3 1 — r 5 Vieruheimer Zeitung. Erſchetet breimal wichen Nenſtags, Bennerſtags u. Samſtags wit den Beitagen: „Sountagablatt“ u.„Sountagsfeier“. Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einfchließl. Trägerlohn d. die Poſt Mk. 1.14 vierteljährl. iernhei Telephon ⸗ Ruf 20. Amtsblatt — Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim. mer An Telephon⸗Ruf 20. eig Biernheimer Nachrichten. der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. Derbreitetſte und geleſenſte Jeitung in Viernheim daher bestes und wirkſamſtes Inſertions⸗ Organ. Anzeigenpreis: 12 Pfg. die 1⸗ſpaltige Petit⸗Zeile. Lokal⸗Anzeigen 10 Pfg. Reklamen: 80 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Berlin, 11. Januar. Der preußiſche Landtag wurde heute mittag 12 Uhr im Weißen Saale des königl. Schloſſes durch den Kaiſer mit einer Thronrede eröffnet. Nach voraufgegangenem Gottesdienſt im Dom und in der Hedwigskirche verſammelten ſich die Mitglieder des Landtages heute mittag im Weißen Saale des königl. Schloſſes, um der Eröffnung der neuen Seſſion durch den Kaiſer beizuwohnen. Dieſer erſchien um 12 Uhr, nahm aus den Händen des Miniſterpräſidenten die Thronrede entgegen und brachte ſie wie folgt zur Verleſung: Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häuſern des Landtages! Die Staatsfinanzen, wolche durch die Ungunſt der wirtſchaftlichen Verhältniſſe in Mitleiden— ſchaft gezogen waren, beginnen ſich infolge der allmäh⸗ lichen Wiederbelebung von Handel und Verkehr lang- ſa m zu beſſern, ſo daß ſich vorausſichtlich auch der für das laufende Etatsjahr veranſchlagte Fehlbetrag nicht unerheblich ermäßigen wird. Immerhin kann von den ſtaatlichen Betriebsverwal— tungen, insbeſondere der Eiſenbahn verwaltung, bei ihren ſtark geſtiegenen Selbſtkoſten auch für 1910 kein ſo hoher Zuſchuß zu den allgemeinen Staatsaus⸗ gaben wie in früheren Jahren erwartet werden. Dazu kommt, daß von den rund 200 Millionen Mark, durch welche die Beſoldungsaufbeſſerungen dieStaats⸗ kaſſe dauernd belaſtet haben, nur der kleinere Teil in neuen Steuern Deckung gefunden hat. Trotz größter Be— ſchränkung wird daher auch der Etatsentwurf für das kommende Jahr mit einem zwar gegen die Vorjahre ver⸗ ringerten, aber doch noch namhaften Fehlbetrage abſchließen. Dieſe Sachlage macht auch weiterhin mög⸗ lichſte Zurückhaltung in allen ſtaatlichen Aufwendungen zur Pflicht, um Einnahmen und Ausgaben nach und nach wieder auszugleichen. Dem vom Hauſe der Abgeordneten kundgegebenen Wunſche entſprechend, iſt in dem Entwurfe des Etats verſucht worden, zur Herbeiführung größerer Gleich— mäßigkeit im geſamten Staatshaushalt einer übermäßigen Inanſpruchnahme der ſchwankenden Eiſenbahnerträge für andere ſtaatliche Zwecke angemeſſene Schranken zu ſetzen. Zur Erweiterung und beſſeren Aus rü ſtung des St a a tseiſenbahnnetzes ſowie zur Unterſtützung von Kleinbahnen werden wiederum erhebliche Mittel an⸗ gefordert werden. Die Fürſorge für die ſchulentlaſſene Jugend erheiſcht eine weitere Ausbreitung und Entwickelung des Fortbildungsſchulweſens auch auf demplat⸗ ten Lande. Geſtützt auf die günſtigen Wirkungen des im Jahre 1904 für die Provinz Heſſen⸗Naſſau erlaſſenen Geſetzes wird meine Regierung Geſetze vorſchlagen, die Donnerſtag, den 16. Jan 26. Jahrgang. auch in den Provinzen Pommern, Schleſien und Weſtfalen den Kommunalverbänden das Recht verleihen ſollen, die Pflicht zum Beſuche ländlicher Fortbildungsſchulen einzu⸗ führen. Den Beſtrebungen zur Förderung der inneren Kolo— niſation, namentlich auch zur Seßhaftmachung von Arbeitern, wird fortgeſetzt die größte Aufmerkſam⸗ keit zugewendet. Ein Geſetzentwurf, der die Mittel zur Gewährung von Zwiſchenkredit bei Rentengutsgründungen erhöht, wird Ihnen demnächſt zugehen. Das älteſte der geltenden preußiſchen Gemeindever— faſſungsgeſetze, die Gemeindeordnung für die Rhein⸗ provinz vom 23. Juli 1845, vermag nicht mehr allen Anforderungen gerecht zu werden, welche die bedeutſame Entwickelung dieſer Provinz an die Gemeindeorganiſation ſtellt. Eine Novelle will dieſes Geſetz den Aufgaben der Gegenwart anpaſſen. WMährend die Reichsgeſetzgebung eine doppelte Heran— ziehung zu den direkten Staatsſteuern innerhalb des Reiches verhütet, fehlt es bisher für die direkte Kom- munalbeſteuerung an einem ähnlichen Schutze. Ein Geſetzentwurf ſoll die Möglichkeit ſchaffen, kommunalen Doppelbeſteuerungen innerhalb der einzelnen Bundes— ſtaaten im Verwaltungswege entgegenzutreten.— Um die als notwendig erkannte Reform der inneren Verwaltung zu fördern, habe ich im Juni des vergangenen Jahres eine beſondere Immediatkommiſſion ſachverſtändi⸗ ger und erfahrener Männer aus den verſchiedenſten Krei— ſen berufen, die unter dem Vorſitz des Miniſters des In⸗ nern ihre Arbeiten alsbald begonnen hat. Ihre gutacht⸗ lichen Vorſchläge werden die Grundlage für die weiteren Beſchlüſſe und für geſetzgeberiſche Vorlagen meiner Regie⸗ rung bilden. Ich vertraue darauf, daß auch Sie, meine Herren, alsdann bereit ſein werden, das für die Fort⸗ entwickelung des Landes wichtige Werk nach Kräften zu unterſtützen. Endlich harrt Ihrer noch eine ernſte Aufgabe. Die Vorarbeiten für eine Reform des Wahlrechts zum Hauſe der Abgeordneten ſind ihrem Abſchluſſe nahe. Eine Vorlage wird in einigen Wochen Ihrer Be⸗ ratung unterbreitet werden. Strenge Sachlichkeit und pflichtbewußte Staatsgeſin— nung wird, des bin ich gewiß, wie bisher die Ent⸗ ſchließungen der preußiſchen Landesvertretung leiten. Und ſo erhoffe ich von der bevorſtehenden Tagung ſegens— reiche Ergebniſſe für die Wohlfahrt des Vaterlandes. Nur keine politiſchen Fortſchritte. In ganz Süddeutſchland, wo man ſich im Laufe der letzten Jahre unter Führung des Centrums ein beſſeres Wahlrecht zum Landtag geſchaffen hat, wird man angeſichts der letzten Voraänge mit ſonderbaren Blicken nach Berlin ſchauen. Das heſſiſche Volk aber wird nun⸗ mehr ſicher mit Recht einen ungünſtigen Einfluß Preu⸗ ßens auf die Geſtaltung ſeiner verfaſſungsrechtlichen Zu⸗ ſtände erwarten; denn die Haltung, die die Reichsregie⸗ rung und die preußiſche Regierung am Dienstag im Reichstage ſowohl als auch bei der Eröffnung des preußi⸗ ſchen Landtages eingenommen haben, läßt keinen Zweifel darüber Raum, daß man in Berlin an maßgebender Stelle entſchloſſen iſt, den konſervativen Wahlſpruch: an dem Beſtehenden nicht zu rütteln, mit aller Entſchieden⸗ heit durchzuführen. In Mecklenburg hat man von Berlin aus nichts zu hoffen, und in Preußen wird alle Agita⸗ tion für ein wirklich beſſeres Wahlrecht erfolglos bleiben. Die Thronrede ſpricht ſich über die preußiſche Wahl⸗ rechtsfrage ängſtlich zurückhaltend aus. Es wird nur die Vorlage angekündigt ohne jeden Zuſatz. Jeder kann her⸗ ausleſen, was er will. Aber im Schlußſatz betonte der Kaiſer ſehr auffällig die Worte„ſtrenge Sachlichkeit“ und „pflichtbewußte Staatsgeſinnung“. Daraus darf man wohl den Schluß ziehen, daß man die kommende Wahl⸗ rechtsvorlage nur mit beſonderer Vorſicht ins parlamen⸗ tariſche Feuer zu ſchicken wagte. Die letzten Mitteilun⸗ gen über die Pläne der Regierung in der Wahlrechts⸗ frage ſind ſämtlich dementiert worden. Nur die Mel⸗ dung, daß die Oeffentlichkeit der Wahl beſtehen bleiben ſoll und daß über alles andere ein Beſchluß noch nicht gefaßt worden ſei, iſt bisher nicht beſtritten worden. Man braucht angeſichts deſſen kein großer Rater zu ſein, um darauf zu kommen, daß die Reform einen weſentlichen Fortſchritt nicht bringen wird. Es ſoll eben alles beim Alten bleiben, nur Nebenſächlichkeiten werden von der „Reform“ berührt werden. Man will eben die Rechte, die man hat, nicht preisgeben. Mit einem Landtage, der nahezu eine konſervativ⸗freikonſervative Mehrheit hat, iſt das preußiſche Regierungsideal trotz aller Kanalrebellen leichter zu erreichen als mit jedem anderen. Darum mußte auch der Vorſtotz in der mecklenburgi⸗ ſchen Angelegenheit, über die der Reichstag am Dienstag verhandelte, vergeblich bleiben. Preußen hat den er⸗ drückenden Einfluß in Deutſchland, vor allem in Nord⸗ deutſchland. Die Nachkommen der Itzenplitze und Köcke⸗ ritze, die ihrem damaligen Landesherren jene bedrohlichen Worte vom„fange wi di, ſo hange wi di!“ an die Haus⸗ türe ſchrieben, fühlen ſich natürlich erſt recht in aller Entſchloſſenheit, wenn ſie die preußiſche Regierung hinter ſich haben. Warum da nachgeben?! Ohne ein Nachgeben der mecklenburgiſchen Ritter aber iſt nichts zu machen; denn gegen ihren Willen läßt ſich ohne einen„Ver⸗ faſſungsbruch“ von oben nichts erreichen. Dieſen aber will der Großhersog natürlich nicht riskieren. Er hofft auf das Reich. Des Reiches preußiſche Regierung aber lehnt entſchieden ab. Was kann da die weitere Ver⸗ handlung des Reichstages noch erreichen? Nichts! Nur eine Hoffnung bleibt, die nämlich, daß der junge tat⸗ gelhſtliebe. Roman von Conſtantin Harro. (Nachdruck verboten.) Ihre Hand zitterte nicht, als ſie dieſe bedeutſamen, vielleicht auch ſeltſamen Worte niederſchrieb, aber es lag banger Ernſt in ihren grauen Augen. Daun machte ſie noch ſorgfältiger Toilette wie gewöhnlich— es konnte keine accurater angezogene Dame geben als ſie— und ging in den Park hinab, wo Friedel ihrer ſchon harrte. Sie hatten einen weiteren Spaziergang verabredet. Bellas Geſicht blieb bei dieſem Wandern ernſt, obgleich Friedel ſich in vorzüglicher Laune zu befinden ſchien. Er hatte ein Bild zu einem namhaften Preiſe verkauft, nachdem es auch von der Kritik als eine hochbedeutſame Schöpfung geprieſen worden. An ſeiner freudigen Stimmung erkannte Bella mit Genugthuung, daß„Heimatluft“ zuweilen doch das Allheilmittel für kranke Gemüter iſt. Denn, daß ſie ſelbſt... 2 Nein, ſie überſchätzte ſich nie. 5 Auf dem Rückwege raſteten ſie im Walde unter einer Rieſen⸗ eiche. Ein kunſtloſer Moosſitz umgab den knorrigen Stamm. Friedels Hände taſteten über des faſt völlig hohlen Baumes Rinde, bis ſie an einer Stelle anhielten, die undeutliche Zeichen trug. „Ein Kinderſpielplatz!“ ſagte er zu Bella, mit den Augen rundum jedes Zweiglein, jedes Hälmchen grüßend. „Dieſe Moosbank iſt mein Werk; hier in des Baumes Rinde gewahrt man noch die Ueberreſte eines E und E. In die Höhlung der Eiche kroch Etta, wenn ſie die„Fee“ ſpielte, die armen 52 Sterblichen im Schlaf einen Schatz in die Hände legt.“ „Sie waren der„arme Sterbliche!“ ſprach Bella ſinnend, mit traumhaften Augen. 5„Ich!“ beſtätigte er. „Wie ſah der Schatz aus, den die„Fee“ Ihnen bot?“ „O, verſchieden. Je nach der Laune der„Fee.“ Ein blankes Steinchen, eine Blume, duftendes Kraut... Einmal fühlte ich um meine Stirn einen kühlen Blätterkranz. Da riß ich nach Ettas Anſicht die Augen viel zu früh und viel zu weit auf. Aber wie ſollte ich nicht? Die Eichenblätter wurden dem ehr⸗ begierigen Knaben zum Lorbeerzweig.“ „Die„Fee“ hat Ihnen gegeben, was ſie geben konnte“, ent⸗ gegnete Bella.„Die„Selbſtliebe“ reichte Ihnen den erſehnten Lorbeer... Leider fehlt mir alles zum gütigen Zauberweſen. Und die Schätze, die ich auszuteilen habe, die mögen Sie ja nicht!“ „Da irren Sie!“ antwortete Friedel mit ruhiger Offenheit. „Weiß Ihr beſcheidener Sinn wirklich ſo wenig davon, daß Sie mir Tag für Tag Zaubergeſchenke gegeben haben?“ „Ich?— Ihnen?“ fragte ſie atemlos. Eine große Glückszuverſicht wollte in ihr emporſchießen, doch ein zager Blick in Friedels ruhige, klare Augen verdammte ſie wieder zur Reſignation. Es war ſo ſtill im abendlichen Walde, daß ſie das Raſcheln der Eidechſe vernahmen, die über dürre Blätter ſchlüpfte. Bellas Herz klopfte ſo ſtark, daß ſie vermeinte, Friedel müſſe die raſenden Schläge desſelben hören. Aber mit der Energie, die ihr innewohnte, bezwang ſie ihre Seelenangſt vor dem Reſultat der Entſcheidung, die ſie herbeiführen mußte, vor dem „alles oder nichts“, das ſie jetzt über ſich heraufbeſchwor. Laut und deutlich that ſie die ſonderbare Frage: „Herr Hemmſchuh, was bin ich Ihnen?“ Er ſah ſie groß an. Die Bläſſe und die eigentümliche Starrheit ihrer Züge begannen ihn zu beunruhigen. „Was Sie mir ſind?“ fragte er ſtaunend. „Wiſſen Sie das nicht? Das Beſte in der Welt; ein guter Kamerad.“ „O, über Euch Männer!“ ſprach ſie leiſe. „Fräulein Bella— Sie— Sie könnten?“ Jetzt erſt wußte er ihre Erregung zu deuten, und ſie er⸗ ſchütterte ihn. Wer weiß ſich nicht gern geliebt? „Darf ich alſo fürs ganze Leben Ihr guter Kamerad bleiben?“ fragte er kaum vernehmlich. „O gewiß! Schöneres, Lieberes wünſche ich mir nicht.“ „Dann, Bella...“ Er ſtreckte ihr die Hand hin.„Ver⸗ achten Sie mich nur deswegen, ich muß es doch in dieſer Stunde ſagen:„Werden Sie, die Vornehme, die Hochgeſtellte, das Weib eines armen Malers, der in einem Bauernhauſe geboren wurde.“ Kein Ton kam aus ihrer trockenen Kehle. Sie ſtarrte ihn ungläubig, faſſungslos an. Mit Zartſinn nahm er ihre ſchmalen, weißen, ariſtokratiſchen Hände in ſeine großen, muskulöſen, ſonnverbrannten Tatzen, zog die feinen Finger an ſeine Lippen und ſprach bewegt. „Bella, wollen Sie es denn wirklich mit mir wagen?“ „Ja!“ antwortete ſie einfach.„Ich kann es, weil ich Sie geliebt habe, ſo lange ich Sie kenne.“ Dann blieb ſie ſtumm. Endlich raffte ſich Friedel aus tiefem Nachdenken zu den Worten auf: „Sie kennen mich genau, Bella. Sie wiſſen recht gut, daß es mir lieber wäre, wenn hier nicht die Herrin von Welchersburg, ſondern ein armes Dorfmädchen neben mir ſäße. Ich verſtehe auch Ihre Liebe zu mir nicht und bin doch ſo froh, daß Sie alle Vereinſamung von mir nehmen wollen. Sie, ſo hoch über mir! Sie ſind berufen, den Beſten, den Klügſten unter allen Männern zu beglücken, von ihm beglückt zu werden. Und wollen eines ruheloſen Künſtlers Weib ſein, der kaum noch über ſeine Seele verfügt. Die hat er in der Welt draußen gelaſſen.“ „Ich weiß es“, entgegnete ſie zitternd, wie im Kältefroſt. „Dennoch glaube ich an unſer Glück!“ „Nehmen Sie mein Wort“, ſagte er ernſt,„daß ich alles thun werde, dieſen Glauben in Ihnen zu erhalten.“ Sie lächelte unter Thränen. „So wiſſen Sie wirklich nicht, daß die Bella, die Sie einſt in der Morgenfrühe hier im Walde trafen, damals ſchon mit Ihnen in die weite Welt gelaufen wäre, wenn Sie es verlangt hätten?“ (Fortſetzung folgt.) — kräftige Großherzog ſich zu der Einſicht durchringen moge, daß eine Verfaſſung, wie ſie Mecklenburg heute hat, keine Verfaſſung im modernen Sinne des Wortes iſt, daß ſie ſomit unter allen Umſtänden mit aller Entſchloſſenheit weiter bekämpft werden muß, bis ſie endlich fällt. Von der neuen Regierung des Reiches und Preußens aber iſt nichts zu erhoffen, ſobald es ſich um die Fort⸗ bildung der politiſchen Rechte des Volkes handelt. In dieſem Punkte iſt die in den Angelegenheiten des Kultus⸗ miniſteriums ſo ſehr liberale, kulturkämpferiſche Re⸗ gierung durchaus rückſchrittlich. —— Politiſche Rundſchau. (—) Statthalter Graf Wedel in Berlin. Der Statt⸗ halter der Reichs lande, Graf Wedel, reiſt am 14. Januar nach Berlin, wo er bis zum 19. Januar ver⸗ weilen wird. An dieſe Meldung knüpft die„Tägl. Rund⸗ ſchau“, das Hetzorgan des evangeliſchen Bundes, folgende kulturkampffreudige Betrachtung: Die Reiſe des Statt⸗ halters gilt in erſter Linie der üblichen Beteiligung an den Hoffeſtlichkeiten. Jedoch wird man annehmen dürfen, daß dieſer oberſte Repräſentant der Reichsgewalt in dem unruhigen Grenzlande mit den Berliner maßgebenden Stellen über klare und ſcharfe Richtlinien für die Politik gegenüber dem aufſäſſigen Treiben der Biſchöfe(1) ent⸗ ſprechende Verabredungen treffen wird. 10 Zur Wahlrechtsfrage äußerte ſich auf einer Ta⸗ gung des Berliner„fortſchrittlichen Jugendvereins Eugen Richter“ der Abg. Träger wie folgt: Bleiben wir bei unſerer Forderung ohne Klauſel. Ohne geheimes Wahlrecht iſt eine Reform nicht möglich für uns, dann kann ſich lieber die ganze Reform begraben laſſen. Die geheime Wahl iſt nicht eine Forderung der Partei, ſondern eine Frage der Gerechtigkeit, der öffent⸗ lichen Moral. Ihnen allen möchte ich zurufen: Bleiben Sie energiſch bei der Sache, bleiben Sie bei der Partei. Die Tätigkeit in Intereſſenverbänden kann die allgemeine politiſche Tätigkeit nicht erſetzen, ſondern höchſtens er⸗ gänzen.— Hierauf wurde eine diesbezügliche Organiſation einſtimmig angenommen. :: Bayern und die Schiffahrtsabgaben. Im baye⸗ riſchen Abgeordnetenhaus wurde am Montag bei Gelegenheit der Etatsberatung die Frage der S ch if f⸗ fahrtsabgaben zur Sprache gebracht. Verkehrsmini⸗ ſter v. Frauendorfer betonte, die bayeriſche Regierung habe ſich nicht der Notwendigkeit verſchloſſen, daß die Lage der Finanzen dazu zwinge, den weiteren Ausbau der Waſſerſtraßen von der Heranziehung der Inter⸗ eſſenten abhängig zu machen. Der dahingehende preu⸗ ßiſche Vrſochlag ſei ein wirtſchaftliches Programm ge⸗ weſen, das die Fortführung der Waſſerſtraßen nach dem Süden Deutſchlands ſicher ſtelle und gegenüber leicht zu tragenden Zuſchlägen große wirtſchaftliche Vorteile biete. Bayern werde auch in Zukunft ſeinen ganzen Einfluß aus⸗ üben, um eine Löſung der Frage auf der Grundlage des preußiſchen Entwurfs baldigſt herbeizu⸗ führen.— Dieſe Stellungnahme der bayeriſchen Regie- rung erklärt ſich aus dem hohen Intereſſe, das Bayern an einem möglichſt großen Ausbau des Kanalnetzes hat. Koloniales. — Die Kolonialdenkſchrift iſt ſoeben dem Reichstage zugegangen. Danach hat der Bergbau durch Diamanten funde einen„ungeahnten Aufſchwung“ erfahren. Am Schluſſe des Jahres ſtanden 97 gemeine(für Erz üſw.) und 422 Edelmineralſchürffelder in Tätigkeit. Die Baum⸗ wolle iſt in Deutſch-Oſtafrika nach und nach in eine ähnliche Stellung gelangt wie in Deutſch⸗Südweſtafrika die Diamanten. Um den Eingeborenen die Erhöhung der Produktion zu ermöglichen, haben größere Firmen an die baumwolltreibenden Eingeborenen beſtimmte Vor⸗ ſchüſſe ausgezahlt mit der Verpflichtung, daß ſie ſämt⸗ liche Erträge ihrer Felder an die Geſellſchaften gegen einen beſtimmten Normalpreis abliefern. Dieſe Ver⸗ träge, die die Denkſchrift anſcheinend für ideal hält, wer den aber im Reichstage jedenfalls noch Gegenſtand leb⸗ hafter Erörterungen werden, da ſie an die bekannten, hart angegriffenen Vorſchußverträge der Getreidehändler mit den ſüdruſſiſchen Bauern ernnern. Europäiſches Ausland. England. k Die förmliche Auflöſung des Parla- ments und die Ausſchreibung der Neuwahlen in England iſt am Montag erfolgt. Die betreffende Proklamation wurde gleich nach der Unterzeichnung des Königs der Kronkanzlei übergeben, welche ſofort mit der Ausgabe der Parlamentswahlbefehle begann. Ein neuer charakteriſtiſcher Zug bei dieſer Ausgabe war der Ge— brauch von Motorwagen, welche die Wahlbefehle den um London gelegenen Bezirken übermittelten. Auf dieſe Weiſe wurden 88 Wahlbefehle befördert, der Reſt wurde durch die Poſt verſandt. Chamberlain wird als einer der erſten, da kein Gegenkandidat aufgeſtellt iſt, als Vertreter des Wahlkreiſes Weſtbirmingham in das neue Parlament, das am 15. Februar zuſammentritt, zurückkehren. Portugal. Die Geheimpolizei will ein großes, überaus raf⸗ finiert angelegtes anarchiſtiſches Komplott gegen das Leben des Königs Manuel entdeckt haben. Bei den vorgenommenen Hausſuchungen wurden über 40 Verhaftungen vorgenommen. Unter den Verhafteten befinden ſich alte Anarchiſten, die ſeinerzeit bereits an der Verſchwörung gegen das Leben des Königs Karlos teilgenommen hatten. In der letzten Nacht haben die Polizeiwachen auf verdächtige Individuen geſchoſſen. Die Wachen ſind verdoppelt worden; in der Hauptſtadt herrſcht große Erregung. Türkei. * Die Bildung des neuen türkiſchen Kabinetts durch den bisherigen Botſchafter in Rom, Hakki-Bei, kann als gelungen angeſehen werden. Nachdem Mahmud Schefket ſich bereit erklärt hat, das Kriegsminiſterium zu über⸗ nehmen, iſt das Kabinett wie folgt konſtituiert: Inneres Talaat, Aeußeres Rifaat⸗Paſcha, Finanzen Dſch a⸗ vid, Marine Halil⸗Paſcha, öffentliche Arbeiten Ha⸗ ladſchian, geiſtliche Stiftungen an Stelle Hamada⸗ Paſchas der bisherige Senator Haidar-Bei. Beſon⸗ deres Intereſſe verdient es, daß der bisherige Fürſt von Samos Kopaszis das Ackerbauportefeuille übernimmt. Nail behält das Unterrichtsminiſterium bei; der bis⸗ herige höchſte Geiſtliche Aegyptens Said wird Scheich ul Islam. Das neue Kabinett iſt demnach durchaus als Komiteeminiſterium zu charakteriſieren. Die Harmo⸗ nie zwiſchen Hakki⸗Bei und den Jungtürken ſcheint alſo völlig hergeſtellt zu ſein. — ä—4u——— Deutſcher Reichstag. 7: Berlin, 11. Januar. Der Reichstag nahm heute ſeine Beratungen wieder auf. Auf der Tagesordnung dieſer erſten Sitzung dieſes Jahres ſtand die Interpellation über die mecklenbur⸗ iſchen Verfaſſungsverhältniſſe. Nach kurzer Begrüßung urch den Vizepräſidenten Dr. Spahn ſchilderte Abg. Dr. Linck⸗Roſtock(ntl.) als alter Mecklenburger, der das politiſche Leben Mecklenburgs der letzten Jahrzehnte miterlebt hat, die verfaſſungsrechtlichen Zuſtände in Meck⸗ lenburg vielfach in ſehr draſtiſchen Farben. Staatsſekre⸗ trä des Innern Delbrück gab als Vertreter des Reichs⸗ kanzlers die Erklärung ab, daß die verbündeten Re⸗ gierungen ein Eingreifen nicht für angängig erachten, worauf der mecklenburgiſche Bundesratsbevollmächtigte, Frhr. v. Brandenſtein, ein Eingehen auf die Inter⸗ pellation ablehnte. Der konſervative Abg. Graf Treu⸗ enfels betonte die Richtigkeit der Auffaſſung der Re⸗ gierung, im Gegenſatze zu dem linksliberalen Abg. Dr. Pachnicke, der den Standpunkt ſeines Landsmannes Link zu rechtfertigen verfuchte. Vom Centrum ſprach Abg. Groeber. Er behandelte die rechtliche Seite der Frage und kam zu dem Schluſſe, daß der Artikel 56 der Reichs⸗ verfaſſung hier nicht in Anwendung kommen könne. Es frage ſich aber, ob auf Grund des maßgebenden Landes⸗ geſetzes nicht der Landesherr ohne Zuſtimmung der Stände ie Frage löſen könne. Der Abg. v. Oertzen von der Reichspartei meinte, daß das Reich nicht bexechtigt ſei, den Einzelſtaaten eine Verfaſſung aufzuoktroieren. An der Debatte beteiligten 0 noch die Abgg. Frohme(Soz.), Treuenfels(konſ.) und Pachnicke(frſ. Bgg.). Hier⸗ auf vertagte ſich das Haus auf Mittwoch 1 Uhr. Auf der Tagesordnung ſtehen die Interpellationen wegen der Be⸗ amtenmaßregelungen in Kattowitz. Soziales. + Die ſozialdemokratiſchen Gewerkſchaften im Jahre 1909. Ueber den Mitgliederbeſtand der ſozialdemokra⸗ tiſchen Gewerkſchaften liegen in dem gewerkſchaft⸗ lichen Zentralorgan für das Jahr 1909 vor⸗ läufige Angaben vor. Nach den vergleichenden Ziffern von 38 Gewerkſchaften, die Ende September 1909 ins⸗ geſamt 1418 283 Mitglieder zählten, iſt der Rückgang auf gewerkſchaftlichem Gebiete im weſentlichen als über⸗ wunden zu betrachten. Jene Gewerkſchaften zählten Ende September 1908 1 409 051 Mitglieder. Der Ver⸗ gleich beider Zahlen ergibt eine Zunahme von 9032 oder 0,65 v. H. Von anderen drei Verbänden liegen noch vergleichende Ziffern für Ende Juni vor; ſie hatten zu dem angegebenen Zeitpunkte im Jahre 1908 65 943, dagegen im Jahre 1909 67151 Mitglieder, was einer Zunahme von 1658 entſpricht. Insgeſamt 41 Ver⸗ bände haben alſo binnen Jahresfriſt um 10 890 Mit⸗ glieder oder 0,74 v. H. zugenommen. Da dieſe Ver⸗ bände Ende September 1908 80,6 v. H. aller Gewerk⸗ ſchaftsmitglieder umfaßten, rechnet das Gewerkſchafts⸗ organ für die geſamten Gewerkſchaften mit einem Zuwachs von etwa 13 500 Mitgliedern im Jahre 1909. Sei ein derartiger Zuwachs auch gering, ſo bilde er doch ein„untrügliches“ Zeichen dafür, daß es wieder vorwärts gehe. In dieſer Meinung, deren Richtigkeit durch die endgiltigen Zahlen noch bewieſen werden muß, ruft das Gewerkſchaftsorgan die ſozialdemokratiſchen Ver⸗ bände dazu auf, die infolge der Finanzreform einge⸗ tretenen Preiserhöhungen„durch Erringung höherer Löhne auf die bürgerliche Geſellſchaft abzuwälzen“. Aus Stadt und Land. ** Das geheimnisvolle Raſiermeſſer. Zu dem Raſier⸗ meſſerfund im Taunus macht die Staatsanwaltſchaft folgende von der bisherigen Darſtellung abweichende Mit⸗ teilungen: Am 25. Dezember wurde von drei Touriſten in einer Blutlache in der Sprenghütte am Altkönig ein Raſiermeſſer gefunden, das ſie in der Wirtſchaft auf dem Fuchstanz ablieferten. Leider verſäumte der Wirt, ſich die Namen der Finder zu notieren. Gerichtschemiker Dr. Poop⸗-Frankfurt fand an dem Raſiermeſſer Menſchenblut. Wollfaſern und ein Menſchenhaar, das nach der Struktur von einem Kind ſtammen muß, und zwar, da es geſchnitten iſt, von einem Knaben. Die nähere Beſichtigung ergab das Vorhandenſein mehrerer Liter Blut, das von der Bank auf den hölzernen Fußboden gefloſſen und durch die Diele in das Erdreich gefickert war. Die Blutmenge war ſo groß, daß, wenn es ſich wirklich um einen Mord handelt, das Kind ſich an Ort und Stelle verblutet hat, worauf es weggeſchafft wurde. Auf einen Kampf zwiſchen Erwachſenen deuten die Spuren abſolut nicht hin. Die Polizeihunde, mit denen man den Wald ab⸗ ſuchen ließ, fanden auf einem Steinhaufen blutiges Pa⸗ pier, an dem ſich der Täter wahrſcheinlich die Hände abgewiſcht hat. Die Anſicht, es handle ſich um einen Selbſtmordverſuch, wurde dadurch erweckt, daß ſich zwei Tage vor dem Fund, am 23. Dezember, ein Mann aus Homburg erſchoſſen hatte. Gegen dieſe Annahme ſpricht aber vor allem die Tatſache, daß bei der Entdeckung am 25. Dezember das Blut noch warm und daß ferner die Blutmenge ſo groß war, daß ſie aus oberflächlichen Schnittwunden nicht herrühren konnte. Ein Erwachſener wäre nach ſolchem Blutverluſt nicht mehr im ſtande ge⸗ weſen, ſich noch fortzubewegen. ** Ein Fuchs in der Stadt. Gewiß als eine Selten⸗ heit kann es betrachtet werden, daß neulich ein Fuchs ſich in die waldentfernte Stadt Hochheim verirrte und der Hintergaſſe einen Beſuch abſtattete. Mit großem Hallo wurde ſogleich auf Meiſter Reineke Jagd gemacht, der ſich jedoch in ſeiner Schlauheit längere Zeit vor ſeinen Ver⸗ folgern zu retten ſuchte. Schließlich wurde ihm doch, wenn auch nicht gerade auf recht waidmänniſche Art, das Licht des Lebens ausgeblaſen. GPockenerkrankungen in Weſtpreußen. In Sandhof bei Marienburg ſind ſeit einigen Wochen 15 Erkran⸗ kungen an ſchwarzen Pocken vorgekommen. Ein Kind iſt geſtorben. Ein leichterer Fall wurde nach El⸗ bing verſchleppßt. Es ſind umfaſſende Vorſichtsmaßre⸗ geln durch Schutzimpfungen getroffen. * Bootsunglück auf der Schelde. Auf der Schelde bei Antwerpen wurde ein mit ſechs Soldaten beſetztes Ruderboot, das den Strom kreuzen wollte, von einem Schlepper erfaßt und zerſchnitten. Drei Soldaten ertranken, die übrigen wurden aufgefiſcht, aber le⸗ bensgefährlich verletzt ins Hoſpital gebracht. ** Eine Hundertjährige. In München vollendete die Gerichtsfunktionärswitwe Urſula Bürger am Diens⸗ tag ihr hundertſtes Lebensjahr. Die Greiſin, deren Geſicht und Gehör zwar nachgelaſſen haben, er— freut ſich einer ausgezeichneten Gedächtnisſchärfe und Energie. Zwei Töchter im Alter von 70 und 57 Jahren pflegen die Hundertjährige, der die Stadt eine Ehren⸗ gabe von 100 Mark überreichen ließ. Von der erſten ſchweizeriſchen Fliegerkonkurrenz. Aus Neuchatel wird gemeldet: Der zweite Tag der erſten ſchweizeriſchen Fliegerkonkurrenz auf dem Manöverfeld von Colombier brachte dem Aviatiker Carfagni mit einem Bleriot⸗Aeroplan ein Erfolg durch einen ſehr hübſchen 400-Meter⸗Flug, während der Zweidecker Voiſin, von Nigg(Genf) geführt, eine Havarie erlitt und aus⸗ ſchied. Der Flieger Dufaux(Genf) konnte ſich mit einem Apparat eigenen Syſtems nicht über den Erdboden erheben. * Die Einſturzkataſtrophe von Raihl. Die Bergbe⸗ hörde gibt bekannt, daß in Raibl eine Stunde vor dem Einſturz des Spitals von mehreren Ingenieuren erne Inſpektionsfahrt in die Grube unternommen wurde, um den Stollen, in dem Sprengungen vorge— nommen werden ſollten, zu unterſuchen. Es wurde ab— ſolut nichts Bedenkliches gefunden. Gerichtliche Schritte werden in der Angelegenheit erſt nach Ab⸗ ſchluß der bergpolizeilichen Unterſuchungen erhoben wer⸗ den. Die zwei Bergarbeiter, die die Sprengung in dem Stollen unterhalb des Spitals vornahmen, erzählen, daß ihnen infolge des ſtarken Luftdruckes beim Einſturz des Gebäudes die Grubenlampen verlöſcht ſeien. In dem⸗ ſelben Moment hätten ſie auch ſchon bis zu den Knien im Waſſer geſtanden. Glücklicherweiſe ſei ein Steiger mit einem brennenden Grubenlicht zu ihnen geſtoßen und habe ihnen den Weg in die Freiheit gewieſen. Von der Erde verſchlungen. Bei Saaz in Böhmen iſt Montag nachmittag in einer tiefliegenden Sandgrube infolge Untergrabung die ganze obere Erdſchicht abge— ſtürzt, wodurch die in der Sandgrube beſchäf⸗ tigten Arbeiter, deren Zahl bisher noch nicht feſt⸗ geſtellt werden konnte, unter den Erdmaſſen be⸗ graben wurden. Nach mehrſtündigen Anſtrengungen gelang es Polizei und Feuerwehr, bis zum Abend einen 70jährigen Arbeiter als Leiche auszugraben⸗ Nach den übrigen Verunglückten wird bei Fackelſchein weitergeſucht. 1 . Zwei Frauenmorde in Paris. Die Pariſer Lokal⸗ chronik wurde am Montag durch zwei Bluttaten be⸗ reichert: Die 72jährige Concierge eines Hauſes im Quar⸗ tier Batignolles, Witwe Cailland, wurde Montag morgen im Halsflur erdroſſelt aufgefunden. Des unbekannte Täter hatte es auf die ſoeben einkaſſierten Mietbeträge abgeſehen. 3200 Franes ſind geraubt wor- den.— Die zweite Mordtat wurde an der 55jährigen Witwe Rimoulle in Neuilly bei Paris verübt. Der Leichnam, der ſchwere Verletzungen an Stirn und Schläfe aufwies, wurde vor dem Wohnhauſe der Witwe gefun⸗ den. Man ſtellte feſt, daß Frau Rimoulle abends ihren Sohn zum Bahnhofe begleitet hatte und allein heim⸗ gekehrt war. Zwei italieniſche Apachen, die der Frau gefolgt waren, werden als tatverdächtig geſucht. Die Barſchaft und Schmuckſachen fehlten. ** Das verhängnisvolle Spielzeug. Im Pariſer Lu⸗ rembourg-Garten fiel einer der von Kindern als Spiel⸗ zeug benutzten, ziemlich großen Aeroplane mit der Spitze auf den Kopf einer Spaziergängerin. Der große 0 0 1 Hut und die Haarunterlage() der Dame fielen zur Freude der Umgebung zu Boden. Zwiſchen der Dame, die 150 Frank Entſchädigung verlangte, und den Eltern des jugendlichen Aviatikers entſpann ſich ein Wortge⸗ fecht, das vor dem Polizeikommiſſar endigte. Eine Eini⸗ gung konnte nicht herbeigeführt werden, ſo daß gericht⸗ liche Entſcheidung herbeigeführt werden muß. k Ein empfehlenswertes Regiment. Anläßlich der Ermordung der Frau Gouin durch Soldaten des 313 franzöſiſchen Infanterieregiments wird daran erinnert, daß der Direktor des Gefängniſſes von Melun Lantin ſchon vor ſechs Monaten bei der Militärbehörde den Antrag geſtellt hatte, daß fortab keine Soldaten des in Melun garniſonierenden Bataillons des 31. Infanterie⸗ regiments mehr als Wachtpoſten in die Gefängnishöfe ge⸗ ſtellt würden, da dies den Bock zum Gärtner machen heiße. Anſtatt die Strafgefangenen zu bewachen und ihre eventl. Flucht zu hindern, fraterniſierten die Sol⸗ daten mit den Zuchthäuslern, gaben ihnen heimlich Tabak und Lebensmittel und wechſelten ſkandalöſe Reden mit ihnen. Der Gefängnisdirektor fügte hinzu, er ziehe es bei weitem vor, gar keine Soldaten als Wächter des Gefängniſſes zu haben, als die des 31. Regiments. Auf eigene Kräfte angewieſen, werde er viel ruhiger ſein. Die Bitte wurde in der Tat gewährt, und ſeither ziehen die Soldaten vor dem Gefängniſſe nicht mehr auf Wache. * Vom Brand des Königsſchloſſes in Athen. Bei der Brandkataſtrophe, der ein großer Teil des Reſidenz⸗ ſchloſſes des Königs der Hellenen zum Opfer fiel, iſt es zu Eiferſüchteleien zwiſchen britiſchen und griechiſchen Truppen gekommen, die zu dem Ret⸗ tungswerk herbeigeeilt waren. Die griechiſchen Offiziere, die während des Brandes im Königspalaſte komman⸗ dierten, beſchwerten ſich darüber, daß die im Auftrage des engliſchen Geſchäftsträgers Elliot zur Hilfeleiſtung entſandte, mit der engliſchen Fahne ausgerückte Matroſen⸗ abteilung ſich allzu ſelbſtbewußt benommen habe. Der Geſchäftsträger habe nämlich anfangs an Meuterei ge⸗ glaubt und den Matroſen aufgetragen, die königliche Schatzkammer zu ſchützen. Es bedurfte erſt der Inter⸗ vention des Königs, um dies Mißverſtändnis aufzuklären. ** Die neuen Telephonbriefe in England. Wie aus London gemeldet wird, iſt das Syſtem der ſogenannten Telephonbriefe am Sonntag zum erſten Male in Anwendung gebracht worden und hat zur Freude des Publikums ſehr gut funktioniert. Mit dieſer neuen Einrichtung telephoniert man Briefe, die am Samstag mit der gewöhnlichen Poſt aus den Provinzen abgehen, am Sonntag vormittag den Adreſſaten nach einem Satz von 25 Pfennig für 30 Porte zu. Hierzu wird allerdings noch das gewöhnliche Briefporto gerechnet. Bekanntlich —— in England an den Sonntagen keine Briefzuſtellung tatt. * Zum Warenhausbrand in London. Bei den Auf⸗ räumungsarbeiten der Trümmer des kürzlich niederge⸗ brannten Warenhauſes Arding wurde die ver⸗ kohlte Leiche eines Mannes aufgefunden, von der man annimmt, daß es die des vermißten Angeſtellten iſt, der bei dem Feuer mehrere Mädchen vom Flammen⸗ tot errettet hat und bei einem letzten Verſuch durch den einſtürzenden Fußboden in die Tiefe geriſſen wurde⸗ — Ein Feuer in Lis burn bei Belfaſt in Irland griff ſo raſch um ſich, daß ſich die Bewohner des Hauſes, in dem das Feuer bald die oberen Stockwerke in ein ſie zu die gel Diebſtä 2 in Old die Erl ** gego /f den 7 verurf „Tim lebeut iſt. 5 bor ei bert e 40000 derſelbe ein gle inge. d ſprach, um di er bie lönne. det Ju — bekan Mähr Jan umme bon! 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De⸗ zember trat er dann eine neue Fangreiſe an, von der er noch vor Weihnachten von Cuxhaven zurückkehren wollte. Er iſt jedoch bisher nicht heimgekehrt und auch nirgends auf See geſehen worden.— Die Sammlungen für die Hinterbliebenen der verſchollenen Finkenwärder Fiſcher haben, obgleich noch lange nicht abgeſchloſſen, bis jetzt bereits 51000 Mark ergeben. * Verheerende Küſtenſtürme. Große Stürme wüteten am Montag an den Küſten von Nord- und Mittel⸗ england. Im Laufe des geſtrigen Nachmittags wurden namentlich ſchwer heimgeſucht die Landſchaft Ecoſſe und die Küſte von Nordweſtengland. Die Schiffahrt an dieſen Küſten iſt vollſtändig eingeſtellt. Man fürchtet von vielen Schiffen, die ſich auf dem Meere befinden, daß ſie mit ihrer Beſatzung untergegangen ſind⸗ Das offene Meer iſt von einem wütenden Orkan heim⸗ geſucht. Dazu herrſcht im Norden bittere Kälte; das Thermometer ſteht auf 53 Grad Fahrenheit. * Exploſion vor einem Warenhauſe. Vor dem großen Warenhauſe Printemps in Paris erfolgte Montag nachmittag ganz unerwartet eine heftige Exploſion— Eine große Platte, die eine unter dem Trottoir liegende elektriſche Kapſel bedeckt, wurde in die Luft geſchleu⸗ dert. Die Exploſion brachte ſämtliche Lichter im Warenhauſe zum Verlöſchen, gerade zu einer Stunde, in der das Haus von einer großen Menſchen⸗ menge, zumeiſt Frauen, dicht gefüllt war. Das plötz⸗ liche Verlöſchen der Lichter und die Detonation rief unter den Käufern und den Bedienſteten eine große Pa— nik hervor. Es entſtand ein fürchterliches Gedränge, bei dem einzelne Perſonen Verletzungen erlitten. Zahl- reiche Beſucher des Hauſes liefen mit Warenpaketen, die ſie zu bezahlen vergaßen, davon. Taſchendiebe benutzten die Gelegenheit, um in das Haus einzudringen und dort Diebſtähle zu begehen. Da in der Lichtzentrale alles in Ordnung war, ſo ſind die Behörden der Anſicht, daß die Exploſion auf einen Racheakt zurückzuführen ſei. ** Das Geſtändnis des Giftmiſchers. Der Gefreite des 8. franzöſiſchen Huſarenregiments Georges Fa— raco, der ſeine Kameraden der dritten Eskadron zu vergiften verſuchte, hat, nachdem er zwei Monate hart⸗ näckig geleugnet hat, jetzt ein umfaſſendes Ge⸗ ſtändnis abgelegt. Er bekannte ſich als den Urheber der Vergiftungsverſuche und wiederholte ſein Geſtändnis in einem Briefe an ſeine Eltern und den Oberſten des Regiments. Dieſer Brief wurde geſtern vor der dritten Eskadron verleſen. Faraco ſchreibt darin: Ich wollte die Vergiftungsverſuche, die in Oeſterreich verübt wurden und deren Urheber noch immer nicht gefunden iſt, nach⸗ ahmen, um mich des Soldaten Thomas zu entledigen. Ich habe mir deshalb Zyankali aus der Apotheke meines Vaters verſchafft und es in die Speiſen der Soldaten gegoſſen, ohne daran zu denken, daß ich dadurch auch den Tod anderer Soldaten, die davon genießen würden, verurſachen könnte. ** Die ſchwarze Perle. Die in London erſcheinende „Times“ erzählt eine Gaunergeſchichte, der eine bedeutende Londoner Juwelierfirma zum Opfer gefallen iſt.„Bei einem Juwelier in der Bond Street kaufte vox einiger Zeit ein angeblich aus Amerika ſtammender err eine ſehr ſeltene ſchwarze Perle, die er ſofort mit 40 000 Mark bar bezahlte. Nach einigen Monaten erſchien derſelbe Herr wieder bei dem Juwelier und verlangte ein gleiches Exemplar, da ſeine Frau ein Paar Ohr⸗ ringe daraus bekommen ſollte. Der Juwelenhändler ver- ſprach, ſich alle erdenklichen Mühen geben zu wollen, um dieſen„Zwilling“ zu beſchaffen, ſagte aber, daß er die zweite Perle nicht unter 70 000 Mark verkaufen könne. Der ausländiſche Käufer willigte ein. Nun erließ der Juwelier Kaufgeſuche in allen bedeutenden Fachzeit⸗ ſchriften, und tatſächlich wurde einer ihm befreundeten Firma eine ſchwarze Perle angeboten, die der erſten aufs Haar glich. Dieſe Firma kaufte das Kleinod von einem Franzoſen für 60 000 Mark; nun ſtellte ſich aber der amerikaniſche Käufer nicht ein, um die verlangte Perle abzuholen. Der Juwelier ſchöpfte Verdacht, und es ſtellte ſich heraus, daß die erſte und die zweite Perle ein und dieſelbe waren. Der vornehme Käufer hatte alſo unter dem Vorwand, eine zweite Perle zu ſuchen, »ſein eigenes Exemplar mit 20000 Mark Profit an den Mann zu bringen gewußt. Kleine Nachrichten aus Stadt und Land. Montag nachmittag ſtarb in Kiel plötzlich auf einem Spaziergang der Juſtizrat Rechtsanwalt und Notar Brandt, der in weiteren Kreiſen als Heimatdichter bekannt geworden iſt. „Im Kriegerſchen Stahlwerk in Oberkaſſel wurde dem 20jährigen Arbeiter Dörper von einem ins Rutſchen ge⸗ kommenen 2500 Kilo ſchweren Formkaſten der Kopf vom Rumpfe abgequetſcht— Der Leutnant T. vom Inf.⸗Regt. 181 in Chemnitz beging Selbſtmord durch Erſchießen. Das Motiv zur Tat iſt unbekannt. Ein plötzlich wahnſinnig gewordener Mann in Hei⸗ nersheim im Ahrtal verſuchte, ſeine Frau zu erwürgen. Man brachte ihn von ſeinem Opfer ab, worauf er ſich erhängte. Die Magdeburger Handſchuhmacher ſind wegen Lohn- differenzen in Streit geraten. Fünfzigtauſend Kubikmeter Erdbefeſtigung ſind am Bahnbau Sonneberg—Effelder eingeſtürzt. Grö⸗ ßere Dammrutſche zwangen zur Unterbrechung der Bahn⸗ arbeiten. In Czenſtochau wurden zwei aus Poſen ſtammende Polizeibeamte von Banditen durch zahlreiche Re⸗ volverſchüſſe getötet. Die Mörder nahmen ihren Opfern Uhren und Revolver ab und entkamen.. —— Aus Nah und Fern. — Mannheim, 12. Jan. Ein Ehedrama ſplelte ſich am Samſtag abend in dem Hauſe 166 Schwetzingerſtraße ab. Der Schloſſer Franz Anton Zündel aus Heidelberg kam, um ſeine bei ihrem Bruder ſich aufhaltende Frau, die ſich von ihm getrennt hatte, wleder zurückzuholen. Als die Frau dies ablehnte, zog Zündel einen Revolver hervor und ſchoß ſich in die linke Schläfe. Er war ſofort tot. — Lampertheim, 12. Jan. Der zur Zeit überall blühende Fußballſport hat es auch einigen ca. Jjährigen Bürſchlein von hier angetan. Sie wollten einen Fußball- Klub gründen. In erſter Linie gehört dazu ein Ball und um denſelben zu beſchaffen, entwendete einer derſelben ſeinen Eltern 10 Mark und damit machten ſie ſich auf den Weg nach Worms. Aber das Verhängnis nahte bald in Geſtalt eines Schutzmannes, dem das Gebahren der jungen Fußball- ſpieler auffiel. Sie wurden in Verhör genommen und, als die Herkunft des Geldes und die Verwendung desſelben bekannt war, die Eltern benachrichtigt, die ihren Sprößlingen wohl keinen allzu freundlichen Empfang bereitet haben dürften. — Elmshauſen, 12. Jan. In dem hieſigen Granit- und Syenitwerk der Firma Kreuzer u. Böhringer ereignete ſich ein Unglücksfall. Als morgens zwei Arbeiter im Begriffe waren, den Uebergang des Waſſerrades zu paſſteren, ſind plötzlich beide von dem Uebergang in die Tiefe hinabgeſtürzt. Der eine Arbeiter, ein Maſchiniſt, war auf der Stelle tot, der andere iſt ſchwer verletzt. — Griesheim, 12. Jan. Ein in der Bahnhofſtraße in Dienſten ſtehendes Mädchen war beim Waſchen am Waſch- keſſel durch Unvorſichtigkeit den Flammen zu nahe gekommen. Seine Kleider fingen plötzlich Feuer, ſo daß es lichterloh brannte. Die Bedauernswerte zog ſich ſchwere Brandwunden zu und wurde in das Darmſtädter Krankenhaus gebracht. — Neckar- Steinach, 12. Jan. Der 40 Jahre alte Metzger V. Wieder 2. aus einer Nachbargemeinde hat ſich in einer hieſigen Wirtſchaft, wo er übernachtete, erhängt. Zerrüttete Vermögensverhältniſſe ſollen den Mann in den Tod getrieben haben. — Aus der Pfalz, 12. Jan. Einen humorvollen Stadtrat beſitzt Mußbach. Dort wurde der durch ſeine großen Weinfälſchungen bekannte frühere Reichstagsabgeordnete Sartorius, der bekanntlich wieder in den Stadtrat gewählt wurde, jetzt auch in die„Waſſerkommiſſion“ gewählt.— In Dannſtadt nahm der Stallknecht Gg. Geiger verſehentlich zur Fütterung Chiliſalpeter ſtatt Viehſalz, ſodaß 18 Tiere ver- giftet wurden. Ein Teil der Tiere iſt eingegangen. — Gan- Odernheim, 12. Jan. Ein junger Soldat reichte eben ſeinem treuen Mütterlein, da der Urlaub zu Ende ging, die Hand zum Abſchied, als die Mutter plötzlich mit einem Auſſchrei zu Boden ſtürzte und bald darauf ihr Leben aushauchte. Die ſeeliſche Erregung beim Abſchied des geliebten Kindes hatte bei der guten Frau einen Schlaganfall zur Folge, dem ſie alsbald erlag. Als einer im benachbarten Framersbach wohnenden Freundin der auf ſo traurige Weiſe Verſchiedenen von dem plötzlichen Tode der Frau hörte, ſtürzte ſie ebenfalls vom Schlage getroffen augenblicklich tot zu Boden. Gerichtsſaal. e Friſeur Jünemann vor den Geſchworenen. Am Dienstag begann vor dem Schwurgericht des Landge— richts J in Berlin der für drei Tage anberaumte Pro⸗ zeß gegen den Friſeur Hans Jünemann, der das Raub⸗ mordes an ſeiner Geliebten, der 22 jährigen Verkäuferin Alice Rakowski, angeklagt iſt. Das Mädchen wurde am Morgen des 2. Oktober 1909 in dem Bäckerladen des Hauſes Weberſtraße 40, den ſie leitete, tot aufgefunden, ermordet durch einen tiefen Meſſerſtich in die Herzgegend. Es konnte nach wenigen Stunden feſtgeſtellt werden, daß die Rakowski in der kritiſchen Zeit den Beſuch ihres Geliebten, des Friſeurs Hans Jünemann, empfangen hatte. Jünemann konnte drei Tage lang nicht ermittelt werden. Am 24. Oktober trafen ihn Radfahrer im Grune⸗ wald, erkannten ihn auf Grund der veröffentlichten Photo⸗ graphien und riefen ihn an. Jünemann lief weg und unternahm einen Selbſtmordverſuch. Er verletzte ſich durch einen Revolverſchuß nur unerheblich am Kopfe und wurde verhaftet. Vor dem Unterſuchungsrichter leugnete Jüne⸗ mann, daß er einen Mord begangen habe und behauptete, daß er und ſeine Geliebte gemeinſam aus dem Leben ſcheiden wollten. Im Einverſtändniſſe mit der Rakowski habe er ihr ‚während er ſie im Arm hielt, den Stich ins Herz verſetzt. Dann aber habe ihm der Mut gefehlt, auch ſeinem eigenen Leben ein Ende zu machen. Dieſe Darſtellung erſchien anfangs glaubhaft, da die Rakowski kurze Zeit vorher mehrmals Selbſtmordabſichten geäußert hatte. Im Verlaufe der Unterſuchuna ſtellte ſich aber heraus, daß in der Kaſſe der Rakowski 93 Mark fehlten, die nur Jünemann geraubt haben konnte. Und in den letzten Tagen vor dem Morde hatte er die Rakowski mehrmals beſtohlen und bedroht. So wurde die An⸗ klage wegen Raubmordes erhoben. J Die Poſener Luſtmorde vor dem Schwurgericht. In Liſſa begann am Dienstag vor dem Schwurgericht die Verhandlung gegen den des vierfachen Luſtmordes beſchul⸗ digten Tiſchlergeſellen Valentin Koziol, deſſen ſchauer⸗ liche Bluttaten ſeinerzeit weit über die Grenzen der Pro⸗ vinz Poſen hinaus Aufſehen und Abſcheu erregt haben. Der Angeklagte iſt ein bereits über 60 Jahre alter und in Zuchthäuſern ergrauter Menſch. Der Vertreter der Anklage beabſichtigt, einen umfangreichen Indizien⸗ beweis zu führen, da es in keinem der vier zur An— klage ſtehenden Fällen gelungen iſt, Koziol direkt zu über führen. Er iſt wegen ſchwerer Sittlichkeitsverbrechen ſchon wiederholt vorbeſtraft. Die zur Anklage ſtehenden Fälle betreffen zunächſt die 67 jährige Witwe Katharina Smen⸗ tek aus Kabylin, die am 27. Juli 1909 in einem Roggen⸗ felde am Stadtwalde ermordet aufgefunden wurde. Der zweite Fall betrifft die 55 jährige Arbeiterfrau Roſine Sepolt aus Friedrichsweiler, die am 27. Juli unter gleichen Begleiterſcheinungen in der Nähe des Friedhofs der Gemeinde Friedrichsweiler ermordet aufgefunden wurde. Der dritte Luſtmord bezieht ſich auf die 65⸗ jährige Witwe Michalina Piaſecka, die am 27. Juli, alſo am gleichen Tage wie die Sepolt, beim Holzſam⸗ meln überfallen und getötet wurde. Auch bei ihrer Leiche wurde ein Luſtmord feſtgeſtellt. Der vierte Luſtmord, der Koziol zur Laſt gelegt wird, beweiſt, daß der Angeklagte auch nach der Richtung des Paragraphen 175 pervers veranlagt iſt. Der Tote, deſſen Perſönlichkeit noch nicht ermittelt iſt, wurde am 21. Juli im Walde bei Adelnau gefunden. Die Leiche zeigte den Typus eines etwa 16⸗ jährigen jungen Menſchen. Ein weiterer Teil der An⸗ klage gegen Koziol bezieht ſich darauf, daß er gegen einen ihm untergebenen Tiſchlerlehrling im Sinne des Paragraphen 175 ſich vergangen hat. Geſchäftliches. D Eine wichtige Frage für Damen iſt die Sorge um ihre äußere Erſcheinung. Welche Vertreterin des weiblichen Geſchlechtes wäre nicht noch ſo jung, daß ſie nicht„gut ausſehen“ möchte!— Es iſt das eine begreifliche, man kann ſogar ſagen, eine ſchätzbare Eitelkeit. Wer aber glaubt, durch künſtliche Hilfsmittel ein ſchönes Ausſehen er- zlelen zu können, der irrt. Das ſicherſte Schönheitsmittel iſt die Geſundheit. Und dazu verhilft nur die ſchon in den Zeiten des grauen Altertums viel angewandte Körperpflege und eine bernünftige Lebensweiſe. Friſche Luft, gutes Waſſer, leichte Koſt und reizloſe Getränke ſind dabei wertvolle Ver- bündete. Während bei der Koſt die reichſte Auswahl ſich bietet, iſt ſie bei den Getränken etwas beſchränkter. Da ſtellt ſich nun als willkommener Freund Kathreiners Malzkaffee ein. Dieſes geſunde Getränk können die Damen unbedenklich trinken; wegen ſeiner vorzüglichen Eigenſchaften, zu denen auch ein außergewöhnlich billiger Preis gehört, hat Kathreiners Malzkaffee ſeit 20 Jahren bei Millionen Aufnahme gefunden. Jeder Frau und Mutter kann die Einführung dieſes vorzüg⸗ lichen Getränkes im eigenen Haushalt empfohlen werden. Verantwortlich für die Redaktion: Wilhelm Bingener, Viernheim Bekanntmachung. Betreffend: Das Aushebungsgeſchäft 1910. Alle im Jahre 1890 geborenen Mllitärpflichtigen, ſowie diejenigen, welche dieſes Alter bereits überſchritten, aber ſich zur Muſterung noch nicht geſtellt haben, oder bei der Muſte⸗ rung 1909 zurückgeſtellt worden ſind, reſp. bei welchen über⸗ haupt eine entgültige Entſcheidung über die Dienſtpflicht noch nicht erfolgt iſt und die entweder im hieſigen Kreiſe ihr Domizil haben, oder ſich als Dienſtboten, Haus⸗ und Wirtſchaftsbeamte, Handlungsdiener, Lehrlinge etc. in demſelben aufhalten, haben ſich behufs ihres Eintrages in die Stammrolle während der Zeit vom 15. Januar bis 1. Feb⸗ ruar 1910 bei der Großh. Bürgermeiſterei ihres Wohn- reſp. Aufenthaltsortes unter Vorlegung ihres Geburtsſcheines zu melden. Bezüglich derjenigen Militärpflichtigen, welche zur Zeit abweſend ſind, haben deren Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot⸗ und Fabrikherrn dieſe Anmeldung zu vollziehen. Wir machen zugleich auf die Nachteile nach§ 25 der Wehrordnung aufmerkſam, die diejenigen treffen, welche ihre Anmeldung innerhalb des vorgeſchriebenen Termins unterlaſſen. Betreffend: Kohlenbedarf für die Schulen. Die Lieferung von 200 Zentnern Ruhrkohlen Nuß 2 ſoll öffentlich vergeben werden. Angebote ſind verſchloſſen mit entſprechender Aufſchrift verſehen bis 18. d. Mts., vormittags 11 Uhr bei uns einzureichen. Wir ſehen uns veranlaßt, nachſtehend die für unſere Gemeindekrankenverſicherung beſtehenden auf die Krankenmel⸗ dung etc. Bezug habenden Beſtimmungen erneut in Ecinnerung zu bringen. Hier nach iſt jedes Kaſſenmitglied verpflichtet, von dem Eintritt einer mit Erwerbsunfähigkeit verbundenen Krankheit entweder perſönlich oder durch einen Beauftragten ſofort bei uns Meldung zu erſtatten. Erſt auf Grund des ihm erteilt werdenden Kranken⸗ ſcheines kann(dringende Fälle ausgenommen) eine ärztl. Be- handlung auf Koſten der Kaſſe erfolgen. Es wird auch der Tag der Krankenmeldung bei uns als erſter Krankheitstag angefehen, falls nicht geſetzlich der nächſtfolgende als ſolcher zu gelten hat. Viernheim, den 10. Januar 1910. Großherzogliche Bürgermeiſterei Viernheim: Kü hglwe rn. Turn⸗Verein Viernheim Gut Am Sonntag, den 16. Jaunar d. Is., nachmittags 3 Uhr, findet im Gaſthaus„Zum Schützenhof“ Mitglieder versammlung ſtatt. Tagesordnung wird im Lokal bekannt gegeben. Zu zahlreichem Beſuche ladet freundlichſt ein Der Vorſtand. Zuschneiden, Richten u. Probieren der Damenbekleidung erlernt jede Kleidermacherin beſtimmt und ſicher nur in Zuſchneider- u. Meiſter⸗ fachſchule, zudrowicz, Mannheim, N 3, 15. Eintritt kann jede Woche Montags erfolgen. e Tanz⸗Juſtitunt Michael Hönig. 0 Am Freitag, den 14. ds. Mts., abends/ uhr Kerzen- Angebot free , Lanz-Ausus Klavier-, Kronen- ll. 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