtsdeſtoweniger erregt aber die Liquidation des Schneider“. ſchen Geſchaftes das größe Aufſehen, da es als ſehr reell und gut fundirt galt, und Geh. Commerzienrath und Handels⸗ kammerpräſident Schneider ſich hier des größten Anſehens erfreut. Frankfurt a. M., 17. Jull. Vorgeſtern Nach⸗ mittag ereignete ſich auf dem Localbahnhof Offenbach a. M. ein Unfall, da bei dem von Sachſenhauſen her einlaufenden Zuge die Luftbremſe verſagte. Die Maſchine fuhr über die Drehſcheibe, rannte den Prellbock um und wühlte ſich nach⸗ dem ſie entgleiſt in das Erdreich. Glücklicherweiſe kam, zumal eine große Anzahl Paſſagiere am Bahnhofe anweſend waren, Niemand zu Schaden. Der Verkehr wurde nicht unter⸗ brochen.—(„Hoheit ſchlafen noch!“) Mit dieſem Beſcheid wurden zwei Herren abgewieſen, die einen in einem hieſigen Penſionat logirenden Prinzen Sayn-⸗Wittgenſtein ſprechen wollten. Die Herren hatten es aber eilig, holten „Hoheit“ ganz reſpektwidrig aus dem Bett und fuhren direct mit ihm auf Klapperfeld. Der von dem beiden Criminal⸗ ſchutzleuten, denn das waren die beiden Herren, Feſtgenommene iſt ein ſtellenloſer Kellner, der unter dem Namen eines Prinzen Sayn⸗Wittgenſtein in ganz Deutſchland Hochſtapeleien verübt hat. — Zahlungs einſtellung eines Augs⸗ burger Bankhauſes. Die„Münchener Neueſten Nachrichten“ berichten aus Augsburg, 15. Juli: Das Bank⸗ haus Burkhardt u. Co. hat heute ſeine Zahlungen eingeſtellt. Die Firma beſteht ſeit dem Jahre 1896. Die Inhaber ſind Franz Burkhardt und Karl Lallinger. Zwickau, 17. Juli. Die Verhaftung des Direltors der fallirten Akt.⸗Geſ. Spinnereimaſchinenfabrik Popp in Werdau erfolgt auf Anzeige des Auſſichtsraths bei der hieſigen Staatsanwaltſchaft wegen bedeutender Unterſchleife Bennigs und des flüchtigen Direktors Teichmann. Beide gaben für Privatſchulden Wechſelaccepte der Geſellſchaft und verpfändete Aktien aus dem Geſellſchaftsdepot. Die Bücher ſind zum Theil falſch geführt. Die Aktionäre wurden durch falſche Berichterſtattung getäuſcht. Trotz der Unterbilanz wurden ———. 4 pCt. Dividende vorgeſchlagen. Das Gerücht, daß der flüchtige Direktor Teichmann auf dem Bahnhof Triptis ſich erſchoſſen habe, hat ſich noch nicht beſtätigt. Gera, 18. Juli. Die Kammgarnſpinnerei C. G Neumerkel hat in Folge ihrer Bethelligung bei der Leipziger Bank Konkurs angemeldet. Saarburg, 18. Juli. Ueber die Erſchießung eines italieniſchen Arbeiters durch den Beſitzer des Gutes Oberweiler, Rittmeiſter a. D. v. Stietencron, geht der „Straßburger Bürgerztg.“ folgende Darſtellung zu:„Der Ort Niederweiler baut eine Waſſerleitung, deren Leitungs⸗ rohr auf eine kurze Strecke in das Eigenthum Stietencrons zu liegen kommt. Derſelbe hatte früher hierzu ſein Ein⸗ verſtändniß erklärt und ſich ausgebeten, ihn von dem Beginn der Arbeit in Kenntniß zu ſetzen. Der Bücegermeiſter von Niederweiler begab ſich am Donnerſtag ins„Schloß“ und theilte in Abweſenheit des Herrn Barons deſſen Gemahlin mit, daß anderen Tages mit den Arbeiten begonnen würde. Dieſe nahm die Meldung mit dem Bemerken entgegen, es ſei gut, ſie würde es dem Herrn Baron ſagen. Als anderen Tages 8 bis 10 italieniſche Arbeiter die Arbeit beginnen wollten, forderte ſie Stietencron auf, ſofort ſein Eigenthum zu verlaſſen. Die Italiener verſtanden aber den Baron nicht und machten ſich auftragsgemäß an ihre Arbeit. Daraufhin erſchien er und ſein Sohn— ein beurlaubter Militärkadett — jeder mit einer geladenen Flinte bewaffnet. Der Vater legte an und ſchoß dem Italiener Foſſi mit einer Schrot⸗ ladung auf eine Entfernung von etwa 25 Schritt unter dem linken Arm durch, wodurch eine leichte Verletzung durch einige Schrotkörner verurſacht wurde. Mit einem unmittel⸗ bar folgenden zweiten Schuß und zwar einem Kugel ſchuß wurde Foſſi in der Bruſt quer durchbohrt und ſtürzte todt nieder. Die Aufregung in der Bevölkerung iſt ungeheuer. Schon vor ungefähr drei Jahren hat v. Stieteneron eine in geſegneten Umſtänden befindliche Frau, die es wagte über ſein Eigenthum zu gehen,„verhaftet“ und drei Tag, ohne Speiſe und Trank in ſeinem Eiskeller internirt. Durch die polizeilichen Nachforſchungen nach dem Verbleib dieſer Frau wurde ſie aus ihrem Kerker befreit. Wegen Freiheitsberaubung vor ein Kriegsgericht geſtellt— Stietencron iſt Rittmeiſter a. D. der hieſigen 11. Ulanen— wurde er als unzurechnungs⸗ fähig auf einige Monate einer Irrenanſtalt überwieſen. Die eigene Frau, eine reiche, vornehme und beliebte Dame, eine geborene Schweizerin, hatte ebenfalls unter der Gewalt⸗ thätigkeit ihres Mannes viel zu leiden. Auch ſie mußte mehr⸗ fache über ſie verhängte Arreſtſtrafen bei Waſſer und Brod im Eiskeller verbüßen.“ Wir geben dieſe Nachrichten unter Vorbehalt. Sie ſcheinen nahezu unglaublich. Sollten ſie wahr ſein, dann würden ſie von neuem den Beweis erbringen, daß es im Leben viel toller zugeht, als im tollſten Roman. Wenn ein Romancier eine ſolche Geſchichte einer Zeitung zum Abdruck im Romanfeuilleton überſenden würde, ſo würde er ſie ſeitens der Redaktion mit dem Bemerken zurückerhalten, daß ſo etwas im 20. Jahrhundert unmöglich ſei. Berlin, 17. Juli. Vom Hitzſchlag getroffen wurde am Donnerſtag Mittag ein armes Mädchen, das einen ihm plötzlich zugefallenen Reichthum abzuheben im Begriffe ſtand. Die 25 jährige Fabrikarbeiterin Antonie Strauch iſt die Tochter eines Oberlehrers, der 6 Monate nach ihrer Geburt ſtarb. Ihre Mutter verlor ſie als 8jähriges Mädchen. Sie ſtand als Waiſe allein in der Welt und verdiente ſich ihr Brod durch ihrer Hände Arbeit. Sie iſt mit einem Arbeiter ver⸗ lobt und ſteht vor der Heirath. Da ſtirbt ein Onkel der armen Waiſe, der ſich niemals um ſie bekümmert hatte. Er hatte keine Familie und hinterließ 200 000 Mk., die nun der Nichte zufallen und am Donnerſtag auf dem Gericht in der Neuen Friedrichſtraße abgeholt werden ſollten. In Be⸗ gleitung ihres Bräutigams wollte ſie ſich um halb 12 Uhr auf einer Bank am Alexanderplatz ausruhen, als ſie in Folge eines Hitzſchlages bewußtlos umſank. Der Bräutigam brachte ſie in einer Droſchke nach der Unfallſtation, von wo ſie dem Krankenhaus im Friedrichshain zugeführt wurde. Teplitz, 18. Juli. Ein aus Dresden hier ange⸗ kommenes Ehepaar wurde vergiftet aufgefunden. Man glaubt, daß die Urſache des Selbſtmordes mit Verluſten in⸗ 2 des Zuſammenbruchs der Leipziger Bank zuſammen⸗ ngt. Köln, 18. Juli. Ein hieſiger Poſtdirektor ſuchte einen Briefträger in deſſen Wohnung auf und forderte dieſen auf, einen fehlenden Geldbetrag herauszugeben. Der Brief⸗ träger ergriff ein Dolchmeſſer und ſtieß dem Poſtdirektor das Meſſer 10 Centimeter tief in die kinke Bruſtſeite. Der Zuſtand des Verwundteten iſt, der„Köln. Ztg.“ zufolge hoffnungslos. Der Thäter iſt verhaftet. — Der Mehrheit unſerer Leſer wird wohl der eine oder andere der gebräuchlichen Vervielfältigungs⸗ apparate für Schriftſtücke bekannt ſein, iſt doch faſt in jedem Bureau ein ſolcher Apparat zu finden. Bahnbrechend war in dieſer Richtung der„Hectograph“, welcher von den Apothekern Kwayſſer& Huſack in Semil in Böhmen Ende der 70er Jahre erfunden wurde. Nachdem nun derartige Vervielfältigungs⸗Apparate als ein unentbehrliches Geräth für Bureauzwecke län z anerkannt ſind, muß es eigenthümlich berühren, daß wie s das Intern. Patentbureau von Hei⸗ mann& Co. in Opp ln berichtet, die Haltung eines ſolchen Apparates in Oeſterreſch ohne behördliche Genehmigung unter⸗ ſagt iſt und daß dieſe Genehmigung nicht leicht zu erlangen iſt, ja ſogar ſchon Advokaten verſagt wurde, welche für Kanzleizwecke eines einfachen Vervielfältigungsapparates be⸗ dürfen.— Für Pferdebeſitzer dürfte das von Herrn Carl Gebauer in Tarnowitz erfundene„Streichband für Pferde“ von Intereſſe ſein. Bekanntlich giebt es viele Pferde, welch⸗ beim Gehen die Beine eng aneinander bewegen und ſich da⸗ her oft mit dem einen Beine an dem anderen ſchlagen, wo⸗ durch ſchmerzhafte Wunden entſtehen. Um dieſem Uebel⸗ ſtande zu begegnen, verwendete man bisher Streichkappen oder Streichbänder, welche aber ihren Zweck nicht erfüllen Dieſe Streichbänder ſind nämlich durch Riemen am Bin befeſtigt und da ſich das Pferd beim Gehen fortwäh a Sand und Schmutz auf das Bein wirft, ſo fallen dieſ Un⸗ reinigkeiten zwiſchen Riemen und Bein und reiben die Stollen, wo der Riemen ſitzt, wund. Das Gebauer ſche Streichband verhütet, wie das Intern. Patentbureau von Heimann& Co. in Oppeln ſchreibt, dieſe Uebelſtände dadurch, daß bei ihm kein Riemen mit dem zu ſchützenden Bein in Berührung kommt, ſondern nur aus leichtem elaſtigen Material beſtehende rollende Kugeln.(Obengenanntes Patentbureau ertheilt den geſchätzten Abonnenten dieſes Blattes Auskünfte und Rath in Patentſachen weitgehenſt und bereitwilligſt.) Redaktion, Druck und Verlag von W. Bingener, Vernheim. 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Er ließ daher Beide durch einen Unter⸗ beamten beobachten; auch er ſelbſt nahm an den nächſten Abenden ſeinen Weg durch die Triftſtraße an der Wohnung Hechts vor⸗ bei. Er hatte eine Ahnung, daß ſich hier demnächst noch der letzte Aet des Dramas abſpielen müſſe. Aber ſoviel er auch ſpaͤhte und insgeheim nachfragen ließ, nichts Verdächtiges wollte ſich zeigen, die beiden Männer ſchtenen in offenbarer Feindſchaft miteinander zu verharren. Am zwanzigſten Oktober nun hatte er eine ganz unve hoffte und auch wichtige Entdeckung gemacht. Spät Abends in der Dunkelheit kam Linde von einer kleinen Poſtanſtalt heim, bei der er eine Reviſton abgehalten hatte. Ungefähr eine halbe Stunde vor D. ſah er zwei Männer, die lebhaft mit einander ſprachen, in kurzer Entfernung vor ſich. An der Stimme des einen der beiden Männer erkannte er ſofort Frank. Der Weg, auf dem ſie gingen, führte an einer Schenke vorbei, über deren Thür eine Laterne brannte, die einen großen Raum der Land⸗ ſtraße erleuchtete. Als die beiden Männer vor ihm die erleuchtete Stelle paſſirten, konnte Linde auch den Begleiter Franks er⸗ kennen. Es mußte Hecht ſein, denn die Beſchreibung, die er von jenem Manne, den er nicht perſönlich kannte, erhalten, ſtimmte mit ſeiner augenblicklichen Wahrnehmung überein. Um die beiden voranſchreitenden Männer, die den ihnen Folgenden nicht bemerkten, nicht auf ſich aufmerkſam zu machen, bog Linde kurz vor der Stadt in einen Seitenweg ein. In ſeiner Wohnung angelangt, wollte er anfangs ſofort um Unterſuchungsrichter eilen, um demſelben von der Entdeckung ittheilung zu machen, doch beſann er ſich bald eines Andern, denn, ſagte er ſich, wer weiß, wie der Richter wieder meine Entdeckung aufnehmen wird. Meine Vermuthung mit dem Streifen Telegramm⸗Formular wurde damals ja auch von ihm widerlegt, jetzt wird ſie ſich aber wohl beſtätigen. Seinen Aerger über das Mißlingen des erſten Planes und deß Majors haſtiges Betreiben der Sache wollte er daher heute Abend mit einem Glaſe Wein hinunter ſpülen. Als er mit Doctor Ebert, den er auf dem Wege zum Clubhanſe traf, in das Geſellſchaftszimmer der„Eintracht“ ein⸗ trat, wurde er von den anweſenden Mitgliedern des Vereins ſtaunend begafft; es war ja auch ſchon lange her, daß er in der Geſellſchaft nicht geſehen worden war. Einige Bekannte traten auf ihn zu und frugen neugierig nach dem Stande der Angelegen⸗ heit ſeines Freundes Bäumer; er gab etwas unwillige Antworten. Dann ſetzten er und der Doctor ſich an einen Tiſch, an dem mehrere ältere Herren gerade eifrig über die Auswanderungs⸗ frage ſich unterhielten. Linde und der Doctor hatten keine Luſt, ſich an der Unterhaltung zu betheiligen. Sie ſprachen mit einander über andere Gegenſtünde. Linde ſchien plötzlich zerſtreut. Der Doctor Ebert brach die zweite Flaſche an, und indem er Lindes Glas füllte, äußerte er dabei etwas pikirt: „Sie ſchemen heute Abend keinen Gefallen an der Unter⸗ haltung mit mir zu finden. Wenn ich nicht irre, hören Sie 1 auf das Geſpräch der anderen Herren, als auf meine orte.“ Linde drückte dem kleinen Doctor unter dem Tiſche die Hand und antwortete leiſe: „Stören Sie mich nur heute Abend nicht, Doctor. Ich erkläre Ihnen dann Morgen meine Unaufmerkſamkeit. Vorläufig bitte um Entſchuldigung.“ Der Doctor mochte wohl etwas ahnen, allein er ſchwieg darüber. Man ſaß dann noch eine Viertelſtunde beiſammen. Einer von den Herren am Tiſch ſtand nun auf, um zu gehen. Gleich⸗ zeitig mit ihm erhob ſich auch Linde, dem Dockor einen Wink gebend, daß er ſitzen bleiben möge. Draußen vor der Thür ſchloß er ſich dem Manne, der mit ihm zuſammen aufgeſtanden war, an. Es war der Kauf⸗ mann und Auswanderungs⸗Agent Peters. -Geſtatten Sie mir gütigſt, Herr Peters“, nahm Linde das Wort,„daß ich Sie eine Strecke begleite?“ „Mit Vergnügen, Herr Oberſekretär! Ihre Begleitung iſt mir ſehr angenehm!“ Fortſetzung folgt.) Für Geiſt und Herz. Das höchſte Glück hat keine Lieder, Der tiefſte Schmerz hat keinen Laut, Sie ſpiegeln beide ſtill ſich wieder Der Haß, den man auf erloſchne Freundſchaft pfropfet, muß unter allen die tödlichſten Früchte bringen. Kein Großmaul weiß ſein Eſelsohr zu hehlen. Vor'm Beginnen Sich beſinnen, Macht gewinnen. Gemeinſam leiden macht die Bürde leichter. Hinaus. Durch die Felder mußt Du ſchweifen, Die im Sonnenſtrahle prangen, Durch die grünen Wälder ſtreifen, Iſt das Herz von Gram befangen; Laß von Quellen, laß von Bächen Ueber Dich den Segen ſprechen. Nicht in Deiner dumpfen Klauſe Sitze mit des Schmerzes Geiſtern, Herren werden ſie im Hauſe, Draußen wirſt Du ſie bemeiſtern; Draußen vor dem freien Glücke Fliehn ſie ſcheu und klein zurücke. In der Lüfte Wellen tauche Deine Bruſt, die kummerſchwüle, In des Himmels reinem Hauche Deine heiße Stirne kühle; Schau, allüberall liegt offen Wie gedieg' nes Gold das Hoffen. Wieder lernſt Du frohe Lieder, Und mit menſchlich ſchönem Triebe Lerneſt Du die Liebe wieder, Ach, die längſt vergeſſ'ne Liebe; Quellen, Bäume, Blumenkerzen Im Tropfen, der vom Auge taut. Reden Dir von Menſchenherzen. 5 — * U g 00 ls Vel 18 uu hehe n „ Aged 8 d eh Waſſagzer 4