5 2 D 3 2139 Sasa 422 ——— 4 30 — AbaaszahHancd 2 II auh 20 K Prehen. — — Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich Dienſtags, Donnerſtags u. Samſtags mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: 80 Pf. monatlich einſchließl. Trägerlohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteljährl. Viernheimer Amtsblatt der Groſherzaglichen Fürgermeiſterei Viernheim. Verbreitetſte und geleſenſte Jeitung in Viernheim daher beſtes und wirkſamſtes Inſertions⸗ Organ. Telephon⸗Ruf 20. — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— 0 2 — Niernheimer Nachrichten. Anzeigenpreis: 12 Pfg. die 1⸗ſpaltige Petit⸗Zeile. Lokal⸗Anzeigen 10 Pfg. Reklamen: 30 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Telephon⸗Ruf 20. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. —̃—— Nr. 82. Der Block. Der Block iſt tot. Mit Bülows Abgange und ſeinen Mißerfolgen mit der konſervativ⸗liberalen Paarung iſt überall die Anſicht hervorgetreten, ein neues Experi⸗ ment dieſer Art werde niemals wieder verſucht werden. v. Bethmann⸗Hollweg, der neue Reichskanzler, hat die Blockpolitik mitgemacht. Er hat außerdem auf ethi⸗ ſchem Gebiete ſicher ſehr bedeutende liberaliſierende Neigungen. Wenn trotzdem in der Preſſe niemand glaubt, daß er den Verſuch machen werde, Blocktendenzen zu pflegen, ſo darf man darin wohl einen Beleg dafür ſehen, daß dieſes Experiment allgemein als eine unan⸗ genehme Epiſode in der politiſchen Geſchichte des deutſchen Volkes angeſehen wird. An ein Wiederaufleben des Blockes iſt alſo nicht zu denken. Wohl aber darf man ſicher mit Verſuchen rech⸗ nen, die Blockbrüderſchaft hin und wieder aufleben zu laſſen, um das Centrum für„nationale“ Aufgaben„einzu⸗ peitſchen“. Darauf deuten einige Aeußerungen hin, die auf zwei verſchiedenen Stellen denſelben oder ähnlichen Gedanken verraten. Der freikonſervative Freiherr von Zedlitz hat ſoeben unter der Ueberſchrift:„Bülows innere Politik“ einigen früheren Würdenträgern des Reiches allerlei Unannehmlichkeiten nachgeſagt und ſich dann über den Mißerfolg des Blockes folgendermaßen getröſtet:„Trotz alledem iſt es doch vornehmlich dem toten Block zu danken, daß die zur Geſundung der Reichsfinanzen erforderliche halbe Milliarde an Mehr⸗ einnahmen bewilligt worden iſt. Ohne die Ausſchaltung durch den Block hätte das Centrum ſich niemals bereit gefunden, von ſeiner traditionellen Politik abzuweichen und ganze Arbeit in Bezug auf die Beſchaffung der notwendigen Mehreinnahmen zu machen. Die Furcht vor dem Block wird es ſicher auch zum Maßhalten in der Ausnutzung ſeiner parlamentariſchen Machtſtellung be⸗ wegen. Wenigſtens in dieſer Legislaturperiode.“ Und der nationalliberale Schriftſteller Hugo Böttcher, der ſich immer als beſonderer Centrumshaſſer aufgeſpielt hat, meint dankerfüllt von Bülows Politik:„Iſt nun auch Fürſt Bülow den Machtbeſtrebungen des Centrums zum Opfer gefallen, weil die Konſervativen„das Centrum auf ihrem Wege fanden“, ſo iſt doch auch zugleich das nationale Gewiſſen des Volkes bis tief in die konſer⸗ vativen Kreiſe hinein derart geſchärft und geweckt wor— den, daß ohne ſchwere innere Konflikte keine Zugeſtänd⸗ niſſe an die klerikal⸗konſervative Politik gemacht werden können.“ Ganz tot ſind die Blocktendenzen alſo noch nicht. Man will wenigſtens hin und wieder damit arbeiten, das geht aus dieſen Aeußerungen von nationalliberaler und reichsparteilicher Seite deutlich hervor. Und vielleicht hat man ſich bei dieſer Kalkulation auch nicht verrechnet. Vorläufig iſt der Freiſinn ja bis in die Seele verbittert und läßt ſich mit den Herren Dienſtag, den 20. Juli 1909. von der Rechten auf nichts mehr ein. Aber das Gefühl „Männer“ zu ſein,„unentwegte“ Männer, hat den politi⸗ ſchen Nachkommen Eugen Richters nie ſtark imponiert. Sie wollen etwas erreichen, und da iſt wohl anzunehmen, daß ihnen hin und wieder ein Geſchäft mit der Rechten gar nicht unwillkommen iſt, beſonders wenn die Dinge jede Angſt vor der Uebervorteilung ausſchließen. Das werden ſie beſonders tun, wenn ſie glauben, damit dem am allerſchlimmſten gehaßten Centrum einen Streich ſpielen zu können. Die Mahnungen, die ſich für die Freunde des Cen— trums aus dieſer Entwickelung ergeben, liegen auf der Hand. Chinas Erwachen. „Völker Europas, wahrt eure heiligſten Güter!“ ſo hat einſt der deutſche Kaiſer das Abendland auf die Ge⸗ fahr hingewieſen, die ihm aus dem Emporblühen der großen mongoliſchen Völker Oſtaſiens erwachſen kann. Der Kaiſer hat ſich wahrſcheinlich unter dieſer Gefahr das Vorandringen der gelben, ſo ungemein fruchtbaren Raſſe in die Kulturſtätten der alten Welt, nach Europa, vorgeſtellt. Eine ſolche Gefahr liegt nicht in erreich⸗ barer Nähe; ſie kann vielleicht nach Jahrhunderten ein— treten. Wenn uns nichtsdeſtoweniger eine große Gefahr von China, von Oſtaſien aus droht, ſo liegt das in der ungemein hohen Anpaſſungsfähigkeit der oſtaſiatiſchen Völker an die Errungenſchaoften der europäiſchen Kultur. Mit anderen Worten: die Gefahr liegt auf wirtſchaft⸗ lichem Gebiete. Die Völker jener Länder werden ſich induſtriell ſelbſtändig und von uns unabhängig machen, und die Folge davon wird ſein, daß Europas Induſtrie auf das wichtigſte Abſatzgebiet der Welt verzichten muß. Es iſt das Verdienſt des Berliner Privatdozenten Dr. Großmann, dieſe Tendenz, wenn auch wider Willen, in den Vordergrund geſchoben zu haben. In einem Auf⸗ ſatz über die chemiſche Induſtrie in China ſchreibt er: 3 es ſind bereits mehrere große chemiſche und netallurgiſche Werke am Jangtſe-Fluß und in einigen anderen Provinzen errichtet worden. Da Chino über- aus reich an Steinkohlen und vor allem an Eiſenerzen, ſowie an Gold, Zinn, Kupfer, Antimon, Queckſilber, Silber und Zink iſt, ſo erſcheint beſonders die Lage der metallurgiſch-chemiſchen Betriebe für die Zukunft eine recht ausſichtsreiche. Auch die großen Petroleumlager Chinas ſollen jetzt ausgebeutet werden, zu welchem Zwecke ſich vor kurzem ein Syndikat gebildet hat. Die An⸗ nahme, daß die künftige induſtrielle Entwickelung Chinas dieſes Land zu einem neuen und ernſthaften Mitbewerber auf dem Weltmarkt machen werde, iſt angeſichts dieſer Darlegungen wohl kaum von der Hand zu weiſen.“ Demgegenüber iſt es ein ſchlechter Troſt, wenn der frei— händleriſch angehauchte Verfaſſer beſchwichtigend meint, in der Gegenwart und der nächſten Zukunft werde man 23. Jahrgang. in China nicht auf europäiſche Ware verzichten können, weil wir der dortigen Induſtrie immer noch ein gut Stück voraus ſein würden. Das iſt ſicher inſoweit nicht unrichtig, als die Entwickelung zu größerer Produktions⸗ fähigkeit und größerer Schaffens-Geſchicklichkeit ſich nicht von heute auf morgen herbeiführen läßt. Alles will ge⸗ lernt ſein, und die Heranziehung eines geſchickten Ar⸗ beiterſtammes iſt ein ſehr ſchweres Werk. Aber man ſoll dieſe Schwierigkeiten nicht überſchätzen. Wir haben alles von Grund auf aus eigener Kraft heraus lernen müſſen, ohne Lehrmeiſter. Wir aber geben für die gelehrigen Zopfträger und Schlitzaugen ſehr geſchickte Lehrmeiſter ab. Wie unangenehm die Entwickelung der Induſtrie außerhalb der induſtriellen Kulturländer voranſchreitet, das zeigt uns Rußland, wo heute bereits eine Induſtrie nach der anderen zur Gründung von Syndikaten über⸗ geht, die mit großem Geſchick und echt ruſſiſcher Rück⸗ ſichtsloſigkeit arbeiten. Es zeigt uns ferner die Tat⸗ ſache, daß Rußland in einigen wenigen Jahren zum vierten Textilinduſtrieland der Welt aufgeſtiegen iſt. Man will eben überall in der Welt vorwärts kommen und ſieht unglaublicherweiſe in der Entwickelung zum men⸗ ſchenfreſſenden Induſtrialismus den richtigen Weg zur höheren Kultur. Für die modernen Kulturſtaaten ergeben ſich aus dieſen Entwickelungstendenzen ſehr ernſte Mahnungen, auf die wir leider in der letzten Zeit wenig geachtet haben, weil ja die Ausfuhr immer weiter angeſtiegen iſt. So wie ſich auf die Dauer kein Volk von einem andern dauernd unterwerfen läßt, ſo wie nach und nach die meiſten großen außereuropäiſchen Kolonien, ſobald ſie zur kulturellen Unabhängigkeit und höheren Durchſchnitts⸗ bildung kamen, das Joch der europäiſchen Staaten abge⸗ worfen haben, ſo werden die Völker ſich auch wirtſchaftlich unabhängig machen. England, das ſich gern als„Werk⸗ ſtätte der Welt“ bezeichnete und das ſeine Landwirtſchaft erbarmungslos in dieſer Anſicht hat zu Grunde gehen laſſen, fühlt bereits heute, wie die Deutſchenhetze zeigt, den Boden unter dem Fundament ſeiner induſtriellen Vorherrſchaft in der Welt erzittern. So wird es, wenn auch erſt in abſehbarer Zeit, allen Völkern ergehen müſſen, die ſich nicht in allen Teilen auf die eigene Produktion ſtellen, die z. B. ihre Landwirtſchaft vernachläſſigen. Politiſche Nundſchau. 11 Berlin, 19. Juli. )(Die Abreiſe des Fürſten und der Fürſtin Bülom von Berlin erfolgte am Sonntag. Auf dem Lehrter Bahn⸗ hof wurden Sträuße und gewaltige Blumenarrangements zu dem Zuge getragen, und es fanden ſich am„Fürſten⸗ eingang“ des Bahnhofes zahlreiche Freunde und Mit⸗ arbeiter des Exreichskanzlers ein, u. a. der Reichskanzler b Bethbmann⸗Hollwea. die Staatsſekretäre v. Schoen. J Zweimal gelebt. Aus dem Engliſchen von C. Weßner. 76(Nachdruck verboten.) Als ſie Schöneich vorhin geſchüttelt, war die eine Hand zur Seite herabgeglitten und hing ſtarr hernieder. Sie erfaßte die Hand und— ließ ſie mit einem Schrei des Entſetzens ſofort wieder fallen— ſie war kalt— eiskalt! „Herrgott im Himmel! Barmherziger Gott im Himmel!“ ſtöhnte ſie faſſungslos.„Was iſt das nur— o Gott, was iſt das nur?“ Die wirkliche Tragweite des Geſchehenen war ihr immer noch nicht zum Bewußtſein gekommen, nur eine unausſprechliche Furcht, eine faſt wahnſinnige Angſt hatte ſich ihrer bemächtigt. Sie nahm das Licht und leuchtete dem ſtillen Schläfer in das Geſicht— in das aſchfahle, ſtarre Geſicht. Die Lippen waren leicht geöffnet— aber nicht der leiſeſte Hauch entſtrömte ihnen. Der Körper war bereits erſtarrt in der ſchauerlich eiſigen Umarmung des Todes. Hedwig hatte den Tod ſchon vorher geſehen, ſeine Anzeichen trügten ſie nicht! Dieſe Zeichen des Todes hier waren zu deutlich, um ſie zu verkennen. Mit einem dumpfen Wehlaut fiel ſie vornüber, das Licht entſank ihrer kraftloſen Hand und verlöſchte, und ihr Geſicht, ſo weiß wie das des Toten, fiel auf deſſen Bruſt. So blieb Hedwig eine ganze Weile in tiefer Bewußtloſigkeit liegen. XXIII. Die Schatten der Dämmerung woben ſich dichter und dichter und gingen bereits in die Nacht über, und der Baron von Arſtein weilte noch immer im Bureau des Wirtſchaftsgebäudes. Als es finſter geworden, nahm er einen zweiarmigen ſilbernen Leu bter von einem Brett, zündete die Kerzen an und ſtellte ihn auf ſeinen Schreibtiſch. Das Zimmer war ſehr groß, die zwei Kerzen machten die in demſelben herrſchende Dunkelheit erſt recht wahrnehmbar. Arſtein ſetzte ſich in den großen Lehnſtuhl vor dem Schreibtiſch, wo vor ihm ſchon ſein Vater und ſein Großvater geſeſſen hatten, und begann, Papiere zu ordnen. Während er damit beſchäftigt war, klopfte es an die Tür. Er ſtand auf, öffnete und erblickte einen ſeiner Diener vor ſich. „Die gnädige Frau laſſen fragen, ob der Herr Baron nicht zu Tiſch kämen.“ „Sagen Sie, ich hätte eine wichtige Arbeit zu vollenden und könnte nicht zu Tiſch kommen. Ich eſſe ſpäter etwas.“ Der wohlgeſchulte Diener mit dem unbeweglichen Geſicht verneigte ſich höflich und ging. Wieder verſchloß der Baron die Tür. Dann ließ er auch die anderen Jalouſien herunter und begann raſtlos im Zimmer auf- und abzugehen. In ſeinem Innern gährte und wühlte es— das Gute und das Böſe kämpften einen harten Kampf um den Beſitz ſeiner Seele. Er wußte es. Ein gewaltiger Konflikt tobte in ihm, der ſein Leben in zwei Stücke reißen zu wollen ſchien. Große Schweiß⸗ tropfen perlten auf Arſteins Stirn. Er war ſich bewußt, daß, wenn er dies Zimmer verließ, entweder Gott oder der Teufel ſeine Seele errungen hatte. „Ich muß zu einer Entſcheidung gelangen“, murmelte er dumpf.„Ich träume nicht, ich wache und bin mir meiner geiſtigen Klarheit bewußt, ich finde keine, aber auch nicht die geringſte Entſchuldigung für mich. Wenn ich dem Teufel ver⸗ falle“— er erſchrak heftig bei dieſen unwillkürlich halblaut geſagten Worten. Arſtein hatte das Schlechte im Menſchen ſtets gehaßt, in welcher Form und Geſtalt es auch vor ihn hingetreten war. Sein ganzes Weſen war die verkörperte Ehrlichkeit, die Rechtlichkeit. Schon in der Schule war er in dieſer Hinſicht ein Muſterknabe geweſen, der die geringſte Lüge verabſcheut hatte, der keiner ſchlechten Handlung fähig geweſen war. „Wenn ich der Stimme des Böſen nachgäbe“, flüſterte er jetzt im Zwieſpalt ſeiner Seele, während er ſich an das Pult lehnte und mit düſteren Augen in die Dunkelheit ſtarrte,„daun muß ich mich bemühen, jederzeit Recht für Unrecht und Unrecht für Recht zu betrachten. Ich kann ein Leben ewigen Betruges nur dann führen, wenn ich mich ſelbſt betrüge.“ Er ſchwankte auf den alten Stuhl zu und ſank ſchwer in denſelben nieder. Wie oft hatte ſein Vater hier geſeſſen und gearbeitet! Sein Vater war ein geſunder Mann geweſen, ge⸗ ſund an Leib und Seele, den das Verhängnis des Arſteins verſchont hatte. Der Baron erinnerte ſich jetzt lebhaft an ſeinen Vater und alles, was dieſer getan und geſagt. Er ge⸗ dachte ſeiner edlen, ſtreng rechtlichen Grundſätze und ſeines ehrenhaften Lebenswandels. Plötzlich ſprang er haſtig empor. „Es hat keinen Zweck, noch länger zu ſchwanken!“ rief er halblaut.„Die Stunde iſt gekommen, wo ich zu entſcheiden habe! Ich muß der Tatſache ins Geſicht ſchauen! Herrgott im Himmel, hier ſtehe ich, ein Menſch, der einem armſeligen, winzigen Inſekt, das hilflos zu ſeinen Füßen herumkriecht, wiſſentlich kein Led zuzufügen imſtande wäre— und dieſer Menſch hat vor vielen Jahren in einem Augenblick wahnſinniger Leidenſchaft einen Mord begangen— einen Menſchen getötet! Der Mann griff mich an, ich ſetzte mich zur Wehr. Ich hatte ja nicht die geringſte Abſicht, ihn zu töten! Trotz alledem be⸗ ging ich den Mord. Nach der ſchauerlichen Tae ſenkte ſich das furchtbare Verhängnis unſeres Geſchechts auf meinen Geiſt herab, und ich vergaß alles— alles! Fünf Jahre lang wußte ich nichts von der begangenen Tat. Jetzt kommt die Erinnerung daran mit aller Macht zurück und fordert Sühne. Ich beging einen Mord und ein anderer büßt meine Schuld. Wenn ich der Stimme des Böſen in mir folge, werde ich zum Schurken. Der unſchuldig Verurteilte iſt zu weiteren Leiden verdammt, und ſeine Mutter, deren Herz ſchon gebrochen iſt, wird ſterben, bevor ihr Sohn die Freiheit wieder erlangt. Auf dieſe Weiſe morde ich alſo weitere zwei Leben hin. Niemand hegt gegen mich Verdacht— niemand wird je ahnen, welch' grauenhaftes Daſein ich führe. Ich fühle mich ſtark genug, die Tat zu verheimlichen und mein Gewiſſen zu beſchwichtigen. Tornetung folgt.) ——— Delbrück, Wermuth und Kraetke, die Miniſter v. Breiten⸗ bach, v. Rheinbaben, Beſeler, v. Moltke, v. Arnim und b. Trott zu Solz. Neben dem neuen Oberpräſidenten der Provinz Brandenburg, v. Loebell, waren die Ver⸗ treter der Geſandten von Württemberg, Bayern und Sach⸗ ſen, Oberſt v. Dorrer, Frhr. v. Grunelius und Graf Vitzthum v. Eckſtädt, erſchienen, weiter die Unterſtaats⸗ ſekretäre Dr. v. Lindequiſt und v. Conrad, mehrere Vertreter von auswärtigen Botſchaften, ein Mitglied des Berliner Magiſtrats, Wirkl. Geh. Legationsrat Dr. Ham⸗ mann, die Univerſitätsprofeſſoren v. Schmoller und Har⸗ nack, Geheimrat Dr.⸗Ing. Emil Rathenau. Im Auftrage des Kaiſers kam der Flügeladjutant und Kommandeur 555 1. Garde-Feldartillerie-Brigade, Oberſt v. Heinec— cius. (4) Die glückliche Löſung der Reichsfinanzreform gab dem Kaiſer Anlaß zu zahlreichen Auszeichnungen. Aber bemerkenswerter Weiſe iſt keinem der Abgeordneten eine Ehrung zu teil geworden. U. a. haben erhalten: die Brillanten zum Kreuz und Stern der Komture des königl. Hausordens von Hohenzollern: Finanzminiſter Frbr. v. Rheinbaben; den Roten Adlerorden erſter Klaſſe mit Eichenlaub: Miniſter für Handel und Ge— werbe Sydow; die Brillanten zum Roten Adlerorden zweiter Klaſſe mit Eichenlaub und dem Stern: Direktor im Reichsſchatzamt Kühn. Eine beſondere Auszeichnung iſt dem Unterſtaatsſekretär im Reichsſchatzamt Wirklichen Geheimen Rat Twele zu teil geworden, der Kaiſer hat ihm ſein Bildnis zugehen laſſen. Reichsregierung und preußiſches Staatsminiſterium. Nach den letzten Ernennungen beſteht die Reichsregie⸗ rung aus folgenden Herren: Reichskanzler Dr. v. Beth⸗ mann⸗Hollweg; Staatsſekretär im Reichsamt des In⸗ nern und Stellvertreter des Reichskanzlers Delbrück; Staatsſekretär im Reichsmarineamt v. Tirpitz; Staats⸗ ſekretär im Reichsjuſtizamt Dr. Nieberding; Staatsſekre⸗ tär im Reichsſchatzamt Wermuth; Staatsſekretär im Reichs⸗ kolonialamt Dernburg; Staatsſekretär im Reichspoſtamt Krätke. Das preußiſche Staatsminiſterium wird von folgenden Herren gebildet: Präſident des Staats⸗ miniſteriums Dr. v. Bethmann⸗Hollweg; Finanzminiſter Frhr. v. Rheinbaben; Kriegsminiſter v. Einem; Handels⸗ miniſter Sydow; Juſtizminiſter Dr. Beſeler; Eiſenbahn⸗ miniſter Breitenbach; Landwirtſchaftsminiſter v. Arnim; Miniſter des Innern v. Moltke; Kultusminiſter von Trott zu Solz. Außerdem gehören dem Staatsminiſte⸗ rium noch an die Staatsminiſter v. Tirpitz und Delbrück. );(Der neue Reichskanzler und der Landwirtſchafts⸗ rat. An den Reichskanzler v. Bethmann⸗Hollweg hat der Präſident des Deutſchen Landwirtſchaftsrats, Graf Schwerin⸗Löwitz, ein Telegramm geſandt, in dem es u. a. heißt: Die ganze deutſche Landwirtſchaft wird es mit Freude erfüllen, gleichermaßen wie in dem ſcheidenden Fürſten Bülow auch in Euer Exzellenz wieder einen treuen, bewährten Freund der Landwirt⸗ ſchaft und ſtets freundlichen Gönner des Deutſchen Land⸗ wirtſchaftsrats an die Spitze der Reichsverwaltung ge⸗ ſtellt zu ſehen.“ Darauf iſt folgende Antwort erfolgt: „Für die freundlichen Glückwünſche bitte ich Euer Hoch— geboren und den Deutſchen Landwirtſchaftsrat meinen aufrichtigſten Dank entgegennehmen zu wollen. Auf mär⸗ kiſchem Boden erwachſen, habe ich die Berührung mit der Landwirtſchaft nie verloren; ihre Leiſtungsfähigkeit wie die der anderen großen Erwerbsſtände unſeres Volkes zu erhalten und zu fördern rechne ich zu den wich- tigſten Aufgaben des mir von meinem kaiſerlichen Herrn anvertrauten Amtes.“ Koloniales. — Ueber den Handel in Deutſchoſtafrika und Kamerun im Jahre 1908 gibt eine vom„Kolonialblatt“ mitge⸗ teilte Statiſtik intereſſante Angaben. Danach betrug in Oſtafrika die Einfuhr über die Küſtengrenze rund 23 Mill. Mk. gegen rund 20 Mill. Mk. im Vorjahre, die Einfuhr über die Binnengrenze rund 2,71 Mill. Mark gegen 3,78 Millionen Mark im Vorjahre. Die Geſamteinfuhr war alſo mit rund 25 Mill. Mk. um rund 2 Mill. Mk. größer als im Jahre 1907. Die Ausfuhr über die Küſtengrenze ſtellte ſich auf 8,80 Mill. Mk. und blieb damit um rund 167000 Mk. hinter der des Vorjahres zurück. Die Ausfuhr über die Binnengrenze bezifferte ſich auf rund 2 Mill. Mk. und war um 1,45 Millonen Mark kleiner als im Vorjahre. Die Geſamt⸗ ausfuhr von 10,87 Mill. Mk. blieb um 1,62 Mill. Mk. hinter der des Vorjahres zurück. Der Geſamthandel über die Küſtengrenze machte 31,87 Mill. Mk. aus und über⸗ traf um beinahe 3 Mill. Mk. den des Vorjahres. Da⸗ gegen blieb der Geſamthandel über die Binnengrenze mit 4,78 Mill. Mk. hinter dem des Vorjahres um 2,52 Mill. Mk. zurück. Der Geſamthandel des Schutz⸗ gebietes aber weiſt mit 36,66 Mill. Mk. gegen das Vorjahr eine Beſſerung von 354079 Mark auf.— Im Schutzgebiet Kamerun hat die Handelsbewegung des Jahres 1908 einen Rückſchlag gebracht. Die Einfuhr iſt mit 16,78 Mill. Mk. um rund eine halbe Million Mark hinter dem Vorjahre zurückgeblieben, die Ausfuhr mit 12,16 Mill. Mk. um 3,70 Mill. Mk., ſo daß der Geſamthandel mit rund 29 Mill. Mk. gegen das Vor⸗ jahr eine Verſchlechterung von 4,21 Mill. Mk. bedeutet. Die vorliegende amtliche Statiſtik iſt die ſogen.„vor⸗ läufige“; die endgiltigen Zahlen werden an dem Haupt⸗ ergebnis ſchwerlich etwas ändern. Ein amtlicher Kom⸗ mentar zur Erklärung der Verſchiebungen dürfte ſeinerzeit nicht ausbleiben. Europäiſches Ausland. England. * Die Frage des Budgetrechts des Oberhauſes wird gegenwärtig wieder ſtark erörtert. In einer von den Konſervativen in London abgehaltenen Verſammlung refe⸗ rierte Lord Lansdowne über die von den Liberalen aufgeſtellte Behauptung, daß das Oberhaus verfaſſungs⸗ mäßig nicht befugt ſei, auf die Budgetgeſtaltung ein⸗ zuwirken. Lord Lansdowne führte aus, es ſei undenk⸗ bar, in einem Lande, das zwei geſetzgebende Kammern habe, es ganz und gar dem Ermeſſen nur einer von ihnen zu überlaſſen, der Nation ungeheure Laſten durch eine unbillige Beſteuerung aufzuerlegen. Spanien. * Der ſpaniſche Infant Alfonſo iſt gemaßregelt wor⸗ den.„Gaceta de Madrid“ veröffentlicht ein Dekret, durch welches dem Infanten Alfons von Spanien der Titel! eines Infanten genommen wird, weil ſeine Heirat mit der Prinzeſſin Beatrice von Sachſen-Koburg-Gotha ohne Einwilligung des Königs erfolgt iſt. — Turtet. * Die türkiſchen Rüſtungen werden fortgeſetzt. Das Korpskommando in Saloniki hat vom Kriegsminiſter den Auftrag erhalten, ſofort 3000 Pferde und 1000 Trans⸗ portwagen für die theſſaliſche Armee anzukaufen. Der Kriegsminiſter fügte hinzu, daß er der Ausführung dieſes Auftrages große Wichtigkeit beimeſſe. Nach einer Meldung aus Konſtantinopel berichtet die Zeitung„Sabah“, daß die Pforte in ihrer Antwort auf die Kretanote Garantien für die Wahrung ihrer Souveränitätsrechte ſowie die Feſtſetzung einer Friſt zur endgiltigen Regelung des Re⸗ gimes der Inſel verlangen wird. Der„Tanin“ meint, die Befürchtung eines Krieges wegen Kreta ſei vor der Hand geſchwunden. Aſien. Perſien. * Der Regent Azed⸗el⸗Mulk, der für den erſt 13⸗ jährigen Schah Ahmed Mirza die Herrſchaft führen ſoll, huldigt angeblich liberalen Anſichten. In ſeinem Hauſe kamen die Liberalen zuſammen, als im Juni 1908 der Proteſt gegen die unheilvolle Tätigkeit Bahadur-Dſchengs vorbereitet wurde. Er ſtellte ſich damals an die Spitze der Delegation, die den Schah um die Entlaſſung des Emirs bat. Bei dieſer Gelegenheit ließ der Schah die Proteſtler arretieren, nur an Azed-el-Mulk wagte er ſich nicht zu vergreifen, und dieſer weigerte ſich, den Palaſt zu verlaſſen, ſo lange nicht ſeine Begleiter in Freiheit geſetzt ſeien. Er nahm eine Ausnahmeſtellung bei Hofe ein: ohne ein Amt zu bekleiden, hatte er allein das Recht, in Gegenwart des Schahs zu ſitzen, und er ran⸗ gierte bei offiziellen Gelegenheiten gleich nach dem Schah vor dem Großweſir.— Am Samstag fand eine 2 ſtündige Konferenz zwiſchen dem engliſchen und dem ruſſiſchen Botſchafter und dem zurzeit in Wien weilenden Onkel des entthronten Schahs Zill-es⸗Sultan in Wien ſtatt. Zill iſt bekanntlich der von England begünſtigte perſiſche Kron⸗ prätendent, und es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß England die Uebertragung der Regentſchaft für den minderjähri⸗ gen Achmed Mirza an ihn durchzuſetzen verſuchen wird. Soziales. A Die Bewegung unter den engliſchen Bergarbeitern. Am Freitag fand in London eine große Verſammlung von Vertretern aller Kohlenminen-Organiſationen Eng⸗ lands ſtatt, um zu beraten, ob für die Sache der ſchotti⸗ ſchen Kameraden ein allgemeiner Sympathieſtreik erklärt werden ſoll oder nicht. Der Kongreß beſchloß, einem Plebiſzit die Entſcheidung zu übertragen. Offenbar ſcheu⸗ ten ſich die Delegierten, das entſcheidende Wort in einer Sache zu ſprechen, die nahezu 900 000 Bergleute arbeits⸗ los und mehrere Millionen von ihnen abhängiger Men- ſchen brotlos machen kann. Das Plebiſzit wird am 27. Juli ſtattfinden. Der Rennfahrer mitten ins Publikum hinein! Vier Perſonen tot, weit über dreißig verletzt. Auf der Radrennbahn imalten Botaniſchen Garten zu Berlin ereignete ſich am Sonntag nach— mittag ein ſchwerer Unfall. Während des Ein⸗ ſtunden⸗Rennens ſprang in der Nähe der großen Tribüne das Schrittmacher⸗Tandem des Rennfahrers Fritz Ryſer (Zürich), das von Borchert und Porte geſteuert wurde, über die Brüſtung in die dichtgedrängte Zu⸗ ſchauer menge hinein. Das Benzin entzündete ſich und ſetzte den Holzbau in Flammen. Zwei Frauen, auf die das Tandem geſtürzt war, erlitten einen ſchreck⸗ lichen Verbrennungstod, zwei Männer ſtarben im Kran⸗ kenhaus, 20 Perſonen wurden ſchwer verletzt. Eine größere Anzahl von Perſonen, deren Namen nur zum Teil feſtgeſtellt werden konnten, erlitten leichtere Ver⸗ letzungen. Nach Berichten von Augenzeugen geſchah das Unglück wie folgt. Nachdem der von Arendt gewonnene große Einweihungspreis und ſodann ein Prämienrennen dem Verlauf des Ganzen eine ſpannende Einleitung gegeben, traten die bekannten Fahrer Contenet, Ry⸗ ſer, Stol und Stellbrink zu dem Unglücksrennen an. Ryſer nahm die Spitze. Contenet holte ſeine Gegner ein. Motordefekte ſeiner drei Gegner erleichterten ihm ſeine Aufgabe. Da wurde Stol ſchneller. In wahnſinniger Eile umkreiſte er die Bahn, einen Gegner nach dem andern überholend. Jetzt war er zu Contenet aufgerückt und griff dieſen an. Plötzlich ein Aufſchrei aus tauſend Kehlen. Ein kurzes Durcheinander in der Auslaufkurve, Menſchenleiber fliegen durch die Luft, und das ſchwere Motortandem Ryſers fährt mit fürchter⸗ licher Wucht in den dichtgedrängten Zuſchauerraum. In einer Sekunde ſtand die Tribüne in Flammen. Die Menge drängt in wahnſinniger Haſt dem kleinen Aus⸗ gangstürchen zu. Die beiden Schrittmacher Borchert und Porte ſind über die Bahn geſchleudert worden und liegen regungslos auf dem Raſen des Innenraums. Im Sturze hat das Motorrad zwei Frauen unter ſich begraben. Aus dem heißen Zylinder hat ſich Benzin ergoſſen, entzündet und umhüllt nun Tri⸗ büne und Zuhörer mit einem Flammenmeer, in deſſen Mitte das Motorrad liegt. Planlos laufen Men⸗ ſchen umher, bis die Retter nahen. In ſchwerverletztem Zuſtande wird eine der beiden Frauen hervorgezogen. Die Feuerwehr löſcht allmählich den Brand. Das halbver— brannte Rad wird emporgehoben, um die zweite Verun⸗ glückte hervorzuziehen. Nur einen halb verkohlten un⸗ kenntlichen Körper kann man noch bergen. Einer nach dem andern werden die Verletzten emporgehoben, auf Bahren gelegt und nach den Unfallſtationen gebracht. Die Berliner Feuerchronik hat ein durch einen der⸗ dartig ſeltſamen Umſtand hervorgerufenes Unglück bisher noch nicht zu verzeichnen gehabt. Waren alle Maßnahmen ſeitens der Behörde getroffen worden, um die Zuſchauer— menge vor Kataſtrophen zu ſchützen? Die Antwort geht dahin, daß die Tribünen baupolizeilich abgenommen wor⸗ den ſind. Der Fall, daß ein Motor über die Brüſtung ſetzt und hier zur Exploſion gelangt, iſt eine vollſtändige Neuheit. Die Polizei iſt überraſcht worden, aber ſie wird die Konſequenzen ziehen. Dem Betriebe der Rennen mit exploſibeln Motoren dürfte geſteuert, wenigſtens aber verſchärfte Sicherheitsmaßnahmen von dem Unternehmer gefordert werden. Eine Reviſion der Beſtimmun⸗ gen für Rennen mit Benzinmotoren wird die Folge des traurigen Unglücks ſein. 5 Aus Nah und Fern. — Lampertheim, 17. Juli. Der 12jährige Sohn des Gasmeiſters Kiehne tummelte ſich mit mehreren Jungen auf den vor dem Gaswerk liegenden Holzſtämmen. Plötzlich kam ein Stamm ins Rollen und traf den Jungen ſo un- glücklich, daß er einen komplizierten Bruch des rechten Ober- arms erlitt. * Lörzeubach, 19. Juli. Der Großherzog hat den Forſtaſſiſtenten Dr. Jak. Weber aus Bingen zum Oberförſter der Oberförſterei Lörzenbach ernannt. Klein⸗Geran, 17. Juli. Beim Heumachen gerieten auf dem Felde zwei Schwäger in Wortwechſel, in deſſen Verlauf der verheiratete dem ledigen eine Heugabel derart auf den Kopf ſchlug, daß eine ſehr ſtark blutende Wunde ade und ärztliche Hilfe in Anſpruch genommen werden mußte. — Gernsheim, 17. Juli. Durch das Hochwaſſer zeigt der Rhein einen Fiſchreichtum, wie ſeit Jahren noch nicht. Insbeſondere werden Aale in großen Mengen gefangen. e Mainz, 18. Juli. In den Anlagen wurde geſtern früh ein junger Mann mit einer Schußwunde in der Stirn tot aufgefunden. Nach den bei der Leiche gefundenen Pa⸗ pieren heißt der Tote Bährenfänger und iſt aus Krefeld. Da eine Schußwaffe am Tatorte nicht aufgefunden wurde, iſt es noch ungewiß, ob Mord oder Selbſtmord vorliegt. — Friedberg, 19. Juli. Der Geſamtvorſtand des Bundes der Landwirte für den Wahlkreis Friedberg⸗Büdingen veroffentlicht ein Vertrauensvotum für den Grafen Orlola, dankt für ſeine Tätigkeit und dittet ihn, ſein Mondat unter keinen Umſtänden niederzulegen. — Neuſtadt, 19. Juli. Ein eigenartiger Fall hat ſich hier zugetragen: Die Frau eines Schuhmachers wurde vor ſechs Jahren als unheilbar in die Kreisirrenanſtalt Klingenmünſter eingeliefert. Der Mann ging ſeiner Kinder wegen eine zweite Ehe ein, die ſehr glücklich iſt. Nun kamen plötzlich aus Klingenmuͤnſter Nachrichten, daß ſich ſeine erſte Frau auf dem Wege der Beſſerung befinde. Die Beſſerung hielt an und ſchließlich wurde die Frau als geheilt entlaſſen. Ihr Mann holte ſie geſtern abend am hieſigen Bahnhof ab. Was nun weiter werden ſoll?!— Ein humorvoller Unfug wurde vorgeſtern nacht hier vollführt. Es wurde nämlich untenſtehendes„Extrablatt“ an den Schaufenſtern, Haäͤuſern und Mauern in der ganzen Stadt angeklebt:„Extrablatt“. Die Budgetkommiſſion des Reichstages hat einen Antrag des Studenten Bummel(leichtſ. Volkspartei) auf Abſchaffung der Bierſteuer mit abſoluter Mehrheit durch Hammelſprung angenommen. Die begeiſterte Menge brachte Bummel ſtürmiſche Ovationen dar“. * Villingen, 19. Juli. Der 16jährige Lehrling Johann Jäckle, Sohn der Uhrmacherswitwe Jäckle, vergnügte ſich auf dem Feſtplatze in den Schützenwieſen mit turneriſchen Uebungen und Spielen. Er ſtürzte dabei ſo unglücklich auf den Kopf, daß er das Genick brach und nach wenigen Minuten den Geiſt aufgab. ** Die geheimnisvolle Stendaler Schießaffäre iſt noch nicht aufgeklärt. Es ſcheint ziemlich feſtzuſtehen, daß ein Selbſtmord des Fahnenjunkers v. Zeuner ausgeſchloſſen iſt. Dies ſcheint insbeſondere daraus hervorzugehen, daß die in Frage kommende Browningpiſtole auf ihrem richtigen Platze lag, als man den Toten fand. Ob ſich der Vorfall vielleicht beim Spielen mit der Waffe er⸗ eignet hat, bedarf noch der Feſtſtellung. Es iſt die ſtrengſte Unterſuchung angeordnet. Der Einjährige Baumgart will die Tat nicht begangen haben. ** Der Direktor des Obſervatoriums auf dem Veſup, Prof. Vittorio Matteucci, iſt in Neapel nach zweimonat⸗ lichem Leiden geſtorben. Er genoß in der wiſſen⸗ ſchaftlichen Welt den Ruf eines hervorragenden Vulkanolo⸗ gen. Zahllos ſind ſeine wiſſenſchaftlichen Aeußerungen über die großen Erdbebenerſcheinungen und ſeine kritiſchen Urteile über die Zuſammenhänge der gewaltigen Erſchütte⸗ rungen im Erdinnern genoſſen die Beachtung der ge⸗ ſamten Welt. Unvergeſſen bleibt der Heldenmut, den er bei dem letzten großen Ausbruche des Veſuv im Jahre 1906 an den Tag legte. Damals hielt er oben auf dem feuerſpeienden Berge ſtandhaft aus, obwohl das Obſer⸗ vatorium jeden Augenblick von der Lava zerſtört werden konnte. Matteucci hatte bereits bei einer früheren Erup⸗ tion durch herabfallende Lavaſtücke Verletzungen am Kopfe erlitten. Zur Erinnerung wurde ihm von der ſtudierenden Jugend Italiens eine goldene Medaille über⸗ reicht. Der König von Italien ehrte den Gelehrten dadurch, daß er ihn zum Kommandeur des Ordens der italieniſchen Krone ernannte. ** Streikende Strafgefangene. Die Ausſtände nehmen jetzt in Frankreich dermaßen überhand, daß ſie ſich nun ſogar bis auf die Gefängnisinſaſſen erſtrecken. Aus Clairvaux, wo ſich eine Strafanſtalt für gemeine Ver⸗ brecher befindet, kommt die Nachricht, die daſelbſt inter⸗ nierten 2000 Sträflinge hätten die Arbeit nieder⸗ gelegt. Niemand ſei in die Werkſtätten herabgekommen. Der Direktor des Gefängnisweſens, Schrameck, begab ſich an Ort und Stelle, um nach dem Rechten zu ſehen. Die Meuterei wird als milde hingeſtellt. Die Gefange⸗ nen beklagen ſich über mangelhafte Verpflegung und haben deshalb mit dem Ausſtande geantwortet. ** Die Cholera in Riga. Seit dem erſten aus Peters⸗ burg eingeſchleppten Cholerafälle ſind bis Samstag 14 Erkrankungen gemeldet worden. Acht Perſonen ſind ge⸗ ſtorben. Bisher beſchränken ſich die Erkrankungen auf die Arbeiterkreiſe. 5 ** Ein teurer Prozeß. Die Koſten des Kölner Korfu⸗ Prozeſſes, die durch bare Auslagen während der drei Verhandlungstage entſtanden ſind, belaufen ſich auf un⸗ gefähr 8000 Mark, die Geſamtkoſten auf ca. 20 000 Mark. ** Mit dem Automobil in die Tiefe. In dem Mün⸗ chener Vorort Päſing hat ſich ein ſchweres Automobil- unglück ereignet. Ein mit vier Perſonen beſetztes Auto— mobil ſtürzte in der Nähe der Starnberger Unterfahrt eine ſteile Böſchung hinab. Der führende Chauffeur Wagner iſt tot, drei Chauffeurſchüler ſind verletzt. ** Schwerer Unfall beim Bundesſchießen. Bei den Schießſtänden auf dem Feſtplatze zum deutſchen Bundes⸗ ſchießen in Hamburg ereignete ſich am Freitag ein ſchwerer Unglücksfall. Ein Schütze wollte ſeinen letzten r r E 9 9 9 z . 1 falt Alber 12 it erſte eser liſen. af ch. r uli aan uuſern blatt“, 1 des daf cpr Bummel Achill kchuügte nertiſchen lc duf mungen Schuß abgeben und legte die geladene Flinte unvor⸗ ſichtigerweiſe vor ſich hin. Das Gewehr fiel herunter und ſchlug mit dem Kolben auf die Erde. Dabei ent⸗ lud es ſich. Die Kugel drang dem Nebenmann, einem Schützen aus Thüringen, in die Bruſt. Der Getroffene ſank, zu Boden und war in wenigen Minuten tot. Räuber an der deutſch⸗ruffiſchen Grenze. Vor einigen Tagen wurden auf der Grenzchauſſee zwiſchen Auguſtowo und Lipsk etwa 40 Pferdehändler, die den Pferdemarkt in Lipsk beſuchen wollten, von maskierten Räubern überfallen, gefeſſelt, mit vorgehaltenen Revol⸗ vern bedroht und ihrer Barſchaft beraubt. Im ganzen erbeuteten die Wegelagerer auf dieſe Weiſe 30 000 Rubel. Einer der Geſchädigten, der Pferdehändler Gerd Diuren aus Koppenſtede bei Dormum in Oſtfriesland, der bei dieſem Ueberfall 4000 Mark deutſches Geld und 1000 Rubel einbüßte, hat ſich beſchwerdeführend an das Aus⸗ wärtige Amt in Berlin gewandt und hofft dadurch wieder zu ſeinem Gelde zu kommen. Der erſte weibliche Schmiedemeiſter Deutſchlands. In Bernburg(Anhalt) hat ein Fräulein Sonntag aus Bullenſtedt, die vor Jahresfriſt die Schmiedegeſellen⸗ prüfung ablegte, jetzt auch die Prüfung als Schmiede⸗ metſter beſtanden. Im praktiſchen Teil fertigte ſie ein Krummſchareiſen an und beſchlug ein Pferd. Die Prüfungs⸗ meiſter und der Vertreter der Handwerkskammer waren erſtaunt über das flotte ſachkundige Arbeiten. ** Ein aufſehenerregender Selbſtmord hat ſich am Samstag in Wien ereignet. Der Direktor der großen Lagerhausgeſellſchaft kaiſerlicher Rat Wolfbauer hat ſich erſchoſſen. Die Urſache des Selbſtmordes iſt in den Defraudationen zu ſuchen, welche der flüchtig gewordene Magazindirektor der Geſellſchaft begangen hat, der nach Unterſchlagung von 150 000 Kronen flüchtig geworden iſt. ** Das Duell auf offener Straße. In Piacenza hatten ſich der Hauptmann Oberti und der Leutnant Baſſi auf dem Korſo der Stadt erſt geprügelt und dann auf der Stelle duelliert. Beide Offiziere wurden vom Kriegsgericht freigeſprochen. Es erwies ſich, daß der Hauptmann den Leutnant ohrfeigte, weil dieſer der Frau Obertis nachlief. Das Gericht nahm an, daß der Haupt⸗ mann ſeiner Sinne nicht mächtig geweſen ſei, und daß der Leutnant aus Notwehr gehandelt habe. Das Publikum nahm das Urteil mit lebhaftem Beifall auf. ** Der kleinſte Flieger. In Moneola bei Newyork flog der Aviatiker Curtiß mit einem Zweidecker„Gold Bug“, dem leichteſten und kleinſten aller bisher kon⸗ ſtruierten Flieger, 20 Minuten und 40 Sekunden lang mit einer Durchſchnittsgeſchwindigkeit von 45 Meilen. Unfall eines franzöſiſchen Lenkballons. Der von Paris nach Nancy abgefahrene Lenkballon„Ville de Nancy“ erlitt bei Schloß Tourelles nahe Beauval eine Panne, die ihn nach einſtündiger Fahrt zum Landen zwang. Beim Niedergehen ſtreifte die Schraube einen Baum, wodurch die Welle und ein Flügel beſchädigt wurden. Eine Pionierabteilung eilte mit Automobil von Beauval zu Hilfe. Das Luftſchiff wurde feſt verankert. Telegraphiſch wurden vom Luftſchifferpark in Chalais Meudon Waſſerſtoffflaſchen zum Nachfüllen beſtellt. Heiraten en gros. Johnſon, alias John Mad⸗ ſon, ein ſehniger, brünetter Mann von 55 Jahren, der vor einigen Tagen in Newyork wegen mehrfacher Ehe zu ſieben Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, hat, ehe er ſeine Strafe antrat, ein eigenartiges Dokument veröffent- licht, das pſychologiſch ſehr intereſſant iſt. Er zählt darin die Namen von 17 Frauen auf, die er ſeit dem Jahre 1905 geheiratet und verlaſſen hat. Von jeder hat er durchſchnittlich 2000 bis 10000 Mark erſchwindelt, und in jedem Falle hat er ſeine„Fran“ in dem Moment verlaſſen, in dem er das Geld hatte, um einé„neue Ehe“ einzugehen.„Natürlich,“ ſo ſchreibt er in ſeinem Geſtändnis,„kann ich mich der Namen aller von mir betrogenen Frauen nicht entſinnen. Wenn ich Geld von einer erhalten konnte, ohne ſie gleich auch noch heiraten zu müſſen, ſo habe ich dieſen Modus vorgezogen.“ Und dann weiter:„Frauen ſind Narren. Kommt ein Mann und ſagt ihnen Artigkeiten, dann lächeln und ſcharwänzeln ſie, bis der arme Kerl aus reinem Mitleid um ihre Hand anhält.“ Seine Erfolge motiviert Johnſon wie folgt:„Ich bin kein Hypnotiſeur; aber wenn ich mit einer Frau ein paar Mal geſprochen habe, dann weiß ich ſchon, wie ſie zu behandeln iſt. Die Frauen, die ich kennen gelernt habe, verliebten ſich in mich gewöhnlich nach unſerer zweiten oder dritten Zuſammenkunft. Ich fand, daß es ſich kaum lohne, ſie allzu zart zu behandeln. Im Gegenteil: verhält ſich der Mann ein wenig kalt und ſogar abſtoßend, dann kommen ſie ſchon ganz von ſelbſt. Gefiel mir eine Frau wirklich, ſo war es mir ſtets ein leichtes, ſie in mich verliebt zu machen. Ich kann den Frauen nur raten: Laßt euch nicht auf Heirats⸗ agenten ein. Ihr wißt nie, wen ihr treffen könnt. Meine Frauen haben zum Beiſpiel— mich getroffen.“ Luſtmord an einem Fünfzehnjährigen. Ein Ver⸗ brechen iſt in Tetſchen an der Elbe entdeckt worden. Der 15½ jährige Schreiber Sempf, der Sohn eines Schneidermeiſters in Görlitz, der bei einem Gerichtsvoll⸗ zieher tätig war, war ſeit dem 14. Mai von einem Ausflug nicht zurückgekehrt. Jetzt iſt ſeine Leiche im Walde bei Tetſchen in Böhmen gefunden worden. Nach dem Befund liegt ein Luſtmord vor. ** Lawinenſtürze und Schneefälle bilden immer noch in der Weſtſchweiz und in Südfrankreich den Verkehr hemmende Hinderniſſe. Vom Kloſter der St. Bernhard⸗ brüder wird das Niedergehen einer ungeheuren Lawine gemeldet, die den Zugang zum Paß völlig verſchüttet hat. Aus den umliegenden Bergtälern ſind bereits Hilfs⸗ expeditionen abgegangen, um den Paß freizulegen. Seit langer Zeit bereits haben ſich im Sommer keine Lawinen⸗ ſtürze mehr im St. Bernhardtal ereignet; der viele Neuſchnee jedoch, der in den letzten Tagen auf den hochgelegenen Berggipfeln niedergegangen iſt, ſcheint die Bildung der Lawine begünſtigt zu haben. Am Lötſch⸗ bergtunnel hat ein folgenſchwerer Erdrutſch eine der bereits fertig geſtellten Galerien vollſtändig verſchüttet. Ungeheure Maſſen Erde und Felsgeſtein verſperren die zum Tunneleingang führende Bahnſtrecke. In den Ge⸗ birgsgegenden des Departements Cantal in Südfrankreich iſt ſtarker Schneefall eingetreten. Eine Dame mit ihren zwei Kindern und ihrer Dienerſchaft blieb in einer in der Nähe von St. Flour gelegenen Hütte zwei Stunden lang eingeſchneit. *Der Flugverſuch Lathams über den Kanal iſt immer noch nicht erfolgt, weil man plötzlich dem Adiati⸗ ker die Akkumulatoren ſeines Fliegers geſtohlen hat. Aber auch an dem Eindecker ſelbſt haben ſich Schäden herausgeſtellt. Das Wetter war letzthin ruhig, aber über dem Meer vor Sangatte lag am Morgen dichter Nebel, der ſich erſt gegen 9 Uhr verteilte. Die Mechaniker be⸗ reiteten nun den Abflug vor, als ſie bemerkten, daß die Akkumulatoren fehlten. Wie es ſcheint, ſind nächt⸗ licherweile Diebe in den Schuppen gedrungen, trotzdem dieſer von einem großen Hunde bewacht wurde. Man ſandte nun alte Akkumulatoren nach Calais, um ſie neu laden zu laſſen, und ſignaliſierte dem Kommandanten des vor Sangatte kreuzenden Torpedojägers die neue Verzögerung des Abflugs, der nun für den Abend in Ausſicht genommen wuͤrde, aber wieder unterbleiben mußte, da man an den Apparat ſelbſt die Havarie entdeckte. Die Parole lautet immer wieder: Morgen! * Der verſchwundene Regimentskommandeur In Oſtrowo erregt das Verſchwinden des Oberſten und Regi— mentskommandeurs Geyer einiges Aufſehen. Oberſt G. war erſt vor einigen Monaten an das Oſtrowoer In⸗ fanterie-Regiment Nr. 155 als Oberſtleutnant verſetzt und bald darauf zum Oberſten und Regimentskommandeur befördert worden. Vor etwa drei Wochen trat Oberſt G. angeblich eine Reiſe an, von der er bis heute noch nicht zurückgekehrt iſt. ** In der ſchleſiſchen Ortſchaft Altwaſſer wütete in den letzten Wochen eine Typhusepidemie, die zahlreiche Opfer forderte. Die Seuche iſt jetzt im Rückgange be⸗ griffen. Vom 12. Juli bis heute ſind keine Neuerkran⸗ kungen mehr gemeldet worden. Faſt die Hälfte der Er⸗ krankten iſt wieder geneſen. Die Gefahr eines Ueber⸗ greifens der Epidemie auf andere Ortſchaften erſcheint jetzt beſeitigt, ſo daß in einzelnen Gegenden des Kreiſes öffentliche Luſtbarkeiten wieder geſtattet werden konnten. Von einer großen Feuersbrunſt wurde das lauen⸗ burgiſche Dorf Siebeneichen heimgeſucht. Die Kirche, das Schulhaus und mehrere Bauerngehöfte ſind niederge— brannt. Die Urſache des Brandes, der durch den ſtarken Wind ſehr ſchnell ausbreitete, iſt noch nicht bekannt. ier Milliarden Poſtſcheckverkehr. Der Poſtſcheck⸗ verkehr macht in Deutſchland gute Fortſchritte. Nach dem Stand vom 1. Juli d. J. haben ſämtliche Poſt⸗ ſcheckmter des deutſchen Reiches 34897 Konten. Es iſt dies ſoviel, wie ungefähr das einzige öſterreichiſche Poſt⸗ ſcheckamt, die Poſtſparkaſſe in Wien, im Jahre 1897 nach zwölfjährigem Beſtehen erreicht hatte, während der Scheck⸗ verkehr des Reiches erſt ein halbes Jahr beſteht. Der Geſamtumſatz aller deutſchen Scheckämter überſtieg im erſten halben Jahr ſeines Beſtehens 4115 Millionen. Im ganzen Jahr dürften gegen neun Milliarden Umſatz erzielt werden. Gutgeſchrieben wurden faſt 2086 Mil⸗ lionen, zur Laſt geſchrieben über 2029 Millionen. Auf Bayern entfiel ein Umſatz von 462 Millionen mit faſt 234 Millionen Gutſchriften und über 228 Millionen Laſt⸗ ſchriften. In Württemberg betrug der Umſatz 234¾% Mil⸗ lionen. Davon waren Gutſchriften 118% Millionen, Laſt⸗ ſchriften faſt 116 Millionen Mark. Unwetter in Schleſien. Schwere Unwetter mit Hagelſchlag haben die Ortſchaften Heinrichau, Althein⸗ richau, Wieſenthal, Neudorf, Obersdorf, Ziſſelwitz, Moſch⸗ witz, Schönjohnsdorf, Rätſch, Algersdorf, Dobriſchan und Heinzendorf heimgeſucht. Die Schloßen fielen ſo ſtark und andauernd, daß die Erde eine Viertelſtunde lang weiß wie im Winter war. Die großen Waſſermaſſen ver— urſachen allenthalben Ueberſchwemmungen in Kellern und Ställen. Der Schaden auf den Feldern und in Gärten iſt ſehr groß. Kleine Nachrichten aus Stadt und Land. In Schlanſtedt bei Halberſtadt iſt eine Diph⸗ theritisepidemie ausgebrochen. In wenigen Tagen ſind von der Seuche 70 Schulkinder ergriffen worden, ſo daß die Schule geſchloſſen werden mußte. In Petersburg ſind am Sonntag 101 Erkrankun- gen und 31 Todesfälle an Cholera vorgekommen. Die Geſamtzahl der Kranken beträgt 875. Die Newyorker Polizei ſoll endlich Spuren des Mörders der Elſie Siegl entdeckt haben, die nach London führen. Nach einem Veteranenfeſt in Atting in Nieder⸗ bayern haben zehn Burſchen eine Mechaniker aus einem Nachbardorf überfallen und mit Prügeln tot⸗ geſchlagen. Der Verwalter der Wiener Lagerhausgeſellſchaft, Lechner, iſt nach Unterſchlagung von 152 000 Kronen flüchtig geworden. Der Diamantenfabrikant Lemoine in Paris hat Berufung gegen das auf fünf Jahre Gefängnis lau⸗ tende Urteil eingelegt. Die amerikaniſchen Behörden erhoben gegen die Boſto⸗ ner Millionärin Chesbrough die Kriminalanklage wegen ihres Verſuches, ein Perlenhalsband im Werte von 100 000 Mark einzuſchmuggeln. Erdbeben in Griechenland. Das Unglück, das die blühende Provinz Elis auf der Peleponnes betroffen hat, ſcheint größer zu ſein, als die erſten Meldungen vermuten ließen. In dem Dorfe Kawari ſind 400 Häuſer eingeſtürzt, etwa 30 Perſonen getötet und viele verletzt. Alle Häuſer des benachbar⸗ ten Amalias mußten von den Bewohnern verlaſſen werden, da ſie jeden Augenblick einſtürzen können. In dem Dorfe Pukiali öffnete ſich plötzlich der Erdboden und heiße mit Lava gefüllte Quellen ſtrömten hervor. Nach den großen Städten auf dem Peleponnes, nach Pyrgos, Patras, Korinth und Kalamata, ſtrömten die poleponneſiſchen Weinbauern und melden, daß in allen Dörfern große Verheerungen angerichtet wurden. Ins⸗ geſamt wird die Zahl der Toten und Verwundeten auf 300 geſchätzt. Eine Hilfsaktion iſt in ganz Griechenland im Gange. Die verwüſteten Orte gehören zu den blühendſten Griechenlands. Amalias iſt in den letzten 15 Jahren drei Mal von Erdbeben zerſtört worden und doch von neuem aufgebaut. Zu dem Aufſchwung hat die Kultur der Roſinen beigetragen. Es ſcheint, daß die Kata⸗ ſtrophe für die kleineren Orte ſchlimmere Folgen hatte, als für die größeren Städte. Pyrgos, die Hauptſtadt der verwüſteten Provinz Elis, iſt eine der größten Städte der Peleponnes. Nicht weit von Pyrgos liegt Olympia. Das deutſche Archäologiſche Inſtitut von Athen hat in Pyrgos angefragt, ob das Ausgrabungsfeld von Olym⸗ pia, auf dem im kommenden September von den Deut⸗ ſchen neue Ausgrabungen vorgenommen werden ſollten, auch vom Erdbeben betroffen worden iſt. 8 Mit den ſüditalieniſchen Beben haben die Erder⸗ ſchütterungen in Griechenland keinen Zuſammenhang. Das ganze Mittelmeerbecken iſt ein Gebiet, das ſich erſt in jüngerer Zeit herausgehoben hat. Griechenland iſt verſchiedentlich der Schauplatz von ſolchen Erdbeben ge⸗ weſen, die alle tektoniſcher Natur geweſen ſind, alſo durch Bruch und Zuſammenſinken der Erdrinde ent⸗ ſtanden ſind. Wenn ſich Feuerſchlünde geöffnet haben, ſo iſt das eine Erſcheinung, die ſich mit dem Weſen der tektoniſchen Erdbeben vereinbaren läßt. Ein feſtes Urteil über Urſache, Verlauf und Folgen des Erdbebens muß allerdings noch abgewartet werden. 8 ** Das Erdbeben in Griechenland. In der Provinz Elis dauern die Erdſtöße an. Bei dem Dorfe Pouhioti, in dem ſämtliche Häuſer eingeſtürzt und 50 Perſonen, darunter 10 tödlich, verwundet ſind, fließt die Lava aus einem Erdriß von 25 Zentimeter Breite. Aus Pozaiti werden 2 Tote, aus Damiza 4 Tote und 24 Verwundete gemeldet. Aamalia iſt zu drei Vierteln unbewohnbar. Die Bewohner der heimgeſuchten Dörfer übernachten im 1 7 Lokale Nachrichten. Viernheim, 20. Juli. *Die Feſt⸗Verſammlung zur Feier des Sllbernen Prieſter⸗ Jubiläums unſeres hochw. Herrn Pfarrers nahm einen glänzenden Verlauf.— Der om geſtrigen Abend ſtattgehabte Fackelzug, an dem ſich ſämtliche Vereine Viernheims beteiligten, war ein äußerſt impoſanter.— Feſt⸗ bericht folgt in nächſter Nr. * Zentrumstag für die Provinz Starkenburg. Vom Generalſekretartat der Heſſiſchen Zentrumspartet wird uns geſchrieben: Nach§ 23 der Landesorganiſationsſtatuten jeder Provinz eine größere Zentrums verſammlung ſtattfinden. Wainz getagt, ſoll darum laut Beſchluß des Landesausſchuſſes in dieſem Jahre am 12. September eine große Verſammlung in der Provinz Starkenburg und zwar in Dieburg abgehalten werden. Als Redner ſind bereits gewonnen die Herren: Reichstagsabgeordneter Er zberger und Landtagsabgeordneter Dr. Schmitt. Es ſei heute ſchon auf dieſe Verſammlung hingewieſen, da es wünſchenswert iſt, daß keine Gemeinde der ſteht, bei der Verſammlung unvertreten iſt. — Ein ſchweres Unglück ereignete ſich heute morgen gegen 9 Uhr am badiſchen Eingang zu den Doſen im Käferthaler Walde. Durch das Schließen einer dort manöverierenden Infanterie⸗Abteilung ſcheuten die Pferde eines Bierfuhrwerks der badiſchen Brauerei. Der Fuhrmann namens Wilhelm Danzer geriet unter den Wagen, wurde überfahren und erlitt ſchwere Verletzungen am Unterleib und Oberſchenkeln. Der durch einen Automobiliſten benachrichtigte, ſich zufällig in der Nahe aufhaltende Herr Gendarm Becker veranlaßte die ſofortige Ueberführung des verunglückten Mannes nach Kaferthal. — Energos. Das Polizeiamt Darmſtadt ſchreibt dem„Darmſt. Tgbl.“: Die Firma„Energos u. Cie.“ in Dresden vertreibt unter der Bezeichnung„Energos, Lebens⸗ wecker für Haar und Bart“ einen elektriſchen Apparat gegen Haarausfall, Ergrauen des Haares uſw. und macht hierfur beſonders in Zeitſchriften ſeit Jahren eine auffallende Reklame. Wie uns von zuſtändiger Seite mitgeteilt wird, iſt nunmehr das Feilhalten und der Verkauf dieſer Apparate durch Erlaß des öſterreichiſchen Miniſteciums des Innern verboten worden, da ſie nach dem eingeholten Fachgutachten als geſundhelts- gefährlich zu betrachten ſind. Marktbericht. Weinheim, 17. Juli. Schwein emarkt. Zugeführt: 233 Stück Milchſchweine, verkauft 197 Stück, das Paar zu 25 bis 43 Mk. Läufer waren 4 Stück zuge⸗ führt, dieſelben wurden jedoch nicht verkauft. N Seckenheim, 17. Juli. Der Schweinemarkt war mit 88 Stück befahren, welche zum Preiſe von 30 bis 38 Mark pro Paar verkauft wurden. Für die Redaktion verantwortlich: Wilh. Bingener, Viernheim Für Kleidermacherinnen empfehle: Spitzeuſtoff für Einſätze, Anterlegſeide, Futtermull Steifleinen, fertige Rockbund. Größte Auswahl in Nähſeide und Beſenlitze ſomie allen Näharkigeln. 10 Prozent Rabatt. Joh. Karl Kempf Wi.ũe. Wasserstrasse. Geſchäfts⸗Empfehlung. Für die bevorſtebende Bau- Saiſon empfehle mein großes Lager in ſämtlichen 3737 Baumaterialien wie Zement, Falzziegel, Glasfalzziegel, Hohlziegel, Gips, Tuff. u. Bleudſteine, Sackkalk, Schwarzkalk in Stücken, ſowie gelöſchten u. gebrannten Kalk uſw. Mich. Küpnen, Kallhrennerei ieruheim. der Heſſiſchen Zentrumspartei ſoll alljährlich abwechſelnd in Nachdem im vorigen Jahre der allgemeine Parteitag in Provinz Starkenburg, in der eine Zentrumsorganiſation be⸗ — .———..—— 1—— — Bekanntmachung. Betr. Förderung des Obſtbaues; hier gemeinſamer Bezug des Inſektenfanggürtels„Einfach“. Wir verfehlen nicht, die Landwirte unſerer Gemeinde auf die Anlage des obigen Inſektenfanggürtels aufmerkſam zu machen. Um den Intereſſenten den Bezug zu erleichtern, haben wir einen Vorrat beſchafft, welchen wir je nach Bedarf zum Selbſtkoſtenpreis 8 Pfg. pro lfd. Meter abgeben. Mittwoch, den 21. ds. Mts., vormittags 8 Uhr werden auf dem Rathauſe dahier folgende Unter⸗ bruchweidſtücke auf die Dauer der Genußzeit in Pacht an die Meiſtbietenden verſteigert: Gew. Nr. 74. Gew. Nr. 19] 10. Gew. Nr. 10 1. C 2.** 7 7. 7* 12 12. 7 7 2 % ˙ t J„ 18 288 5 e „„ Gleichzeitig werden verſchiedene Allmendgrundſtücke auf die Dauer der Genußzeit in Pacht meiſtbietend verſteig ert. Viernheim, den 17. Juli 1909. Großherzogliche Bürgermeiſterei Viernheim Kühlwein. pfilzer Kartoffeln 1 Pfd. 5 ½/ 10 Pfd. 45 Neue Pfälzer Zwiebeln Pfd. 10 Pfg. verkauft Jakob Helfrich Neubauſtraße 12. Verloren 1 Kapſfel vom Schützenhof bis an die neue Kirche von einem ſchweren Steinwagen. Gegen Belohnung abzugeben im Gaſthaus „Zur gold. Krone.“ Ein gebr. guterhaltenes Knaben ⸗Fahrrad billig abzugeben von Alfred Lublin. 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