— an — — — — 3 1 2* 1— 4 — E . A 5 144 8 — 2 4 1 chen ler haben het 1. lben gepttſen erle. l fel n chtes I hint flat . „l ö eln 15 . N. 1 Viernheimer Jeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich Dienſtags, Donnerſtags u. Samſtags mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einſchließl Tragerlohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteljährl. Telephon⸗Nuf 20. Miernhei mer Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. verbreitetſte und geleſenſte Jeitung in Viernheim daher beſtes und wirkſamſtes Inſertions⸗ Organ. — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— eiger Biernheimer Nachrichten. Anzeigen preis: 12 Pfg. die 1⸗ſpaltige Petit⸗Zeile. Lokal⸗Anzeigen 10 Pfg. Reklamen: 80 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Telephon⸗Ruf 20. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Nr. 102. weites Blatt Samſtag, den 4. September 1909. 56. Generalverſammlung der Katholiken Deutſchlands. Zweite geſchlioſſene Verſammlung. Die zweite geſchloſſene Generalverſammlung wies trotz des inzwi chen eingetretenen Regenwet ers einen womöglich noch ſtärkeren Beſuch auf als die erſte. Vizepräſident Valentin Graf Balleſtrem leitete ſie. In den Ausſchüſſen iſt am Montag ſchon fleißig gear— beitet worden. Vom Ausſchuſſe liegen bereits Anträge vor, die auf eine tatkräftige Förderung des Miſſions- weſens auslaufen. Direktor Tießler⸗Mannheim begrün⸗ dete in warmen Worten dieſen Beſchluß. Abg. Dr. Karl Bachem⸗Steglitz ſprach in der Dis⸗ kuſſion ebenfalls im Auftrage des Fürſten Löwenſtein für eine ſtarke Tätigkeit der deutſchen Katholiken im Miſ⸗ ſionsweſen. Die Welt ſei aufgeteilt, und die Gefahr liege nahe, daß die deutſchen Katholiken zu ſpät kämen, um ihre Stellung in der Miſſion einzunehmen. Der Islam bedroht nicht nur in unſeren Kolonien die Ausbreitung der Miſſion. Wenn wir nicht im Miſſionsweſen energiſch arbeiten, dann werden uns andere Nationen, nament⸗ lich Frankreich, in der Saat zuvorkommen. Wir aber müſſen für die katholiſchen Jugendſchulen in unſeren Kolonien ſorgen, zumal noch allerlei Kulturideen dort umzugehen ſcheinen. Das geſamte Miſſionsweſen muß nach dem Geiſte der Propaganda einheitlich geſtaltet wer⸗ den. Die Reſolution des Ausſchuſſes will auch die frem⸗ den Kolonien in das Bereich der deutſchen Miſſion ein⸗ bezogen wiſſen. Zu dieſem Zwecke müſſen alle Miſſions⸗ vereine ſyſtematiſch unterſtützt werden. Nachdem Abg. Erzberger und der Provinzial der Weißen Brüder, Pater Frohberg, die Reſolution des Aus⸗ ſchuſſes warm empfohlen hatten, nahm das Wort der hoch— würdigſte Miſſionsbiſchof Gießen aus China. In ein⸗ fachen, aber offenbar zu Herzen gehenden Worten ſchil⸗ derte er die Not der Miſſionen im fernen Oſten, beſonders auch die Schwierigkeiten, die den Miſſionen aus der Poli⸗ tik erwachſen ſind. Pater Acker aus der Geſellſchaft der Väter vom Heiligen Geiſt, Knechtſteden, dankte in erſter Linie dafür, daß in der Perſon des Fürſten Löwenſtein und des Abg. Dr. Karl Bachem gerade das Laienelement ſich ſo warm des Miſſionsweſens angenommen habe. Es iſt aber notwendig, daß die Teilnahme die weiteſten Kreiſe ergreift. Der Afrikaverein bringt etwa 60 000 Mark jährlich ein, es iſt zwar eine winzige Summe an⸗ geſichts der Anforderungen, die an das Miſſionsweſen geſtellt werden. Der Antrag des ſtimmig angenommen. Ausſchuſſes wurde ſchließlich ein⸗ Der folgende Antrag des Ausſchuſſes betraf die nächt jährige Verſammlung. Der Ausſchuß ſchlug Augsburg vor. In der Diskuſſion traten die Vertreter von Aachen dafür ein, daß die nächſte Generalverſamm⸗ lung in Aachen tage. Schließlich wurde Augsburg einſtimmig für 1910 beſtimmt. Damit wurde die Verſammlung geſchloſſen. f Zweite öffentliche Verſammlung. f Ungemindert zahlreiche Teilnahme wies auch die heu—⸗ tige zweite öffentliche Verſammlung in der Feſthalle auf. Der Präſident Herold teilte mit ergreifenden Worten der Verſammlung die Nachricht von dem Ableben des hoch⸗ würdigſten Herrn Biſchofs von Paderborn, Dr. Wilhelm Schneider, mit. Die Verſammlung bezeugte ihre Teil- nahme durch Erheben von den Sitzen. Der apoſtoliſche Biſchof Gießen von China dankte der Verſammlung für die Teilnahme, die er während ſeines langjährigen Auf— enthaltes in Deutſchland für die Miſſion in China ge⸗ funden habe.(Beifall.) Präſident Herold feierte den Miſſionsbiſchof beſonders als Mitglied des Franziskaner-Ordens, dem die Verſamm⸗ lung ihren Dank für alle die unſchätzbaren Dienſte um den heiligen Glauben zu Füßen lege.(Stürm. Beifall.) Rechtsanwalt Herſchel-Breslau nimmt als erſter Red⸗ ner das Wort zu ſeinem Vortrage über den Bonifatius⸗ Verein: Der Bonifatius-Verein hat in den 60 Jahren ſeines Beſtehens über 3000 Kirchen und Miſſionsſtellen er— richtet. Von 1905 bis 1907 hat er 7 Millionen Mark aufgebracht in 15 Diözeſen. Der Bonifatius-Verein wen⸗ det ſich an alle. Die Verpflichtungen, die die Mitglied— ſchaft aukerlegt, ſind ſehr gering und können gut erfüllt werden. Redner wendet ſich zum Schluß ſeiner, mit großem Beifall aufgenommenen Rede beſonders an die katholiſchen Frauen und Jungfrauen, ſowie an die katho⸗ liſchen Studenten mit der Aufforderung, dem Verein bei— zutreten. Während der Rede des Herrn Rechtsanwalts Herſchel betrat Kardinal-Fürſtbiſchof Kopp, mit donnerndem Beifall begrüßt, die Vorſtandstribüne. Vizepräſident Valentin v. Balleſtrem dankte dem Red⸗ ner für ſeine glänzenden, von wiederholtem Beifall unter— brochenen Ausführungen und verlas eine Reihe von Tele⸗ grammen. Nunmehr erhielt Landtagsabgeordneter Rechtsanwalt Dr. jur. Johannes Bell⸗Eſſen a. d. Ruhr das Wort zu ſeinem Vortrage über die„Aufgaben der deutſchen Katholiken auf ſozialem und wirtſchaftlichem Gebiete“. Die ſchwerſte Frage, führte Redner aus, die bei allen geſetz⸗ lichen Beſtimmungen, bei allen Staatsformen noch nicht gelöſt iſt, das iſt die ſozialle Frage. Sie muß zeigen, daß der katholiſchen Kirche die endliche Löſung dieſer Frage vorbehalten iſt. Kettelers Ziele ſeien unſere Ziele, Kettelers Programm ſei unſer Proaramm. Die drei bis⸗ A 253. Jahrgang. herigen Generalverſammlungen in Breslau bilden Ruhmesblätter in der Geſchichte der chriſtlichen Sozial- politik. Die Schilderung der Ziele und Aufgaben der deutſchen Katholiken für unſere ſozialen und wirtſchaft⸗ lichen Verhältniſſe hat zur Vorausſetzung die Erkenntnis des in den letzten Jahrzehnten vollzogenen gewaltigen Umſchwunges unſeres geſamten Wirtſchaftslebens und un⸗ ſerer Sozialpolitik. Daß dieſe Umwälzung erreicht wurde zum Segen unſerer Induſtrie und zur Förderung unſerer Nationalarbeit, das iſt mit in erſter Linie zu ver⸗ danken der Tätigkeit unſerer Katholiken und ihrer par⸗ lamentariſchen Vertreter. Zu unſerem Bedauern ſind die Katholiken aus freilich großenteils unverſchuldeten Grün⸗ den in der Induſtrie, namentlich in der Großinduſtrie, nicht annähernd ſo vertreten, wie es ihrer Bedeutung und Zahl entſprechen würde. Wir haben uns niemals zu einer einſeitigen Vertretung von Arbeiterintereſſen auf Koſten der übrigen Stände vertreten laſſen. Nichts wäre verfehlter, als wenn wir jetzt nach Erringung ſo bedeu⸗ tender Fortſchritte uns den ſozialen und wirtſchaftlichen Problemen und den damit verbundenen Kämpfen ent⸗ ziehen wollten. Wir müſſen unter Ausnutzung aller tech⸗ niſchen und induſtriellen Fortſchritte raſtlos beſorgt ſein für eine neuzeitliche Ausgeſtaltung aller unter Mithilfe der Geſetzgebung erzielten ſozialen Errungenſchaften. Neben der Staatshilfe, die wir unter Ablehnung des Mancheſterliberalismus und unter Bekämpfung des Staatsſozialismus und der Sozialdemokratie verlangen, erachten wir als gleichberechtigtes Mittel die Selbſt⸗ hilfe. Neben der Heranbildung der einzelnen Perſonen zur wirtſchaftlichen Berufstätigkeit muß die organi⸗ ſierte Selbſthilfe in den Berufsvereinen und den Erwerbs- und Wirtſchaftsgenoſſenſchaften treten. Wenn wir unſer Herz hingeben für die Sache des Volkes, ganz im Sinne unſeres ſozialen hl. Vaters und ſozialen Kai⸗ ſers, dann wird der Erfolg nicht ausbleiben. Profeſſor Dr. Meyers⸗Luxenburg, der vielgefeierte Redner früherer Generalverſammlungen, behandelte in ſeiner geiſtvollen, oft zu hohem poetiſchen Schwunge ge— ſteigerten Rede das umfaſſende Thema„Charitas“. Im Anſchluß an Werke der chriſtlichen Nächſtenliebe im enge⸗ ren Schleſien mit Berufung auf die liebevolle Patro⸗ nin Schleſiens, die heilige Hedwig, entwickelte der Redner ein reizendes, farbenprächtiges Bild von dem ſtillen Kampfe der ewigen Liebe gegen alle materialiſtiſchen Irr⸗ tümer und Entgleiſungen unſerer Zeit, um damit die hohe Pflicht für jeden gläubigen Katholiken zur Betätigung der chriſtlichen Nächſtenliebe zu beweiſen. Um ½9 Uhr wurde hierauf die Verſammlung ſchloſſen. Die dritte geſchloſſene Generalverſammlung ſah jedoch den großen Saal des St. Vinzenzhauſes wieder bis auf den letzten Platz beſetzt. Das war aller⸗ dings verſtändlich aus der Wichtigkeit der heutigen Be⸗ ge⸗ — e Zelbſtliebe. Roman von Conſtantin Harro. 11(Nachdruck verboten.) Erſtes Kapitel. Etta von Kroſinsky lag im hohen Gras der Wieſe unter einem aufgeſpannten, hier und da ſchadhaften Regenſchirm, der für Kopf und Oberkörper der läſſig Ruhenden gerade genügend Schatten gewährte. Ueber das weiße, zarte Geſicht des Mädchens war ſchützend ein durchſichtiger Schleier gebreitet, und die Arme bedeckten Handſchuhe von brauner Farbe. Die Kleidung der ſchläfrig zur Sonne Blinzelnden harmonierte nicht mit dem modiſch gefärbten Schleier und den für eine Dame unerläßlichen Handſchuhen. Das Röckchen war zu kurz, ver⸗— waſchen und abgetragen. Die helle Blouſe war das Machwerk einer ungeſchickten Dorfſchneiderin. Die kleine, große Dame— ſie war fünfzehnjährig und von recht anſehnlicher Länge— hätte aber auch ohne die etwas ſonderbare Ausſtaffierung die Blicke Vorüberkommender gefeſſelt durch die wunderbare Schönheit ihres Kopfes. Es war allerdings in dem blühenden Kindergeſicht noch viel Unfertiges. Aber es verſprach für die Zukunft nur Holdes, dem einſt eine ſchier zauberhafte Anziehungskraft verliehen ſein mußte durch die ſeltſam im Ausdruck wechſelnden großen, veilchenblauen Augen. a Doch es kam niemand an dem Platz vorüber, den Etta von Kroſinsky ſich zum Ausruhen gewählt. Nur bunte Schmetterlinge gaukelten über die in mittägiger Stille liegende Wieſe. Bienen umſummten geſchäftig die weißen Kleeblumen. Ein abgegriffenes Buch mit bunten Bildern, das Etta zur Seite gelegen, war durch eine zu haſtige Armbewegung ins Rutſchen gekommen und die kleine Erhöhung, welche des Mädchens Lager bildete, hinabgekollert. Die ruhig Liegende hätte ſich aufrichten müſſen, um das Buch wieder erreichen zu können, zu ſolcher Anſtrengung bequemte Weilchen mißmutig Sie blinzelte wieder zum Himmel empor, in deſſen blauer Tiefe auch nicht ein Wölkchen ſich blicken ließ. Endlich wurde ſie durch Schritte geſtört, die ſeitwärts er⸗ ſie ſich jedoch nicht. Sie ſchielte wohl ein nach dem Ausreißer, doch ſie rückte und rührte ſich nicht. tönten. Schlürfenden Ganges, doch mit großer Geſchwindigkeit kam durch das Wieſengras ein langer, täppiſcher, breitſchultriger Jüngling daher, dem unter dem gelben Haardach zwei treuherzige blaue Augen leuchteten. Der junge Menſch war abgehetzt wie ein gejagter Haſe. Er war kirſchrot im Geſicht, ſchweißbedeckt, und die Erregung zuckte ihm bis in die Fingerſpitzen. Keuchend fiel er mehr, als daß er ſich ſetzte, dicht zu des Mädcheus Füßen nieder, indem er heiſer, mit Anſtrengung her⸗ vorbrachte: „Entwiſcht wäre ich ihm glücklich, Etta!“ „Na, das ſehe ich“, meinte ſie phlegmatiſch, ſich einen Gras— halm abreißend und ihn kauend durch die ſpitzen, weißen Zähnchen ziehend.„Was gab es denn eigentlich?“ „Die alte Geſchichte!“ ſeufzte er tief auf. Er ſaß wie ein Türke ihr zu Füßen, die großen, braunen Hände mit ausgeſpreizten Fingern ins Gras geſtemmt, die blauen Augen mit dem Ausdruck der Freude und innigſter Zärt⸗ lichkeit auf das Mädchen gerichtet. „Was haſt Du denn wieder vollgepinſelt?“ examinierte ſie ohne Neugierde. „Der Herr Inſpektor hat ſich beklagt“, geſtand der blonde, junge Mann.„Vater will nun mal, daß ich Landwirt werde und mein Leben lang hinter dem Pfluge hergehe.“ „Das wäre wohl auch das beſte, meinte die kleine Welt⸗ weisheit indolent.„Denn die„Pinſelei“ kriegſt Du doch ſatt, paß auf. Auch zum Malen iſt Courage nötig! Zeige doch Deinem Vater, daß Du was kannſt. Lauf in die weite Welt!“ „Ja, wenn Du mitgingſt“, fuhr es ihm jäh heraus. Sie ſchaute ihm maßlos erſtaunt ins flammende Geſicht. Endlich bewegte ſie ſpöttiſch lächelnd den Kopf. — ich wohl zu Die iſt mir viel, viel „Du Narr!“ verhöhnte ſie ihn.„Mit Dir liefe allerletzt. Ich habe doch meine Mutter! lieber als Du.“ „Was biſt Du denn eigentlich“, fuhr ſie fort, als er traurig ſchwieg.„Ein Weltverbeſſerer hinter dem Ochſen! Ich hoffe, Du wirſt bald die Skizzen und die Kreide in den Horrateich ver⸗ ſenken und wirſt der gehorſame Sohn Deines Vaters, des Klein— Bauern Hemmſchuh werden. Schon Dein Name müßte Dir eine Lehre ſein. Ein gräßlicher, alberner Name:„Friedel Hemm⸗ ſchuh!“ Wie das klingt! Da iſt ja mein Name die reine Koſtbarkeit dagegen:„Heurietta von Kroſinsky!“ Das hat Klang. Nicht wahr?“ „Es muß ſich einen klangvollen Namen eben ſchaffen, wer ein rechter Mann iſt“, rief Friedel mit blitzenden Augen.„Ich thät' es ſchon! Ich möchte nur nicht im Unfrieden von meinem Vater gehen.“ „Ach, bleib nur hier. Das Malen bringt nichts mehr ein“, redete Etta weiſe.„Das kann bald jeder. Wenn man es gelernt hat, iſt es auch keine Künſt.“ „Male doch, was Du hier vor Augen ſiehſt!“ ſprach Friedel, luſtig mit den Augen zwinkernd.„Na freilich.„Pinſeln?“ das kann der Baron auf dem Schloß auch. Schade nur um die Farben und die neue, ſchöne Leinwand. Ach und die Zeit! Wenn ich bloß die Zeit hätte!“ „Ein Baron im Schloß?“ Etta riß die Augen weit auf.„Ja, im Schloß hat doch nie jemand gehauſt. Wie kommſt Du denn auf einen Baron?“ „Nun, er wohnt eben da, und ſeine Malerei amiiſiert mich. — Wie er da am Waſſer ſaß, vorgeſtern abend, am Horra-See! Ein Hütchen wie meine Fauſt, Sammetiacke und aufgekrempelte Hoſen! Dabei das dicke Vollmondgeſicht. Zu lächerlich!“ Und dieſe Wichtigthuerei in den Augen, gerade, als thäte er dem See ine Ehre an, daß er ſo ſtill drauf hinſähe...„Sie“ war natürlich auch dabei, die hübſche Frar von dem alten Mann. Sie ſchwatzte Franzöſiſch und Engliſch durcheinander, und dann gähnte ſie ungeniert und meinte auf gut Deutſch, ſie ſtürbe hier noch vor Langerweile. Am fünften Tag!“(Fortſ. folgt.) ratrungen. ueber die wichtigen Fragen, die eine lan⸗ gere Beſprechung erforderten, hatten die Ausſchüſſe in⸗ zwiſchen ihre Beratungen zu Ende geführt, ſo daß das Plenum heute an die Erledigung des umfaſſenden Ar⸗ beitsprogramms herantreten konnte. Der Präſident Herold eröffnete die Sitzung mit dem katholiſchen Gruße und trat dann ſogleich in die Be⸗ ratung der Anträge ein. Zur Beratung gelangte heute der Antrag des dritten Ausſchuſſes betreffend Charitas. Referent war der Abg. Dr. Müller Simonis⸗ Straßburg. Der Referent legte zunächſt einen Antrag vor über örtliche katholiſche Charitas⸗Ausſchüſſe. Sie ſollen eine Stelle zur Erkundigung über hilfsbedürftige Arme ſchaffen, damit an die Stelle des kritikloſen Ge⸗ bens eine ſorgfältige Prüfung der Bedürftigkeit und Würdigkeit der Hilfeſuchenden trete und der mißbräuch— lichen Ausnutzung der Wohltätigkeit ein Ziel geſetzt werde. Der Antrag wurde angenommen, nachdem Prälat Dr. Werthmann, der Präſident des katholiſchen Charitas⸗ Verbandes, den Antrag unter Hinweis auf einige aus⸗ gezeichnete Erfolge im äußerſten Weſten warm empfohlen hatte. 1 Ein zweiter Antrag des Chöaͤritas⸗Ausſchuſſes betrifft Organiſation der katholiſchen Kranken⸗ häuſer und ähnlicher Anſtalten zum Austauſch von Er⸗ fahrungen und Wahrnehmungen ihrer Intereſſen, auch gegenüber den Krankenkaſſen, dann gegenüber dem ſo oft bemängelten Eingriff des Staates in den Kranken⸗ hausbetrieb. Abg. Giesberts⸗M.⸗Gladbach wies dann darauf hin, daß die Beſtimmungen über die Berückſichtigung der ka⸗ tholiſchen Krankenkaſſen durch die Invalidenverſicherung ſo lange ausſichtslos ſein würden, als nicht katholiſcher⸗ ſeits durch energiſche Teilnahme an den bezüglichen Wahlen auf eine andere Beſetzung der Vorſtände der betreffenden Behörden hingewieſen werde. Der Referent empfiehlt alsdann einen Antrag über das Straßburger Syſtem der Einzelpflegeſchaft, wodurch insbeſondere ermöglicht wird, daß Frauen als voll⸗ wertige Armenpflegerinnen und Mitglieder der Bezirks- kommiſſion heranzuziehen ſind. Prälat Dr. Werthmann ſtellte ſich auf die Seite des Antrages. Dr. König⸗Breslau berichtete über die muſtergiltigen Pflegeverhältniſſe. Der Antrag wurde einſtimmig angenommen. Die Begründung des Antrages auf Förderung des Kreuzbündniſſes zur Bekämpfung des Alkoholgenuſſes übernahm Pfarrer Haw⸗Trier. Die Antialkoholbewegung habe ſich zunächſt bei den Andersgläubigen beſonders ſtark entwickelt. Jetzt ſchenke man ihr auch auf katholiſcher Seite beſondere Beachtung. Der Antrag empfiehlt eine zielbewußte Förderung der Organiſation und Gründung von Ortsgruppen des Kreuzbündniſſes. In Trier habe man den Verſuch gemacht, eine Zentralſtelle zu ſchaffen. Auch die Alkoholfrage werde und müſſe gelöſt werden durch Chriſtus und die Kirche. Der Antrag wurde dann angenommen. Der Antrag über Jugendfürſorge wurde vom Prä⸗ laten Dr. Werthmann begründet mit dem Hinweis auf die ſtarke Entwickelung der Fürſorgevereine. Da iſt es Zeit, daß auch die Katholiken ſich energiſch auf dieſem Gebiete betätigen und ſich an dieſen paritätiſchen Ver⸗ einen beteiligen. Der Antrag wurde dann angenommen. Ferner wurde ein Zuſatzantrag über die Jugend⸗ gerichte nach kurzer Beſprechung angenommen. Ein Antrag über die Teilnahme der Katholiken am Vormundſchaftsweſen begründete wiederum Dr. Müller Simonis⸗Trier. Einſchneidende Aufklärungstätigkeit in den katholiſchen charitativen Vereinen muß hier einſetzen. Der Antrag wurde angenommen. Prälat Nacke begründete dann den Antrag zur För— derung des Bonifatius⸗Vereins, indem er einen Ver⸗ gleich zog zwiſchen den Leiſtungen der Andersgläubigen mit denen der Katholiken. Trotz des erfreulichen Auf⸗ ſchwunges fällt der Vergleich zum Nachteil der Katho⸗ Hiken aus. Hier muß ſtraffer organiſiert werden, um große Erfolge zu erzielen. Die Verdienſte des Boni⸗ fatius⸗Vereine werden von allen Kirchenoberen anerkannt. Ueber die öſterreichiſchen Bonifatiusvereinsbeſtrebun⸗ gen berichtete P. Aug. Galen O. S. P. Er ſchilderte die finanziellen Erfolge der Los⸗von⸗Kom⸗Bewegung und machte dabei Mitteilung über die Tätigkeit der Bonifatius⸗ bewegung. Sie gebe jetzt auch eine Zeitſchrift heraus, um das lügneriſche Treiben der„Los⸗von⸗Rom⸗Bewe⸗ gung“ aufzudecken. Die„Los⸗von⸗Rom⸗Bewegung“ ſei nichts als ein geſchicktes, unverfrorenes Attentat auf den Geldbeutel der Reichsdeutſchen. Man habe es durch den wüſten Lärm über die Abfallbewegung dahin ge⸗ bracht, daß der„Guſtav Adolf“-Verein 15½ Millionen für die Bewegung geopfert habe. Die Zahl der Ab⸗ fälle vom Katholizismus ſei aber trotzdem in Oeſter⸗ reich im Verhältnis noch geringer als in Preußen.(Leb⸗ haftes: Hört! Hört!) Der Redner empfiehlt dann den Antrag auf Unterſtützung der Vonifatiusbewegung, der von der Verſammlung einſtimntig angenommen wurde. Die Verſammlung ging darauf zur Beratung der Be⸗ ſchlüſſe des Ausſchuſſes über„Chriſtliche Bildung und Preſſe“ über. Der Antrag auf Verbreitung guter, volks⸗ tümlicher Schriften im katholiſchen Volke empfahl Ge⸗ neralſekretär Herz vom Borromäus⸗Verein, der gleich⸗ falls ſeinen Verein empfahl. In der Debatte wurde der Verein als Gegenmittel gegen die Verbreitung ſchlechter Lektüre warm empfohlen. Hierauf wurde der Antrag angenommen. Kanonikus Staurhamer begründet einen Antrag Mün⸗ chen zugunſten der kunſtfördernden Vereinigungen des „Albrecht Dürer⸗Vereins“ und der„Allgemeinen Ver⸗ einigung für chriſtliche Kunſt“. Er betonte, wir dürften nicht zuſehen, wie die Kunſt mißbraucht wird.(Beifall.) Der Antrag wurde angenommen, ebenſo ein weiterer Antrag, der die Aufmerkſamkeit auf die Ausſtellung für chriſtliche Kunſt in Düſſeldorf lenkt. Ferner wurde angenommen ein Antrag zur Förderung des Hildegardis⸗Vereins, der befähigten katholiſchen jun⸗ 7 1 die Mittel zum akademiſchen Studium ge⸗ währt. Der Vorſitzende des Ausſchuſſes für Bildung und Preſſe, Oberlandesgerichtsrat Marx⸗Düſſeldorf, begründet dann unter vielfachem Beifall einen Antrag zugunſten der konfeſſionellen Volksſchule und zur Erteilung des Religionsunterrichtes in der Mutterſprache. Der Antrag wurde angenommen, ebenſo ein Antrag 25 Einrichtung von Rektoratsſchulen im en. Wlechm greg 8 8 ſellenvereinen. Ein weiterer Antrag empfiehlt noch ſchärfere Be⸗ kämpfung der öffentlichen Unſittlichkeit; nachdem der Vor⸗ ſitzende den Antrag warm empfohlen, wurde auch dieſer von der Verſammlung einſtimmig angenommen. Darauf wurde die Weiterberatung der Anträge auf morgen vertagt. . Revue der Nebenverſammlungen. Der katholiſche Geſellenverein feierte am Montag abend im St. Vinzenzhauſe ein impoſantes Familienfeſt, für welches ſich der große Saal des Vinzenzhauſes leider als zu klein erwies. Eine illuſtre Geſellſchaft hatte am Vorſtandstiſche Platz genommen, darunter der apoſtol. Vikar Gießen von Süd⸗Schantung, Vicepräſident Graf Valentin Balleſtrem. Den Vorſitz übernahm dann der Präſes des Berliner Geſellenvereins Graf Galen; er begrüßte die Verſammlung und widmete dem Kardinal Kopp, dem eifrigen Förderer des Vereinslebens, ein Hoch. Graf Valentin Balleſtrem begrüßte die Geſellen namens des Präſidiums, er widmete ſein Hoch den Ge⸗ Die Feſtrede hielt in begeiſternden Wor⸗ ten Pfarrer Dr. Otte-Greiffenberg. Es war eine hin⸗ reißende Lobrede auf den Geſellenverein, die älteſte aller ſozialen Organiſationen Deutſchlands. Stürmiſcher Bei⸗ fall folgte der Rede. Die bühnengewandten Geſellen führten dann ein hiſtoriſches Schaufpiel„Der Glocken⸗ guß zu Breslau“ auf, das ſtarken Beifall auslöſte. Be⸗ merkt ſei noch, daß auch der Parifer Geſellenverein Grüße durch ſeinen Präſes überſandt hatte 5 Die Verſammlung der katholiſchen Freiſtudenten, welche hauptſächlich von Schleſiern beſucht war, nahm unter Leitung der Herrn ſtud. jur. Chrometzka einen ſehr anregenden und belehrenden Verlauf. Herr cand. cam. Art. Steinhart(Freiburg) beantwortete in einem Vſtündigen Referat die Frage: Kann der katholiſche Stu⸗ dent einer freiſtudentiſchen Organiſation angehören? Aus⸗ gehend von den Zielen der Freiſtudentenſchaft, welche auf dem Boden der Tolerenz die Gemeinſchaftsorganiſation aller Studierenden bezwecken, um auf dieſem gemein⸗ ſamen Boden durch das Mittel der Selbſterziehung die Lücken auszufüllen, welche die heutige Hochſchule bei der Erziehung ihrer Jünger durch Mangel an Allgemein- bildung und Erziehung zu Charakteren hinterläßt, be⸗ tont Referent vor allem die Notwendigkeit der Selbſt⸗ erziehung für den Katholiken und hält infolgedeſſen die Betätigung des katholiſchen Studenten auf freiſtudenti⸗ ſchen Boden nicht nur für angebracht, ſondern für drin⸗ gend notwendig. Wie dieſe Selbſterziehung ermöglicht wird, ihre Vorausſetzungen und ihr für Staat und Kirche günſtiges Ergebnis werden einzelnen geſchildert. An den Vortrag ſchloß ſich eine äußerſt intereſſante Diskuſſion, in der hauptſächlich Organiſationsfragen an⸗ geſchnitten wurden. Um 1 Uhr konnte der Vorſitzende mit dem Ausdruck des Dankes an die Teilnehmer die vielverſprechende Verſammlung ſchließen. 1* 1 ö* 5* 5 Der Vizepräſident Graf Valentin Balleſtrem eröff⸗ nete um ½6 Uhr die dritte öffentliche Verſammlung mit der Mitteilung des Kaiſertelegramms. Das Tele⸗ gramm hat folgenden Wortlaut: ö Ich habe mich über die Begrüßung der dort ver⸗ ſammelten deutſchen Katholiken gefreut und danke für den Ausdruck treuer patriotiſcher Geſinnung. Wilhelm, J. R. Im Anſchluß an die Verleſung dieſes Telegramms führte Graf Balleſtrem aus: Durch dieſe gnädige Kundgebung von allerhöchſter Stelle fühlen wir uns ge⸗ drungen, die Gefühle, welche wir zu Seiner Majeſtät dem Kaiſer hegen, erneut zum Ausdruck zu bringen, ferner die Treue und Ergebenheit gegen Seine Majeſtät. Wir tun 5 indem wir rufen: Seine Majeſtät lebe hoch, hoch, och! Die Verſammlung ſtimmte begeiſtert in den Ruf ein. Der Präſident begrüßte dann den Bistumsverweſer von Poſen⸗Gneſen unter lebhafter Zuſtimmung der Ver⸗ ſammlung. Rechtsanwalt Rumpf⸗München ſprach über„Die deut⸗ ſchen Katholiken und die Pflege der Kunſt“, wobei er ſich im weſentlichen auf die bildenden Künſte beſchränkte. Er betonte, daß die chriſtliche Kunſt vor allem Ideen⸗ kunſt, Gedanken und Empfindungskunſt ſein müſſe. Ferner müſſe ſie modern ſein, d. h. ſie muß nicht nur die Sprache unſerer Zeit ſprechen, ſondern in ihr muß auch der Geiſt unſerer Tage, das Empfinden und Denken, Streben und Ringen der gegenwärtigen Generation ſich ausprägen. Die chriſtliche Kunſt müſſe weiterhin auch individuelle Kunſt ſein. Die freie und freudige Ent⸗ wickelung kraftvoller Individualitäten ſei die Voraus⸗ ſetzung für eine ſtarkſchwingige, kraftvoll geartete chriſt⸗ liche Kunſt. Die Form müſſe jeder echte Künſtler für ſein Werk neu finden, entſprechend ſeiner Individuali⸗ tät und dem jeweils zu behandelnden Stoffe. Zur Heran⸗ bildung eines beſſeren Kunſtverſtändniſſes und warmer Kunſtliebe im Volke müßten vor allen Dingen die katho⸗ liſchen Zeitungen und Zeitſchriften ihre Hand reichen. Ein Unterrichten des Volkes im rechten Geiſte müſſe da un⸗ fehlbar zum Ziele führen. Zweiter Redner des Abends war der Herr Pfarrer Kapitza⸗Tichau mit ſeinem Vortrage über Alkoholismus in ſozialer Beziehung. Der Redner ſchildert die großen Gefahren, welche dem geſamten Volke vom Alkohol drohen. Der Alkohol ſetze den geſamten Verbrauch der wirtſchaft⸗ lichen Güter herab, vermindere die geſamte Leiſtungs⸗ fähigkeit. Die geiſtige Arbeit wird durch Alkoholgenuß lahm gelegt, der Alkohol verſcheucht die Initiative und begünſtigt das ſoziale Vorgehen. Das deutſche Volk gibt jährlich für Alkohol 3½ Milliarden Mark aus. Bei einem ſo ausgedehnten Alkoholgenuß liegt die Gefahr der Dege⸗ neration nahe. Das erſte Mittel gegen den Alkohol bildet wahre Sozialreform. Ein charaktervolles, aufgeklärtes Volk darf den Maßnahmen zur Bekämpfung des Alkoholis⸗ mus nicht widerſtreben. Die Antialkoholbewegung be— 4 8 05 nicht die Bedürfniſſe des Volkes, ſondern führt em Volke nur andere wichtige Bedürfniſſe zu. Redner ſchloß ſeine mit Beifall aufgenommenen Ausführungen mit einem Appell an alle Stände des Volkes, an der Be⸗ kämpfung des Alkohols ſich zu beteiligen. Abg. de Witt⸗Köln ſprach uber die Bedeutung der katholiſchen Preſſe. Redner ſchilderte die unſchätzbaren Verdienſte, die die katholiſche Preſſe der Sache des Katholizismus in Deutſchland in der Vergangenheit ge⸗ leiſtet, wo es ſich im Kulturkampf um die Abwehr der Beſtrebungen des kirchenfeindlichen Liberalismus han⸗ delte, der verſuchte, die Staatsomnipotenz auch gegenüber der katholiſchen Kirche zu begründen. In mühe⸗ und auf⸗ opferungsvoller Weiſe habe die katholiſche Preſſe un⸗ abläſſig die Aufklärung des katholiſchen Volkes betrie⸗ ben und ſich um die Schaffung und Erhaltung der poli⸗ tiſchen Organiſation des katholiſchen Volkes verdient ge⸗ macht. Der Vortragende ging dann auf die Bedeutung der Preſſe in den Fragen der Parität, der wirtſchaft⸗ lichen Intereſſen und der Weltanſchauung näher ein, bat um eifrige Unterſtützung der katholiſchen Preſſe durch Abonnieren und Inſerieren und wandte ſich zum Schluß mit folgenden Worten an die Kritiker im eigenen Lager: Es iſt ja eine„berechtigte Eigentümlichkeit“ der Katho⸗ liken, daß ſie ihre Glaubensgenoſſen vielfach ſchärfer kritiſieren und rigoroſer beurteilen als Andersgläubige. So erklären ſich manche Urteile aus katholiſchem Lager über die katholiſche Preſſe. Dem einen iſt ſie zu reli⸗ giös, dem andern zu politiſch, dem dritten zu demokra⸗ tiſch und dem vierten zu gouvernemental. Eine ſich widerſprechende Kritik macht die Widerlegung überflüſſig, durch eine unbegründete Kritik wird ſich die katholiſche Preſſe auch nicht in ihrer Haltung beirren laſſen. Be⸗ rechtigten Wünſchen aber wird ſie um ſo eher in der Lage ſein zu entſprechen, je kräftiger die Unterſtützung iſt, die ihr vom katholiſchen Volk zu teil wird. Dafür er⸗ öffnet ſich noch ein weites Gebiet, wenn man erwägt, daß die katholiſche Preſſe nur etwa 2 Millionen beſitzt, während die katholiſche Bevölkerung etwa 20 Millionen beträgt. Hoch auflodert ja in dieſen Tagen die Flamme der Begeiſterung für die Sache des Katholizismus, Hony ſoit, qui mal y penſe. Denn Begeiſterung iſt keine Heringsware. Aber wertlos und bedeutungslos wird dieſe Begeiſterung, wenn ſie erliſcht wie ein Stroh⸗ feuer, wenn ſie nicht vermag, nachhaltige, dauernde Wir⸗ kung zu erzeugen. Und wenn wir ſo im Feuer der Be⸗ geiſterung den feſten Vorſatz faſſen, die katholiſche Ge⸗ ſinnung zu bekennen und zu tätigen im privaten und öffentlichen Leben, wenn wir dieſen Vorſatz ausführen und in die Praxis des täglichen Lebens umſetzen, dann vergeſſen wir auch nicht, die katholiſche Preſſe zu unter⸗ ſtützen und zu fördern. Die katholiſche Preſſe, welche der Sache des Katholizismus in Deutſchland in der ſchweren Not der vergangenen Jahre ſo große und un⸗ ſchätzbare Dienſte geleiſtet hat, die ein unentbehrliches Werkzeug bildet in den Kämpfen, denen wir in Zukunft noch entgegengehen.(Stürmiſcher Beifall folgte dieſen Ausführungen.) Ueber„Literatur“ ſprach alsdann Johannes Mum⸗ bauer, Redakteur in Rom: Im Augenblick iſt keine der kulturellen Aufgaben brennender als die des Verhältniſſes der Katholiken zur Literatur, ihre Betätigung im lite⸗ rariſchen Leben und Schaffen. Gerade der ſchleſiſche Dich⸗ ter Eichendorff ſagt uns unzweideutig, daß der Dichter vor allem tief religiös ſein muß, daß ſeine Kunſt und Poeſie nur die tiefſten Tiefen menſchlichen Weſens dann befriedigen, wenn ſie in der Religion wurzeln. Eine einſeitige Abſchließung, die den Zuſammenhang mit den übrigen Trägern einer idealiſtiſchen Kulturmiſſion preis⸗ gibt, müßte aber für alle Teile, auch für den katholi⸗ ſchen Schriftſteller und den katholiſchen Volksteil ver⸗ hängnisvoll werden. Syſtematiſch und in großem Stile muß mit Hilfe des Borromäusvereins und ähnlicher Orga⸗ niſationen mit der Gründung von katholiſchen Volks⸗ bibliotheken beſten und neueſten Syſtems vorangegangen werden. Die Poeſie muß erblühen auf unſerem wahr⸗ haft volkstümlichen katholiſchen Glauben, der die Welt ganz umfaßt. Hierauf wurde die Verſammlung um 8½ Uhr ge⸗ ſchloſſen. Auf den letzten Vormittag drängt ſich gewöhnlich noch eine Ueberfülle von Arbeit zufammen. Diesmal aber lagen der vierten geſchloſſenen Verſammlung noch eine ganze Reihe von umfangreichen Anträgen ſo⸗ zialer Natur aus den Ausſchüſſen vor, welche dort leb⸗ hafte Debatten hervorgerufen hatten. Vizepräſident Frhr. von Arenthin leitete die Ver⸗ ſammlung, welche ſofort in die Tagesordnung eintrat. Generalſekretär Dr. Pieper begründete zunächſt einen Antrag zur Erhebung und Veredelung der Le⸗ benshaltung der erwerbstätigen Bevölke⸗ rung. In der Diskuſſion bat Abg. Giesberts, dieſen An⸗ trag nicht einfach unter das Kapitel:„Eine Moralvor⸗ leſung über Sparſamkeit“ zu rubrizieren. Unſere wirt⸗ ſchaftlichen Verhältniſſe haben ſich ſehr gebeſſert, und wir dürfen und wollen nicht auf die Bequemlichkeit mo⸗ derner Technik und Kultur verzichten. Trotzdem finden wir, daß die ſozialen Gegenſätze ſich vertieft haben, und daß viele, die im Erwerbsleben ſtehen, keine angemeſſene Lebenshaltung haben. Andererſeits beſteht ein Hang zum Leben aus dem Vollen; demgegenüber iſt auf eine ratio⸗ nelle Sparſamkeit zu verweiſen, die auch von der Frau geübt werden muß. Es muß mit den verfügbaren Mitteln gewirtſchaftet, es muß überlegt und disponiert werden. Ferner iſt auch die heranwachſende Jugend in dieſem Sinne zu erziehen. Wenn ſich die Jugend in den Jugend⸗ tagen der Untugend eine Lebensweiſe über die Verhält⸗ niſſe hinaus angewöhnt hat, wie ſoll dann nachher der Mann in den geſetzten Jahren in anderen Verhältniſſen leben können? Nur eine gediegene Auffaſſung des gan⸗ zen Lebens bewahrt vor ſolchen Klippen und gewähr- leiſtet einen geordneten Familienſinn. Nur durch Er⸗ ziehung charaktervoller Männer und Frauen kann die chriſtliche Familie erhalten werden. Die Reſolution iſt der Verſuch eines Programms. Der Antrag wurde hierauf einſtimmig angenommen. Es folgte die Beratung des Antrages, der die Zu⸗ rückdrängung der ſozialen Entfremdung betrifft. Der Antrag, der von Dr. Pieper begründet wurde, wurde einſtimmig angenommen. Desgleichen der Antrag betreffend Zurückdrängung der ſo⸗ zialen Entfremdung, den der Vorſitzende Dr. Pieper be⸗ gründete, während in der Debatte Dr. Sonnenſchein⸗ M.⸗Gladbach mehr auf die Tiefen des Gedankens der Reſolution eingeht. Der letztere Redner erntete na⸗ mentlich für ſeinen Appell an die akademiſche Jugend zur ſozialen Verſöhnungsarbeit ſtürmiſchen Beifall. Fer⸗ ner ſind aus der Debatte die Ausführungen des Ge⸗ neralſekretärs Abg. Dr. Fleiſcher hervorzuheben, der den Idealismus und die Opferfreudigkeit der katholiſchen Arbeiterſchaft mit begeiſterten Worten feierte und im und mo⸗ den r⸗ r die iſt Gegenſatz zu der ſtellte. 5 Der Antrag, betreffend Hebung der wirtſchaftlichen Lage des Handlungsgehilfenſtandes und ſonſtiger Pri⸗ vatbeamten und Förderung ihrer ſozialen Beſtrebungen, wurde vom Vorſitzenden begründet und nach weiterer Empfehlung durch den Vertreter des„Verbandes katho⸗ liſcher kaufmänniſcher Vereinigungen Deutſchlands“, Dr. Müſer angenommen. Das Thema:„Arbeitervereine und Freidenkerbewe⸗ nung“ behandelt ein Antrag, den der Ausſchußvorſitzende Dr. Pieper begründete. Arbeiterſekretär Müller⸗Waldenburg legte die Not- wendigkeit des Antrages unter Hinweis auf die Praxis dar. Der Antrag wurde angenommen. Einen Antrag über die Förderung der Jugendvereine begründete wiederum Dr. Pieper. Generalſekretär Dr. Drammer fügte der Begründung warme Worte der Emp⸗ fehlung hinzu, ſo daß auch dieſer Antrag freudig ent⸗ gegengenommen wurde. Zum Schluß kam noch ein umfangreicher Antrag über die„Fürſorge für die erwerbstätige Frauenwelt“ zur Beratung, der nach empfehlenden Worten von Kuratus Nafre⸗Berlin einſtimmig angenommen wurde. ;* Während der Beſuch der geſchloſſenen Verſammlung heute, wohl infolge des Requiems für den verſchiedenen Biſchof Dr. Wilhelm Schneider von Paderborn, und dann wohl auch wegen der frühen Stunde N die ge⸗ ſchloſſene Sitzung begann bereits um 8 Uhr— ſchwächer war als geſtern, war die gleich darauf folgende 3 vierte(letzte) öffentliche Verſammlung a wieder ſtark beſetzt. Mit lebhaftem Beifall konnte die Verſammlung wieder den hochw. Herrn Kardinal⸗Fürſt⸗ biſchof Kopp begrüßen. Auch der hochw. Miſſionsbiſchof Gießen aus China wohnte wieder der Verſammlung bei. Präſident Herold eröffnete kurz vor 11 Uhr die Schluß⸗ ſitzung und erteilte das Wort dem Herrn Domvikar Prä⸗ lat Dr. Schädler aus Bamberg zu ſeinem Vortrage über „Das Papſttum und Pius X.“: 2 Wie ihre Vorgängerinnen, ſo bringt auch dieſe Ge⸗ neralverſammlung dem hl. Vater ihre Huldigung dar. Auf dem Gipfel der kirchlichen Vollgewalt ſteht jetzt ein Sohn des Volkes. Das Papſttum kennt keine Perſon; auch der Sohn aus dem ſchmuckloſen Häuschen in Rieſe kommt auf den Felſen Petri. Der hl. Vater will Re⸗ formen, aber aus dem Glaubensleben heraus, auf dem Boden des Glaubens. Die Wirkfamkeit des hl. Vaters liegt auf dem Gebiet der inner⸗kirchlichen Tätigkeit, wie er es immer gewollt hat, als er noch Biſchof war. An allen anderen Arbeiten, die die Kirche angehen, nimmt er ſtets lebhaften Anteil, auch auf ſozialem Gebiete. Er war auch tätig auf dem Gebiete der Preſſe, denn er ſah in einer guten Preſſe die Mitarbeit an dem Heil der Seele. Wir können zuverſichtlich hoffen, daß der hl. Vater ſein Ziel, die Erneuerung der Welt in Chriſto, erreichen wird. Unſere Blicke richten ſich nach oben, und unſeren Herzen entſteigt das innigſte Gelöbnis unverbrüchlicher Treue zum hl. Vater.(Langanhaltender ſtürm. Beifall.) Profeſſor Dr. Faulhaber⸗ Straßburg ſprach über die Frauenfrage. Der natürlichſte und allgemeinſte Be⸗ ruf des Weibes iſt, ſo führte Redner aus, der Beruf der Hausfrau und Mutter. Aber der Satz:„Die Frau gehört ins Haus“, darf nicht die Ehe als den allein⸗ ſeligmachenden Frauenberuf erklären, ſondern die Sta⸗ tiſtik rechnet uns vor, daß 950 000 Frauen mit mathe⸗ matiſcher Sicherheit ihr Brot nicht am Tiſche des Mannes eſſen werden. Dieſer weibliche Ueberſchuß muß alſo anderweitig Arbeit und Auskommen finden. Die letzten Jahrzehnte haben den Frauen manche Erwerbs- zweige eröffnet, die ein weites Arbeitsfeld für ſozial⸗ politiſche Tätigkeit bilden. Aber das aktuellſte und brennendſte Kapitel in der deutſchen Frauenfrage von heute iſt die Frauenbildungsfrage. Alle Vor⸗ urteile gegen die wiſſenſchaftlichen Frauenberufe müſſen vor der Tatſache verſtummen, daß in dieſer Frage vi⸗ tale Intereſſen des katholiſchen Namens auf dem Spiele ſtehen. Den ſtudierenden Damen ſelber ſchrieb Prof. Faulhaber folgendes ins akademiſche Vademekum: „Wahren Sie ſich auch als Trägerinnen Minervas die gute weibliche Art, und wahren Sie ſich auch im Stu⸗ dium Ihren Glauben!“ Die von edler Begeiſterung ge⸗ tragene Rede klang aus in einem Gruß an die aller⸗ ſeligſte Jungfrau, die geiſtvolle alma mater des Frauen⸗ ſtudiums und das lebendige Programm der Frauen⸗ bildung. In ſeinem Schlußwort gab der Präſident Abg. Herold einen Rückblick auf die Verſammlungstage. Die Arbeiter haben in ihrem Feſtzuge ihre Treue gegen den kirchlichen Oberhirten gezeigt. Was die Miſſionen und den Boni⸗ fatiusverein betrifft, ſo darf keine Seele mehr dem Chri⸗ ſtentum aus Mangel an Geldmittel verloren gehen. Die Schule und ihre Lehrer müſſen in Verbindung bleiben mit der Kirche und den Schulen. Die Kirche, die vor⸗ nehmſte Hüterin von Sitte, Ordnung und Autorität, darf nicht in ihren Rechten eingeſchränkt werden. Die Ordens⸗ tätigkeit muß ſich frei entwickeln können und darf nicht unter Staatskontrolle ſtehen. Auch die Ausübung der chriſtlichen Charitas ſteht leider unter Staatsaufſicht. Red⸗ ner dankte dem Kardinal-Fürſtbiſchof Kopp, der gllen Verſammlungen trotz ſeiner ſoeben erſt überſtandenen Krankheit beiwohnte, ſowie dem gaſtlichen Breslau, ſowie allen, die ſich durch Leitung oder Teilnahme an der Ver⸗ ſammlung beteiligt haben. Stürmiſcher Beifall begleitete dieſe aus ganzem Her⸗ zen kommenden Schlußworte des Präſidenten, worauf Kardinal-Fürſtbiſchof Kopp aus führte: Die ärztliche Für⸗ ſorge hat meine Ausdauer bedenklich gefunden, und ſie hätte mich viel lieber in die friſche Gebirgsluft zurückgeſchickt. Allein ich habe geglaubt, nicht nur die friſche Luft in der Natur iſt es, die mir gut tut, ſondern auch die Luft in dieſer Verſammlung wird meinem Herzen wohl tun.(Leb⸗ hafter Beifall.) Und darum bin ich bis zu dieſem Augen⸗ blick geblieben und bereue es nicht nach dem glänzenden Indolenz mancher Arbeitgeberklaſſen erlauf, von dem ich Zeuge geweſen bin. Von den Weſt⸗ marken unſeres deutſchen Vaterlandes bis zum Memel⸗ ſtrome, vom Fuße der Alpen bis zur Nord- und Oſtſee, aus den verſchiedenſten Ländern Europas, ja ſogar übers Meer ſind die Katholiken herbeigeeilt, um ſich gegenſeitig zu den höchſten Idealen anzueifern. Es war ein herrliches Bild, von dem der Herr Präſident Ihnen einige Züge entworfen hat. In Einigkeit haben die Katholiken hier getagt, ihre Herzen zuſammengebracht und der Welt die geſchloſſene Einigkeit dargeſtellt. Vor allem danke ich meiner Diözeſanen, die ihm eine dankbare Geſinnung be⸗ wahren werden.(Lebh. Beifall.) Ich danke aber auch in meinem und Ihrem Namen den beiden Herren Vize⸗ präſidenten, die in opferfreudiger Bereitwilligkeit die leitenden Arbeiten umſichtig unterſtützt haben.(Beifall.) Ich danke aber auch den Herren Biſchöfen.(Beifall.) Der Herr Präſident hat dann auch Ihres Ortskomitees ge⸗ dacht und ihm gedankt dafür, daß alles ſo harmoniſch hier abgelaufen ſei. Es war eine wahre Heerſchau, die hier ſtattgefunden hat, und ich freue mich beſonders, daß der Feſtzug ſo glänzend verlaufen iſt, der Feſtzug, der ſich gerade aus den Angehörigen jeder Stände zuſammenge⸗ ſetzt hat, welche heutzutage ganz beſonders vom Unglauben und vom Umſturz umworben ſind. Darum auch Ehre jenen Männern und Jünglingen, welche auf den Stra⸗ ßen Breslaus ein ſo erhebendes Bekenntnis ihres Glau⸗ bens abgelegt haben.(Beifall.) Und was mich ganz beſonders erfreut, das iſt, daß der junge Nachwuchs der gebildeten Stände eine ſo rege Teilnahme bewieſen hat, nicht allein an den Verſamm⸗ lungen, ſondern auch an den kirchlichen Feiern. Als ich am Montag im Dom durch die langen Reihen der Char⸗ gierten unſerer Studentenvereine ſchritt, hat es mich tief⸗ bewegt, und ich habe immerfort den Gedanken wiederholt: Das iſt nun die Hoffnung unſerer Zukunft, das ſind die zukünftigen Führer des deutſchen katholiſchen Volkes, die reden werden, wenn wir nicht mehr reden. Sie werden das katholiſche Werk fortſetzen, das ſie auf den Katholiken⸗ verſammlungen ſehen und hören. Ein tiefer Schatten hat ſich auf die Verſammlung gelegt. Während ihrer Tagung iſt einer Ihrer Ober- hirten von Gott zur ewigen Ruhe abgerufen worden, ein treuer Hirte ſeiner Herde. Er war aber auch ſeinen Mit⸗ brüdern ein treuer Mitarbeiter in allen katholiſchen Inter- eſſen, auch in den Intereſſen des Vaterlandes. Darum Ehre ſeinem Andenken! Und nun geliebte Verſammlung, wünſche ich Ihnen allen eine glückliche Heimfahrt. Möge Sie auf dieſer Heimfahrt begleiten der Segen Gottes, den ich jetzt im Verein mit meinen Mitbrüdern der Verſammlung erteile! Seine Eminenz erteilte darauf der Verſammlung den biſchöflichen Segen, den dieſe kniend entgegennahm. Mit einem Hoch auf den Herrn Kardinal und unter Abſingen des Tedeums fand dann die 56. Generalver— ſammlung der Katholiken Deutſchlands ihr Ende. Wochenrundſchau. s Die große alljährliche„Parade“ der Katholiken Deutſchlands, die in dieſem Jahre in Breslau, der ſchle⸗ ſiſchen Metropole, abgehalten wurde, wies einen nicht geringeren Glanz auf als alle ihre Vorgängerinnen. Daran kann auch der Neid der Gegner nichts ändern, und was die Zwergverſammlungen der Demokraten und Sozialdemokraten, die gegen die katholiſche Heerſchau proteſtieren wollten, angeht, ſo iſt deren Ergebnis der⸗ art geweſen, daß ſelbſt liberale Blätter faſt gar nicht von ihnen Notiz genommen haben. Umſoweniger haben wir es nötig, uns mit ihnen abzugeben. Die Katholiken⸗ verſammlung gab natürlich einigen wohlbekannten „Freunden“ des katholiſchen Volkes wiederum Gelegen- heit, mit ihren Ratſchlägen allzu voreilig zur Hand zu ein, um uns den Unterſchied zwiſchen katholiſch und ultramontan klar zu machen. Für dieſe Ratſchläge danken wir höflichſt, das katholiſche Volk weiß am beſten, was ihm nutzt und frommt. Neben der Breslauer Ka⸗ tholikenverſammlung lenkte noch zu Beginn der Woche die Zeppelinfahrt von Friedrichshafen nach Berlin die Aufmerkſamkeit der ganzen Kulturwelt auf ſich. Trotz der mehrfachen Unglücksfälle, hat ſie die großen Er⸗ rungenſchaften in der Lufttechnik vor Augen geführt. Kaiſer Wilhelm ehrte in der Reichshauptſtadt den„Be⸗ ſieger der Lüfte“, ſoviel er konnte. Am Montag begab ſich der Monarch an die Oſtſee zur Teilnahme an den Herbſtübungen der Hochſeeflotte, nach deren Beendigung eine Neubeſetzung der wichtigſten Poſten in der Marine bevorſteht.. 5 105 In Oeſterreich⸗ Ungarn dauern die Reibereien zwiſchen den Tſchechen und Deutſchen weiter. Selbſt in der Reichs hauptſtadt, in Wien, finden tagtäglich gegen⸗ ſeitige Provokationen ſtatt, die derart an Umfang zu⸗ nehmen, daß man beabſichtigt, den öſterreichiſchen Katho⸗ likentag, der nächſte Woche in Wien ſtattfinden ſollte, zu verſchieben. Die Jubelfeier in Tirol, zum Andenken der Freiheitskämpfe gegen die Franzoſen im Jahre 1809, nahm bei Anweſenheit des greiſen Monarchen einen glän⸗ zenden Verlauf. , Rußland machte weiterhin durch die Korruptions⸗ ſkandale in unliebſamer Weiſe von ſich reden. In Schweden hält der Streik noch an, trotzdem die Kaſſe der Streikenden äußerſt erſchöpft iſt. Dänemark kann ſich immer noch nicht über die Be⸗ feſtigungspläne einigen. Am Sonntag fand in Kopen⸗ hagen eine größere Demonſtration gegen den am meiſten angegriffenen neuen Kriegsminiſter Chriſtenſen ſtatt. Doch dürfte der König ihn ſchwerlich fallen laſſen. In England iſt die Budgetberatung noch nicht zu Ende. Die Hauptforderungen der Regierung, zwecks wei⸗ teren Ausbaus der Flotte, ſind aber bewilligt, und die Ausführungen des Miniſterpräſidenten Asquiths über die Erfolge der Reichsverteidigungskonferenz haben ohne Zweifel die Stellung des liberalen Kabinetts nicht wenig gefeſtigt. Frankreich hat weiterhin Pech Das franzöſiſche Torpedobootſyſtem wird man aber wohl kaum aufgeben. Auch die Unterſchlagungen und Dieb— ſtähle in den einzelnen Marinearſenals wollen anſchei⸗ nend nicht aufhören, trotz der Energie, mit der der neue Marineminiſter vorgeht. Spanien hat in den letzten Tagen mit etwas mehr Glück in Marokko den Kampf mit den Rifkabylen ge⸗ führt. Immerhin kann von entſcheidenden Erfolgen nicht die Rede ſein. Gegen die Anarchiſten im Lande geht der Miniſter des Innern äußerſt ſcharf vor. Ob es ihm aber gelingt, die unſauberen und gefährlichen Ele⸗ mente zu beſeitigen? 4 Auf dem Balkan drohen Kämpfe auszubrechen. blutige Revolte des wechſel zu verhüten. durch das mit ſeiner Marine. nach wie vor blutige In Griechenland gelang es, eine Militärs nur durch einen Kabinetts⸗ Das neue Miniſterium hat zwar 8 q Verſprechen, den Willen der Offiziere zu re⸗ ſpektieren, die Ruhe wieder hergeſtellt, aber es gärt trotz aller Dementis weiter. Auch die türkiſche Regie⸗ für die Leitung der Verſammlungen dem hochverdienten Präſidenten(Stürm. Beifall), beſonders auch im Namen man noch keineswegs etwas von der fungtürkiſchen Ver⸗ faſſung wiſſen. Die Separationsgelüſte haben im Ge⸗ genteil noch zugenommen. In Mazedonien drohen die Nationaliſtenkämpfe aufs neue auszubrechen, und in Vemen wurden weitere Verſtärkungen nötig. Perſien läßt auch wieder etwas von ſich hören. Na⸗ türlich ſind unter den Nationaliſten jetzt, nachdem ſie den alten Schah beſeitigt haben, darüber Differenzen ent⸗ ſtanden, wer den größten Happen von der Regierungs⸗ krippe bekommen ſoll. Die Ruſſen und Engländer ver⸗ künden ſchon, daß ſie wiederum„intervenieren“ wollen. 8 144A 5 5 Politiſche Rundſchau. (1) Der Finanzminiſter Frhr. v. Rheinbaben konnte am Freitag auf eine 10 jährige Tätigkeit als preußiſcher Miniſter zurückblicken. (7) Kein Wechſel im Marinekabinett. Wie offiziös verlautet, entbehren die Gerüchte über eine Erkrankung des Chefs des Marinekabinetts, Vizeadmirals v. Müller, und über die weiter hieran geknüpften Veränderungen im Marinekabinett jeder Begründung. Der einzige Poſten, der im Marinekabinett in nächſter Zeit neu zu beſetzen wäre, iſt der des verſtorbenen Abteilungschefs Fregatten⸗ kapitäns v. Rothkirch und Panthen, doch iſt über deſſen Nachfolger noch nichts beſtimmt. 5 (7) Die Anarchiſten nehmen in ganz bedenklicher Weiſe an Zahl bei uns zu. Eine anarchiſtiſche Jugend⸗ organiſation iſt in aller Stille in Berlin begründet wor⸗ den. Berlin zählt gegenwärtig etwa 500 organiſierte Anarchiſten, die früher meiſt der Sozialdemokratie an⸗ gehörten, denen aber das Tempo der ſozialdemokratiſchen Führer„zur Vernichtung der politiſchen und ökonomi⸗ ſchen Macht“ zu langſam iſt. Nun haben die Anarchiſten auch eine Jugendorganiſation begründet, der ſchon an 50 Mitglieder angehören. Alle mußten ſich feierlichſt verpflichten, in den Werkſtätten und bei ſonſtiger paſſen⸗ der Gelegenheit für den Anarchismus Propaganda zu machen. Dies zeigt aufs neue, mit welchem Eifer die Gegner an der Vergiftung unſerer Jugend arbeiten. () Eine höchſt überflüſſige Vortragsreiſe will Tolſtoi, der ruſſiſche Friedensſchwärmer, unternehmen. Leo Tol⸗ ſto! wurde von dem ruſſiſchen Parlamentarier Struwe beſucht, dem er mitteilte, er habe aus Berlin das An⸗ erbieten erhalten, ſeinen, für den verſchobenen Stock⸗ holmer Friedenskongreß beſtimmten Vortrag in Berlin zu halten. Der Berliner Unternehmer habe ihm, Tol⸗ ſtoi, in beſtimmteſter Form verſichert, daß die Berliner Polizei nicht als Zenfor Tolſtois auftreten wolle; er werde im klaſſiſchen Lande des Militarismus nicht ge⸗ hindert werden, ſeine Anſichten über den Krieg und den Militarismus auszuſprechen. Der Unternehmer hat To⸗ ſtoi für einen einſtündigen Vortrag ein Honorar von 5000 Francs angeboten und die Bedingung geſtellt, daß der ruſſiſche Philoſoph zehn Vorträge halten ſolle. Wenn Tolſtoi den Vorſchlag annimmt, wird ihm der volle Be⸗ trag ſofort angewieſen. Tolſtoi hat noch keine defini⸗ tive Entſcheidung getroffen. Die Berliner Polizei dürfte auch ſchwerlich einem ſolchen Tournee ruhig zuſehen. );(Beſchwerden däniſcher Fiſcher gegen Deutſchland. Nach Meldungen aus Kopenhagen hielt Kapitän Heſſel von dem däniſchen Kanonenboot Krieger ein Verhör über die Fiſcher in Nyſted ab, deren Netze durch deutſche Kriegsſchiffe zerſtört wurden. Der Schaden iſt auf 3000 Kronen veranſchlagt, für die das Landwirtſchaftsminiſte⸗ rium Erſatz bei der deutſchen Regierung fordern wird. Eu roväiſches Ausland. * Der ſchwediſche Typographenſtreik ſcheint bisher un⸗ geahnte Folgen nach ſich zu ziehen. Bekanntlich haben die ſchwediſchen Buchdruckereibeſitzer eine Klage auf Scha⸗ denerſatz wegen Kontraktbruches gegen die Mitglieder der Typographenfachvereine eingeleitet. Der Fachverband hat deshalb ſein ganzes Vermögen, etwa eine halbe Million Kronen, an den däniſchen Typographenfachverband über⸗ führt gegen die formelle Verpflichtung, daß der däniſche Verband die Verpflichtung zur Unterſtützung des ſchwe⸗ diſchen Verbandes übernimmt. Dieſe formelle Uebertra⸗ gung halten aber die ſchwediſchen Arbeitgeber für null und nichtig und haben deshalb heute gerichtliche Schritte gegen die Geſchäftsführer des däniſchen Verbandes in Kopenhagen eingeleitet.„ e eee eee Schweden.. 2 Der ſchwediſche Generalſtreik verliert immer mehr an Boden in der Arbeiterſchaft. Am Mittwoch haben 750 Arbeiter der Aktiengeſellſchaft Separator in Stockholm die Arbeit wieder aufgenommen. Auch aus einigen Plätzen in der Provinz liegen Nachrichten vor, daß die Arbeit wieder aufgenommen ſei. Frankreich. Während einer Inſpektion, die der Generalinſpek⸗ teur der Armee in Saint Cyr vornahm, entdeckte er das Verſchwinden einer elektriſchen Exploſionskapſel, die dazu dient, Minen zur Exploſion zu bringen und die in den Bureaus des Forts von Saint Cyre deponiert war. Man bringt dieſes Verſchwinden der Kapſel in Zuſammenhang mit dem Verſchwinden des Soldaten Char⸗ lier, der ſeit einigen Tagen vermißt wird. Das Blatt „Petit Pariſien“ erklärte, die Sicherheitsbehörden ſeien überzeugt, daß die letzthin aufgedeckten Spionageaffären in Nanch, Bourges, Chalons, Reims, Sedan und Ver⸗ ſailles in innerem Zuſammenhang miteinander ſtehen und ſetzt dieſe Spionagen auf das Konto eines— Deut⸗ ſchen namens Schwarz, der vor einiger Zeit auch ver⸗ haftet worden wäre, wenn er es nicht bei der Feſtnahme des Verraters Taſſin für gut befunden hätte, ſich über die Grneze zu machen. 8 n Serbien.. * ? Das ſerbiſche Kabinett mußte trotz aller Bemühun⸗ gen den ſerbiſchen Chauviniſten weichen. Infolge neuer⸗ licher Differenzen in der Miniſterſitzung vom Mittwoch unterbreitete die Regierung dem König endgiltig ihre Demiſſion. Der König berief hierauf Paſitſch und Sto⸗ janowitſch zur Kabinettsbildung, die beide eine 24 ſtündige Bedenkzeit erbaten. Griechenland. 2 Eine Gegenbewegung gegen die griechiſchen Offiziere, die in Athen revoltiert und das Kabinett geſtürzt haben, ſcheint jetzt in einem Teil des Offizierkorps der grie⸗ chiſchen Armee einzuſetzen. Angeblich ſollen die Offi⸗ ziere, die an der Revolte nicht beteiligt waren, die Bil⸗ „ 2 N —— rung hat noch genug zu tun, um geordnete Zuſtände im Innern des Reiches herbeizuführen. In Albanien will — 9 dung eines Oppoſitionsvereins anſtreben, der hauptſäch⸗ lich gegen die Aufhebung des Generalkommandos ar⸗ beiten will, aaa a —— 2 —̃ p— Aus Stadt und Land. 1 51 Das Reichsluftſchiff wieder in Friedrichshafen. Das Luftſchiff„Z. 3“ war auf ſeiner Fahrt nach Fried⸗ richshafen Donnerstag Mittag über Bayreuth geſichtet worden. Um 3 Uhr 30 Minuten flog der über Nürnberg hinweg. Oberingenieur Dürr gab durch eine Kartenpoſt die Nachricht, daß eine Landung in Nürn⸗ berg nicht beabſichtigt ſei. Die Einwohner Nürnbergs begrüßten das Luftſchiff mit Tücherſchwenken. Die Fahrt ging über Gunzenhauſen, Nördlingen, Neresheim und Ulm, wo er mit Glockengeläut empfangen wurde. Die Spitze des Turmes war bengaliſch beleuchtet. Um acht Uhr 25 Minuten wurde Biberach paſſiert. Dann ging es in glatter Fahrt zum Bodenſee. Die Fahrt des Luft⸗ ſchiffes mit ungleichen Propellern und mit verſchiedener Kraftübertragung erfolgte bis Nürnberg mit einer Durch- ſchnittsgeſchwindigkeit von nur 18 Kilometer in der Stunde, von Nürnberg bis Nördlingen machte„Z. 3“ eine ſchnellere Fahrt mit etwa 35 Kilometern in der Stunde. Offenbar waren die Windverhältniſſe anfangs ſehr ungünſtig. Nun ruht das Fahrzeug nach ununter⸗ brochener dreiundzwanzigſtündiger Fahrt wohlgeborgen in der Halle. Graf Zeppelin erwartete die Luftſchiffer in Manzell. *Die Cholera in Holland. Die Oberpflegerin der Cholerakranken in den Baracken in Rotterdam iſt plötz⸗ lich geſtorben. Der von Riga kommende Dampfer Egeria iſt in Hoek van Holland unter Beobachtung geſtellt wor⸗ den, weil ein Mann der Beſatzung unter choleraverdächti— gen Erſcheinungen erkrankt iſt. Nach einer Bekannt⸗ machung des Bürgermeiſters befinden ſich 20 Sher kranke in den Bäracken. Es iſt kein weiterer Todesfall ernſt, on Das Befinden von zwei Kranken iſt ſehr ern t, von zwei anderen leidlich und bei den übrigen befriedigend. Alle iſolierten Perſonen ſind geſund. Die Urſache der Erkrankung liegt hauptſächlich in dem Ge—⸗ nuß von unfiltriertem Flußwaſſer. Der Bürgermeiſter rät, ſich nicht über die große Zahl der durch die Blätter veröffentlichten verdächtigen Fälle zu beunruhigen, da ſie zum größten Teil keine Cholera und in keiner Weiſe bedenklich ſeien. In Utrecht iſt die Frau eines Schiffers aus Rotterdam geſtorben. Der bakteriologiſche Befund ergab Cholera. me ue Das katholiſche Waiſenhaus in Newyork iſt, wie letzthin berichtet, von einer Feuersbrunſt heimgeſucht wor⸗ den, die das aus Holz errichtete Gebäude in weniger als einer Stunde in Aſche legte. Dabei ſind zehn der Zög— linge, trotz der verzwleifelten Anſtrengungen der Schweſtern, in den Flammen umgekommen. Die Opfer ſind Kinder von 2 bis 6 Jahren, die bereits zu Bett gebracht waren, als das Feuer in der unter dem Schlaf⸗ ſaal liegenden Waſchküche zum Ausbruch kam. In kur⸗ zer Zeit war die Decke durchgebrannt, ſo daß die Un⸗ glücklichen in das untere Stockwerk fielen. Dank der aufopfernden Rettungstätigkeit der wenigen Schweſtern, die ſich in den Schlafſälen befanden, gelang es, 606 Kinder in Sicherheit zu bringen, die gewaltſam aus den Betten geriſſen und bündelweiſe durch die Fenſter ins Freie befördert werden mußten. Das Rettungswerk ge— ſtaltete ſich um ſo ſchwieriger, als ſich die meiſten der Kleinen beim Anblick der Flammen in ihrer Todesangſt in die Betten verkrochen. Bei dem raſchen Umſich⸗ greifen des Feuers, das in der alten Holzkonſtruktion des Innenbaues überreiche Nahrung fand, betätigten ſich die Schweſtern als wahre Heldinnen, die inmitten des erſtickenden Qualms und der lodernden Flammenglut mit Todesverachtung ihres Rettungswerkes walteten und das Menſchenmögliche taten, um die ihrer Obhut anver⸗ trauten Zöglinge dem Tode zu entreißen. Einem ſchweren Verbrechen kam die Wiener Poli⸗ zei auf die Spur. Ein 15 jähriger böhmiſcher Tiſchler⸗ lehrling wollte ein Fahrrad verſetzen. Von einem Schutz⸗ mann geſtellt, geſtand er, das Rad ebenſo wie einige Uhren und andere Wertgegenſtände ſeinem Meiſter in Kralup entwendet zu haben, weil er mit dem Erlös in die Marine eintreten wollte. Auf eindringliches Be⸗ fragen geſtand er ſchließlich, der wahre Grund ſeiner Flucht aus der Heimat ſei ſeine Meiſterin. Sie laſſe ihm keine Ruhe und verlange, daß er dem Meiſter um einen Lohn von 200 Kr. ermorde, damit die Frau ihren Liebhaber heiraten könne. Erſt ſollte er ihn erſchießen, dann Gift kaufen und giftige Pflanzen im Wald ſam⸗ meln, wobei ihm ſeine Mutter und Schweſter behilflich waren. Nachfragen in Kralup ergaben, daß die Angaben vollſtändig auf Wahrheit beruhen. Alle Beteiligten wur⸗ den verhaftet. ** Schneefall in Berlin. Mittwoch nachmittag rieſelte in der Reichshauptſtadt, als der Himmel zum ſo und ſo⸗ vielten Male ſeine Schleuſen öffnete, auf die im Som⸗ merkleide prangende Erde leichter Schnee hernieder, um ſogleich in dem naſſen Erdreich ſich aufzulöſen. Wiſſen⸗ ſchaftlich iſt das Schauſpiel dadurch zu erklären, daß ſich in den höheren Luftſchichten eine ſtarke Depreſſion geltend gemacht hat. Wenn nun dort die Menge des Waſſerdampfes und des Staubes nur gering iſt, bildet ſich Schnee. Die Abkühlung der letzten Tage iſt teil⸗ weiſe durch die Eruptionen der letzten Jahre zu erklären. Infolge dieſer Naturereigniſſe weiſen die höchſten Schich- ten der Atmoſpäre eine größere Staubdurchſetzung auf, und die Wirkung der Sonnenſtrahlen erfährt eine we⸗ ſentliche Beeinträchtigung. ** Die Sahara und die Ausnutzung der Sonnen⸗ ſtrahlen. Unbegrenzte Möglichkeiten für die Entwickelung der Menſchheit bietet ein Zukunftsbild, das der be⸗ rühmte engliſche Phyſiker und Nobel-Preisträger Sir Joſeph J. Thomſon, der Profeſſor an der Univerſität Cambridge, in einem Vortrag beim Kongreß der Britiſh Aſſociation in Winnipeg entwarf. In großen Zügen ließ der Gelehrte das Bild einer künftigen Welt er⸗ ſtehen, in der die Sonnenſtrahlen alle Arbeit des Menſchen verrichten werden, wo Fabriken und Induſtrien ihre Kräfte der Sonne entlehnen, und wo die Sahara zu einem mächtigen Zentrum induſtriellen Schaffens geworden ſein wird.„Nicht allzufern iſt der Tag“, ſagte Sir Thom⸗ ſon,„da die Ausnutzung der Sonnenſtrahlen unſer Leben revolutionieren wird. Von der Abhängigkeit von Kohle und Waſſerkraft befreit ſich der Menſch, und alle großen Städte werden umringt ſein von gewaltigen Apparaten, regelrechten Sonnenſtrahlenfallen, in denen die Sonnen⸗ wärme aufgefangen und die gewonnene Energie in mäch⸗ tigen Reſervoirs aufgeſtaut wird.“ Auf Grund der neuen is über das Weſen der Elektrizität ſtellte der elehrte eine„molekulare Theorie der Elektrizität und eine Theorie von der Zuſammenſetzung der Materie“ auf und führte dann aus:„Wir müſſen bedenken, daß wir auf dieſer Erde nicht aus eigener Kraft leben; von Mi⸗ nute zu Minute ſind wir abhängig von dem, was die Sonne uns gibt. Es iſt die Kraft der Sonne, die, in der Kohle, in den Waſſerfällen, in der Nahrung auf⸗ geſtapelt, alle Arbeit in der Welt verrichtet. Wie ge⸗ waltig dieſe Kraftabgabe iſt, die die Sonne über uns ausſchüttet, wird klar, wenn wir erwägen, daß die Wärme, die die Erde bei hoher Sonne und klarem Himmel empfängt, nach den Forſchungen von Langley einer Energie von 7000 Pferdekräften für den Aere gleich- kommt. Wenngleich unſere Ingenieure einſtweilen noch nicht den Weg gefunden haben, dieſe rieſenhafte Kraft⸗ quelle auszunutzen, ſo zweifle ich doch nicht, daß ihnen dies ſchließlich gelingen wird. Wenn einſt die Kohlen⸗ vorräte der Erde erſchöpft ſind, wenn die Waſſerkräfte unſerem Bedürfnis nicht mehr genügen, dann werden wir aus jener Quelle alle Energie ſchöpfen, die notwendig iſt, um die Arbeit der Welt zu vollenden. Dann wer— den die Zentren der Induſtrie in die glühenden Wüſten der Sahara verlegt werden, und der Wert des Landes wird danach gemeſſen, inwieweit es geeignet iſt für die Aufſtellung der großen„Sonnenſtrahlenfallen“. ** Gift ſtatt Medizin. Einer verhängnisvollen Ver⸗ wechſlung iſt eine in Verviers auf Beſuch weilende Dame zum Opfer gefallen. Sie wurde auf der Straße von einem Unwohlſein ergriffen und erbat ein Linderungs⸗ mittel in der Apotheke. Verſehentlich ergriff ſie ein Päckchen mit Gift, das der Apotheker zum Abholen be⸗ reitgelegt hatte. Der Apotheker lief der unbekannten Dame nach, um ſie über den verhängnisvollen Irrtum aufzuklären, traf ſie aber nicht mehr. Zu Hauſe an⸗ gekommen, nahm die Dame das Pulver und ſtarb unter heftigen Krämpfen nach kurzer Zeit. een, * Aus dem Automobil geſchleudert wurde der fünf⸗ undzwanzigſte der Barone von Clifford in dem Bemühen, zwei Marktwagen mit ſeinem Automobil auszubiegen. Er wurde durch ſcharfes Anziehen der Bremſe aus dem Wagen geſchleudert und getötet. Lord Clifford war erſt 25 Jahre alt und machte durch ſeine Verheiratung mit einer jungen amerikaniſchen Schauſpielerin, Miß Carring⸗ ton, viel von ſich reden. Er hinterläßt aus dieſer Ehe einen 1907 geborenen Sohn, der ſeinen Vater in Titel und Beſitz beerbt. Die Geſchichte der bis ins dreizehnte Jahrhundert zurückreichenden Familie Clifford iſt ſehr romantiſch, und gewaltſame Tode ſind in ihr nichts Sel⸗ tenes. Die Familie wäre längſt ausgeſtorben, wenn der Titel nicht auf weibliche Mitglieder verſchiedentlich über— gegangen und ſo erhalten worden wäre. ate * 600 Perſonen tot. In Beſoeki im Südoſten von Java haben verheerende Ueberſchwemmungen großen Schaden verurſacht, 600 Eingeborene ſollen das Leben eingebüßt haben. Die Eiſenbahnbrücken wurden fort⸗ geſchwemmt. Die Ernte iſt zum Teil vernichtet. : Der Bornimer Raubmörder verhaftet. Der 29⸗ jährige Schriftſetzer Max Hackradt, der am Freitag, den 27 Auguſt, in Neu⸗Bornim bei Potsdam die 78jährige Joſefine Rudolphi in räuberiſcher Abſicht ermordete, iſt in Allach bei München verhaftet worden. Hackradt iſt geſtändig. 2 5 3 5 Der Nordpol entdeckt? Die Verwaltung der grön⸗ ländiſchen Kolonien hat von dem Inſpektorat von Nord— grönland folgendes Telegramm erhalten, das von Ler— wik abgeſchickt worden iſt:„Dr. Cook hat am 21. April 1908 den Nordpol erreicht und traf im Mai 1909 von Kap York aus in Uperniwik ein. Die Bewohner von Kap Vork beſtätigten dies durch den Grönlandfahrer Knut Rasmuſſen.“ Dr. Cook iſt augenblicklich an Bord des grönländiſchen Handelsſchiffes„Hans Egede“, das am Samstag in Kopenhagen erwartet wird. Cook hat als Arzt an der Peary⸗Expedition(189192) und an der belgiſchen Südpolexpedition(1897⸗99) teilgenommen. Er iſt am 10. Juni 1865 geboren und hat über die„Bel⸗ gica“-Expedition ein Buch geſchrieben, das auch ins Deut⸗ ſche überſetzt worden iſt. Er war auch der erſte, der den Mont Me. Kinley in Alaska beſtiegen hat. Im Sommer 1907 zog der Forſcher mit einer primitiven Ausrüſtung des Nordpols aus. Er fuhr mit einem kleinen Schoner nach Grönland, nahm etwa 30 Kilometer nördlich von Etah am Smithſund an der grönländiſchen Weſtküſte Auf⸗ enthalt und machte von hier aus einen Vorſtoß zum Nordpol. Zwei Eskimos und ein Schlitten mit Lebens⸗ mitteln begleiteten ihn. Man hatte für ſein Leben ſchon zu fürchten begonnen, als ein Jahr ohne Lebenszeichen verſtrichen war. Darum wurde eine Hilfsexpedition vom „Arctie Klub“ in Newyork ausgerüſtet. Aus Nah und Fern. Birkenau, 3. Sept. Nachdem unſere Wirte den Preis des Bieres für 0,3 L. auf 10 Pfg., 0,4 L. auf 12 Pfennig und 0,5 L. auf 15 Pfg. feſtſetzten, haben ſie nun auch den Preis des Flaſchenbieres von 20 Pfg. auf 22 Pfg. erhöht. § Nieder Liebersbach, 3. Sept. Da unſer lang- jähriger Gemeinderechner, Herr Arnold aus Mörlenbach, wegen vorgerückten Alters ſein Amt niederlegte, wurde dieſe Stelle nunmehr dem hieſigen Gemeinderatsmitglied, Herr Joh. Helfert 3., übertragen. Die gleichfalls erledigte Unterer- heberſtelle erhlelt der Buchbinder Herr Mich. Geiß zu Birkenau. — Maunheim, 3. Sept. In letzter Zeit mehren fich die Unfälle infolge Abſtürzens in ganz erheblichem Maße. Geſtern ſtürzte die Ehefrau des Steinhauers Anton Simon, wohnhaft Kleine Wallſtadtſtraße 28, beim Fenſterputzen im Schlacht⸗ und Viehhofe aus einem Fenſter des zweiten Stockes auf das Pflaſter. Der bedauernswerten Frau wurde der Schädel zerſchmettert Der beordnete Krankenwagen kam bald wieder leer zurück, da die Verunglückte inzwiſchen geſtorben war. — Laubenheim, 3. Sept. Geſtern nacht hat hier ein furchtbarer Brand gewütet. Gegen 2 Uhr wurde das Feuer in dem Hauſe des Vorſtehers Heinrich Bock zuerſt entdeckt. Die Stallungen und Scheunen brannten nieder. Darauf griff das Feuer auf die benachbarten Wohnungen über und zerſtörte etwa 12—16 Gebäude. Schaden iſt bedeutend. Die Feuerwehren von Laubenheim, Langenlons⸗ heim und aus anderen Ortſchaften hatten die ganze Nacht gearbeitet und erſt heute gegen Mittag konnte der Brand gedämpft werden. Da ſich in den Scheunen viel Getreide 8 befand, ſo hatte das Feuer reiche Nahrung. Die Entſtehungs⸗ urſache iſt noch unbekannt. — Oppenheim, 3. Sept. Am Sonntag ging ein hier beſchäftigter Gehilfe mit einem Freund auf der Lands⸗ krone ſpazieren und erzählte dabel, er ſei dieſer Tage billig zu einer goldenen Uhr mit ſilberner Kette gekommen. Der gerade vorübergehende Gendarm, von dem Erzähler nicht be⸗ achtet, brachte den Gehilfen zur Anzeige. Bei der Unterſuchung 5 ſich, daß er Uhr und Kette im Badehaus geſtohlen atte. Mainz, 3. Sept. Eine von mehreren hundert Wirten abgehaltene Verſammlung beſchloß, an dem Aufſchlag des Bierpreiſes feſtzuhalten. — Mainz, 3. Sept.„Grau is bekanntlich alle Theorle, praktiſch muß de Menſch ſei'!“— ſo plauderte ein alter Mainzer. Daß die A'ſicht aach uff annere Gebiete duͤchtige Vertreter hott, hab ich erſcht die Dage wider erfahre. In Meenz bin ich Owends am Flachsmark vebei gange, do ware ſchtücker ſechs a'g'heiterte Maurersg'ſelle beiſamme g'ſchtanne unn hawe polidiſtert. Eener davon muß ſcheints nit in de Verein el'trete wolle, dann dem hawe ſe klar zu mache g'ſucht, daß des notwendig wär. Wie der Mann awer ghört hott, daß'r mitthelfe ſollt,„s Kapftal zu bekämpfe“, do hott er ſich ſchtolz in die Bruſcht geworfe unn g'ſagt: „Geht mer los mit eierm babierne Kram do, ich hab 8 Kapital vun jeher bekämpft, awer praktiſch, verſchtanne, vun mir hott noch keener Bezahlung kriegt, wann'r mer ebbes 20 15. hott; do könnt'r üwerall noochfroge!“— Aach nit üwe — Mainz, 3. Sept. Vor 14 Tagen droſch der Dreſchmaſchinenbeſitzer Schröder in der Hechtsheimer Ge⸗ markung Frucht. Dabei hatte ſich der Arbeiter Kormatzi be- trunken herumgetrieben. Er wurde mehrmals weggeſchlickt, kehrte aber immer wieder. Dann war er verſchwunden. Geſtern machten beim Staatsanwalt zwei Dreſchmaſchinenar⸗ beiter die Axzeige, daß er unter das gedroſchene Stroh geraten und erſtickt ſei. Die Staatsanwaltſchaft nahm eine Unterſuchung vor. Dabei fand man die verweſte Leiche. Nun ſollten die Anzeiger vernommen werden; aber beide waren flüchtig. Man vermutet, daß Kormatzt abſichtlich in den Strohhaufen gebracht worden iſt. * Offenbach, 3. Sept. Mit dem 1. September trat hier die Bierpreiserhöhung in Kraft, ſodaß 0,25 Liter für 10, 0,3 Liter zu 12, 0,4 Liter zu 14, 0,5 mit 17 Pf., Flaſchenbier zu 21 bezw. 12 Pf. verkauft werden. Gleichzeitig ſetzte damit aber auch der von dem Gewerkſchaftskartell und dem Sozialdemokratiſchen Verein beſchloſſene Boykott gegen Bier und Branntwein ein. — Ettlingen, 1. Sept. Geſtern abend hielt die Freiwillige Feuerwehr an der Feſthalle eine Alarmübung ab. Hierbei kam auch das Sprungtuch zur Anwendung. Leider ſollte die Uebung nicht ohne Unfall vorbeigehen. Gegen halb 10 Uhr ſprang Wehrmann Wimmer aus einer Höhe von 8 Meter in das Sprungtuch und zog ſich ſchwere Verletzungen zu. Marktbericht. — Seckenheim, 1. Sept. Der geſtrige Schweinemarkt war mit 101 Stück befahren, von denen 80 Stück zum Preiſe von 23 bis 30 Mark pro Paar verkauft. Für die Redaktion verantwortlich: Wilh. Bingener, Viernheim Katholiſche Gemeinde Fürth. Sonntag: Früh 6 Uhr Beichtgelegenheit. 7 Uhr Frühmeſſe. 9 Uhr Hochamt. Nach demſelben Chriſtenlehre fur die Fllialiſten. Nachm. 1/2 Uhr Chriſtenlehre und Andacht. Um ½7 Uhr Roſenkranz. deueſte Singer hähmaſchine 0 Glüh- Strümpfe Rrone, verriegelt die Naht am Ende, auch vor- u. rückwärts nähend. werden teuerer, decken Sie daher Ihren Bedarf, ** 8 veltbekannte Nähmasch.- Die bGrossfirma H. Jacubsohn, Berlin, bevor die neue Steuer in Kraft tritt bei e 5 i Reichseisenbahn-Be- Georg Oexle Flora Drogerie Rathausſtraße 15 und 68. 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