bannt. huhe, M. 0,80 . 140 M. 120 . 260 Ml. 3.30 , Schnüt⸗ leber Rohr. ahl zun känkt wollen. f e. I 1 9. an 1 el ſtraße. de nuten Piernheimer Jeitung⸗ Erſcheint dreimal wöchentlich Nienflags, Dennerſtags u. Samſtags mit den Beilagen: „Sonntagsblatt u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: 30 Pf. monatkich einſchkießl. Trägerlohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteljährl. Telephon⸗Nuf 20. liernhei mer Amtsblatt der Großherzaglichen Fürgermeiſterei Viernheim. Derbreitetſte und geleſenſte Jeitung in Viernheim daher beſtes und wirkſamſtes Inſertions⸗ Organ. — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— Anzeiger Viernheimer Nachrichten. Anzeigenpreis: 12 Pfg. die 1⸗ſpaltige Petit⸗Zeile. Lokal⸗Anzeigen 10 Pfg. Reklamen: 80 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt Telephon⸗Ruf 20. Nr. 124. Ein idealer Vertreter des Liberalismus. Der„Sozialiſt von geſtern“, der ehemalige Um- ſtürzler und jetzige franzöſiſche Miniſterpräſident Briand, macht den Leuten alle Ehre, die heute den Revolutionär Ferrer als einen Märtyrer und Heroen vergöttern. Bri⸗ and iſt einer von denen, die die eigenartige Fähig⸗ keit beſitzen, ihren Charakter zu wechſeln, ſo oft es ihnen den Verhältniſſen entſprechend angebracht erſcheint. Dafür ein Beiſpiel. Am 13. November 1901 begann Briand ſeine Verteidigungsrede für den Herausgeber des anti⸗ militariſtiſchen Blattes„Pioupiou de l'Yonne“, Guſtav Herve, mit folgenden Worten: Es iſt nicht allein eine Anwaltspflicht, die ich nun erfülle, ſondern auch die eines Freundes, der ſich in vollkommener Ideengemeinſchaft mit den Anweſenden befindet. So iſt mir meine Aufgabe nicht allein leicht, ſondern ſogar angenehm gemacht. Und am 24. November 1903 lautete der Anfang des Plaidoyers für denſelben Antimilitariſten: Es iſt zum dritten Male, daß ich bei dieſem Gericht die Verteidigung des„Pioupiou de l'Yonne“ und ſeiner Redakteure übernommen habe. Ich erkläre gern, daß nicht eine zufällige Kundſchaft mich hierher geführt hat, daß ich heute nicht ein für ſeine Klienten eintretender Anwalt bin. Ich bin hier in voller und unbe⸗ ſchränkter Ideengemeinſchaft mit Freu⸗ den, deren Freiheit zu verteidigen mir weniger ob⸗ liegen wird, als ihre Gedanken und Schriften zu er⸗ klären und zu rechtfertigen. Alſo noch im Jahre 1903 gehört der jetzige famoſe Miniſterpräſident einer Geſellſchaft an, die dazu aufge⸗ fordert hatte,„die franzöſiſche Fahne in einen Miſt⸗ haufen zu begraben“— und heute, nach 6 Jahren, iſt er der„liberale“ Leiter der Geſchicke des franzöſiſchen Volkes, der, nach dem Ausſpruche des Sozialiſten Jaures, das Wort„Sozialismus“ noch nicht einmal mehr aus⸗ zuſprechen wagt! Recht intereſſant für die ehrenhaften Charaktereigen⸗ ſchaften des ehemaligen Revolutionärs iſt weiterhin ſeine Vergangenheit, über die Leon Daudet intereſſante Ein⸗ zelheiten mitteilt. Er bringt nämlich in der„Action francaiſe“ den Einwohnern der Stadt Perigueux den „Bürger“ Briand, der bald in ihrer Mitte erſcheinen ſollte, folgenderweiſe in„empfehlende Erinnerung“: Die Einwohner von Perigueux, welche nächſten Sonntag die Freude haben werden, den Kabinettschef Ariſtide Briand in ihren Mauern zu beherbergen, ſollen wiſſen: 1. Daß der beſagte Ariſtide Briand, Sohn des Beſitzers zweier berüchtigter Kneipen in Nantes und Saint⸗Nazaire(Sports und Descente du Morbihan), ſeine Jugend damit verbrachte, für die un⸗ alücklichen Sängerinnen dieſes„Veranüaunas“- Eta⸗ bliſſements Kunden zu kapern. 2. Daß ferner der beſagte Ariſtide Briand als Anwalt zu Saint⸗Nazaire eines öffentlichen Vergehens gegen die Sitt⸗ lichkeit überführt und von den beiden Gerichten zu Redon und zu Rennes zu einem Monat Gefängnis und zu 200 Francs Geldſtrafe verurteilt wurde. Im Reviſionsverfahren wurde er nachher in Poitiers aus politiſchen Gründen freigeſprochen, aber auch hier hat der Staatsanwalt ausdrücklich erklärt, daß Briand voll- ſtändig dem Verkehr mit Weibern ver⸗ fallen ſei und allen ſittlichen Halt ver⸗ loren habe. 3. Daß Ariſtide Briand durch dieſe Schmach auf die politiſche Laufbahn gedrängt wurde und ſich zum Revolutionär und Antimilita⸗ riſten aufwarf, den Generalausſtand, für den Kriegs- fall Fahnenflucht und Ermordung der Offiziere pre— digte, dreimal Guſtav Herve verteidigt und ſich mit ihm vollſtändig ſolidariſch erklärt hat. 4. Daß er wegen ſeiner ſchmachvollen Vergangenheit von den Freimaurern as„Mädchen für allles“ auserſehen wurde, raſch die Stufen der„Ehren“ erſtieg und ſich nun heftig gegen die Unglücklichen wandte, die er fortgeriſſen, aufge⸗ wiegelt und betrogen hatte. Er erteilte ſeine volle Einwilligung zu den Metzeleien in Narbonne und in Villeneuve und hoffte ſo zum„Konſervativen“ vom Volk geſtempelt zu werden. 5. Daß Ariſtide Bri⸗ and, ein alter Freund der Madame Stein- heil, durch die Mordaffäre im Impaſſe Ronſin ſchwer in Verlegenheit geriet, ſich aber durch die Ernennung ſeines Geſinnungsgenoſſen Joſef Leydet, der gleichfalls in dieſe famoſe Schwindlerin verliebt iſt, zu helfen wußte.— Das ſind die bekannteſten Einzelheiten aus dem Leben des unverfrorenen Banditen, der am Sonntag vor dem Kriegerdenkmal der Dordogne auftreten wird. Aber es gibt noch anderes Material, das zur rechten Zeit veröffentlicht wird. Ein reizender Menſch, der Herr Briand! Ferrer der Abgott, und Briand ein„hervorragender“ Vertreter des Liberalismus; die beiden ſind dieſer Geſellſchaft würdig! Der neue ſozialdemokratiſche Sieg Die Sozialdemokraten freuen ſich ſchon wieder über einen für ſie angenehmen Ausgang einer Reichs⸗ tagswahl. Bei der Reichstagsſtichwahl in Koburg erhielten Dr. Quarck(ntl.) 6290 und Zietſch(Soz.) 6843 Stimmen. Letzterer iſt ſomit gewählt.— Bei der Hauptwahl am 11. Oktober waren abgegeben 3445 nationalliberale, 6183 ſozialdemokratiſche und 3043 frei⸗ ſinnige Stimmen.— Dieſer Ausgang kommt ſomit durch⸗ aus unerwartet, zumal es doch bei der Hauptwahl auch noch bürgerliche Stimmen aus dem konſervativen Lager gegeben hat, die ganz beſtimmt für Dr. Quarck, einen als Juriſten hochangeſehenen Mann, den Sohn des frühe— ren Vertreters des Wahlkreiſes, eingetreten ſind. So 23. Jahrgang. zeigt ſich auch hier wieder die Wirkung der Steuerhetze, die von ſozialdemokratiſcher und liberaler Seite den ganzen Sommer hindurch getrieben wurde, freilich in einer für die Liberalen ſehr unangenehmen Richtung. Die Nationalliberalen haben in dem Geſchrei gegen die neuen Steuern ehrlich mitgetan. Selbſt ihre„vor⸗ nehmſten“ Blätter haben ſich nicht entblödet, zu den ſchmutzigſten Kampfesmitteln zu greifen, um das Centrum und die Konſervativen wegen der Bewilligung der neuen Steuern in den Kot zu ziehen. Zwar hat der freikonſer⸗ vative Abgeordnete Dr. Arendt, der wegen ſeiner Abſtam⸗ mung wohl in den weitaus meiſten Fragen auf das„frei“ in der Bezeichnung ſeiner Partei mehr Gewicht legt als auf das„konſervative“, in ſeinem farbloſen Leibblatte „Der Tag“ anerkannt, daß die neuen Steuern ziemlich genau dieſelben geworden ſein würden, wenn ſie der Block mit den Liberalen gemacht hätte; zwar wagt man auf liberaler Seite nicht zu leugnen, daß die gänz⸗ liche Ablehnung neuer Steuern eine direkte Kataſtrophe für das deutſche Reich bedeutet haben würde; trotzdem aber glaubte man mit der naturgemäßen Erregung, die jeder neuen Steuer zu folgen pflegt, im Trüben fiſchen zu können. Der Appell an die Steuerdrückeberger findet im Herzen des Volkes ja ſtets ein Echo. Alſo hetzte man darauf los in dem Glauben, politiſche Geſchäfte machen zu können. Man hetzte, was das Zeug halten wollte. Erſt in der letzten Zeit wurde es etwas ruhi⸗ ger; man hatte eben einſehen müſſen, daß die Sozial⸗ demokraten bei dieſem Hetzrennen um die Gunſt der Steuerdrückeberger auch den redetüchtigſten nationallibe⸗ ralen Parteiſekretären noch um einige Pferdelängen vor⸗ aus waren. In Koburg war man denn auch richtig ins Hintertreffen geraten. Anſcheinend iſt eine größere An⸗ zahl von freiſinnigen Stimmen dem Sozialdemokraten zugefallen. Die ehemaligen Blockbrüder trauen ſich eben in Steuerfragen ſelber nicht; im ſtillen Kämmerlein dan⸗ ken offenbar beide Gott von Herzen, daß das böſe Cen⸗ trum der Reichsnot durch ſein ſelbſtloſes Zugreifen ein Ende gemacht hat. Für die Nationalliberalen aber wird dieſer Wahlausgang hoffentlich eine erziehliche Lehre be⸗ deuten. Die Sozialdemokraten aber haben alle Urſache, ſich nicht allzuſehr dem Freudentaumel hinzugeben. Sie haben zwar in den letzten Tagen einigen Grund zur Freude: Im Königreiche Sachſen, wo ſie auf Grund des bis⸗ herigen Wahlrechtes ſo gut wie vollſtändig aus dem Landtage verbannt waren, haben ſie gleich 16 Man⸗ date von 91 Mandaten erobert, mehr als irgend eine andere Partei, und ſie ſtehen in nicht weniger als 53 Wahlkreiſen in der Stichwahl, ſo daß ſie wohl Ausſicht haben, ein Viertel aller Mandate zu erlangen. Im Großherzogtum Baden ſind von den 73 Landtagsmanda⸗ ten bei der Hauptwahl 21 dem Centrum, 10 den Sozial⸗ demokraten und 4 den bisher allmächtigen Nationallibe⸗ ralen und 1 den Demokraten zugefallen, und an den Stichwahlen ſind 29 Centrums- und 29 ſozialdemokrati⸗ Selbſtliebe. Roman von Conſtantin Harro. 22(Nachdruck verboten.) „Er kommt alſo als Bewerber um Ihre Hand nicht in Betracht?“ frohlockte Stein. „Das habe ich nun nicht geſagt!“ ängſtigte ſie ihn wieder. „Ich wollte nur Ihr Urteil über den Menſchen, ſagen wir über den Charakter, hören.“ „Da kann doch mein Urteil unmöglich kompetent ſein“, wich er aus.„Sie dagegen kennen den Herrn aus Ihren Kinder⸗ . „Eben deshalb“, fiel ſie ein.„Sie wiſſen: man hat von den Gegenſtänden, die man täglich ſieht, oft eine ſehr undeutliche Vorſtellung.“ „Allerdings wohl. mein Fräulein.“ „O, die iſt nicht weit her“, geſtand ſie offen ein.„Ich finde, wir können die Lebensführung anderer vortrefflich korrigieren, in der eigenen aber geſtatten wir uns die tollſten Rechenfehler...“ „Wieder eine tiefe Weisheit! ſind für Ihre Jahre unheimlich klug. fürchten...“ „Fürchten iſt gut!“ lachte ſie.„Dann hätten Sie mich aber väbſchreckend klug“ nennen müſſen. Das will ich zuweilen wirklich ſein.“ „Ich verſtehe“, ſagte er, nun doch tief beleidigt, indem er ſich den Auſchein gab, als wolle er ſich entfernen. Verzeihen Sie nur, daß ich Ihnen ſo lange ſchon läſtig gefallen bin.“ „Wir wollen Frieden ſchließen, Herr Stein“, ſprach da Etta, die heute das Alleinſein merkwürdig fürchtete. Seltſam weich, und mit bezauberndem Augenaufſchlag ſtreckte ſie dem freudig aufhorchenden Notar die weißen Fingerchen hin. Er nahm ſie: betroffen, ſtaunend, geradezu entzückt. Er hielt Ich bewundere Ihre Lebensweisheit, Mein gnädiges Fräulein, Sie Man muß Sie beinahe ſie auch einen Moment länger feſt, als gerade nötig geweſen, aber er wagte dieſe formvollendeten, warmen, weichen Finger nicht an ſeine Lippen zu ziehen. Vielleicht war dies ein Un⸗ geſchick. Zuweilen verlangt das Weib eine zarte Liebkoſung, vielleicht gerade deshalb, weil ſie nicht„ſalonfähig“ iſt. So ließ der unglückſelige Stein denn einen Augenblick, der nie mehr wiederkehrte, ungenützt verſtreichen. Ettas weiche Stimmung hätte dem„Kühnen“ möglicherweiſe zu einem ſchnellen Siege verholfen. Der„Vorſichtige“ verlor ſofort ihre Sympathie. Jetzt mißverſtand Stein völlig die Situation. Er bebte noch hoffnungsfreudig unter Ettas bezauberndem Blick, während ſie ſchon garnicht mehr an ihn dachte. Kühner geworden, weil ermutigt, begann er nach kurzer Pauſe: „Ja, Frieden ſchließen iſt das Beſte. Wir haben ja auch nur in einer geiſtreichen Wortplänkelei unſere Kräfte geübt. Das weiß ich längſt, daß ich an Ihnen einen mir ebenbürtigen Gegner habe... Wie will nun aber Ihr Freund„Friedel“— zu komiſch: dieſes„Friedel“, wie will dieſer Herr Hemmſchuh gegen Sie zu Felde ziehen? Das kann er garnicht. Und auch anderes kommt ihm neben Ihnen nicht in den Sinn!“ „Was anderes?“ fragte ſie ein wenig ungeduldig, mit ihren Gedanken weit fort. Wie dieſer ſpanuiſche Flieder betäubend duftet! „Was anderes?“ fragte ſie noch einmal, als der Rechts anwalt ſchwieg und ſie nur mit brennenden Augen betrachtete, was ſie nicht gewahrte, da ſie die Lider geſchloſſen hielt. „Sie, Sie lieben, Henrietta!“ Im Augenblick ſtand ſie kerzengerade vor ihm. „Ich wollte es ihm nicht geraten haben“, ſagte ſie herb. Auch er hatte ſich erhoben. „Und wenn ich es thäte, Henrietta?“ flüſterte er. Sie war ſchon drei Schritte von ihm entfernt. „Wollen Sie es nicht verſuchen?“ höhnte ſie.„Sie kennen mich doch wohl genugſam, um zu wiſſen, daß ich mir für„Buben⸗ ſtreiche“ das Recht der Züchtigung anmaße!“ „Mein gnädiges Fräulein, Sie beleidigen mich!“ keuchte er hervor. „Wie nennen Sie es denn ſonſt“, fuhr ſie mit lodernden Augen fort,„indem ſie noch weiter von ihm zurückwich,„wenn ein Mann, in deſſen Schutz ich mich geſtellt habe, ein Mann, deſſen Gaſtfreundſchaft ich vertrauensſelig annahm, mich„Zudr' glich⸗ keiten“ ausſetzt? Ich will Mama bitten, morgen mit mir dieſes Haus zu verlaſſen...“ „Um Gotteswillen, nein, Fräulein Etta!“ rief er, blaß bis in die Lippen hinein,„ſtrafen Sie mich für meine Unbeſonnenheit, für meine Leidenſchaft, ſo hart Sie wollen, doch thun Sie mir dies nicht an.“ Als ſie nicht gleich antwortete, fuhr er, flehend nach ihren Händen faſſend, die ſie ihm entzog, haſtig zu reden fort: „Ich habe keine Kränkung beabſichtigt“, mein teuerſtes Fräulein.„Ich habe auch kein Unrecht thun wollen! Der Abend, der Fliederduft— Herr Gott, und Ihre Schönheit, Etta, die mußte mich ja doch von Sinnen bringen! Und wenn Sie nichts fühlen für mich, geliebteſtes Mädchen, darf ich nicht wenigſtens länger hoffen? Vielleicht, daß ich doch noch den Sieg gewinne... Vielleicht, daß Sie doch noch die Meine werden, die Herrin über alles, was ich beſitze.“ Seine erſten Ausführungen waren beinahe geeignet geweſen, den Edelmut in ihr wachzurufen, der ſie angetrieben hätte, mit einem raſchen Abſchied für immer das leichtſinnig und kaltherzig begonnene Spiel abzubrechen. Seine Eitelkeit und der Dünkel des Beſitzenden, den er herauskehrte, machten ſie wiederum grau⸗ ſam und argliſtig. Wenn er denn nicht verſtehen wollte! Auch gut! Nicht ein Blitz des Bedauerns überzuckte ihr ſchönes, ſtreng gewordenes Geſicht, als ſie gleichmütig zu reden anhob: „So verſprechen Sie mir nur reumütig, daß eine ähnliche Szene ſich nicht wiederholt. Ich will noch bleiben. Ich ging wohl lieber, doch Sie begreifen: Mama, der ich eine Erklärung geben müßte, würde mit Recht empört ſein.“ Fortſetzung folgt.) —— —— 1 1 * 1 5 a 1 11 1 1 45 1 3 0 f 1 ſche Kandidaten beteiligt. Sie haben alſo auch dort beſte Ausſicht, daß ſie ihre bisherigen 12 Mandate auf Koſten der Nationalliberalen vermehren werden, während das Centrum ſeinen Beſitz wohl behaupten wird Sozialdemokraten dürfen ein gutes Stück dieſer Erfolge auf das Konto der Steuerhetze ſetzen. Aber wer⸗ den ſie dauernde Erfolge dann haben? Wohl kaum. Es handelt ſich überall da, wo die Sozial- demokratie jetzt Erfolge erzielt hat, um Domänen der liberalen Block-Brüder, beſonders der Nationalliberalen- Denen alſo hilft es auch nichts, daß ſie gegen die neuen Steuern geſtimmt haben, die Stimmung richtet ſich doch gegen ſie. Wie aber ſteht es in den Centrums⸗Bezirken? Dort hat man bisher nicht den Beweis erbringen können, daß man einen Erfolg erzielt habe. Und dabei hat man dort mit geradezu ſchauerlicher Gewiſſenloſigkeit ge— wütet. Was da alles zuſammengelogen iſt, das iſt ſchon nicht mehr abzuſchätzen. Aber es iſt noch nicht aller Tage Abend. Die Verſammlungen des Centrums in den Bezirken, wo am wüteſten gehetzt worden iſt, ſind durchaus befriedigend verlaufen, zumal die ſozial⸗ demokratiſchen Unwahrhaftigkeiten ein ſehr angenehmes Redematerial abgaben. Das iſt es ja überhaupt, wo am ärkſten angeſetzt werden kann. In der chriſtlichen Ar⸗ terbewegung ſteht man geſchloſſen hinter den ſo ſtark leumdeten Führern und iſt entſchloſſen, die ſozial⸗ demokratiſchen Angriffe zurückzuweiſen, wie es vielfach ſchon geſchehen iſt. Da fällt wohl die Befürchtung weg, daß die Sozialdemokratie in den Bezirken des Centrums mit ihrer Steuerhetze den erſtrebten Erfolg haben wird. Es iſt ſogar anzunehmen, daß die Genoſſen dort ebenſo verlieren werden, wie es jetzt die Nationalliberalen ge— tan haben, wenn ihre abgrundtiefe Verlogenheit einmal aründlich an den Pranger geſtellt ſein wird. Die Zarentage von Racconigi. Nach mehr als viertägiger Reiſe iſt Zar Nikolaus Samstag nachmittag auf einem gewaltigen Umwege zum Beſuch des italieniſchen Königspaares in Racconigi einge- troffen und feſtlich empfangen worden. Am Abend fand im dortigen Schloß zu Ehren des Zaren Hoftafel ſtatt. Am Sonntag fand eine Jagd und ein Galadiner ſtatt. In Italien ſcheint man ſich von dieſer Entrevue in Racconigi ganz beſondere Wirkungen zu verſprechen. So wird der„Tribuna“ aus Racconigi gemeldet, daß der Zar und der König von Italien Samstag von 4 bis 7 Uhr konferierten und Tittoni und Iswolski eine zwei⸗ ſtündige Unterredung über alle die beiden Länder inter⸗ eſſierenden Fragen hatten. Die Geſpräche haben ſich nach einem Bericht des„Giornale d'Italia“ auf folgender Grundlage bewegt: Auf italieniſcher Seite: Aufrecht⸗ erhaltung des Dreibundes und Ergänzung des Dreibundes durch beſondere Abmachungen, die nicht zu dem Bundesvertrag mit den Zentralmächten in Widerſpruch ſtehen. Auf ruſſiſcher Seite: Anerkennung des Rechtes des Zaren, die ſlaviſchen Intereſſen im Orient zu ſchützen, Sympathiekundgebung für Italien durch den ruſſiſchen Hof, die Regierung und die Preſſe. Ferner fügt der Korreſpondent hinzu: Rußland wolle ſich in fried⸗ licher Weiſe, aber mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des Status quo der Orientpolitik energiſch an⸗ mehmen. Die bosniſche Frage habe bewieſen, daß es Oeſterreich nicht trauen dürfe. Italien habe parallele Intereſſen auf dem Balkan, daher die Verſtän⸗ digung mit Italien. Der erſte Schritt hierzu ſei der Beſuch des Zaren, das übrige werde ſich finden. r 9* Politiſche Nundſchau. (Nach den„Deutſch. Nachr.“ ſoll dem Staatsſekretär des Reichsjuſtizamtes Dr. Nieberding der erbetene Abſchied bewilligt worden ſein.— Dr. Nieberding iſt der einzige katholiſche Beamte, der ein Reichsamt ver⸗ waltete; er hatte das Amt 16 Jahre inne. Bei dem hohen Alter Dr. Nieberdings iſt die Möglichkeit nicht aus⸗ geſchloſſen, daß die„Deutſchen Nachr.“ richtig informiert ſind. Nieberdings Vater war Gymnaſialdirektor in Reck⸗ linghauſen(Weſtf.). Sein Name wird für alle Zeit mit der deutſchen Rechtslehre verknüpft ſein, weil in ſeine — 45 die Neuſchaffung des„Bürgerlichen Geſetzbuches“ fällt. () Auf ihre Anmeldung! Die„Norddeutſche All⸗ gemeine Zeitung“ ſchreibt:„Wie wir von kompetenter Seite erfahren, beruht die Nachricht, daß Für ſt und Fürſtin v. Bülow von der Großherzogin Luiſe von Baden zum Diner geladen geweſen ſeien, auf einer Ver⸗ wechſelung.() Fürſt und Fürſtin v. Bülow waren viel⸗ mehr auf ihre Anmeldung(1) zur Audienz geladen, nicht zum Eſſen. : Der deutſch⸗franzöſiſche Grenzzwiſchenfall in fran⸗ Zöſiſcher Darſtellung. Die„Petit Republique“ will wiſſen, daß das Vorkommnis, das ſich am 10. Oktober Zutrug, in einem direkten Angriff auf die franzöſiſchen Zollwächter beſtand, die ſich einfach zur Wehr ſetzten. Die Zollwächter Letard und Poli viſitierten nachts in der Baracke von Villerupt gegenüber Deutſch⸗-Oth das Ge⸗ päck italieniſcher Arbeiter. Plötzlich wurden ſie von 20 Italienern umringt, die ſie an der Ausübung ihres Dienſtes behindern wollten, und, als ſie bedroht wur⸗ den, von jenſeits der Grenze ein Steinbombardement eröffneten. Poli erhielt einen Steinwurf in die Rippen und ſtürzte. Letard wurde gleichfalls getroffen. Dar⸗ auf feuerten beide mit ihren Revolvern in die Luft. Ihre Kameraden Beſtin und Aſtruec eilten herbei und ſchoſſen gleichfalls auf die Angreifer, die nun flohen. Keiner von ihnen ward jedoch getroffen. Die beiden Zollwächter ſind ziemlich verletzt.— Wie ſich die Sache in Wirklichkeit verhält, wird hoffentlich bald die amtliche Unterſuchung ergeben. 70 Etwas für die Ferrer⸗„Verehrer“. Die„Frkf. Ztg.“ veröffentlicht einen Brief Ferrers vom 19. Juli 1898, ohne dabei zu bemerken, welchen Bärendienſt ſie damit ihrem„Helden“ leiſtet. Es heißt nämlich darin: „Seit zwei Jahren arbeite ich mit aller Macht dar⸗ auf hin, den kubaniſchen Krieg zu beendigen. Ich hatte vorgeſchlagen— als die letzten 60000 Sol⸗ daten nach Kuba eingeſchifft wurden— in Spanien die Republik zu erklären und den Kubanern eine weitgehende Autonomie zu geben, die von Unab⸗ hängigkeit nicht ſehr verſchieden geweſen wäre. Das re⸗ publikaniſche Volk war gewillt, mein Projekt zu unter⸗ ſtützen, aber ſeine Führer, dieſe verdammten Führer, wollten ſich nicht kompromittieren. Ich habe kürzlich mehr als zwei Monate in Spanien zugebracht, in der Die Hoffnung, daß eine große Tat geſchehen würde, aber ich bin verzweifelt fortgegangen.“ Alſo während Spanien ſich im Kriege befindet, will der brave Ferrer dort die Staatsordnung umſtürzen und alles auf den Kopf ſtellen! Dabei iſt er aber in den Augen der dem„Berliner Tageblatt“ und ähn⸗ lichen edlen Organen verwandten Sippe immer noch kein Revolutionär! :; Sie kennt ihre Pappenheimer. Die im„Verband für Frauenſtimmrecht“ zuſammengeſchloſſenen deutſchen Suffragetten tagen gegenwärtig in der bayeriſchen Haupt⸗ ſtadt München. Das für ein Frauensparlament charak⸗ teriſtiſche Wort, das da geſproch en wurde, war die Bitte der „Führerin“ Anita Augspurg um Einſchränkung des Redefluſſes. Sie kennt eben ihre Pappenheimer. Ob ſie aber irgend einen Erfolg gehabt hat, bleibt recht zweifelhaft, denn die Berichte legen vorläufig einen Be- weis nur davon ab, daß die„Rede munter fortfloß“. Hoffentlich machen die Damen in der bier⸗ und rauf⸗ luſtigen Bajuvarenſtadt ihren engliſchen„Kolleginnen“ keine Konkurrenz. 5—0( Ein allerliebſtes Zeugnis wird in der„Zu⸗ kunft“ dem„Hanſabunde“ ausgeſtellt. Es heißt dort: „Die„Richtlinien“ des Hanſabundes ſind veröffentlicht worden. Der neue Bund hat genau ſo viel Ausſicht auf Fortdauer und Aktionsfähigkeit wie die neue Tür⸗ ke i. Er iſt ganz ſo homogen wie ſie.“— Nicht übel! Europäiſches Ausland... Griechenland. F :: Die kretiſche Frage, die im vorigen Sommer zeitweiſe ein ſo ernſtes Geſicht zeigte, beginnt wieder mehr in den Vordergrund des Intereſſes zu rücken. Nach⸗ dem man von Konſtantinopel aus bereits verſtändigt worden war, daß die diplomatiſchen Verhandlungen über eine der Inſel zu gewährende Autonomie demnächſt wieder aufgenommen würden, hat die Pforte ſich jetzt veranlaßt geſehen, als eigenartiges Präludium dieſer Verhand⸗ lungen eine äußerſt ſcharf gehaltene Warnung an die griechiſche Regierung zu richten. Sie hat nämlich erklären laſſen, daß ſie die Zulaſſung kretiſcher Abgeordneter zum griechiſchen Parlament als Caſus belli betrachten würde. Die griechiſche Regierung erwiderte darauf, ſie ſei beſtrebt, dieſe Schwierigkeit zu umgehen, indem ſie mit allen Mitteln den Beginn der Wahlen hinauszu⸗ ſchieben ſuche, um vorher eine endgültige Löſung der Kretafrage zu ermöglichen. 3 Bulgarien. 2 Neuerdings tauchen Gerüchte auf von dem Plane einer Perſonal⸗Union zwiſchen Serbien und Bul⸗ garien. Der bulgariſche Miniſter Paſchitſch verſucht an— geblich, die Serben für eine Perſonalunion mit Bul⸗ garien zu gewinnen. Auch der gegenwärtige Miniſter des Aeußeren Dr. Milowanowitſch ſoll ſich für dieſe Idee begeiſtern. Der ſerbiſche Geſandte in Sofia ſoll durch die ſerbiſche Regierung ermächtigt werden, in dieſem Sinne mit der bulgariſchen Regierung zu unterhandeln. Gemeinſamer Regent würde natürlich Zar Ferdinand werden.„ 75 3 1 „ Wend 1 Dänemark. * Das däniſche Miniſterium Holſtein iſt in der Sitzung des Folkethings vom Freitag, wie zu er— warten war, zu Fall gebracht worden. Es ſtimmten Ra⸗ dikale, Sozialdemokraten und Ultrakonſervative für die Tagesordnung der Radikalen, die dem Geſamtminiſterium das Mißtrauen ausdrückt. Nach Annahme dieſes Antrages mit 49 gegen 44 Stimmen erklärte Graf Holſtein:„Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß das Miniſterium nach dieſer Abſtimmung demiſſioniert.“ Die Zukunft wird zeigen, ob das Miniſterium rekonſtruierbar iſt oder ob ein neues Geſchäftsminiſterium die Leitung der Regierung übernimmt. Rußland. * Die Reiſe des Zaren iſt bisher ohne jeden Zwiſchenfall verlaufen. Am Samstag vormittag paſ—⸗ ſierte der Hofzug die ruſſiſch-franzöſiſche Grenze. Ein kurzer Aufenthalt in Belfort wurde zu einer Begrüßung durch die franzöſiſchen Behörden benutzt. Aſien. Japan. * Die Japaner beabſichtigen anſcheinend, in Südame⸗ rika„Kolonialpolitik“ zu betreiben. Eine lako⸗ niſch kurz gehaltene Kabelmeldung aus Rio de Janeiro beſagt nämlich: Eine japaniſche Geſellſchaft hat in der Nähe von Rio de Janeiro eine große Land⸗ ſtrecke für koloniale Zwecke angekauft. Soziales. —+ Proteſtkundgebung gegen den geplanten Zwangs⸗ arbeitsnachweis. Im ganzen Ruhrgebiet wurden Sonn⸗ tag gemeinſame Proteſtverſammlungen des chriſtlichen und des alten Bergarbeiterverbandes gegen den geplanten Zwangsarbeits nachweis des Zechen⸗ verbandes abgehalten. Einmütig und entſchieden wurde gegen die geplante Einführung proteſtiert, die für die ganze Bergarbeiterſchaft ſchwere Nachteile im Gefolge haben werde, da dadurch den Bergarbeitern das geſetzlich gewährleiſtete Recht der Freizügigkeit und der Organiſation genommen oder doch einge⸗ ſchränkt wird. Die Verſammlungen erwarten, der Zechen⸗ verband werde von der Errichtung des Arbeitsnachweiſes abſtehen und fordern eventuell Arbeitsnachweiſe auf pa⸗ ritätiſcher Grundlage. Bei Ablehnung dieſer For⸗ derungen müſſe der Zechenverband die volle Verantwor⸗ tung für die unvermeidlichen ernſten Konflikte, die die ſchlimmſten Folgen für die Volkswirtſchaft haben könnten, auf ſich nehmen. Von der Regierung wird die Unterſtützung dieſer Forderungen und die Einführung von Tarifverträgen für den Bergbau auf geſetz⸗ lichem Wege gefordert. Falls der Arbeitsnachweis vom Zechenverband nicht abgeſchafft werde, müſſe er dazu gezwungen werden. — Zur Penſions⸗ und Hinterbliebenen⸗Verſicherung der Privatbeamten. Der in Kaſſel tagende Hauptausſchuß zur Herbeiführung der ſtaatlichen Penſions⸗ und Hinterbliebenenverſicherung für die Privatan⸗ geſtellten richtete im Auftrage von 48 Privatangeſtellten⸗ Vereinigungen mit 700 000 Mitgliedern an den Bundes rat die dringende Bitte, zugleich mit der Reichsverſichs⸗ rungsordnung auch eine Geſetzesvorlage über die ſtaas⸗ liche Penſions⸗ und Hinterbliebenenverſicherung aller Pri⸗ vatangeſtellten dem Reichstage zu unterbreiten. Aus Stadt und Land. ** Selbſtmord vor dem Duell. Ende Auguſt ver⸗ übte im Manöver zu Kappe in Weſtpreußen der Ober⸗ veterinär Heuer vom 53. Feldartillerieregiment Selbſt⸗ mord. Er vergiftete ſich durch eine Morphiumſpritzung. Dieſer Selbſtmord hat jetzt eine überraſchende Aufklärung gefunden. Heuer war vom Oberveterinär Gube aus Hohenſalza zum Zweikampf gefordert worden und hatte es vorgezogen, freiwillig aus dem Leben zu ſcheiden⸗ Gegen Gube und ſeinen Kartellträger, den Apotheker Striewski, iſt eine gerichtliche Unterſuchung eingeleitet worden. ** Bleriot in Wien. Ein wahres Bleriotfieber hat Wien erfaßt. Die Simmeringer Heide, ein Rieſenfeld nahe der großen Totenſtadt Wiens, ſah am Sonntag mindeſtens zweimalhunderttauſend Menſchen⸗ Die Verkehrsmittel erwieſen ſich als unzulänglich, Tau⸗ ſende mußten den ſtundenlangen Weg zu Fuß machen. Das Wetter war hell und warm. Der Anblick der flie⸗ genden Rieſenlibelle vor der ſinkenden Sonne in zwei langen Flügen war berückend ſchön, und die Begeiſterung der Maſſen über die Sicherheit und Leichtigkeit der Len⸗ kung und Wendung, ſowie beſonders über die Sanftheit der Landung war enorm. Auch in den herzlichen Jubel, der den Kaiſer immer begrüßt, miſchte ſich diesmal der Dank, daß der greiſe Herrſcher ſo jugendlich dem neuen Wunder entgegenkommt. Als Bleriot nach ſeinem erſten Flug auf die Hofloge zuſchritt, lief ihm der Kaiſer in ſichtlicher Erregung mit Hintanſetzung des Zeremoniells förmlich entgegen. Allgemeiner Jubel begrüßte die ſchöne, freudige Erregung des Kaiſers, den das Schickſal die erſte Eiſenbahn und ben erſten flie⸗ genden Menſchen ſehen ließ. ** Ein dankbarer Birnbaum. Im Beſitz des Schreiner- meiſters Keil in Groß-Breitenbach(Heſſen) befindet ſich ein Birnbaum, der im Jahre 1827 gepflanzt wurde. Der Baum hat eine Höhe von 13 Metern und einen Kronen⸗ umfang von 52 Metern. Seine Erträgniſſe ſteigerten ſich vor drei Jahren auf 43 Zentner, des vielen Fallobſtes gar nicht zu gedenken. Von dieſem Erträgnis wurden 40 Zentner für 380 Mark verkauft. In den beiden letzten Jahren ſchwankten die Einnahmen aus dieſem Baume zwiſchen. 145 und 190 Mk., und zurzeit rechnet der Beſitzer auf eine Einnahme von mindeſtens 400 Mk. ** In der Münchener Bombenangelegenheit, über die wir berichteten, hat man noch keine Spur des Täters gefunden, doch taucht jetzt die Anſicht auf, daß die auf⸗ gefundenen Materialien Vorräte ſein könnten, die von zugereiſten Anarchiſten für die noch offen ge⸗ weſene Möglichkeit einer Durchreiſe des Zaren be⸗ reitgehalten und dann im Hinblick auf das perſönliche Riſiko in mehr oder weniger mutwilliger Weiſe bei⸗ ſeite geſchafft wurden. Ebenſo kann der Einbruch in die Sprengmittelabteilung des Deutſchen Muſeums aus ähnlichen Motiven unternommen worden ſein. Die Ge⸗ wißheit, daß der Zar auf ſeiner Reiſe München nicht berühren würde, iſt bekanntlich erſt am Donnerstag er⸗ langt worden. ** Die Pläne der Luftſchiffahrtaktiengeſellſchaft. Zu den widerſprechenden und Verwirrung in der Oeffentlich⸗ keit anrichtenden Mitteilungen über die Abſichten und mutmaßlichen Ausſichten der in Frankfurt in Grün⸗ dung begriffenen Luftſchiffahrtsaktiengeſellſchaft wird jetzt erklärt, daß vorerſt nur die Errichtung eines Ha⸗ fens in Frankfurt a. M. geplant ſei, von dem aus Rundfahrten und Zielfahrten nach den in Tagestour zu erreichenden Großſtädten unternommen werden ſollen. Bei den an der Nordküſte vorherrſchenden Weſtwinden wird eine Fahrt von London nach Köln in acht Stunden möglich ſein; hierfür dürfte baldigſt ein Schiff in Dienſt geſtellt werden. Die Geſellſchaft wird darauf bedacht ſein, möglichſte Rentabilität anzu⸗ ſtreben, um dadurch der weiteren Entwicklung den Weg zu ebnen, wobei ſie die Unterſtützung des Reiches nicht entbehren kann. Die Kapitaliſten mancher Großſtädte, die der neuen Geſellſchaft nur beitreten wollen, wenn auch in ihrer Stadt ein Hafen errichtet würde, müßten ihre Wünſche zurückſtellen. Trotz der Ausſchaltung aller Sonderwünſche finden ſich Geldleute aus allen Teilen des Reiches in der neuen Geſellſchaft zuſammen. Von Hamburg wird ſchon im nächſten Jahre ein Luft⸗ ſchiff nach den Seebädern ſteuern und den Flug aufs Meer hinaus wagen können. Der„Zeppelin III“ hat am Freitag weitere Probefahrten unternommen, an denen der Darmſtädter Privatdozent Dr. Gaſſer teil⸗ nahm, um kartographiſche Studien aus dem Luft⸗ ſchiff zu machen. Gaſſer iſt der Zeichner des großen geronautiſchen Kartenwerkes, das die Zeppelingeſellſchaft ſich zu ſchaffen bemüht. Bei dem Auftrag galt es der Unterſuchung der Frage, in welchem Maßſtabe und mit welcher Genauigkeit eine Luftſchifferkarte für Motorbal⸗ lons hergeſtellt werden muß. Während der Fahrt ſind in dieſer Beziehung wertvolle Feſtſtellungen gemacht worden. Ueber die Feſtnahme des Berliner Mädchenmörders, des Friſeurs Jünemann, wird noch an Einzelheiten be⸗ richtet: Der Büffetier Wilhelm Knoblich und ſeine Braut fuhren Freitag Mittag mit ihren Zweirädern im Grune⸗ wald ſpazieren. Dort begegnete ihnen in der Nähe der neuen Rennbahn ein junger Mann. Knoblich hatte ihn kaum geſehen, als er ſeiner Braut leiſe zurief:„Das iſt doch Jünemann!“ Knoblich fuhr mit ſeiner Begleiterin zunächſt an den Mann vorbei. Dann wandte er ſich um und entfloh ſofort in den Wald. Knoblich und ſeine Braut verfolgten ihn auf den Rädern, mußten aber um den Zaun der Rennbahn herum fahren. Als ſie ihn einholten, gab Jünemann zwei Schüſſe ab, fiel zu Boden und blieb liegen, als ob er beſinnungslos wäre. Er er⸗ holte ſich aber bald wieder. Der Wirt der Rennbahn be⸗ nachrichtigte die Polizei. Dieſe ſchickte die Kommiſſare unverzüglich nach dem Krankenhaus Weſtend. Sie nahmen den Pförtner des Hauſes in Wilmersdorf, wo Jünemann wohnte, mit und ſtellten ſeine Perſönlichkeit feſt. Jüne⸗ mann gab zu, das Mädchen erſtochen zu haben, behauptet aber, er und Alice Rakowski ſeien übereingekommen, ge⸗ meinſam aus dem Leben zu ſcheiden. Es habe ihm aber, nachdem er ſie getötet, der Mut gefehlt, Hand an ſich zu legen. Um Geld zu haben, nahm er die Kaſſe an ſich, verließ den Laden und fuhr nach Wilmersdorf. Als er ſich wieder entfernt hatte, begab er ſich nach Berlin, kaufte ſich einen Revolver nebſt Patronen und beſuchte mehrere Gaſtwirtſchaften. Nachmittags beſuchte er eine Leſehalle. Hier ließ er ſeinen hellgrauen Ueberzieher und ſeinen ſchwarzen Hut zurück. In der Näbe kaufte er —ñ ̃ 777777! 7§75—x———.—..... 3 n n —— S fa neh da leg 9 Fu obe NN Ji fon Un fach dar Raft ſich einen Schlapphut und ging dann nach dem Grune⸗ wald, in dem er planlos umherirrte. Nachts kehrte er in belebtere Gegenden zurück und ſchlief auf Treppen⸗ fluren. Aus der Charitee wurde Jünemann nach dem Lazarett des Unterſuchungsgefängniſſes gebracht. Er be⸗ ſaß nur noch 5 Pfennig. Ein dreizehnjähriger Meſſerſtecher. Schulknaben aus St. Georgen bei Bayreuth feierten heimlich ein ver⸗ botenes Gelage. Als die Kinder angetrunken waren, ge⸗ rieten ſie in Streit, und ein zwölfjähriger Knabe brachte einem Altersgenoſſen einen Meſſerſtich ins Herz bei. Im ſtädtiſchen Krankenhaus gelang es dem Ober— arzt, die durchgetrennte Herzkammer wieder zuſammen⸗ zunähen, ſo daß Hoffnung vorhanden iſt, den Knaben am Leben zu erhalten. * Brand eines Petroleumwagens. Wie aus Lunden⸗ burg(Oeſterreich) gemeldet wird, geriet auf offener Strecke ein mit Petroleum gefüllter Wagen in einem Laſtzuge in Brand. Das brennende Petroleum ergoß ſich über den ganzen Bahnkörper, ſo daß durch die Hitze die Schienen verbogen wurden. Der Verkehr wird ſich einige Tage nur durch Umſteigen ermöglichen laſſen. Von Piraten überfallen. Der in Galveſton ein⸗ getroffene enoliſche Dampfer,„Konamore“ begegnete in der Nähe der Bahama⸗Inſeln einem Schoner, der Notſignale gehißt hatte. Nachdem der Kapitän den Dampfer hatte anhalten kaſſen, ſah er, wie ein mit Männern vollbeſetztes Boot den Schoner verließ und auf ſein Schiff zuſteuerte. Als das Boot an den Dampfer anlegte, begannen die In⸗ ſaſſen ſofort, an Bord zu klettern, aber die Haltung der Leute ließ den Kapitän nicht in Zweifel darüber, daß dieſe gekommen waren, um den Dampfer zu kapern. Er rief ſofort ſeine ganze Beſatzung zuſammen, wandte ſich, mit dem Revolver in der Hand, zu den Piraten, und befahl ihnen, ſofort das Schiff zu verlaſſen. Dieſe, durch das energiſche Vorgehen überraſcht, wagten keinen Widerſtand zu leiſten, beſtiegen wieder ihr Boot und ruderten davon. * Selbſtmord mit Elektrizität. Ein aus Dresden ſtammender Kaufmann Friedrich Richard Helbig hat bei einem Aufenthalt in Tirol auf eine ſonderbare Weiſe jetzt den Tod geſucht. Er erkletterte einen Holzmaſt der elektriſchen Leitungsdrähte und berührte die Hochſpann⸗ leitung. Die Folge davon war, daß er augenblicklich getötet wurde. Die Tat hat Helbig offenbar in einem Zuſtand geiſtiger Störung begangen. Er trug ſich in letzter Zeit mit exzentriſchen geſchäftlichen Projekten, die weit über ſein geiſtiges und finanzielles Können hinaus⸗ en„„ r * Zeppelin⸗Station auf Skagen. Die Zeppelin⸗Ge⸗ ſellſchaft hat durch ihren Direktor mit der Aktienge⸗ ſellſchaft„Badehotel Skagen“ Unterhandlungen über die Erwerbung eines Areals in der Nähe von Grenen auf Skagen für die Anlegung eines Ballonhauſes eingeleitet. Skagen ſoll für Zeppelin die Durchgangsſtation auf dem Wege nach den Nordpolregionen bilden. Das Areal liegt wor Sturm ziemlich geſchützt. Mehrere Umſtände haben Zeppelin veranlaßt, Skagen als Hauptſtation für ſeine Pläne auszuerſehen. Von Wichtigkeit ſind vor allem der Leuchtturm, die Signalſtation und der Semaphor, der die Windverhältniſſe in den beiden Meeren angibt. r Vom Gerichtspräſidenten zum Zündholzverkäufer. In Lugano beging Giuſeppe Moroſini, ein Abkömmling der berühmten venezianiſchen Familie Moroſini, Selbſt⸗ mord, indem er ſich mit Kohlengas vergiftete. Der fünf⸗ undſechzigjährige, einſt reiche Patrizier, war in ſo großes Elend geraten, daß er auf den Straßen Streichhölzchen verkaufen mußte. Moroſini war ſeinerzeit Gerichtsprä⸗ ſident und dann Direktor eines Witzblattes. Kleine Nachrichten aus Stadt und Land. Auf dem Bahnhof Bitterfeld wurden zwei Poſt⸗ ſchaffner beim Ueberſchreiten der Gleiſe vom Zuge erfaßt und getötet. Beim Spiel am brennenden Ofen erlitt das Söhnchen des Gaſtwirts Ammer in Witzenhauſen den Verbren⸗ nungstod. Mutter und Schweſter des Kindes wurden bei den Rettungsverſuchen lebensgefährlich verletzt. In Eichlinghofen ſtieß das Fuhrwerk des Händlers Knappmann mit einem anderen Fuhrwerk zuſammen. Knappmann, der auf die Straße geſchleudert wurde, ſtarb bald darauf an einer Schädelverletzung. Der Streik von 1500 Arbeitern der Tanger- münder Zuckerraffinerie iſt durch Bewilligung aller Forderungen der Arbeiter beendet worden. Ein Raubmord iſt nachts zwiſchen Immenhauſen und Greberſtein(Provinz Heſſen) verübt worden. Der Täter, ein polniſcher Arbeiter, iſt flüchtig. In Weimar wurde die 60 Jahre alte Frau Zeiß ermordet und beraubt aufgefunden. Als Täterin wurde die 25jährige Emilie Rotter verhaftet. Sie ge⸗ ſtand, Frau Zeiß mit einem Bügeleiſen erſchlagen und beraubt zu haben. In Jaaresveld(Provinz leratodesfall feſtgeſtellt. Bei der Exploſion einer Zentralheizungsanlage in der Hardenbergſtraße in Poſen wurde ein Dienſtmädchen getötet. In Loetzen(Oſtpreußen) wurden zwei Bahnwärter bei der Streckenreviſion im Nebel vom Zuge über⸗ fahren und getötet. Der Bahnhof von Bellpat(Belutſchiſtan) und mehrere Gebäude an der Eiſenbahn nach Quetta ſind durch Erdbeben vollſtändig zerſtört worden. Fünfund⸗ zwanzig Menſchen ſind getötet, zwölf verletzt. Ungeheure Heringsſchwärme ſind im Kat⸗ tegat aufgetaucht. Die Fiſche ſind dort in ſolchen aſſen zuſammengedrängt, daß die Fiſcher mit ihren Fahrzeugen nicht hindurchkommen und, ob ſie wollen oder nicht, an Land zurück müſſen. Aus Nah und Fern. — Kirchliche Nachrichten. Herr Kaplan Blum in Fürth kam nicht, wie urſprünglich dekreliert, nach Dleburg, ſondern nach Erbach i. O. Herr Kaplan Eckſtein daſelbſt wurde nach Dieburg verſetzt.— Herr Subrektor Hain vom Bensheimer Biſchöfl. Konvikt erhielt Dekret als Kaplan nach Darmſtadt. An ſeine Stelle tritt Herr Kaplan Gröber, ſeither an St. Chriſtoph in Mainz. — Heſſiſcher Bauernverein. Der Heſſiſche Bauernverein wird am Mittwoch, 10. November in Mainz- Kaſtel ſeine diesjährige Generalverſammlung abhalten. Mit Utrecht) wurde ein Cho⸗ derſelben iſt eine Ausſtellung von Obſt, Gemüſe und Getrelde verbunden. Die Aus ſtellung, Konfererz und das gemeinſame Eſſen ſind in der Turnhalle, die allgemeine Generalver ſamm⸗ lung dagegen im Saale des katholiſchen Vereinshauſes. * Das ſeltene Feſt, 25 Jahre in einer Fabrik als gewiſſenhafte pflichttreue Arbeiterin tätig zu ſein, beging heute bei der Firma Gebr. Sternheimer Frau Witwe Marianne Helbig geb. Sander. Die Firma ehrte ihre langjährige Arbeiterin durch Ueberreichung einer ſchönen Ehren-Urkunde mit entſprechendem Geldgeſchenk. Die Mit- arbeiter der Jubilarin erfreuten dieſelbe durch einen Ruhe- ſeſſel und ſonſtige kleinere Geſchenke.— Welch' gutes Ein- vernehmen zwiſchen Arbeitgeber und⸗Nehmer in der Sternhelmerſchen Fabrik herrſcht, beweiſt, doß in den nächſten Jahren eine größere Zahl Arbeiter und Arbeiterinnen ihr ſilbernes Jubiläum daſelbſt feiern werden. Humane Behandlung und neuzeitliche hygieniſche Einrichtungen im großen Betrieb erhalten der Firma Sternheimer ihren großen Stamm treuer Arbeiter. Möge es immer ſo bleiben! — Fürth i. O., 25. Okt. Vom 1. November ab werden die Orte Eulsbach, Schlierbach, Winkel, Koffenberg, Neuthal, Pfeifersmühle und Fauſtenbach vom Landesbeſtellbezirk des Poſtamts in Lindenfels abgezweigt und hierher zugeteilt. — Worms, 25. Okt. Die Bürgermelſterei Worms verbot der ſoztaldemokratiſchen Partei den Anſchlag von Pla- katen zu einer„Proteſtverſammlung gegen die Ermordung Ferrers“. — Worms, 22. Oktober. hafen zu Worms der 32 Jahre alte Schiffer Heinrich Röder. Er befand ſich als Beſatzungsmann auf einem der Firma Jean Rinck gehörigen beladenen Kiesnachen, der zum Entladen in den Floßhafen eingeſchleppt wurde. Hierbei iſt er an ein geſpanntes Drahtſeil, mittels deſſen der Dampfbagger der Firma Grün und Bilfinger befeſtigt iſt, und das er in der Dunkelheit jedenfalls nicht beachtet hatte, angeſtoßen und über Bord ge⸗ ſchleudert worden. Der Verunglückte iſt verheiratet, aber kinderlos. n 5 eee L Darmſtadt, 22. Oktober. Ein Einwohner von Groß⸗Gerau(Heſſen) hatte beim Umtauſch ſeines Loſes zur 5. Klaſſe der Preußiſchen Klaſſenlotterie eine falſche Nummer bekommen. Das richtige Los erhielt ein Mann in Gernsheim. Dieſes Los wurde mit 3000 Mark ge⸗ zogen, die der glückliche Inhaber des Loſes in Gerns⸗ heim ausbezahlt erhielt. Gegen den Kollekteur ſtrengte darauf der Groß-Gerauer eine Entſchädigungs⸗ klage an. Die Klage wurde vom Landgericht und die Berufung vom Oberlandesgericht abgewieſen. Der Kollekteur ſei dem Spieler gegenüber nicht kontrakt⸗ lich verpflichtet und nicht für den Schaden haft— bar. Der Kollekteur ſei lediglich als Bevollmächtigter der General-Lotterie⸗-Direktion anzuſehen. Der Spieler hat ſomit den Verluſt ſelbſt zu tragen. — Offenbach, 25. Oktober. Trotz aller Gegenmaß— regeln der Sanitätsbehörden greift der Thyphus in Offen⸗ bach in erſchreckender Weiſe um ſich. Abermals wurden vier neue Fälle amtlich gemeldet, ſo daß nun die Ge⸗ ſamtzahl auf 29 geſtiegen iſt, darunter fünf Fälle mit tödlichem Ausgang. — Mainz, 25. Oktober. Ein großartiges Werk beab⸗ ſichtigt die Großherzogliche Kulturinſpektion Mainz aus⸗ zuführen. Sie hat Schritte in die Wege geleitet, um die ganze Provinz Rheinheſſen von einer Zentrale mit elektriſchem Licht und elektriſcher Kraft zu verſehen. Nach einer Mitteilung haben ſich bisher 100 Gemeinden dieſem Werke angeſchloſſen. Die Kulturinſpektion hofft in aller⸗ nächſter Zeit dieſes Werk mit 120 Gemeinden zum Ab⸗ ſchluß zu bringen. 0 — Mainz, 25. Oktober. Die Grabdenkmäler für die in Mainz verſtorbenen deutſchen Soldaten im Jahre 1870— 71 und die gefallenen Krieger der öſterreichiſchen Armee von 1864—66 auf dem Auräus⸗Friedhofe werden vorausſichtlich am nächſten Samstag enthüllt werden. Mit dem bereits früher errichteten gemeinſamen Grabdenk⸗ male der in Mainz gefallenen franzöſiſchen Soldaten werden jetzt die drei Denkmäler auf gemeinſamem Platze eine Zierde des Mainzer Friedhofes bilden. — Frantfurt a. M., 25. Oktober. Der Ballon„Moenus“ vom Frankfurter Verein für Luftſchiffahrt wurde Sonntag vormittag kurz vor ſeinem in Griesheim erfolgten Auf⸗ ſtieg von dem böigen Wind in eine ſo bedrohliche Lage gebracht, daß der Führer, Fabrikant Wurmbach, die Reiß⸗ leine zog. Bei der darauf folgenden Schleiffahrt erlitt Wurmbach einen Armbruch, während die beiden Mit⸗ fahrenden unverſehrt blieben. Der Unfall endete damit, daß der„Moenus“ bei dem Hof Rebſtock leer auf die Erde ſank. — Mannheim, 25. Oktober. Anläßlich des Beſuchs des Großherzogs von Baden in der Baar fuhr der Pferde⸗ händler Seemann von Donaueſchingen, der der Ent⸗ hüllungsfeier in Bräunlingen beigewohnt hatte, mit ſeinem mit zwei Schimmeln beſpannten Gefährt der Hei⸗ mat zu und zwar den gleichen Weg, auf dem der Groß⸗ herzog nach Donaueſchingen fahren ſollte. Als Seemann auf der Höhe war, ertönte der erſte Kanonenſchuß, ein Zeichen, daß der Großherzog nahe. Und unter nicht enden⸗ wollenden Böllerſalven und Glockengeläute fuhr Seemann verwundert Donaueſchingen zu, wo er dann von der ſpa⸗ lierbildenden Jugend mit unbeſchreiblichem Jubel em⸗ pfangen wurde, bis man den Irrtum bemerkte, der durch ein Kind des Donaueſchingerr Stadtkanoniers entſtand, in⸗ dem es beim Herannahen des Seemannſchen Fuhrwerkes das verabredete Zeichen für den Großherzog gab. Zwan⸗ zig Minuten nach ihm kam dann erſt der Großherzog mit den begleitenden Herrſchaften in Sicht, und nun wurde dieſes Ereignis zum zweiten Mal mit Böllerſalven und Glockengeläute verkündet. Der Freudenjubel hatte durch dieſen Zwiſchenfall keine Einbuße erlitten. Marktbericht. — Weinheim, 23. Okt. Schweinemarkt. Milch- ſchwtine waren 253 Stück zugeführt, verkauft 240 Stuck, das Paar zu 15—28 Mk. Läufer waren 18 Stück zugeführt, verkauft wurden 12, das Paar zu 40—50 Mk. — Rimbach, 21. Okt. Auf dem geſtrigen Ferkel⸗ markte, mit dem auch eine Prämiterung verbunden geweſen, kam der ganze Auftrieb zum größtenteil zum Verkauf. Es Ertrunken iſt im Floß⸗ wurde für ein Paar 3—6 Wochen alter Ferkel der Betrag von 18— 30 Mark erzielt. Der nächſte Ferkelmarkt findet Mittwoch, den 3. November, vormittags 9 Uhr ſtatt. Für die Redaktion verantwortlich: Wilh. Bingener, Viernheim l Fortbildungsſchule. Der Unterricht in der Fortbildungsſchule beginnt für das Winterhalbjahr 1909/10 Mittwoch, den 27. Oktober abends 5½ Uhr. Unterrichtsabende ſind Montags, Mittwochs u. Freitags. Zum Beſuche der Fortbildungsſchule ſind alle diejenigen Knaben verpflichtet, welche in den Jahren 1907, 1908 und 1909 aus der Volksſchule entlaſſen wurden.. Diejenigen Fortbildungsſchulpflichtigen, die regelmäßig außerhalb ihres Wohnortes beſchäftigt ſind, können ihre Fort- bildungsſchulpflicht in den Gemeinden ihres Beſchäftigungs⸗ ortes genügen. Anzeigen und entſprechende Nachweiſe hierüber ſind alsbald an den Leiter der hieſigen Fortbildungsſchule, Herrn Hauptl hrer Mayr, zu richten. An die Eltern, Lehr⸗ und Dienſtherren richten wir die dringende Bitte, die Herren Lehrer der Fortbildungsſchule in ihrer ſchweren Aufgabe zu uuterſtützen, indem ſie die Schüler nicht uur zu einem regelmäßigen Schulbeſuch anhalten, ſondern ſie auch zu Gehorſam gegen die Lehrer, ſowie zu Ordnung, Fleiß und guter Sitte in und außerhalb der Schule anſpornen. Gleichzeitig ſehen wir uns veranlaßt, folgende Geſetzes⸗ beſtimmungen hiermit zur öffentlichen Kenntnis zu bringen: 1. Lehrherren, Dienſtherrſchaften und Arbeitgeber haben ihren Lehrlingen, Dienern und Arbeitern die zum Be · ſuche der Fortbildungsſchule nötige Zeit elnzuräumen. Zuwiderhandlungen werden mit einer Polizeiſtrafe von 2— 20 Mk. geahndet.(Art. 25 des Volke ſchulgeſetzes.) 2. Der Lehrherr iſt verpflichtet, den Lehrling zum Befuche der Fortbildungsſchule anzuhalten und den Schul- be uch zu überwachen.(§ 127 der Gewerbe⸗Ocd⸗ nung für das deuiſche Reich.) 3. Mit Geldſtrafe bis zu 150 Mk. und im Unver⸗ mögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen wird beſtraft: wer die geſitzlichen Pflichten gegen die ihm an⸗ vertrauten Lehrlinge verletzt.(§ 148, Zlffer 9 der Gewerbeordnung fur das deutſche Reich.) Der Schul-Vorſtand: Wolf, Pfarrer. Betr.: Errichtung von Fortbildungsſchuley. Wir weiſen auf vorſtehende Bekanntmachung des Schul- vorſtandes beſonders hin und empfehlen den hiernach in Be⸗ tracht kommenden Perſonen die genaue Erfüllung ihrer Ver⸗ pflichtungen. Viernheim, den 26. Oktober 1909. Großh. Bürgermeiſterei Viernheim Kühlwein. Bekanntmachung. Betr.: Die Umdeckung des Faſelſtalldaches zu Vlernheim. Wir bringen hierdurch zur öffentlichen Kenntnis, daß das Dach des Faſelſtalles um⸗ bezw. neu eingedeckt werden ſoll. Die Angebotsunterlagen können im Rathauſe(Baubüro) eingeſehen und gegen Erſtattung der Selbſtkoſten bezogen werden. Der Eröffnungstermin findet am Samſtag, den 30. d. Mts., vormittags 10 Uhr ſtatt. Angebote ſind verſchloſſen, portofret und mit entſprechen⸗ der Aufſchrift verſehen bei uns einzureichen. Zuſchlags friſt 14 Tage. Viernheim, den 23. Okt. 1909. Großh. Bürgermeiſterei Vieruheim. Kühlwein. Grösste Ersparnis murſede Famiſſe! 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