mebnn amg lege be lustrig ener 9;. Strasse. 88e.. 0 K i Buch ernheln. — . s 2 Viernheimer Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich: Dienſtag, Donnerſtag u. Samſtag mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. Nerbreitefſle und geleſenſte Zeitung am ſieſigen Platze, daher beſtes und Telephon⸗Nr. 20. wirkungsvolles Inſertions- Organ. Gegründet 1884. 30 Pfg. monatlich einſchließlich Trägerlohn: durch die Poſt Ml. 1.14 vierteljährlich. Anzeiger Viernheimer Nachrichten. Anzeigenpreis: 12 Pfennig die einſpaltige Petit⸗Zeile Lokal⸗Anzeigen 10 Pfennig. Reklamen: 30 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. eines Konkurſes kommt jeder Rabatt in Wegfall. Bei event. gerichtlicher Beitreibung oder im Falle Nr. 116. ———-— ͤ———————— ö 5 bec Eſſen(Ruhr), 11. Oktober. Der Charitastag ſelber nahm am Montag abend mit einer Begrüßungsfeier im Stadtgarten ſeinen Anfang. Es waren neben zahlreichen Vertretern der kirchlichen Behörden dazu auch Vertreter der weltlichen Behörden erſchienen; insbeſondere wandte ſich der Vertreter der Stadtverwaltung mit Worten warmer Anerkennung für die katholiſche Wohltätigkeit an die Verſammlung. Nachdem heute morgen unter ungeheuerer Teilnahme aus allen Schichten der Bürgerſchaft durch den hochw. Herrn Erzbiſchof Dr. Fiſcher⸗Köln ein feierliches Hoch⸗ amt zur Anrufung des hl. Geiſtes in der Münſterkirche gefeiert worden war, begann um 10 Uhr im Krupp⸗ ſaale des ſtädtiſchen Saalbaues die Generalverſammlung des Charitasverbandes. Wiederum war eine ungemein zahlreiche Beteiligung von Perſönlichkeiten des Klerus und des Laienſtandes zu verzeichnen. Vertreten war die Stadt Eſſen durch ihren Oberbürgermeiſter Dr. Holle, den Bruder des früheren preußiſchen Kultusminiſters; vertreten war der Provinzialverband der Rheinprovinz durch Herrn Landes⸗ rat Dr. Horion; des weiteren auch die Eiſenbahn⸗ direktion und das Polizeipräſidium. Der Vorſitzende und Begründer des Charitasverbandes, Prälat Dr. Werthmann, eröffnete die Generalver⸗ ſammlung mit Worten herzlicher Begrüßung, beſonders der hervorragenden Gäſte, an ihrer Spitze des hochwürdig⸗ ſten Herrn Erzbiſchofs Dr. Fiſcher⸗Köln. Er betonte, der Charitasverband habe immer in engſter Fühlung mit den kirchlichen Behörden ſeine Arbeit geleiſtet, und er ſähe es mit großer Freude, daß der hochwürdigſte Herr Kar⸗ dinal dieſem Charitastage die Ehre ſeiner Anweſenheit ge⸗ ſchenkt habe. Er freue ſich beſonders, zumal dieſer Ober⸗ hirte der Charitas eine beſondere Teilnahme entgegen⸗ bringe; habe er doch in ſeinem vorletzten Hirtenbriefe den hl. Borromäus, dieſen Helden der Charitas, als ſein beſonderes Vorbild bezeichnet. Im Bewußtſein der Einig⸗ keit mit den Vertretern der kirchlichen Autorität wolle der Charitastag auf ſeiner diesjährigen Tagung beſonders freudig ſeine Arbeit leiſten. Zu dieſer Arbeit erbitte die Tagung von Sr. Eminenz den biſchöflichen Segen. Von der Verſammlung mit lebhaftem Beifall be⸗ grüßt, nahm dann Kardinal⸗Erzbiſchof Dr. Fiſcher⸗Köln das Wort. Er richtete einen herzlichen Gruß an die Tagung, vor allem auch an ſeine ehemaligen Eſſener Mitbürger uns ihren Oberbürgermeiſter Dr. Holle, dem er ſeinen ganz beſonderen Dank ausſprach für das leb⸗ hafte Intereſſe, das er für die katholiſchen Bewohner Eſſens ſtets an den Tag gelegt habe. Er pries dann die Charitas als den Ausfluß der Liebe zu Gott, die das erſte große Gebot ſei, und aus der die Nächſtenliebe erſt entſpringe und dann eins mit ihr werde, da auch ſie eine Uebung jener übernatürlichen Liebe zu Gott ſein Die Brillantagraffe. Erzählung von Reinhold Ortmann. 11 Nachdruck verboten.) Frau Myra, die ſeiner verletzenden Steifheit gegenüber raſch die gewohnte Haltung der ſelbſtſicheren Weltdame wieder⸗ gefunden hatte, machte eine leicht abwehrende Geſte. „Ich bin Ihnen ſehr dankbar, Herr Doktor, daß Sie ſich meinetwegen in dieſer Weiſe bemüht haben; aber ich bitte Sie dringend, ſich um dieſer Agraffe willen keine weiteren Unbe⸗ quemlichkeiten aufzuerlegen. Die ganze Angelegenheit iſt mir ſehr peinlich und ſie hatte außerdem für mich von vornherein nicht die Wichtigkeit, die ihr anſcheinend von ſeiten des Herrn Bankdirektors beigelegt wird.“ „Es freut mich, das zu hören, Frau Ebbinghaus! Aber um ſo dringender möchte ich die Erlaubnis erbitten, noch für einen Augenblick bei dem Gegenſtand zu verweilen. Ich ver⸗ mute nämlich, daß ſich Ihre weiteren Entſchlüſſe nach dem be⸗ ſtimmen werden, was ich Ihnen mitteilen möchte.“ „Das klingt einigermaßen geheimnisvoll, Herr Doktor!“ „Ich werde mich ſo verſtändlich als möglich auszudrücken ſuchen. Dieſer Herr Waldſchmidt hat ſeine Zeit nicht verloren, und er verfügt, wie es ſcheint, über ausgezeichnete Verbindungen, um ſich raſch zu informieren. Da er an der Ueberzeugung feſthält, daß die ſchnell auf einander gefolgten gleichartigen Diebſtähle in den Häuſern des Generals von der Pforten und meines Oheims von derſelben Perſon ausgeführt worden ſind, hat er ſeine Nachforſchungen lediglich unter dieſem Geſichts⸗ punkt angeſtellt, und er iſt dabei zunächſt zu dem Schluß ge⸗ langt, daß die Dienerſchaft nicht in Betracht kommen kann. Auch General von der Pforten hatte außer ſeinen beiden ſtändigen Lakaien drei ihm durch ein hieſiges Vermittlungs⸗ inſtitut überwieſene Lohndiener zur Aushilfe bei jener Soiree Donnerstag, den 15. Oktober 1910. 26. Jahrgang. müſſe. Solcher Art ſei die Charitas des hl. Laurentius, der hl. Eliſabeth, des hl. Vinzenz von Paul. Derart ſei auch die Charitas der katholiſchen Ordensgeſellſchaften und der im Charitasverbande zuſammengeſchloſſenen katholiſchen Vereine. Denn eine allein humanitäre Für⸗ ſorge könne nicht genügen, die Charitas müſſe als religiöſe Tugend geübt werden. Hohe Anerkennung ſprach Se. Eminenz dem Charitasverbande dafür aus, daß er ſeine Tätigkeit ſtets im allerengſten Anſchluſſe an die kirch⸗ lichen Behörden geübt habe, im engſten Zuſammenhang vor allem mit den Biſchöfen, den Hütern des heiligen Glaubens. Veranſtaltungen, die dieſer geiſtlichen Be⸗ ziehungen zu den kirchlichen Behörden entbehren oder gar gegen die kirchlichen Behörden arbeiten wollen, verlieren damit den Anſpruch darauf, katholiſche Veranſtaltungen genannt zu werden, und müſſen natürlich des biſchöf⸗ lichen Segens entraten. In Anerkennung der treuen katholiſchen Geſinnung des Charitasverbandes ſpendete der hochwürdigſte Herr Kardinal der Verſammlung darauf den biſchöflichen Segen. Vorſitzender Dr. Werthmann dankte in feierlichem Ge⸗ löbnis immerwährender Treue und Ergebenheit für den biſchöflichen Segen. Unter Hinweis auf die ſegensreichen Früchte des Zuſammenwirkens kirchlicher Charitas und der gleichartigen Tätigkeit der Staats- und Gemeindeauto⸗ ritäten erteilte er dann dem Oberbürgermeiſter der Stadt Eſſen das Wort zu einer Begrüßungsanſprache. Oberbürgermeiſter Dr. Holle überbrachte Grüße der Stadt Eſſen und teilte zugleich mit, daß der Oberpräſident der Rheinprovinz, Frhr. v. Rheinbaben, ebenſo wie auch der Herr Regierungspräſident ihn zum Vermittler ihrer herzlichſten Wünſche beſtellt hätten(lebh. Beifall), die eben⸗ ſo wie er die Unentbehrlichkeit der geordneten Privat⸗ wohltätigkeit neben der gemeindlichen zu ſchätzen wüßten. Die Wohltätigkeit der Gemeinde müſſe naturnot⸗ wendig einen mehr und mehr bureaukratiſchen Zug erhalten, und da könne ſie die private Charitas als Helferin nicht entbehren. In Eſſen freue man ſich be⸗ ſonders eines ſolchen erfolgreichen Zuſammenwirkens in der Krankenhausfrage. In hervorragendſterweiſe würde dieſe Fürſorgetätigkeit des Gemeindekrankenhauſes durch Krankenhäuſer der beiden chriſtlichen Konfeſſionen unter⸗ ſtützt. In warmen Worten feierte Redner, bekanntlich Proteſtant, aus Anlaß ihres 60 jährigen Jubiläums das Wirken der katholiſchen Krankenſchweſtern der heiligen Eliſabeth. Mit dem Ausſpruch der Hoffnung, daß auck weiterhin nach den Worten des verehrten Vorſitzenden die Söhne desſelben Vaterlandes auf dem Gebiete der Charitas zuſammenwirken möchten, ſchloß er unter ſtür⸗ miſchen Beifallskundgebungen. Im Namen des Landeshauptmanns der Rheinprovinz ſprach dann Landesrat Dr. Horion den Wunſch ſeiner Behörde aus, auf dem Gebiete der Erziehungsfürſorge immer enger mit der katholiſchen Charitas zuſammen⸗ zuarbeiten. herangezogen. Aber dieſe Leute waren nicht dieſelben, wie die von meinem Onkel für den vorgeſtrigen Abend beſchäftigten Aufwärter. Und es handelt ſich außerdem in dieſem wie in jenem Fall um Leute, deren Ehrlichkeit ihrem ganzen Vorleben nach nicht wohl angezweifelt werden kann. So blieb trotz der Unwahrſcheinlichkeit der Vorausſetzung nichts andres übrig, als den Dieb hier wie dort unter den geladenen Gäſten zu ſuchen. Waldſchmidt hat ſich ſowohl von dem General wie von meinem Verwandten eine Liſte der auf den beiden geſellſchaftlichen Veranſtaltungen erſchienenen Be⸗ ſucher aushändigen laſſen. Und es hat ſich herausgeſtellt, daß außer dem Geheimrat von Wichern noch eine andere Perſön⸗ lichkeit ſowohl unter den Gäſten Seiner Exzellenz wie unter denen meines Onkels geweſen iſt.“ „Ah!— Und man glaubt in dieſer andern Perſönlichkeit den Spitzbuben gefunden zu haben? Denn auf dem Geheim⸗ rat von Wichern ruht doch wohl kein Verdacht?“ Frau Myra hatte es mit einem Anflug von Spott gefragt. Dr. Hainroth aber blieb unverändert ernſt. „Ich ſage nicht, daß Waldſchmidt den Spitzbuben gefunden zu haben glaubt. Und für meine eigene Perſon enthalte ich mich vollends jeden Urteils. Ich erlaube mir nur, zu wieder⸗ holen, was mir als tatſächliche Feſtſtellung mitgeteilt worden iſt.“ „Nun wohl— und wer iſt jene andere Perſönlichkeit geweſen?“ „Der Violinvirtuoſe Szakäly, der bei dem General und bei meinem Oheim gegen Honorar geſpielt hat und ſelbſtver⸗ ſtändlich hier wie dort als ein ebenbürtiger Gaſt behandelt worden iſt.“ Frau Myra richtete ſich höher auf, und in ihren Augen entzündete ſich eine Flamme des Zornes. „Weshalb ſagen Sie mir das, wenn es nicht Ihre Abſicht iſt, damit einen ungeheuerlichen, einen geradezu wahnwitzigen Verdacht gegen dieſen Herrn auszuſprechen?“ Grüße überbrachten dann noch der katholiſche ——...——— Frauenvund, der Hildegardisverern, der Ver⸗ band katholiſcher deutſcher Lehrerinnen, weiter der Verband der katholiſch kaufmänniſchen Vereine. Dr. Werthmann konnte fernerhin eine lange Reihe herz⸗ licher Begrüßungstelegramme zur Verleſung bringen, be⸗ ſonders auch vom deutſchen Episkopat. In Erledigung der Tagesordnung machte Prälat Dr. Werthmann dann auf den Jahresbericht im Jahrbuch des Verbandes aufmerkſam, der die Entwickelung des Ver⸗ bandes darſtellt.. Nachdem zu Vorſtänden der weiteren Beratungen Prälat Dr. Werthmann, Landgerichtsdirektor Dr Laarmann und Oberſtleutnant Haſſe gewählt worden waren, erſtatteten die Vertreter der einzelnen Diözeſan⸗ verbände eingehenden Bericht über ihre Arbeiten im ver⸗ floſſenen Jahre. Zum Schluſſe ſprach dann Pfarrverweſer Kreutz⸗ Untergrombach(Baden) über Charitaswirken und Charitaskunſt. Er pries als univerſelles Vorbild charitativer Tätig⸗ keit Jeſum Chriſtum. Als Hilfsmittel der charitativen Praxis empfahl Redner das Studium des wirtſchaft⸗ lichen Lebens, der Nationalökonomie, Ausbildung der Charitastätigkeit durch wiſſenſchaftliche Wanderkurſe, Ein⸗ führung charitativer Kurſe in den Prieſterſeminarien und örtlicher Zuſammenſchluß der Charitasvereine. Damit hatte die herrlich verlaufene Verſammlung ihren Abſchluß gefunden. Das Jahrbuch des Charitasverbandes, das zu der Eſſener Tagung erſchienen iſt, bietet in den darin ent⸗ haltenen zahlreichen und eingehenden Berichten über die Tätigkeitsformen und die Ausdehnung der charitativen Einrichtungen der deutſchen Katholiken im In⸗ und Aus⸗ lande eine hochintereſſante Geſamtdarſtellung katholiſcher deutſcher Liebestätigkeit. Der Charitasverband umfaßt zurzeit 6 Diözeſenverbände, 11 örtliche Charitasverbände, 6 örtliche Charitasſekretariate, 2 Charitasbureaus, 10 Fachorganiſationen, darunter ein Komitee für die Ita⸗ lienerfürſorge in Deutſchland. Der Breslauer Diözeſen⸗ verband iſt während des abgelaufenen Vereinsjahres neu ins Leben gerufen worden. Der geſamte Charitasver⸗ band zählt gegenwärtig 4785 perſönliche Mitglieder und 580 Korporationen. Er iſt im Vorjahre um 193 Mit⸗ lieder gewachſen. 2075 Mitglieder ſind Geiſtliche, 1873 zaien. Die Einnahmen des Verbandes betrugen im Ver⸗ einsjahre 1908⸗09 81900 Mark, die Ausgaben 74000 Mark. Außer der praktiſch charitativen Hilfe erſtrebt der Verband ſeine Ziele durch Herausgabe einer populär⸗ wiſſenſchaftlichen Monatsſchrift, durch die Veröffentlichung populärwiſſenſchaftlicher Werke über die verſchiedenſten Zweige der Charitas, durch die Beförderung hiſtoriſcher Studien über die Charitas und durch die Benutzung einer reichen Charitasbibliothek.„Umfangreiche, vielſeitige katholiſche Charitasarbeit“ wird nach dem Berichte durch „Ich wiederhole, daß ich keinen Verdacht ausſprechen, ſondern nur Tatſachen rekapitulieren will. Und ich bitte Sie nochmals recht angelegentlich, mir das nicht zu verwehren.“ Die junge Frau war in der Tat willens geweſen, jede weitere Erörterung abzubrechen. Der ruhige Nachdruck in Dr. Hainroths letzten Worten aber beſtimmte ſie nun doch, ſeinem Verlangen zu willfahren. „Meinetwegen!“ ſagte ſie, ſich wieder in ihren Stuhl zurück⸗ lehnend wie jemand, der widerwillig und aus bloßer Höflichkeit etwas Läſtiges über ſich ergehen läßt.„Es ſcheinen ja ganz außerordentliche Dinge zu ſein, die Sie noch für mich in Bereit⸗ ſchaft haben.“ „Herr Waldſchmidt, für den in ſeiner Eigenſchaft als Kriminaliſt von Haus aus ein Menſch genau ſo verdächtig oder ſo unverdächtig iſt wie der andere, und der ſeine An⸗ ſichten nicht auf perſönliche Voreingenommenheit, ſondern einzig auf Indizien ſtützen darf, hielt es für ſeine Pflicht, ſich über die Verhältniſſe und über die Vergangenheit des Herrn Szakaly zu informieren. Und es war, wie er mir ſagte, ein günſtiger Zufall, der ihn in den Stand ſetzte, ſich die erforderlichen Aus⸗ künfte innerhalb eines Zeitraums von kaum vierundzwanzig Stunden zu verſchaffen.“ Nun fuhr Frau Myra doch wieder aus ihrer erkünſtelten Ruhe auf. „Das iſt unerhört— iſt geradezu ſchmachvoll! Es würde Ihrem Herrn Waldſchmidt wahrſcheinlich ſehr ſchlecht bekommen, wenn Szakaly erführe, daß man ihm auf ſolche Weiſe nach⸗ zuſpüren gewagt hat.“ „Der Mann bat nur ſeine Schuldigkeit getan, Frau Ebbinghaus! Und er zſt nach ſeiner ausdrücklichen Ver⸗ ſicherung mit aller durch die Umſtände gebotenen Diskretion verfahren.“ Fortſetzung folat.) ———— 2————— —— „—— Deurſche veſonders auch in England, Frankreich, Italien und Rußland geleiſtet. * ** Die Tagung ſelbſt fand heute am Frühnachmittage in drei Sektionen ihre Fortſetzung. Unter größter An⸗ teilnahme der Erſchienenen wurden auf Grund mannig⸗ Faltigſter Erfahrungen und tiefgehender Studien aktuelle Charitasfragen diskutiert. N Die Sektion 1 wurde geleitet von dem durch ſeine Arbeiten über ſoziale Fragen bekannten Fuldaer Ober⸗ bürgermeiſter Dr. Antoni; man beſchäftigte ſich mit der Fürſorge für Wanderarme und Obdachloſe an der Hand eines Referates des Landesrates Dr. Horion. In der Sektion 2 ſprach Dr. med. Dreesmann⸗Köln über die Ausbildung weltlicher Krankenpflegerinnen im Inter⸗ eſſe der Kranken, ſowohl für Stadt als auch für Land. Vor allem wünſchte er dieſe für die Wochenbett⸗ und Säuglingspflege. Die weltlichen Pflegerinnen ſollen, ſo fordert er, ein ſtaatliches Examen ablegen. Ueber Fort⸗ ſchritte in der Fürſorge für katholiſche Geiſtesſchwache berichtete in der dritten Sektion Dr. med. Kleefiſch aus Eſſen. 5 ** In Gegenwart des Herrn Kardinal-Erzbiſchofs und eines zahlreichen Publikums begann um 5 Uhr eine öffentliche Verſammlung. Landesrat Dr. Horion ſprach über die Fürſorge für die Wanderarmen und Obdachloſen. Infolge des heute vorhandenen Ueberſchuſſes an Arbeitskräften, hat ſich eine große Arbeitsloſigkeit entwickelt. Dies tritt bei den wan⸗ dernden Arbeitsloſen, unter denen das Wirtſchaftsleben gegenwärtig direkt leidet, augenfällig in die Erſcheinung. Dieſer Stamm der Arbeitsloſen ſetzt ſich aus Leuten aller Stände zuſammen. Der Referent verurteilte das kritik⸗ loſe Almoſengeben an Wanderer und empfahl ſtatt deſſen Arbeit zu gewähren und zu dem Zwecke namentlich die Arbeiterkolonien zu unterſtützen. Dieſe ſind Arbeits⸗ und Verpflegungsſtätten für obdachloſe Arbeitsloſe, in denen die Aufgenommenen längere Zeit verweilen können. Sie ſtehen ſomit in einem Gegenſatz zu jenen Wanderarbeits⸗ ſtätten in Stadt und Land, die den wandernden Arbeits⸗ bedürftigen nach kurzer Zeit wieder abſchieben. Dieſe Einrichtungen ſind, weil ſie der Arbeitsloſigkeit kein Ende machen, nur als notwendiges Uebel zu betrachten. Da ihnen auch die den Arbeiterkolonien eigene konfeſſionelle Organiſation fehlt, ſo können ſie auch nicht an der ethi⸗ ſchen und moraliſchen Hebung ihrer Inſaſſen ſo arbeiten wie die Arbeiterkolonien. 15 Als zweiter Redner ſprach Dr. med. Kleefiſch⸗ Eſſen über die Hilfe für Geiſtesſchwache. Heilkunſt, Er⸗ ziehung und Charitas können hier durch planmäßige Zu⸗ ſammenarbeit, wie es in den katholiſchen charitativen Idiotenanſtalten geſchieht, Großes erreichen. *** Am Abend fanden zwei Verſammlungen ſtatt, die eine für Frauen, die andere für Männer. Beide wieſen einen ſtattlichen Beſuch auf. Man hörte glän⸗ zende Redner. 1 In der Männerverſammlung rechnete Prof. Meyers⸗Luxemburg mit den modernen Gegnern der Charitas ab und zeigte, wie alle ſoziale Fürſorge ver⸗ ſagt, wenn nicht die chriſtliche Liebe die helfende Hand leitet. Recht aktuell war auch die Rede von Oberſtleut⸗ nant Haſſe⸗Aachen über die vorſorgende Aufklärung, die unſerer Jugend vor dem Eintritt ins Heer zu teil werden muß, insbeſondere auch über die militäriſchen Uebungen für unſere Jugend. In der Frauenverſammlung referierte Kaplan Löhr⸗Merheim über planmäßige Armenpflege, Prof. Cohausz⸗Köln über Wochen⸗, Säuglings⸗ und Kran⸗ kenpflege in Stadt und Land. Vom Revolutions⸗Schauplatz. Wie ſehr ein Eingreifen der Großmächte ſchon im Intereſſe des Eigentums der fremden Staatsangehörigen geboten erſcheint, zeigt die Weiterentwickelung der Dinge mit grauenerregender Deutlichkeit. Dem revolutionüren Mob, der in den letzten Tagen die Klöſter ſtürmte, ge⸗ fällt der Zuſtand abſoluter Rechtloſigkeit zu ſehr. Er plündert und brennt, und die Regierung vermag der Lage nicht mehr Herr zu werden. Wie mit Blitzlicht wird die Situation durch folgendes Londoner Telegramm beleuchtet: — London, 10. Oktober. Das Marconi⸗Bureau erhielt heute folgende drahtloſe Depeſche von dem Dampfer„Plaſſy“:„Soeben bei Liſſabon vorüberge⸗ fahren. Schwere Rauchwolken hängen über der Stadt.“ Nicht minder deutlich zeigt folgendes Telegramm, wie 2s in der Stadt der Revolution ausſieht: — Paris, 10. Oktober. Hier vorliegende Nach⸗ richten beſtätigen, daß es bei der Verfolgung der Prieſter und der Kloſterſchweſtern zu groben Aus⸗ ſchreitungen kam und der Pöbel Häufer in Brand ſetzte. Das wäre alſo der„Erfola“ der Revolution! Daß man es bei dieſen kurzen Telegrammen nicht um Produkte plötzlicher Ueberrumpelung zu tun hat, das zeigt auch ein ausführliches Telegramm des klerikaler oder reaktionärer Neigungen durchaus unverdächtigen Be⸗ richterſtatters des„Berl. Lokal⸗Anz.“ v. Gottberg. Er telegraphiert folgendes düſtere Bild: — Liſſabon(über Badajoz), 10. Oktober. Die Zügel entgleiten den Händen der Machthaber. Die Menge drang Sonntag nacht, meſſerſchwingend und plündernd, in das Haus und die Beſitzung des ein⸗ ſtigen Führers der Royaliſten, Caſtro. Doch gelang es endlich den telephoniſch herbeigerufenen republika⸗ niſchen Volkstribunen, die Familie vor dem Schlimmſten zu retten. Den Bahnhof umlagerte bis in die Nacht hinein ein heulender Mob, der die durch Soldaten von auswärts eingelieferten Mönche verſpottete und bedrohte. Auch hier waren Meſſerträger tätig. Die einheimiſchen Autoritäten ſcheinen denn auch die Republik noch immer nicht für ſo ſicher gefeſtigt halten wie wir Fremde. Für Sonntag war die Niederlegung der Barrikaden geplant, aber ſie ſind ſtehengeblieben, und hinter ihnen die Geſchütze, gerade wie jene Ge⸗ ſchütze, die von einem Hügel am Ende der Stadt und der Avenida Amelie Liſſabon und ſeine Zugänge be⸗ herrſchen. Ferner iſt das Beaväbnis der wäbrend der Revolution Gefallenen auf nächſten Sonntag verſchoben worden, weil Ausbrüche der Leidenſchaft befürchtet wer⸗ den. Sonntag blieben alle Kirchen geſchloſſen, und keine Glocke rief. Die Pfarrer halten ſich verborgen. Die bislang gegen die Orden gerichtete Wut hat ſich nun auch gegen die übrige Geiſtlichkeit ge⸗ kehrt. In der Nacht erklang heftiges Gewehr⸗ feuer. Während man ihm nachging, erſtarb es, und am Orte war nur feſtſtellbar, daß die Soldateska Feuer auf die Santokirche gegeben und ſie teilweiſe demolieri hatte. Es ſei nun getreulich erwähnt, daß Autoritäten wieder verſichern, zunächſt ſeien Schüſſe aus der Kirche gefallen. Aber es iſt doch unbegreiflich, wer ſo dumm ſein ſoll, nachts aus einer verſchloſſenen Kirche auf Soldaten zu ſchießen. Ferner fanden neue ſolda⸗ tiſche Ausſchreitungen gegen die Häuſer ein⸗ ſtiger Würdenträger der Monarchie ſtatt. So ſah ich das von Soldaten beſetzte Haus des Grafen Petrocillo; die Wände hinter den zerbrochenen Fenſtern waren merk⸗ würdig kahl. Aber wer gerecht ſein will, muß auch ſagen, daß die Maſſen eine ungemeine Geſittung und Ordnung bekunden. Es muß auch gefallen, daß dieſes naive Volk, das ſich jetzt natürlich den törichſten Hoffnungen hingibt, die abgeleierte Phraſe von „Freiheit und Gleichheit“, welche Politiker vorſchlugen, verwirft und dafür als Wappenſpruch„Or dnun gu nd Arbeit“ fordert. In den beiden Worten liegt nämlich ausgedrückt das nationale Programm eines jeden Por⸗ tugieſen, den man ſprechen hört. Aber nach wie vor liegt eine Gefahr darin, daß die Stadt einer von Po⸗ litikern befehligten und ihrer Offiziere beraubten Sol⸗ dateska anvertraut iſt. Wie die Moral der Trup⸗ pen ſchwindet, beweiſen die Exzeſſe. Alle Lega⸗ tionen ſind ſtark bewacht. Der Nuntius hat ſich nach Cintra begeben. Soweit hat es die Revolution alſo gebracht! Die portugieſiſche Königsfamilie weilt noch immer in Gibraltar. Der engliſche Kreuzer„Newceaſtle“ brachte die königliche Ausſtattung von Liſſabon nach Gibraltar. Der italieniſche Kreuzer„Regina Elene“, der die Königin Maria Pig und den Infanten Alfonſo, Herzog von Oporto, nach Italien bringen ſoll, iſt in Gibraltar eingetroffen. Nach ihrer Abreiſe wird ſich der König und die Königin Amalie nach England begeben. Das Amtsblatt der neuen Regierung veröffentlicht den auf den alten portugieſiſchen Geſetzen beruhenden Erlaß über die Austreibung der Mitglieder der Geſell⸗ ſchaft Jeſu und aller Mitglieder der religiöſen Kongre⸗ gationen fremder Nationalität. 8175 * 1* Die liberale Preſſe fabuliert über die katholiſchen Verhältniſſe luſtig weiter. Beſonders die Haltung des Vatikans iſt andauernd Gegenſtand eifriger Nachrichten⸗ fabrikation. Daher hier einiges abſolut Verläßliches: „Natürlich kümmert ſich der apoſtoliſche Stuhl nicht um die innerpolitiſchen Verhältniſſe Portugals noch um die Mängel, die der junge König als konſtitutioneller Monarch gehabt haben mag. Sehr oft waren die Be⸗ ziehungen zwiſchen der Regierung und dem bäßpſtlichen Nuntius recht ſchwierige. Es handelte ſich meiſt um die Auslegung des Konkordats, das eins der nachteiligſten für die Freiheit der Kirche iſt. Manchmal muß die Rirche auf harte Bedingungen eingehen, um das Not⸗ wendige und Weſentliche zu retten, und das war be⸗ ſonders in Portugal der Fall. Man denke ſich: Ohne ausdrückliche Genehmigung der Regierung durfte der Biſchof niemandem das hl. Sakrament der Prieſterweihe erteilen. Die nächſte Folge war, daß durch Protektion und Beeinfluſſung viele zweifelhafte Kandidaten geweiht wur⸗ den. Allmählich bildete ſich ſo in Portugal eine Geiſt⸗ lichkeit heraus, die ſehr viel zu wünſchen übrig ließ und dem Apoſtoliſchen Stuhl ſchwere Sorgen machte. Nicht der kirchliche Einfluß iſt an den vielfach traurigen Zu⸗ ſtänden im Lande ſchuld, ſondern der Mangel an einem ſolchen.“ **** Intereſſant iſt die Haltung des Kronprätendenten Dom Miguel, der bekanntlich in der öſterreichiſchen Ar⸗ mee dient. Von einer Seite wird behauptet, er wolle ein amerikaniſches Syndikat begründen zur„Eroberung Portugals“. Dom Miguel iſt nämlich mit einer ameri⸗ kaniſchen Millionenerbin Miß Steward verheiratet. Von anderer Seite gewinnt ſein Treiben ein noch anderes Geſicht. Der ungariſchen Zeitung„Aap“ zufolge hat ſich Dom Miguel telegraphiſch mit Mitgliedern des ungari⸗ ſchen Adels wegen Gewährung von Fonds in Verbindung geſetzt. So ſeien an Graf Ladislaus Szecheny, Nikolaus de Szemere und andere mit dem Kronprätendenten in Verbindung ſtehende Perſönlichkeiten Geldgeſuche gerichtet worden. Im Schloſſe Seebenſtein bei Frohsdorf in der Nähe von Wien, wo der Prinz wohnt, fanden geheime Zuſammenkünfte ſeiner Anhänger ſtatt.— Nichts Ge⸗ wiſſes weiß man alſo nicht. Offenbar machen ihm die entſetzlichen Wirren, die Portugal jetzt durchzumachen hat, Hoffnung auf die Wiederkehr der Sehnſucht nach einer Ordnung der Dinge, und da hält er, der ſelbſt ſeine Finanzen ſo hoffnungslos zerrüttete, ſich offenbar für den berufenen Mann. Politiſche Nundſchau. 2 Die Berliner Univerſität begeht in dieſen Tagen das Feſt ihres 100 jährigen Beſtehens. Aus dieſem An⸗ laß haben faſt alle europäiſchen Univerſitäten Abordnun⸗ gen entſandt. Die Feierlichkeiten begannen am Montag abend mit einem Feſtgottesdienſte im Dom. Prof. Dr. Kaftan hielt dort eine Feſtrede. Am Abend veranſtaltete die Studentenſchaft einen Fackelzug. In der Univerſität fand um 8 Uhr abends ein Empfang der Ehrengäſte ſtatt. Am Dienstag folgte dann ein Feſtakt in der Univerſität. Der Kaiſer hielt dabei eine Anſprache, in der er die Notwendigkeit ſelbſtändiger Forſchungsinſtitute für die ein⸗ zelnen Wiſſenſchaften betonte. Es ſeien bereits 9 bis 10 Millionen für ſolche Zwecke von privaten Spendern auf⸗ gebracht; ihnen den wärmſten Dank auszuſprechen, ſei dem Kaiſer ein Herzensbedürfnis. Es ſolle nunmehr unter kaiſerlichem Protektorat eine Geſellſchaft zur Grün⸗ dung und Erhaltung wiſſenſchaftlicher Inſtitute erſtehen. (Franzöſiſche Spionage. Die Katze läßt das Mauſen und die„große Nation“ das Spionieren nicht: In Mon⸗ tigny bei Metz wurden der Mechaniker Schluck und drei Brüder Kuck wegen Landesverrats verbaftet. Sie baben in einem Militärlaboratorium Patronen und verſchiedene Pulverſorten geſtohlen und an Frankreich verkauft. „ Sonderbares aus dem Polenlager. Zu den letzten Vorgängen im Polenlager wird ſoeben von polengegneri⸗ ſcher Seite eine ſonderbare Mitteilung verbreitet. Man leſe: Infolge von Meldungen verſchiedener Blätter, daß außer Napieralski auch der polniſche Reichstagsabgeord⸗ nete Korfanty nicht mehr kandidieren wolle, gab Kor⸗ fanty heute die ausdrückliche Erklärung ab, daß er unbe⸗ dingt eine Kandidatur zum Reichstag annehmen werde. Uebrigens laufen bei Korfanty fortgeſetzt Drohbriefe aus ſeinem Wahlkreiſe ein.— Auf wen dieſe Drohbriefe zurückzuführen ſind, wird nicht angegeben. Die Gegner der Polen glauben natürlich, daß ſie von rechtsſtehenden Polen, Anhängern Napieralskis, ſtammen. 7,Wieder etwas Allzuruſſiſches. Der deutſche Ballon Elbe“, der an dem Wettfliegen anläßlich des deutſchen Luftſchiffertages teilnahm, landete am Montag glatt bei Wola in Rußland. Die Inſaſſen wurden gefangen ge⸗ nommen und nach Michalovichy, Gouvernement Kielce. gebracht, obwohl beide Herren mit ruſſiſchen Päſſen ausgerüſtet waren und ſich legitimieren konnten.— Wie lange noch wird Rußland dieſes frivole Spiel treiben ürfen 21 bärfen veer und Marine. . 8„Parſeval 6“ iſt auf der Fahrt nach Berlin am Montag nachmittag um 4½ Uhr auf dem Exerzierplatz in Plauen glatt gelandet. Am Dienstag erfolgte die Weiter⸗ kahrt nach Bitterfeld. Schon um 12 Ühr hatte das Luftſchiff am Dienstag Bitterfeld erreicht, wo es glatt landete.— Am Mittwoch fährt es nach Berlin.. 5 Der Luftſchiffmajor Parſeval, deſſen Luftſchiff„P. 6“ ſoeben die große Fahrt München— Berlin macht, hat bekanntlich auch einen Flugapparat erfunden. Von der am Plauer See belegenen Parſeval-Flugſtation wird gemel⸗ det, daß der Parſevalflieger in letzter Zeit verſchiedene gut gelungene Flüge gemacht haben ſoll. Er legte in einer Höhe von etwa 5 Metern Strecken von mehreren hundert Metern zurück. Die Steuerung funktionierte aufs beſte. Im Laufe der nächſten Woche ſollen nun in An⸗ weſenheit des Majors Parſeval ſelbſt größere Flüge unter⸗ nommen werden. Europäiſches Ausland. Frankreich. * Der Generalausſtand auf der franzöſiſchen Nordbahn iſt am Montag in Paris begonnen worden, er hat ſich aber anſcheinend auf die Provinz noch nicht ausgedehnt. Die große Mehrheit des Bahnperſonals iſt gegen den Streik; denn eine Niederlage müßte ihnen und dem Syndikat verhängnisvoll werden. Die Regierung tritt der heraus⸗ fordernden Kraftprobe nicht unerwartet entgegen. Einſt⸗ weilen beſchränkt ſich der Ausſtand auf das Netz der Nordbahn, die ihre Angeſtellten gleichwohl beſſer bezahlt als die meiſten anderen Geſellſchaften. Allein, welche Ausdehnung der Kampf annehmen wird, läßt ſich bei der herrſchenden, ſeit langem künſtlich genährten Erregung der Eiſenbahner nicht vorausſagen. Die Regierung iſt entſchloſſen, dem Ausſtande mit Rückſicht auf die unab⸗ ſehbaren Konſequenzen einer Verkehrsſtockung mit den energiſchſten Mitteln zu begegnen. Türkei. * Die Kämpfe mit den aufſtändiſchen Druſen in Klein⸗ aſien nehmen kein Ende. Ueber neuerliche große Ver⸗ luſte berichten in Damaskus eingetroffene verwundete Offi⸗ ziere, Abdel Hamid Bei griff bei Kafr eine ſtarke Druſen⸗ abteilung an. Der Kämpf dauerte bierzig Skünden. Dem Feuer der Kanonen und Maſchinengewehre konnten die Druſen jedoch auf die Dauer nicht widerſtehen. Ueber z weitauſend Tote und zahlreiche Verwundete be⸗ deckten das Schlachtfeld. Die türkiſchen Soldaten ſollen außer einer Anzahl Verwundeter nur fünfzehn Tote haben, doch dürfte dies kaum zutreffen. Viele Dörfer im Süden Haurans haben ſich daraufhin ohne Widerſtand ergeben. Die großen Verluſte haben die Druſen ſo ent⸗ mutigt, daß Sami⸗Paſcha glaubt, daß er nennenswerten Widerſtand nicht mehr finden und es, abgeſehen von Scharmützeln, zu einer Schlacht nicht mehr kommen wird. — Hoffentlich kehrt die auch für viele deutſchen Inter⸗ eſſenten in jener Gegend ſo wichtige Ruhe bald wieder. Amerika. f Braſilien. 0 : Nach Perſien, Griechenland, der Türkei und Por⸗ tugal wird zur Abwechſelung auch einmal das Innere Braſiliens von Militärunruhen heimgeſucht. Infolge der Abſetzung des Gouverneurs der Provinz Amazonas iſt es daſelbſt zu einem Konflikt zwiſchen der Polizei und den Bundestruppen gekommen; die letzteren wollten den Gouverneur zur Amtsübergabe zwingen. Kanonenboote unterſtützten die Truppen und beſchoſſen die Hauptſtadt Manaos. Durch das energiſche Eingreifen der Bundes⸗ regierung wurde die Ruhe wiederhergeſtellt. Die Befehls⸗ haber der Land⸗ und Marinetruppen wurden abgeſetzt. Der Gouverneur iſt anſcheinend ungerechterweiſe ſeines Poſtens enthoben worden. Soziales. e Arbeiterbeſuch in Brüſſel. Hundert Fabrikarbeiter unter der Führung des Vorſtehers der badiſchen Fabrik⸗ inſpektion, Oberregierungsrat Bittmann⸗Karlsruhe, ſind am Dienstag zum Beſuch der Weltausſtellung in Brüſſel eingetroffen. Der Beſuch iſt mit weitgehender Unter⸗ ſtützung der badiſchen Regierung ausgeführt. Die Waldbrandkataſtrophe in Nordamerika dauert fort und nimmt immer größeren Umfang an. Man ſpricht heute bereits von 500 Toten. g Ein Streifen, der 50 Kilometer breit und 1400 lang iſt, ſteht in Flammen. Das dicke Moos macht das Löſchen unmöglich. Ein Dutzend Ortſchaften ſind vernich⸗ tet. Alle einzelnen Anſiedler ohne Bahnverbindung ſind mit ihren Familien verbrannt, nur die an der Eiſen⸗ bahn wohnenden konnten gerettet werden. Es iſt die größte Feuersbrunſt ſeit Jahren. Infolge der furchtbaren Verwirrung iſt es ſchwer, die Anzahl der Opfer zu ſchätzen: doch die Liſte der Flüchtlinge beweiſt, daß Hunderte ver⸗ mißt werden, namentlich aus der Umgegend von Beaudette und Rooſevelt. Warrond iſt voller Flüchtlinge. Rooſevelt „———ͤͤ—— ——— ten die Ueber ete be⸗ ſollen * Tote Dörfer wurde, obwohl vom Feuer umzingelt, nur durch eine Aenderung in der Windrichtung gerettet. Die kanadiſche Nordbahn läßt zahlreiche Extrazüge gehen, die Frauen und Kinder in Sicherheit bringen. Die Leute in Beau⸗ dette, Spooner und an anderen Plätzen haben alle ihre Habſeligkeiten verloren. 5000 Perſonen ſind obdach⸗ und mitetllos. In vielen Fällen kamen ganze Fami⸗ lien um. Im ganzen Brandgebiet wurde das Kriegs⸗ recht erklärt. Drei Fälle von Typhus kamen im Brand⸗ gebiet vor. Die Frauen legten großen Heldenmut und anerkennenswerte Aufopferung an den Tag, die Männer dagegen drangen wild in die Züge ein und trampelten Frauen und Kinder nieder. Eine Frau ſtellte ſich in die Türe eines Eiſenbahnwagens und ſtieß jeden Mann, der in den Zug zu ſteigen verſuchte, mit dem Fuß ins Geſicht. Dem„Newyork Herald“ wird aus Ottawa gemeldet: Das Perſonal der Canadian Northern Railway hat mit wahrem Heroismus während der großen Waldbrände in Minneſota die Spezialzüge durch die Flammen ge⸗ leitet und in dem furchtbaren Rauch die ſich über die großen Brücken rettenden Flüchtlinge aufgenommen. Tau⸗ ſende von Bewohnern der Städte Spooner, Beaudette und Pitt ſind durch ſie einem ſicheren Tode entriſſen worden. 75 verkohlte Leichen wurden nach der Station Rainy River gebracht. Aus Stadt und Land. ** Bei einer Grubenkataſtrophe in Kolorado wurden nach genauer Feſtſtellung 43 Bergleute verſchüttet. Die Verſchütteten konnten bisher noch nicht gerettet werden. Alle Verſuche waren vergeblich, da die Grube mit gifti⸗ gen Gaſen angefüllt iſt. Von den Verſchütteten ſind 28 Polen. Spiele nicht mit Schießgewehren! Durch die Un⸗ vorſichtigkeit des Bäckermeiſters Kaſper in Zittau, der von ſeiner Wohnung aus mit ſeinem Jagdgewehr, das un⸗ erwartet losging, auf einem vorbeifahrenden Straßen⸗ bahnwagen zwei Perſonen erſchoß, ſind zwei angeſehene Familien ins Unglück geſtürzt worden. Kaſper war Päch⸗ ter einer größeren Jagd und benutzte hierbei ein Dril⸗ linggewehr. Er glaubte bei der Unterſuchung des Ge⸗ wehrs, es ſei nicht geladen, und hantierte in ſeinem Laden damit herum, wobei er den Lauf auf die Straße gerichtet hielt. In dem Moment, als ein Straßenbahnwagen vor⸗ beifuhr, krachte ein Schuß. Die Kugel traf zwei auf dem Hinterperron ſtehende Perſonen, den Direktor Dr. Gold⸗ berg und den Ratskopiſten Zwicker, und ging beiden durch den Kopf. Während Goldberg ſofort tot war, lebte Zwicker noch einige Minuten. Der Täter war über das Unheil, das er angerichtet hatte, ſo aufgeregt, daß er Selbſtmord verüben wollte. 3 Eine öſterreichiſche Sahara⸗Expedition. Das bisher unbekannte Gebiet von Tibeſti im nörd⸗ lichen Innerafrika wird in der nächſten Zeit durch zwei kühne öſterreichiſche Forſcher bereiſt werden. Der aus einer Anzahl erfolgreich durchgeführter Afrikareiſen be⸗ kanntgeordene Forſcher Otto Artbauer, der den Ruf eines entſchloſſenen Mannes genießt, wird die Expedition mit dem öſterreichiſchen Artillerie-Oberleutnant Emil Kraft von Helmhacker unternehmen. Die geplante und bereits angetretene Reiſe iſt beſonders gefahrvoll, weil ſie durch Gegenden führt, die von den wildeſten und räuberiſchen Stämmen Afrikas bewohnt werden: die Durchauerung Tibeſtis iſt bisher noch keinem Europäer geglückt. Die Expedition führt von Tripolis über die bekannteſten Ka⸗ cawanenſtraßen nach der Oaſe Gatrun und von dort aus nach Tibeſti. Die beiden Reiſenden, welche von dem Ge⸗ lingen ihrer Pläne feſt überzeugt ſind, beabſichtigen von Tibeſti aus ſich in das gefährliche Wadailand ſich zu be⸗ geben. Sollte die Route durch das von inneren Unruhen gegenwärtig ſtark heimgeſuchte Land nicht möglich ſein, dann werden die Forſcher den leichteren Weg über Kame⸗ run nach dem Golf von Guinea nehmen. Unſere Karte zeigt die von den kühnen Reiſenden geplante Route; ſollte es den Forſchern gelingen, Tibeſti zu durchqueren und dabei die nötigen wiſſenſchaftlichen Studien zu machen, ſo wäre dies ein enormer Fortſchritt in der Afrikaforſchung, da Tibeſti zurzeit tatſächlich noch der dunkelſte Punkt des ſchwarzen Erdteils iſt. gerd Soi N ſptssch Cebia- — ne — eebnes — ben augtharananen- wege l one STAAT 2 2424. 2 0 00 N 1 8 1 2 Taneg⸗ Die bsferrelchische Sahars- HpedifrH Uhre fehehmer. leider verloren ſein. Aus Nah und Fern. Birkenau, 12. Okt. Der hieſige Kohlenverein ſetzte in dieſem Jahre uber 5000 Zentner Steinkohlen an ſeine Mitglieder ab.— Heute wurde der dritte Waggon Kartoffeln am hieſigen Bahnhofe zum Preiſe von 3.50 Mk. pto Zentner ausgeladen. Die beiden erſten kamen von Lauſitz, der letztere wurde von Oberheſſen bezogen. — Mörlenbach, 12. Okt. Unſere am 8. und 9. d. M. veranſtaltete landwirtſchaftliche Maſchinen, Vieh- und Obſtausſtellung erfreute ſich eines ungemeln zahlreichen Beſuches. Beſonders am zweiten Tage, Sonntag, den 9. d. M., war der Beſuch der Ausſtellung ein ſehr erfreulicher. Durch das ſchöne Wetter begünſtigt, war der Zuzug von Beſuchern aus nah und fern ein recht zahlreicher. Haben doch die Mörlen⸗ bacher gezeigt, daß der Odenwald längſt auch im Ztichen des Fortſchritts begriffen iſt, was auch aus den zahlreich geſtifteten Preiſen deutlich herforgeht. Ganz beſonders gefiel die ſchöne, künſtleriſch angelegte Obſt⸗ und Konſer venabteilung. Man ſah auf den erſten Blick, daß hier kunſtvolle und verſtändnis⸗ reiche Hände gewaltet haben. Die Gaſtwirtſchaften hatten vollauf zu tun, um den Wuͤnſchen ihrer Göſte gerecht zu werden. — Worms, 12. Okt. Einen grauſigen Fund machte der Landwirt Avril, als er eine in der Nähe des Altrhein bei Rorheim gelegene Wieſe, die mit Gras und Schilfrohr bewachſen war, mähte. Seine Senſe fuhr plötzlich in einen weichen Körper, der unter dem Schilf verborgen lag. Es er⸗ gab ſich, daß er den Hals einer dort verborgenen Leiche mit der Senſe durchſchnitten hatte. Die Leiche war die eines ſechzehn jährigen Mädchens, die vermutlich bei der letzten Ueber⸗ ſchwemmung des Ufergeländes angeſchwemmt worden war. — Lützelſachſen, 12. Okt. Der bei der Schießaffäre am letzten Frühjahr verletzte Bäcker Wilh. Pfliegensdörfer be- findet ſich immer noch in der Klinik in Heidelberg. Die Kugel konnte noch immer nicht entfernt werden. Da dieſelbe auf den Sehnerv drückt, iſt bei dem Verletzten das Augenlicht ſehr geſchwächt, zeitweiſe ganz geſchwunden * Seckenheim, 10. Okt. Vorgeſtern hat ſich hier ein ſchweres Unglück ereignet. Der 8jährige Sohn eines Fabrikarbeiters geriet unter ein beladenes Kohlenfuhrwerk und wurde von dem Hinterrad desſelben erdrückt. . Eberſtadt, 12. Okt. Auf ſonderbare Weiſe ver⸗ unglückt iſt am Samſtag nachmittag ein Vorarbeiter Schüßler aus Bickenbach auf der Main⸗Neckar bahnſtricke zwiſchen Eber⸗ ſtadt und Bickenbach. Ein vorüber fahrender Schnellzug ſchleuderte ein bei den Reperaturarbeiten benütztes Eiſen, das jedenfalls zu nahe beim Wegtreten an den Schienen liegen geblieben war auf die Seite und dem Sch. direkt gegen das Bein mit ſolcher Gewalt, daß ein komplizierter Beinbruch herbeigeführt wurde, der vielleicht den Verluſt des Beines herbeiführt. — Seligenſtadt, 12. Okt. Ein Heiratsvermittelungs⸗ ſchwindel beſchäftigte die Darmſtaͤdter Strafkammer. Angeklagt waren der 37 Jahre alte Gärtner Nikolaus Wilhelm aus Offenbach, deſſen Ehefrau, die 35 Jahre alte Babette geb. Geißler, und deren Vater, der 76jährige Gärtner Jakob Geißler von Seligenſtadt, in zahlreichen Fällen heiratsluſtige Männer durch Vorſpiegelung falſcher Tatſachen zur Heraus⸗ gabe von Geld uſw betrogen zu haben. Sie verfolgten die Hetratsannoncen im Fraulfurter Generalonzeiger, machten den Hetrats ſuchend en günſtige Offerten für vermögende Kandidatinnen, was in den meiſten Fällen Schwindel war. Ja, die Ehefrau Wilhelm gab ſich ſogar als Heiratsluſtige aus. Verbindungen kamen nicht zu ſtande, aber die Bewerber wurden tüchtig ge; ſchröpft. Wilhelm erhielt 15 Monate, ſeine Frau 3 Monate und der Schwiegervater 9 Monate Gefängnis. — Vom Lande, 12. Oktober.„Gepfeffertes Obſt gibt's auch?“ wird mancher fragen. Freilich, auch das gibt's. Man mache nur eine kleine Reiſe und frage auf dem Bahn⸗ hofe nach Obſt— und man wird bald wiſſen, daß zwar nicht das Obſt ſelbſt, aber doch die Obſtpreiſe ſehr„ge⸗ pfeffert“ ſind. Die Eiſenbahnverwaltung ſorgt dafür, daß auf den Bahnhöfen zu jeder Zeit irgendwelches Obſt für den Reiſenden bereitgehalten wird. Dann ſollte ſie aber auch dafür Sorge tragen, daß es dem mittleren Bir ger möglich gemacht wird, es zu kaufen. Eine Reiſe iſt an und für ſich ſchon koſtſpielig, wer aber noch anterwegs Eßwaren kaufen will, muß tief in ſeinen Beutel greifen. Warum gewährt man den Wirten auf den Bahnhöfen nicht billigeren Pacht, ſo daß ſie die Preiſe erniedrigen können? Die Eiſenbahn iſt doch zunächſt des Publikums, des Ver⸗ kehrs wegen da und nicht nur, um hohe Einnahmen zu bringen. Gerade das geſunde Obſt müßte zu billigen Preiſen zu haben ſein. Was nützen alle ſchönen Anord⸗ nungen, wenn ſie keinen praktiſchen Wert hoben? Wunder⸗ bare Aepfel, Birnen, Pflaumen werden uns auf ſauberen Pappteillern ſerviert, aber die Preiſe— brr! Nur wenige Begüterte können ſich den Luxus geſtatten, hier Obſt zu kaufen. Gerade die armen Leute aber, die ſtundenlang in Perſonenzügen fahren und die der Erfriſchung oft dringend bedürfen, müſſen leer ausgehen. — Darmſtadt, 12. Oktober. Auf dem Truppen⸗ übungsplatz in Darmſtadt unternahm der Aviatiker Auguſt Euler einen Aufſtieg mit dem Kommandanten von Darm⸗ ſtadt, Generalmajor von Randow. Der Start begann am Nordoſtrande des Uebungsplatzes. Der Flug erſtreckte ſich bis an die Weſtgrenze des Artillerieſchießplatzes und von dort nach dem Waldgelände am Oſtrand des Platzes. Zurückgelegt wurden ſieben Kilometer. Vom Aeroplan aus waren die gerade auf dem Platze übenden Kom⸗ pagnien des Reſerveregiments in ihren Stellungen klar zu überſehen. Generalmajor von Randow ſprach fich über den Flug ſehr anerkennend aus. — Mainz. 12. Oktober. Letzter Tage gab in Biebrich eine Seiltänzer⸗Geſellſchaft Vorſtellung. Zur abendlichen Beleuchtung des Platzes gebrauchte die Geſellſchaft Aze⸗ tylen⸗Lampen. Bei der Auffüllung derſelben muß wohl von dem verwendeten Karbid etwas verlorengegan⸗ gen ſein. Schulkinder fanden dies am Mittwoch, füllten es in eine Flaſche und verkorkten dieſe, nachdem ſie Waſſer hinzugeſchüttet hatten. Natürlich explodierte die Flaſche, und die Glasſplitter flogen weit umher. Von einem ſolchen Splitter wurde ein achtjähriger Schüler, der bei dem Unfug gar nicht beteiligt geweſen war, ins Au ge getroffen. Nach Anſicht des Arztes ſoll das Auge 445 Lokale Nachrichten. Viernheim, 13. Okt. — Aendernügen in den Kreis verwaltungen? Auswärtige Blätter melden, die heſſiſche Regierung plane für das Rechnungsjahr 1911 das Eingehen eines Kreiſes in jeder Provinz. In Rheinheſſen kaͤme der Kreis Oppenheim, in Oberheſſen der Kreis Schotten und in Starkenburg der Kreis Heppenheim in Betracht. Dieſe Kreiſe ſollten in die umliegenden Kreiſe aufgeteilt werden, wie dies 1874 mit den Kreiſen Lindenfels und Neuſtadt in Starkenburg, Grünberg, Nidda und Vilbel in Oberheſſen geſchah. Es wird hierzu bemerkt, die Vergrößerung der Verwaltungsbezierke ſei heute wieder möglich, da ſich in den letzten 30 Jahren die Verkehrsverbält⸗ niſſe ſehr gebeſſert haͤtten und dadurch die Kreisſtädte leichter und bequemer zu erreichen wären. Wie dem Mainz. Anz. von auttentiger Stelle mitgeteilt wird, dürfte an eine derartige Maßnahme wohl nicht zu denken ſein. Gerade die Verhält⸗ niſſe in Oberheſſen und Starkenburg lägen derartig, daß, wenn durch eine ſolche Neueinteilung der Kreiſe wirklich ein Minimum an Verwaltungs koſten erſpart würde, dieſe Erſparnis in gar keinem Verhaltnis ſtünde, gegenüber den hierdurch der Bevölkerung der betroffene Orte erwachſende Verluſte an Zeit und Geld. Dagegen durfte ein anderer Vorſchlag, der zur Erſparung von Verwaltungskoſten gemacht wird, eher der Er⸗ wägung wert ſein. Dieſer geht dahin, das in preußtſches Gebiet eingeſprengte Dorf Steinbach am Taunus und die zwiſchen Baden und Württemberg am Neckar liegende ehemalige Reichsſtadt Wimpfen gegen preußſſches und badiſches Gebiet auszutauſchen, wie das 1902 mit dem heſſiſchen Anteil von Kürnbach gegen badiſches Gebiet geſchah. Nachdem Heſſen die Saline Theodorshall bei Kreuznach an Preußen verkaufte, iſt auch der Grund weggefallen, der 1806 Wimpfen an Heſſen brachte. Wimpfen ſollt nämlich damals mit ſeiner Saline Ludwigshall Heſſen das Salz liefern. Heute hat die Saline Ludwigs hall dieſe Bedeutung für Heſſen nicht mehr und das »heſſiſche Rothenburg“ iſt für Heſſen lediglich das am teuerſten zu verwaltende Städtchen geworden. Die Eheſchlie fungen im Großherzogtum Heſſen im Jahr 1909 geben nach der ſoeben erſchienenen Statiſtik zu intereſſanten Vergleichen Anlaß. Als markanteſte Ta tſache ſpringt ſofort der Umſtand in die Augen, daß die Geſamtzahl der Eheſchließungen in 1909 gegenüber den beiden Vor fohren andauernd zurückgegangen iſt. Während im Jahre 1907 noch rund 10 000 Ehen geſchloſſen wurden, ſank dieſe Zohl im Jahre 1908 auf 9753 und im Jahre 1909 auf 9633 zuruck. Die Scheu vor dem Ehejoch ſcheint alſo auch in Hiſſen heimiſch zu werden. Hinſichtlich des Rückganges nach den Städten rangierten Mainz und Worms mit 9 pCt. an der Spitze, dann folgt Offenbach mit rund 7 p Ct., während Darmſtadt und Gießen ziemlich auf derſelben Höhe geblieben find wie im Jahre 1907. Bei den Frauen wurden 60 Prozent aller Ehen im Alter von 20— 25 Jahren abgeſchloſſen, bei den Männern 25 pCt. Im Alter von weniger als 20 Jahren waren 667 Frauen und nur 10 Männer. Die Zahl der Miſcheben iſt von 1639 im Jahre 1907 auf 1587 im Jahre 1908 und 1595 im Jahre 1909 zuruckgegangen. An den Miſchehen im Jahre 1909 ſind 760 evangeliſch und 740 katholiſche Männer beteiligt. Die Zahl der Geburten iſt im Jahre 1909 ent⸗ ſprechend dem Rückgang der Eheſchließungen auch zurückgegangen. Einer Geburtsziffer von 37 463 im Jahre 1909 ſtehen 38 571 Geburten in 1908 gegenüber. Drillingsgeburten kamen ſieben Mal vor, in den beiden vorhergegangenen Jahren nur je vier Mal und zwar in Starkenburg im letzten Jahr drei Mal. Darunter zwei mal drei Mädchen und 1 Knabe mit zwei Mädchen. Zwillingsgeburten gab es 998, im Jahr zuvor 1036 und im Jahr 966. Mit zwei Buben waren 340, mit zwei Madchen 334 und mit einem Knaben und einem Mädchen 324 Geburten geſegnet. — Theater in Vieruheim. Mit Sonntag, den 16. Oktober ſetzt die Geſellſchaft von Mannheim ihr erfolg⸗ reiches Gaſtſpiel fort, und gelangt zum erſten Male das ge⸗ ſchichtliche Volksſtück„Das Gänſegretel“ oder„Fürſt und Volk“ zur Aufführung. Das Gänſegretel darf als ein lebendiges Stück Sittengeſchichte des vorigen Jahrhunderts gelten. Im Mannheimer Hoftheater konnte das Stück ſeiner Zeit nicht zur Aufführung kommen, weil eine Tochter der Fürſtin Katharina, des Gänſegretel, in den 60er Jahren in Mannheim noch lebte. Das Stück machte ſeinen Weg und wurde an ollen Bühnen mit ſenſattonellem Erfolge aufgeführt. Das Stück wird vorausſichtlich auch hier wie überall eine große Anziehungskraft ausüben, zudem Herr Dir. Ker ſebaum für die Titelrolle Frl. Alice Winner vom Volkstheater in München engagiert hat, welche am Sonntag hier in Viernheim zum erſten Male als Gaͤnſe⸗ gretel auftritt. Die Bilder des Fräuleins ſind im Schau- fenſter des Herrn Friſeurs Tann ausgeſtellt. Den Beſuch dieſes Stückes empfehlen wir beſtens. Der Altweiberſommer iſt da! Am ſonnigen Herbſt⸗ tag fliegen die feinen weißen Fäden durch die Luft, die letzten Erinnerungen des Sommers— Altweiberſommer nennt man ſie. Feine Spinnenfäden ſind es, die der Herbſtwind von den Pflanzen losgeriſſen hat. Das Volk wußte von jeher nicht recht Beſcheid damit. Man ſuchte daher allerhand Deutungen. Den Kindern erzählte man, daß dieſe Fäden fleißigen Spinnerinnen fortgeflogen ſeien, Frau Holles Sonnenfäden ſollten's ſein, auch Marienfäden nennt man ſie. Manch rührende Sage behandelt das Thema, und die Landbevölkerung glaubt vielfach daran, weil ſie traulich an dem hängt, was von den Vätern über⸗ kommen iſt. An die fleißigen Spinnen aber, die wirk⸗ lichen Urheber, denkt man nicht. Jene benutzen das Ge⸗ ſpinſt zur Wanderfahrt. Sie ſetzen ſich darauf feſt und laſſen ſich vom Winde weitertreiben. Wollen ſie ſich iber zur Erde niederlaſſen, ſo wickeln ſie den Faden um den Fuß und ſinken immer tiefer. Unten angelangt, beißt die Spinne den Faden vom Fuße ab, und das Ge⸗ pinſt flieat als Altweiberſommer in die Lüfte. Verantwortlich für die Redaktion: Wilhelm Bingener, Viernheim Rechunngs formulare aer in der Bug und Verlagsdruckerei von Wilhelm Bingener, Viernheim. Musikschule Viernheim Rektorat: Ch. L. Thomas-Mannheim und L. 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