U U N . N U Diernhei Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich: Dienſtag, Donnerſtag u. Samſtag mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: er Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. Ferbreilelle und geleſenſte Zeitung am ſieſgen Plate, daher heſtes und 0 Pfg. monatlich einſchließlich Trägerlohn; durch' die Poſt Mk. 1.14 vierteljährlich. Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim. e birfungsvoſſles Jnſerkions- Organ. Serie 4884. Viernheimer Nachrichten. Anzeigenpreis: 12 Pfennig die einſpaltige Petit⸗Zeile Lokal⸗Anzeigen 10 Pfennig. Reklamen: 30 Pfg. die Z⸗ſpaltige Zeile. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. — Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. Bei event. gerichtlicher Beitreibung oder im Falle eines Konkurſes kommt jeder Rabatt in Wegfall. demokratie. Nach den„Hottentottenwahlen“ zogen 43 Genoſſen „zieren“ 48 Sozialde⸗ 5 f Und wer iſt daran Schuld? Lediglich der Freiſinn, der durch ſeine unverfrorene Hetz⸗ arbeit, die mit der Reichsfinanzreform einſetzte, die So⸗ zialdemokratie ſich aus ſeinem Leder Riemen ſchneiden ließ. Der 4. Sozialdemokrat iſt am Freitag in Uſedom⸗ Wenn auch das Endreſultat im ſo iſt es doch zweifellos, daß der Kuntze(Sozial⸗ 10158 Stimmen, während der Konſervative v. Böhlendorff⸗Kölpin bisher nur 9456 auf einzelnen Ueckermünde zählte für Böhlendorff 3608, für Kuntze 5808, Uſedom⸗Wollin Die Wahlbeteiligung war um etwa acht bis neun Prozent Es wurden rund 1500 Stimmen mehr abgegeben. Nimmt man an, der Erſatz⸗ wahl bereits alle Hilfstruppen an die Urne rief, für Lager mehr vorhanden waren, dann ſtellt ſich heraus, daß die Libe⸗ zur Hälfte für Böhlendorff, zur anderen hat alſo der die Stellungnahme müſſe ehrlich da⸗ für geſorgt, daß der Konſervative an die Wand gedrückt in den Reichstag ein, ſeit Freitag mokraten das hohe Haus. Wollin gewählt worden. Augenblick noch ausſteht, ſozialdemokratiſche Kandidat geſiegt hat. demokrat) zählt bisher ſich vereinigte. Das Stimmenverhältnis in wichtigen Kreiſen ſtellt ſich wie folgt: für Böhlendorff 5848, für Kuntze 4350 Stimmen. ſtärker als bei der Erſatzwahl vor einer Woche. daß die Wahlbeteiligung der Sozialiſten bei Kuntze alſo keine Reſerven aus dem eigenen ralen ſich etwa Hälfte für Kuntze verwandt haben. Dadurch „Fortſchritt“ mit ſeiner Parole, den einzelnen Wählern überlaſſen bleiben, worden iſt. Der„Fortſchritt“ hat ſich bei allen Wahlen der letzten Zeit freiwillig oder unfreiwillig zum Schrittmacher der Sozialdemokratie hergeben müſſen, während er ſelbſt bei vereinzelten Siegen niemals auf eigenen Füßen ſtand, ſondern immer auf die Hülfe anderer Parteien, namentlich der Konſervativen angewieſen war. Noch vor wenigen Tagen wurde er in Jauer⸗Bolkenhain von vativen ehrlich herausgehauen, und in Uſedom Wollin bezeugt er ſeine„Dankbarkeit“ dadurch, daß er dem So⸗ zialdemokraten zum Siege verhilft. Das „Fortſchritt“. Den gebührenden„Dank“ freilich erntet er ſofort. Dem„Vorwärts“ nach hat der„Fortſchritt“ in Uſedom noch längſt nicht genug getan. Er ſchreibt:„Die Führer der Fortſchrittlichen Volkspartei— von den National⸗ liberalen ganz zu ſchweigen— können ſich freilich noch immer nicht zur Erfüllung ihrer politiſchen Pflicht auf⸗ ſchwingen. Das deutſche Volk will endlich den Entſchei⸗ dungskampf gegen die unerträgliche Pfaffen⸗ und Junker⸗ ſchaft auskämpfen. Die liberalen Führer laſſen es im Stich. Die Nationalliberalen haben ſich nicht geſcheut, in dem pommerſchen wie in dem heſſiſchen Wahl⸗ kreis die Parole zugunſten der verhaßten Konſervativen Der Schrittmacher der Sozial⸗ den Konſer⸗ nennt man 21. Juni 1910. auszugeben; der Partei der großinduſtriellen Scharf⸗ macher iſt der Sozialdemokrat ein größeres Uebel als der Junker und Agrarier. Aber auch die Fortſchrittler wagten nicht, die einzige, gerade vom Standpunkt des Liberalismus notwendige Entſcheidung zu treffen: keine Stimme den konſervativen Todfeinden der politiſchen Frei⸗ heit. Und da ſie auch vor dem Gegenteil zurückſchreckten, ſo enthielten ſie ſich jeder klaren Stellungnahme und überließen dies den Wählern. Dieſe ſpalteten ſich. Zur Zunahme unſerer Stimmen haben am meiſten unſere eigenen Reſerven beigetragen, nur ein Teil der frei⸗ ſinnigen Stimmen iſt unſerem Kandidaten zugefallen.“ Das iſt der Dank vom Hauſe Bebel. Den Dienſt, den der Fortſchritt der Sozialdemokratie geleiſtet hat, ignoriert man. Recht ſo! Die Herrſchaften haben es nicht anders verdient. Wenn man aber jetzt annehmen würde, den fortſchrittlichen Gehirnen würde jetzt endlich einmal ein Licht aufgehen, dann würde man ſich ſehr täuſchen. Der„Vorwärts“ ſchreibt in ſeiner Betrachtung über die Wahl in Pommern:„Die Sozialdemokratie iſt auf dem Marſche und unſere Aufgabe muß es ſein, alle Kräfte einzusetzen, die Gunſt der Umſtände zu nützen, und alles aufzubieten, daß die ſchönen Verheißungen der letzten Nachwahlen bei den allgemeinen Reichstagswahlen, die diesmal ſo bedeutungsvoll ſein werden, ihre Erfüllung finden.“— Trifft das zu, bricht die„rote Flut“ über Deutſchland herein, dann kann allein dem„Fortſchritt“ das„Verdienſt“ angerechnet werden, den roten Rittern die Steigbügel gehalten zu haben. Politiſche Rundſchau. IL Berlin, 18. Juni. — Der Kaiſer nahm am Samstag Vorträge ent⸗ gegen. Die Erkrankung des rechten Knies iſt im Rück⸗ gang begriffen. —* —) Prlötzlicher Miniſterwechſel in Preußen. Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ teilt an der Spitze ihrer Samstagsnummer folgendes mit:„Wie wir er⸗ fahren, iſt dem Staatsminiſter und Miniſter für Land⸗ wirtſchaft, Domänen und Forſten v. Arnim und dem dem Staatsminiſter und Miniſter des Innern von Moltke unter Belaſſung des Titels und Ranges eines Staatsminiſters die nachgeſuchte Entlaſſung aus ihren Aemtern erteilt worden. Beide ſcheidenden Miniſter er⸗ hielten die Krone zum Roten Adlerorden erſter Klaſſe mit Eichenlaub.— Der Oberpräſident der Rheinprovinz Kammerherr Dr. Frhr. v. Schorlemer wurde zum Staatsminiſter und Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten und der Oberpräſident der Provinz Schle⸗ ſien v. Dallwitz zum Staatsminiſter und Miniſter des Innern ernannt.— Das kommt ſo unerwartet, daß man im Augenblick ſprachlos iſt. 9 95 Ein parlamentariſcher Zwiſchenakt im bayeriſchen Bierkriege. Die Frage der Bierpreiserhöhung, die in den letzten Wochen in Bayern ſo viel Staub aufgewirbelt hat, war am Freitag anläßlich der Beratung des Soll⸗ etats Gegenſtand einer langen Debatte in der baheriſchen Abgeordnetenkammer. Alle Parteien waren darin einig, daß eine Erhöhung des Bierpreiſes um zwei Pfennig pro Liter infolge dernotwendig gewordenen Erhöhung des Malzaufſchlages nicht zu umgehen ſei, daß die Erhöhung aber als Konſumſteuer zu betrachten und infolgedeſſen nicht von den Brauern, ſondern von den Konſumenten zu tragen ſei. Der Finanzminiſter erklärte ebenfalls, daß eine Erhöhung des Bierpreiſes infolge des neuen Malzaufſchlages als gerechtfertigt anzuſehen ſei; es müſſe aber auch darauf geſehen werden, daß das Publikum ent⸗ ſprechend vollwertiges Bier bekomme. Das beſte Mittel, die Erregung anläßlich der Bierpreiserhöhung hintanzu⸗ halten, ſei Aufklärung der Bevölkerung über die Sach⸗ lage. Wenn die Bevölkerung den Bierboykott, wie er in einzelnen Gegenden jetzt durchgeführt werde, weiter fortſetze, ſo bedeute das für die Staatskaſſe eine erhebliche Mindereinnahme an Malzaufſchlag, die wohl oder übel durch eine ausreichende Erhöhung der direkten Steuern auf anderer Seite hereingebracht werden müſſe.— Alſo, ihr Bayern, trinkt Bier, damit ihr mit direkten Steuern verſchont bleibt! 510 Die Kritik des„Kulturträgerparagraphen“ der breußiſchen Wahlrechtsvorlage, ſoweit er die Militäran⸗ wärter betraf, hatte dem„Berl. Tagebl.“ eine Beleidi⸗ gungsklage ſeitens des ſchleſiſchen Provinzialverbandes des Bundes deutſcher Militäranwärter eingetragen. In⸗ kriminiert war vor allem ein Artikel„Blütenleſe“, in dem namentlich„die Beförderung der früheren Unteroffi⸗ ziere in die zweite Klaſſe, nicht etwa des Soldaten⸗ ſtandes, ſondern des Staatsbürgers“— ſo heißt es in dem Artikel wörtlich— in ironiſcher Weiſe abgetan wurde. Der Artikel ſchildert dann die Karriere eines Unteroffiziers, der als Ochſen⸗ oder Pferdeknecht ſeine Laufbahn beginne, um dann in der Armee zu lernen, „vor Offizieren die Hand an die Hoſennaht zu legen und den gemeinen Mann anzuſchnauzen“, und nach dieſer Vorbildung vom öffentlichen Leben wohl nicht viel ver⸗ ſtehe. Das Schöffengericht in Breslau fand in dieſen Aeußerungen eine abſichtliche Beleidigung und verur⸗ teilte den beklagten verantwortlichen Redakteur Zu 100 Mark Geldſtrafe. 510 Die„Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ und der Enzyklika⸗Streit. Die„Nordd. All. Ztg.“ ſchreibt in ihrer Wochenrundſchau: Die evangeliſchen Kundgebungen im Lande haben, wie wir mit Genugtuung feſtſtellen, bis⸗ her durchweg unter dem Zeichen des konfeſſionellen Frie⸗ dens geſtanden. Geheimrat Kahl, der Leiter der Vey⸗ ſammlung im Zirkus Buſch, hat mit beſonderem Nach⸗ druck ſeine Stimme erhoben, um in dieſem Sinne Zeug⸗ nis abzulegen. Der Konflikt iſt in einer Weiſe beige⸗ legt, wie es für das einträchtige Beieinanderleben der Hohe Schule. Roman von C. von Dorn au. Nachdruck verboten.) „Wie meinen Sie das? Denken Sie, daß ſie nicht wirklich Lola Aſtier heißt?“ „J bewahre! Es iſt doch ganz klar, daß das nur ihr Künſtlername iſt, unter dem ſie auftritt— jedenfalls mit Rück⸗ ſicht auf ihre Familie.“ Bergen beugte ſich lebhaft vor. „Bei Gott! Sie können recht haben!“ rief er haſtig.„Und dann kann ſie ja doch auch wirklich“— er brach blötzlich ab, und ſein Auge, das eben noch aufgeſtrahlt hatte, wurde wieder kalt und ſtarr.„Was hilft das alles?“ fragte er dann langſam mit einem bitteren Lächeln;„mag ſie geweſen ſein, was ſie will — fetzt iſt ſie ja doch nichts weiter wie eine— Kunſtreiterin!“ Er erhob ſich mit einem ſchweren Seufzer, trat an eins der breiten Fenſter, die nach der belebten Hauptſtraße hinausgingen, id blickte gedankenabweſend in das Treiben und Drängen der Menſchen da draußen. 0 „Wer das Leben in ſeinen unendlich reichen Wechſelbe⸗ ziehungen verſtehen will, muß auch den Erſcheinungen gerecht zu werden verſuchen, die außerbalb der eigenen Intereſſenſphäre liegen!“ Dr. Lüders ſprach es ſehr ernſthaft. Dann ſtand er gleichfalls auf. Er war mit dem Reſultat dieſer erſten Operation vollauf zufrieden und wußte als erfahrener Praktiker, daß man den Patienten nach vollendetem ärztlichen Eingriff ein wenig der Ruhe überlaſſen müſſe, um die Medizin wirken zu laſſen—— er zog ſeine Ubr und ließ ſie repetieren. „Schon halb ein Uhr! Da muß ich nachgerade an den Aufbruch denken— ich habe um ein Uhr eine Konſultation am anderen Ende der Stadt. Schauderbaftes Wetter draußen!“ Er trat neben Bergen in die Fenſterniſche und blickte gleichfalls hinaus: eich werde eine Droſchke nehmen müſſen— ach, Du lieber Himmel! Da ſteuert ia die berüchtiate Firma Scheerenbera und 441 Konſorten gerade auf das Hotel los— die wollen jedenfalls den Klub unſicher machen— da rette ich mich!“ „Aſſeſſor Scheerenberg iſt der einzige, den ich von dieſen drei Herren kenne— wer iſt der lange, hagere Herr mit der Raubvogelphyſiognomie?“ fragte Bergen, aus ſeinem Nachdenken emporfahrend. Er zwang ſich zur Unterhaltung— es kam ihm doch wohl zum Bewußtſein, daß er ſeinen getreuen Arzt recht wenig aufmerkſam behandelt habe. „Das iſt der Regierungsrat von Meſſerfeld, Scheerenbergs Intimus, und in ſeiner Art ein ebenſo gefürchteter Schwätzer wie dieſer— gegen dies Trio da erſcheint auch der blutigſte Klatſchkaffee zahm und milde!“ „Aber der würdige, alte Herr da mit dem glattraſierten, wohlwollenden Geſicht kann doch unmöglich—“ „Dieſer würdige, ſanftblickende, alte Herr iſt der Oberamt⸗ mann von Gablentz, anerkannt das gefährlichſte Mitglied dieſes modernen Fehmgerichts—— Scheerenberg iſt verhältnismäßig der Harmloſeſte— er ſchwatzt, weil er nicht anders kann— ſein innigſter Wunſch iſt, ſich überall als der kluge, allwiſſende Mann binzuſtellen, ſelbſt da, wo er im Grunde keine Ahnung hat—“ „In Fahrplänen zum Beiſpiel“, ſagte Bergen mit einem leichten Seufzer; er dachte daran, wie anders vieles für ihn ge⸗ kommen wäre, wenn er damals an Stelle des geſprächigen Herrn das deutſche Reichskursbuch zu Rate gezogen hätte—— „Meſſerfeld dagegen iſt der geiſtreichelnde Anekdotenerzähler, der Lebemann, der ſich durch eine pikante Bemerkung, ein zweldeutiges Bonmot intereſſant zu machen ſucht und dieſem Beſtreben rück⸗ ſichtslos den guten Namen ſeiner Mitmenſchen zum Opfer bringt — und der alte Oberamtmann endlich iſt boshaft— ganz ein⸗ fach boshaft aus reiner Freude an den Schwächen und Fehlern dieſer unvollkommenen Welt, die aufzudecken ihm ein diebiſches Vergnügen mucht——“ „Doktor. jetzt ſind Sie boshaft!“ „Nicht die Spur— ich führe nur an, was allbekannte Tat⸗ ſache iſt. Hören Sie den ſchönen Vers, den ein junger Neferendar auf die Herren gemacht hat: — Wer durchs Meſſer nicht gelitten, Wen die Schere nicht geſchnitten, Wird zuletzt, ob's ihn verdrießt, Von der Gabel doch geſpießt! Aber jetzt muß ich wirklich machen, daß ich fortkomme— guten Morgen, meine Herren! Leider keine Zeit, keinen Augenblick Zeit heute— bin ungemein beſchäftigt leider!“ Und Dr. Lüders empfahl ſich ſchleunigſt. Die Neuankömmlinge beachteten Bergen nicht ſogleich, der balbverborgen am Fenſter hinter der Gardine ſtand, und ſetzten das Geſpräch fort, das ſie draußen begonnen hatten. „Der kleine Graf Rex war natürlich auch ſternhagel voll“, erzäblte Scheerenberg:„und ſchwärmte ebenſo natürlich in dieſem Zuſtande wieder von ſeiner neueſten Flamme—“ „Das iſt wohl die ſchöne Schulreiterin draußen im Zirkus Ballini?“ fragte der würdige Oberamtmann mit ſanfter Stimme. Nein— die hat ihn anſcheinend abblitzen laſſen— ſie ſoll ja die reine Veſtalin ſein— augenblicklich huldigt er einer andern Dame aus der Zirkusgeſellſchaft— der reizenden Lili vom Drahtſeil— er meinte, ſie wäre ſo wundervoll gewachſen——“ Scheerenberg rieb ſich kichernd die Hände. „Nun, wenn Graf Rex das meint, wird's wohl ſo ſein“, ſagte der Regierungsrat; die lanaſame, nachdrückliche Sprech⸗ weiſe verlieh ſeinem ſcharfen, knarrenden Organ einen Tonfall, der ſeinen Worten ſtets ein gewiſſes Relief gab. Bergen wandte ſich mit einem Gefühl aufſteigenden Ekels um, ſchob den Vorhang zurück, grüßte die drei Herren ziemlich knapp und kühl durch eine ſtumme Verbeugung und verließ das Zimmer. Dann ſchritt er die teppichbelegte Hoteltreppe zum erſten Stockwerk hinauf, in dem ſich ſein augenblickliches Ab⸗ ſteigequartier befand. In ſeinem Salon angelangt, trat er wieder ans Fenſter und blickte ſtarr in den fallenden Regen. (Fortſetzuna folat.) Konfeſſionen nur gewünſcht werden kann. Wer es mit unſerem Vaterlande gut meint, ſoll es dabei bewenden laſſen.— Dazu bemerkt die„Tägliche Rundſchau“:„Das iſt alles, was der guten„Norddeutſchen“ im Laufe einer Woche zu dieſem Thema eingefallen iſt.“— Wir meinen, daß das, was der„Norddeutſchen“ in einer Woche zu dieſem Thema eingefallen iſt, tauſendmal mehr wert iſt, als die Makulatur, die die„Tägliche Rundſchau“ täglich verzapft hat. :: Das„letzte“ Ende des Talers. Der„Reichs⸗ anzeiger“ veröffentlicht die Bekanntmachung, daß die bei den Reichs⸗ und Landeskaſſen noch eingehenden Taler⸗ ſtücke deutſchen Gepräges(die alten Taler) durch Zerſchlagen oder Einſchneiden für den Umlauf unbrauch⸗ bar zu machen und alsdann dem Einzahler zurückzu⸗ geben ſind. Heer und Marine. § Das neue Quinquennat. Ueber die für den Herbſt angekündigte Militärvorlage will die„Mil.-Pol. Korr.“ erfahren haben, daß nach vorläufigen Abmachungen zwiſchen den preußiſchen, ſächſiſchen, württembergiſchen und bayeriſchen Kriegsminiſterien und dem Generalſtabe der Armee, ſowie dem Neichsſchatzamte— die anzufor⸗ dernden Neuaufſtellungen und Neugliederun⸗ gen auf mehrere Jahre verteilt werden ſollen, damit zur Deckung der Koſten teilweiſe die von 1914 ab frei⸗ werdenden Matrikularbeiträge der Einzelſtaaten verwen⸗ det werden können, die für 1911, 1912 und 1913 noch mit je 50 Millionen Mark jährlich gegen das Defizit von 240 Millionen im Etat⸗Soll von 1909 gehen. Die weſentliche Erhöhung der Präſenzſtärke werde in der Hauptſache nur die techniſchen Truppen— beſonders den in Regimenter zu gliedernden Train, die Telegraphen⸗ bataillone und das Luftſchifferbataillon— betreffen, während die eigentlichen drei Hauptwaffen wohl ver⸗ einzelte Umorganiſationen, nicht aber ſehr große Kaders⸗ Verſtärkungen erfahren ſollten. Ebenſowenig ſcheine eine Reubildung von Armeekorps im Weſten und Oſten— aus Teilen des 14., 15. und 16., ſowie 1. und 17. Korps— beabſichtigt. i Europäiſches Ausland. 1 Dänemark. : Vom Reichsgericht wurde am Freitag das Urteil im Prozeß gegen Chriſtenſen und Berg geſprochen. Der frü⸗ here Premierminiſter Chriſtenſen wurde freigeſprochen. Das Gericht gab der Meinung Ausdruck, daß die Mit⸗ teilungen über die Handlungen des früheren Miniſters Albetri, die Chriſtenſen zugingen, jedenfalls eine Un⸗ terſuchung erfordert hätten. Der andere Angeklagte, frü— here Miniſter Berg, wurde zu einer Geldbuße von 1000 Kronen und einem Anteil an den Prozeßkoſten verurteilt, weil er nicht rechtzeitig Unterſuchungen gegen Alberti vorgenommen hatte, als er Mitteilungen von der Unord⸗ nung in der von Alberti geleiteten Sparbank bekam. Frankreich. : Die„Kielereien“ ſind geſühnt. Das Marinekriegs⸗ gericht hat am Freitag in ſpäter Abendſtunde das Urteil in dem Prozeß wegen der Unterſchleife im Touloner Arſenal gefällt. Der Hauptangeklagte, der früher ſehr angeſehene Drogeriebeſitzer Jauze-Baloy, einer der Haupt⸗ liefarenten für das Marinearſenal, der wegen falſcher Lieferung, Unterſchlagung und Korruption von Ange—⸗ ſtellten des Arſenals angeklagt war, iſt zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt worden. England. : Der von den Suffragetten angekündigte große De⸗ monſtrationszug hat am Freitag in London ſtattgefunden. Mindeſtens 10000 Frauen der verſchiedenen Frauen⸗ vereine Englands, von denen viele aus der Provinz nach London gekommen waren, verſammelten ſich am Viktoria⸗Embankment und zogen durch die Straßen des Weſtends nach der Albert⸗Halle. An 3000 Banner wur⸗ den getragen, und 40 Muſikkapellen ſpielten auf. Jede Sektion ſtand unter dem Kommando einer Marſchallin mit untergebenen Offizieren. Angeführt wurde der Zug von der Generalin Mrs. Drumond hoch zu Roß. Neben ihr ritten Miß Kennedy als Obermarſchallin und zwei berittene Flügeladjutantinnen. Sämtliche Suffragetten⸗ offiziere tragen maleriſche Uniformen. Unter den Muſik⸗ kapellen befand ſich eine, die aus weiblichen Tromm⸗ lern und Pfeifern beſtand. 617 Frauen in weißen Kleidern ſtellten die Gefängnisſtrafen der„Märtyrerinnen“ dar. In der Albert⸗Halle wurden von den Führerinnen Reden gehalten und das Stimmrecht der Frauen befürwortende Beſchlüſſe angenommen. 5 Rußland. : Die Attentate in Rußland folgen einander ſchnell. Auf der Station Grodisk der Wiener Bahn wurde auf den Chef der Landpolizei und fünf ihn begleitende Gen⸗ darmen eine Bombe geworfen, durch die ein Gen⸗ darm getötet wurde. Drei Gendarmen wurden ſchwer, der Chef wurde leicht verletzt. Der Täter, der ebenfalls ſchwere Verletzungen davongetragen hat, wurde feſtge— nommen. Man bringt den Anſchlag mit der Ermordung des Gendarmerieoberſten Wonſiatski in Radom in Zu⸗ ſammenhang. 7 b 0 A Portugal. k Die Gerüchte über die Abdankung König Manuels von Portugal wollen trotz aller offiziellen Dementis nicht zum Schweigen kommen. Man ſpricht jetzt von ernſt⸗ lichen republikaniſchen Tendenzen in Portugal, nachdem es in voriger Woche geheißen hatte, der König wolle zu Gunſten ſeines Onkels Alfons von Braganza ab— danken. Das Kabinett hat demiſſioniert, und der König kann keine geeignete Perſönlichkeit finden, die die Neubildung übernehmen will. n. Perſien. : Die Ruſſen geben ihre Poſitionen in Nordperſien nicht nur nicht auf, ſondern befeſtigen ſie anſcheinend erneut. Aus Täbris geht die Nachricht ein, daß ruſſi⸗ ſche Kaſaken die drotige Ortspolizei gewaltſam entwaff⸗ nen und gefangen ins ruſſiſche Lager führen. Man be⸗ fürchtet, daß dieſe Maßregel große Unruhen zur Folge haben wird.— Schwerlich handelt es ſich hierbei um bloße Ausſchreitungen der Kaſaken; es wird ſchon etwas dahinter ſtecken. Amerika. Vereinigte Staaten. 1 Die Pankees haben ihn wieder, ihren Teddy. Unter ſtürmiſchen Ovationen einer großen Menſchenmenge, die aus allen Staaten Amerikas herbeigeſtrömt war, traf Theodore Rooſevelt am Samstag früh an Bord der„Kai⸗ ſerin Auauſte Viktoria“ an der Quarantäneſtation am Hudſon ein. Als Rooſevelt ſich dort an Bord des Boll⸗ kutters begab, begrüßten ihn die Signale der Sirenen ſämtlicher im Hafen liegenden Schiffe, während ein Schlachtſchiff und fünf Torpedoboote Salut ſchoſſen. Am Batterypark, wo Rooſevelt nach der Fahrt den Hudſon aufwärts an Land ging, war eine Tribüne errichtet, auf der 2500 geladene Gäſte, Mitglieder des Kabinetts, Bundesſenatoren, Kongreßmitglieder des Kabinetts, Mit⸗ glieder des diplomatiſchen Korps in Waſhington, Gou⸗ verneure, Bürgermeiſter und andere im öffentlichen Leben bekannte Perſönlichkeiten ſich befanden. Bürgermeiſter Gaynor hielt hier ſeine offizielle Begrüßungsanſprache, auf die Rooſevelt erwiderte. Alsdann fuhr er, begleitet von einer 300 Mann ſtarken Abteilung ſeiner alten Rauhreiter, in einem Zweiſpänner über den feſtlich ge⸗ ſchmückten Broadway nach dem Zentralpark, wobei er von zahlreichen Organiſationen und der Vereinigung der Vete⸗ ranen des ſpaniſch⸗amerikaniſchen Krieges, ſowie von einer unabſehbaren Menſchenmenge ſtürmiſch begrüßt wurde. Hierauf begab ſich Rooſevelt nach Oyſter Bay, wo ſeine Nachbarn gleichfalls eine herzliche Kundgebung veran⸗ ſtalteten.— Nooſevelts Ankunft iſt gleich von ſchweren Unfällen begleitet geweſen. Unmittelbar nach der Rooſe⸗ velt⸗Parade brach ein furchtbarer Gewitterſturm los, wo⸗ bei in Newyork zwanzig Menſchen auf verſchiedene Weiſe verunglückten. Ein Zirkuszelt wurde umgeblaſen, in dem 300 Zuſchauer, darunter viele Frauen und Kinder, ſich befanden. Es entſtanden Paniken, jedoch wurden alle gerettet durch die Geiſtesgegenwart der Angeſtellten und die Muſik, die weiterſpielte, bis alle geborgen waren. Schwere Stürme und Hagelſchläge werden aus allen Teilen des Landes gemeldet. Das Hochwaſſer in der Schweiz. (* Die Schwere des Unglücks, das die Schweiz be— troffen hat, illuſtrieren folgende Nachrichten: — Zürich, 18. Juni. Obwohl der Regen nachgelaſſen hat, treffen fortgeſetzt neue Unglücksnachrichten ein. In Stans läuten ſeit drei Tagen die Sturmglocken jeden Morgen. Obwohl 700 Mann beſtändig an der Arbeit ſind, konnte der von der Aar durchbrochene Damm noch nicht durch einen Notdamm erſetzt werden. Das Dorf Dallenwil iſt durch den reißenden Strom ſchwer gefährdet. In Luzern reicht das Hochwaſſer bis an das Hotel Schweizerhof. Viele Geſchäfte mußten geſchloſſen wer⸗ den, der See wächſt noch beſtändig. Brunnen liegt voll⸗ ſtändig unter Waſſer, die Dampiſchiffe können nicht mehr d be- Temesver e 5 2. 5 ug eee ogeschitzæ 6 Ne D ene 2 27 ee N 28 05 ne dg Y ee *— 5 2 28 2 88 8 8 e Nee 1 MS N d.. u Die Uberschwemmungsgebiete in Ungarn und der Schweiz. anlegen. Zwiſchen ihnen und den Landſtellen halten kleine Schiffe den Verkehr aufrecht. Militär iſt immer noch an den Rettungsarbeiten im Moutatal beteiligt. Oberhalb Brunnens ſind ſämtliche Brücken weggeriſſen, und bis jetzt elf Häuſer eingeſtürzt. Weitere Gebäude ſtehen in ſchwerer Gefahr. Die Bevölkerung iſt in voller Beſtür⸗ zung über das unerhörte Elend. Furchtbar hauſt das Element 1 1 im Kanton Graubünden. Im Prättigau hat der Schauſelsbach den Eiſenbahndamm zu beiden Seiten der hohen Eiſenbahnbrücke wegge⸗ ſchwemmt. Heute vormittag ſind ſechs Häuſer und zahl- reiche Ställe mit Vieh in den Wellen verſchwunden. Die Eiſenbahn von Kueblis nach Malans iſt auf mehr als zwei Kilometer Länge vollſtändig zerſtört. Alle Eiſen⸗ bahnbrücken bis auf eine ſind weggeriſſen. Die Wieder⸗ herſtellung wird mehr als zwei Monate dauern. Die Orte Grueſch und Schiers ſind vollſtändig abgeſchnitten, die Situation von Grueſch iſt troſtlos. Der Schuttkegel erhöht ſich beſtändig und läßt das Bergwaſſer nicht mehr abziehen. Schon ſind mehrere Häuſer verſchwunden. Auf dem Bodenſee iſt der Trajektverkehr nach Bregenz, Romanshorn und die Dampfſchiffahrt nach Schaffhauſen und Konſtanz ein⸗ geſtellt. Auf dem Artilleriewaffenplatz Frauenfeld ſteht das Munitionsmagazin unter Waſſer. Unter Lebensge— fahr gelang es den Offizieren mit Rekruten, einen Teil der Granaten herauszuholen. Zürich iſt ſchon die z we ite Nacht än tiefſtes Dunkel gehüllt, da die Gasan⸗ ſtalt immer noch unter Waſſer ſteht. Die Kalamität iſt groß. Beſonders fühlbar macht ſich namentlich der Mangel an Kochgas in den Wirtſchaften. Es muß zu den alten Beleuchtungskörpern und methoden gegriffen wer⸗ den. Es iſt ſehr fraglich, ob bis Sonntag das Gaswerk wieder funktioniert. Zur Wetterlage berichtet die mete⸗ orologiſche Zentralanſtalt. daß in den böberen alvinen Regionen ein wahres Prachtwetter eingetehrt iſt. Das Nebelmeer liegt bis zur Höhe von 1300 Meter. Darüber herrſcht wolkenloſer Himmel mit leichter Brieſe und hoher Wärme. In den letzten Tagen hat trotz der rieſigen Niederſchlagsmengen nur eine geringe Abnahme der Schneehöhen ſtattgefunden. Am Südfuß des Alpenwaldes iſt es vollſtändig heiter und ſehr warm. — München, 18. Juni. Das Hochwaſſer der Donau hat Ingolſtadt erreicht. Die untere Stadt wird von den Pionieren geräumt. Der Friedhof iſt ſchrecklich verwüſtet. Aus dem Ammerwald kommen Nachrichten von großen Verheerungen durch das Hochwaſſer. Die Straßen ſind entweder auf Kilometerhälfte weggeriſſen oder vermurt. In Farchant bei Garmiſch arbeiten immer noch Pioniere. In Ulm und Neu-Ulm, wo die Feſtungsgräben unter Waſſer ſtehen, ſind zahlreiche große Gärtnereien zer- ſtört. Das Militär arbeitet Tag und Nacht, um den Dammrutſch zu verſtopfen. Die ſtädtiſchen Kollegien be⸗ willigten für die durch das Hochwaſſer in Bayern Ge⸗ ſchädigten 30 000 Mark. Die Kataſtrophe in Südungarn. — Budapeſt, 17. Juni. Grauenhaft lauten die neu⸗ eſten Nachrichten über die Ueberſchwemmung aus dem ſüdöſtlichen Ungarn. Die aus der Gegend zwiſchen Lu⸗ gos und Orſova melden, daß dort 20 Ortſchaften und mehr als 350 Menſchenleben dem Hochwaſſer zum Opfer gefallen ſind. Genaue Verluſtziffern ſind aber noch un⸗ bekannt, und wahrſcheinlich weit höher, da alle Eiſen⸗ bahnen und Straßenverbindungen dieſer Gegend völlig ruiniert ſind. Allein im Orte Berszaszka ſind 40 Häuſer und 100 Menſchen von den Fluten weggeſchwemmt. Zur Kataſtrophe im Ahrtal. — Trier, 17. Juni. Zugunſten der Ueberſchwemmten des Ahrtals ordnete Biſchof Korum für nächſten Sonntag in allen Kirchen der Diözeſe Trier eine allgemeine Kollekte an. — Köln, 18. Juni. Nach den neueſten Mitteilungen wird der Schaden im Ahrtal auf über vier Millionen Mark geſchätzt. Die Staatsregierung läßt mitteilen, daß ſie nur an ſolche Leute aus Staatsmitteln Unterſtützungen geben könne, deren Exiſtenz direkt bedroht iſt. Die Stadt Bonn hat geſtern 5000 M., die Stadt Aachen 2000 M. bewilligt. — Bonn, 18. Juni. Nach den neueſten Ermitt⸗ lungen werden im Ahrtal zahlreiche deutſche Bahnarbeiter vermißt. Viele ausländiſche Bahnarbeiter beraubten die Leichen und verſchwanden. — Schlettſtadt, 18. Juni. Geſtern wurde der Haupt⸗ rheindamm, ungefähr drei Kilometer oberhalb von Die bolsheim, in einer Breite von 25 bis 30 Meter durch das Hochwaſſer zerriſſen. Die Waſſermaſſen überflute⸗ ten das Gelände der Gemeinden Diebolsheim und Frieſen⸗ heim. Pioniere aus Straßburg und Soldaten der Ma⸗ ſchinengewehrabteilung aus Schlettſtadt ſind an Ort und Stelle. Von der Luftſchiffahrt. Robl zu Tode geſtürzt. Ein früherer Meiſter auf dem Zement, der viele Jahre hindurch zu den populärſten Radrennſahrern ge⸗ hörte, der Münchener Thaddäus Robl, iſt, nachdem er ſich bekanntlich vor einiger Zeit der Aviatik zugewandt hatte, am Samstag in Stettin bei einem Aufſtieg abge⸗ ſtürzt und ſo ſchwer verletzt worden, daß unmittelbar darauf der Tod eintrat. Es wird gemeldet: g — Stettin, 18. Juni. Heute nachmittag begann auf dem Kreckower Felde bei Stettin die Stettiner Flugwoche. Um 7 Uhr 45 Minuten ſtieg Thaddäus Robl-Steglitz auf einem Farmanapparat zu einer Höhe von etwa 100 Meter empor und umkreiſte in elegantem Fluge den weſtlichen Teil des Feldes. Plötzlich ging ein Schreckens⸗ ſchrei durch die Menge: Aus einer Höhe von 20 Meter ſauſte der Apparat zur Erde nieder, den Flieger unter ſich begrabend. Raſch war Hilfe zur Stelle, leider zu ſpät. Robl hatte einen Genickbruch erlitten und war ſofort tot. Er war genau vier Minuten geflogen und hatte ſich etwa 1000 Meter vom Startplatz entfernt. Ein mißglückter Paſſagierſlug. Bei London ereignete ſich ein Flugunfall, der glück⸗ licherweiſe verhältnismäßig glimpflich ablief. Als näm⸗ lich Grahame White zu Brooklands in der Graſſchaft Kent mit Lady Abdy als Paſſagier auf ſeinem Zwei⸗ decker flog, verſagte die Maſchine, als ſie eben einen Bach überflogen hatten, und ſtürzte aus einer Höhe von zehn Fuß zur Erde. Die Maſchine wurde zertrüm⸗ mert; White und ſeine Paſſagierin blieben unverletzt. Probefahrt des Reiſeluftſchiffs„3. 7“ Der„Z. 7“, das erſte für einen geregelten Reiſe⸗ verkehr beſtimmte Luftſchiff, iſt Samstag früh 7 Uhr 10 Minuten in Friedrichshafen zu ſeiner erſten Probe⸗ fahrt aufgeſtiegen. In der Reiſekabine hatten vier Per⸗ ſonen Platz genommen. Graf Zeppelin ſteuerte ſelbſt. Die Fahrt ging ohne Zwiſchenſall von ſtatten und auch die Landung erfolgte glatt. Die Abfahrt des Luftſchiffes nach Düſſeldorf erfolgt Montag oder Dienstag abend. Der„Z.*“ erſcheint trotz ſeines gegen die früheren Mo⸗ delle um einen Meter größeren Durchmeſſers ſchlank und gefällig. Wie beim„Z. 6“ ſind die beiden Aluminium gondeln unter dem Laufſteg eingefügt. Die Reiſekabine iſt etwas nach vorn in den Laufſteg eingelaſſen. Zu heiden Seiten ſind je fünf große Fenſter aus Zelluloid. Auf jeder Seite der Kabine ſind fünf zweiſitzige Bänke angebracht. Frau von Schoenebeck-Weber vor den Geſchworenen. bec Allenſtein, 18. Juni. Zu Beginn der heutigen Verhandlung erklärt Kriegs⸗ gerichtsrat Conradi: Ich habe geſtern das Wichtigſte ver⸗ geſſen, was ich zu Gunſten der Angeklagten anzugeben habe. Herr v. Göben hat ſtets betont, daß der Entſchluß, den Major zu töten, von ihm ausgegangen iſt. Auch ſpäter hat er immer wieder hervorgehoben, daß das von ſeiner Seite der Fall war. Kriegsgerichtsrat Reichard hat ſeiner geſtrigen Aus⸗ ſage hinzuzufügen, daß vor einigen Wochen Hauptmann Deuetlmeſſer aus Berlin zu ihm geſagt habe, Hauptmann v. Göben habe ſchon im Oktober 1907 Gift zu beſorgen . erbte aue Un blendung, erſt it e laſtet, w. ſchwiegen m mich jemand brechen noch: N ich ſchol habe. mit bon Mannes 9 Bruder ei 5 geuge: 1 Rechtsanm mit Jbte peröffentl einen At laſſen.— Artikel g bollſtändi. ſich der n Zeuge: 9 Ritter ſeinet So aus anſtä durchaus ſeine Per nicht pha und nück von Göb ſeine un! daß Göb eine Unn Eindruck; Er Har et durchau Iauytn Göben zuß ſtets fü Charakter Hiera bittet fol rſtrige 9 Oberſtleut gefaßt wo weſen, daf unterbleibe es in der Ekotti Ber 7 nd kde tun haben deren . Ae Momente ſtraftechl gegen ſie eine Mer er zur lenz Set zu berni ber Frau lediglig Uhr ber 10 0 en Hahl fur eh 3 0 0 verſucht. Ferner wurde geſtern geſagt, daß der Gerichts- herr Erzellenz Scotti der Verhaftung der Frau von Schönebeck entgegengearbeitet habe, um einen Skandal zu vermeiden. Ich möchte ausdrücklich erklären, daß Exzellenz Scotti niemals eine derartige Auffaſſung ge⸗ habt und daß er mir gegenüber wiederholt ſich gerade entgegengeſetzt ausgeſprochen hat. Exzellenz Scotti würde eine derartige Auffaſſung mit Entrüſtung zurückgewieſen haben. Hierauf wird der Brief verleſen, den Hauptmann v. Göben an ſeinen Bruder aus dem Gefängnis geſchrieben hat, der an ihn nach Allenſtein, Hotel Kronprinz, ge⸗ richtet iſt:„Mein lieber Oskar! Habe Dank für Deinen lieben Brief, den ich vollkommen verſtehe. Ich verſichere Dir, ich will keine falſche Schonung für die, die, wie ich jetzt eingeſehen habe, ebenſo im Bann des Verbrechens war, wie ich ſeit einem halben Jahre im Taumel des Verbrechens gelebt habe. Erſt geſtern abend iſt mir der ganze Umfang des Gräßlichen, die Gemeinheit und Ver⸗ blendung, in der ich gelebt habe, klar geworden. Jetzt erſt iſt es mir klar geworden, wie ſehr mich das be⸗ laſtet, was ich bisher für dieſe fürchterliche Frau ver⸗ ſchwiegen habe. Ich habe Dir verſprochen, nicht Hand an mich zulegen, und will es auch nicht tun. Aber kann jemand leben mit dem Gefühl, daß er das gemeinſte Ver⸗ brechen begangen hat?“ In einer Nachſchrift heißt es noch:„Zu Deiner Beruhigung teile ich Dir mit, daß ich ſchon vorher an Kriegsgerichtsrat Conradi geſchrieben habe. Wenn es möglich iſt, ſoll er noch vor 5 Uhr zu mir kommen, damit ich das Fürchterliche los werde.“ Vorſ.: Sie hatten Ihren Bruder ſchon vorher ge— ſprochen. Was hatten Sie ihm da geſagt?— Zeuge: Meine Gedanken waren nur darauf gerichtet, wie meinem Bruder zu helfen ſei. Er hatte mir geſagt, daß er Frau v. Schönebeck unter dem Tannenbaum geſchworen hatte, die Tat zu vollbringen, nachdem ſie ihn vorher mit Klagen über ſchlechte Behandlung ſeitens ihres Mannes gequält hatte.— Vorſ.: Haben Sie auf Ihren Bruder eingewirkt, daß er dieſe Frau ſchonen ſoll?— Zeuge: Ja; er iſt aber darauf nicht eingegangen.— Rechtsanwalt Bahn: Haben Sie über die Unterredung mit Ihrem Bruder eine Erklärung in den Zeitungen veröffentlicht?— Zeuge: Ja, es war eine Antwort auf einen Artikel, den Frau v. Sch. hatte veröffentlichen laſſen.— Rechtsanwalt Bahn: Haben Sie in dieſem Artikel geſchrieben, daß Sie Ihren Bruder in einem vollſtändigen Traumzuſtand gefunden haben, und daß er ſich der meiſten Dinge nicht mehr entſinnen konnte?— Zeuge: Ja, in dem Sinne lautete es. Rittergutsbeſitzer v. Broich, der Göben ſchon von ſeiner Schulzeit kannte, ſchilderte ihn als einen durch⸗ aus anſtändigen Charakter, der trotz ſeiner Waffentaten durchaus zurückhaltend war, bei ſeinen Erzählungen nie ſeine Perſon in den Vordergrund ſtellte und überhaupt nicht phantaſtiſch und überſchwänglich, ſondern eher trocken und nüchtern war.— Hauptmann Poel ſagt ebenfalls von Göben aus, daß ſein hervorſtechendſter Charakterzug ſeine unbedingte Wahrheitsliebe war. Er glaube nicht, daß Göben jemand zuliebe, jedenfalls niemand zuleide, eine Unwahrheit geſagt hätte. Zeuge hat niemals den Eindruck gehabt, daß Göben Liebeleien mit Frauen hatte. Er war ſtets hilfsbereit für Freunde; außerdem war er durchaus diskret. Hauptmann a. D. Treichel(Charlottenburg) iſt mit Göben zuſammen von der Kriegsſchule aus ins Regiment eingetreten und kannte ihn von Jugend auf. Er ſchätzte ihn ſehr hoch ein bis zu dem Moment, wo er in nähere Beziehungen zu Frau v. Schönebeck trat. Er hat ihn ſtets für einen ehrenwerten, anſtändigen und vornehmen Charakter gehalten. Hierauf tritt Kriminalkommiſſar Wannowski vor und bittet folgende Erklärung abgeben zu dürfen:„Meine arſtrige Ausſage in Verbindung mit der Ausſage von Oberſtleutnant Tupſchewski iſt vollkommen irrtümlich auf⸗ gefaßt worden. Es war niemals davon die Rede ge⸗ weſen, daß die Feſtnahme der Frau von Schönebeck zu unterbleiben hätte mit Rückſicht auf den Skandal, den es in der Armee hervorrufen würde. Als ich Erzellenz Scotti Bericht erſtattete, war ich begleitet von Kriegs- gerichtsrat Conradi und Oberſtleutnant Tupſchewski. Wir hatten damals als Material gegen Frau v. Schönebeck nichts weiter als die paar mißglückten Verſuche, von ihr ein Schuldbekenntnis zu erhalten und das mündlich ab⸗ gelegte Geſtändnis Göbens, die Frau ſei vollkommen un⸗ ſchuldig, und er ſei allein zu der Tat gekommen. Aller⸗ dings hatte ich bei den Recherchen eine ganze Menge von dem erfahren, was hier in der Verhandlung erör⸗ tert worden iſt und was geeignet wäre, wenn es in die Oeffentlichkeit käme, einen großen Skandal hervorzurufen und Exiſtenzen zu gefährden, die mit der Tat nichts zu tun haben. Ich habe deshalb nach Rückſprache mit den Herren Conradi und Tupſchewski Exzellenz Scotti in der Weiſe Bericht erſtattet, daß ich die ſtrafrechtlichen Momente kurz zuſammenfaßte und ſagte:„Wir haben ſtrafrechtlich gegen Frau v. Schönebeck gar nichts. Wenn gegen ſie weiter vorgegangen würde, dann würde das eine Menge von Skandal in die Oeffentlichkeit bringen, der zur Sache ſelbſt nicht gehört.“ Darauf ſagte Exzel⸗ lenz Scotti:„Es iſt auch meine Abſicht, nicht Exiſtenzen zu vernichten. Im übrigen habe ich mit der Feſtnahme der Frau v. Sch. gar nichts zu tun. Ihre Verfolgung iſt lediglich Sache der Staatsanwaltſchaft.“ Hierauf wurde die Weiterverhandlung auf Montag 10 Uhr vertagt. Ein ſchweres Eiſenbahnunglück in Frankreich. () Ein ſchwerer Eiſenbahn unfall, bei dem 18 Perſonen getötet und 23 verletzt wurden, hat ſich am Samstag auf dem Bahnhof Villepreux ereignet. Auf der Eiſenbahnſtation Villepreuk der weſtlichen Staatsbahn⸗ ſtrecke mußte ein Perſonenzug angehalten werden, weil die Lokomotive defekt geworden war. Die Paſſagiere folgten der Aufforderung, auszuſteigen. Man ſagte ihnen, daß der auf demſelben Gleiſe aus Verſailles kommende Eilzug durch Signale angehalten würde, und daß man nur auf das Signal:„Bahn frei“ warte, um mit einer neuen Lokomotive die Fahrt fortzuſetzen. 45 Minuten lang pro⸗ menierten die Paſſagiere auf der Station. Plötzlich brauſte der Eilzug mit voller Kraft über eine Kurve heran; in demſelben Augenblick hörte man aber auch ſchon ein furchtbares Jammergeſchrei— eine größere Zahl— 40— Männer, Frauen und Kinder, die nichts⸗ abnend ſich auf dem Gleiſe bewegt hatten, wurden über⸗ fahren. Die Bahr der Toten beträgt 18. Beim Zu⸗ ſammenſtoß des Eilzuges mit dem Perſonenzuge wurden der Lokomotivführer und der Heizer getötet, mehrere Kon⸗ dukteure verwundet. Von den Paſſagieren des Eilzuges wurden einige, die ſich im Speiſewagen befanden, erheb⸗ lich verletzt. Eine weitere Nachricht lautet: Paris, 19. Juni. Die Unterſuchung ergab, daß der Maſchiniſt des Eilzuges die Signale ſowie die War⸗ nungszeichen der letzten Minuten unbeachtet ließ und mit 102⸗Kilometer⸗Geſchwindigkeit anſtatt der vorge⸗ ſchriebenen 80 Kilometer heranbrauſte. Nur ſechs von den 18 Leichen ſind bis jetzt rekognoſziert worden, die Ge⸗ ſichter der anderen ſind vollſtändig verkohlt. Unter den Toten befindet ſich ein Urenkel des deutſchen Sozialiſten. chefs Karl Marx ſowie der bekannte Sportsmann Worms und deſſen Sohn. Von ſchwer Verletzten ſind 25 ge⸗ borgen worden; weitere Verunglückte werden unter den Trümmern vermutet. Heute morgen ſollten die Loko⸗ motiv⸗ ſowie Waggontrümmer mittels Materialzuges no- Verſailles gebracht werden. Dieſer Zug entgleiſte, un vier Wagen liegen zertrümmert auf der Böſchung. Die Schilderung eines Augenzeugen, des Stationsbeamten Paty von Villepreux lautet:„Ich war mit unter den erſten Löſchmännern, die vor 15 Jahren in den brennenden Wohltätigkeitsbaſar in der Rue St. Goujon in Paris eingedrungen ſind, aber ſo gräßlich die damaligen Eindrücke auch waren, die von geſtern agend überſteigen in ihren Einzelheiten alles, was die Phantaſie erſinnen kann. Ich habe ſieben Per⸗ ſonen, die furchtbar verſtümmelt waren, unter den Trüm⸗ mern herausgezogen; ein Kind von vier Jahren iſt in meinen Armen geſtorben. Alle Verwundeten lechzten nach Waſſer. Leider waren die Vorräte der Station zu gering. Unter den Perſonen, die ich hervorholte, befand ſich ein etwa 30jähriger Mann mit zertrümmertem Schädel, aus welchem das Gehirn hervorquoll. Der Arm einer etwa 25jährigen Frau war durch eine Waggontür vom Rumpfe getrennt und lag der Verletzten, die herzerbrechend jam⸗ merte, zu Füßen.“— Der Maſchiniſt des Eilzuges Leduc erklärte, daß er die auf Halt ſtehenden Signale nicht geſehen hat, weil er im entſcheidenden Augenblick mit Nachfüllen von Waſſer beſchäftigt geweſen war. Dieſe Auskunft ſcheint den Fach⸗ leuten ſonderbar, da ſolche Arbeiten dem Heizer zufallen. Die Eiſenbahngeſellſchaft erklärt ſich ſelbſtverſtändlich für den Fehler ihres Angeſtellten haftbar.. Aus Nah und Fern. — Mörlenbach, 20. Juni. Die Landwirtſchafts⸗ kammer für das Großherzogtum Hiſſen beabſichtigt in dieſem Jahre im Kreiſe Heppenheim eine Tierſchau und Ausſtellung kandwirtſchaftlicher Produkte unſeres Kreiſes zu veranſtalten. Als Ausſtellungsort iſt unſere Gemeinde auserſehen. Auch der landwirtſchaftliche Bezirksverein hat bereits beſchloſſen, ſich daran zu beteiligen und am letzten Sonntag in Rimbach 250 Mark zum Arrungement und zur Gewährung von Preiſen bewilligt. Es ergeht ſchon jetzt an die Kreisbewohner die Bitte, dieſe Ausſtellung recht ſtark zu beſchicken und auch einen zahlreichen Beſuch derſelben hinzuwirken. — Lindenfels, 20. Juni. Das einjährige Kind der Eheleute Mehring geriet unter ein Bierfuhrwerk und erlitt ſo ſchwere Verletzungen, daß es geſtorben iſt. — Mannheim, 20. Juni. Ein wertvolles Vermächtnis fällt der Stadt Mannheim zu, wenn einmal Geh. Kom⸗ merzienrat Reiß, ein opferwilliger Ehrenbürger Mann⸗ heims, die Augen ſchließt. Reiß hat der Stadt die etwa 100 Hektar große, zum Waldpark gehörige Faſaneninſel geſchenkt mit der Beſtimmung, daß an dem jetzigen ur⸗ waldähnlichen Charakter des Waldes, der die Inſel be⸗ deckt, nichts geändert wird. Der Wald, in dem es nament⸗ lich von Faſanen und Kaninchen wimmelt, birgt herrliche Laubholzbeſtände, vor allem vielhundertjährige Eichen. Zwei herrliche, rings von Hochwald umſchloſſene Wieſen ſollen der Jugend und den Erwachſenen zu Tummelplätzen zugewieſen werden. Reiß hat in den letzten 30 Jahren keinen Baum fällen laſſen. Der typiſche Charakter des Rheinwaldes iſt deshalb in ſeltener Vollkommenheit er⸗ halten geblieben. — Mainz, 20. Juni. Dieſer Tage gab ein gutge⸗ kleideter Herr auf der Straßenbrücke in Mainz mehrere ſcharfe Schüſſe in die Luft ab. Als ein kleines Mädchen an dem Schützen vorüberging, packte er es und verprügelte das Kind. Paſſanten führten den Mann auf die Polizei⸗ wache. Dort erklärte er, er könne ſich nicht helfen vor den ihn verfolgenden Spatzen, deshalb habe er nach ihnen geſchoſſen. Es iſt der Weinreiſende Joſef Fiſcher aus Wiesbaden. 8 + Mainz, 19. Juni. Der geſtern dahier abgehaltene heſſiſche Städtetag ſprach ſich einſtimmig gegen den Antrag der Erſten Kammer auf Beſteuerung des landwirtſchaftlich benutzten Grunbvermögens nach dem Ertragswert auf der Baſis der jetzt gültigen Grundſätze des Vermöͤgensſteuergeſetzes aus. Bezüglich der Einführung der Billetſteuer nach der Vorlage des Landtags iſt der Städtetag der Anſicht, daß ſie von den jeweiligen örtlichen Verhältniſſen abhänge. — Pfungſtadt, 20. Juni. Einen q 1alvollen Tod bereitete ſich eine im mittleren Alter ſtehende Witwe von hier. Sie ſuchte ſich mit Vitriol zu vergiften. Trotz ärztlicher Hilfe ſtarb ſie, nachdem ſie zwei Tage unter den entſetzlichſten Schmerzen gelitten hatte. — Friedrichsfeld, 20. Juni. Ueber das ſpurloſe Verſchwinden des Architekten Reiß von hier wird nunmehr bekannt, daß er ſich nach Amerika geflüchtet hat. Er ließ ſich ſowohl hier als auch auswärts große Betrügereien zu ſchulden kommen. Aus Stadt und Land. * Schulkinder als Feldarbeiter. Bei der Inſpizierung von Landſchulen in einer Gemeinde in der Nähe von Czernowitz fehlten 140 Schulkinder im Alter von 6 bis 14 Jahren. Die Recherchen ergaben, daß die Kinder als Feldarbeiter nach Rumänien und Ruß⸗ land herübergeſchmuggelt waren, um bei den dortigen Grundbeſitzern Arbeit zu leiſten. Die Behörde hat eine Unterſuchung eingeleitet. ** Ein Mord nach fünf Jahren entdeckt. In Bamberg in Bayern iſt der Mörder entdeckt worden, der am 7. Januar 1905 den Bäckermeiſter Schtich auf offener Strate erſchlagen hat. Der Mörder, Arbeiter Baier, verbüßt zurzeit eine einjährige Gefängnisſtrafe. Wirtshausge⸗ ſpräche, die dieſer Tage wieder auftauchten, haben die Polizei auf die Spur gebracht. Der Mörder iſt der Tat bereits überführt. * 40 Häuſer in Flammen. In Schwabſtedt bei Fried⸗ richſtadt brach, wie aus Huſum telegraphiert wird, ein Großfeuer aus, das bis zum Nachmittag 17 Häuſer, dar⸗ unter auch die Kirche und die Sparkaſſe, vernichtete. Nach neueren Meldungen ſollen 40 Häuſer von den Flammen ganz oder teilweiſe zerſtört ſein. Im Laufe des Nachmittags war es den von allen Seiten herbeige— eilten Feuerwehren gelungen, des Brandes Herr zu werden. Die Urſache des Brandes ſteht noch nicht feſt. ** Die Rache des Kunden. In origineller Weiſe rächte ſich ein junger Mann in Braunſchweig an einem Schneider, der ihm einen ſchlechtſitzenden Anzug geliefert hatte und ſich weigerte, ihn zurückzunehmen. Um dem Publikum zu zeigen, wie ſehr er hereingefallen ſei, zog er den Anzug an und heftete ſich ein großes Plakat auf den Rücken, auf dem geſchrieben ſtand:„Dieſer ſchlecht ſitzende Anzug iſt für 88 Mark von der Firma N. N., .. ſttraße, geliefert.“ Damit ging er dann auf den belebteſten Straßen der Stadt einher und erregte natürlich großes Aufſehen. Lokale Nachrichten. * Viernheim, 21. Juni. » Fernſprech Anlagen. Im Jutereſſe möglicht früh⸗ zeitiger Inangriffnahme der Arbeiten zum weiteren Ausbau der Fernſprechanlagen iſt es erforderlich, daß die Anmeldungen neuer Fernſprechanſchlüſſeſpäteſtens bis zum 25. Juli den Kaiſerlichen Telegraphenanſtalten vorliegen. Verſpätet angemeldete Anſchlüſſe, die infolge deſſen außerhalb des Bauplans nur mit Mehraufwendungen(z. B. durch beſondere Entſendung einer Baukolonne uſw.) herzuſtellen ſind, werden in dem Laufe des Bauabſchnitt nur dann ausgeführt, wenn die Antragſteller zu den entſtehenden Mehrkoſten einen Zuſchuß von 15 Mk. leiſten oder wenn dieſe Mehrkoſten den Betrag von 50 Mk. überſteigen, den wirklich aufgewendeten Koſtenbetrag er ſtatten. m. Der Radfahrer⸗Berein„Vorwärts“ begeht am 28. Auguſt l. J. ſein 10-jähriges Stiftungsfeſt. Mit der Feier iſt auch ein Blumenkorſo verbunden, dem man in Radlerkreiſen das größte Intereſſe entgegenbringt. Zahlreiche auswärtige Brudervereine beteiligen ſich an der Feſtlichkeit. Den bereits eingeſetzten Vorarbeiten zufolge, wird die Stiftungs⸗ feier in großem Rahmen gefelert. Den feſtgebenden Verein begleiten unſere beſten Wünſche!„All Heil!“ Marktbericht. Weinheim, 18. Juni. Schweinemarkt. Zugeführt 207 Stück Milchſchweine, verkauft 207 Stück, das Paar zu 32— 48 Mk. Läufer waren keine zugeführt. Verantwortlich für die Redaktion: Wil helm Bingener, Viernheim Eingeſandt. Ein Schlag ins Geſicht dem Proletariat. Beraubt hat man unſere Jungens, die das 12. Jahr erreicht und damit berechtigt waren für ihr Geld die hieſige Zeich iſchule zu beſuchen, um ein hochbedeutſames Bildungs⸗ mittel. Das erlaubte ſich der Vorſtand der hieſigen Hand⸗ werkerſchule. Der Einſender möchte ſich erlauben zu fragen: Wer war es, der die Zeichenſchule beſuchte? Gewiß Jungens des Proletariats. Dieſe Schule, die ſchon ſeit Menſchenalter von der hieſigen Gemeinde unterſtützt und gepflegt wurde, in der ſchon mancher hervorragender Arbeiter, Handwerker, Archi- tekt den Grunbſtein fur ſein ſpäteres Fortkommen gelegt hat, dieſe Schule möchte man ſich erlauben, ſo leichterdings ver⸗ ſchwinden zu laſſen. Warum, iſt mir und einigen Proletarianern nicht bekannt. Da wir uns auch zu dem großen daray inte- reſſterten Ganzen gehören, möchten wir uns erlauben, auch mit uns zu rechten. War es vielleicht Mangel an Eifer der Schüler, war es vielleicht ſehlendes Geld? Ei, da gebt doch den Schülern die Schule frei, ohne Bezahlung wie es in früheren Jahren war. Will denn die Gemeinde die Sache nicht unterſtuͤtzen? Erlaubt ſich ja unſere Ortsbehörde ſzlendit zu ſein den feſtgebenden Vereinen gegenüber bei Vergebung von Juxplätzen, wo ja Hunderte gewonnen werden, da kann ſich auch das Proletariat zuſammenſchließen und verlangen: Gebt unſeren Jungen, die 12 Jahre alt, Gelegenheit zur gewerb⸗ lichen Ausbildung, gebt ihnen die Zeichenſchule und zwar frei! Einige Proletariauer. Von einem hieſigen Ortsbürger erhielten wir beteits vor. Woche das vorſtehende„Eingeſandt“ mit der Bitte um Aufnahme. Auf eingezogene Erkundigung haben wir erfahren, daß die Klage berechtigt, da die betr. Zeichenſchule bereits an Oſtern eingegangen und zwar aus Mangel an den notwendigen Geldmitteln. Wenn nun auch die Form des Eingeſandt nicht gerade gluͤcklich gewählt ſein mag, ſo geben wir demſelben doch Raum, da es gut gemeint iſt und wir uns der Anſicht nicht verſchließen können, daß das Eingehen dieſer Zeichen⸗ ſchule für unſere ſtrebſame Jugend tatſächlich zu bedauern iſt. Es würden ſich gewiß Mitte! und Wege finden, um die Zeichenſchule wieder ins Leben zu rufen. Unſerem verehrl. Ortsvorſtand ſei die Erledigung dieſer Angelegenheit in dieſem Sinne hiermit recht warm empfohlen. Die Redaktion. 0 Die. 9 Stätltische Sparkasse Weinheim unter Garantie der Stadtgemeinde Weinheim 9. verzinst sämtliche Einlagen 0 u mit 4 Prozent. 0 Kassenstuaden: jeden Werktag von 9—12 und 3—5 Uhr. 9 Telephon-Nr. 23. Heimsparbüchsen. Turn ⸗Genoſſenſchaft„Germania“ A. 40 IE Heil Die Herren Vorſtands mitglieder werden biermit auf heute Dienſtag, den 21. Inni, abends 9 Uhr in das Lokal Gaſthaus„zum goldenen Karpfen“ zu einer 1 Sitzung ergebenſt eingeladen. Der Vorſitzende. „Gut Wegen Platzmangel werden 1 Mäion Backsteine billigst abgegeben bei Carl Brenner Backsteinfabrik, Osthofen. Fußballklub„Allemania“ Viernheim Dienſtag, den 21. Juni, abends halb 9 Uhr findet im Vereinslokal„Zum grünen Baum“ eine 2 Komitee-Sitzung ſtatt.— Um vollzähl iges Erſcheinen bittet Der 1. Vorſitzende. Brieftaubenverein Heimatliebe“ Viernheim. 15— 20 Paar junge Brieftauben können von einigen Züchtern abgegeben werden. 797 N 1.50 Mk. pro Paar. Eltern gutgereifte 4 2 N Tiere. Näheres zu erfragen im Vereinslokal „zum goldenen Stern“. Medizinal⸗Verband Viernheim. Samſtag, den 25. Juni, abends halb 9 Uhr findet im Gaſthaus„Zum grünen Haus“ bei Mitglied Karl Merkel N Mitglieder⸗Verſammlung ſtatt.— Wegen Wichtigkeit der Tagesordnung wird um voll · zähliges Erſcheinen dringend gebeten.— Der erſte Extra⸗ beitrag laut Beſchluß der Gen eralverſammlung vom 16. Oktober 1909 wird am Sonntag, den 3. Juli erhoben. Näheres wird bei der Verſammlung nochmals erläutert. Der Vorſtand. Frankfurter Grossfirma gibt selbstgekelterten la. Sachsenhäuser Apfelwein (flaschenreif) per Liter zu 25 Pfg. ab. Fass leihweise. Aufträge nehmen entgegen: Philipp Kirchner, Sodawasserfabrik Mikol. Weidner, vis-à vis der Synagoge. Müdchen vermieten. finden dauernde Mannheimer fr. Ar. 28. 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