L — 05 Vie ruh ei Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich: Dienſtag, Donnerſtag u. Samſtag mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: mei Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. Perbreitelſte und geleſenſle Zeikung am hieſigen Plate, daher beftes und 30 Pfg. monatlich einschließlich Trägerlohn · durch die Poſt Ml. 1.14 vierteljährlich. Anzeiger Bieruheimer Nachrichten. Anzeigen preis: 12 Pfennig die einſpaltige Petit⸗Zeile Lokal⸗Anzeigen 10 Pfennig. Reklamen: 30 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Talephon-Nr. 20. ir fungspollſtes Inſerkions⸗Organ. Gegründet 1884. Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Bei event. gerichtlicher Beitreibung oder im Falle eines Konkurſes kommt jeder Rabatt in Wegfall. Nr. 105. Samstag, den 17. September 1910. Wochenrundſchau. Wir leben im Zeitalter der Kongreſſe. An allen Ecken und Enden des deutſchen Reiches ſind die einzelnen Berufs- und Intereſſengruppen verſammelt, um ihre An⸗ gelegenheiten zu beraten und an ihrer eigenen Beſſer⸗ ſtellung zu arbeiten, teilweiſe auch, um Beſchlüſſe von ein⸗ ſchneidender Bedeutung für unſer geſamtes Wirtſchafts⸗ und Erwerbsleben zu faſſen. Kein Wunder, daß ange⸗ ſichts dieſer Erſcheinung die Reichspolitik in dieſer Woche etwas in den Hintergrund getreten iſt. Nur die„Wahl⸗ parole“ des Reichskanzlers ſtand im Mittelpunkte der öffentlichen Erörterungen. Der Reichskanzler fühlt offen⸗ bar die Unſicherheit der augenblicklichen volitiſchen Lage heraus, und da iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß die„Frkf. Ztg.“ mit ihrer„Enthüllung“ über die Wahlparole des Kanzlers:„Sammlung aller poſitiv ſchaffenden Kräfte zu nationaler Arbeit“ recht hat. Der Plan des Kanzlers iſt ja an und für ſich ganz ſchön, wenn er ſich praktiſch nur verwirklichen ließe. Der Freiſinn humpelt am Gängel⸗ bande der Sozialdemokratie plan- und ziellos umher, bei den Nationalliberalen herrſcht Jammer an allen Ecken und Enden, und der furor proteſtanticus treibt üppige Blüten. Man ſollte eigentlich bei einem Philoſophen trotz aller Theorie ſo viel praktiſches Verſtändnis vorausſetzen, daß im gegenwärtigen Augenblick an eine Sammlungs⸗ politik nicht zu denken iſt. Da iſt es erhebend für das Centrum, daß es dort wenigſtens eine Wahlparole gibt, und dieſe lautet:„Erhaltung einer großen und ſtarken Centrumsfraktion!“ Darin liegt eine ſehr zugkräftige Pa⸗ role, die ſich noch immer bewährt hat. Unſere Aufgabe iſt es nur, alles ſo vorzubereiten, daß die Parole auch bei der nächſten Wahl ſich bewährt. In Oeſterreich⸗Ungarn iſt man wieder einmal be⸗ müht, den böhmiſchen Landtag flott zu machen. Die Regierung hat wiederum den Verſuch unternommen, ein Einverſtändnis zwiſchen den beiden Nationen Böhmens herbeizuführen, das zunächſt die Arbeitsfähigkeit des böhmiſchen Landtages, der ſeit mehr als zweieinhalb Jahren durch die Obſtruktion der Deutſchen an jeder Tätigkeit gehindert iſt, ermöglichen ſoll. Es handelt ſich, wie bekannt, bei den Deutſchen um das Prinzip der nationalen Selbſtverwaltung und um den Schutz vor den tſchechiſchen Expanſionsgelüſten, die ſich namentlich durch das Vordrängen der tſchechiſchen Beamten in deutſche Poſitionen betätigen. Dem ſoll durch geſetzlich feſtge⸗ legte Abgrenzung des deutſchen Verwaltungsgebietes von dem tſchechiſchen Verwaltungsgebiete Einhalt geboten wer⸗ den. Natürlich wehren ſich die Tſchechen gegen dieſe Geſetz⸗ entwürfe und machen dagegen das Prinzip von der Unteil⸗ Anrecht Gut. Kriminalroman von Reinhold Ortmann. 121 Nachdruck verboten.) Dr. Runge würde der Alten um dieſer Worte willen am liebſten um den Hals gefallen ſein, aber er hatte doch Ueber⸗ legung genug, ihr nichts von der beglückenden Freude zu zeigen, die ihn erfüllte. „Und Emil Römhild?“ fragte er nur noch,„der Bruder des Defraudanten? Woher hatte er die Kenntnis Ihres Ge⸗ heimniſſes?“ „Paul muß ihm etwas davon verraten haben, als er im Gefängnislazarett auf den Tod lag und wohl nicht mehr bei ganz klarem Verſtande war. Jedenfalls hat mir's der Emil gleich nach ſeines Bruders Tode auf den Kopf zugeſagt, daß ich das Geld in Verwahrung hätte. und mit der ewigen Drob-ing, daß er es anzeigen würde, dat er mir nach und nach beinahe die Hälfte davon abgepreßt.“ Auch davon bat Frau Römbeld nichts gewußt?“ „Nichts.— Er mußte überhaupt immer heimlich eine Ge⸗ legenheit ſuchen, um mit mir zu reden. Denn ſie hatte von jeher einen Abſcheu gegen ihren Schwager, und ihr Haus war ihm längſt verboten.“ Ein Geräuſch im Nebenzimmer verriet, daß jemand ſich der Tür näherte, und haſtig ſagte Dr. Runge: „Sie dürfen vorläufig zu niemandem von dieſen Dingen reden— auch nicht zu Frau Römhild!— Wenigſtens nicht früher als bis wir morgen noch einmal darüber geſprochen haben werden.“ Dr. Helder ſtand in der Tür, um eine ärztliche Frage an den Kollegen zu richten, und ſie kehrten gemeinſam in das Krankenzimmer zurück, wo Frau Margarete Römhild mit einem verklärenden Schimmer neu erwachter Hoffnung auf dem Ge⸗ bcht am Bettchen ihres jetzt ganz ruhig atmenden Kindes ſaß. 26. Jahrgang. barkeit des Landes und ſeiner Verwaltung geltend. Man iſt nun endlich ſoweit, daß die politiſchen Vertretungen beider Nationalitäten ſich bereit erklärt haben, eine ge⸗ meinſame Konferenz zu beſchicken, die am Montag, den 19. September, beginnen ſoll und unter dem Vorſitz des Oberſtlandmarſchalls von Böhmen zehn deutſche und zehn tſchechiſche Politiker vereinigen wird. Bei den unverſöhn⸗ lichen Gegenſätzen, mit denen ſich die beiden Standpunkte ſchroff gegenüberſtehen, ſind natürlich die Ausſichten der Konferenz nicht beſonders günſtig. Auf Spanien hat der portugieſiſche Kulturkampf offen⸗ bar anſteckend gewirkt. Unter dem Vorwande, die Orden miſchten ſich in die innere Politik des Landes, hat man nehrere Jeſuitenkollegs aufgehoben. Die Folgen werden natürlich nicht ausbleiben. Bis jetzt hat das Land an ſeinen Orden immer noch eine wirkſame Stütze gegen die revolutionären Beſtrebungen gehabt, eigentlich die letzte Stütze. Beraubt man ſich ſelbſt mit Bedacht dieſer Stütze, dann wird man Zeiten entgegengehen, die das unglückliche Land vollends an den Rand des Ruins brin⸗ gen werden.„Antiklerikale Aktionen“ haben noch niemals Segen gebracht. Mit Argusaugen wacht die Türkei über Griechen⸗ land, wo die Eröffnung der Nationalverſammlung die Erregung auf den Siedepunkt gebracht hat. Es kommt jetzt alles darauf an, wie die in die griechiſche National⸗ verſammlung gewählten Kreter— letzten Endes handelt es ſich nur noch um Pologeorgis, da Venizelos auf ſeine kretiſchen Aemter verzichtet hat— ſich verhalten werden. Er⸗ füllen ſie das Verlangen der Türkei nicht, dann werden die Schutzmächte, ſelbſt wenn ſie es wollten, auch im ſtande ſein, zu verhindern, daß am Balkan doch die Flinten losgehen. In Amerika haben die Gouvernementswahlen in der Union einen überraſchenden Sieg der Demokraten gebracht. Im Staate Maine, der bisher eine Hochburg der Repu⸗ blikaner war, iſt der demokratiſche Kandidat für den Gou⸗ verneurspoſten Plaiſted gegen den bisherigen republikani⸗ ſchen Gouverneur Fernald gewählt worden, und zwar, wie das demokratiſche Komitee behauptet, mit einer Mehr⸗ heit von 5000 Stimmen. Ferner ſind nach der eigenen Ausſage des Vorſitzenden des republikaniſchen Staats⸗ komitees— drei demokratiſche Kandidaten für die Staats⸗ legislatur gewählt worden. Die Republikaner ſind baff— und Rooſevelts Aktien ſteigen. Politiſ che Rundſchau. J Berlin, 16. September. 2: Die Drachenſaat geht auf. Es tritt immer er⸗ ſchreckender in die Erſcheinuna. was die Liheralen mit —.—.—————— threr Hetze angerichtet haben. Allem Anſchein nach iſt nunmehr auch der Wahlkreis Frankfurt a. O.⸗Lebus für die bürgerlichen Parteien verloren. Bei der dort am Donnerstag ſtattgehabten Reichstagserſatzwahl erhielt Dr. Winter(Vereinigte Liberale) 7745 Dunkel(konſervativ und Bund der Landwirte) 6589, Faber(Soz.) 14318 Stimmen. 128 Stimmen ſind zerſplittert. Es iſt alſo Stichwahl zwiſchen Faber und Dr. Winter nötig.— Bei der letzten Wahl im Jahre 1907 hatte der Sozial⸗ demokrat 12 387 Stimmen erhalten, der Nationalliberale 10 070, der Freikonſervative 7722. Der Sozialdemokrat bekam alſo rund 2000 Stimmen weniger, während der konſervative Bewerber rund 1100 und der National⸗ liberale über 2300 Stimmen mehr erhielt.— Und jetzt fehlten dem Sozialdemokraten nur wenige Stimmen, um ihm im erſten Wahlgange den Sieg zu verſchaffen. Wenn auch die Konſervativen für die Stichwahl die Parole für den liberalen Kandidaten ausgegeben haben, ſo iſt es doch noch ſehr, ſehr fraglich, ob dieſer dem ſozialdemokrati⸗ ſchen Anſturm ſtandhalten wird. Jedenfalls ſteht die Ent⸗ 1 auf des Meſſers Schneide. 1) Gegen die Anwendung des Enteignungsgefſetzes wenden ſich auch die in Poſen erſcheinenden liberalen „Poſener Neueſte Nachrichten“. Sie bemerken zu einer aus dem hakatiſtiſchen Lager ſtammende Behauptung, daß fich die Sachlage in den Oſtmarken zum Nachteil des Deutſchtums geändert habe, folgendes: „Da haben wir wieder eine Probe der vergiftenden Tätigkeit einer Clique, die aus der Verhetzung ein Geſchäft — ihr Geſchäft macht. Ohne einen Schatten des Beweiſes wird die Phraſe in den politiſchen Kampf geworfen, die Sachlage habe ſich in den Oſtmarken„derart zum Nach⸗ teil des Deutſchtums geändert!“ Das iſt eine fauſtdicke Erfindung. Das Gegenteil iſt richtig; die Sachlage hat ſich inſofern zum Vorteil des Deutſchtums und damit der Regierung gewandelt, als eine gewiſſe Beruhigung eingetreten iſt, von der das ganze Land profitierte. Dieſe Ruhe zu ſtören, ſieht man die Hetzpreſſe jetzt wieder am Werk. Einem ſolchen groben und verbrecheriſchen Unfug gegenüber ſollten endlich einmal alle beſonnenen bürger⸗ lichen Elemente in der Oſtmark energiſch Front machen.“ Das iſt ja gerade das Beſtreben der Hetzpreſſe, die Beruhigung zu beſeitigen. Nur wenn Unfriede herrſcht, blüht für gewiſſe Leute der Weizen. (1) Neuerungen im D⸗Zug⸗Wagen. Eine Reihe von Aenderungen gelangen in Zukunft beim Bau der preußi⸗ ſchen D⸗Zug⸗Wagen zur Durchführung. Ein ruhigerer Gang ſoll durch beſondere Kaſtenquerträger über den Dreh⸗ geſtellen erzielt werden. Ferner hat ſich herausgeſtellt, daß die bisherigen beiden Trittſtufen zu den Ein⸗ ſteigtüren der D⸗Zug⸗Wagen zu hoch und ſteil ange⸗ ordnet ſind; beſonders für das Ausſteigen. Durch An⸗ ordnung einer dritten Stufe ſowie durch geringere Neigung der Treppen iſt jetzt ein beauemeres Ein⸗ und Ausſteigen erreicht. Dr. Runge lächelte ihr zu, und eine Flamme mädchen⸗ haften Errötens lohte über die Wangen der jungen Witwe. Der kleine Erwin genas, und Dr. Arnold Runge verließ trotz ſeiner gepackten Koffer die Villa„Waldfrieden“ nicht früher, als bis auch jede Gefahr einer tückiſchen Nachkrankheit ausgeſchloſſen ſchien. Er hatte hinlänglich triftige Gründe, ſeine Abreiſe ſo lange als möglich hinauszuſchieben, denn an dem nämlichen Tage, da die Wiederherſtellung des Kindes keinem Zweifel mehr unterliegen konnte, hatte er an ſeine Mutter die Frage gerichtet, ob ſie ſich entſchließen könne, ihn dem kleinen Erwin zum Stiefvater zu geben. Und Frau Margaretens Antwort war nicht ſo ausgefallen, daß ſie den Fragenden genötigt hätte, ſich Hals über Kopf davonzumachen. Wenn ihm ſeit der Stunde ſeines Verlöbniſſes mit Paul Römhilds Witwe der Aufenthalt in dem ſtillen Hauſe im wahrſten Sinne des Wortes zu einem paradieſiſchen geworden war, ſo hätte er jetzt nicht einmal mehr wie in ſeinem Briefe an den Freund eine durch die Unausſtehlichkeit der alten Babette bedingte Einſchränkung machen dürfen. Denn nächſt ihrem blondlockigen Liebling gab es für die Alte jetzt nur noch einen Menſchen auf der Welt, für den ſie unbedenklich durch Feuer und Waſſer gegangen wäre. Und dieſer eine war Dr. Arnold Runge, der am Morgen nach jener ereignisreichen Schreckensnacht mit einem gütigen Wort alle Aengſte und Ge⸗⸗ wiſſensnöte von ihrer Seele genommen. Denn er hatte ſich ihr nicht nur als der rechtmäßige und einzige Eigentümer des unterſchlagenen Geldes, von dem nach ihrer Angabe noch immer nahezu vierzigtauſend Mark vorhanden waren, aus⸗ gewieſen, ſondern er hatte ihr auch das heilige Verſprechen abgenommen, gegen Frau Margarate Römhild ewiges Still⸗ ſchweigen über die Herkunft des unrechten Gutes zu wahren, mit deſſen Hilfe ſie bis heute ihr Leben gefriſtet. Und ſo einfältig war die alte Babette nicht, daß ſie nicht tiefgerührten Herzens die Großmut empfunden hätte, die ihn beſtimmte, ſolches Verſprechen von ihr zu fordern. Vielleicht war ihr das Unrecht, deſſen ſie ſich ſchuldig gemacht, noch immer nicht in ſeiner ganzen Größe zum Bewußtſein ge⸗ kommen, und vielleicht glaubte ſie ſich vor dem eigenen Ge⸗ wiſſen noch immer halbwegs gerechtfertigt durch die Liebe zu dem kleinen Erwin, die nun einmal den ganzen Inhalt ihres zur Rüſte gehenden Lebens ausmachte. Aber eine Erleichterung bedeutete es ihr darum doch, daß ſie nun auch vor dem Geſetz der Menſchen jeder Verantwortlichkeit ledig ſein ſollte für das, was ſie getan. Und ſie legte den ſo lange gehüteten Schatz um ſo freudiger in die Hände ſeines rechtmäßigen Beſitzers zurück, als ſie ja nun wußte, daß er von dieſen Händen ebenſo getreu wie von den ihren zum Segen ihres Lieblings verwaltet werden würde. Daß ſie ihr Geheimnis mit ſich ins Grab nehmen würde, deſſen durfte Dr. Runge ebenſo gewiß ſein wie ſeiner eigenen Verſchwiegenheit. Aber auch von dem ſauberen Erpreſſer Emil Römhild hatte er ſicherlich keine Indiskretion zu beſorgen, die Frau Margaretens Unbefangenheit ihm gegenüber für immer zerſtört hätte. Denn er hatte ihm durch den Rechtsanwalt Helbing eine Warnung zukommen laſſen, die eindringlich genug war, um den Bruder des Defraudanten für immer aus ſeinem Geſichtskreiſe fernzuhalten. — Ende.— Humoriſtiſches. Moderner Backſiſch. Backfiſch.„Vetter Artur hat mich eine Gans genannt!— Nun, wir werden ſehen, ob er das Doktorexamen früher machen wird oder ich!“ Vom Dienſt entlaſſen. Feldwebel:„Alſo jetzt könnt Ihr wieder ins Zivil zurück, jetzt ſind die ſchönen Tage von Aran⸗ juez vorüber!“ Beſcheiden.„Dein Bräutigam iſt Dichter? Wie heißt er denn, vielleicht iſt er mir bekannt?“—„Ach nein, er hat noch keinen Namen.“ (—) Eine ſtürmiſche Korfanty⸗Verſammlung. In einer Verſammlung zu Zaborze, in welcher Dr. Hager, Ab⸗ geordneter Korfanty, Redakteur Siemianowski und Ar⸗ beiter Skworz ſprechen ſollten, kam es zu turbulen⸗ ten Szenen. Wie der„Oberſchleſiſche Kurier“ meldet, ließ Korfanty, obwohl er wußte, daß gegen 150 Sozial⸗ demokraten im Saale anweſend waren, polniſche Kirchen⸗ lieder ſingen. Es wurde gebrüllt, geheult, gepfiffen und mit Füßen getrampelt, ſo daß keiner der Redner zum Worte kommen konnte. Einer der Radauhelden zog ſein Meſſer und verſetzte dem Abgeordneten Korfanty einen Stich ins Bein. 8 :: Zur Rede des Fürſten Radolin. Der Pariſer „Temps“ bringt eine anſcheinend von der deutſchen Bot⸗ ſchaft beeinflußte Erklärung, worin zunächſt behaup⸗ tet wird, daß jener Korreſpondent, der die Rede des Für⸗ ſten Radolin ſeinem Blatte drahtete, gar nicht dem Ban⸗ kette beiwohnte, ſondern den Inhalt der Rede von einer dritten Perſon mitgeteilt erhielt. Dann wird geſagt, daß die daran geknüpften Kommentare der deutſchen Preſſe grundlos ſeien. Der Fürſt wurde durch die Beweiſe der Sympathie, die ihm zu teil wurden, ſo ergriffen, daß er eine klare Dankesrede aus dem Stegreif hielt und dabei gleichzeitig ſeine Trauer darüber ausdrückte, jene verlaſſen zu müſſen, mit denen er lange Jahre zuſammen gelebt hatte. In ſeiner Rührung ließ er ſich verleiten, zu ſagen, daß er gerne noch lange bei ihnen geblieben wäre, da er in ſich noch die Kraft fühle, für ſeinen Kaiſer und ſein Vaterland arbeiten zu können. Seine Worte verfolgten aber keinerlei politiſche Abſichten.— Dieſer Beſchwichtigungsverſuch iſt äußerſt unglücklich. Es geht aus ihm nur hervor, daß der Fürſt in ſeiner Rührung das geſagt hat, was er wirklich dachte. Er war vielleicht unvorſichtig— aber ehrlich. —0 Zu den Anklagen gegen die preußiſche Eiſen⸗ bahnverwaltung, die, wie wir mitgeteilt haben, die „Wormſer Volkszeitung“ erhoben hatte, äußert ſich die Eiſenbahndirektion Mainz in einer Darſtellung der einzelnen Fälle wie folgt: „Eine Exploſion des Keſſels der Lokomotive auf der Strecke Worms-⸗Gundheim hat nicht ſtattgefunden. Es iſt ein Bolzen in der Feuerkiſte herausgeflogen, der zum Verſchluß eines früheren Siederohrloches in der Feuer⸗ kiſtenrohrwand diente. Eine ſchlechte Unterhaltung der Lokomotive in der Werkſtatt liegt nicht vor, wie daraus hervorgeht, daß die Lokomotive den regelmäßigen Druck- proben unterzogen wurde und auch im ſtändigen Betrieb keinerlei größere Schäden aufwies; ſie iſt zuletzt am 8. September bis drei Tage vor dem Unfall in Betriebs- reparatur geweſen und hat darauf anſtandslos den Dienſt geleiſtet. Die Eintragungen in das Reparaturbuch be⸗ zogen ſich nicht auf die Undichtigkeit an dem herausge⸗ flogenen Kolben, ſondern auf Undichtigkeit an andern Stellen in der Feuerkiſte, wie ſie im Betriebe häufig vorkommen und zu Bedenken keinen Anlaß geben. Was den Fall mit dem loſen Radreifen anbelangt, ſo waren an einem Tender Anzeichen vorhanden, daß einige Radreifen ſich gelockert hatten. Da Betriebsgefahr nicht vorlag, wurde der Tender noch einige Zeit beobachtet, und als ſich die Annahme beſtätigt hatte, ſofort aus dem Betriebe zurückgezogen. In dem dritten Falle handelte es ſich nicht um eine defekte Lokomotive, ſondern um eine geringe Undichtigkeit an der Luftpumpe, die den Gebrauch der Luftdruckbremſe nicht behinderte, was daraus hervorgeht, daß ein anderer Lokomotivführer an⸗ ſtandslos damit gefahren iſt. Falſch iſt auch, daß der Lokomotivführer beſtraft worden ſein ſoll: er iſt vielmehr nur abgelöſt worden, weil er durch dieſes Vorkommnis gezeigt hat, daß er mit der Handhabung der Luftdruck⸗ bremſe nicht genügend vertraut war.“ So ganz ſtichhaltig erſcheinen uns dieſe Einwendun⸗ gen gegen die Vorwürfe freilich nicht. Koloniales. — Die Betriebsergebniſſe der Uſambarabahn in Deutſch⸗Oſtafrika im Rechnungsjahr 1909 werden in dem neueſten deutſchen Kolonialblatt, dem„Amtsblatt für die deutſchen Schutzgebiete“, bekannt gegeben. Die Pächterin der Bahn, deren Länge ſich durch die Eröffnung des Betriebes auf der Neubauſtrecke Mombo—Buiko im Juli vorigen Jahres von 129 auf 174 Kilometer geſteigert hat, hat durch einen Betriebsüberſchuß von rund 258 500 Mark gegen einen ſolchen von 277000 Mark im Jahre 1908 nicht nur den Mindeſtpachtpreis von 152000 Mark und ihre Entſchädigung von 30 000 Mark, ſondern noch einen Ueberſchuß von rund 76500 Mark herausgewirt⸗ ſchaftet. Von dieſem erhält ſie ein Zehntel, alſo rund 7650 Mark, während dem Gouvernement neun Zehntel, alſo rund 68 800 Mark zufließen, gegen rund 85500 Mark im Vorjahre. Der Betriebsüberſchuß iſt im Jahre 1909 deswegen niedriger geweſen als im Jahre 1908, weil ſich die Betriebsausgaben für Beſoldungen, Reiſe⸗ koſten, Betriebsmaterialien uſw. um 39 v. H. geſteigert haben. Die Erhöhung des Tarifs der 3.(farbigen) Klaſſe von 1 auf 1% Heller hat ſich in dem geſteigerten Er⸗ trägnis des Perſonenverkehrs ſchon bemerkbar gemacht, wenn auch die Zahl der Reiſenden vorübergehend um 14,4 Prozent zurückging. Im Eiſenbahndienſt wurden 32 weiße und 90 farbige Beamte beſchäftigt; die Zahl der farbigen Arbeiter betrug 420. Europäiſches Ausland. England. * Die„Spionageaffäre“ wirkt immer komiſcher. Am Montag hat die Gerichtsverhandlung gegen Leutnant Helm begonnen. Die Anklage lautet auf verſönliche Spionage. Bei der Verhandlung ſtellte ſich folgen⸗ des heraus: Helm ſchrieb im Auguſt aus einer Penſion in Steatham an Miß Woodhouſe, die er in Deutſchland ken⸗ nen gelernt hatte, und bat ſie, ihm ein Zimmer in Ports⸗ mouth zu beſorgen. Er traf am 3. September ein und wurde von Miß Woodhouſe nach ſeiner Wohnung geführt. Den Nachmittag verbrachte er allein in Portsmouth und traf abends Miß Woodhouſe wieder. Er erzählte ihr, daß er den Hafen beſucht habe, auf Nelſons Flaggſchiff„Vic⸗ tory“ geweſen ſei und auch einen Spaziergang gemacht habe. Miß Woodhouſe bezweifelte, daß eine ſo ausge⸗ dehnte Tour in ſo kurzer Zeit möglich ſei. Darauf zog Helm eine Karte von Portsmouth aus der Taſche und zeigte ihr ſeinen Weg darauf. Auf beiden Seiten des Hafens waren in der Karte Befeſtigungen eingezeichnet. Miß Woodhouſe befragte ihn über dieſe Zeichnungen. Darauf ſagte Helm:„Halten Sie dies geheim,“ und zog ein Notizbuch aus der Taſche, in dem er ihr eine Anzahl Zeichnungen von Forts als Beweis ſeines mili⸗ täriſchen Talents zeigte. Miß Woodhouſe berichtete hier⸗ über an einen Offizier.(111) Helm wollte dann ab⸗ reiſen, Miß Woodhouſe aber überredete ihn, noch einen Tag zu bleiben, ſo daß er verhaftet werden konnte.(1) Dies geſchah denn auch. Miß Woodhouſe erſchien bei der Verhandlung als Zeugin und beſtätigte das Geſagte.— Cherchez la femme! * Zur Streiklage wird gemeldet: Die Föderation der Schiffswerftbeſitzer hielt am Mittwoch in Carlisle eine Sitzung ab. Es beſteht die Hoffnung, daß die Arbeitgeber ſich entſchließen werden, mit den Arbeitnehmern zu ver⸗ handeln und daß es bald zu einer Verſtändigung kommen wird. Die Arbeiter der Schiffswerften verhalten ſich ſehr ruhig, was den Werftbeſitzern ermöglicht, mit ihnen zu einem Akkord zu kommen. Anders iſt die Haltung der Arbeiter in der Baumwollbranche. Nach einem Telegramm aus Mancheſter ſoll ihr Verhalten derart ſein, daß eine„Anzahl Fabriken ſich entſchloſſen hat, die Aus⸗ ſperrung zu verhängen. Die Bürgermeiſter der verſchie⸗ denen Städte im Bezirk von Hancaſhire proteſtieren gegen die Idee der Ausſperrung ſeitens der Spinnereibeſitzer, weil dadurch anderthalb Millionen Menſchen zur Arbeitsloſigkeit gezwungen würden. In den Gruben von Südengland herrſcht eine ſehr lebhafte Agitation, die Grubenarbeiter von Cambria ſind ent⸗ ſchloſſen, die Arbeit einzuſtellen, wenn ihre Kameraden in dem Grubenbecken von Ely nicht die Arbeit wieder aufnehmen dürfen. Oeſterreich⸗Ungarn. * Der Kampf der Eiſenbahner hat begonnen. Die Koa⸗ lition der vereinigten Eiſenbahnbedienſteten der Süd⸗ bahn hat Mittwoch abend beſchloſſen, da ihre Forderungen von der Direktion nicht bewilligt wurden, um 12 Uhr nachts mit der paſſiven Reſiſtenz einzuſetzen. Die Organiſation der ſozialdemokratiſchen Arbeiterſchaft wird ſich über den Anſchluß an dieſe Bewegung ſchlüſſig werden. Der paſſive Widerſtand wird ſich auf 30 000 Beamte und Unterbeamte erſtrecken. Rußland. * Seit das Abkommen zwiſchen Rußland und Japan geſchloſſen iſt, ſcheinen die ruſſiſchen Offiziere an der mandſchuriſchen Grenze ſich ſo ſicher zu fühlen, daß ſie ihre Zeit nunmehr mit Spielen und Trinkgelagen verbringen. Dabei kommt es zu wüſten Auftritten. So ſtach in Charbin der Rittmeiſter Fevre den Rittmeiſter Antula⸗ jeff nieder, der ihn in der Trunkenheit beleidigt hatte. Dies iſt ſeit kurzer Zeit der dritte Mord der unter ruſſiſchen Grenzoffizieren verübt wurde.— Eine„feine“ Geſellſchaft! Bulgarien. * Der türkiſch⸗bulgariſche Konflikt hat zu einer Ka⸗ binettskriſis geführt. Mittwoch nachmittag hat der Pre⸗ mierminiſter Malinow unerwartet dem König die De⸗ miſſion des Kabinetts eingereicht. In der Regierung naheſtehenden Kreiſen wird als Urſache der Kabinetts⸗ kriſis eine Beſtechungsaffäre im Miniſterium des Innern angegeben, bei der mehrere Sobranjedeputierte kompro⸗ mittiert erſcheinen. Die Stellung der Regierung war überdies durch ihre Haltung in der Flüchtlinasfrage un haltbar geworden. Der König hat die Demiſſion an- nommen, die Kriſe dürfte aber erſt nach den Manövern gelöſt werden, da der König Ferdinand zu den Manövern abgereiſt iſt. In politiſchen Kreiſen glaubt man an die Möalichkeit der Rekonſtruktion des Kabinetts. Durch Ver⸗ mittlung des engliſchen Geſandten wurde übrigens die Flüchtlingsfrage endgültig geregelt. Die Flüchtlinge werden an drei Grenzpunkten von den tür⸗ kiſchen Behörden übernommen, und zwar ohne ihre Waffen abzuliefern. * Die bulgariſche Miniſterkriſis erhält über die Grenzen Bulgariens hinaus reichende Bedeutung dadurch, daß ſie, wie bereits gemeldet, durch Meinungs⸗ verſchiedenheiten in der mazedoniſchen Frage hervorge⸗ rufen worden iſt. Falls in dem neugebildeten Kabinett die Richtung, die für eine ſchärfere Betonung des bul⸗ gariſchen Standpunktes in der mazedoniſchen Angelegen⸗ heit eintritt, die Oberhand gewinnt, dürfte dies nicht ohne Rückwirkung auf die bulgariſch⸗türkiſchen Beziehungen ſein. Immerhin iſt aber zu hoffen, daß König Ferdi⸗ nand ſeine auf eine Verſtändigung mit der Türkei hin⸗ zielende Politik auch weiterhin verfolgen wird. Man glaubt nämlich berechtigten Grund zu der Annahme zu haben, daß der König anläßlich der zurzeit ſtattfindenden Manöver an der Südgrenze Bulgariens eine Begegnung mit Sultan Mehmed ins Auge gefaßt habe. Das ſoll auch der eigentliche Grund zum Rücktritt des Miniſte⸗ riums geweſen ſein, das ſyſtematiſch auf einen Krieg mit der Türkei hingearbeitet hat. Afrika. * Am Donnnerstag haben die ſüdafrikaniſchen Unions⸗ wahlen begonnen. Die politiſche Lage iſt außerordentlich verworren. In Transvaal z. B. ſind die Nationaliſten wie die Unioniſten ſcharfe Gegner des Planes, das Stimm⸗ recht der Neger auf die ganze Union auszudehnen. Im Kapdiſtrikt ſind beide Parteien für ein Verbot der eng⸗ liſchen Einwanderung, in Natal befürworten alle Kan⸗ didaten die Fortſetzung des jetzigen Syſtems, nach dem die Tauſende von indiſchen Arbeitern, die alljährlich ein⸗ wandern, das Recht haben, ſich dauernd im Lande nieder— zulaſſen. Dieſelbe Konfuſion herrſcht auch in anderen Fragen, ſo daß alle Programme bedeutungslos geworden ſind. Das Reſultat der Wahlen wird mit großer Span⸗ nung erwartet. Amerika. Vereinigte Staaten. * Rooſevelt hat große„Roſinen“ im Kopfe. Jetzt will er ſogar— Kaiſer werden. Eine der angeſehenſten ameri⸗ kaniſchen Handelszeitungen, das„New Vork Journal of Commerec“, ein durchaus ernſt zu nehmendes Blatt, ver⸗ öffentlicht einen ſenſationellen Artikel über die Zukunfts⸗ pläne Rooſevelts. Eine Autorität, die das Vertrauen des Expräſidenten beſitzt, behauptet, daß Rooſevelt ſehr ehrgeizige Träume hege, die weit darüber hinausgehen, abermals Präſident der Vereinigten Staaten zu werden. Er wünſche, unbedingte, ſchrankenloſe Macht zu erreichen. Rooſevelt ſei überzeugt, daß die Zeit gekommen ſei, eine gründliche Aenderung in der Leitung der Regierung und der Beherrſchung des Landes eintreten zu laſſen. Er ſtrebe eine allgewaltige zentraliſtiſche Bundesverwaltung an, der autokratiſche Machtbefugniſſe zugeteilt werden und an deren Spitze er ſelbſt zu treten wünſche. Gegenüber den Machtmitteln der neuen Auto⸗ kratie ſollen die. deren der Präſident der Vereiniaten Staaten ſich erfreut,„liliputhaft rein“ ſein. Die ge⸗ ſamte Preſſe iſt ſich darüber einig, daß der Rooſevelt⸗ rummel der letzten Wochen tiefere Bedeutung hat, und amerikaniſche Finanzkreiſe fürchten ſeinen„neuen Na⸗ tionalismus“ ganz außerordentlich.— Wir ſind zwar keine Peſſimiſten, glauben aber, daß Rooſevelt im eigenen Intereſſe gut daran tun würde, wenn er einmal einen Arzt befragte. Wieder ein„Zeppelin“ vernichtet. Die Unglückschronik der Zeppelin⸗Luftkreuzer iſt um einen neuen traurigen Fall erweitert worden. Tele⸗ gramme melden: — Baden-Baden, 14. Septbr. Nachdem„L. Z. 6“ heute von Heilbronn zurückgekehrt war, geriet er in der Halle in Brand. In ſieben Minuten war das Luftſchiff vollſtändig vernichtet. — Stuttgart, 14. Septbr. Als heute nachmittag gegen 4 Uhr beim Motor der hinteren Gondel des Zeppelin⸗Luftſchiffes„L. Z. 6“ Benzin nach efüllt wer⸗ den ſollte, entſtand plötzlich aus noch un ufgeklärter Urſache ein Brand. Die Leute in der Gondel ver⸗ ſuchten, das Feuer zu unterdrücken, doch wurde in dieſem Augenblick bereits die Ballonhülle durch eine ausſchlagende Flamme ergriffen, und im Nu ſtand der ganze rieſige Bau in Flammen. Das Luftſchiff wurde total vernichte. Mehrere Perſonen wurden verletzt. Graf Zeppelin, der heute nachmittag auf der Inſel Mainau im Bodenſee weilte, wurde ſofort telegraphiſch verſtändigt. Schilderung eines Augenzeugen. „L. 3. 6“ hatte von einem beabſichtigten Ausflug nach Heilbronn vorzeitig zurückkehren müſſen, weil bei einem der in der vorderen Gondel befindlichen Motore ein Zy⸗ linder nicht funktionierte. Das Luftſchiff landete glatt und wurde in die Halle gebracht. Der Motor wurde ſofort auseinandergenommen und zur Reparatur in die außerhalb der Ballonhalle befindliche Werkſtätte gebracht. Nach der Mittagspauſe waren die Monteure damit be⸗ ſchäftigt, die in der hinteren Gondel befindlichen beiden Daimlermotoren zu reinigen und die Gondel in Ord⸗ nung zu bringen und aufzuwaſchen. Zu dieſem Zweck nahmen ſie mehrere Eimer Benzin und wuſchen mit Hilfe von Putzwolle die Gondel aus. Plötzlich flammte das Benzin auf; die Urſache konnte noch nicht einwandfrei feſtgeſtellt werden. Sofort wurde Alarm geſchlagen, und die in der Halle befindlichen Mannſchaften der Luftſchiff⸗ bau-Geſellſchaft und die im Luftſchiffdienſt erfahrenen Leute der„Delag“, an der Spitze Marine⸗Oberleutnant der Reſerve Wagner, machten ſich an das Löſchen. Sie ſchraubten ſofort die zahlreichen, in der Halle zu dieſem Zwecke angebrachten Schläuche an die Hydranten und ſetzten die ganze Gondel unter Waſſer. Unter den in der Halle befindlichen Tagelöhnern entſtand, als ſie den Feuer⸗ lärm hörten, eine Panik, und ſie rannten ſofort laut ſchreiend ins Freie. Binnen wenigen Minuten war das Feuer gelöſcht, und nur einer der Eimer mit Benzin brannte noch. Dieſen gab ein Monteur aus der Gondel hinaus einem anderen Monteur, der ſich damit abwandte, um den Eimer aus der immerhin gefährlichen Nähe des Luftſchiffes zu bringen. Aus dieſem Eimer ſchlug nun in dem Moment, als der Monteur ſich damit wegwandte, anſcheinend infolge der Bewegung, eine große Flamme herauf und züngelte ſofort an der äußeren Hülle empor. Im Nu ſtand dieſer Teil des Luftſchiffes bis oben in Flammen. Oberleutnant Wagner gab ſofort Befehl, die Hydranten auf den Ballon zu richten, aber das Feuer griff ſo ſchnell um ſich, daß es auch dazu zu ſpät war, das Waſſer konnte das Feuer nicht mehr unter⸗ drücken. Sobald Wagner dies erkannte, gab er Befehl, daß alle Mannuſchaften die Halle zu verlaſſen hätten, und in wenigen Sekunden war die Halle auch geräumt. Die Flammen ſchlugen jetzt oben aus dem Dach der Halle häuſerhoch empor. Innerhalb 2—3 Minu⸗ ten waren ſämtliche Ballons verbrannt und das Gerippe zu Boden geſtürzt und völlig zertrümmert. Nach einigen weiteren Minuten war die Halle zwar noch total ver⸗ qualmt, aber es war keine Gefahr mehr vorhanden, und die Leute drangen nun wieder ein. Eine Anzahl Ange⸗ ſtellter hatten Brandwunden erlitten. Die Verletzungen der Leute ſind jedoch ſehr leicht. Drei be⸗ finden ſich zwar im Spital, haben jedoch nicht einmal offene Brandwunden, ſondern nur Rötungen der Haut, ſo daß ſie bald wieder arbeitsfähig ſind. Die übrigen ſind nur ganz wenig verletzt. Bei den Trümmern der Halle. „Das Bild, das ſich uns darbot, war folgendes: Die Spitze des Luftſchiffes lag den kleineren Eingängen, die für das Perſonal beſtimmt ſind, zugewandt; der hintere Teil nach dem großen Tor. Dieſes hatte ſich in⸗ folge der großen Hitze und durch den Luftdruck etwas geöffnet; die Fenſterſcheiben und Platten waren indeß zum größten Teil völlig unverſehrt, nur an der einen Seite waren eine Anzahl von ihnen geſprungen. Aus dem Dach, das mit Asbeſtplatten gedeckt iſt, waren etwa dreißig bis vierzig herausgedrückt. Die Galerien, auf denen man zum Luftſchiff gelangen konnte, waren total unverſehrt und ſind nicht einmal durch Rauch geſchwärzt. Ueberhaupt iſt die Halle ausgezeichnet intakt geblieben, ſo daß die Arbeit von höchſtens einem halben Tage genügen dürfte, Dach und Fenſter wieder in Ordnung zu bringen. Das Luftſchiff ſelbſt iſt vollkommen ver⸗ brannt; nur einige kleine Reſte, die man bequem in einem Reiſekoffer unterbringen könnte, iſt übria geblieben. Das hintere Höhen euer iſt merkwürdigerweiſe intakt ge⸗ blieben und auch nicht durch Rauch geſchwärzt. Die Mo⸗ toren, auch in der hinteren Gondel, ſind unverſehrt ge⸗ blieben. Die Uhr am Barographen und eine zufällig dort liegende Taſchenuhr gingen noch. 3 Die Urſache der Kataſtrophe iſt jetzt einwandsfrei feſtgeſtellt. Während der Reinigung der Gondeln mit Benzin hat ein Monteur verſehent⸗ lich den Motor angekurbelt. Die elektriſche Leitung in der Halle war nach dem Brande vollkommen intakt. * Chol. haus weiſe delt. logiſc berhäl N ſt Fullt! Vuchg geht e ſuchu finde lich brad f U Nele Sat, Vyfern Crit auflehenl ſiſſen u. Herrn ſuden b N pit a Scbiſta ſühn, Abh. U ſpiele legene nichtig beſe! amtlich legt de kuegit, nacht h. „ Nihrt 2 un matſce Ne 0 dent i be⸗ Amal Haut, gen Die Cholera. ( Die Vorſicht, mit der unſere Mediziner bei allen verdächtigen Krankheitserſcheinungen zu Werke gehen, hat natürlich zur Folge, daß eine ganze Reihe von Perſonen unter Quarantäne geſtellt werden, bei denen ſich glück⸗ licherweiſe nachher der Choleraverdacht nicht beſtätigt. Die tatſächlichen Cholerafälle ſind ſo vereinzelt vorgekommen. daß eine ernſte Gefahr ſo gut wie ausgeſchloſſen iſt. Wir verzeichnen heute folgende Meldungen: —. Köln, 16. Septbr. Amtlich wird mitgeteilt, daß die bakteriologiſche Unterſuchung den Choleraverdacht bei dem erkrankten Schiffer Dominik nicht beſtätigt hat. Die Abſperrungsmaßnahmen ſind deshalb aufgehoben worden. — Aus Rom wird gemeldet: Wie bei der Anmeldung eines Kölner Pilgerzuges im Vatikan mitgeteilt worden iſt, ſollen ſämtliche für die nächſten Monate angeſetz⸗ ten Pilgerzüge wegen der Choleragefahr verſchoben werden. Wie ferner aus Erlmeria in Spanien gemeldet wird, haben ſich an Bord des von Alexandrien eingetroffenen Dampfers„Antoine“ 14 verdächtige Krankheitsfälle er⸗ eignet. Der Dampfer iſt unter Beobachtung geſtellt wor⸗ den. Nach weiteren Drahtmeldungen hat auch in Italien die Cholera neue Opfer gefordert. In Apulien ſind in den letzten 24 Stunden fünf Neuerkrankungen und zwei Todesfälle vorgekommen. Dagegen beſagt eine amtliche Feſtſtellung des ſtädtiſchen Geſundheitsamtes in Neapel, daß dort der Geſundheitszuſtand andauernd gut iſt, und daß bei den als choleraverdächtig gemeldeten Fällen der Choleraverdacht ſich nicht beſtätigt hat.— In Galatz hat die bakteriologiſche Unterſuchung eines am Dienstag geſtorbenen Beamten einer italieniſchen Schiffahrtsagentur Cholera ergeben. Der Beamte hat ſich die Krankheit wahrſcheinlich auf einen kürzlich in Bukareſt eingetroffenen italieniſchen Dampfer zugezogen. — Maſſenerkrankung ſchwediſcher Soldaten. — Stockholm, 16. Septbr. Aus Umea wird berichtet, daß unter den Soldaten des dortigen Weſtbotten-Regi⸗ ments in der letzten Zeit eine große Anzahl anſteckender Krankheitsfälle vorgekommen iſt. Die Anzahl der Er⸗ krankten beläuft ſich bereits auf über dreihundert Soldaten, die ſämtlich ſtreng iſoliert gehalten werden. Die Behörden haben alle Vorſichtsmaßregeln getroffen, um eine Ausbreitung der Krankheit auf die Zivilbevölke⸗ rung zu verhindern. Das ganze Kaſernengebiet iſt für die Außenwelt ſtreng abgeſchloſſen. Wie es heißt, handelt es ſich um einen anſteckenden Darmkatarrh. Gegenwärtig werden bakteriologiſche Unterſuchungen vorgenommen. * Die choleraverdächtigen Fälle in Berlin. Die Beobachtungen eines unter dem Verdacht der Cholera in das Schöneberger Auguſte-Viktoria⸗Kranken⸗ haus eingelieferten Ingenieurs M. hat bisher erfreulicher⸗ weiſe nicht beſtätigt, daß es ſich um Cholera aſiatica han⸗ delt. Allerdings ſteht das endgiltige Reſultat der bakterio⸗ logiſchen Unterſuchung noch aus. Herr M. befindet ſich verhältnismäßig wohl. Bei der Wirtſchafterin des Herrn M. ſind keinerlei verdächtige Symptome bisher feſtge⸗ ſtellt worden. Der ſchon vor mehreren Tagen in das Virchowkrankenhaus eingelieferten Frau Sonja Gaiſen geht es gut, und ſie wird, ſobald die bakteriologiſche Unter⸗ ſuchung abgeſchloſſen iſt, entlaſſen werden. Ebenſo be⸗ findet ſich Frau Wojtaſchek wohl; ſie wird vorausſicht⸗ lich in einigen Tagen nach der inneren Abteilung ge— bracht werden. — Aus Nah und Fern. — Mannheim, 16. Sept. Die bei der Station Feudenheim die Hauptbahn kreuzende neue eiſerne Brücke wird gegenwärtig geſtrichen. Bei dieſer Arbeit ereignete ſich geſtern früh halb 8 Uhr ein ſchwerer Ungluͤcksfall. Während Tuͤncher⸗ meiſter Alt aus Durmersheim, deſſen Bruder und zwei weitere Arbeiter auf dem Leitergerüſt arbeiteten, brach dasſelbe und die vier Leute ſtürzten in die Tiefe auf die Schienen. Der Meiſter, wie auch deſſen Bruder erlitten ſchwere Verletzungen, der eine u. a. eine Fußverſtauchung. Die Arbeiter ſind leichter verletzt. Die Verletzungen erfolgten hauptſächlich durch die nachſtürzenden Bretter. Alle wurden mit dem Sanitätswagen ins Krankenhaus verbracht. Das Gerüſt ſoll eine Mannheimer Firma geſtellt haben.— In der Käferthalerſtraße wurde das 7 Jahre alte Kind Wilhelm des Maſchiniſten Schädler von einem ſchweren Laſtfuhrwerk überfahren und ſchwer verletzt. Es wurde mit dem Sanitätswagen in das Allg. Krankenhaus gebracht. — Lampertheim, 16. Sept. Am Sonntag be⸗ obachteten Leute, wie ſich ein Mann auf einer Inſel im Rhein in eigenartiger Weiſe herumtrieb. Man benachrichtigte die Gendarmerie, welche einige Schiffer veranlaßte, zu dem Mann hinüberzufahren. Als der Nachen nahe gekommen war, griff der Mann, der am Rande der Inſel ſtand, zum Revolver und ſchoß ſich eine Kugel in den Kopf. Die Leiche fiel ins Waſſer, wo ſie von den Fiſchern aufgefiſcht wurde. — Bürſtadt, 16. Sept. Der Krelsausſchuß verurteilte in der öffentlichen Sitzung am 12. ds. Mts. gemäß Art. 45, Abſ. 2 L. G. O. die Bürſtädter Gemeinderatsmitglieder Ille, Stochmann, Glück, Mallig und Maſſoth zu je 25 Mark Ord- nungsſtrafe, Zahlung von 3 Mark Averſtionalbetrag zur Kreis- kaſſe und in die Koſten des Verfahrens. Sie haben bei der am 1. September ds. IJs., unter dem Vorſitz des Gr. Kreis⸗ rats in Bürſtadt ſtattgehabten Gemeinderatsſitzung, in der über den Erlaß einer Ortsſatzung, betreffend die Beſtellung eines beſoldeten Bürgermeiſters beraten und beſchloſſen werden ſollte, den Sitzungsſaal verlaſſen, ohne an der Beratung und Ab- ſtimmung teilzunehmen und hierdurch die Beſchlußunfähigkeit des Gemeinderats herbeigeführt, da nur noch 9 Mttglieder, außer dem Beigeordneten vorhanden waren. — Aus Rheinheſſen, 16. Sept. Die Wormſer Volkszeitung ſtellt aus den neueſten Steuertabellen der Landes⸗ ſtatiſtit fiſt, daß die Steuerkraft des ländlichen Rheinheſſens abnimmt. Während in den Jahren 1907 bis 1910 die Provinz Starkenburg bei der veranlagten Einkommenſteuer einen Zu⸗ wachs von 744 801 Mark hatte und Oberheſſen eln Mehr von 301529 Mark verzeichnen konnte, betrug der Zuwachs in Rheinheſſen 359 494 Mark Hierbei iſt aber zu berückſichtigen, daß der Zuwachs in den Städten Mainz, Worms, Bingen und Alzey allein 517 011 Mark betrug, ſodaß die Steuerkraft des ländlichen Rheinheſſens um volle 158 000 Mark abgenommen hat. Noch ſchlimmer ſteht es mit der Vermögens ſteuer. Die Zunahme betrug in Starkenburg 108 652 Mark Da aber auf Mainz und Worms allein eine Zunahme von 44 486 Mark entfaͤllt, hat das Land an Steuerkraft hinſichtlich des Vermögens rund 29 000 Mark eingebüßt. Es iſt kein Zweifel, daß dieſer Rückgang der rheinheſſiſchen Landwirtſchaft mit der ſchon ſeit Jahren ſchlechten Lage des Weinbaues zuſammenhängt. — Seckenheim, 14. Sept. Der geſtrige Schweine⸗ markt war mit 110 Stück Milchſchweinen befahren, von denen Oberammergan und ſeine Paſſiansſpiele. Eine Reiſeſkizze von Haus Mayr, Hauptlehrer. VII. Der Einſetzung des Abendmahles folgt die Oelbergſcene. Viele halten dieſe für den Höhepunkt des Ganzen. Die Saiten, die bei dieſer ohnedies rührenden Scene der ſchlichte Toöpfermeiſter Lang anzuſchlagen weiß, ſie ſind herzergreifend. Dieſer Chriſtus in ſeiner Todesangſt, den Beiſtand ſeines Vaters anflehend, dieſe Jünger, die den Ernſt der Stunde nicht er- faſſen und in ibrer Schwachheit nicht ein Stündchen mit dem Herrn wachen können, es ſind echt menſchliche Bilder und ſinden deshalb ſo leicht den Weg zum Menſchenherzen. Mit großer Würde und bedeutendem Schauſpielertalente ſpielt auch Pilatus, dargeſtellt von dem Ortsbürgermeiſter Sebaſtian Bauer. Vor Pilatus wird Chriſtus nunmehr ge⸗ führt, nachdem die Hohenprieſter ſein Todesurteil geſprochen haben. Die Scenen, die jetzt folgen, ſpielen ſich auf dem Balkon des Pilatuspalaſtes ab. Unten lärmt das Volk, lärmen die Kriegsknechte, die den Heiland gebunden vorführen. Welch ein Gegenſatz! Dieſes aufgewiegelte, zu Haß entflammte Volk, und dieſer duldende Chriſtus, der mit ſeinen Augen zu ſpielen weiß. Ruhig und vornehm weißt Pilatus, der über- legene Römer, die gehäſſige Verfolgung ab, ſucht all dite nichtigen Anklagen der Hohenprieſter zu entkraͤften. Aber auch dieſe gebärden ſich vornehm, ibrer Würde bewußt. Ihrer amtlichen Würde fehlt aber die Menſchenwürde. Hoch erhaben ſteht der Heide neben ihrer„herzloſen Rechtgläubigkeit“. Die Energie, womit dieſer Gegenſatz zum Ausdruck gebracht wird, macht den Darſtellern alle Ehre. Auch der Herodesdarſteller, vor den Chriſtus hierauf geführt wird, verdient Anerkennung. Herodes, der genuß⸗ ſüchtige Herrſcher, der das Leben und die Dinge ſo wenig ernſt nimmt, erſcheint noch fürſtlich neben der leidenſchaftlichen fanatiſchen Rachſucht, womit der hohe Rat das Verderben des Meſſtas ertrotzen oder erliſten will. In geheimnisvoller Haſt hat der Rat inzwiſchen alle ſeine Anßänger aufgeboten; das„Volk“ ſoll den Tod des Empörers fordern. Und mit der ganzen Kraft erregter Menſchenmaſſen woat es jetzt um den Palaſt des Landpflegers. Aus über 500 Kehlen ſchallt der leidenſchaftliche Ruf:„Ans Kreuz mit ihm“. Es iſt ein zuͤndend maleriſches, aber auch ein entſetzlich tragiſches Bild— dieſer Umſchlag der Begeiſterung zum Haß. Ein letztes Mittel verſucht Pilatus zur Rettung des Verfolgten. Er läßt Barabas vorführen, den berüchtigten Straßenräuber, auf daß das Volk zwiſchen Schuld und Un⸗ ſchuld wähle. Einen ſchärferen Kontraſt zwiſchen 2 Menſchen⸗ —— e typen bekommt man ſo leicht nicht zu ſehen, als den Chriſtus⸗ darſteller Lang und den Barabasſpieler J. Daiſenberger, der Schauder einzuflößen vermag. Und die Blicke, die dieſer dem Pilatus zuwirft, als ihn dieſer einen„überwieſenen Räuber und Moͤrder, das greulichſte Bild eines vollendeten Böſewichtes“ nennt. So iſt auch die kleinſte Rolle in guten Händen. Pilatus gibt dem ungeſtümen Drängen des Volkes nach, Barabas wird freigegeben, ſchweigend bricht der Landpfleger den Stab. Und nun gewinnt die Grauſamkeit ihr furchtbares Recht. Schon bevor Pilatus dem Willen des Volkes wich, ſind wir Zeugen der Geißelung und Dornenkrönung geweſen. Mit unbarmherziger Gewalt wird dem Heiland die Dornen⸗ krone aufs Haupt gepreßt, die ganze Geſtalt, die bisher regungslos vor uns ſtand, zuckt in Schmerzen zuſammen. Die„Blutstropfen“, die ſich auf dem Körper zeigen, laſſen das Bild der Wirklichkeit in uns aufkommen. Ein Schauer rieſelt durch die atemloſe Menge; hier und da klingt ver⸗ haltenes Schluchzen, aber feſtgebannt ruhen auch die naſſen Augen auf dem unerbittlichen Schauſpiel. Eece homo. Doch nicht alle ſind ſo ſinnenſtark, den Anblick dleſer und der noch folgenden Kreuzſcenen lange auf ſich wirken zu laſſen. Die Augen vieler ſenken ſich. Und wenn ein geiſt⸗ voller Kenner des Volkes meint„das Volk ſchenkt keinen Tropfen Blut her“, für die breite Maſſe des Landvolkes mag das gelten, für den Gebildeten nicht. Die Spannung, die ſeeliſche Erregung der vieltauſend⸗ köpfigen Zuſchauermenge iſt allmählich auf ihren Höhepunkt gekommen Der Leidensweg nach Golgatha beginnt. Im langen Zuge, den ein berittener Hauptmann führt, trägt Chriſtus das Kreuz. Er begegnet ſeiner Mutter; aller Jammer, den ein Menſchenherz empfinden kann, iſt hier ge⸗ häuft. Die Maria ⸗Darſtellerin, ſteht in dieſer Scene auf dem Höhepunkt ihrer ſchauſpieleriſchen Leiſtung. Wenn der Vorhang ſich wieder öffnet, hinter dem wir deutlich die Hammerſchläge ſchallen hören, werden die drei Kreuze aufgerichtet, an jedem hängt ein bebender Menſchenleib. Schauerlich ergreifend wirkt das Bild, das ſonſt nur die Farbe, das Holz und der Stein uns darſtellt, und das hier aus lebendigem Leben geſtaltet wird— aus einem Leben, das verlöſchen ſoll vor unſern eigenen Augen. Schmerzbewegt zuckt der eine der beiden Schächer; aber die Geſtalt des Heilandes bleibt regungslos über dem Gewühl da drunten, wo die Getreuen ſchluchzen, wo die Kriegsknechte ſein Gewand vertellen, wo das erbitterte Volk den Sterbenden verhöhnt. Da endlich öffnen ſich ſeine Lippen, und durch den totenſtillen Raum erklingt ſeine Bitte:„Herr, vergib ihaen, ſie wiſſen nicht, was ſie tun!“ 80 Stück zum Preiſe von 16 bis 22 Mark pro Paar ver⸗ kauft wurden. — Darmſtadt, 16. September. Der Abgeordnete Köhler⸗Langsdorf ſetzt ſeinen Kampfgegen die Automobile mit unvermindertem Eifer fort. Nach⸗ dem er erſt vor kurzem die geharniſchte Erklärung gegen die„Zehn Gebote“ des Darmſtädter Automobilklubs er⸗ laſſen hatte, wendet er ſich jetzt mit einer Eingabe an die zweite heſſiſche Ständekammer, in der es heißt:„Zwei ſchauderhafte Mordtaten hat in letzter Zeit der Automobil⸗ ſport in Heſſen zu verzeichnen. Den Automord von Ober⸗ mörlen und den Automord von Dietzenbach. Beim Mord von Obermörlen fuhren die Inſaſſen des Mordfahrzeugs nach vollbrachter Tat davon und ließen das arme Opfer ohne weiteres in ſeinem Blute liegen. Die Folge war, da niemand Hilfe brachte, daß der Ueberfahrene ſterben mußte. Zwar wurden nachher Verhaftungen vorgenom⸗ men, jedoch wurde die Unterſuchung gegen den amerika⸗ niſchen Chauffeur Zetel, welcher damals den Müllerſohn Krämer auf der Landſtraße totfuhr, mangels genügender Schuldbeweiſe eingeſtellt und Zetel gegen die Zurückgabe ſeiner Kaution von fünftauſend Mark auf freien Fuß ge⸗ ſetzt. Er hat es aber vorgezogen, nach ſeiner Haftent⸗ laſſung ſchleunigſt zu verſchwinden.— Es erſcheint als höchſte Pflicht des wahren Volksfreundes, nicht feige zu ſchweigen, ſondern von der Wahrheit zu zeugen und Ge⸗ rechtigkeit zu halten. Darum frage ich die Großherzog⸗ liche Regierung: Welche Maßnahmen hat ſie getroffen, um dem mörderiſchen Treiben der ſogenannten Autofexen Einhalt zu tun?... Hat die Großherzogliche Regie⸗ rung davon Kenntnis, daß man im Volke draußen der Meinung iſt, daß die amtlichen Stellen im Lande den wegen ihrer hohen Protektion ſchwer angreifbaren Auto⸗ mobiliſten gegenüber in einer gewiſſen Befangenheit ſich befänden?“— Die Erörterung dieſer Eingabe in der zweiten Kammer dürfte ſich äußerſt intereſſant geſtalten. — Offenbach, 16. Septbr. Ein bedauerliches Vor⸗ kommnis, das ſich in einer Offenbacher Fabrik ereignete, wird ſoeben durch den Rechenſchaftsbericht des heſſiſchen Vereins für entlaſſene Sträflinge bekannt. Der Verein ſchreibt:„Wie ſchwer es häufig dem Verein wird, ent⸗ laſſene Sträflinge unterzubringen, lehrt folgender von Direktor Clement-Butzbach mitgeteilter Fall: Ein Straf⸗ gefangener, deſſen Bemühungen, bei einer großen See⸗ fiſcherei unterzukommen, erfolglos geweſen, habe ſich nach Offenbach gewendet, um dort eine geeignete Stellung zu erhalten. Einem Offenbacher Herrn ſei es auch gelungen, ihn daſelbſt unterzubringen. Als aber die Arbeiter kurz nach ſeiner Einſtellung erfuhren, daß er aus der Straf⸗ anſtalt komme, erklärten ſie einmütig, ſie arbeiteten nicht mit ihm zuſammen und verlangten ſeine Entlaſ⸗ ſung.“ In dem Bericht wird dann weiter ausgeführt, daß es erforderlich ſei, durch Zeitungsartikel oder auf ſonſtige Weiſe die Arbeiterkreiſe zu belehren, welche Härte ein ſolches Verfahren der Arbeiter mit ſich bringe. Der Fall ſteht nicht vereinzelt da. Aus Stadt und Land. Die Cholergerkrankungen in Marienburg. Die im Danziger königl. Medizinalamt nach der mikroſkopiſchen Unterſuchung ausgeführte bakteriologiſche Nachprüfung von Daxmteilen des in Marienburg verſtorbenen 44 jährigen Arbeiters Auguſt Fiſcher und des verſtorbenen, faſt zwei⸗ jährigen Knaben Paul Dombrowski war erſt am Donners⸗ tag vormittag beendet und hat den Choleraverdacht beſtätigt, ſo daß dieſe Feſtſtellung nunmehr im gan⸗ zen bei drei verſtorbenen Perſonen erfolgt iſt. Am Don⸗ nerstag vormittag gingen beim Medizinalamt 15 weitere Unterſuchungsfälle ein, und zwar ſowohl von Erkrankten als ch Gau Maftockungaperdächtigen. ** Auch ein Opfer ſeines„Berufes“. Ein Berliner Original, das unter dem Namen„Paukenwilhelm“ be⸗ kannt iſt, verunglückte während des Manövers. Er heißt eigentlich Wilhelm Stelzer und abſolvierte ſeine Militär⸗ dienſtzeit im Alexanderregiment. Da es ihm ſpäter nicht gelingen wollte, in irgend einem Berufe feſten Fuß zu faſſen, ſuchte er in Verbindung mit dem früheren Regi⸗ ment und wurde namentlich von deſſen Kapelle über Waſſer gehalten. Wo auch immer eine Regimentsübung ſtattfand, überall ſtellte ſich„Paukenwilhelm“ ein und machte ſich als Pauken⸗ oder Notenträger nützlich. Als er am Donnerstag hinter Wriezen an einer Manöver⸗ übung teilnahm, wurde er bei einer Kavallerieattacke über⸗ ritten und dabei ſo ſchwer verletzt, daß er kaum mit dem Leben davonkommen dürfte. * Unfall durch ein herabfallendes Firmenſchild. In der Junkernſtraße in Breslau ſtürzte ein gläſernes Fir⸗ menſchild auf die Straße und warf eine Dame zu Boden, die mit eiter ſchweren Kopfverletzung be⸗ ſinnungslos liegen blieb. Im Gedränge wurde einem Herrn eine goldene Uhr nebſt Kette geſtoblen. Verantwortlich für die Redaktion: Wilhelm Ningener, Viernheim Und dann der ſtumme Todeskampf mit den 7 Worten, bis es mit lauter Stimme vom Krenze ſchallt:„Es iſt vollbracht.“ f N Donnergetöſe, wie es die Bibel erzählt, dröhnt hinter der Bühne, mit Entſetzen meldet der Bote, wie der Vorhang des Tempels entzwei riß.— Ein Gedanke nur beſeelt alle in dieſer Stunde. Die Tauſende, die hier weilen, ſie alle, auch der Kälteſte beugt ſich in Ehrfurcht vor dem Bilde, das für Millionen von Chriſten den Troſt der Ewigkeit umſchließt. Den Geſchtedenen werden ſcheinbar die Beine zerſchlao en, die Seite Chriſtt wird mit der Lanze durchbohrt, dann wird der Leichnam ſorglich herabgenommen und beſtattet. Nahezu eine halbe Stunde hangt Chriſtus am Kreuze. Die körperliche Anſtrengung neben der geiſtigen Leiſtung kann nur ein ge- ſtählter Körper ertragen, ein Körper, dem die Berge eherne Sehnen gaben. Natürlich werden verſchiedene unſichtbare Hilfsmittel zur Erleichterung gebraucht. Welcher Art dieſelben ſind, darüber lieſt und hört man Verſchiedenes. Ich konnnte ſelbſt mit meinem Fernglas keines dieſer notwendigen Hilfs- mittel entdecken. Für meine Augen gingen die Nägel ſo täuſchend durch Hände und Füße, daß mich das Bild erſchauern machte. Bewunderswürdig bleibt es nur, daß bei aller ſchauer⸗ ichen Naturwahrheit dieſer Kreuzigung alles Widerliche mit ſicherm Gefühl vermieden iſt. Der Gipfelpunkt iſt damit erreicht. Die Auferſtehung des Herrn und ein maͤchtig wirkendes Halleluja bilden den Abſchluß.(Schluß folgt.) . Von Samstag, den 17. September bis Samstag, den 24. September. Sehr preiswerte Angebote! Wir bringen hiermit einige besonders preiswerte Posten, Beachten Sie gefl. unsere Beachten Sie gefl. unsere Schaufenster. die als aussergewöhnlich vorteilhaft zu bezeichnen sind. 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