n 25 us alen Abet n olle Viernhei Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich Dienſtags, Donnerſlags u. Samſtags mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreit: 80 Pf. mionatlich einſchließl. Trägerlohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteljqährl. Telephon⸗MAuf 20. mer Amtsblatt der Groſtherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. verbreitetſte und geleſenſte Zeitung in Viernheim daher beſtes und wirkſamſtes Inſertions⸗ Organ. — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— Anzeiger Vieruheimer Nachrichten. Anzeigenpreis: 12 Pfg. die 1⸗ſpaltige Petit⸗Zeile. Lokal⸗Anzeigen 10 Pfg. Reklamen: 80 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Telephon⸗Ruf 20. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Vr. 81. Wochenrundſchau. Wir ſtehen im Beginn einer neuen Zeit. Eine ganze Bank neuer Miniſter mit einem neuen Kanzler an der Spitze hat ſich einer neuen Aufgabe gewidmet. Es iſt ſchwer, etwas über den neuen Kurs zu ſagen; die meiſten der neuen Herren haben ſich in ihrer bisherigen Betätigung einer ſchärferen Stellungnahme in irgend einer Richtung enthalten. v. Bethmann⸗Hollweg hat immer darauf gehalten, daß ſich keine Mißverſtändniſſe zwiſchen ihm und den Fürſten Bülow ſchoben. Dr. Sydow, der neue preußiſche Handelsminiſter, ſtand als Reichs- ſchatzſekretär ſogar beim Block im Rufe ängſtlicher Vor⸗ ſichtsmeierei im Verhältnis zu Bülow. Dr. Delbrück, der neue Staatsſekretär im Reichsamt des Innern, der zweite Nachfolger Poſadowskys, war als preußiſcher Handelsminiſter ungemein arbeitseifrig; er hat aber kaum Zeit gefunden, ſich zu einer programmatiſchen Klarheit auf dem in ſeinem neuen Amte überaus wichtigen Gebiet der Sozialpolitik durchzuringen; ſeine negative Arbeiter⸗ freundlichkeit in den Fragen der Berggeſetzgebung kann man ja unmöglich als Grundlage eines abſchließenden Urteils anſehen. Herrn Wermuth. begleitet der angenehme Ruf, einer der bevorzugten Mitarbeiter Poſadowskys ge⸗ weſen zu ſein. Alles in allem freilich tut man gut, den neuen Herren kein Programm nachzuſagen. Alle ſind ſicher beſtrebt, ihr neues Amt im altpreußiſch⸗konſervati⸗ ven, Geiſte auszufüllen; Abweichungen von dieſem grund⸗ 5 5 den Programm werden ſich allen aus der Arbeit ſelbſt heraus aufzwingen müſſen. Ihrer bisherigen Ent⸗ wickelung nach liegt keinerlei Veranlaſſung zu düſteren oder angenehmen Prophezeiungen vor. Bülow hat mindeſtens ein Dutzend mal im Reichs⸗ tage verſichert, daß er kein„Kleber“ ſei, daß er nicht an ſeinem Amte hänge. Der Abſchied iſt ihm aber ſo ſchwer geworden, daß er dem Centrum zum Abſchiede noch ein Paar edle Grüße zu widmen ſich veranlaßt fühlte. Einem Ausfrager eines Hamburger Blattes hat er erklärt:. „Ich habe mich zum Rücktritt entſchloſſen, weil durch die Haltung der konſervativen Partei eine politiſche Konſtellation herbeigeführt worden iſt, welche unter Trennung von den liberalen Parteien und ſogar von den Waffenbrüdern des alten Bismarckſchen Kartells die Konſervativen zum engſten Bunde mit dem Centrum und den Polen geführt und dadurch das Centrum wieder zur ausſchlaggebenden Partei gemacht hat.“ Das hält er, wie er weiter erklärte, für einen „ſchweren Schaden“, und darum iſt er zurückgetreten. Sonderbarer Weiſe vertritt auch er die Anſicht, daß das Centrum eine konfeſſionelle Partei ſei:„... daß eine Partei, die auf konfeſſioneller Baſis ſteht, durch kon- feſſionelle Geſichtspunkte zuſammengehalten wird, und die dabei die konfeſſionelle Minderheit vertritt, daß dieſe 3 Samſtag, den 17. Juli 1909. Partei den ausſchlaggebenden Einfluß ausubt im deut⸗ ſchen Reichstag und dieſen Einfluß mißbrauchen kann, wie das am 13. Dezember 1906 der Fall war, das halte ich allerdings für einen ſchweren Schaden.“ Das war alſo Bülows Blockprogramm! Früher, Jahre lang, hat er anders gedacht, ganz anders, und das waren die Jahre ſeiner ſegensreichen Wirkſamkeit. Nachher, als er ſich verärgert vom Centrum zurückzog, brach das Unglück über ihn herein. Daß er ſeinen Abſchied dem Centrum zu verdanken angibt, iſt wirklich ſehr intereſſant. Faſt zur ſelben Zeit wie in Berlin ſchloſſen ſich auch in Oeſterreich⸗Ungarn die Parlamentstore, oder ſie mußten vielmehr, wenigſtens in Wien, geſchloſſen werden, weil doch keine ruhige und ſachliche Verhandlung infolge der tſchechiſchen und ſloweniſchen Obſtruktion mehr möglich war. Ob das öſterreichiſche Parlament im Herbſt ruhiger arbeiten wird, iſt bei den Nationalitätenkämpfen noch fraglich. In England ſind die Unioniſten mit ihrer allge⸗ meinen Wehrpflicht im Oberhaus abermals abgeblitzt, mit anderen Worten, das engliſche Volk, das nie militär⸗ luſtig war, bleibt noch lange Zeit vor der allgemeinen Wehrpflicht verſchont. Die Deutſchenhetze wurde in letzter Woche von der indiſchen Verſchwörung abgelöſt, die durch die Ermordung des Oberſten Willye durch den indiſchen Studenten Dinghra die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich lenkte. Frankreichs Marineſkandal nimmt jetzt etwas weniger Raum in der politiſchen Erörterung ein, dafür um ſo mehr die Enthüllungen Burzews über den Chef der ruſſi⸗ ſchen Geheimpolizei in Paris, Harting-Landeſſen, der jetzt unſtät und ſeines Lebens nicht mehr ſicher in der Welt umherirrt. Die Türkei iſt immer noch nicht vor kriegeriſchen Verwickelungen ſicher. Die Schutzmächte Kretas haben ſich zwar in dem Kretakonflikt auf die Seite der türki⸗ ſchen Regierung geſtellt, aber die Erregung hat ſich ſowohl unter den Griechen als auch unter den Bewohnern der Inſel noch nicht gelegt. In Perſien liegt die Sache für den Schah höchſt un⸗ günſtig. Nach den letzten Meldungen zu urteilen, be⸗ findet ſich die Hauptſtadt Teheran bereits in den Händen der Nationaliſten. Marokkos Herrſcher, Mulay Hafid, ſcheint auch ſchon bald vor ſeinen Gegnern kapitulieren zu müſſen. Er muß immer mehr zurückweichen. In Südamerika iſt abermals ein Konflikt zwiſchen Ar⸗ gentinien, Peru und Bolivia ausgebrochen, dem aber wohl kaum eine größere Bedeutung beizummeſſen iſt. Die Grüße des deutſchen Volkes an den neuen Kanzler. Is Das große Revirement, das am Mittwoch in den — Zweimal gelebt Aus dem Engliſchen von C. Weßner. 751(Nachdruck verboten.) „Wie feſt er ſchläft“, flüſterte Hedwig erleichtert.„Es geht alles famos! Jetzt werde ich mich recht niedlich machen und eine hübſche helle Jacke anziehen; denn Georg liebt es, wenn ich mich für ihn putze. Dann mache ich den Tiſch zurecht, und wenn alles fertig iſt, wecke ich ihn. Jetzt iſt es acht Uhr, er hat über drei Stunden geſchlafen. Ich ſchlief damals nach den erſten Tropfen freilich viel länger. Wenn das Abendbrot fertig iſt, wecke ich ihn. Es wird ein Hauptſpaß, wenn er ſieht, wie ſpät es iſt und wie lange er geſchlafen hat.“ Das Licht in der Hand haltend, ging Hedwig in ihr eigenes kleines Zimmerchen, legte Jackett und Hut ab und brachte beides beiſeite. Dann zog ſie ein helles Hausjäckchen mit einer hüb⸗ ſchen Spitzenrüſche am Halſe an, band eine niedliche Schürze vor und begab ſich in die Küche. Hier zündete ſie die ver⸗ ſchiedenen Lampen an und ſtellte ſie an ihre Plätze im Zimmer, Flur und Küche. Plötzlich überrieſelte es die junge Frau eiskalt und ein unbehagliches Gefühl beſchlich ſie. Eine innerliche Erregung ſchüttelte ihren zarten Körper und machte ſie faſt ſchwindeln, ſodaß ſie ſich an einen Stuhl halten mußte, um nicht umzu⸗ fallen. Allmählich erholte ſie ſich, aber die Schmerzen in der Seite wurden wieder heftiger, und das Atmen ward ihr recht beſchwerlich. Nach einer Weile legte ſie Holz und Kohlen auf das Feuer, dann wärmte ſie ihre eiskalten Hände an der auf⸗ lodernden Glut. a „Wie das Feuer praſſelt“, murmelte ſie.„Es kniſtert ſo laut, daß Georg aufwachen müßte, wenn er nicht die Tropfen genommen hätte. Na, mag er noch ein Weilchen ſchlafen, bis das Abendeſſen fertig iſt.“ Nun begab ſie ſich in die Stube, deckte den Tiſch, legte Meſſer und Gabel auf, ſetzte Teller hin und holte Schinken, Butter, Brot und Käſe herzu. Als ſie mit alledem fertig war, blickte ſie wieder auf den Schlafenden. Er lag ſo ruhig, nicht einmal atmen hörte ſie ihn. So ruhig ſchlief er ſonſt nicht, meiſtens ſchnarchte er ſogar; im Anfang ihrer Ehe hatte Hedwig manche Nacht infolge ſeines Schnarchens kein Auge zutun können. „Wie ſanft er heute ſchläft“, dachte die junge Frau wieder. „Das machen alles die prächtigen Zaubertropfen. Ah, ich weiß, was ich tue, ich koche ihm ſchnell ein paar friſche Eier und Kakao, das mag er beides ſehr gern.“ Gedacht, getan. Sie eilte in die Küche, nahm ſechs Eier, kochte dieſe und bereitete eine kleine Kanne voll duftenden Kakao, ſetzte alles zuſammen auf ein Brett und wollte es eben in die Stube tragen, als ſie wieder heftige Seitenſtiche bekam und ſchnell das Brett hinſetzen mußte. Nach einer Weile er⸗ mannte ſie ſich und trug es hinein. Das Zimmer machte auf den erſten Blick einen gemütlichen Eindruck mit dem weißgedeckten Tiſch, dem traulichen Licht der Lampe und in derem Schein die hübſche junge Frau— ein Bild tiefſten Friedens und reinſten Glücks. „Ich denke, nun hat er aber lange genug geſchlafen. Das Abendbrot könnte kalt werden, ich werde ihn wecken.“ In dieſem Augenblick vernahm Hedwig ein heftiges Kratzen draußen vor dem Fenſter, welchem das langgezogene jämmerliche Geheul eines Hundes folgte. „Das iſt Leo!“ dachte ſie.„Was hat er nur? Wenn er doch nicht ſo heulen wollte! Ich kann es nicht mit anhören, wenn ein Hund heult. Ich laſſe ihn lieber herein.“ Sie lief ſchnell in die Küche und den langen Gang ent⸗ lang bis zur Haustür, welche ſie öffnete. Draußen ſtand der große Hund. Leo kam näher, legte den Kopf in die Hand ſeiner Herrin und folgte ihr in die Küche. Von hier ging er ſofort in die Stube, ſetzte ſich auf die Hinterbeine, ſtreckte den Kopf in die Höhe und begann von neuem kläglich und markerſchütternd zu heulen. „Leo, Leo, höre auf, dummer Hund!“ rief Hedwig und gab höchſten Stellen des Reiches wie der Monarchie erfolgte, hat faſt gar keine Ueberraſchung hervorgerufen. Man war ſchon ſeit einigen Tagen auf dieſen Stellenwechſel vorbereitet worden. Denn etwas anderes iſt das Revire⸗ ment kaum. Es ſind bis auf den bisherigen Ober⸗ präſidenten der Provinz Brandenburg, v. Trott zu Solz, dieſelben Perſonen. Nur haben ſie ihre Rollen getauſcht. Ob zum Beſten des Vaterlandes, das muß noch abgewartet werden. 3 Dieſe abwartende Stellungnahme, die nirgends gerecht⸗ fertigter iſt, als in der Politik, drückt ſich auch faſt in allen Preſſeſtimmen aus, die bisher zu dem neuen Revirement verlautbar wurden. Daß dabei der neue Reichskanzler in erſter Linie ſcharf unter die Redaktions⸗ lupe genommen wird, iſt nur zu natürlich. Herr v. Bethmann⸗Hollweg wird zwar im all⸗ gemeinen wohlwollend begrüßt, aber man hält ſich, wie geſagt, ihm gegenüber auch ziemlich reſerviert. So gibt, das Hauptorgan der Konſervativen, die„Kreuzztg.“, dem neuen Reichskanzler das Zeugnis, daß er ſich in der inneren Politik als ein Staatsmann von um⸗ faſſenden Kenntniſſen, von großem praktiſchen Geſchick und ſtarkem internationalen Empfinden bewährt habe. Aber ob es auch großes Vertrauen zu ihm als dem Leiter der Auslandspolitik haben kann, weiß das konſervative Or⸗ gan noch nicht. Es meint nur: Sein kaiſerlicher Herr ſetzt in ihn das feſte Vertrauen, daß er auch in der auswärtigen Politik das Werk fortführen wird, das ihm Fürſt Bülow auf einer ſtolzen Höhe der Vollendung hinterläßt. Geſtützt auf die in manchem Kampfe be⸗ währten Mitarbeiter des Fürſten Bülow wird er ſich, ſo hofft das deutſche Volk, ſchnell auch in die Aufgaben der äußeren Politik einarbeiten; bei ſeiner glänzen⸗ den ſtaatsmänniſchen Begabung wird ihm die Orientierung nicht ſchwer fallen. a Die freikonſervative„Poſt“ hält die Ernennung des Herrn v. Bethmann⸗Hollweg zum Reichskanzler als ein Zeichen dafür, daß zurzeit der Schwerpunkt der Reichs⸗ politik auf dem Gebiete der inneren Politik liegt, und meint, daß die Richtung der Regierungspolitik nicht ge⸗ ändert, ſondern beibehalten werden ſoll.„Herr von Bethmann⸗Hollweg würde die ihm geſtellte Aufgabe zweifellos nicht übernommen haben, wenn er dieſer Rich⸗ tung der Politik nicht mit vollſter Ueberzeugung zu⸗ ſtimmen könnte. Man iſt berechtigt, von ihm die Leitung der Politik zu erwarten, welche die ſtrengſte Gewiſſenhaftigkeit mit der Verfolgung idealer Ziele ver⸗ bindet.“ U Die mehr nach links ſtehenden Blätter bringen be⸗ zeichnender Weiſe die Wahl des neuen Kanzlers mit der— preußiſchen Wahlrechtsreform in Zuſammenhang. Die „Nationalztg.“, die trotz ihrer beinahe vollſtändigen Verſchmelzung mit der„Poſt“ ſich noch nationalliberal nennt, glaubt zwar nicht, daß v. Bethmann⸗Hollwea das DDr rr rere ihm einen Schlag auf die Schnauze. Einen Moment duckte ſich das Tier, ſah ſeine Herrin mit traurigen Augen an und verſuchte, ihre Hand zu lecken. Dann ſchlich er leiſe beiſeite und ſetzte ſich neben die ſtille, auf dem Sofa ausgeſtreckte Geſtalt. „Was iſt nur mit dem Hunde?“ flüſterte Hedwig ängſtlich. „Die Leute ſagen, wenn ein Hund heult, ſtirbt jemand. Die Hunde ſollen mehr ſehen, als wir Menſchen, ſie ſollen Geiſter ſehen. Ich glaube, ich werde immer nervöſer. Wie kann man dem Heulen eines Hundes nur irgendwelche Bedeutung beimeſſen! Aber der Kakao wird kalt, die Eier auch, und Georg iſt noch immer nicht munter.“ „Georg, Georg!“ rief ſie mit lauter Stimme.„Wache auf!“ Er rührte ſich nicht. Sie trat ganz dicht an ihn heran und rief noch lauter: „Komm, Georg, ſtehe auf. Du haſt über drei Stunden geſchlafen!“ Wieder begann Leo jämmerlich zu heulen. „Leo, ſei ſtill, ſonſt jage ich Dich hinaus!“ rief ſie dem Hunde zu. Jetzt kniete ſie neben dem Schlafenden nieder und rüttelte ihn. Sein Kopf ſank dabei ein wenig auf die Seite, und ſie glaubte, im nächſten Moment würde er die Augen aufſchlagen und ſich aufrichten. Als ſie jedoch die Hand wieder weggezogen— kein Augenaufſchlagen— keine Bewegung— nicht der geringſte Laut. „Was iſt das nur?“ fragte ſie ſich. Zum erſtenmal an dieſem Abend beſchlich ſie eine wirkliche Angſt, eine unbeſchreib⸗ liche Furcht. Sie beugte ſich über ihren Mann und horchte auf ſeinen Atem. „Er atmet ſo leiſe“, flüſterte ſie bange,„ich höre ſeinen Atem kaum— kaum?— Ich höre gar keinen Atemzug— ich will doch lieber das Licht holen—“ 1% (Fortſetzung folgt) 5 .——-V—-. ̃—— ———ů———̃ 2— — preußiſche Wahlrecht einer gründlichen Reform unter⸗ ziehen werde, befürchtet aber, daß ſie für ihn ein Stein des Anſtoßes werden könne,„der im Verein mit der Aufgabe, mit einem Reichstage, wie er ſich in den letzten Wochen geſtaltet hat, zu regieren, manche wenig angenehme Stunde bereiten wird. Dieſe zweite Aufgabe aber wird für Herrn v. Bethmann⸗Hollweg dadurch nicht erleichtert, daß das Centrum in ihm einen Gegner(1) und ſeine eigene Partei(die Konſervativen) in ihm nicht gerade den erwünſchten Mann ſieht, jedenfalls keinen, von dem ſie annehmen könnte, daß er ſeine blockfreund⸗ iche Vergangenheit völlig vergäße und mit der„neuen Mehrheit“ durch dick und dünn ginge.“ Die mehr linksliberalen Blätter dagegen hoffen ſehr ſtark von ihm eine durchgreifende Wahlrechtsreform, zu⸗ mai er ſeinerzeit ſelber die Reformbedürftigkeit des preu⸗ Biſchen Wahlſyſtems zugab. Auch im übrigen glaubt der Siberalismus auf den neuen Reichskanzler noch mehr Hoffnung ſetzen zu können, als auf den ſcheidenden. So begrüßt: ihn das„Berliner Tageblatt“: 5„Herr v. Bethmann⸗Hollweg wird ſich rechtzeitig f darüber klar werden müſſen, daß der Grundſatz des 9 Fürſten Bülow, es könne im Reich nicht gegen die Liberalen regiert werden, unter ihm erſt recht Geltung behalten muß. Vom liberalen Standpunkt aus 8 wird man ihm das Daſein als Reichskanzler nicht un⸗ nötig erſchweren wollen. Aber man wird abwarten, was er an poſitiven Erfolgen aufweiſen kann. Und man wird jedenfalls darauf dringen müſſen, daß ſo bald als möglich Klarheit darüber geſchaffen werden oll, wohin nun eigentlich unter dem fünften Kanzler die Reiſe gehen ſoll.“* 51 Die gewünſchte„Klarheit“ dürfte dem Freiſinn nur 5 zufrüh kommen; in einem ſpäteren Artikel meint Enn auch ſchon dasſelbe Blatt: Da Preußen und das eich mit tauſend Fäden verknüpft ſeien, ſo bedeute der 2 Miniſterwechſel, in ſeiner Totalität betrachtet, noch ne Verſchlim mer ung der politiſchen Situa⸗ no n. Daß Herr v. Bethmann-⸗Hollweg die Herren Sydow And v. Trott zu Solz vorgeſchlagen oder doch akzeptiert Bäbe, könnte beweiſen, daß er ſeine„modernen Ideen“ Rur in poſophiſch en AMebelbendungen verausgabt, Oder. daß es ihm doch an der nötigen Feſtigkeit gegenüber den Wünſchen eines Höheren fehle. Infolgedeſſen habe der Liberalismus keine Veranlaſſung, Herrn v. Bethmann⸗ Hollweg enthuſiaſtiſch entgegenzukommen, ihm das Spiel mit doppelten Mehrheiten zu erleichtern oder ſich ſonſt als Lückenbüßer gebrauchen zu laſſen. Alſo auch bei den Liberalen, die dem neuen Kanzler am meiſten zujubeln, heißt es zum Schluß doch noch: Abwarten! Das dürfte auch für uns das Beſte ſein. Ohne Voreingenommenheit ſehen wir ſeiner weiteren Tätigkeit entgegen. Als Staatsſekretär des Innern hat er ſich unſtreitig die Sympathie aller bürgerlichen Par⸗ teien erworben. Hoffentlich ſtellt er auch als Reichs⸗ kanzler und vor allem als Leiter unſerer Auslands⸗ politik ſeinen Mann. Sozialdemokratiſche Kampfesweiſe. Herr Reichstagsabg. Uebel, Dieburg ſendet uns nachfolgende Mitteilung mit der Bitte um Veröffentlichung: „Von befreundeter Seite geht mir die Nr. 56 des „Lorſcher Anzeiger“(Mittwoch 14. Juli 1909 zu, in welcher ich folgende auf meine Abſtimmung in der Tabak⸗ ſteuerfrage ſich beziehende Notiz finde: Mitteilungen aus dem Publikum. Verſchiedene Zeitungen berichteten dieſer Tage, daß Herr Reichstagsabgeordneter Uebel gegen die Tabakſteuer geſtimmt habe. Heute nun erhielt die ſoz. Partei von Lorſch von Herrn Reichstags- abgeordneten Ulrich in Berlin die ſchriftliche Mitteilung, Herr Uebel habe mit dem Zentrum für die Tabakſteuer geſtimmt. Ich erſuche deshalb die Vertretung der Zentrumspartei von Lorſch, ſich mit Herrn Uebel in Verbindung zu ſetzen, er möge eine perſönliche Erklärung un„Lorſcher Anzeiger“ abgeben, ob er in ſämtlichen Leſungen des Reichstags für oder gegen die Tabakſteuer geſtimmt habe. Ein Bürger von Lorſch. Dieſer„Mitteilung aus dem Publikum“ gegenüber ſtelle ich feſt, daß Herr Abg. Ulrich der ſozialiſtiſchen Partei von Lorſch eine der Wahrheit direkt widerſprechende Aus- Kuuft zugehen ließ. Ich habe nicht nur innerhalb und außerhalb der Fraktion nach Möglichkeit gegen die Aunahme der Tabaſteuer gewirkt, ſondern auch, meinem mehrfach gegebenen Worte gemäß, ſowohl in der zweiten wie auch in der dritten Leſung, alſo hei allen Abſtimmungen, gegen die Tabakſteuer geſtimmt. Um den Wert der Mitteilungen des Abg. Ulrich an die ſozialiſtiſche Partei in Lorſch ins rechte Licht zu rücken, kann ich mir nicht verſagen, der Oeffentlichkeit folgendes be- kannt zu geben: In der letzten Plenar⸗Sitzung des Reichstages, alſo am letzten Dienſtag, kam Herr Abg. Ulrich im Sitzungsſaale zu mir und teilte mir mit, daß er mir Unrecht getan habe, indem er auf eine Anfrage— von wem? ſagte er mir nicht — irrtümlich die Auskunft gegeben habe, ich hätte mit dem Zentrum für die Tabakſteuer geſtimmt. Erſt heute habe er ſich durch Einſichtnahme der offiziellen Abſtimmungsliſte über⸗ zeugt, daß er ſich„geirrt“ habe. Er werde den Irrtum durch eine Poſtkarte an die betr. Stelle berichtigen. Nachdem ich dem Abg. Ulrich mein Befremden über ſeine Handlungsweiſe ausgeſprochen hatte, legte er mir eine Poſt⸗ karte vor, auf welcher er ſeinen„Irrtum“ dahin„Hberichtigte“, daß ich, entgegen ſeiner erſten Mitteilung in der Schlußab⸗ ſtimmung(das Wort war auf der Karte vom Abg. Ulrich unterſtrichen) gegen die Tabakſteuer geſtimmt habe. Sofort machte ich Herrn Ulrich darauf aufmerkſam, daß auch dieſe Karte nicht nur nicht der Wahrheit ganz die Ehre gebe, ſondern inſofern direkt irreführend ſei, als ſie die Anſchauung erwecken müſſe, daß ich nur in der Schlußab⸗ ſtimmung gegen, in der entſcheidenderen Abſtimmung der zweiten Leſung aber für die Tabakſteuer geſtimmt hätte. Herr Abg. Ulrich entgegnete mir darauf, ein ſolches Mißverſtändnis ſei wohl nicht zu befürchten, dem Frageſteller käme es doch wohl nur auf die Schlußabſtimmung an. Es iſt eine alte, zwar nicht ehrliche aber doch echt ſozialdemokratiſche Gepflogenheit, den po litiſchen Gegner durch Unwahrheiten zu verdächtigen und dann, wenn die Ver- dächtigung ihre Schuldigkeit getan hat, den Loyalen zu ſpielen und eine lendenlahme Richtigſtellung in einer der Oeffentliche keit wenig zugänglichen Weiſe vorzunehmen. Ich überlaſſe die Beurteilung der Handlungsweiſe des Herrn Abg. Ulrich hiermit der Oeffentlichkeit. Aber ſelbſt wenn man annehmen wollte, daß Herr Abg. Ulrich im guten Glauben gehandelt hätte, ſo kann ihm doch der Vorwurf nicht erſpart werden, daß er bei Abgabe ſeiner Auskunft an die ſozialdemokratiſche Partei Lorſch ganz unver⸗ antwortlich leichtfertig gehandelt hat. Die offiziellen Ab⸗ ſtimmungsliſten des Reichstags ſind ſchon am Tage nach der Abſtimmung in der Hand jedes Abgeordneten. Außerdem hätte Herr Ulrich durch eine Anfrage beim Büro des Reichs⸗ tags oder bei mir ſelbſt leicht die Wahrheit erfahren können, bevor er ſeinen„Irrtum“ in die Welt ſetzte. Herr Ulrich mußte wiſſen, zu welchem Zweck die ſozialiſtiſche Partei in Lorſch— welcher Ort bekanntlich in meinem Landtagswahlkreiſe liegt— ſich für meine Abſtimmung in der Tabakſteuerfrage intereſſierte. Es hätte deshalb von ihm erwartet werden müſſen, daß er nicht leichtſinnig eine Auskunft erteilt, die mit der Wahrheit in direktem Wider- ſpruch ſteht. Dieburg, 15. Juli 1909. eh Uebel, Reichstagsabgeordneter. Anmerkung der Redaktion: Auch die ſoz. Mainzer Volks- zeitung und das Offenbacher Abendblatt haben wiederholt be richtet. Herr Abg. Uebel habe für die Tabakſteuer geſtimmt. Ob dieſe Blätter ihr Wiſſen aus derſelben trüben Quelle ſchöpften, wie die ſozialiſtiſche Partei in Lorſch, wiſſen wir zwar nicht; wir wollen nunmehr aber ſehen, ob dieſelben auch ihrerſeits eine„Berichtigung“ ihrer falſchen Nachricht vorzunehmen für nötig finden. Nach unſeren ſeitherigen Erfahrungen baben wir ein Recht, daran zu zweifeln. Politiſche Rundſchau. 225 Berlin, 15. Juli. — Der Kaiſer wird am Samstag die Nordlandsreiſe antreten. — Die Ratifikationsurkunden über den deutſch⸗ amerikaniſchen Patentvertrag ſind am Donners⸗ tag zwiſchen dem deutſchen Botſchafter Grafen v. Bern⸗ ſtorff und dem Staatsſekretär Knox ausgetauſcht worden. (2) Der Fürſt und die Fürſtin v. Bülow haben bereits ihre offiziellen Abſchiedsbeſuche gemacht. Die Kaiſerin empfing am Mittwoch nachmittag den Fürſten und die Fürſtin in Audienz. Später erteilte die Kaiſerin dem Reichskanzler v. Bethmann⸗Hollweg die nachgeſuchte Audienz. Prinz und Prinzeſſin Auguſt Wilhelm von Preußen beehrten den Fürſten und die Fürſtin v. Bülow mit einem Beſuch.— Fürſt Bülow gedenkt ſich noch Ende dieſer Woche zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Norderney zu begeben, dann zunächſt nach Klein⸗ Flottbeck überzuſiedeln und ſpäter auf etwa ſechs Monate nach Rom zu gehen. (1) Fürſt Bülow und die alte Blockpreſſe. Dem ſcheidenden„Blockvater“ widmen in ſchöner Eintracht die konſervativen wie die liberalen Blätter ſpaltenlange Ab⸗ ſchiedsartikel, die zwar voll des Lobes für ihn ſind, aber die die unüberbrückbare Kluft zwiſchen den früheren Blockbrüdern“ erkennen laſſen. Die Konſervativen ſuchen natürlich die Schuld am Sturze Bülows von ſich abzu⸗ wälzen. So ſchreibt die agrarbündleriſche„Deutſche Tagesztg.“:„Wir haben— das fühlen wir uns ge⸗ drungen angeſichts der nunmehrigen Entfremdung noch einmal mit aller Offenheit und Kraft auszuſprechen— allezeit ein ſtarkes und tiefes Gefühl der perſönlichen Anhänglichkeeit und Dankbarkeit für den Fürſten Bülow gehabt. Aber wir haben auch nie den geringſten Zweifel daran gelaſſen, daß wir in einer Frage ſtaats⸗ und wirtſchaftspolitiſcher Grundüberzeugung nicht anders han⸗ deln würden, als wir vor unſerem Gewiſſen verantworten konnten. Darum trifft uns an dem Ausgange keine Schuld.“— Die„Tägl. Rundſchau“, das Hetzorgan des evangeliſchen Bundes, ſieht natürlich im Fürſten Bülow faſt nur einen Bekämpfer des Centrums ſcheiden. Es ſchreibt daher:„Nicht zuletzt aber wollen wir dem Fürſten Bülow danken, daß er den Mut gefunden hat, dem übermütigen Centrum den Kampf anzuſagen und wenn er, wie Fürſt Bismarck, in dieſem Kampfe unter⸗ legen iſt, ſo ehrt ihn dieſe Niederlage mehr. wie das ſiegreiche Kompromißſpiel mit dieſer Partei, das er jahre⸗ lang um der Erfüllung der notwendigen Tagesaufgaben und Tagesbedürfniſſe des Reiches willen treiben mußte.“ Wir können den Schmerz des genannten Blattes ſehr gut begreifen. Denn der neue Reichskanzler wird es wohl kaum wagen, dem Centrum aufs neue den Fehdehand⸗ ſchuh hinzuwerfen.— Die liberale Preſſe feiert natürlich den ſcheidenden Kanzler als einen Märtyrer ſeiner Ueber- zeugung. (7) Die Kanzlerſchaft Bethmann⸗Hollwegs nur ein Interregnum? Der nationalliberale„Mannh. General- Anzeiger“, deſſen Aufſichtsrat der nationalliberale Führer, Abg. Baſſermann, präſidiert, läßt ſich mitteilen, daß die führenden Kreiſe der Nationalliberalen die Ernennung Bethmann⸗Hollbegs nicht für eine glückliche Löſung der Kanzlerkriſis anſehen. Sie ſei nicht unzweideutig, und die Verwirrung der innerpoliti⸗ ſchen Lage werde dadurch nicht geklärt. Bethmann⸗Holl⸗ weg ſei nicht der ſtarke Kanzler, der heute unbedingt gebraucht werde. Er habe den Umfall in der Finanz⸗ reform mitgemacht und ſei vor allem der auswärtigen Politik ganz abgewandt. Bethmanns Ernennung müſſe man entſchieden als einen Mißgriff betrachten. Man ſei in liberalen Kreiſen allgemein der Anſicht, daß die Kanzlerſchaft Bethmann⸗Hollwegs nur ein Interregnum bedeute, bis der geeignete Mann komme, der in dieſen Tagen anſcheinend nicht gefunden worden ſei. (!) Der deutſche Bauernbund, der am 6. d. M. in Gneſen als Gegenſtück zum Bund der Landwirte ge⸗ gründet wurde, ſcheint die Agitation ſehr nötig zu haben. Der Vorſtandd es Bundes trat am Donnerstag in Berlin zuſammen. Es ſollen in den kommenden Wochen allge⸗ meine Bauerntage zur Werbung für den Bund in den verſchiedenen Teilen des Reiches abgehalten werden. Der nächſte Bauerntag findet ſchon am nächſten Sonntag in Graudenz ſtatt. (2) Die deutſch⸗franzöſiſchen Beziehungen. Auf Ver⸗ anlaſſung des Komitees der Societe Philantropique de France waren am Mittwoch zahlreiche Mitglieder der Berliner franzöſiſchen Kolonie in der fran⸗ zöſiſchen Botſchaft in Berlin verſammelt, wobei der Bot⸗ ſchaftsrat Baron de Berckbheim im Namen des zu einer Kur in Frankreich weilenden Botſchafters eine kurze An⸗ ſprache an ſeine Landsleute richtete. Er bezeichnete darin die internationale Lage als relativ gut und ins⸗ beſondere auch die deutſch⸗franzöſiſchen Be⸗ ziehungen infolge des Uebereinkommens über Marokko, durch das die beſtehenden Schwierigkeiten beſeitigt wur⸗ den, als noch weiter gebeſſert. In folgedeſſen ſcheint der Boden für eine glückliche Entwickelung der wirtſchaftlichen Beziehungen zwiſchen Deutſchland und Frankreich vortrefflich vorbereitet. Redner ſchloß mit dem Wunſche, daß die Kolonie aus dieſer Gunſt der Verhält- niſſe nach Möglichkeit Nutzen ziehen möchte. e Der Bundesrat hat dem Geſetzentwurf über die zollwidrige Verwendung von Gerſte in der Reichstagsfaſſung zugeſtimmt. 5 1! Zum Miniſterwechſel. Miniſter Delbrück, der Staatsſekretär und damit Stellvertreter des Reichskanz⸗ lers geworden iſt, hat nicht gleichzeitig das Vize⸗ bvräſidium des preußiſchen Staatsminiſteriums über⸗ tragen erhalten. Der Grund dafür dürfte der ſein, daß dieſe Würde dem preußiſchen Finanzminiſter v. Rhein⸗ baben vorbehalten ſcheint. Wie die„Natztg.“ erfährt, wird als Nachfolger des früheren Unterſtaatsſekretärs im Reichsamte des Innern und jetzigen Handelsminiſters an erſter Stelle der Direktor im Reichsamte des Innern, v. Jonquieres, in Frage kommen. 2 Wird Centrum wieder Trumpf? Dieſe Frage be⸗ antwortet der konſervative Reichstagsabgeordnete Frhr. v. Maltzan in einem Artikel der„Meckl. Nachr.“ folgendermaßen: Beharrt der Liberalismus, in⸗ ſonderheit ſeine nationalliberalen Elemente, in der jetzt bon ihm eingenommenen verärgerten Stellung, Geſetz— entwürfe, denen er ſelber früher zugeſtimmt, aus Popula⸗ ritätsrückſichten abzulehnen, ſtets neue Ausgaben zu for⸗ dern, ohne für deren Deckung zu ſorgen, rückt der Libe⸗ ralismus mithin in eine reine Oppoſitionsſtellung ein, ſo wird er die Regierung von ſich abdrängen und dem Centrum zur Machtſtellung auf lange Zeit verhelfen. Gewinnt aber in liberalen Kreiſen die ruhige Beſonnen⸗ heit wieder die Oberhand, ſo wird der Block, der in einer wirtſchaftlichen Frage verſagte, in nationalen(69 Dingen ſich wieder zuſammenfinden und die jetzt ge— ſchlagenen Wunden werden langſam vernarben. 9 Koloniales. — Die Diamanten⸗Spekulanten ſcheinen hereingefallen zu ſein. Nach den neueſten Mitteilungen aus Deutſch⸗ Südweſtafrika hat das vor einigen Wochen gemeldete Vorkommen von Diamanten bei Spencer⸗Bai, nördlich von Lüderitzbucht, enttäuſcht. Ein Abbau wird ſich nicht als lohnend exweiſen. 1 Heer und Marine. ö 9 8 Zu einer kurzen Probefahrt ſtieg am Mittwoch abend das Reichsluftſchiff„Z. 1“ in Metz auf. Das Manö⸗ ver fand vor dem Generalleutnant v. Lyncker ſtatt und wurde von Verkehrstruppen ausgeführt. Aufſtieg und Landung gingen vollkommen glatt vor ſich. 3 Europäiſehes Ausland. er Frankreich. g : In Franzöſiſch⸗Kongo ſind Eingeborenen⸗ unruhen ausgebrochen, die zu Kämpfen mit den Kolonial⸗ truppen führten. Bei einem kürzlich ſtattgehabten Zu⸗ ſammenſtoße wurden 280 Eingeborene getötet. Serbien. * Das„Komitee zur Befreiung Serbiens“ hat im Topolarer Kreiſe, wo die Dynaſtie Karageorgewitſch die meiſten Anhänger zählt, in den letzten Tagen maſſen⸗ haft Proklamationen verteilt, in denen die Bevölkerung aufgefordert wird, die Dynaſtie Karageor gew itſch ihres Thrones zuéntſetzen. In der Proklamation heißt es unter anderem, den ſerbiſchen Namen habe dieſer König im Auslande geſchändet, die Mittel des ſerbiſchen Volkes vergeudet und ſich ſelbſt bereichert, während Prinz Georg Millionen mit verbrauchte. Spanien. ? In Madrid iſt der Vertrag zwiſchen der ſpaniſchen Regierung und einem engliſchen Syndikat über den Bau einer ſpaniſchen Flotte zum Preiſe von 7 Millionen Pfund Sterling abgeſchloſſen worden. Türkei. 2 * Große Reformen hat der türkiſche Finanzminiſter vor, um die Finanzen in Ordnung zu bringen. Er iſt an⸗ geblich dabei, die Zahl ſeiner Beamten von 806 auf 400 herabzuſetzen, der Verwaltungsrat im Finanzminiſterium ſoll aufgehoben werden, von der gufgelöſten internatio- nalen Finanzkommiſſion für Mazedonien werden die Dele⸗ gierten Frankreichs, Englands und Italiens in den tür⸗ kiſchen Staatsdienſt übernommen werden. Mit ihnen wird ein Kontrolldienſt eingerichtet. Die Ausſichten auf eine vorzügliche Ernte werden trotz der ſeit der Ein⸗ führung der Verfaſſung herrſchenden Unordnung eine Hebung der Steuern möglich machen, ſo daß das Defizit zum Teil noch dieſes Jahr beſeitigt wird. In zwei, drei Jahren wird es ganz geſchwunden ſein. Das Münz⸗ weſen wird umgeſtaltet. Eine Kommiſſion iſt tätig, die Frage zu prüfen, ob der Staat die in ſechs Jahren erlöſchende Kommiſſion der Tabakregiegeſellſchaft erneuern oder einer anderen Unternehmung überlaſſen oder in eigene Regie übernehmen ſoll. * Die Wirren in den einzelnen Gebietsteilen des Reiches wollen nicht aufhören. In NPemen iſt wieder eine Aufſtandsbewegung ausgebrochen; infolgedeſſen wurde eine Maſchinengewehrabteilung aus Konſtantinopel dorthin entſandt. 1 3 * Daß es ſich bei der Kretafrage weniger um die Inſel ſelbſt, als vielmehr um den Panhellenis⸗ mus handelt, ſpricht jetzt die Türkei offen aus. Die Aeußerung einer den„maßgebenden Männern Stambuls“ naheſtehenden Perſönlichkeit lautet: Der Kernpunkt der ganzen Frage iſt gar nicht mehr die Inſel Kreta. Dies wird vielfach überſehen, ſo daß man kaum einem vollen Verſtändnis für die von der ottomaniſchen Re⸗ gierung eingenommene Haltung begegnet. Kreta wird vorgeſchoben, und der Panhellenismus iſt gemeint. Das hat unſere Regierung auch klar erkannt, dieſe Er⸗ kenntnis diktiert ihr ihre Stellung und muß ſie aus⸗ ſchließlich diktieren. So verblendet ſind wir nicht, um zu glauben, das vielumſtrittene Eiland könnte nun wieder ein integrierender Beſtandteil des osmaniſchen Reiches werden. Was verhütet werden muß. iſt lediglich, daß die Inſel an Griechenland fällt. Dies darf unter keinen Umſtänden geſchehen.— Der türkiſche Miniſterrat hat jede Regelung der Kretafrage, die in die Souveränitäts⸗ rechte des Sultans eingreife, für durchaus indiskutabel erklärt.. rr . N eee een N 8 2 2 1 Se — A 0 1 „CCC El Seit dieſer iſchen Prinz 8 5. Aſien. — A—— 5 Perſien. f * Die Kämpfe in Teheran dauerten am Donnerstag noch an. Es iſt den Nationaliſten gelungen, einen dicht beim Hauſe des Oberſten Liakoff gelegenen Garten zu be⸗ ſetzen, wo ſie jetzt dem beſonderen Infanterie- und Ar⸗ tilleriefeuer der Koſaken ausgeſetzt ſind. Der Schah be⸗ feſtigt ſich in Saltanabad. Er läßt die Stadt trotz des Proteſtes der Geſandtſchaften mit fünf Geſchützen von Kadjar aus bombardieren. Der Führer der Nationali⸗ ſten, Sipahdar, kann die Kaſerne der Kaſaken ohne Ge⸗ ſchütze nicht einnehmen, er wartet daher zu neuen An⸗ griffen das Eintreffen von 2000 Bachtiaren ab, die drei Geſchütze mit ſich führen. 2000 Einwohner von Teheran ſind in die Armee der Nationaliſten eingetreten. Viele Deſerteure von den Truppen des Schahs befinden ſich unter ihnen. Die Vertreter Englands und Rußlands hoffen, einen Waffenſtillſtand vermitteln zu können. Afrika. r 5 Marokko. 2 Die Nachrichten aus Marokko über die Lage der gegenſeitigen Rivalen um den Thron widerſprechen ſich noch ſehr. So wird jetzt aus Fez gemeldet, daß die Stämme von Taſa und Umgegend ſich für Mulay Hafid erklärten und dem Roghi den Durchzug durch ihr Ge⸗ biet verwehrten. Nach Mitteilungen der Eingeborenen ſind die Streitkräfte des Roghi völlig aufgerieben wor⸗ den. Er ſelber iſt verwundet worden und hat ſeine ge⸗ ſamte Habe verloren. Amerika. 8 1 Argentinien. g Bolivien entſchuldigt ſich. Die Regierung von Bolivia hat Argentinien wegen der feindſeligen Mani⸗ feſtationen volle Genugtuung gegeben. Aus Stadt und Land. u Urnenfund in Schleſien. Beim Ackern auf dem königlichen Amtsgut Obiſch im Kreiſe Glogau wurde eine altheidniſche Begräbnisſtätte gefunden. Man förderte eine große Menge von Urnen mit Schmuckgegenſtänden aus Bronze und verkohlte Knochenreſte zu Tage. k Leuchtgasvergiftung eines Affen. Ein in ſeinem Nachahmungstrieb zu weit gegangener Affe in Berlin wurde in die Behandlung der Rettungswache gebracht. Imbo war von ſeinem Herrn in der Wohnung zurück⸗ gelaſſen worden und benutzte dieſe Zeit, um Unfug zu verüben. Wie er öfters von ſeinem Gebieter geſehen hatte, öffnete er den Hahn der Gasleitung. Als ſein Herr ſpäter nach Hauſe kam, fiel ihm ein ſtarker Gas⸗ geruch auf. Imbo lag betäubt unter dem Tiſch. In ſeiner Not nahm der Herr den Affen auf den Arm und eilte mit ihm nach der Rettungswache. Dort hatte der Arzt lange zu tun, ehe ſeine Bemühungen, das Tier durch Einflößen von Sauerſtoff wieder zu beleben, von Erfolg waren. Der Affe iſt ein halbes Jahr alt und ein koſtbares Exemplar, für das dem Beſitzer ſchon eine erhebliche Summe geboten war. Ob der Patient am Leben erhalten wird, iſt fraglich. ** Der Zug im Bahnhofsgebäude. Auf der Klein⸗ bahn von Landau nach Arnſtorf(Bayern) löſten ſich von einem Perſonenzug vier mit Steinen beladene Wagen los und raſten mit furchtbarer Gewalt eine lange Steigung hinab. Ein Bremſer hatte die Geiſtesgegenwart, abzu⸗ ſpringen, wurde aber verletzt. Die Wagen fuhren dann in Simbach in das Stationsgebäude hinein und riſſen es um mehr als die Hälfte zuſammen. Durch den Lärm der Wagen auf der Strecke wurden die am Bahnhof Simbach arbeitenden Leute aufmerkſam. Sie ſowohl wie die Leute im Stationsgebäude, in der Reſtauration und an den Lagerplätzen flüchteten, ſo daß ein größeres Un⸗ glück verhütet wurde. ** Ueber den Untergang des engliſchen Unterſeebootes „C 11“, der bereits gemeldet wurde, verlautet, daß die beiden Leutnants Brodie und Watkins und ein Ma⸗ troſe gerettet worden ſind. Dreizehn Mann fehlen und ſind zweifellos ertrunken. Der Dampfer, der mitten durch die Flottille hindurchdampfte,„C 11“ in den Grund bohrte und„C 17“ beſchädigte, war der Kauffahrteidampfer„Eddyſtone“. Das Schiff iſt 2325 Regiſtertonnen groß und gehört der Geſellſchaft Farrar Groves and Compagnie. Es war nach Hull unterwegs. Nach dem Unglück dampfte es weiter, ohne ſich um die beſchädigten Boote zu kümmern. Die Boote fuhren bei dem Zuſammenſtoß, der kurz vor Mitternacht bei klarem Wetter ſtattfand, mit vollem Dampf an der Oberfläche. Ihre Türme waren offen, und die drei Geretteten be— fanden ſich auf der Brücke. Die mit der Unterſeeboot— flottille fahrenden Torpedoboote ließen ſofort Boote her⸗ ab, die die drei retteten. Die übrigen dreizehn Mann der Beſatzung befanden ſich innerhalb des Bootskörpers und ſind zweifellos ertrunken, da der Turm offen war. Das geſunkene Boot liegt in 35 Meter Tiefe auf dem Meeresgrunde. Der Kreuzer„Bonaventure“ und mehrere Schleppdampfer liegen an der Unfallſtelle und ſind mit Bergungsarbeiten beſchäftigt. Nach dem Bericht der Ad⸗ miralität ſind fünf Mann vom„C 11“ gerettet worden. Elf Mann ertranken. Der„Eddyſtone“ traf in Hull ein und berichtet, daß er mit Unterſeebooten zuſammenge⸗ ſtoßen ſei. Er iſt unbeſchädigt und hat keine Ueber⸗ lebenden aufgeleſen. ** Die wilden Autler ſollen erbarmungslos ins Zuchthaus geſteckt werden. So iſt jüngſt von den General⸗Seſſions in Newyork entſchieden worden. Wegen Totſchlags angeklagt, hatte ſich dort der Chauffeur Dar⸗ ragh zu verantworten, der einen 13 jährigen Knaben tot⸗ gefahren hatte. Er erhielt eine Zuchthausſtrafe„von nicht weniger als 7 und nicht mehr als 20 Jahren, ab⸗ zuſitzen in Sieg⸗Sieg“. Richter Mulqueen ſagte dabei, das ſoll eine Warnung für andere ſein. Das Auto könne nicht wieder abgeſchafft werden, aber es ſei eine Gefahr für das Publikum und müſſe daher mit großer Vorſicht behandelt werden. Den nächſten, der unter ſolcher r Anklage vor ihn gebracht werde, wolle er unter Um⸗ ſtänden auf Lebenszeit verurteilen!— Helfen würde das auf alle Fälle.. 10 * Selbſtmord eines Dresdener Weingroßhandlers Der Inhaber der Weingroßhandlung Schönrock Nachfolger in Dresden, Handelsrichter Edmund Grahl, der auch Be— ſitzer der Buſſard⸗Sektkellereien in Kötſchenbroda iſt, hat ſeinem Leben durch einen Revolverſchuß in den Kopf ein Ende gemacht. Er beging die Tat in der genannten Sektkellerei. Vor einigen Tagen war ſein Kompagnon plötzlich auf der Straße geſtorben. Ueber die Motive des Selbſtmordes kurſieren verſchiedene Gerüchte. ** 10 000 Mark unterſchlagen hat in Guhrau in Schleſien der 24 Jahre alte Lageriſt Anton Marzan. Er ſollte Geldbriefe, die den obengenannten Betrag ent⸗ hielten, im Auftrage der Firma, bei der er angeſtellt war, zur Poſt tragen, iſt aber alsbald auf den Bahnhof gegangen und davon gefahren, ohne daß er bis jetzt feſtgenommen werden konnte. Maſſenvergiftung durch Hackfleiſch. In Mylau im Vogtland ſind 40 Perſonen an Vergiftungserſcheinun⸗ gen ſchwer erkrankt. Die Urſache iſt der Genuß von ver⸗ dorbenem Hackfleiſch. Die Staatsanwaltſchaft hat eine Unterſuchung eingeleitet. 2 ** Gegen die Hutnadeln unſerer Damen, die in der Tat nicht ſelten gefährliche Dimenſionen annehmen, hat die Polizei in Hannover mobil gemacht. Sie hat folgende Verfügung erlaſſen:„In letzter Zeit iſt wieder⸗ holt beobachtet worden, daß durch die übergroßen Hut⸗ nadeln der Damen andere Perſonen nicht nur im höchſten Grade beläſtigt, ſondern auch verletzt worden ſind. Es wird deshalb darauf hingewieſen, daß die Trägerinnen derartiger Hutnadeln ſich nicht nur einer Uebertretung der Beſtimmungen der Straßenpolizeiverordnung über das Tragen von Gegenſtänden, durch welche Perſonen verletzt oder beläſtigt werden können, ſchuldig machen, ſondern auch leicht mit dem Strafgeſetz in Konflikt kommen und ferner für etwa angerichteten Schaden oder Verletzungen haftpflichtig gemacht werden können. Im eigenen Inter⸗ eſſe der Damen empfiehlt es ſich deshalb, das Tragen übergroßer oder an der Spitze nicht verwahrter Hut⸗ nadeln zu unterlaſſen.“ Das Opfer des neueſten Sports. Unter den Rollſchuhläufern, die in immer größerer Zahl auftauchen, beginnt ſich eine Unſitte breit zu machen, die oft recht gefährlich werden kann. Es handelt ſich um das An⸗ hängen an Fuhrwerke. Als in Berlin ein etwa 18. fähriger Rollſchuhläufer im Tiergarten nicht recht vor⸗ wärts kommen konnte, hängte er ſich an eine vorüber⸗ kommende Automobildroſchke an. Beim Einbiegen in die Charlottenburger Chauſſee wurde der Unvorſichtige mit ſolcher Gewalt von dem Kraftwagen abgeſchleudert, daß er zu Boden ſtürzte und mit dem Kopf auf den Fahr- damm ſchlug. In beſinnungsloſem Zuſtand mußte der Unbekannte, der eine ſchwere Gehirnerſchütterung und anſcheinend auch innere Verletzungen erlitten hat, nach dem Krankenhaus gebracht werden. ** Ein verhängnisvoller Scherz. Ein tragiſcher Vor⸗ fall, der dem Leichtſinn eines Vaters zuzuſchreiben iſt, hat ſich im Dorfe Diſſen in der Lauſitz ereignet. Dort ließ ſich der Koſſät Burchart von ſeinem ſieben Jahre alten Knaben das Teſching holen, um die Vögel aus dem Garten zu verjagen. Als der Knabe mit dem Gewehr aus der Wohnung trat, rief ihm der Vater ſcherzend zu: „Na, zeige mal, wie gut du zielen kann!“ Das Kind drückte ab, ein Schuß krachte, und der Vater ſtürzte, in die Bruſt geſchoſſen, zu Boden. Er liegt hoffnungslos danieder. ** Schiffsunfälle in der Oſtſee. Bei dem ſtürmiſchen Wetter der letzten Tage iſt der Königsberger Dampfer „Komet“ bei Bornholm geſtrandet. Das Schiff hat acht Fuß Waſſer im Raum. Bei Dragör iſt der Dampfer „Blödberg“, mit 8000 Tonnen Eiſenerz beladen, auf ein Steinriff aufgelaufen und leck geworden. Die Ber⸗ gungsdampfer„Kattegat“ und„Hertha“ leiſten Hilfe. Der Dampfer„Dana“ iſt auf Mittelgrund geſtrandet. Ein Kutter des Fiſchers Markuſſen iſt bei Hals Feuerſchiff geſunken. Markuſſen und ſein Sohn wurden nach 12⸗ ſtündiger Fahrt in ihrer Ruderjolle von Lotſen aufge⸗ nommen. ** Jugendlicher Kritiker. Bei der Schlußfeier im Alten Gymnaſium zu Nürnberg unterzog der Abiturient Miesbach in ſeiner Abſolventendankrede ſowohl das Ver⸗ halten des Lehrerkollegiums gegenüber der Schülerſchaft, als auch den Wert der humaniſtiſchen Bildung überhaupt kritiſchen Betrachtungen. Die Folge war ein ſtürmiſcher Auftritt. ** Ein ſchweres Schiffsunglück, das ſich an der auſtra⸗ liſchen Küſte ereignete, wird aus Sidney gemeldet. Danach iſt die norwegiſche Bark„Errol“ am 18. Juni auf Middleton⸗Riff bei Lord Howe⸗Inſel geſtrandet. Siebzehn Perſonen, einſchließlich des Kapitäns nebſt Frau und vier Kindern ſowie beide Steuermänner, ſind teils ertrunken, teils den Entbehrungen erlegen. Fünf Ueberlebende ſind am Montag von dem Dampfer„Tofua“ aufgefunden und in Sidney gelandet. * Bezahlt muß werden! Im ungariſchen Parla⸗ ment hatte es ſich in letzter Zeit wiederholt ereignet, daß Abgeordnete aus der Bibliothek wertvolle Bücher ent⸗ lehnt hatten, ohne ſie trotz wiederholter Mahnung zurück⸗ zuerſtatten. Die betreffenden Abgeordneten waren nun unangenehm überraſcht, als ihnen der Wert der Bücher von ihren Diäten abgezogen wurde. Die Abzüge be⸗ lieſen ſich bei manchen Abgeordneten auf 500, 1000, 1500, ja ſogar auf 2000 Kronen. Die Angelegenheit erregt in Ungarn das unangenehmſte Aufſehen. ** Mißglückter Entführungsverſuch. Der italieniſche Abgeordnete Damato war zu Schiffe von Neapel nach Palermo angekommen und fuhr mit ſeiner Familie in einem Fiaker nach Hauſe. Plötzlich fuhr ein mit vier Herren beſetztes Automobil dem Fiaker entgegen, warf ihn um, und die Inſaſſen des Autos ſtürzten ſich auf die Tochter des Abgeordneten, um ſie gewaltſam in das Auto zu heben und zu entführen. Der Verſuch gelang aber nicht; denn die Dame warf ſich ſchreiend zu Boden, und der Vater eilte zum Schutze herbei. Bald darauf krachten Revolverſchüſſe, und Poliziſten erſchienen, worauf die Räuber die Flucht ergriffen. Es handelt ſich um den Entführungsverſuch durch den früheren Verlobten der Dame, der von dem Vater und dem Mädchen abgewieſen worden war. Der Abgeordnete hatte mit ihm unlängſt ein ſchweres Duell. Gegen die Entführer iſt ein Haft⸗ befehl erlaſſen worden. * Eine Liebesaffäre im Hauſe Rothſchild. Wie das „Berl. Tagebl.“ meldet, iſt der kürzlich erfolgte Tod des Barons Oskar Rothſchild auf Differenzen mit ſeinem Vater wegen einer Liebesaffäre zurückzuführen. Baron Rothſchild hatte ſich in eine junge Wiener Dame verliebt und wollte ſie heiraten. Sein Vater wider⸗ ſetzte ſich indeſſen den Plänen des Sohnes und ſandte ihn, um ihn von ſeiner Leidenſchaft zu kurieren, auf Reiſen. In der Zwiſchenzeit gelang es dem Vater Rothſchilds, das Mädchen zu verheiraten. Als Oskar vergangenen Samstag nach Wien zurückkehrte und dieſe Tatſache er⸗ fuhr, kam es zu einer heftigen Auseinanderſetzung zwiſchen Vater und Sohn, und bald darauf beging der junge Baron Selbſtmord. Lokale Nachrichten. g Viernheim, 17. Juli. + Aus Amerika erhalten wir folgende Nachricht: Am Feſte Peter u. Paul wurde in Milwaukee Wisconſin in der Kapuzinerkirche der Frater Franziskus Buſalt von Viernheim zum Diakon geweiht. Seit dem Jahre 1898 befindet ſich der zukünftige Kapuziner-Pater in Amerika, wo er in den Inſtituten der dortigen Kapuzinerpatres ſeine Studien abſolvtert hat. Zugleicherzeit wurde ein Landsmann der Pater Matthias Nack aus Heppenheim a. d. B. zum Prieſter geweiht. — Fünfzig-Pfeunigſtücke. Wir machen unſere Leſer wiederholt darauf aufmerkſam, daß ſämtliche Reichs⸗ und Landesklaſſen die alten Fünfzig-Pfennigſtücke mit der Wertangabe„50 Pfennig“ bis zum 30. September 1910 einloͤſen müſſen. — Abnorme Schweinepreiſe. Welche Fleiſchpreiſe wir zu erwarten haben? Darüber, ſo ſchreibt die„Allgemeine Fleiſcherzeitung“, geben die letzten Berliner Blehmärkte einen Anhalt. Trotzdem der Schweinefleiſchkonſum in der jetzigen Jahreszeit erfahrungsgemäß am ſchwächſten bleibt, iſt der notierte Schweinepreis ſprungweiſe auf 67—68 Mk. für 50 Kg. geſtiegen, in Wirklichkeit ſind aber bis 74 Mk. bezahlt worden; im vorigen Jahre zu derſelben Zeit war der Preis 58 Mk. Wir ſtehen der Vorausſicht nach vor Fleiſchpreiſen, die höher ſein werden, als ſie ſeit Jahren geweſen ſind. Aus Nah und Fern. N— Weinheim, 15. Juli. Im nahen Sulzbach ver⸗ übte geſtern Nacht zwiſchen 2 u. 3 Uhr der Fabrikarbeiter Michael Knapp dadurch Selbſtmord, daß er ſich von einem Zuge der Main⸗Neckarbahn überfahren ließ. Er legte ſich ſo auf die Schienen, daß ihm von den Rädern des Zuges der Kopf vom Halſe glatt abgetrennt wurde. Die Leiche wurde heute früh aufgefunden.— Hier wurden einige Fuhr⸗ knechte aus Balzenbach unter dem Verdacht der Wilddieberei verhaftet. * Worms, 16. Juli. Wie erinnerlich, hatte der hieſige Bezirkskommandeur Oberleutnant Märker auf die Reſerveoffizlere ſeines Bezirks bezüglich des im Frühjahr zur Wahl ſtehenden Offiziersaſpiranten, des katholiſchen Rechts auwalts Heim, dahingehend gewirkt, daß Heim, der als Student einer katholiſchen Verbindung angehört hatte, abge⸗ lehnt wurde. Die Angelegenheit, die ſeinerzeit auch den Reichstag beſchäftigte, hat ihre Erledigung mit der auf An- ſuchen jetzt erfolgten Verabſchiedung Märkers gefunden. —Darmſtadt, 16. Jull. Den Landſtänden iſt von der Regierung eine Denkſchrift zur Reviſtion der Beſoldungs⸗ ordnung, zur Reviſion des Geſetzes über den Wohnungsgeld⸗ zuſchuß der Staatsbeamten, über die Hinterbliebenen-Verſorgung der Staatsbeamten und über die Gehaltsverhͤltniſſe der Volksſchullehrer und ⸗Lehrerinnen zugegangen. — Neckarhauſen, 16. Juli. Gaſtwirt Schweizer hierſelböſt wurde vom Auswärtigen Amt in Berlin telegraphiſch die traurige Mitteilung gemacht, daß ſein Sohn am 6 Jult in Suͤdweſtafrika tot aufgefunden wurde. Er war Feldwebel und diente im 4. Jahre; er begann ſeine Dienſtzeit im In⸗ fanterit⸗Regiment Nr. 177 in Mainz. Ein Rückenſchuß aus dem Hinterhalte ſoll die Urſache an dieſem traurigen Ereignis geweſen ſein. — Oppau, 16. Juli. Hier ſuchte und fand freiwillig den Tod in der Jauchegrube die 34jährige Ehefrau des Bilderhändlers Markus Engel. Die Frau war Wöchnerin; ſie hinterläßt drei unmündige Kinder, das jüngſte im Alter von acht Tagen. Talheim(A. Engen), 16. Juli. Ein bedauerliches Vorkommnis ereignete ſich am letzten Sonntag hier. Die Frau des Richard Schmidt wollte mit einem Holzſcheid nach ihrem 7jährigen Buben, der ſie ärgerte, werfen. Unglücklicherweiſe traf die Mutter anſtatt den erwahnten Knaben ein 1¾ Jahre altes Kind derart an den Kopf, daß dasſelbe trotz ſofortiger ärztlicher Inanſpruchnahme nach zwei Stunden an den Ver⸗ letzungen ſtarb. Für die Redaktion verantwortlich: Wilh. Bingener, Viernheim Katholiſche Gemeinde Fürth. Sonntag: Früh 6 Uhr Beichtgelegenheit. 7 Uhr Frühmeſſe. 9 Uhr Hochamt mit Segen. Nachm. 2 Uhr Chriſtenlehre und hierauf ſakr. Bruderſchaftsandacht. Um ½7 Uhr Aloyſ. Tageszeiten. Die Kollekte iſt fr den Kirchenbau. Zahn-Atelier Hans Lehmer Weinheim, Hauptstrasse 9, Tele fon 206. Schmerzlose Behandlung. 1 Billigste Preise. 2 11 Handling 4 Hebelwerk Mannheim. 1005 Gahobelte Pitekpne-, Redysin- u. Nord. Tannen- Fussboden- Trock Daches& Mayer-Diakel bretter, Zier leisten eo. Billigſte Bezugsquelle moderner, guter Qualitäten J. 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