en m —— — 1 K — l 5 erung. ngen L Haus. cht ö. lug 7 nenn hreten tagrnen Hühren, ngen iat 9 ier Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich Dienſtags, Donnerſtags u. Samſtags mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einſchließl. »Trägerlohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteljährl. Telephon⸗Ruf 20. Amtsblatt — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— Telephon⸗Ruf 20. nzeiger Viernheimer Nachrichten. ner Großherzoglichen Hürgermeiſterei Viernheim. Verbreitetſte und geleſenſte Zeitung in Diernheim daher beſtes und wirkſamſtes Inſertions⸗ Organ. Anzeigenpreis: 12 Pfg. die 1⸗ſpaltige Petit⸗Zeile. Lokal⸗Anzeigen 10 Pfg. Reklamen:. 80 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. f Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Nr. 78. Sweites Blatt Samſtag, den 10. Juli 1909. . Wochenrundſchau. „Es ſcheint, daß der deutſche Reichstag in der nächſten Zeit die mit Recht erſehnten Ferien wird an⸗ treten können. Die Kämpfe um die Reichsfinanzreform nähern ſich ihrem Ende, der Bundesrat hat ſich trotz aller Bülowſchen Freundſchaftsbeteuerungen gegenüber dem Liberalismus nicht abhalten laſſen, das zu tun, was des Reiches Intereſſe erfordert: diejenigen Steuern zu nehmen, die die Mehrheit des Volkes will und die der Reichstag zu beſchließen bereit war. Man kann die Empörung bei den Liberalen verſtehen. Sie hatten ſich ſo gründl. h von Bülow in den Glauben ihrer Unerſetz⸗ lichkeit hineinwiegen laſſen, daß ſie zwar nicht zur direk⸗ ten Obſtruktion, aber zur gründlich wirkenden Selbſtaus⸗ ſchaltung griffen. Die neue Mehrheit aber zeigte, daß Bülows Anſicht von der Notwendigkeit liberaler Mitarbeit bei den wichtigeren Geſetzesvorlagen nichts anderes als ein Phantaſieſtück war. Es ging auch fo; ſehr gut ſogar. Wer als Liberaler ſich das anſieht, was die neue Mehrheit des Reichstages beſchloſſen hat, der muß von grimmem Zorne befallen werden; denn das, was da be⸗ ſchloſſen worden iſt, das iſt auch für jeden Liberalen, der ſich nicht gleich mit Haut und Haaren der Börſe verſchrieben hat, durchaus annehmbar. Der Kaiſer hat in dieſen Tagen den vielen Monarchen⸗ begegnungen dieſes Sommers eine weitere hinzugefügt durch ſein Zuſammentreffen mit dem ſchwediſchen Könige bei Gelegenheit der Eröffnung der Dampffähre Saßnitz⸗Trelleborg. Er hat dabei den ſchwediſchen König mit großer Herzlichkeit begrüßt. Schweden gehört nicht zu den ausſchlaggebenden Faktoren der internationalen Politik. Nichtsdeſtoweniger wird das deutſche Volk er⸗ freut ſein über dieſe Pflege guter Beziehungen zu einem Lande, das in den letzten Jahren für den deutſchen Handel ein ſo außerordentlich wichtiges Abſatzgebiet ge⸗ worden iſt. Der Zweibund Frankreich⸗Rußland entfaltet gegen⸗ wärtig auf friedlichem Gebiete einen regen, wenn auch nicht ſchönen Wetteifer. Sowohl in Frankreich als auch in Rußland bringt ſo gut wie jeder Tag neue Ent⸗ hüllungen über Mißſtände und direkte Skandale in der öffentlichen Verwaltung. Die Feſtſtellung, daß bei der Armeeverwaltung in Rußland ein ehrlicher Beamter zu den Ausnahmen gehört und außerdem von der Maſſe ſeiner betrügeriſchen Kollegen als ein wenig verrückt ein⸗ taxiert wird, das iſt ſogar der ruſſiſchen Regierung auf die Nerven geſchlagen. In Frankreich aber regt ſich die öffentliche Meinung bedenklich darüber auf, daß eine Ent⸗ hüllung nach der anderen die franzöſiſche Landesverteidi⸗ gung zu Waſſer und zu Lande in gleich ſchlechter Ver⸗ faſſung und in dem Lichte abſoluter Aktionsunfähigkeit er⸗ ſcheinen läßt. Bezeichnenderweiſe ſucht man an beiden Stellen die nationale Entrüſtung zu entkräften durch An⸗ zettelnng ausmärtiger Verwickelungen, bei denen das ver⸗ letzte Ehrgefühl des Volkes ſeine Befriedigung finden kann. Frankreich betätigt ſich in Marokko und Rußland in Perſien als„Eroberer“. . Frankreichs zweideutige Haltung in Marokko iſt an dieſer Stelle wiederholt beleuchtet worden. Die Fran⸗ zoſen haben ſich nie damit zufrieden gegeben, daß der franzöſiſche Günſtling Abdul Aſis ſeinem mehr deutſch⸗ freundlichen Bruder Mulay Hafid weichen mußte. Bei den verſchiedenen Abkommen gelang es den Franzoſen, franzöſiſche Offiziere zu Leitern der Armee des neuen Sultans zu beſtellen. Dieſe haben recht ſchnell ihre Schuldigkeit getan: ſie haben die Armee des Sultans in beſter Aktionsunfähigkeit gehalten, während die fran⸗ zöſiſchen Agenten in dem unglücklichen Lande die ver⸗ ſchiedenen Häuptlinge gegen den Sultan mobil machten. Mulay Hafid konnte ſich dagegen nicht wehren, denn Frankreich war ja offiziell ſein„Freund“. Jetzt ſteht das Land wieder im ſchönſten Aufruhr; alle alterfahrenen Häupter räuberiſcher Stämme haben gegen den neuen Sulkan mobil gemacht und ſchlagen ſich nun mit ihm herum. Frankreich aber ſteht dabei und reibt ſich lachend die Hände. Rußlands Treiben in Perſien iſt nicht minder„ſchön“. Der Schah hat ſich von ruſſiſchen Ratgebern in einen verzweifelten Kampf mit ſeinem Volke hineintreiben laſſen. Rußland ſpielt ſich dabei als ſein Freund und Beſchützer auf, beſetzt auch mit ſeiner Zuſtimmung ganz Nordper⸗ ſien, natürlich für immer, um es nie wieder zu räumen. Die einzige Hoffnung des Landes ſind augenblicklich die Bachtiaren und die Fidai, beides ſehr räuberiſche Stämme aus den ganz kulturfremden Gegenden, deren Sieg wahr⸗ ſcheinlich auch für die auf ihrer Seite kämpfenden Natio⸗ naliſten nicht viel Freude bedeuten würde. Sie werden aber nicht ſiegen können, denn Rußland hat die Eroberung Perſiens langer Hand vorbereitet und hat wahrſchein⸗ lich nicht die Abſicht, ſich von kriegsunerfahrenen Berg⸗ völkern allzu lange Schwierigkeiten machen zu laſſen. Die kretiſche Frage ſteht vor ihrer vorläufigen Löſung durch die Schutzmächte Rußland, Italien, Frank⸗ reich und England. Auf beiden Seiten gibt man ſich alle erdenkliche Mühe, es ſo darzuſtellen, als ſei der andere der Schuldige. Die Türkei ſetzt ihre Rüſtungen eifrig fort. Die Griechen aber ſprechen offen die Hoff⸗ nung aus, daß die Kreter ſelber einen Aufſtand inſzenieren und den Türken vertreiben möchten. Am 24. Juli ſoll die Räumung Kretas durch die Schutzbeſatzung erfolgen. Bis dahin muß die Kriſe ihre Löſung finden. 5 Y 2* Die Lage klärt ſich. G. Der Reichskanzler Fürſt Bülow hat an die einzel⸗ ſtaatlichen Miniſter und die Bevollmächtigten zum Bundes⸗ rate, die zur Beſprechung über die Reichsfinanzreform in Berlin verſammelt ſind, Einladungen zu einem Diner ergehen laſſen. um ſich bei dieſer Gelegenheit von ihnen 25. Jahrgang. Die Entſcheidung naht nämlich mit Rieſenſchritten. Bundesrat und Reichstagsmehrheit ſind nämlich einig. Am Dienstag hat der Bundesrat zur Lage Stellung genommen, und darauf haben die Konſervativen im Einverſtändnis mit dem Bundesrat folgenden Couponſteuerantrag im Reichs⸗ tage eingebracht: „Im Artikel 1 der Reichsſtempelnovelle iſt neu einzuſchalten: Nr. 3A. Gewinnanteilſchein⸗ und Zins ⸗ bogen: a) Gewinnanteilſcheinbogen von in ländiſchen Aktien, Aktienanteilſcheinen, Reichsbankanteilſchei⸗ nen, Anteilſcheinen von Kolonialgeſellſchaften 1 Proz. Steuerſatz; 5 b) Gewinnanteilſcheinbogen von ausländi⸗ ſchen Aktien und Aktienanteilſcheinen, ſofern die Bogen im Inland ausgegeben werden 1 Proz.; c) Zinsbogen(Rentenbogen) von inländiſchen, für den Handelsverkehr beſtimmten Renten⸗ und Schuldverſchreibungen, ſofern ſie nicht unter 3A. f. fallen, 5 pro Mille; a 55 d) Zinsbogen von Renten⸗ und Schuldverſchrei⸗ bungen aus ländiſcher Staaten, Kommunen uſw., 5 Prozent; 5 e) Zinsbogen von Renten⸗ und Schuldverſchrei⸗ bungen aus ländiſcher Korporationen, Aktien⸗ geſellſchaften uſw., ſofern die Bogen im Inlande ausgegeben werden, 5 Prozent; f) Zinsbogen von inländiſchen, auf den Inhaber lautenden und auf Grund ſtaatlicher Genehmigung ausgegebenen Renten⸗ und Schuldverſchreibungen der Kommunalverbände uſw., 2 pro Mille.. Befreit ſind: Zinsbogen von Renten⸗ und Schuldverſchreibungen des Reichs und der Bun⸗ desſtaaten, Gewinnanteilſchein⸗ und Zinsbogen, die bei der erſten Ausgabe der Wertpapiere mit dieſen in Verkehr geſetzt werden. Nach den weiteren Beſtimmungen der Anträge ſoll der Stempel für Kauf⸗ und ſonſtige Anſchaffungs⸗ geſchäfte(zwei Zehntel bis vier Zehntel und 1 pro Mille), wie ihn die Kommiſſion beſchloſſen, geſtrichen werden, ferner ſollen unter die Scheckſteuer auch fallen Quittungen über Geldſummen aus Bank⸗ guthaben, die die Kommiſſion vom Stempel be⸗ freit hatte. Die Beſtimmungen ſollen am 1. Auguſt 1909, in Anſehung des Scheckſtempels mit dem 1. Oktober 4 1909 in Kraft treten.“ Die gegenwärtige Konſtellation ließ erwarten, daß ſich die Einigung zwiſchen Regierung und Reichstag in dieſer Richtung bewegen werde. Die Steuer auf Coupons, Zinsbogen von Wertpapieren aller Art iſt eine ebenſo einfache wie gerechte Steuer; denn dieſe Kreiſe können die Steuer wirklich tragen. Inſofern wirkt die Steuer zu verabſchieden. 2 Zweimal gelebt. Aus dem Engliſchen von C. Weßner. 72(Nachdruck verboten.) „Ja. Wenn ich es ihr nicht hätte ſagen dürfen, wäre ich wahnſinnig geworden? Sie und ich ſchwuren auf die Bibel, daß wir keinem Sterblichen ein Wörtchen verraten wollten von dem, was ich geſehen. Sie ſind ganz ſicher, Herr Baron. Tante und ich ſind verſchwiegen wie das Grab. Sie ſind ein Arſtein, die Arſteins unſere Herren und Gebieter— das ge⸗ nügte Tante und mir, und ich— und ich“— hier ſtockte ſie, erglühend die Augen zu Boden ſenkend; dann fuhr ſie plötzlich fort:„Herr Eppler war mir nichts, gar nichts! Er war uns ein Fremder. Ich nahm meine ganze Kraft zuſammen bei der Gerichtsverhandlung. Kein Menſch hatte eine Ahnung—“ „Ein Menſch hat Verdacht geſchöpft“, unterbrach ſie Arſtein. „Sie meinen Frau Eppler? Ja, ſie iſt ein entſetzliches Weib. Sie jagt mir ſchon durch ihren Anblick eine entſetzliche Angſt ein. Ihre Augen ſind wie zwei Meſſer, die mir das Innere zerfleiſchen, um auf dem Grund meiner Seele zu leſen!“ Der Baron antwortete nicht. Mit geſenktem Haupt ſchritt er in dem dunklen Teile des Raumes auf und ab. Hedwigs Augen folgten ihm auf Schritt und Tritt— ſeine hohe, ſtolze Geſtalt war leicht nach vorn geneigt, ſein Antlitz hatte jede Spur von Friſche und Jugend verloren. Er empfand, daß ſein moraliſches Gefühl anfing, die Oberhand zu gewinnen, und eine unſagbare Angſt ſchnürte ihm faſt die Kehle zu. Wenn die Stimme ſeines Gewiſſens öfter ſo laut und ſo ſcharf wurde wie heute— würde er das ertragen können? Er zweifelte daran. Einen Ausweg gab es ja noch für ihn, wodurch er ſein Gewiſſen beſchwichtigen konnte. Ein Weg voller Dornen ſtand ihm offen! Sollte er ihn gehen? Dieſer Pfad führte ihn aber zu einem ſchrecklichen Martyrium— zum vollſtändigen Ruin ſeines ganzen Lebens. Und das Leben war ja ſo kurz — ſo kurz! Übrigens gehörte ſein Leben ihm nicht allein. Margarete— was ſollte aus ihr werden? Würde ſie den furchtbaren Schlag ertragen? Nein, nein, Margarete durfte nichts erfahren! Sie würde das ſchmerzensreiche Martyrium auf ſich nehmen, um ſein Gewiſſen von der auf ihm ruhenden Schuld zu befreien. Wieder blickte der Baron die junge Frau nachdenklich an. Sie ſah ſehr bleich aus, in ihren Augen lag ein furchtſamer Ausdruck. Sie ſchien ſeine Gedanken erraten zu haben; denn plötzlich brach all' ihre mühſam aufrecht erhaltene Selbſt⸗ beherrſchung zuſammen und ſchluchzend ſank ſie in die Knie, die Hände flehend erhoben. „O mein Gott, Herr Baron, nur das nicht, das nicht! Ich ſehe es Ihnen an, daß Sie mit dem Gedanken umgehen, alles zu bekennen. Ich flehe Sie an, um Gotteswillen— nur das nicht— Sie dürfen es nicht— um Ihretwillen— um meinetwillen— um Ihrer Frau willen— tun Sie es nicht — ich beſchwöre Sie—“ „Was denn— was meinen Sie, was ich nicht tun ſoll?“ fragte Arſtein, deſſen Zähne wie im Fieberfroſt aufeinander⸗ ſchlugen. „Ach, täuſchen Sie mich nicht!“ flehte Hedwig mit ver⸗ zweifelt ringenden Händen.„Ich war ja ſo furchtbar erſchreckt, als ich es in Ihren Augen las, daß Sie überlegten, ob Sie nicht lieber alles bekennen ſollten. Tun Sie es nicht, Herr Baron! Wenn die Leute erfahren, was ich getan— dann wird man mich einkerkern und Sie ebenfalls— und der Baronin wird das Herz brechen! Wir alle fallen der Entehrung, der öffentlichen Schande anheim! Und Sie— Herr Baron — o mein Gott— Sie werden vielleicht zum Tode verurteilt!“ Ein gellender Schrei des Entſetzens entfuhr hier den Lippen der jungen Frau, die ſich wie verzweifelt gebärdete.„Sie müſſen auch an mich denken! Sie haben kein Recht, die Wahrheit jetzt einzugeſtehen! Sechs Jahre lang habe ich Ihr Geheimnis treulich gehütet! Sie dürfen mich jetzt nicht ins Elend ſtoßen!“ „Stehen Sie auf“, ſagte der Baron ernſt.„Ich kann nicht mit Ihnen ſprechen, wenn Sie vor mir knien. Sie haben viel für mich getan— und Sie haben recht— ich muß vor allem Ihre Lage bedenken. Ich will Ihnen jetzt etwas ſagen, was Sie vielleicht gar nicht einmal richtig verſtehen. Der Tat, welche ich damals beging, erinnerte ich mich erſt vor einigen Monaten zum erſtenmal; doch bis geſtern abend habe ich nie Gewiſſensbiſſe über dieſelbe empfunden. Jetzt regt ſich mein Gewiſſen dafür um ſo lauter. In dieſem Augenblick bin ich keines feſten Entſchluſſes fähig. Ich weiß noch nicht, ob ich den rechten Weg gehe, den einzig richtigen Weg, den es gibt — oder ob ich ein Leben voller Heuchelei und Verſtellung vorziehe. Beide Pfade ſind für mich mit Dornen beſäet: der eine führt zum Leben, zum reinen, hohen Leben— der andere ins ewige Verderben. Vielleicht ſchlage ich den letzteren ein.“ „Wenn ich es tue, Hedwig Schöneich, dann ſind Sie die einzige, die meinen wahren Wert kennt; der Welt gegenüber werde ich als biederer, ehrenhafter Menſch erſcheinen, deſſen Moral als Beiſpiel für andere gelten kann. Was ich innerlich kämpfe und dulde— ich, ein Lügner— ein Betrüger— ein Mörder— ein Heuchler, wie es noch nie einen gegeben— das kann nur ich ermeſſen! Und Sie, Hedwig, Sie wiſſen, daß der von allen Seiten hochgeachtete und geſchätzte Baron von Arſtein ein Heuchler iſt, der einen Unſchuldigen ein von ihm ſelber begangenes Verbrechen büßen läßt, weil er nicht den Mut findet, ſich ſelber dem Gericht zu ſtellen! Sie wiſſen auch, daß ich der armen Mutter jenes Unglücklichen nach und nach das Herz breche!“ „Sprechen Sie nicht ſo, Herr Baron“, flehte Hedwig mit tränenerſtickter Stimme.„Lieber will ich die ganze Welt in Unglück und Elend vergehen ſehen, als Sie! Sie ſollen glücklich ſein!“ „Ich glücklich? Glauben Sie wirklich, daß ich je wieder glücklich ſein könnte?“ Cortſetzung folgt.) —— ————— —̃!—— — —— ä—— — noch ſozial günſtig, als ſie dem überſchnellen Anwachſen der ganz großen Vermögen wenigſtens eine ſchwache Bremſe anlegt. Die Verabſchiedung der Reichsfinanzreform dürfte nunmehr nur noch eine Frage einiger Tage ſein. Die Reichsſteuervermehrung, die man offiziell mit dem lieblichen Namen„Reichsfinanzreform“ zu bezeichnen pflegt, obwohl— oder weil?!— man ſich darunter auch das Gegenteil vorſtellen kann, läßt ſich alſo jetzt einigermaßen überſehen. Es iſt eine halbe Milliarde neuer Steuern nötig. Dieſe werden vorausſichtlich auf⸗ gebracht werden durch: A. Beſitzſteuern. 1. Grundbeſitz⸗ bzw. Wertzu⸗ wachsſteuer 40 Millionen. 2. Quittungen über Schecks und Reichsbankguthaben 20 Millionen. 3. Kuxen⸗ und Effektenſtempelerhöhung 22,5 Millionen. 4. Zinsſchein⸗ Bogenſtempel(Couponſteuer) 27,5 Millionen. 5. Er⸗ höhung der Matrikularbeiträge 25 Millionen; zuſammen 135 Millionen. B. Neue indirekte Steuern 310 Millionen. C. Beibehaltung beſtehender Steuern fund zwar: 1. Fahrkartenſteuer 20 Millionen, 2. Zucker⸗ ſteuer 35 Millionen.— Urſprünglich waren 400 Mil⸗ lionen Mark neuer indirekter Steuer vorgeſehen, und die jetzt ſo laut ſchimpfenden Liberalen waren bereit, dieſe Summe zu bewilligen. Es iſt weſentlich auf das Eingreifen des jetzt ſo viel verläſterten Centrums zu⸗ rückzuführen, daß die Vermehrung der indirekten Steuern auf 310 Millionen beſchränkt worden iſt. Der Zuſammen bruch t des Perſer⸗Reiches. [:: Ein altes Weltreich, deſſen Name in einzelnen Abſchnitten der Geſchichte einen führenden Klang hat, teht vor dem Zuſammenbruch: Rußland, das länder⸗ gierige, rüſtet ſich zum letzten, bei den ruſſiſchen Hilfs⸗ mitteln ſelbſtverſtändlich ſiegreichem Kampfe mit den letzten Verteidigern der perſiſchen Unabhängigkeit, den aufſtändtſchen Nationaliſten und mit den dieſen verbün⸗ deten Stämmen der Bachtiaren aus Südperſien. Der Schah hat die Flinte längſt ins Korn geworfen, und ſtellt ſich und ſeine ihm treugebliebenen Truppen den Ruſſen zur Verfügung. Die Nationaliſten aber ſtehen 5 den Ruſſen zum letzten Verzweiflungskampfe gegen⸗ er: „ Teheran, 7. Juli. Die Bachtiaren unter „Serdar Aſſad mit Kaswiner Nationaliſten unter Sipah⸗ dar haben ſich bei Keredſch vereinigt. Oberſt Lisckhoff hat ihnen entgegen alle einigermaßen zuverläſſigen Truppen nach Schachabad geſandt. Perſien iſt gewiſſermaßen zwiſchen Rußland und England eingekeilt. Im Norden ſtößt es an das ruſſiſche Gebiet zwiſchen dem Schwarzen und dem Kaſpiſchen Meer mit ſeiner entwickelten Induſtrie. Das Emirat von Af⸗ ghaniſtan im Oſten ſteht unter ruſſiſchem Einfluſſe. Ruß⸗ land, trotz ſeiner zerrütteten inneren Verhältniſſe: ſtets darauf bedacht, nach außen hin ſeine Machtgrenzen aus⸗ zudehnen, bedarf eines eisfreien Hafens am Weltmeer und erſtrebt daher das Vorandringen bis zum Perſiſchen Golf. Der ruſſiſchen Flotte kann der Weg von Deutſch⸗ land oder anderen in Frage kommenden Mächten leicht verlegt werden. Das Recht zur Durchfahrt durch die Dar⸗ danellen, die den Wert der im Schwarzen Meer ſtatio⸗ nierten Flotte ganz erheblich ſteigern würde, wird nach wie vor noch jedenfalls ein Gegenſtand unerfüllbarer Sehnſucht bleiben. Der Krieg mit Japan hat klar ge⸗ zeigt, was ein am Weltmeere gelegener Hafen dem ruſſi⸗ ſchen Reiche ſein könnte. Gründe genug, um die in der letzten Zeit beſonders deutlich gewordene ruſſiſche Ausdehnungspolitik zu begreifen. Infolge der Nieder⸗ lage im ruſſiſch⸗japaniſchen Kriege aber war Rußland nicht ſtark genug, ſich den Weg bis zum Golf, bis zum Meere, offenzuhalten. England verlegte ihm unter weit⸗ herzigem Verzicht auf ganz Nordperſien den Weg zum Waſſer. Was Rußland der Norden Perſiens bedeutet, das iſt für England der Süden. Seine gewaltige Kolonial- politik zwingt es, auf einen Landweg auf eige⸗ nem Gebiete zwiſchen Aegypten und Indien bedacht zu ſein, um im Falle eines Aufſtandes in einer der beiden Kolonien aus der andern raſch und unter möglichſt geringen Koſten Truppenmaſſen herbeizuſchaffen. Der Transport zu Lande aber iſt weit ſchneller und billiger, als der zu Waſſer. Bekanntlich haben Rußland und England am 31. Auguſt 1907 ein Abkommen getroffen, in dem ſie ihre Intereſſengebiete in Aſien gegenſeitig abgrenzten. Der politiſchen Beſitzergreifung ſoll eben die wirtſchaftliche vorangehen. Um andere Staaten, in erſter Linie Deutſch⸗ land, nicht vor den Kopf zu ſtoßen, wurde der Grundſatz der„offenen Tür“ in dem Vertrage verkündet und aus⸗ drücklich eine Einmiſchung in die inneren Angelegenheiten Perſiens abgelehnt. Nach einem Sprichworte aber kommt es immer anders, als man denkt. Perſien ſteckt mitten in hitzigen Kämpfen um die Verfaſſung. Die politiſche Seite drängt ſich in den Vordergrund. Der Deſpotismus des orientaliſchen Herrſchers iſt noch nicht gebrochen, obgleich ſein Sturz vorausſichtlich nur noch eine Frage der Zeit iſt. Der Aufſchwung des politiſchen Lebens und Ge⸗ dankens in der Türkei gab der gegen den Schah gerich⸗ teten Bewegung einen ſtarken Anſtoß. Vielleicht wäre es, wie der Türkei, ſo auch Perſien, in mehr oder weniger kurzer Zeit gelungen, ſich zu einem geregelten poli⸗ tiſchen Leben durchzuarbeiten. Mit dieſer Ausſicht iſt es jedoch vorbei, ſeit England und Rußland im Wider⸗ ſpruch mit den Grundſätzen des erwähnten wirtſchaftlichen Abkommens ſich bemüßigt geſehen haben, zwangsweiſe die Verfaſſung wiedereinzuführen und der Revolution ein Ende zu machen. Eine wirkliche Beruhigung iſt damit freilich nicht erzielt worden; denn die Kämpfe gegen den Schah haben gerade jetzt immer weitere Wellen geſchla⸗ gen. Für Rußland und England aber bedeutet das einen ſehr willkommenen Anlaß zu immer energiſcheren„Be⸗ Funteungsmaß nahmen“, In Abuſcher am perſiſchen Golf landete vor wenkgen Wochen ein engliſches Kriegsſchiff zunter dem Vorwande, das engliſche Konſulat zu ſchützen. Im Norden marſchierte ein großes Aufgebot an ruſſiſcher Infanterie, Artillerie und Koſaken nach Täbris, der Hauptſtadt der norweſtlichen Provinz Aſerbeidſchan, in der der Aufruhr ſeit langem beſonders ſtark auflodert, um die„Fremden au ſchützen“. Wenn der Widerſpruch der 5 Perſer gegen dieſe Vergewaltigung durch England und Rußland nicht mit Waffengewalt unterſtützt werden kann — und das iſt bei der finanziellen Ohnmacht und inneren Zerrüttung Perſiens ausgeſchloſſen— dann wird Ruß⸗ land ſeine Truppen ſolange im fremden Lande laſſen, bis es den Norden ſeinen Grenzen einverleibt hat. Und dann wird England auch den Süden ſchon ſehr ſchnell an ſich bringen. Wie geſagt, iſt es nur noch eine Frage der Zeit, daß die beſten Teile des Landes, der Norden und der Süden, dem unſtillbaren Kolonialhunger des britiſchen Walfiſches und des ruſſiſchen Bären anheimfallen. So⸗ lange der Vorteil unſerer deutſchen wirtſchaftlichen Inter⸗ eſſen nicht behindert wird, liegt für Deutſchland kein Grund vor, ſeine Zurückhaltung gegenüber den bisherigen Vorgängen in Perſien aufzugeben. ** 14 * In gut unterrichteten Kreiſen verlautet, daß die ruſſiſche Regierung dem perſiſchen Thronprätendenten Sidi Khan, der in Paris lebt, die Erlaubnis erteilt hat, Rußland zu durchqueren. Mit den Vorgängen gut vertraute Perſönlichkeiten glauben in dieſer Maßnahme der ruſſiſchen Regierung ein Fallenlaſſen des Schah zu erblicken, da ſie der Anſicht ſind, daß Ruß⸗ land bereits mit der Möglichkeit der Nachfolge Sidi Khans rechnet. Trotz der Verſicherungen der ruſſiſchen Regierung, daß die bei Enſeli gelandeten ruſſiſchen Truppen nur im Falle der äußerſten Not auf Teheran marſchieren ſollen, heißt es jetzt allgemein in den Blättern, daß die ruſ⸗ ſiſche Truppenabteilung ſich bereits auf dem Wege nach Perſiens Haupftſtadt befinde, da das Leben der Ruſſen und der anderen Europäer in Teheran aufs höchſte gefährdet ſei. Der Chef der auf dem Marſch nach Teheran befindlichen ruſſiſchen Truppenabteilung, General Dowbor Mußnitzku, hat ſtrengen Befehl erhalten, keinesfalls an Zuſammenſtößen der Liakowſchen Kaſaken⸗ Brigade mit den Nationaliſten teilzunehmen. Falls Liakow ſowie den anderen ruſſiſchen Inſtrukteuren Ge⸗ fahr drohen ſollte, ſollen ſie, wie alle übrigen Euro⸗ päer, Schutz in der Miſſion ſuchen. Die ruſſiſche Re⸗ gierung proteſtierte bei der Türkei gegen die ungeſetz⸗ liche Handlungsweiſe des türkiſchen Konſuls, der un⸗ ruhigen perſiſchen wie anderen Elementen Schutz gewähre. Nach einer neuen Meldung ſollen nach einem Ver⸗ mittelungsvorſchlag des britiſchen Geſandten in Teheran die Wahlen für das perſiſche Parlament in zehn Tagen beginnen. Die Bachtiaren ſind auf Bitten der Nationali⸗ ſten nicht in Teheran eingerückt. Politiſche Rundſchau. — Berlin, 10. Juli. Freiherr Heyl zu Herrusheim iſt aus der nationalliberalen Fraktion ausgetreten. Der Abg. Freiherr von Heyl hat geſtern bei der dritten Leſung der Finanzreform bereits mit der neuen Mehr⸗ heit geſtimmt. (7) Einen Gegenbeſuch beabſichtigt bekanntlich der ruſſiſche Zar dem deutſchen Kaiſer zu machen; und zwar ſoll dieſer nach neueren Meldungen Ende dieſes Monats in Kiel erfolgen, entweder auf der Reiſe nach Cherbourg oder auf der Rückfahrt. (1) Der Dank des Reichskanzlers. Der neue deutſche Bauernbund, der bekanntlich die Politik Bülows ſtützen ſollte, erhielt auf ſein Begrüßungstelegramm vom Für⸗ ſten Bülow ein Danktelegramm, worin es u. a. heißt: „Die Stärkung des Deutſchtums in der Oſtmark und der Schutz der deutſchen Landwirtſchaft ſind Lebensbedürf⸗ niſſe unſeres Volkes. Daran wird weder eine neue Gruppierung der Parteien noch ein Perſonenwechſel in der Regierung etwas ändern können.“ (1) Zur Kanzlerkriſis. Wenn es nach den Berliner Blättern ginge, ſo hätte Staatsſekretär v. Bethmann⸗ Hollweg die größte Ausſicht, Nachfolger des Fürſten Bülow zu werden. Man erklärt, Herr v. Bethmann⸗ Hollweg habe ſich gegen die Uebernahme des Amtes auch aus Geſundheitsrückſichten und namentlich unter Hinweis auf ſeine Nerven lange geſträubt, ſei jedoch nunmehr bereit, dem Wunſche des Kaiſers Folge zu leiſten. Na, abwarten. So ſicher iſt die Kanzlerſchaft des Staatsſekretärs v. Bethmann⸗Hollweg doch nicht. In Straßburg wird jetzt halbamtlich erklärt, daß Graf Wedel bei dem bevorſtehenden Kanzlerwechſel nicht be⸗ teiligt ſein wird. Ein Wechſel in der Leitung des aus⸗ wärtigen Amtes wird ſcharf dementiert. Man kann dies nur begrüßen, da Herr v. Schoens überlegte und jeder Abenteuerlichkeit abgeneigte Art eine gewiſſe Bürgſchaft für eine verſtändige Behandlung der auswärtigen Ange⸗ legenheiten bietet. ( Die Beſoldungsreform hat die Budgetkommiſſion des Reichstages nunmehr erledigt. Sie hat den Kom⸗ promißantrag mit einigen Aenderungen angenommen, darunter die, daß die Zeug⸗ und Feuerwerksleutnants in Servisklaſſe 3 des Wohnungsgeldzuſchuſſes hinaufge⸗ ſetzt werden und ebenſo die Marine⸗Offiziere. Die Mehr⸗ koſten betragen 170 000 bis 180000 Mark. Die Schaff⸗ nerklaſſe bei der Reichspoſt⸗ und Telegraphenklaſſe ſoll folgende Gehaltsſätze bekommen: 1100, 1190, 1280, 1370, 1460, 1540, 1620, 1700 Mark. Auch die Deckungs⸗ frage iſt bereits beraten worden. In einer Reſolu⸗ tion wurde der Wunſch ausgedrückt, die Beſoldungs⸗ erhöhungen ohne Verzögerung zur Aus⸗ zahlung zu bringen. Die formelle Regelung ſoll erſt in einem Nachtragsetat erfolgen, wenn der Reichs⸗ tag im Herbſt wieder zuſammentritt. Da die Regierung erklären ließ, daß die Finanzreform mit ihren 500 Mill. Mark nicht ausreiche, um die 17 Millionen, die der Reichstag bei der Beamtenbeſoldung über die Regierungs⸗ vorlage hinaus beſchloſſen habe, zu decken, ſo vertagte man ſchließlich die Erhöhung der Mannſchafts⸗ löhne(13—14 Millionen) auf das nächſte Jahr, wäh⸗ rend die übrigen Mehraufwendungen von 3½ Millionen dadurch beſchafft werden ſollen, daß die an die Einzel⸗ ſtaaten für die Erhebung der Reichserbſchaftsſteuer abzu⸗ führende Vergütung von 33½ auf 25 Prozent des Er⸗ trages verkürzt wird. (1) Eulenburg wieder auf dem Wege der Beſſerung! Fürſt Eulenburg hat am Donnerstag ſeine Berliner Wohnung verlaſſen und ſich nach Schloß Liebenberg begeben. In ſeiner Begleitung waren die Fürſtin und die beiden älteſten Söhne ſowie ein Arzt. Das Befinden des Fürſten ſoll ſich etwas gebeſſert zu haben.— Natür⸗ lich; es wird ſich auch weiter beſſern, bis der Prozeß wieder aufgenommen wird. Dann verurſacht die Auf⸗ regung wieder die Verſchlimmerung. (1) Hammann wieder im Dienſt. Der Referent für Preßangelegenheiten im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Legationsrat Dr. Hammann, hat ſeine Dienſt⸗ geſchäfte wieder übernommen.— Die Sache wird jetzt wohl im Parlament zur Sprache komme üſſen. Paärlamentariſches. 9 12 Die Schankgefäßkommiſſion erledigte am Donners⸗ tag die Beratung des ihr zugewieſenen Geſetzentwurfs, der bekanntlich die Abwälzung der Bierſteuer auf die Kon⸗ ſumenten erleichtern ſoll. Der bisherige geſetzliche Min⸗ deſtſchaumraum, d. h. der Abſtand zwiſchen Füllſtrich und Rand des Schankgefäßes beträgt einen Zentimeter, der Höchſtabſtand drei Zentimeter. Letzteren ändert die Vor⸗ lage nicht, dagegen wird die höhere Verwaltungsbehörde befugt, den Mindeſtſchaumraum auf zwei Zentimeter zu erhöhen. Es wurde ein Centrumsantrag angenommen, der die höhere Verwaltungsbehörde befugen will, einen Schaumraum von 2—4 Zentimeter zuzulaſſen. 2 Der Seniorenkonvent des Reichstags trat auch am Donnerstag während der Plenarſitzung zuſammen und warf ſeine letzte Vereinbarung wieder um. Um am Donnerstag mit der zweiten Leſung der Finanzreform zu Ende zu kommen, fand eine Abendſitzung ſtatt. Am Freitag beginnt ſchon die dritte Leſung der Finanz⸗ reform, und zwar werden zuerſt die drei großen Konſum⸗ ſteuern erledigt: Bier, Tabak, Branntwein. Am Samstag ſoll beim Finanzgeſetz die große Generaldebatte ſtätt⸗ finden. Das Beſoldungsgeſetz kommt erſt nach Erledigung der Finanzreform im Plenum zur zweiten Beratung. Ver⸗ mutlich wird der Reichstag ſchon am Dienstag Schluß machen⸗ r, ee Heer und Marine. i § Auf Befehl des Kriegsminiſteriums ſoll der Bau der Luftſchiffhalle bei Köln derart beſchleunigt werden, daß die Halle noch in dieſem Monat fertiggeſtellt wird. Das Luftſchiff„Z. II“ wird am 26. Juli in Köln er⸗ wartet und ſoll in der Halle untergebracht werden. Europäiſches Ausland.. Oeſterreich⸗ Ungarn. * Die ſtreitenden Nationalitäten haben das Parlament ſoeben wieder durch eine große Radau⸗ und Prügelſzene entwürdigt. Am Mittwoch kam es im Immunitätsaus⸗ ſchuſſe nach längeren Debatten über die Haltung der Regierung zu wüſten Szenen. Der Präſident, Dr. Pattai, wurde fortwährend durch Zwiſchenrufe ſeitens der Tſchechen, Sozialdemokraten und Slowenen unterbrochen. Als der Präſident geendet hatte, entſtand vor der Mi⸗ niſtereſtrade ein Geſchiebe und Gedränge, die Slawen und Sozialdemokraten ballten ſich dort in einem dichten Haufen zuſammen und riefen dem Miniſter des Innren, der ruhig auf ſeinem Platze ſitzen blieb, alle möglichen Schimpfworte zu, und die Erregung ſtei⸗ gerte ſich derart, daß der Sozialdemokrat Loeb auf den chriſtlich⸗ſozialen Abg. Budik losſchlug, ſo daß zwiſchen den beiden eine wüſte Schlägerei entſtand. Von der Galerie aus genoß man wieder das bekannte Schauſpiel einer ſolennen öſterreichiſchen Parlaments⸗ prügelei. Gleichzeitig eröffnen die Tſchechen eine heftige Beſchießung der Miniſter durch Papier⸗ kugeln, und als ſich endlich der Miniſter des Innern, von Haerdtl, angeekelt durch dieſes Treiben, zum Gehen wandte, ſchleuderte der Tſchech Liſy dem Miniſter ein Aktenbündel gegen den Rücken. Es dauerte geraume Zeit, bis dieſe wüſte, echt öſterreichiſche Parlamentsſchlacht zu Ende wa. 5 8 A ere, e, . Frankreich. * Mit der vielbeſprochenen Wahlrechtsreform, die Frankreich anſtrebt, iſt es nicht weit her. Wie jetzt mit⸗ geteilt wird, neigt die Regierung zwar zu dem Syſtem der Parteiliſten, aber nicht zu dem Proportionalwahl⸗ ſyſtem, ſo daß die Minderheiten immer noch ungeſchützt bleiben. 8 8 e Serbien. g 4 König Peter J. von Serbien iſt ein vom Unglück verfolgter Mann. Jetzt will ſich auch noch ſeine Tochter wider ſeinen Willen verloben. Wie in der ſerbiſchen Hauptſtadt verlautet, will ſich die Prinzeſſin Helene von Serbien mit dem ruſſiſchen Grafen Orlow ver⸗ loben. Ihr Vater iſt von dieſem Plane wenig erbaut. — Ob Peter J. ſich wohl in dem Gedanken gewiegt hat, ſein Töchterchen eines Tages im Glanze einer Krone zu ſehen? Nun, Helene von Montenegro, dem kleinſten Ländchen des Balkans, hat es zur Königin von Italien gebracht. Warum ſoll's da Helene Karageorgewitſch von Serbien nicht auch zu etwas bringen! Afrika. Marokko. f E Die Lage Mulay Hafids wird immer bedrängter. Nach Meldungen von Eingeborenen ſind die zum Schutze von Fez zuſammengezogenen Mahallas zerſtreut worden. Der Roghi ſoll unter den Mauern der Stadt ſtehen. Mulay Kebir iſt im Begriff, in Mekines einzumarſchieren. Amerika.„ een ? Nachdem Venezuela ſich ſeit Caſtros Abgange ge⸗ mäßigte Sitten angewöhnt hat, übernimmt anſcheinend jetzt ſein Nachbar unter den ſüdamerikaniſchen Republiken, Columbia, die Ehre, die Revolution weiter zu pflegen: Nachrichten aus dem Hafen Colon beſagen, daß die in Columbia ausgebrochene Revolution einen Zuſammen⸗ ſchluß aller politiſchen Parteien gegen die Regie⸗ rung des zurzeit in London weilenden Präſidenten Reyes bedeute. Die Aufſtändiſchen haben die Orte Baranquilla und Savadilla, die nur geringen Wider⸗ ſtand leiſteten, beſetzt und ſollen auch Santa Marta eingenommen haben. In Colon iſt eine Depeſchenzenſur von der Regierung eingeführt. Ein amerikaniſches Ka⸗ nonenboot wird erwartet. n Seutſcher Reichstag. 6e, II Berlin, 7. Juli Kleinere Vorlagen ſtanden zuerſt zur Beratung. Das Haus genehmigte in 1. und 2. Leſung ein Abkommen mit Dänemark über den gegenſeitigen Schutz der Muſter und Modelle und verwies die Vorlage über die Ausgabe ere — erer f K ſcge berſut wiede keit i mit! bracht m l ange clamert gelſzene atsaus⸗ lnglück Tochter biſchen elene meiner Artien mim den Konſmarvezirren und in Kiautſchou (bis zum Betrage von 200 Mark hinab) an die Budget⸗ kommiſſion. Der Handelsvertrag mit Venezuela, der ſich auf A ir der Meiſtbegünſtigung für Handel und Induſtrie für beide Teile beſchränkt, wurde in 1. und 2 Leſung angenommen. Dann wurde die Beratung über die Reichsfinanzreform bei der Mühlenumſatzſteuer fortgeſetzt. Hierzu lag ein Antrag Speck⸗Röſicke vor, der die Vermahlung bis zu 500 Tonnen jährlich in allen Betrieben ſteuerfrei läßt und die Steuer für die Produktion von 600 bis 900 Tonnen auf 1 Pf. herabſetzt. Nach unerheblicher Diskuſſion, in der die Nationallibe⸗ ralen wieder die bekannte Phraſe von dem„alles ab⸗ lehnen“ anwandten und der freiſinnige Abg. Gothein den Kommiſſionsbericht lächerlich zu machen verſuchte, wurde die ganze Vorlage mit 188 gegen 170 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Hierauf trat das Haus in die Beratung des Ausfuhrzolls auf Kohlen und Koks ein. Die Regierung erklärte, daß die Vorlage für ſie unannehmbar ſei, und auf eine Anfrage aus dem Hauſe erwiderte ſie, daß ſie auch gegen einen Kaliausfuhrzoll Stellung nehmen müſſe, wenn er für die Dauer gedacht ſei. Die Vorlage wurde nach kurzer Debatte einſtimmig abgelehnt, worauf ſich das Haus auf morgen vertagte. Auf der Tagungsordnung ſteht die Weiterberatung der Steuergeſetze. r— f g f f Berlin, 8. Juli. Der Reichstag beriet heute zunächſt das Stempelgeſetz. Ein eingebrachter Antrag der Mehrheitsparteien beſeitigte die früher beſchloſſenen Erhöhungen des Umſatzſtempels, ſtellt dagegen den von der Kommiſſion geſtrichenen Stem⸗ bel auf Quittungen über Geldempfänge auf Grund von Bankguthaben wieder her und führt außerdem einen Stempel auf Gewinnanteilſcheine und Zinsbogen(Talon⸗ ſteuer) ein. Die Abgg. Graf Weſtarp(konſ.) und Speck (Ctr.) befürworteten die Kommiſſionsbeſchlüſſe und den Antrag, während die Abgg. Dr. Weber(ntl.) und Momm⸗ ſen(frſ. Vgg.) ſie unter ſcharfer Polemik gegen das Centrum und die Konſervatipen bekämpften. Von der Re⸗ gierung ſprachen ſich Reichsſchatzſekretär Sydow, Finanz⸗ miniſter Frhr. v. Rheinbaben und Handelsminiſter Del⸗ brück für Annahme der Kommiſſionsbeſchlüſſe aus. Nach weiterer unweſentlicher Debatte wurde das Stempelgeſetz mit der Talonſteuer nach dem Antrag der Mehrheitspar⸗ teien angenommen. Auch der Scheckſtempel wurde an⸗ genommen. Die zweite Leſung des Finanzgeſetzes wurde alsdann begonnen. Nach kurzer Debatte wurde eine Abendſitzung anberaumt, um die zweite Leſung der Finanzreform zu Ende zu führen. 55 9——— 2——————— Aus Stadt und Land. ** Ein ſtarkes Erdbeben wird aus Vorderaſien ge⸗ meldet. Ueber Verluſte an Menſchenleben und den Um⸗ fang des angerichteten Schadens liegen noch keine Mel⸗ dungen vor, doch muß man befürchten, daß, wie bei den letzten aſiatiſchen Beben, ſo auch diesmal, die Ver⸗ heerungen ſehr groß ſind. e Unrichtiger„Geldſchrank“. Aus der intelligen⸗ teſten Ecke Deutſchlands, aus Maſuren, wird ein recht amüſantes, für den Bildungsſtand jener Gegend recht bezeichnendes Geſchichtchen berichtet: Ein Forſtarbeiter Gr., der nach Beendigung der Forſtarbeiten das Glaſer⸗ gewerbe in den umliegenden Ortſchaften ausübt, iſt ſpar⸗ ſam bis zum Geiz und darum auch mißtrauiſch. So hatte er denn u. a. 30 Mark in Gold in einen Lappen gewickelt und unter der Diele verſteckt, damit nie⸗ mand das Geld ſtehlen könnte. Nach einigen Tagen mußte er aber die traurige Erfahrung machen, daß die Ratten das Geld fortgeſchleppt hatten. Da er nun vor Menſchen und auch vor Ratten nicht mehr ſicher war, ſo entſchloß ſich Gr., ſeine Spargroſchen in Höhe von 500 Mark unter einer Fichte zu ver⸗ graben. Aber leider, als er wieder einmal ſich an ſeinem Schatz weiden wollte, fand er die Stelle nicht wieder. Acht Tage lang ſuchte er vergebens den ſchweigenden Wald ab, ſein Schatz ſcheint unwieder⸗ bringlich verloren. Zu allem Unglück forderte ein Mäd⸗ chen, mit dem Gr. gut bekannt war, ihm im Scherz auf, ſeinen Namen zu ſchreiben. Gr. tat dies ahnungslos, und das Mädchen machte daraus einen Schuldſchein über 100 Mark, den ſie verkaufte, und dann mit dem erhaltenen Gelde nach Amerika reiſte. Gr. aber, der bedauernswerte Pechvogel, mußte auch noch dieſen Schuldſchein einlöſen. * Die Kreuzotter, die einzige, in Deutſchland heimi⸗ ſche giftige Schlange, taucht trotz aller Ausrottungs⸗ verſuche im Oſten Deutſchlands noch immer hin und wieder auf: Die 11jährige Tochter des Beſitzers Krum⸗ reit in Grabacz hatte ihren Vater, der auf der Wieſe mit Torfſtechen beſchäftigt war, das Mittagseſſen ge⸗ bracht. Auf dem Rückwege begab ſie ſich in den Wald, um dort Beeren zu pflücken. Dabei wurde ſie von einer Kreuzotter in den Fuß gebiſſen. Der Fuß ſchwoll augenblicklich ſehr ſtark und unterlief blau, doch ge⸗ lang es glücklicherweiſe, das Mädchen zu retten. 2 * Kirchenſchänder in Italien. Als der Meßner der Gemeinde Fornaci bei Savona dieſer Tage früh die Pfarrkirche betrat, bot ſich ihm eine greuliche Verwüſtung dar. Der Hauptaltar war mit Axthieben furchtbar zu⸗ gerichtet und das Tabernakel herausgeriſſen worden. Die Hoſtien lagen zerſtreut umher. Die Monſtranz und zwei Kelche waren zertreten und verbogen, zahlreiche koſt⸗ bare Paramente zerſchnitten und zerriſſen worden. Zu⸗ letzt hatten die Vandalen aus den Betſtühlen einen Scheiterhaufen errichtet und angezündet. Das Feuer ſchien jedoch bald erloſchen zu ſein. Trotzdem war die Kirche voll Rauch und Ruß. Da gar nichts geraubt war, ſo glaubt man, daß die Täter, von denen bisher jede Spur fehlt, infolge einer übermütigen Wette ge⸗ handelt haben, wofern nicht fanatiſcher Kirchenhaß die Triebfeder geweſen iſt. * Der Dieb als Poliziſt. Anläßlich eines Dieb⸗ ſtahles in der Londoner Vorſtadt Kentiſh Town ſtellte ſich heraus, daß der Dieb ſeit April ein Poliziſt iſt. Er iſt ſchon 1905 wegen Diebſtahls verurteilt worden und büßte drei Monate ab. Er wurde jetzt an den Finger⸗ abdrücken erkannt. Die Polizeidirektion ordnete an, daß zukünftig von allen Bewerbern um Anſtellungen erſt Fingerabdrücke genommen werden. * 700 Millionen Spiel⸗ und Wettumſatz ſollen, nach einer Schätzung des bekannten Anthropologen Ber⸗ tillon alljährlich in Frankreich zu verzeichnen ſein. Auf das„Kleine Pferdchen“ ⸗Spiel allein entfallen während der Sommerſaiſon über 37½ Millionen Francs Umſatz. Die in den ſogenannten geſchloſſenen Klubs von Paris und der Provinz gewonnenen und verlorenen enormen Summen entziehen ſich vollſtändig der Kontrolle. e Unmenſchliche Eltern. In Annech(Frankreich) fanden infolge einer anonvmen Anzeige Gendarmen in einem dunkeln, vor Schmutz ſtarrenden Raume eine 31⸗ jährige Frauensperſon, die nur mit einem groben Hemd bekleidet und bis zum Skelett abgemagert war. Die Eltern hatten ſie dort bei Waſſer und Brot gehalten, angeblich, um ſie am Herumtreiben zu hindern. Sie be⸗ ſitzen ein beträchtliches Vermögen. ** Im Arſenal von Toulon ſoll ſich ein ſeltſamer Vorfall zugetragen haben. Der Gendarm Caſtrelli be⸗ merkte während ſeiner Nachtrunde am Arſenalkai längs des Lagers der Bagnoſträflinge, daß ein Strolch mit einem umfangreichen Paket den im Dock befindlichen Panzer„Magneta“ verließ und in eine Barke ſprang. Caſtelli folgte ihm, wurde aber durch drei Unbekannte durch Meſſerſtiche furchtbar zugerichtet und ins Meer geworfen. Mühſam ſchleppte er ſich ans Ufer und wurde in ein Hoſpital gebracht. Die Barke und ihre Inſaſſen ſind verſchwunden. * Von einer Kuh zu Tode geſchleift. Ein 7jähriges Mädchen aus dem Dorfe Sure bei Le Mans hatte die Kühe zu hüten, während ſeine Eltern auf einem benach⸗ barten Felde arbeiteten. Plötzlich wurden die Eltern durch ein Jammergeſchrei aufgeſchreckt. Als ſie herbei⸗ eilten, ſahen ſie, daß ihre Tochter ihre 3jährige Schweſter an den Schwanz einer Kuh gebunden und das Tier zum Laufen angetrieben hatte. Die Kleine war geſchleift worden und hatte einne Schädelbruch erlitten, der den ſofortigen Tod zur Folge hatte.. e ee * Die Sicherheit im Harz läßt ſehr viel zu wün⸗ ſchen übrig. Der Mordanfall auf den Direktor Friedrichs iſt noch nicht geklärt, da kommt bereits eine neue Schreckenskunde aus Benneckenſtein: Im Walde, in der Nähe des Ortes, wurde ein Schlächterfuhrwerk aus Sülz⸗ hayn von zwei Wegelagerern angehalten, die den Fuhrwerksleiter bedrohten, von ihrem Vorhaben, ihn zu berauben, aber abließen, als ein Radfahrer des Weges daherfuhr. Die beiden Männer verſchwanden im Dunkel des Waldes; ihre Perſönlichkeit konnte nicht ermittelt werden. **„Ausgekochter Einkäufer der Fantaſie⸗ und Woll⸗ warenbranche mit Beziehungen zu den leiſtungsfähigſten Firmen Apoldaer und Chemnitzer Genres, bisher ſelbſt⸗ ſtändiger Groſſiſt, ſucht gut dotierte Stellung als Ein⸗ käufer oder Stütze des Chefs in größerem Waren⸗ oder Kaufhaus.“ So verkündet der Anonncenteil eines Han⸗ delsblattes. Die Privatbeamten werden ſich wahrſchein⸗ lich beſtens für ſolche„ausgekochte“ Kollegen bedanken. Man ſieht hier aber wieder, zu welcher Selbſtentwürdi⸗ gung die Konkurrenz untereinander die Stellenbewerber treibt. ** Ein„Roſarium“, eine wiſſenſchaftliche Roſenzucht⸗ anſtalt, ſoll in dem Oertchen Britz bei Berlin errichtet werden. Britz baut auf ſeinen weiten Feldern nur Roſen, die dem Berliner Roſenhandel das nötige Material lie⸗ fern. Augenblicklich iſt der Ort das Ziel ungezählter Berliner Ausflügler, die die in herrlichen Farben pran⸗ genden und duftenden Felder bewundern. Um die wiſſen⸗ ſchaftliche Pflege des Roſenbaues zu fördern, hat man kürzlich in einer im Rathauſe abgehaltenen Verſamm⸗ lung die Gründung eines„Roſariums“ in Ausſicht ge⸗ nommen. Ein Roſarium iſt zu denken als eine Samm- lung der nach Tauſenden zählenden Sorten von Roſen auf einer 20 bis 30 Morgen großen Fläche mit einer Anzahl Einzelfelder baumbepflanzten Wegen und park⸗ artiger Umrahmung. Die Roſen ſind nicht für den Handel, ſondern nur zum Abblühen beſtimmt und dienen den Zwecken der Wiſſenſchaft wie als Augenweide für den Beſchauer. Auf dieſe Weiſe will man Britz zur Zentralſtelle der deutſchen Roſenkultur machen. ** Opfer des Alpenſports. In den Schweizer Alpen ereignete ſich ein Unglück, dem ein junges Menſchen⸗ leben zum Opfer fiel. Nach einem Bericht aus Neuen⸗ burg ſind zwei Penſionärinnen über die Roche de l'Ere⸗ mitage abgeſtürzt. Die eine, Fräulein König aus Bern, die Tochter des Nationalrates König, näherte ſich dem Rande des Felſens, um Blumen zu pflücken, während die andere, Fräulein Bannwart aus Zürich, ihre Hand hielt. Plötzlich glitt Fräulein König aus und riß ihre Freundin mit in die Tiefe. Fräulein Bannwart ſtürzte, den Kopf voran, ab und blieb tot liegen. Fräulein König fiel ſo glücklich, daß ſie nur einige Verletzungen am Arm erlitt * Das Luftſchiff im Dienſte der Photographie. Der bekannte Luftſchiffer Kapitän Spelterini, der ſchon mehr⸗ fach die Alpen überflogen hat, trifft zurzeit in Cha⸗ monix Vorbereitungen für ſeinen nächſten Aufſtieg ins Montblancgebiet. Er beabſichtigt, Ende Juli oder Anfang Auguſt aufzuſteigen, um photographiſche Aufnahmen des Montblancmaſſivs zu machen. * Der Milliardär John D. Rockefeller vollendete ſein ſiebzigſtes Lebensjahr. Er iſt am 8. Juli 1839 zu Richford im Staate Newyork geboren. Rockefeller gründete die Standard⸗Oil⸗Works in Cleveland und ver⸗ einigte dieſes Unternehmen mit anderen Geſellſchaften zum Standard⸗Oil⸗Truſt. Gleich anderen amerikaniſchen Milliardären hat auch er aus dem, was er mit ſeinem Truſt dem Volke aller Welt, auch den deutſchen Petroleum⸗ verbrauchern, abgepreßt, viel für Wiſſenſchaft und Wohl⸗ fahrtsbeſtrebungen getan. So ſchenkte er der Univerſität Chicago ſieben Millionen Dollars, begründete in New— vork ein Inſtitut für mediziniſche Forſchung und ſtiftete auch ſonſt Kapitalien für wiſſenſchaftliche und gemein⸗ nützige Werke. ** Das Hochwaſſer hat in Nordamerika in den letz⸗ ten Tagen großen Schaden angerichtet. Ueberſchwem⸗ mungen in Colorado, Ohio, Miſſouri und Mexiko haben einen Schaden von Hunderttauſenden von Dollars verur- ſacht. Drei Perſonen ſind umgekommen. Pattensburg in Miſſouri und Hidalgo in Mexiko ſind zerſtört. Hun⸗ derte ſind obdachlos. Hilfszüge werden die über⸗ ſchwemmten Gebiete zu erreichen ſuchen.— Auch in Belgien hat das Regenwetter, das ſeit Wochen herrſcht, ſchädliche Folgen. Viele Felder ſtehen unter Waſſer, da die Flüſſe aus den Ufern getreten ſind. In der Gegend von Mons und Lüttich iſt der größte Teil der Getreideernte vernichtet. * Attentatsfurcht an der Newyorker Börſe. Nachdem die Newyorker Börſenleitung in letzter Zeit mehrere Droh— und Warnbriefe erhalten hat, daß die Börſe während der Geſchäftszeit in die Luft geſprengt werden würde, wird das Börſengebäude von Detektivs aufs ſchärfſte überwacht. *. Unter den Opfern des Unabhängigkeitsfeſtes in den Vereinigten Staaten, bei dem die Vaterlandsliebe durch Revolverſchießerei geſtärkt wird, befand ſich Herr Lana⸗ ham, der Onkel der Gattin des verſtorbenen deutſchen Bot⸗ ſchafters Speck von Sternburg. Er wurde in Louisville in Kentucky durch eine Rieſenrakete, die in ſeiner Hand explodierte, in Stücke geriſſen. Ein Italiener, der im Oſten von Newyork an ſeinem Fenſter ſtand, wurde von einem Unbekannten, der aus Uebermut einen Revolver abfeuerte, durchs Herz geſchoſſen; vier andere Leute wurden durch Schüſſe auf der Straße verwundet. Aus Nah und Fern. — Lampertheim, 9. Juli. Am letzten Dienſtag hätte durch die Unvorſichtigkeit eines Wirtes in der Neuſchloß⸗ ſtraße ein größeres Unglück entiſtehen können. Derſelbe war durch Ueberanſtrengung am Tage abends in ſeiner Wirtſchaft eingeſchlafen und währenddem gerieten deſſen Kleider durch eine brennende Zigarre in Flammen. Durch das Huͤlferufen ſeiner Frau wurde ein Nachbar auf den Unfall aufmerkſam, löſchte das Feuer und rettete dadurch den Ernährer einer größeren Familie vor dem ſicheren Tode. & Laudenbach, 9. Juli. Spiele nicht mit Schieß ⸗ gewehren! Dieſes Wort ſollte der hieſige Landwirt M. Wehrle auch beherzigen. Derſelbe ſpielte mit einem Revolver, welcher losging, und das Geſchoß Wehrles Schwiegervater, M. Stein, in den Leib drang. * Zwingenberg, 9. Juli. Hier ſind vier Keller, in welchen gepantſchter Wein angetroffen wurde, geſchloſſen und unter Siegel gelegt worden. — Aus dem Odenwald, 9. Juli. Der Beſuch der verſchiedenen Luftkurorte, wie Lindenfels, Waldmichelbach, Felsberg, Neunkirchen, Schönberg uſw. ſteht weit hinter dem- jenigen früherer Jahre zurück.— Im Odenwald klagt man zur Zeit ſehr darüber, daß die Füchſe überhand nehmen. In einigen Gehöften fand man morgens die Hühnerſtälle völlig ausgeplündert vor. Auch der Beſtand der jungen Rehe, Haſen und Feldhuͤhner leidet ſehr unter den Raubzüͤgen Meiſter Reineckes. — Eberſtadt, 9. Juli. Ein hieſiges junges Paar beſtellte bei einem Lohnkutſcher die Fahrt zur Trauung. Der Landauer fuhr zur beſtimmten Zeit vor, aber das Paar ließ lange auf ſich warten. Endlich konnte es in die Kirche ge⸗ fahren werden. Während der kirchlichen Trauung holte der- ſelbe Wagen ein zweites Paar ab. Die Fahrt nach der Wohnung, dem Standesamt und zur Kirche dauerte länger, als die Trauung in der Kirche. Das erſte Paar mußte da⸗ her etwas warten, zog aber vor, nach Hauſe zu wandern, und weigerte ſich infolgedeſſen, die vereinbarten 6 Mark für die Fahrt zu bezahlen. Es kam deshalb zum Prozeß, der 6 Termine nötig machte. Der junge Mann wurde verurteilt und hat jedenfalls die teuerſte Hochzeitsfahrt der ganzen Gegend. * Gimbsheim, 9. Juli. Unangenehm überraſcht wurde heute ein hieſiger Landwirt, der beim Heumähen ſein Frühſtück aus der Taſche ſeines Rockes, den er an einem Baume aufgehängt hatte, herausziehen wollte, und ſtatt deſſen eine— junge Katze vorfand. Vorüberziehende Handwerks⸗ burſchen, vom Hunger getrieben, hatten ſich als Verwandlungs⸗ künſtler betätigt. * Alsfeld, 9. Juli. In Nieder⸗Ofleiden ſpielten Knaben mit Dynamitpatronen, die plötzlich explodierten. Die Wirkung war furchtbar, ſämtliche Knaben wurden mehr oder minder erheblich verletzt und in die Klinik nach Marburg verbracht. Einem Knaben wurde ein Arm abgeriſſen. »Neibsheim(A. Bretten), 6. Juli. Bei dem geſtern nachmittag über unſere Gegend ziehenden Gewitter wurde die Ehefrau des Landwirts Frank während der Feldarbeit von einem Blitzſtrahl getroffen und ſofort getötet. Die Verun⸗ glückte iſt 29 Jahre alt und Mutter mehrerer Kinder. » Pirmaſens, 9. Jull. Der Notariatsſchreiber des Notars Harteneck und bisherige 2. Vorſtand des hieſigen 18er⸗ Vereins Hoſt wurde am Samſtag abend, als er den Feſtzug zum Zapfenſtreich ordnen wollte, vom Platze weg verhaftet. Es handelt ſich um Unterſchlagung vereinnahmter Gelder, wie man hört um ungefähr 3500 Mark. Marktbericht. „ Seckenheim, 7. Juli. Der geſtrige Schweinemarkt war mit 120 Stück befahren, welche zum Preiſe von 30 bis 38 Mark pro Paar verkauft wurden. — Für die Redaktion verantwortlich: Wilh. Bingener, Viernheim Gottesdienſt- Ordnung. Katholiſche Gemeinde Fürth. Sonntag: Früh 6 Uhr Beichtgelegenheit. 7 Uhr Frühmeſſe. 9 Uhr Hochamt. Nach demſelben Chriſtenlehre für die Fillaliſten. 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