imer, in rd 1 40 1 g N „ Talus, n aui Uuk bei Bedſldete li. n Uhr — 1 fllt fer, mern rt. uu mer ff. 1 0 'ober L ien 13 den Vier Viernheimer Zeitung. Erſcheint dreimal wöchentlich: Dienſtag, Donnerſtag u. Samſtag mit den Beilagen: „Sonntagsblatt“ u.„Sonntagsfeier“. Bezugspreis: he der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim. Perbreilelſte und geleſenſle Zeikung am hieſigen Platze, daher beſtes und Telephon Ar. 20. irfungsbollles Inſertions-Irgan. Gegründet 1884. 1 Amtsblatt 80 Pfg. monatlich einſchließlich Trägerlohn durch die Poſt Mk. 1.14 vierteljährlich. Anzeiger Viernheimer Nachrichten. Anzeigen preis: 12 Pfennig die einſpaltige Petit⸗Zeile Lokal⸗Anzeigen 10 Pfennig. Reklamen: 30 Pfg. die 3⸗ſpaltige Zeile. Bei mehrmaliger Aufgabe Nabatt. Druck und Verlag von Wilhelm Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. Bei event. gerichtlicher Beitreibung oder im Falle eines Konkurſes kommt jeder Rabatt in Wegfall. Ar. 118. Ein neuer Aſſeſſorenparagraph 2 9 Vor anderthalb Jahrzehnten machte die Regierung durch eine Geſetzesvorlage den Verſuch, ſich das Recht zu verſchaffen, aus den jungen Aſſeſſoren die nach ihrer Anſicht für das Richteramt geeigneten jungen Leuten auszuſuchen. Man wollte damit erreichen, das„ungeeig⸗ nete“ junge Leute, als ſolche, die„politiſch verdächtig“ waren, nicht zur Partei der jeweils herrſchenden Richtung zugehören, aus dem Richteramte fern zu halten. Damals iſt dieſer Verſuch mit gutem Erfolge abgewehrt worden. Jetzt deutet allerlei darauf hin, daß die Regierung Luſt hat, es von neuem zu verſuchen. In Weſtdeutſch⸗ land iſt den Aſſeſſoren eines Bezirks ein Fragebogen über ihre perſönliche Verhältniſſe zugeſtellt worden. Dieſer Bogen ſoll ſobald als möglich ausgefüllt zurückgeſchickt werden. Die Fragen erſtrecken ſich außer auf Namen, Anſtellung uſw. auf folgendes: Nebenämter und Einkom⸗ men aus denſelben, Militärverhältniſſe, Orden oder ſon⸗ ſtige Auszeichnungen und Zeitpunkt der Verleihung, Fa⸗ milien⸗ und Vermögensverhältniſſe. Eine Anmerkung be⸗ ſagt:„Die Militär⸗, Familien⸗ und Vermögensverhält⸗ niſſe ſind genau anzugeben. Bei den Familienverhält⸗ niſſen iſt tunlichſt auch der Ort(Kreis) der Geburt des Beamten, der Stand des Vaters, der Name und Geburts⸗ ort der Ehefrau und der Stand ihres Vaters anzugeben. In Spalte„Religion“ iſt auch ein etwa ſtattgehabter Religionswechſel einzutragen und zugleich das Jahr anzu⸗ geben, in welchem derſelbe ſtattgefunden hat.“ Es iſt klar, daß man dieſe Angaben nicht zum bloßen Privatvergnügen ſammelt. Und es wird auch niemand behaupten wollen, man ſtelle dieſe ſehr ſonderbaren Fragen, um ſich über die Tüchtigkeit der Beamten zu in⸗ formieren; denn die Familienverhältniſſe eines Beamten haben mit ſeiner Tüchtigkeit nichts zu tun, ebenſo wenig ſeine Militärverhältniſſe; und was die Vermögensverhält⸗ niſſe angeht, ſo wird man höchſtens ſagen können, daß der Beſitz eines großen Vermögens einem Richter die ob⸗ jektive Rechtſprechung ſicher nicht' erleichtert. Alle dieſe Fragen im Zuſammenhang mit den Fragen nach dem Stande des Vaters und des Schwiegervaters(11) haben offenbar den Zweck, Material zur Klaſſifizierung der Aſſeſſoren zu beſchaffen, und zwar ſowohl zur geſellſchaft⸗ lichen als wohl auch zur politiſchen Klaſſifizierung. Durch ein Geſetz hat man die Auszahlung ſolcher Aſſeſſoren, die den jeweils herrſchenden Gruppen nicht paſſen, nicht zu erreichen vermocht. Ein derartiges Material über die Beamten aber würde für die Gerichtspräſidenten doch direkt ein Anreiz bedeuten— von der recht naheliegenden Vermutung abgeſehen, daß das gar beabſichtigt ſei—, Dienstag, den 18. Oktober 1910. 26. Jahrgang. ———.—— ̃ͤ— Angehörige irgend einer politiſch nicht beliebten Richtung in Aemtern der Art, wie es z. B. jetzt der Aſſeſſor aus dem Eulenburgprozeß, Kern, inne hat,„kaltzuſtellen“. Auf dieſe Weiſe würde ſich ſehr leicht die Möglichkeit er⸗ geben, Angehörige nicht beliebter politiſcher Richtungen aus dem Amte hinauszubringen. Es iſt in dieſer Frage wohl noch nicht das letzte Wort geſprochen. Im Intereſſe einer unantaſtbaren Recht⸗ ſprechung werden derartige Verſuche jetzt genau ſo ent⸗ ſchieden zurückgewieſen werden müſfen, wie es 1895 be⸗ ſonders durch das Centrum geſchehen iſt. Die Niederlage der franzöſiſchen Eiſenbahner. * Es kann jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, daß der von dem Syndikat der Eiſenbahner proklamierte all- gemeine Ausſtand auf allen Eiſenbahnen vollkommen mißglückt iſt. b Wie aus Paris gemeldet wird, vollzog ſich am Freitag der Verkehr nach Calais, Brüſſel, Boulogne und Lille mit nur ganz unbedeutenden Verſpätungen. Im Miniſterrate teilte der Miniſter der öffentlichen Arbeiten mit, daß auch auf der ſtaatlichen Weſtbahn der Verkehr allmählich in normale Bahnen einlenke. Auf der Oſtbahn konnte der Verkehr geradezu als normal angeſehen werden; das gleiche gilt von der Südbahn Paris—Lyon— Mittelmeer. Auf der Orleansbahn ſind von 781 Streikenden ungefähr 600 wieder zum Dienſt erſchienen. Die Zahl der Ent⸗ laſſungen Ausſtändiger wächſt von Tag zu Tag. Die Südbahn hat bis jetzt 15 Angeſtellte entlaſſen; die Or⸗ leansbahn entließ 12, die Oſtbahn 7 Angeſtellte. Mini⸗ ſterpräſident Briand fährt fort, der Streikleitung aufs allerentſchiedenſte entgegenzutreten und ihr Unternehmen als Verbrechen und Revolution zu bezeichnen. Er hat einer Gruppe Pariſer Deputierten erklärt, daß er mit dem Streikkomitee nicht in Verbindung treten wolle, da von dieſer Seite die Meuterei gepredigt würde. Briand fügte hinzu, daß er ſelbſt es ſich zur Aufgabe gemacht habe, die Regelung der Angelegenheit durchzuführen und ſelbſt den Schiedsrichter zwiſchen den Angeſtellten und den Eiſenbahngeſellſchaften ſpielen werde. Natürlich ſetzen jetzt, wo die Ausſicht auf Erfolg des Streiks immer mehr ſchwindet, die Gewalttätig⸗ keiten und Ausſchreitungen ein. So verſetzten am Freitag im Montmartreviertel 20000 Perſonen, die ſich als Erdarbeiter ausgaben, in Wahrheit aber zumeiſt aus dem gefährlichſten Teil des Pariſer Mobs beſtanden, durch ihr herausforderndes Verhalten die Geſchäftswelt des Bezirks derart in Schrecken, daß ſich die Kaufleute veranlaßt ſahen, ihre Läden zu ſchließen. Die mit der Herſtellung der Ordnung betraute berittene Munizival⸗ garde wurde mit Steinwürfen empfangen. Eine Anzahl der Gardiſten iſt ſchwer verletzt worden. Wohl gelang es, den Zug zu ſprengen, aber in den engen Seitengaſſen erneuerten ſich erbitterte Kämpfe. 20 Verhaftungen wur⸗ den vorgenommen. 1 5 Auch am Schluß einer Streikverſammlung, in der Jaures gegen ſeinen ehemaligen ſozialiſtiſchen Parteige⸗ noſſen Briand wetterte, kam es zu einer Schlägerei. Zu terroriſtiſchen Taten der Ausſtändigen gegen belgiſche Eiſenbahnbeamte iſt es auch an der belgiſchen Grenze ge⸗ kommen. Mehrere Perſonen wurden ſchwer verletzt. Ein belgiſcher Maſchiniſt erhielt eine tödliche Schußwunde. * Politiſche Rundſchau. 2: Zar und Kaiſer. Das Frageſpiel: Wann? Wo? geht weiter. Jetzt lieſt man:„Wie wir hören, wird die Begegnung zwiſchen dem Zaren und dem Kaiſer in Pots⸗ dam kurz vor oder nach dem 10. November erfolgen. Der Zar wird von dem Miniſter des Aeußern, Saſſanow, begleitet ſein.— Morgen„hört“ man's wieder anders. 0, Exzellenz Koch 7. Der frühere Reichsbankpräſi⸗ dent, Wirklicher Geheimer Rat Dr. Richard Koch iſt am Samstag geſtorben. Geheimrat Koch war herzkrank und ſein Kräftezuſtand war durch dieſes Leiden in letzter Zeit ſo geſchwächt, daß er das Lager nicht mehr ver⸗ laſſen konnte. Von den Reichsfinanzen. Der Branntweinbohkott iſt wirklich zu Ende. Wie mitgeteilt, ſtellte ſich die Ein⸗ nahme aus der Branntweinverbrauchsabgabe im vergange⸗ nen Monat(September) auf rund 14 Millionen Mark. Darin liegt eine gewiſſe Steigerung gegen die fünf Vor⸗ monate, welche insgeſamt nur eine Einnahme von 55 Millionen Mark brachten. Die Brauſteuer hat ſich im September mit etwa 10% Millionen Mark auf der er⸗ warteten Höhe gehalten. Die Iſteinnahme des Reiches an. Zöllen für den Monat September 1910 hat 48,2 Millionen Mark betragen, und in den Monaten April bis September 1910, alſo in der erſten Hälfte des laufen⸗ den Rechnungsjahres, 305,5 Millionen Mark. : Ueber den angeblichen Zwiſt im katholiſchen Lager leitartikelt die gegneriſche Preſſe bekanntlich ſeit einiger Zeit beſonders tiefgründig. Neuerdings hatte man auch auf Grund total mißgedeuteter Auslaſſungen die hochw. Herren Biſchöfe in dieſen angeblichen Zwiſt hineinzuziehen verſucht. Jetzt hat Kardinal⸗Erzbiſchof Dr. Fiſch er ſelbſt dieſe Auslaſſungen in das Reich der Fabel verwieſen. Der Volksverein für das katholiſche Deutſchland hatte am Sonntag in Köln Proteſtverſammlungen gegen die ungualifizierbaren. Auslaſſungen des römiſchen Bür⸗ germeiſters Nathan einberufen. Kardinal⸗Erzbiſchof Dr. Fiſcher, der in der größten der Verſammlungen er⸗ ſchienen war, bezeichnete bei dem Ernſt der Lage als die höchſte Pflicht der deutſchen Katholiken, ſtrenaſte Einia⸗ Die Brillantagraffe. Erzählung von Reinhold Ortmann. 131 Nachdruck verboten.) Frau Myra lachte ſpöttiſch auf. Jetzt war ſie wieder Herrin über ſich ſelbſt, und jetzt hatte ſie keinen andern Wunſch mehr als den, dieſen grauſamen Mann da vor ihr zu demütigen, ſo tief zu demütgen, als ſie es nur immer ver⸗ mochte— um welchen Preis es auch ſei. „Solche Ratſchläge werfen ein wenig günſtiges Licht auf Ihren Reſpekt vor der Wahrheit, Herr Doktor!“ ſagte ſie mit ſchneidender Schärfe,„und ich tue doch wohl beſſer, ſie nicht zu befolgen. Außerdem vermag ich eine Notwendigkeit dazu beim beſten Willen nicht einzuſehen. Es bedarf doch wohl keiner Notlüge, um Herrn Szakaly von dem Verdacht zu ent⸗ laſten, daß er eine Dame beſtohlen haben könnte, die— die er zu ſeiner Frau zu machen wünſcht.“ Zum erſtenmal ſeit dem Augenblick ſeines Eintritts verlor Dr. Hainroth für einen Moment ſeine Selbſtbeherrſchung. „Sie ſprechen nicht im Ernſt, Frau Ebbinghaus! Das iſt ja undenkbar— iſt ja einfach unmöglich!“ Sie ſah, daß der Schlag getroffen hatte, und ſie freute ſich deſſen. Es war ihr ganz gleichgültig, was für ſie ſelbſt aus ihrem Verhalten entſtehen konnte, wenn ſie dadurch nur den Mann, der ſie ſo tief verwundet hatte, etwas von den Schmerzen fühlen ließ, die ihr eigenes Herz zerriſſen. „Und weshalb unmöglich?“ fragte ſie mit geheucheltem Befremden zurück.„Ein genialer Künſtler vom Range Szakalys darf ſeine Wünſche wohl noch höher erheben als bis zu mir.“ „Und wenn er als Künſtler noch hundertmal größer wäre — als Menſch iſt er Ihrer nicht würdig. Aber weshalb ſoll ich Ihnen davon ſprechen! Es kann ja nicht in Wahrheit Ihre Abſicht ſein, ſich an dieſen Zigeuner fortzuwerfen.“ „Sind Sie deſſen ſo ſicher, Herr Doktor? Haben Sie denn nicht mit eigenen Augen geſehen, daß ich mich von ihm küſſen ließ? Und glauben Sie, daß ich dergleichen einem andern Manne geſtatten würde als dem, den ich zu heiraten gedenke?“ „Es iſt alſo Ihr Ernſt? Sie wollen Ihre Zukunft einem Manne anvertrauen, deſſen Charakter und deſſen Vorleben Ihnen unmöglich bekannt ſein können?“ „Ich kenne den Charakter des Herrn Szakaly ebenſo genau, wie ich über ſein Vorleben unterrichtet bin, Herr Doktor! Iſt Ihnen das Antwort genug?“ Wie mit einem Schlage änderte ſich das Benehmen des Arztes. Er war jetzt wieder ſo ſteif und ſo gemeſſen ruhig, wie in dem Augenblick ſeines Eintritts. Eine ſtumme Ver⸗ beugung war ſeine Antwort auf Frau Myras letzte Frage, und ohne eine Sekunde des Zauderns griff er nach ſeinem auf einen Seſſel gelegten Hute. „Gnädige Frau haben mir in der Diebſtahlangelegenheit alſo keinen Auftrag zu geben?“ Die junge Witwe erſchrak. Jetzt, wo ſie erkannte, daß jedes Band zwiſchen Hainroth und ihr zerriſſen war, daß ſie ſeine Freundſchaft und wahrſcheinlich auch ſeine Achtung für immer verloren hatte, jetzt regte ſich in ihrem Herzen auch ſchon die Reue über ihr unſinniges Benehmen. Aber das Geſchehene war unabänderlich. Es gab kein Zurück mehr als um den Preis der tiefſten Beſchämung, und der Trotz in ihr war denn doch noch zu ſtark, als daß ſie ſich hätte entſchließen können, dieſen Preis zu zahlen. „Nein! Ich werde es Herrn Szakaly überlaſſen, ſich mit den Leuten auseinander zu ſetzen, die ihn durch einen ſchimpf⸗ lichen Verdacht beleidigt haben.“ „Falls Sie auch mich unter dieſe Leute rechnen, Frau Ebbinghaus, wird mich Herr Szakaly jederzeit zu ſeiner Ver⸗ fügung finden.“—— Er war fort. Frau Myra ſtand regungslos und lauſchte auf das Klappen der zufallenden Türen. Ihr war, als dürfe ſie ihn nicht ſo von ſich laſſen, denn ſie wußte ja, daß er niemals wieder⸗ kommen würde, wenn er jetzt wirklich ging. Aber ſie fand das Wort nicht, das ſie ihm hätte nachrufen können, um ihn zu halten. Und als ſie dann die Gewißheit hatte, daß es zu ſpät war, als von draußen her kein Laut mehr an ihr Ohr drang, da warf ſie ſich mit qualerpreßtem Aufſchrei in einen Seſſel und wehrte den Tränen nicht mehr, die ihr Trotz und ihr beleidigter Stolz ſo lange zurückgehalten hatten. Eine Stunde ſpäter brachte Frau Myras Zimmermädchen ihrer jungen Herrin die Meldung, daß Herr Wallhofen der gnädigen Frau ſeine Aufwartung zu machen wünſche, und zum erſtenmal geſchah es, daß die Witwe ſich vor dem alten Freunde verleugnen ließ. Wallhofen war bis zu dem bald nach ihrer Hochzeit er⸗ folgten Tod ihres Vaters deſſen erſter Angeſtellter und der Vertraute aller ſeiner geſchäftlichen Angelegenheiten geweſen. Ruthardt ſelbſt hatte ihn zu ſeinem Teſtamentsvollſtrecker be⸗ ſtellt, und er hatte bei der Ordnung der etwas verworrenen Nachlaßangelegenheiten ſoviel Umſicht und treue, opferwillige Anhänglichkeit bewieſen, daß ſich daraus die herzlichſten und freundſchaftlichſten Beziehungen zwiſchen ihm und der Tochter ſeines ehemaligen Chefs entwickelt hatten. Er hatte jetzt eine der leitenden Stellungen bei einer großen auswärtigen Induſtrie⸗Geſellſchaft inne. Aber niemals, wenn ihn ſein Weg nach Berlin führte, verſäumte er, Frau Myra ſeinen Beſuch zu machen und in ihrem eleganten Heim ein be⸗ hagliches Stündchen zu verplaudern. Myra freute ſich jedesmal aufrichtig, den trefflichen alten Herrn wiederzuſehen; heute jedoch ſchämte ſte ſich ihrer ver⸗ weinten Augen und fürchtete überdies, ſich noch immer nicht genug in der Gewalt zu haben, um ihm zn verbergen, wie troſtlos es in ihrem Innern ausſah. Cortſetzung folgt.) — 1 1 1 Fit zu bewahren. Man habe von einem Konflikt im Lager der Katholiken, ſogar von einer Spaltung geſprochen. Die Gegner würden ſich irren. Man habe ſich ſogar nicht ent⸗ blödet, die beiden deutſchen Kardinäle gegenein⸗ ander auszuſpielen und von einer Unterſuchung des heiligen Stuhles in der Erzdiözeſe Köln zu ſprechen. Gegen dieſe unſauberen Machenſchaften erhebe er an dieſer Stelle nachdrücklichſt Proteſt.— Hoffentlich merken die, die es angeht, ſich dieſe Wahrheiten. Zu der Bootskataſtrophe in Kamerun, bei der fünf deutſche Marineſoldaten ihr Leben einbüßten, liegt jetzt bei den Angehörigen die offizielle Nachricht vor: Von den Verunglückten ſtammen zwei aus Schleſien. Der Ober⸗ maſchiniſtenmaat Julius Renner iſt in Großbeckern bei Liegnitz geboren; er diente ſchon 12 Jahre und ſtand vor der Ableiſtung des Kurſes zur Beförderung zum Deck⸗ offtzier. Der Oberwachtmeiſtermaat Paul Zimmermann iſt der Sohn eines Vizefeldwebels in Breslau. Auch er diente ſchon 11½ Jahre. (—). Zu den Kaffern⸗Unruhen in Deutſch⸗Südweſt⸗ afrika liegt jetzt eine amtliche Erklärung deutſcherſeits vor. Darin heißt es:„Die Angeſtellten baten die in der Nähe befindliche Truppe um Unterſtützung, worauf ſich die Kaffern, mit Keulen und Meſſern bewaffnet, zuſammen⸗ rotteten und die öffentliche Sicherheit bedrohten. Infolge⸗ deſſen wurde ein Einſchreiten der Truppe nötig; dieſe machte erſt von den Waffen Gebrauch, als die Kaffern zum Angriff übergingen. Vierzehn Kaffern ſind tot: die Verwundeten befinden ſich in guter Fürſorge.“— Sehr gründliche Aufklärung iſt das immer noch nicht. Insbe⸗ ſondere muß Klarheit geſchaffen werden über die Urſachen der Kaffernunruhen. (OBeſſere Sparkaſſen⸗Zinſen. In Bayern wird eine Umgeſtaltung des Sparkaſſenweſens in der Art geplant, daß die Erträgniſſe der Sparkaſſen mehr als bisher den Einlegern— durch Erhöhung des Zinsfußes oder ande⸗ rer Vorteile— zu Gute kommen. Es findet im Mini⸗ ſterium des Inneren eine Beratung hierüber ſtatt, zu der auch Vertreter der Gemeinden zugezogen werden.— Offenbar ſoll dem vielfach beſtehenden Unfug vorgebeugt werden, daß die Gemeinden aus den Sparkaſſenüber⸗ ſchüſſen alſo aus den Groſchen der kleinen Leute, alle mög⸗ lichen Aufwendungen decken. In einem politiſchen Pro⸗ zeſſe zwiſchen Konſervativen und Liberalen in Vorpom⸗ mern ſpielt augenblicklich der Vorwurf eine Rolle, man 5 aus den Ueberſchüſſen der Sparkaſſe ein luxuriöſes kreishaus gebaut, obgleich das alte noch auf Jahre hin⸗ aus gut geweſen ſein würde. 90 Kongreß der gelben Gewerkſchaften. Zu einer Konferenz der nationalen(„gelben“) Arbeitervereine Deutſchlands ſind 180 Delegierte eingetroffen, die angeb⸗ lich 100 000 nationalgeſinnte Arbeiter vertreten. Es ſoll ein engerre Zuſammenſchluß der Vereine geſchaffen werden. ; Folgen der Moabiter Krawalle. Infolge der Moa⸗ biter Streikkrawalle ſind bisher bei dem Magiſtrat Berlin 102 Schadenerſatzanſprüche angemeldet worden. Von dieſen Anträgen ſind 15 ſogleich abgewieſen worden, weil ſie in dem Tumultgeſetz vom 11. März 1850, welches nur einen Erſatzanſpruch wegen Beſchädigung des Eigentums oder Verletzung von Perſonen gewährt, keine Begrün⸗ dung fanden. In den anderen Sachen ſind die zur Feſt⸗ ſtellung des Tatbeſtandes erforderlichen Ermittelungen an⸗ geordnet worden. Wahrſcheinlich würden die Anſprüche noch viel zahlreicher auftreten, wenn nicht jeder, der verletzt iſt, ohne weiteres unter Anklage geſtellt würde. Heer und Marine. § Hundertjahrfeier der Kriegsakademie. Der Kaiſer beſuchte am Samstag morgen die Hundertjahrfeier der Kriegsakademie. Er hielt bei der Gelegenheit eine Rede, in der er die Hoffnung ausſprach:„Möge der Geiſt, der die Kriegsakademie zu dem hat werden laſſen, was ſie geworden iſt, der Geiſt gewiſſenhafteſter Pflichterfüllung, voll der unbedingten Hingabe an die ernſten Forderun⸗ gen des ſoldatiſchen Berufs bis in die fernſte Zukunft in ihr lebendig bleiben und reife Frucht tragen zum Segen des Vaterlandes, zum Wohle meines tapferen Heeres!“ Kirche und Schule. + Der katholiſche Lehrerverband für das deutſche Reich zählt augenblicklich 17 Zweigvereine: Baden, Bay⸗ ern, Brandenburg-Pommern, Braunſchweig, Elſaß⸗ Lothringen, Ermland, Fulda, Hildesheim,„Norden“, Os⸗ nabrück, Rheinpfalz, Rheinland, Provinz Sachſen, Schle⸗ ſien, Weſtfalen, Weſtpreußen, Wiesbaden. Dieſe 17 Zweig⸗ vereine ſetzen ſich aus 618 Ortsvereinen zuſammen und umfaſſen 18 672 katholiſche Lehrer als Mitglieder. Die katholiſchen Lehrervereine in Heſſen, Sachſen(König⸗ reich), Oldenburg(Anſchluß am 3. 10. einſtimmig be⸗ ſchloſſen) und Württemberg mit zuſammen 1848 Mit⸗ gliedern ſind dem katholiſchen Lehrerverbande noch nicht angeſchloſſen. Europäiſches Ausland. Oeſterreich⸗Ungarn. * Wie aus dem Hofe naheſtehenden Kreiſen verlautet, wird das engliſche Königspaar zum Beſuche in Wien noch vor Ende dieſes Jahres erwartet. Monaco. * Das Schickſal des portugieſiſchen Königs ſcheint die Rückſichtsloſigkeit des Fürſten Albert gegenüber ſeinem petitionierenden Volke ſehr ſchnell vertrieben zu haben: Erbprinz Louis verſprach namens ſeines Vaters, alle Beſchwerden der Bürgerſchaft wohlwollend zu prüfen. Die Stimmung im Fürſtentum iſt aber noch immer nicht be⸗ ruhigt. Portugal. * Die republikaniſche Regierung läßt der Welt ver⸗ künden, daß man dem Exkönig Manuel ſein Vermögen zu⸗ geſtellt habe. Näheres darüber erfährt man leider nicht. — In den letzten Tagen war die Zenſur mehrfach ſo ſtark in Tätigkeit getreten, daß man hinter den ſpärlichen Tele⸗ grammen alles Mögliche vermuten mußte. Der hoch⸗ offiziöſe„Diario Univerſal“ in Madrid ſchreibt:„In dem Maße, wie die Vorgänge in Portugal genauer bekannt werden, ſieht man, daß die Monarchie das Opfer einer wahren Verräterei geworden iſt. Alle Zivil⸗ und Militärbeamten, Monarchiſten und Republikaner, hatten ſich geeinigt, um die königliche Familie hinauszuſchaffen, und zwar durch Uebertreihung der Gefahr, die eine künſt⸗ lich hervorgebrachte Revolution angeblich hat. Nunmehr iſt es als zweifellos bekannt, daß nur ein Teil der Muni⸗ zivalgarde uneingeweibt gegen einige Soldaten und Zi⸗ viliſten Jämpfte. Das waren die einzigen Opfer der Revolution nebſt einigen unter den Granaten der Kriegs⸗ ſchiffe Gefallenen. Darum dürften die Mächte ſich wei⸗ gern, die neue Republik anzuerkennen, die unter ſolchen ſtänden entſtanden iſt. Jedenfalls wird Spanien ſich ab⸗ wartend verhalten. Die Haltung der Zenſur klärt ſich nun damit auf, daß man die andauernden Ausſchreitungen des Pöbels gegen die Jeſuiten vertuſchen wollte. Der Haß gegen die Jeſuiten iſt noch vorhanden. Wird ein Mönch entdeckt, ſo wird er ſicher bald der Behörde über⸗ wieſen, die für ſeine ſofortige Ausweiſung ſorgt! Dieſer Tage wurden zwanzig Nonnen in einem Keller gefunden, wo ſie über vier Tage geweilt und gehungert hatten. Man gab ihnep zu eſſen. wexauf ſie dann nach der Grenze transportiert wurden. Die Gerüchte über Plünderungen ſind ſtark übertrieben. Zwei Männer wurden beim Plün⸗ dern eines OKloſters vom Militär niedergeſchoſſen.— Hoch lebe die„Freiheit“! Serbien. F Kronprinz Alexander iſt erkrankt. Die Aerzte haben mach mehrtägiger Beobachtung Symptome von Typhus feſtgeſtellt. Ein Wiener Spezialarzt iſt tele⸗ graphiſch nach Belgrad gerufen worden. Die Krankheit nimmt zwar einen normalen Verlauf, dennoch iſt man für den Prinzen ſehr beſorgt, weil er nicht von ſtarker Kon⸗ ſtitution iſt. Der König weilt ununterbrochen am Lager ſeines Sohnes, der ſich die Krankheit durch Erkältung während ſeines Aufenthaltes bei den Niſcher Manövern zugezogen hat. Alexander iſt bekanntlich an die Stelle des durch ſeine Roheitsexzeſſe unmöglich gewordenen Prinzen Georg zum Thronfolger erhoben worden, hat ſich auch recht geſchickt benommen und bildet ſo die Hoff⸗ nung der Dynaſtie. Türkei. * * Jetzt heißt es wieder, die Kriegsgefahr nehme einen immer bedrohlicheren Charakter an. So kommt aus Bu⸗ kareſt die Nachricht, daß alle griechiſchen Konſulate von ihrer Regierung den Befehl erhielten, ſämtlichen grie⸗ chiſchen Untertanen, die in Rumänien leben und noch militärpflichtig ſind, die Weiſung zugehen zu laſſen, daß ſie ſich bereithalten, ihrer bevorſtehenden Einberufung zur Fahne unverzüglich Folge zu leiſten. Dieſe Ein⸗ berufungsorder erſtreckt ſich auf Reſerviſtenjahrgänge aus den Jahren 1904 bis einſchließlich 1907. In Griechen⸗ land ſieht man aber wohl zu düſter. Einſtweilen haben die„Götter“ im Finanzolymp in Paris die Anleihe und damit die Mittel zum Losſchlagen noch nicht bewilligt. Außerdem ſieht es in der Türkei ſelbſt keineswegs allzu ruhig aus: Zwiſchen Hadjelar und Uesküb iſt durch einen Bombenanſchlag ein Güterzug zum Entgleiſen gebracht worden. Sieben Wagen wurden zertrümmert, die Bahn⸗ linie erlitt ſtarke Beſchädigungen. Angeblich handelt es ſich um ein bulgariſches Attentat. Amerika. Vereinigte Staaten. * Demonſtration oder Freundſchaftsbeweis oder bei⸗ des? Die Atlantik-Schlachtſchifflotte der Vereinigten Staaten wird im November Portland und Gravesend in England und Cherbourg und Breſt in Frankreich beſuchen, und zwar je vier Schlachtſchiffe gleichzeitig einen dieſer Häfen. Die Heimreiſe ſoll Ende Dezember dieſes Jahres erfolgen. Braſilien. * Das portugieſiſche Beiſpiel wirkt auf das ver⸗ wandte Braſilien anſcheinend ungünſtig ein. In Bra⸗ ſiliens Hauptſtadt Rio de Janeiro ſowie in Sao Paulo kam es zu antiklerikalen Kundgebungen; durch ſcharfe Ueberwachung konnten Angriffe auf die Klöſter ver⸗ hindert werden.— Gegen die militäriſchen Unruhen in der Provinz Manaos macht die Regierung entſchloſſen Front: Auf Befehl des Bundespräſidenten iſt General Pedro Paulo mit Infanterie und Artillerie nach Manaos abgegangen, um den Gouverneur, deſſen ſchriftliche Ab⸗ dankung erzwungen worden iſt, wiedereinzuſetzen. Der durch die Beſchießung verurſachte Schaden wird auf 4000 Contos Reis geſchätzt. Zahlreiche Schadenerſatzklagen ſind anhängig gemacht worden. Bomben als Kampfesmittel im Streik. „ In der Nacht zum Montag haben Freunde der ſtreikenden Eiſenbahner der Sache der Arbeiter einen noch ſchlimmeren Dienſt geleiſtet, wie es die Eiſenbahner ſelbſt mit ihrem unüberlegten Streik getan haben. Mitten in der Nacht ereignete ſich eine gewaltige Bombenerploſion in dem Hauſe 58 Boulevard Pereire. Dort wohnt der Herausgeber und Chefredakteur der nationaliſtiſchen„Pa⸗ trie“, der Pariſer Gemeinderat Emile Maſſard. Ein Ehepaar Arnould, das in demſelben Hauſe wohnt, war um 1,20 Uhr nachts nach Hauſe zurückgekehrt. Be⸗ vor ſie in die Haustür traten, bemerkten ſie auf dem Fenſtergeſims der Portierloge ein Paket, dem ſie in⸗ deſſen keine Beachtung ſchenkten. Kaum hatten ſie ihre Wohnung im fünften Stock erreicht, als die Exploſion er⸗ folgte. Die Exploſion war ſo gewaltig, daß ſie tatſäch⸗ lichin ganz Paris gehört wurde. Im erſten Augen⸗ blick glaubte man, daß das Dach eines Wohnhauſes eingeſtürzt ſei. Die Exploſion hat zum Glück wenig Schaden angerichtet; ſämtliche Fenſterſcheiben des ge⸗ nannten Hauſes ſind bis zum dritten Stock zerſtört. Menſchen ſind nicht verletzt worden. An die Klingel der Haustüre war ein Zettel gehängt mit folgender Auf⸗ ſchrift:„Erſte Warnung an Herrn Maſſard.“ Herr Maſſard hat während des Streikes die Ausſtändi⸗ gen und insbeſondere die von dieſen verübte Sabotage ſehr heftig verurteilt. Soziales. Ein Verkehrsſtreik in Deutſchland. Man meldet aus Bremen: In einer Verſammlung der Straßenbahn⸗ angeſtellten wurde beſchloſſen, ſofort in den Streik einzutreten, da die Direktion ſich weigert, den Transport⸗ arbeiterverband anzuerkennen. Es iſt daher Samstag früh kein einziger Angeſtellter der Straßenbahn zum Dienſt erſchienen. Es fährt kein einziger Wagen der elek⸗ triſchen Bahn. Der Streik hat wegen ſeiner Plötzlich⸗ keit zahlreiche Störungen im geſchäftlichen Leben zur Folge. Der Ausſtand wurde faſt einſtimmig beſchloſſen. Vor allen Depots ſind Streikpoſten ausgeſtellt, die von ſtreikenden Werftarbeitern unterſtützt werden. Auch die Polizei iſt mit verſtärkten Poſten vertreten, um Aus⸗ ſchreitungen zu verhindern. Die Lohnbewegung der Straßenbahner hat ſchon vor einiger Zeit eingeſetzt.— Alſo auch bei uns ein Frankreich im kleinen! Ob ſich die Macher dieſer Bewegung nicht ſagen, daß ſie damit der Arbeiterſache unendlichen Schaden zufügen 7! Luftſchiffer⸗Wahnſinn. „)J Als ſeinerzeit der kühne Schwede Andre im Luft⸗ ſchiff einen Flug zum Nordpol wagte, da war man in den Kreiſen der Luftſchiffer allgemein einig darüber, daß ein ſolches Unternehmen nur einem Irrſinnigen zuzu⸗ trauen ſei. Jetzt kommt aus Amerika, dem Lande der unbegrenzten— Verrücktheiten, die Meldung von einem nicht minder tollen Unternehmen. Der amerikaniſche Luft⸗ ſchiffer Walter Wellman iſt am Samstag früh mit ſeinem Lenkballon„Amerika“ aufgeſtiegen, um den Atlantiſchen Ozean im Fluge zu überqueren. Was man über dieſe Fahrt bisher vernommen hat, iſt nicht geeignet, einen anderen als vollſtändigen Mißer⸗ folg erwarten zu laſſen. Wellman telegraphierte drahtlos am Samstag mittag um 2 Uhr:„Unterwegs kreuzten wir den Dampfer„Atlantic“.“ Um dieſe Zeit ſandte das Newyorker Wetterbureau Wellman eine Sturmwarnung nach. Das Luftſchiff wurde dann abends 6 Uhr 50 Mi⸗ nuten 5 Meilen ſüdöſtlich vom Leuchtſchiff Scotland und 4 Meilen von Sandy Hook entfernt aus beobachtet. Es fuhr in nördlicher Richtung mit einer Geſchwindigkeit von 15 Knoten. Es wollte offenbar die Dampferroute von Neufundland nach England erreichen. Ueber den weiteren Verlauf dex Fahrt liegen folgende Meldungen vor: — Nemyork, 16. Oktober. Sonntag um 11 Uhr vormittags lief in Atlantic City ein an Wellmanns Frau adreſſiertes drahtloſes Telegramm folgenden In⸗ halts ein:„Wir befinden uns auf der Höhe von Nantucket und machen gute Fortſchritte. Alles wohl!“ Die Empfangsſtation dieſer Botſchaft Siasconſett mel⸗ det, daß ſie mit dem Ballon eine fortgeſetzte Verbindung unterhält. Nantucket liegt ungefähr zweihundert Meilen von Newyork entfernt. Die Diſtanz wird von Schnell⸗ dampfern durchſchnittlich in neun Stunden zurückgelegt. Atlantic City meldet ferner, Wellmann habe die geſtrige Ausreiſe nach einer heftigen Szene mit der Mannſchaft erzwungen. Die zum erſtenmal in einem Ballon in⸗ ſtallierte Markoniſtation arbeitet ausgezeichnet. Die ganze Station iſt in dem vorderen Teile des ſbählernen Rettungsbootes untergebracht, der dreihundert Fuß lange Equilibrator dient als Grunddraht. Sonntag am ſpäten Nachmittag lief zum Beiſpiel eine Anfrage Wellmanns über die Wetterchancen ein. Sie konnte ſofort beantwortet werden. Eine halbe Stunde ſpäter lag Wellmanns Antwort vor:„Wetterbericht erhalten, alles klappt vorzüglich!“ Am Sonntag abend wurde der„Daily Mail“, dem großen Londoner Klatſchblatte, telegraphiert, die letzte drahtloſe Depeſche von Wellman laute, daß der Flug nun 24 Stunden gedauert habe, daß er der gewöhn⸗ lichen Dampferſtraße folge und daß alles vorzüglich gehe. Woher dieſes Telegramm aber ſtammt, darüber fehlen die Angaben. Bis Sonntag morgen ſchwiegen dann die drahtloſen Meldungen. Dann ſetzten die Nachrichten wieder ein: „Der Motor arbeitet ſchlecht: wir geben in nord⸗ öſtlicher Richtung 25 Meilen in der Stunde ohne Ma⸗ ſchine; ſonſt alles gut. Wir ſparen an Energie für drahtloſe Telegraphie; Reſervemaſchine iſt nicht in Ordnung. Der Nebel iſt ſehr dicht; wir ſehen nichts. Wellmann.“ Dann traf am Sonntag vormittag um 11 Uhr ein Telegramm ein: „Wir fahren mit guter Geſchwindigkeit; ich glaube, daß wir fünfhundert Kilometer von Newyork entfernt ſind.“ Eine am Montag morgen aufgefangene drahtloſe Depeſche des Ballons„Amerika“ lautet: „Unſere Lage iſt weniger günſtig, aber wir käm⸗ pfen weiter.“ Eine andere Depeſche vom Montag ſleht noch bedenk⸗ licher aus: „Wir haben unſeren Motor abgeſtellt und ſteuern in der Richtung Oſtnordoſt mit einer Geſchwindigkeit von 25 Knoten ohne Motor. Es herrſcht dichter Nebel. Beobachtung iſt unmöglich.“ Spätere Nachrichten liegen nicht vor. Die ununter⸗ brochenen Verſuche, mit den ſtärkſten Apparaten von At⸗ lantic City aus Wellman drahtlos zu erreichen, ſind miß⸗ lungen. Er fliegt alſo über dem unendlichen Meere. * 0* Die Wiſſenſchaft ſteht dieſen Experimenten ſehr ſkep⸗ tiſch gegenüber. Major von Tſchudi, der frühere Luftſchifferoffizier und jetzige Direktor der Flug⸗ und Sportplatzgeſellſchaft Berlin⸗Johannisthal meint: Es ſei geradezu ein Verbrechen, Menſchenleben einzuſetzen zu einer Fahrt über den Ozean zu einer Zeit, da noch viel zu wenig Erfahrungen über längere Waſſerfahrten vor⸗ liegen. Insbeſondere ſei es auf das ſchärfſte zu ver⸗ urteilen, daß Wellmann wieder in einem völlig uner⸗ erprobten Luftſchiff eine ſehr ſchwierige und gewagte Fahrt angetreten hätte. Es ſei ausgeſchloſſen, daß Wellmann ſein Ziel erreicht.— Geheimrat Aßmann vom kgl. Obſervatorium in Lindenberg i. M.:„Es iſt außer⸗ ordentlich unwahrſcheinlich, daß Wellmann irgendetwas erreichen wird. Die ganze Sache iſt ſehr gewagt, das Unternehmen unglaublich tollkühn— dieſer Meinung dürfte wohl jeder Meteorologe ſein. Die Chancen des Gelingens eines Fluges über den Ozean ſind außerordent⸗ lich gering.“— Das wird wohl die Anſicht aller ver⸗ nünftigen Leute ſein. * 4* Erfolgreicher als der Amerikaner es günſtigſtenfalls ſein kann, war am Sonntag ein wohlgelungener Flug Paris London. Man telegraphiert darüber: — Paris, 16. Oktober. Der Lenkballon„Bayard⸗ Clement“ wurde ſchon ſeit einigen Tagen zu der Luft⸗ reiſe Paris⸗London bereitgehalten. Sonntag morgen erſchien ſeinen Piloten das Wetter günſtig. Das Luft⸗ ſchiff wurde um 6½ Uhr aus ſeiner Halle gezogen. Sieben Perſonen beſtiegen die Gondel. Der Ballon ſchiff Unmge Whonbe Küste des S 5 C ay, Kohlen der vi henk⸗ nern igkeit debe. inter⸗ t Al miß⸗ leete. ſteh⸗ bete und 5 fei ſetzen viel bot ber uner⸗ Fahrt nan ng es nt⸗ er⸗ ard⸗ uft⸗ en uft gel. llon Bureauräumen eingenommenen zweiten Sthocke erhob ſich raſch bis zu dreihundert Meter Höhe und nahm in prächtiger Fahrt die Richtung Boulogne⸗ſur⸗ Mer, wo in der bei der Hafenſtadt nahegelegenen Ort— ſchaft Neuchatel eine Zwiſchenlandung vorgeſehen war. Auch ein Depot von Erſatzteilen war dort errichtet worden. Bei Boulogne⸗ſur⸗Mer erſchien gegen 10 Uhr in dreihundert Meter Höhe das Luftſchiff und landete genau an der beſtimmten Stelle. Nach raſcher Ver⸗ proviantierung ſetzte das Luftſchiff ſeine Reiſe fort. Ueber Boulogne⸗ſur⸗Mer dahinziehend, nahm das Luft⸗ ſchiff den Kurs über den Aermelkanal. Meh⸗ rere Torpedoboote begleiteten den Ballon, der ſie übri⸗ gens raſch hinter ſich ließ. Kurz vor 11 Uhr erreichte das Luftſchiff Dover. Es überſetzte Folkeſtone und ent⸗ ſchwand in der Richtung nach London. Die Ankunft in London erfolgte nach 1 Uhr mittags unter großer Be⸗ geiſterung der Zuſchauermengen. Aus Stadt und Land. * Das Brandunglück in Berlin, das wir ſchon mel⸗ deten, hat einen weit ſchrecklicheren Ausgang genommen als man zunüchſt vermuten konnte. Bekanntlich war während der Arbeitszeit in einer Wäſcheanſtalt infolge einer Gasexploſion Feuer ausgebrochen. Am Freitag abend fand man zwei verkohlte weibliche Leichen, am Samstag wurden bei der Löſcharbeit noch fünf weibliche Leichen aus dem Schutt herausgeholt, ſo daß die Zahl der Opfer ſieben beträgt. Das Feuer war in dem von ausae⸗ brochen und hatte, da hier niemand anweſend war, ſchon die Decken nach dem dritten Stockwerk, wo die Arbeiterin⸗ nen waren, erfaßt, ehe es bemerkt wurde. Die Arbeits- räume im dritten Stock hatten zwei Ausgänge nach den Treppen, von denen jedoch der eine leider verſchloſſen war. Auf der Flucht nach dem anderen wurden die ſieben Frauen teils durch Trümmer erſchlagen, teils durch den Qualm erſtickt. Ihre Leichen boten einen entſetzlichen Anblick und unbeſchreibliche Sze⸗ nen ſpielten ſich auf der Brandſtätte ab. Der Portier des Hauſes hatte ſich mit ſeiner Frau über die qualmenden Dächer gerettet. Die Arbeitskolleginnen der Toten, 15 an Zahl, ſind auf der Flucht teils ſchwer, teils leichter verletzt worden. .die Chronik der Schiffskataſtrophen erfährt noch eine Erweiterung. Aus Saint⸗Nazaire an der Mündung der Loire wird gemeldet: Nachts verließ der ſpaniſche Dampfer„Peveril“ den Hafen, beladen mit Holz, Fiſchen und Auſtern. Kurz nach der Ausfahrt brach ein furcht⸗ barer Sturm los. Der„Peveril“ wurde gegen den gleiche Ladung führenden Dampfer„Ville de Rochefort“ der Schraubendampfer⸗Geſellſchaft geworfen. Der Anprall war ſo heftig, daß die„Ville de Rochefort“ nach kaum einer Minute ſank. Der Pilot und 22 Seeleute ſind er⸗ trunken.„Peveril“, obſchon ſtark havariert, konnte Saint⸗ Nazaire noch erreichen. Von der engliſchen Küſte kommt folgende Hiobspoſt: Der Londoner Dampfer Cranford“ iſt mit 40 Mann Befaßung untergegangen. Fünf Leichen, die Rettungsringe mit dem Namen des Dampfers trugen, wurden bei Hartlepool ans Land ge⸗ ſchwemmt. Der Liverpooler Dampfer„Hurricane“ lief bei Aldeburgh auf. Die Mannſchaft befindet ſich noch an Bord; eine Verbindung mit dem Raketenapparat konnte hergeſtellt werden. Schließlich wird aus Petersburg über einen folgenſchweren Orkan ander baltiſchen Küſte berichtet. In der Nähe von Riga wurden drei Segel⸗ ſchiffe ans Ufer geworfen, ein Teil der Mannſchaften iſt umgekommen. Nachts waren auf dem Meere Notſignale ſichtbar. Die Zahl der havarierten Schiffe iſt anſcheinend groß. In Mitau, Libau und Troki herrſchte ebenfalls ein heftiger Sturm, der Dächer abdeckte, Bäume entwurzelte, Gerüſte im Bau befindlicher Häuſer niederlegte und Tele⸗ gbonverbindungen zerſtörte.— Auch von der deutſchen Küſte trifft eine Unglücksmeldung ein: Das Fahrzeug des Schiffers Hildebrandt, von Pillau nach Elbing mit Kohlen unterwegs, iſt im Elbinger Haff geſunken. Von der vier Perſonen ſtarken Mannſchaft fehlt jede Spur. Sie iſt anſcheinend ertrunken. Wieder eine Kraftwagenkataſtrophe. Ein dem Frei⸗ herrn von Klinger in Reichenberg gehörender Kraft⸗ wagen, mit dem der Führer ohne Wiſſen ſeines Dienſt⸗ herrn einen Ausflug nach Preußen unternommen hatte, ſtieß auf der Rückfahrt bei Neuſtadt derart auf einen Baum, daß die Inſaſſen herausgeſchleudert wurden. Von ihnen iſt einer tödlich verletzt. Der Kraftwagen iſt gänzlich zerſtört, der Führer wurde verhaftet. Von der Cholera. Dem halbamtlichen Popolo Romana“ zufolge iſt nunmehr tatſächlich die Cholera in dem großen ſizilianiſchen Palermo ausgebrochen.— In Konſtantinopel treibt der Aberglaube in Ver⸗ bindung mit der Cholera tolle Blüten. Nachdem mehrere Schiffsladungen der von Konſtantinopel nach Oxia ver⸗ bannten Hunde geraubt und die Tiere in zahlreichen Gärten und Häuſern Stambuls verſteckt worden ſind, um ihre abergläubiſchen Bewohner vor der Cholera u ſchützen, erklärten die Mollahs, um die Abergläubiſchen vor einer Polizeiverfolgung zu bewahren, Allah wolle die Bevölkerung durch die Cholera für das Schickſal der ehedem als„heilig“ unverletzlichen Hunde verantwortlich machen. „I Neuer Flugrekord. Der Aviatiker Leblanc hat in St. Louis auf einem Bleriot⸗Eindecker eine engliſche Meile in 53 Sekunden zurückgelegt und damit einen neuen Weltrekord aufgeſtellt. „ Dynamitexploſion in Venedig. In dem Volks⸗ viertel Garibaldi iſt durch eine Dynamitexploſion ein Haus zerſtört worden. Dabei wurden drei Perſonen töd⸗ lich, mehrere leicht verletzt. Eiſenbahmzug von der Brücke abgeſtürzt. Auf der Bahnlinie San⸗Louis—San⸗Francisco ereignete ſich ein ſchrecklicher Unglücksfall. Ein Bahnzug ſtürzte bei Compton(Oklahama) über eine Brücke herab, deren Stütz⸗ balken morſch geworden waren. Fünf Wagen türmten ſich übereinander. Man zählt bis jetzt 43 Verletzte. Kleine Nachrichten aus Stadt und Land. Das Schwurgericht Saarbrücken verurteilte den Kellner Ulrich Riſt aus Affaltern wegen Ermordung der Kellnerin Rheinfrank zum Tode. Bei einem Zuſammenſtoß zweier Straßenbahnwagen auf der Strecke Spandau⸗Spandauer Bock wurden die beiden Wagenführer und eine Dame ſchwer, mehrere an⸗ dere Perſonen leicht verletzt. f Dreitauſend Mark Belohnung hat der Eiſenbahn⸗ miniſter für Ermittlung der Perſonen ausgeſetzt, die das Dynamitattentat gegen den Schnellzug Berlin— Breslau Lokale Nachrichten. Viernheim, 18. Okt. — Theater in Viernheim. Das hiſtoriſche Volks⸗ ſtück:„Das Gänſegretel, oder Fuͤrſt und Volk“ von Ph. W. Krämer, wurde am vergangenen Sonntage von der Geſell⸗ ſchaft vom Koloſſeum⸗Theater aufgeführt. Der Beſuch war diesmal im Verhältnis zu den früheren Vorſtellungen äußerſt ſchwach. Als eine Glanzuummer iſt das Stück zu bezeichnen und die Direktion könnte bei einer Wiederholung des Erfolges ſicher ſein. Das Stück bietet durch ſeine Popularität die Vielſeitigkeit, den ernſten und heiteren Verhältuiſſen Rechnung tragend, eine gute Unterhaltung. Ludwig von Saarbrücken, ei gerechter und guter Fürſt wurde durch Herrn Karl Trändle meiſterhaft geſpielt. Durch ſein ruhiges Spiel, die klare Sprache trat das Ergreifende beſonders zu Tage. Alice Winner zeigte als Margaretha Katharina Keſt, gen.„Das Gänſegretel“ ihre Fähigkeiten von der ſchönſten Seite. Sie gab das Gänſegretel in vollendeter Form wieder, und ebenſo vorzüglich gelang es ihr in der Rolle als Hoffraulein. Direktor Kerſebaum als Präſident Hammerer war in ge⸗ wohnter guter Verfaſſung. Karl Spindler in v. Rudow hat vollſtändig ſeine Aufgabe gelöſt, ſich den ſeinerzeitigen Ver- hältniſſen ganz angepaßt; er lebte in ſeiner Rolle. Reg. Kerſebaum iſt ja längſt als geniale Spielerin bekannt und zeigte ſich als ſolche auch in der Roſalinde von Jägersberg. Paul Mug, ein ebenſo guter Bekannter ſpielte den Michel gelungen. Fritz Balder gab den Kammerdiener Mühlenbach, originell wieder. Die Wirkung wurde ganz beſonders durch vorzügliche Aufführung und das gute Zuſammenſpiel erzielt. — Sport. Am verfloſſenen Sonntag, den 16. ds. Mts. ſpielte die Fußballabteilung des Turnvereins Viernheim, gegen den Fußball-Klub Sodalität mit 3: 3 unentſchieden. Der erſt vor kurzer Zeit gegründeten Fußballabteilung gebührt alle Anerkennung. — Landwirte, ſchickt eure Söhne in die land⸗ wirtſchaftlichen Winterſchulen. In jedem Kreis iſt Gelegenheit geboten zum Beſuche ſolcher Schulen, aber immer noch beſtehen da und dort Mißtrauen und Gleichgültigkeit.„Der braucht's net“, ſagt der eine, wir haben auch keine Winterſchule gehabt“ oder,„wir brauchen keine ſtudierten Bauern“ meint ein anderer. Ueber den erſten Einwand kann man ruhig hinweg ⸗ gehen. Wer heute noch die Anſchauung vertritt, daß die landwirtſchaftliche Fachbildung für den Bauern nicht not⸗ wendig iſt, dem iſt nicht zu helfen. Was man vom Land- wirte heutzutage verlangt, das dürfte bekannt ſein, oder hat es der Bauer heute leichter in ſeinem Geſchäft als der Kauf⸗ mann und der Gewerbetreibende oder irgend ein anderer Berufsſtand. Falſche Ein⸗ und Zweimarkſtücke ſind im Umlauf. Das Einmarkſtück beſteht aus einer Zinnlegierung, iſt leicht verſtlbert, trägt das Münzzeicheichen A und die Jahreszahl 1903. Das Zweimarkſtück trägt das Bildnis König Wilhelms II. von Württemberg, das Muͤnzzeichen F und die Jahreszahl 1904. Es iſt aus einer Zinnblei⸗ legierung durch Guß in einer nach einem echten Stuͤck ge- fertigten Form hergeſtellt. — Fleiſchtenrung u. Maggi's Würze. An Stelle teuren Suppenfleiſches kauft man gute Suppenknochen, kocht dieſe unter Beigabe der üblichen Suppenkräuter gut aus, ſeiht die Brühe durch und kräftigt beim Anrichten nach Ge⸗ ſchmack mit Maggi's Würze. Aus Nah und Fern. — Maunheim, 17. Okt. Ein ſchwerer Unglücke fall ereignete ſich in den Süͤddeutſchen Kabelwerken. Beim Kabel⸗ prüfen kam der 24jährige, aus der Pfalz ſtammende Arbeiter Frei mit der Erdleitung, die 1000 Volt Spannung aufwies, in Berührung und war ſofort tot. Alle Wiederbelebungsver⸗ ſuche waren erfolglos. Frei hatte verſäumt, die vorſchrifts⸗ mäßige Ausſchaltung vorzunehmen. — Lampertheim, 17. Okt. Vorausſichtlich Anfang November findet die Neuwahl des ausſcheidenden Drittels des Gemeinderats ſtatt. Aus dem Kollegium ſcheiden aus die Herren: Herweck, Griesheimer, Knecht 1. und Rösling, ferner iſt eine Erſatzwahl für den Beigeordneten Schmidt nötig. Im ganzen ſind alſo fünf Gemeinderäte neu zu wählen. — Birkenau, 17. Okt. Der 73 Jahre alte Witwer Nikolaus Kilian hat ſich in der Nähe des hieſigen Bahnhofes von dem Arbeiterzug überfahren laſſen und war ſofort tot. Der Lebensmüde war ein braver fleißiger Mann und hat die bedauernswerte Tat unzweifelhaft in einem Anfalle von Schwer- mut, die in letzter Zeit bei ihm bemerkbar war, verübt. K. Mörlenbach. Bei prächtigſtem Herbſtwetter ver- anſtaltete der hieſige Turnverein am vorigen Sonntage ſein Abturnen verbunden mit Rekrutenabſchied. Mit klingen⸗ dem Spiele zog der Verein Mittags aus dem Vereinslokale auf ſeinen Turnplatz, um hier mit dem Preis- und Wetturnen zu beginnen. Eine Freude war es zuzuſehen, wie die Turner in flottem Tempo ihre turneriſchen Uebungen vorführten und damit zeigten, was ſie im vergangenen Jahre zu dem bereits fruher angeeigneten Uebungen, neu hinzugelernt haben. Daß ſowohl Turner wie Turnwarte im Laufe des Jahres ihre volle Schuldigkeit getan haben, das beweiſt der Umſtand, daß in der Oberſtufe der 1. Preis mit 78¾ Punkten bei 80 er⸗ reichbaren Punkten errungen wurde. Ueberhaupt nahm das ganze Abturnen einen guten und befriedigenden Verlauf, da es moglich war, allen Turnern, trotz gewiſſenhaften und ſtrengen Preisrichtens mit einem Preiſe beglücken zu können. Aus Anerkennung hierfür war denn auch beſchloſſen worden, da? Abtunen mit einem gemütlichen Balle zu beſchließen. Und noch einmal zeigten unſere Turner ihre Leiſtungs faͤhig keit. Füͤhrten ſie doch unter der Leitung des bewährten Turn⸗ wartes Peter Klein eine Zuſammenſtellung von Keulen- übungen aus, die durch ihre ſchöͤnen und exakten Ausführungen allgemeinen Beifall fanden und das Auge ergoͤtzten. Im An- ſchluſſe hieran ſprach ſich der Präſident des Vereins, Adam Stäckler, nachdem er alle Anweſenden auf das herzlichſte be⸗ grüßt und ihnen für ihr zahlreiches Erſcheinen gedankt hatte, in ſehr ſchöner Weiſe über die Bedeutung des Abturnens aus, indem er erwähnte, daß mit dem Abturnen die Turnerei nicht zu Ende ſei, ſich vielmehr jetzt ein neues Feld eröffne, auf dem jeder Einzelne ſeine ganze Kraft und Fähigkeit entfalten könne. Zum Schluſſe ſeiner Ausführungen gedachte er in warmen Abſchiedsworten der Mitglieder, die zur Fahne ein⸗ berufen worden ſind. Tief bedauerte er zwar das Scheiden mehrerer ſehr eifriger Mitglieder aus dem Vereine, aber doch erfüllt mit dem befriedigenden Stolze, daß es gerade dem Turnverein vergönnt iſt, aus ſeiner Mitte eine ſtattliche Au- zahl wohlvorbereiteter Mitglieder in den Dienſt des Kaiſers und Vaterlandes entſchicken zu können. Nuchdem für die jungen Marsſöhne eine Freltour ausgerufen worden, die mit dem ſchoͤnen Volksliede„Muß i denn, muß i denn zum Stäbtele hinaus“ endigte, nahm das Ganze ſeinen gewohnten ſchönen Verlauf. Der Verein hat wieder einmal bewieſen, daß er es trotz mancher Anfechtungen fertig bringt, ſeinen Mit⸗ gliedern, ſowie Freunden und Gönnern einen ſchönen und frohen Abend zu bereiten und rufen ihm deshalb zu:„Gut Heil für die Zukunft!“ — Heppenheim, 17. Okt. Ein Perſonenzug der Bahnſtrecke Heppenheim-Lorſch hat auf dem erſten Uebergang den Wagen des Landwirts Peter Rettig erwiſcht und eine Strecke mitgeſchleift. Der Landwirt hatte ſtarke Verletzungen am Kopfe und wurde durch die Sanitätskolonne in ſeine Wohnung gebracht. — Bensheim, 17. Okt. Ein Schaden, der ſich auf mehrere hundert Mark belaufen ſoll, wurde dem hieſigen Stein- metzmeiſter Schambach zugefügt, indem man ihm auf ſeinem Arbeitsplatz mehrere wertvolle Grabkränze mit Oel übergoß. Die Ermittelungen nach dem Täter ſind eingeleitet. Biblis, 17. Okt. Ein reges Leben im Einlaben von Weißkraut herrſcht ſoeben am Bahnhof. Der Zentner wird mit 1 Mark bezahlt. Auch die Sauerkrautfabrik nimmt vieles Kraut zum Einſchneiden an. * Langen, 17. Okt. Philipp Heck aus Egelsbach wurde auf dem Wege nach Frankfurt mit dem Rade von einem Auto erfaßt, umgerannt und eine Strecke weit geſchleift. Im Krankenhaus ſtellte der Arzt einen doppelten Beinbruch und vier Rippenbrüche feſt. Die Nummer des Autos iſt feſtgeſtellt. — Düſſeldorf, 17. Oktober. Der Unteroffizier Henz von der fünften Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 53 in Kalk hatte, weil ihm der Urlaub verweigert worden war, die Aeußerung getan:„Jetzt bin ich noch kein Sozialdemokrat, aber ich kann noch einer werden.“ Das Oberkriegsgericht verurteilte den Unteroffizier zu 7 Wo⸗ chen Gefängnis und zur Degradation. — Vom Odenwald, 17. Oktober. Solch einen rapiden Preisaufſchlag der Aepfel und dabei ſolch ei e Suche nach dieſen wie jetzt hat der Odenwald noch nicht erlebt. Anfangs September hätte man allerorts tauſende von Zentnern Weinobſt zu 2,60 bis 2,80 Mark pro Zentner bekommen können, aber von Tag zu Tag ſtieg dieſes Obſt im Preiſe derart, daß es jetzt 4— 4,40 Mark pro Zentner ſteht. Dabei ſind die nur noch wenigen Beſitzer von Kelterobſt zurückhaltend, indem ſie glauben, immer noch mehr zu erzielen. Aufkäufer aus den rhein⸗ heſſiſchen und pfälziſchen Orten überbieten ſich ſelbſt, da ſie wegen des Ausfalles an Traubenwein doch wenigſtens Apfelwein haben wollen. — Mainz. 17. Oktober. Ein Mainzer Schutzmann führte vor dem Stadthauſe ſeinen Polizeihund an der Leine, da kam plötzlich ein frei umherſtreichender ſog. Kriegshund(Airedale⸗Terrier) daher gerannt— ein Knurren, und der Kriegshund hatte ſeinen Kollegen von der Polizei am Hinterbein feſtgepackt. Der Schutzmann tat alles mögliche, zog ſchließlich auch ſeinen Säbel und hieb mit der flachen Klinge auf den Kriegshund ein, das wütende Tier ließ aber den Polizeihund nicht los, es hatte ſich feſtgebiſſen. Der Schutzmann zog ſeinen Hund nun an den Vorderbeinen in die Einfahrt des Stadthauſes. Hier eilten noch mehrere Schutzleute herbei und hieben gemeinſam mit den flachen Klingen auf den Kriegshund ein, der nun endlich das Bein des Polizeihundes losließ und davonſprana. Verantwortlich für die Redaktion: Wilhelm Bingener, Biernheim Nr el Die Städtische Sparkasse Weinheim 5 unter Garantie der Stadtgemeinde Weinheim verzinst sämtliche Einlagen 1 mit 4 Prozent.. Kassenstunden: Jeden Werktag von 9—12 und 3—5 Uhr. Telephon-Nr. 28. Holmsparblloheen. Architekten, Baumeister, Bäcker-, Achtung! Metzger-Meister und Hausbesitzer! Die feinsten und billigsten, der Neuzeit entsprechenden Wand- und Bodenplattenbeläge sowie Trottoirplattenbeläge, liefert Paul Partes, H 5, 19, Mannheim. Te. 2839 Grosses Lager in glasslerten Wand--und Bodenplatten sowie Wassersteine und Spül tröge. Ole Verlegungs-Arbeften Werden nur durch tüchtige Speria- sten ausgeführt. Vertreter der Melssener Ofen- u. Porzellanfabrik C. Teichert. Dle günstigsten Zahfungsbe dingungen. DDr II Schuh-Haus Hirsch zeigt Ihnen hiermit ergebenst den Eingang sämtlicher Winterwaren an. 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