1 Anzeiger Vieruheimer Nachrichten. Viernheimer Viernheimer Zeitung. Amtsblatt — 2 Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einschließl. Trägerkohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteliährl. der Großherzoglichen Bürgermeiſterei v Telephon⸗Ruf 20. — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— iernheim. Telephon-Nuf 20. erden breinal wöchentlich 1 W ee e A vesboeitetſte und geleſenſte Jeitung in ieenheiem„ „Sonntagbblatt“ u., Sonntagsfeier“. daher beſtes und wirkſamſtes Inſertions · Ovgan. Rekla men: 80 Pfg. die 3⸗Apaltige Sede. Bei mehrmaliger Auftabe Mubatt. Graf Alfred zu Hompeſch, N der langjährige hochverdiente Vorſitzende der Zenkrums⸗ fraktion des Reichstags, iſt im Alter von 82 Jahren am Donnerstag Morgen 10 Uhr geſtorben. Graf Nufred von Hompeſch⸗Rurich war geboren am 16. September 1826 auf Schloß Voordt in Belgien. Nach dem Tode ſeines Vaters bezog er das Schloß Rurich bei Körenzig, Kreis Erkelenz, wo er ſeit ſeiner Verehelichung ſeinen ſtändigen Wohnſitz hatte. Beinahe ſechs Jahrzehnte hindurch hat er in treueſter Pflichterfüllung ſich dem farlamentariſchen Leben gewid⸗ met. Bereits am 23. November 1863 war er auf Prä⸗ ſentation des Grafenverbandes der Rheinprovinz durch Allerhöchſten Erlaß auf Lebenszeit in das preußiſche Herren⸗ haus berufen worden. Er war zuletzt der einzige unter den noch aktiven Mitgliedern des Deutſchen Reichstages, der ſchon der Eröffnung des bonſtituierenden Reichstags des Norddeutſchen Bundes am 24. Februar 1867 beige⸗ wohnt hat, und zwar als Vertreter des Wahlkreiſes Erke⸗ lenz⸗Heinsberg⸗Geilenkirchen. Nahezu 35 Jahre hindurch hat er ununterbrochen den Wahlkreis Düren⸗Jülich im Reichstage vertreten, eine ernſthafte Gegnerſchaft hat ſeine Kandidatur nie gefunden. Wenn er auch als Redner ſelten das Wort ergriff, ſo hat er in parlamentariſchen 1 ſowohl wie auch der Regierung gegenüber ſich ein hohes Maß von Anſehen zu verſchaffen gewußt und es nament⸗ lich bei wichtigen Anläſſen mit Würde und Nachdruck gel⸗ tend zu machen verſtanden. Dies war vornehmlich dann der Fall, wenn er bei großen geſetzgeberiſchen Aktionen und bei Interpellationen, z. B. bei der wiederholten Be⸗ ratung des Jeſuitengeſetzes, im Namen der Zentrums⸗ fraktion kurze und beſtimmte Erklärungen abgab. Mit Graf Hompeſch iſt wieder ein Stück Zentrums⸗ geſchichte ins Grab geſunken. Nicht in dem Sinne, daß ein Name aus der Tageschronik der Partei geſtrichen wer⸗ den müßte, deſſen Träger durch Reden und Schriften, durch weitausgreifende Aktionen der Partei Richtung und Ziele gegeben und in der Tagespreſſe eine eigene Rubrik ausgefüllt hätte! Aber ein Mann verſchwindet aus der Partei, der durch ſeine ausgezeichneten Charaktereigenſchaften, durch ſeine Stellung und ſein Wirken in unermüdlicher, aber beſcheidener, innerer Kleinarbeit zum Mittelpunkt der Reichstagsfraktion, durch ſeine 35jährige parlamentariſche Tätigkeit, durch ſein jugendfriſches Gedächtnis, durch ſeine Erfahrungen und Kenntniſſe der Perſonen und Verhältniſſe zu einem Stück Parteitradition ſelber geworden war. Die Popularität, die er in der Partei genoß, erſchöpfte ſich nicht im Gekanntſein und Genanntſein, ſondern in der Verehrung und Liebe aller ſeiner Kollegen ohne jede Aus⸗ nahme. Und wer in den Reihen ſeiner politiſchen Geg⸗ ner fragen wollte, von Normann bis Bebel, er würde kein bitteres Wort, ſicher kein Feindeswort über den 0 Grafen, wie Freunde und Gegner Hompeſch nann⸗ ten, hören. U Samſtag, den 25. Januar 1909. Wo immer ihn als Parlamentarier die Pflicht rief, da wußte Graf Hompeſch ſeinen Mann zu ſtellen. Wenn viele Hundert Anträge und Reſolutionen ſeinen Namen tragen, ſo war dies mehr wie ein Dekorum, er war ſelber mit Leih und Seele dabei. Schon während der erſten Kulturkampfdebatten trat ſein Name an die Oeffentlichkeit, als er dem Miniſterpräſidenten Graf v. Roon auf ſeinen Vorwurf von den Uebergriffen der„rö⸗ miſchen Kirche“ die Erklärung entgegenſtellte:„Wir Ka⸗ tholiken kennen nur eine katholiſche Kirche, die ihr Ober⸗ haupt in Rom hat.“ Hompeſch war überzeugter, tiefgläubiger, praktiſcher Katholik. Mit ſtrenger Regelmäßigkeit empfing er die h. Sakramente. Wer im Reichstag nach Tiſch gegen 2 Uhr in das Obergeſchoß kam, konnte den Grafen auf dem Flur oder in einem der Fraktionszimmer treffen, wie er täglich den Roſenkranz betete. Sein erſtes Verlangen bei dem Schlaganfall ging darum nach dem Empfang der Sterbeſakramente. Sein Leben war voller Arbeiten, Mühen und Sorgen im Dienſte hoher Ideale, bald als Verteidiger der Rechte der katholiſchen Kirche, bald als Vertreter der vielſeiti⸗ gen Intereſſen ſeiner Wahlkreiſe, bald als ſtets pünkt⸗ licher und ſtets arbeitsfreudiger Vorſitzender der Zentrums⸗ fmktion. Ungefähr 16 Jahre lang hat er dieſen Vorſitz geführt. Durch ſeine Sachlichreit und ſeine Liebenswür⸗ digkeit und durch ſeine ſelbſtloſe, lautere Geſtnnung ein Vorbild für alle feine Kollegen. Seine Hingebung an die Zentrumspartei und die Zen⸗ trumsfraktion war ſo groß, daß er auch in der letzten Zeit, als ihn die Bürde der d ſahre drückte, von einer Enk⸗ laſtung von ſeinen Pflichten und Obliegenheiten als Vor⸗ ſitzender der Fraktion nichts wiſſen wollte, und ſo ward ihm das ſchönſte Los zuteil, das einem im Dienſte der Allgemeinheit ſtehenden Manne werden kann, daß er in den Sielen ſtarb. Von einer Fraktionsſitzung zur abend⸗ lichen Tafelrunde am Fraktionsſtammtiſch im Löwenbräu ſich begebend, warde er unterwegs von einem Schlagan⸗ falle betroffen, der bei dem hohen Alter des Grafen gleich zu den ernſteſten Befürchtungen für ſein Leben Anlaß gab und ſchließlich ſeinen Tod zur Folge hatte. Nun iſt Graf Hompeſch, wie es auch das Los der großen Zentrumsführer Exzellenz Windthorſt, von Mallinckrodt, Frhr. von Frankenſtein, geweſen, mitten aus voller Tätigkeit abberufen worden. Inmitten ſeiner par⸗ lamentariſchen Tätigkeit traf ihn, wie auch jene, der Tod. An ſeiner Bahre trauern die Mitglieder des Zentrums, ſeine zahlreichen Verehrer und Freunde und das geſamte katholiſche deutſche Volk, das der Leiſtungen und Ver⸗ dienſte dieſes edlen und ritterlichen Volksvertreters allzeit dankbaren Herzens ſich erinnern wird. Zweimal gelebt. Aus dem Engliſchen von C. Weßner. 4 Nachdruck verboten.) „Was geht das Sie an?“ gab Franzius ſchroff zurück, indem er Hedwig losließ und erſtaunt einen Schritt zur Seite trat, während ſein ehrliches Geſicht ſich dunkelrot färbte. * Der junge Baron war inzwiſchen an Hedwigs Seite geeilt. „Fräulein Amberger ſteht unter meinem Schutz, bedenken Sie das!“ ſagte er ſcharf.„Welches Recht haben Sie, in dieſer Weiſe gegen ein wehrloſes Mädchen vorzugehen? Kommen Sie, Hedwig, ich bringe Sie nach Hauſe.“ Hedwigs Augen tanzten förmlich vor Entzücken. Franzius fühlte ſich im erſten Augenblick wie betäubt, ſodaß er nicht gleich ein Wort der Erwiderung fand. „Kommen Sie, Hedwig“, wiederholte von Arſtein mit mühſam beherrſchter Ruhe.„Sie ſollten um dieſe Zeit eigent⸗ lich zu Hauſe ſein.“ „Sie werden mir für Ihr Benehmen Genugtuung geben, wer Sie auch ſein mögen“, ſagte Franzius jetzt, deſſen Antlitz mit einer fahlen Bläſſe bedeckt war. „Mein Name iſt Robert von Arſtein. Ich werde Ihnen Genugtuung geben, und zwar in einer Weiſe, die Ihnen nicht gerade angenehm ſein dürfte— ſofern Sie das Fräulein nicht ſofort in Ruhe laſſen!“ „Zum Kuckuck mit Ihrer Einmiſchung!“ rief Franzius heftig. ch brauche mich meiner Handlungen nicht zu ſchämen! Was ich tue, verantworte ich auch! Ich werde Fräulein Amberger heiraten!“ „Iſt das wahr. Hedwig?“ wandte ſich der Baron erſtaunten Blickes an das junge Mädchen. „Nein— kein Wort iſt wahr!“ antwortete dieſes, die großen Augen voll auf den heimlich Geliebten heftend.„Ich will mit jenem Herrn nichts zu tun haben— er ſoll mich nicht küſſen! Ex hat durchaus kein Recht auf mich!“ Hier brach ſie in lautes Schluchzen aus. „Ich werde Sie nach Hauſe bringen!“ ſagte der Baron. II. Das Geſchlecht derer von Arſtein war ein uraltes und reichte bis in die Zeit der Kreuzzüge zurück. Es war eine ſtolze Sippe, deren hervorragende Charaktereigenſchaften ſich von Generation auf Generation vererbten, wie dies bei alten Adelsgeſchlechtern oft der Fall zu ſein pflegt. Auch ein düſteres Verhängnis ſchwebte über dem Hauſe der Arſteins, das ſich von Geſchlecht zu Geſchlecht wie ein unheilvoller Fluch fort⸗ erbte. Wann dieſer Fluch ſein ſchreckliches Gorgonenhaupt zuerſt erhob, niemand wußte es. Im Volke hieß es, es ſei eine Strafe des Himmels für die Geldgier eines der Ahnen, der vor mehr als hundertfünfzig Jahren gelebt und um des Geldes willen eine indiſche Millionärin in das Haus ſeiner Väter geführt hatte. Es floß kein geſundes Blut in ihren Adern, ihr Körper war obendrein mißgeſtaltet, und in ihrem Kopfe ſollte es auch nicht richtig geweſen ſein. Aber ihr Geld⸗ ſack war unerſchöpflich, und auf ihm laſtete der unheimliche Fluch. Sie hinterließ jedem ihrer Kinder ein ſchreckliches Erbteil: das eine war bucklig, das andere ſtotterte, das dritte ſchielte, das vierte war blödſinnig. In jeder der folgenden Generationen hatte faſt immer ein Glied des Arſteinſchen Hauſes, männlich oder weiblich, bitter zu bereuen, daß dieſer Fluch des Goldes auf dem alten Geſchlecht laſtete. Wie dem auch ſein mochte: Tatſache aber war, daß das fürchterliche Ver⸗ hängnis nur die männlichen Glieder des Hauſes heimgeſucht hatte, und zwar von jener Zeit an, als der indiſche Reichtum in die Familie gekommen war. Man fürchtete den Fluch mehr, als eine ſchreckliche Krankheit, mehr als Wahnſinn. Das Ver⸗ hängnis beſtand darin, daß das von ihm auserkerene Opfer für gewiſſe Ereigniſſe in ſeinem Leben vollſtändig das Ge⸗ dächtnis verlor und ſich an keine einzige Begebenheit erinnern konnte, die mit ihnen im Zuſammenhang ſtand. „Dieſe auß. roxdentlich merkwürdige Phaſe zer, nach und Veut 5 21 189. Sitzung am 20. Januar 1909, 1 hte uuf der Tagesordnung ſteht der Antrag Al bre ö Genoſſen(Soz.), betreffend ben Feen egelung des Vers tragsverhältniſſes zwiſchen dem Ge inde und den lan d 19 wirtſchaftlichen Arbeitern und ihren Arbeitgebern Der Antrag bezweckt freies Koalitionsrecht für die landwirt⸗ ſchaftlichen Arbeiter und das Geſinde; ferner reichsgeſetzl ö Krankenverſicherung, Regelung der Arbeitszeit ſowie Au 8 bung aller landesgeſetzlichen Geſindeordnungen, zumal inſo⸗ weit ſie den Kontraktbruch des Geſindes und der landwirt⸗ ſchaftlichen Arbeiter unter Strafe ſtellen. 125 5 Am Bundesratstiſche: nur Kommiſſare. 5 0 Abg. Fa(Soz.) begründet bei faſt lekrem Hauſe den Antrag. Die gegenwärtigen Zuſtände kämen für die hier in Betracht kommenden Kategorien von Arbeitern! einer völligen Geſetz⸗ und Rechtloſigkeit gleich. Während auf dieſem Gebiete im Deutſchen Reiche das kraſſe Gegenteil ein⸗ heitlichen Rechts beſtehe,— jeder Einzelſtaat habe ſeine von den anderen verſchiedene Geſindeordnung— verlange man gerade von dieſen ärmſten und gedrückteſten Perſonen genaueſteß Geſetzeskenntnis. Machen Sie endlich dieſer Kulturſchmach ein Ende!„ Abg. Kleye(natl.) Der Antrag verfolgt lediglich agita⸗ toriſche Gründe.(Sehr richtig!) Die Sozialdemokraten kennen die Lage der Landarbeiter gar nicht. Gewiß haben wir die. Geſindeordnung und die Beſtimmungen über den Kontrakt⸗ bruch. Aber ſie ſtehen bei uns lediglich auf dem Papiers Der Erſatz an guten Arbeitern wird immer geringer. Tarunter leidet nicht ſo der Großgrundbeſfitz als hauptſächlich der mittlere und kleinere Bauer.(Sehr richtig.). Die Frage des Koalitionsrechts hat gar nicht die Bedeutung, die man ihne zuſpricht. Das Streikrecht wäre ein zweiſchneidiges Schwerte Wenn die Landarbeiter in einem Betriebe während der Ernte⸗ zeit erklären: morgen ſtreiken wir, ſo verſetzen ſie den Be⸗ ſitzer in eine Zwangslage und werden ihre Forderung viel⸗ leicht durchſetzen. Aber dann iſt die Reaktion um ſoß ſchlimmer. Ein Streik würde aber die ſchlimmſten Fol den für die Arbeiter ſelbſt haben, denn die alten Leute, die in; der Landwirtſchaft groß geworden ſind, würden niemals mit⸗ en. Die Zuſtändigkeit des Reiches wird von meiner Partei nicht bezweifelt. Wir halten die Geſindeordnung der reformbedürftig. Wir ſind auch für die Einbeziehung er Landarbeiter in die Krankenverſicherung, aber wir halten es nicht für möglich, das Koalitionsrecht ohne jede Beſchrän⸗ kung den Landarbeitern zu geben.(Lebhafter Beifall der Nationallib.). 1 g 1 Abg. Graf Miele zynsky(Pole) erklärt die volle Zu⸗ ſtimmung ſeiner Fraktion zum Antrage der Sozialdemokraten.“ Abg. Stauffer(W. Ver.). Bisher waren die Landar⸗ beiter für die Sozialdemokraten nicht erreichbar. Dieſer An⸗ trag ſoll ihnen offenbar den Weg bereiten.(Sehr gut! rechts). Der Antrag bedeutet eine direkte Aufreizung zum Kontrakt⸗ bruch.(Lebhafte Zuſtimmung rechts.). Wir ſind nicht der Meinung, daß dieſe Materie reichsgeſetzlich geregelt werden kann. Dazu ſind die Verhältniſſe zu verſchieden.(Zuſtimmung rechts.). Aber überall kann man den Landarbeiter ſeßhaft machen. Wo der Beſitz anfängt, da hört die Sozialdemokratie auf.(Sehr gut! rechts.). Das Streikrecht auf dem Lande hätte große Gefahren; denken Sie nur einmal, in der Umgegend Berlins würden plötzlich alle Melker ſtreiken! Tauſende von nach andere Empfindungseigenheiten nach ſich. Das moraliſche Gefühl des Opfers nahm ebenſo ab, wie die phyſiſche Kraft, eine allgemeine Erſchlaffung von Körper und Geiſt ſtellte ſich ein. Das arme Opfer dieſes Verhängniſſes hatte keine Ahnung von ſeinem bedauernswerten Zuſtand; in der Regel verfiel der Betroffene in unheilbaren Wahnſinn oder er ſtarb vor dem dreißigſten Lebensjahre. Die berühmteſten Arzte waren von den Arſteins konſultiert worden, um dem unheimlichen Erbteil auf die Spur zu kommen, aber umſonſt. Man begriff das Übel nicht, noch weniger war man imſtande, es zu heilen. In früheren Zeiten waren die Arſteins hervorragend tüchtige, kluge Menſchen geweſen, geſund an Leib und Seele, ritterlich gegen die Frauen, herzlich gegen die Kinder, gütig gegen ihre Untergebenen und wohltätig gegen die Armen. Ein jeder der Nachkommen hoffte insgeheim, der Fluch möge an ihm vorübergehen. In der Regel brach das Verhängnis urplötzlich herein— irgend eine ſeeliſche Aufregung konnte es herbeiführen: eine unglückliche Liebe, der Tod eines Freundes oder lieben Verwandten. Dann verlor der Heimgeſuchte das Gedächtnis für dieſes Ereignis und die dasſelbe begleitenden Nebenumſtände. Nichts, aber auch gar nichts vermochte das ent— ſchwundene Gedächtnis zurückzubringen— das Ereignis war total ausgelöſcht aus dem Hirn des Opſers. Alsbald pflegte dann der körperliche und geiſtige Verfall zu folgen. Die weiblichen Glieder der Familie entgingen dieſem ſchrecklichen Fluche, nur die Söhne wurden von ihm betroffen. 1 Fortſetung folgt.) PFF —ü—U—é—ͤ ⁵ ũ—x—y—̃— gui PPP . e 1 1 5 Säuglingen wurden wegſterven.(Seyr richtig!) Regeln Sie zunächſt einmal erſt das Wetter reichsgeſetzlich, dann werden. wir für ihren Antrag ſtimmen, daß jeder Tag ein Sonntag iſt,(Heiterkeit und Lachen rechts.). 2 2 Abg. Gothein(Frs. Bgg.) In Preußen allein gibt es 97 Geſindeordnungen.(Hört! Hört!) So kann es nicht weiter gehen. Daher begrüßen wir den ſozialdemokratiſchen Antrag mit Freuden und ſtimmen ihm zu. Solange Sie den Land⸗ arbeitern nicht dieſelben Freiheiten geben wie den Induſtriellen, wird der Zug in die Großſtädte beſtehen bleiben.(Sehr richtig! links.). Wir ſtimmen für den ſozialdemokratiſchen Antrag auch deshalb, um im Oſten ordentlich geſunde politiſche Verhältniſſe zu ſchaffen.(Beifall links, Unruhe rechts.) Wir wollen dem politiſchen Ausſtand im Oſten Eingang verſchaffen(Großes Gelächter 1.00 der darin beſteht, daß jeder wählen kann, wie er will.(Beifall bei den Freiſinnigen.) Redner beantragt Kommiſſionsberatung.(Beifall links.) N g Abg. Dr. Hahn(konſ.): Erſt meine politiſchen Freunde machten mich ſoeben darauf aufmerkſam, daß ich mich nicht im Wahlkreiſe des Abgeordneten Gothein, ſondern im Deutſchen Reichstage befinde.(OHeiterkeit.) Dieſe Materie läßt ſich nicht reichsgeſetzlich regeln, denn der Boden iſt in Deutſch⸗ land nicht überall derſelbe.(Sehr richtig! rechts) In einem Punkt aber bin ich mit Herrn Gothein einverſtanden, und das iſt erfreulich, denn wir gehören ja zuſammen zum Block(Heiter⸗ keit): Das iſt die Förderung der inneren Koloniſation. Man wird es mir nicht als Reſpektloſigkeit gegenüber der Krone auslegen, wenn ich behaupte, daß in Kadinen die Räume zu groß und zu wenig wohnlich gebaut worden ſind.(Heiterkeit und hört! hört!): Das patriarchaliſche Verhältnis im beſten Sinne, das zwiſchen den ländlichen Arbeitgebern und Arbeitern beſteht, Gelächter links) hat in den ſtädtiſchen Verhältniſſen nicht ſeines⸗ leichen. Nach der Meinung meiner polttiſchen Freunde tonnen zie Strafen gegen den Kontraktbruch der ländlichen Arbeiter und Arbeitgeber gar nicht ſtreng genug ſein. Die prinzipiell aympathiſche obligätoriſche. kann reichsgeſetz⸗ lich ebenſowenig wie die anderen in dieſem Antrage berührten Fragen geregelt werden.(Beifall.) Abg. Dr. Höffel(Rp.). Wir wollen den ländlichen Ar⸗ beiter gewiß nicht ſchlechter ſtellen, als den induſtriellen, aber die Elendsſchilderung Stadthagens war maßlos übertrieben. Die ländlichen Arbeiter machen von dem Koalitionsrecht doch keinen 1 Wir wünſchen aber nicht, daß Koalitions⸗ freiheit in Koalitionsunfreiheit und Terrorismus ausarte und glauben deshalb, daß wir mit einem reichsgeſetzlichen Koalitions⸗ recht den Landarbeitern ein Danaergeſchenk machen würden. Abg. Herold(Ztr.) Die ganze Frage iſt außerordentlich ſchwierig. Deshalb muß man mit einem Eingreifen ſehr vor⸗ ſichtig ſein. Die reichsgeſetzliche Regelung der Geſindeordnung iſt eine alte Forderung des Zentrums. Wir wollen den länd⸗ lichen Arbeitern die volle Koalitionsfreiheit geben und für den Kontraktbruch nur die zivilrechtliche Haftung einführen. Die Weiterberatung wird vertagt. Es folgt eine Reihe perſönlicher Bemerkungen. „Demerstag 1 Uhr: Jiterkellation über das Verein N 7 16. Sitzung. Mittwoch, den 20. Januar 1909, e Am Miniſtertiſch: Frhr. v. Rheinbaben, Breitenbach, von Moltke, Beſeler. 5 Vizepräſident Dr. Porſch eröffnet die Sißung um 11. Uhr 15 Minuten. 2 0 Das Haus erteilt auf Antrag der Geſchäftsordnungs⸗Kom⸗ zmiſſion die Genehmigung zur e über eine Be⸗ lei igungsklage gegen den Abg. Kopſch(Frſ. Volksp.) „ Erſte Leſung des Etats. ee f Dritter Tag. 5„ f Soz.): Der Kaiſer hat einſt geſagt, die Staatsbetriebe ſollten Muſterbetriebe ſein. An einem Kaiſer⸗ wort ſoll mun nicht rütteln. Handelt aber die Eiſenbahnver⸗ Abg. Heinemann waltung nach dieſem Kaiſerwort? Was einſt an Verbeſſerungen eſchaffen wurde, iſt längſt wieder rückwärts revidiert.(Sehr 050 bei den Soz.) Wir ſind die wahren Vertreter des Volks. Schallendes Gelächter rechts und in der Mitte.) Die Wahlen von vier Sozialdemokraten in Berlin will man, wenn irgend möglich, für ungültig erklären. Der Referent der Kommiſſion und der Proteſterbeber, Herr Fiſchbeck, iſt dieſelbe Perſon. Wer man dieſe vier Wahlen für ungltig erklärt, müſſen alle 1 Berliner Wahlen für ungültig erklärt werden. Einen beſſeren Agitationsſtoff konnten uns die Herren Freiſinnigen nicht dar⸗ bieten. Heben Sie die Geſindeordnung auf, geben Sie den Land- arbeitern Koalitionsfreiheit, dann wird die Landarbeiterfrage gleich gelöſt ſein. Freilich, mit Ihrem Selbſtherrſchertum wäre es dann vorbei.(Lachen rechts.) Die Zukunft gehört uns! (Lachen rechts, Beifall der Soz.) „% Finanzminiſter v. Rheinbaben: Der Vorredner iſt auf die Kanalvorlage, auf die Wahl von 1893, ja auf die Wahl von 1861 eingegangen. Was haben dieſe weit zurückliegenden Vorgänge mit dem Etat zu tun? Sie ſind wohl vorgebracht worden, um dem Redner einen guten Abgang zu verſchaffen, wenn der Beſchluß der Wahlprüfungskommiſſion uns des Ver⸗ gnügens ſeiner Gegenwart in Zukunft berauben ſollte.(Lärm bei den Sozialdemokraten, Zuruf: Präſident, Präſident!) Ich beſtreite dem Vorredner das Recht, hier als Vertreter der deut⸗ ſchen Arbeiter ſich zu gerieren, das Gros der deutſchen Arbeiter ſteht hinter den anderen Parteien(ſehr richtig!), bei den bürger⸗ lichen Parteien. Ich möchte nur kurz Bauernvergiftung ent⸗ egentreten, die jetzt im Lande wegen der neuen Steuerpläne osgeht. Ich ſtelle feſt, daß unſere geſamte Steuergeſetzgebung auf eine Entlaſtung der Leiſtungsſchwächeren abzielt. Von den 38 Millionen Preußen waren 1908 nicht weniger als 52 Prozent vollkommen einkommenſteuerfrei, 42,5 Prozent zahlten von 900 bis 3100% Einkommen Steuern, der Reſt von 5,5 Prozent, 2 Millionen Köpfe, tragen 66 Prozent der geſamten Einkommen⸗ ſteuer! Wenn behauptet wird, die Zollpolitik ſei ſchuld an der Teuerung, ſo beſtreite ich das. Wir haben vor dem 5⸗Mark-Zoll höhere Getreidepreiſe gehabt als jetzt. Auch die Behauptung, daß die Löhne nicht entſprechend den Ernährungskoſten ſtiegen, trifft nicht zu.(Der Miniſter verlieſt einige Ziffern über die Steigerung der Arbeitslöhne in den Staatsbetrieben und macht ſtatiſtiſche Angaben über die Lohnſteigerung in der Privat⸗ induſtrie.) Calwer hat ſelbſt eine Steigerung der Löhne um 38 Prozent, eine Steigerung der Lebensmittelpreiſe um nur 23 Prozent ermittelt. Auch der Umſtand, daß die Zahl der Nichteinkommenſteuerpflichtigen ſtändig abnimmt und die Zahl der ein Einkommen von 900—3100% Verſteuernden ſtändig zu⸗ nimmt, zeigt das Steigen der Löhne und das Aufſteigen gerade der Arbeiterbevölkerung auf der ſozialen Leiter. Seit 1906 hat ſich das Jahres⸗Einkommen der Steuerpflichtigen mit 900 bis 3100% Einkommen insgeſamt um 3½ Milliarden vermehrt! (Hört! hört!) Der Vorredner hat die Regierung den geſchäfts⸗ führenden Ausſchuß der beſitzenden Klaſſen genannt. Das ſind wir nicht, wohl aber der geſchäftsführende Ausſchuß der ſtgats⸗ jerhaltenden Klaſſen. Und als ſolcher werden wir in dem Kampfe gegen die Sozialdemokratie nicht erlahmen.(Bravo! rechts) 0 Abg. Dr. Mizerski(Pole): Die preußiſche Oſtmarken⸗ politik iſt ein unerſättlicher Leviathan, die Oſtmarkenzulagen colen als Prämien auf die rechtswidrige Unterdrückung 5 olen. ö Abg. v. Arnim⸗Züſedow wendet ſich zu den geſtrigen Ausführungen des Miniſterpräſidenten. Man hätte in den guten Jahren mehr Reſerven für die mageren ansammeln ſollen. Im Fall Schücking ſei der Reichskanzler nach Anſicht ſeiner, politiſchen Freunde dem Abg. Wiemer verhältnismäßig. weit entgegengekommen. Es ſei zweifelhaft, ob der Regie⸗ rungspräſident bei ſeinem Vorgehen gegen einen, liberalen Bür⸗ germeiſter auch die nötige Deckung oben gefunden habe. Seine Partei ſei zur nachdrüctlichſten Bekämpfung der Sozialdemo⸗ kratie bereit. um dieſe Partei ſchließlich zum Verſchwinden zu vringen.(Levy. Veiſall rechts; Zuruf vei den Soz.: Eher verſchwinden Sie! Lachen rechts.) Abg. Dr. Rewoldt(fk.): Wir ſind mit den Ausführun⸗ gen des Kanzlers über die politiſchen Beamten einberſtan⸗ den. Der Beamtenerlaß darf aber nicht zu einer Beſchränkung der Rede⸗ und Abſtimmungsfreiheit der politiſchen Beamten im Parlament führen. Nach neuen Geſetzen gegen die Sozial⸗ demokraten wollen wir nicht ausſchauen, wohl aber die be⸗ ſtehenden Geſetze energiſch handhaben. Wir ſind der rocher de bronce der Monarchie und wollen es bleiben.(Lebh. Bei⸗ fall rechts.) Abg. Schmieding(ul.): Wir brauchen wohl unſere Königstreue nicht erſt beſonders zu betonen.(Lebh. Zuſtimmung bei den Nationalliberalen.) Wir wollen an der Sicherung und Erſtarkung des Reiches mitarbeiten. Wenn das Zentrum ſich im Reichstage iſoliert fühlt, ſo iſt es ſelhſt ſchuld daran. Das Zentrum verquickt Religion und Politik.(Sehr richtig! links; Widerſpruch im Zentrum.) Seſunde politiſche Verhältniſſe wer⸗ den eintreten, wenn das Zentrum aufhört, eine katholiſche konfeſſionelle Partei zu ſein.(Erneuter Widerſpruch im Zen⸗ trum.) Die Behauptung der Sozialdemokraten, daß nur ſie das deutſche Volk darſtellen, iſt eine politiſche Brunnenvergiftung allerſchlimmſter Art.(Sehr richtig! rechts und bei den Natl.) Gehörten Bismarck und Roon nicht zum deutſchen Volke? Viel⸗ leicht gehört Herr Heimann nicht dazu.(Heiterkeit rechts.) Wie kann er, der den ſtark nach Ausbeutung und Kapitalismus riechenden Titel eines Rentners und Verlagsbuchhändlers führt, ſich hier als Vertreter der Proletarier aufſpielen? Ueber die Einzelheiten des Etats werden wir in der Kommiſſion noch reden.— i Abg. Graf Praſchma(8.): Herr Schmieding kann auf eine Aenderung unſerer Parteigrundſatze lange warten.(Beifall im Zentrum.) Gerade deshalb bekämpfen wir ja die Blockpolitik, weil ſie die Grundſätzlichkeit zum Prinzip ma Sie wird denn auch das Land aufs ſchwerſte ſchädigen.(Lebh. Zuſtimmung im Zentrum.) a Abg. Fiſchbeck(Frſ. Vpt.): Die Blockpolitik des Abg. Grafen v. Praſchma iſt ein Produkt der jetzigen politiſchen Lage des Zentrums.(Sehr richtig! links; Gelächter im Zentr.) AUnſer angeblicher„Schurkenſtreich“, der Proteſt gegen die Ber⸗ liner ſozialdemokratiſchen Wahlen, iſt nur die Nachahmung des gleichen Vorgehens der Sozialdemokraten in Schöneberg⸗Rixdorf. Gegen die übrigen Berliner Wahlen Proteſt zu erheben, war es ſchon zu ſpät. Unſer Proteſt hält übrigens den ſozialdemo⸗ kratiſchen Wahlterrorismus, die Bedrohung der Geſchäftsleute mit dem Ruin(Pfui⸗Rufe rechts und links) für die Hauptſache. Leute, die ſich ſo das Mandat erſchlichen 1 verdienen nicht den Namen Volksvertreter!(Stürmiſche Zuſtimmung.) Solche Leute haben kein Recht, ſich über Bohykottierung zu be⸗ chweren.(Lebh. Zuſtimmung.) Die Genoſſen verkehren ihren Bahlſpruch„Gleiches Recht für alle“ in der Praxis in ſein Gegenteil.(Abg. Hoffmann: Geben Sie uns das geheime erte) Ich kann Ihnen das doch nicht verſchaffen.(Hei⸗ terkeit.) etzt tun Sie ſo zimperlich wie eine Jungfer(Gr. Heiterkeit), gilts aber den Kam gegen das Bürgertum, ſo iſt Ihnen jedes Mittel recht!(Lebh. Zuſtimmung.) Ihr Genoſſe Sabor hat ſein Mandat nicht niedergelegt, obwohl er doch mit dem Makel behaftet war, daß Fürſt Bismarck Sabors Wahl angeordnet hatte. Ich habe auch für die Kaſſierung der Wahl meines Freundes Reiabacher in der Kommiſſion geſprochen, davon ſagt aber der„Vorwärts“ kein Wort.(Hört! hört!) Sie haben eben die Taktik der Wegelagerer und Strolche! 1 Beifall, Pfuirufe bei den Sozialdemokraten, Abg. Hoffmann: Aus Ihnen ſpricht der Kognak! Lebh. Oho⸗Rufe.) e Präſident v. Kroecher: Ich bitte die derben Ausdrücke zu mäßigen.( Heiterkeit.) 5 5 Das Haus vertagt ſich. Perſönlich weiſt Abg. Heimann Soz.) die Beleidigungen Fiſchbecks zurück.(Abg. Hoffmann: Er hat ſich im Spiegel geſehen. Gr. Lärm.) ö 2 Der Etat geht teilweiſe an die Budgetkommiſſion.— 50 e Nächte Sibung: Montag 12.-Uäxz. Wablrecltanträge. Preſſeſtimmen zur Rede des Reichskanz⸗ lers im Abgeordnetenhauſe. Die Rede des Reichskanzlers am Dienstag im Abge⸗ ordnetenhauſe findet in der Preſſe ſelbſtverſtändlich eine verſchiedenartige Beurteilung. So meint die Köln. Volksztg., Fürſt Bülow habe dem Abgeordnetenhauſe Rätſel aufge⸗ geben. Weiter ſchildert das Blatt den Eindruck folgen⸗ dermaßen: „Ein bisweilen wehmütig klingendes Plaidoyer für ſich ſelber, für ſeine Königstreue, für ſeine vopaliſtiſche Geſinnung. Er zählt in reſigniertem Tone auf, wie er den Träger der Krone in der Vergangenheit geſchützt, und daß er auch im November in voller Uebereinſtimmung mit dem geſamten Staatsminiſterium, mit dem ganzen Bundes⸗ vate gehandelt habe. Es liegt wie peinliche Ueberraſchung über dem Hauſe. Man fragt: Wozu das? Man rät, an welche Adreſſe dieſe Verteidigungsrede gerichtet iſt. An den Kaiſer? An die Umgebung des Kaiſers? An die Konſervativen? An eine Kamarilla?“ Die Germania geht auf die wichtigſte Stelle der Kanz⸗ lerrede kurz ein und ſagt: „„Auch die Novemberdebatten im Reichstage zog Fürſt Bülow in den Kreis ſeiner Erörterungen, indem er es als die erſte Pflicht des verantwortlichen Reichskanzlers bezeichnete, den Träger der Krone zu decken und dafür n daß zwiſchen dem Träger der Krone und den Jünſchen und Empfindungen des Landes nicht ein Zwieſpalt entſteht, der für beide Teile verhängnisvoll ſein müßte. Hat er aber dieſe Verpflichtung immer getreu⸗ lich erfüllt? Er behauptet es. Aber, wären die No⸗ vemberdebatten überhaupt möglich und notwendig geweſen, wenn er ſie erfüllt hätte? Schöne Reden im Parlament tuen es allein nicht. a Weiter ſagt die Germania: „Am Schluſſe ſeiner Rede kam Fürſt Bülow noch mit einer großen Ueberraſchung, indem er ein neues Sozia⸗ liſtengeſetz zwar nicht in ſichere und nahe Ausſicht ſtellte, aber doch die Möglichkeit eines ſolchen Ausnahmegeſetzes in eine bedrohliche Nähe rückte Glaubt Fürſt Bülow für ein neues Sozialiſtengeſetz ſelbſt in dieſem Blockreichstage eine Mehrheit zu finden? Was wird die Bloylinke dazu ſagen? Oder ſollte Fürſt Bülow dabei auf eine Auflöſung des Reichstages im Falle einer Ablehnung des Sozialiſten⸗ geſetzes e um dann unter verſtärktem Wahldruck eine noch gefügigere Reichstagsmehrheit zu erhalten. Der Abg. Herold hat ihm auf die Mahnung zur Einigkeit ſogleich die richtige Antwort gegeben, wenn er darauf hinwies, daß es kein anderer als Fürſt Bülow geweſen ſei, der mit ſeiner„Ausſchaltung“ des Zentrums und mit ſeinem Kampfe gegen das Zentrum dieſe Einigkeit zerſtört und verhindert hat. Der heutige Tag kann für ihn und ſeine Politik leicht verhängnisvoll werden.“ „Tie Rheiniſch⸗Weſtfäliſche Buüteng ſpricht von dem mächtigen Eindruck, den Fürſt Bülows Rede im Abgeord⸗ netenhauſe machte. Dann ſagt das Blatt: „„Unſere innere Lage iſt alſo immer noch ſo, daß Fürſt Bülow es für nötig hält, ſich öffentlich noch einmal mit jenen Hofkreiſen auseinanderzuſetzen, welche kurze Zeit nach dem 17. November die Anſicht verbreiteten, der Reichs⸗ kanzler babe die Perſon des Kaiſers nicht genügend ge⸗ 5 2 5 1 ſchutzt. Weit Recht darf er dieſen Leuten gegenuver darauf hinweiſen, daß er mit dem Miniſterium und dem Bundes⸗ rate als echter Royaliſt gehandelt hat, wenn er, ſoweit es in ſeinen Kräften ſteht, dafür ſorgte, daß die„Ver⸗ faſſung nicht nur dem Buchſtaben nach, ſondern auch dem Geiſte nach aufrecht erhalten wird.“ In jenen Tagen war es ſeine Aufgabe, wie er richtig hervorhebt, vor allem dafür zu ſorgen, daß das Land nicht irre wird am Träger der Krone. Wir erkennen gerne an, daß ſcheinbar ſeine Tätigkeit nicht ohne Einfluß geblieben iſt und wünſchen nur, daß alle— und es handelt ſich um viel weitere Kreiſe, als der Reichskanzler anzunehmen ſcheint— die bereits zam Träger der Krone irre geworden“ waren, ſich wieder ihm nähern können. Dazu gehören aber nicht nur Worte, ſondern vor allem Taten.“ Und weiter fügt das Blatt hinzu: „Wir erkennen auch den guten Willen unſeres Kai⸗ ſers gerne an. Den beſaß auch Friedrich Wilhelm IV. Aber darauf kommt es in der Politik weniger an, als auf die Art und Weiſe wie der gute Wille in Taten umgeſetzt wird. Dieſe Fähigkeit aber hat ihm oder ſeinen Ratgebern nur zu ſehr gefehlt. Sonſt wären wir nicht im Innern und nach Außen in die gefährliche Lage gekommen, in der wir uns heute befinden. Ehe wir uns beſſerer Tage wieder erfreuen können, muß noch manche andere„un⸗ alückliche Wirkung“ abgeſchwächt und beſeit rt werden. Wenn Fürſt Bülow ſich darum ernſtlich und mit taug⸗ lichen Mitteln bemühen will, werden auch die Kreiſe, die am Träger der Krone irre zu werden drohten, gerne Hand in Hand mit ihm vorgehen.“ 75 Die Tägl. Rundſchau ſchreibt: „Fürſt Bülow hat heute Gelegenheit genommen, mit einer wirkungsvollen, groß angelegten Rede 15 den Kampf um die Reichsfinanzreform, den Kampf um den Block und den Kampf um die Kanzlerſchaft einzugreiſen und einen unzweifelhaften Sieg erfochten, der wenigſtens für die nächſte Zeit die Bahn wieder frei machen wird.“ Weniger optimiſtiſch urteilt die„Voſſ. Ztg.“: „Leider waren die Ausführungen des Miniſterpräſi⸗ denten gerade über die Möglichkeit größerer Sparſamkeit in Heer und Flotte ſo allgemein gehalten, daß man nicht erkennen konnte, wo der Hebel angeſetzt werden ſoll. Auch in der Umgeſtaltung des Beamtenkörpers iſt man leider über Wünſche und Verheißungen noch nicht viel hinaus⸗ gekommen. Wir hören von Vereinfachung, Dezentraliſie⸗ rung, aber wir ſehen noch keine Taten.“— Zum Schluſſe ſchreibt das Blatt:„Wie ſkeptiſch man auch den neuerlichen Verſicherungen und Verheißungen gegenüber⸗ ſteht, man ſieht doch Anfänge zum Beſſeren, Keime eines erſprießlichen Fortſchritts. Ob ſie ſich entwickeln oder aber verkümmern werden, das ruht im Schoße der Zukunft, die ſich nicht vorausſagen läßt.“ Die Nationalzeitung ſieht in Bülows Rede„ein Be⸗ kenntnis zur Blockpolitik, das iſt der Eindruck, der aus allem herausſpricht.“ „Die Nationall. Korreſpondenz äußert ſich dahin, Fürſt Bülow habe„ausdrücklich auch vor der preußiſchen Volks⸗ vertretung ſich zu der anderen Pflicht bekannt, dafür zu ſorgen, daß die Verfaſſung nicht nur dem Buchſtaben, ſon⸗ dern auch dem Geiſte nach aufrecht erhalten werde, ſo⸗ wie, daß die Macht der Krone nicht aufs Spiel geſetzt und abgenutzt werde.“ er e Politische Cagesübersicht. f Wolitiſches Allerlei. 0 Der neue Regenr oon Reuß. N., Wroprinz. einrich XXVII. von Reuß j. L., richtete, wie die Greiz. tg. meldet, eine Art von Sprechſtunden ein, wo jedermann aus dem Volke Zutritt hat, um ſeine Wünſche kundzutun. Der neue Moltre⸗Harden⸗ Prozeß. Wie die Berliner Volkszeitung erfährt, hat Oberſtaatsanwalt Preuß das Studium der umfangreichen Akten des Moltke⸗ rden⸗Prozeſſes dieſer Tage beendet. Die neue Verhand⸗ lung werde vorausſichtlich Ende Februar ſtattfinden. Da der Prozeß gegen Harden nicht ohne Vernehmung des Fürſten Eulenburg geführt werden kann, ſo ſoll vor dem Termin eine ärztliche Gerichtskommiſſion den Fürſten— dem es geſundheitlich gut gehen ſoll— in Liebenberg unterſuchen, vb er die Anſtrengungen einer Reiſe nach Ber⸗ lin vertragen kann.„ Die mecklenburgiſche Verfaſſungsbewe⸗ gung iſt ſaſt wieder ganz eingeſchlafen. Jetzt wollen die liberalen Reichstagsabgeordneten Mecklenburgs das„Volk aufrütteln“, indem ſie Aufrufe und Petitionen ergehen laſſen. Viel verſprechen wir uns davon nicht. Der reak⸗ tionären Ritterſchaft wird man mit ſolchen Mitteln nicht imponieren; da gehört ſchon eine ganz andere Volksbe⸗ wegung dazu, und die iſt einſtweilen in Mecklenburg noch nicht leicht möglich. 1 Aus Nah und Fern. — Lampertheim, 22. Jan. Am Montag Nach⸗ mittag wurde der ſeit ca. 6 Wochen hier abgängige Schneider meiſter Kellermaier in der Nähe von Worms im Rhein als Leiche geländet. — Maunheim, 22. Jan. Ein gräßlicher Unglücks fall ereignete ſich in der Motorwagenfabrik von Benz u. Co. Dem edigen Arbeiter Theodor Feſer wurden beim Bedienen einer Maſchine die linke Hand vollſtändig und der Daumen und der Zeigefinger der rechten Hand abgeriſſen. Man brachte den ſchwerverletzten Mann per Automobil nach dem Allgem. Krankenhaus. Das Unglück des jungen Mannes iſt um ſo tragiſcher als er ſich am letzten Sonntag erſt verlobt hat. — Birkenau, 22. Jan. Am verfloſſenen Sonntage fand im Gaſthaus zum„Birkenauer Tal“ die Generalver⸗ ſammlung des Kreisobſtbauvereins ſtatt. Der ſeit drei Jahren beſtehende Verein zählt in 44 Ortsgruppen 1408 Mit⸗ glieder. Wie im vorigen Jahre werden auch in dem laufenden, durch den Kreisobſtbautechniker in mehreren Gemeinden Vor- träge gehalten werden. Herr Obergärtner Denk aus Frank⸗ furt hielt einen Vortrag über:„Was lehren den Obſtzüchter hinſichtlich des Verkaufs von Obſt die obſtreichen Jahre, 33 das Jahr 1908 2“ Der Vortrag(fand allgemeinen eifall. 0 7 9 1 4 1 1 1 2 Für die Redaktion verantwortlich: Wilh. Bin gener, Viernheim Feu Jelrn De! in he 1869 Az ft, dal Citeag bei der „ vu m begoune 0 Okecgt ale! Sonn u be in lg ling fl st, l Bund 1 Eauntag ener Ju Vor hatte, et Von zu daß die galbern 940 U. Iten ahgelauf Netkinzn bel Klan Dad Me als gen Klauke 280 M erhalten, hilfreich ba. M und Wh. win 25 . 50 2 Haß pelle bel Be nicht dusſchel Hafi deut ö und die 0 2 1 zwichen A. d Lunatz — 0 *