del 8 I Bdg. ee friches 1 zarten, 5 921 0 Nadeden nacht det Daa n eber ianeich. heim. it; wahrt. cher nantlert elelten, ur be· furl Miernheimer Anzeiger Viernheimer Nachrichten Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Mk. 1.14 vierteljährlich. Fernſprech⸗Nr. 20 Erſcheint Dienstags, Viernheimer Zeitung (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) Amtsblatt der Graßherzaglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Jeitung am hieſigen Platze Donnerstags und Samstags. Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Gegründet 1884 Rathausſtraße Nr. 19. ur. 152. — Dienstag, den 22. November 1910. 26.—— — Eine Mahnung zur r Beſ cheidenheit. Wenn man die liberale Preſſe aller Schattierun⸗ gen lieſt, dann ſollte man glauben, die liberalen Grup⸗ pen wären unter Führung der Nationalliberalen wieder die Herren der Welt, wie anno dazumal, als der Kultus⸗ kampf die Maſſen unter dem Banne der Lasker, von Bennigſen u. a. zuſammenhielt. Die Liberalen tun ge⸗ rade, als hätten ſie maßgebende Rollen inne, als hätte die Regierung ihnen zu gehorchen, als werde es ihnen ein Leichtes ſein, den verhaßten„ſchwarz⸗blauen Block“ kalt zu ſtellen. Die bevorſtehenden Reichstagsverhandlungen finden allgemeinſtes Intereſſe, weil da ja die Kämpfe vor ſich gehen ſollen, die über die„Richtung“ unſerer inneren Politik auf lange Jahre hinaus entſcheiden werden. Da iſt es gut, den liberalen Begeiſterungsphraſen die nackten Tatſachen der Statiſtik entgegenzuſetzen, Tatſachen, die für die Liberalen aller Schattierungen eine dringende Mahnung zur Beſcheidenheit bedeuten. Seit den Neuwahlen 1907, den Kolonial⸗Hurrawahlen, find 41 Mitglieder des Reichstags durch Tod oder durch freiwillige Mandatsniederlegung aus dem Reichstage aus⸗ geſchieden. Nach den Neuwahlen, von denen die in Labiau⸗ Wehlau für den verſtorbenen konſervativen Abgeordneten noch ausſteht, ſieht die Liſte der Parteien folgendermaßen aus: Konſervative 56 Mitglieder, 2 (Mandat 2. Königsberg unbeſetzt); Reichs partei 20 Mitglieder, 5 Hoſpitanten; Wirtſchaftliche Vereinigung 16 Mitglieder, 1 Hoſpitant;: 1 Deutſche Reformpartei 2 Mitglieder, 1 Hoſpi⸗ nt; Centrum 105 Mitglieder, 1 Hoſpitant; Polen 20 Mitglieder: Nationalliberale 44 Mitglieder, 5 Hoſpitanten; Fortſchrittliche Volkspartei 48 Mitglieder; Sozialdemokraten 52 Mitglieder. Formell keiner Fraktion gehören an 18 Mitglieder, Arnold, der nach links abgeſchwenkte Generalſekretär des liberalen Bauernbundes Dr. Böhme, der„Wahrheits“⸗ Verleger Bruhn, v. Dannenberg, Dr. Gregoire, Hanſſen, der infolge der Finanzreform nach rechts abgeſchwenkte ehedem nationalliberale Freiherr Heyl zu Herrns sheim, Hilpert, Kobelt, Labroiſe. ein Geſinnungsgenoſſe des Frei— herrn v. Heyl Lehmann⸗Jena, der Reichstagspräſident Dr. Graf von Schwerin⸗Löwitz, de Wedel, die elſaß⸗lothrin⸗ giſchen Abgeordneten Delſor, Preiß, Dr. Ricklin, Wetterle, Wiltberger. Die Machtverhältniſſe ſind danach leicht zu berechnen: die abſolute Mebrbeit des Reichstags beträat 199 bei Im Schatten der Freilinde Erzählung aus dem 15. Jahrhundert von Hedwig Lange. 4 Nachdruck verboten Die Gänſe flatterten geängſtigt und flügelſchlagend zur Seite, und furchtſame Blicke aus blauen Kinderaugen folgten der wilden Jagd. Das alte Mütterchen aber, das noch auf der Türſchwelle hockte, verlor für einen Moment, den Reitern nachſchauend, den ſtumpfſinnigen Ausdruck. Es wachte etwas wie Nachſinnen in ſeinen Mienen auf, und mit dem Nachfinnen der Haß. Die dürre Hand hob ſich und ballte ſich zur Fauſt. Eine kleine Weile nach dem Fortzuge der Reiter betrat ein junges Mädchen die Zugbrücke, ſchlug dann aber nicht den Weg zum Dorfe ein, ſondern ging auf einem Seitenpfade zum Fluſſe hinunter. Hier führte ein Steg hinüber in den Wald, die Pegnitzer Forſt. Das Mädchen trug ein lichtblaues Kleid; unter dem ſchwarzen, mit Federn geſchmückten Samthut ein gold⸗ ſchimmerndes, perlengeſticktes Häubchen; ein paar gelbe Stulphandſchuhe ſchlenkerte ſie nachläſſig in der Hand. Lange, blonde Zöpfe fielen ihr über den Rücken hinab. Die ganze gertenſchlanke Erſcheinung, das roſige Ge⸗ ſicht mit den fröhlich blickenden Blauaugen wirkten maien⸗ haft und herzerfreuend, und billig mußte ſich jeder fragen, der die Burg und ſeine Bewohner kannte, woher ſich dies Zweiglein des verfaulten Stammes ſo friſch und unberührt vom Hauch des Moders und der Verkommen⸗ heit zu entwickeln vermocht hatte. Mechthild war die einzige Tochter des Hauſes. Ihre Mutter hatte ſie verloren, als ſie zwölf Jahre alt ge⸗ weſen, und der Einfluß der ſtillen, kränklichen, in ewi⸗ ger Furcht vor den Gatten zitternden Frau hatte eben Hingereicht, einen kleinen Kern von Frömmigkeit und Matsbewußtſein in das Herz der Tochter zu pfanzen, Hoſpitanten hätte, Mechthild war ja in der Anſchauung ihrer Kreiſe 59“ Mandaten. Das Centrum mit 100 Stimmen(Voſpi⸗ tanten immer eingerechnet), die Konſervativen mit 58 Stimmen, die Polen mit 20 Stimmen, die wirtſchaft⸗ liche Vereinigung mit 17 Stimmen, dazu die elſäſſiſchen Stimmen und die der rechtsſtehenden Wilden— ſie ſtehen mit 4 Ausnahmen alle auf der Rechten— haben eine erdrückende Mehrheit und zwar nicht bloß gegenüber den Nationalliberalen und Fortſchrittlichen, ſondern auch gegenüber einem etwaigen„Großblock von Bebel bis Baſſermann“. Und was das Schlimmſte für die Liberalen iſt, daß. das nicht etwa ein Ergebnis der mit Hochdruck„von oben“ vollzogenen Kolonialwahlen iſt, daß das vielmehr den Zeittendenzen durchaus entſpricht. Bei den Nach⸗ wahlen ſind die Liberalen ja ſo traurig mitgenommen worden, wie niemals. Die Millionen des Hanſabundes haben ihnen nichts zu nützen vermocht. Bei den Erſatz⸗ wahlen ſeit der Finanzreform, ſeit dem Zuſamme enbruch des Bülowblocks, haben ſie den Konſervativen ein Mandat, das in Lyck⸗Oletzko⸗Johannisburg, abzunehmen vermocht. Dahingegen verloren ſie alle drei durch aus⸗ ſcheidende nationalliberale Mitglieder frei gewordenen Mandate an die Sozialdemokraten: 2. Heſſen, 2. Württemberg 4. Frankfurt, die fortſchrittliche Volkspartei verlor 2. Stettin an die Sozialdemokratie und behauptete 7. Hfeonitz. Nur das Centrum und die Polen behaupteten ihre Mandate. Die wirtſchaftliche Ver⸗ einigung verlor 2. Sachſen⸗Weimar an die Sozialdemo⸗ kratie, wo für den Abg. Schack der Sozialdemokrat Leber gewählt wurde, die Reformpartei verlor 20. Sachſen an die Sozialdemokratie. Unter ſolchen Umſtänden haben die Liberalen alle Veranlaſſung, den Mund nicht allzu voll zu nehmen. Wenn die Entwickelung ſo weiter geht wie bisher— und daran zu zweifeln liegt gar keine Veranlaſſung vor—, dann würde ſie ein gutes Qantum Beſcheidenheit wirklich gar nicht ſchlecht kleiden. Ein Ohrfeigen⸗„ Attentat“. Herr Briand, der ehemalige ſozialiſtiſche Redakteur und jetzige Miniſterpräſtdent der„großen Nation“, hat durch ſein entſchloſſenes Vorgehen gegenüber dem Miß⸗ brauch, den die Eiſenbahner⸗O rganiſationen mit ihrer Macht getrieben haben, den hellen Zorn ſeiner ehemaligen Freunde entfacht. Anfangs glaubte er, ſich auf den ge⸗ funden Sinn des Volkes verlaſſen zu können, das dieſe gemeinſchädliche Treibereien der Genoſſen nicht dulden werde. Die ſozialiſtiſche Preſſe aber hat eine gründliche Hetze gegen ihn betrieben, und die farbloſe Annoncen⸗ vreſſe hat dieſe Treibereien aus Geſchäftsrückſichten— wie während ſie den Söhnen gegenüber ma machtlos geblieben war. Mechthild entwickelte ſich nach dem Tode der Mutter in der Vereinſamung ihrer Stellung unter lauter männ⸗ lichen Verwandten ſelbſtändiger, als es ihre Mutter jemals geweſen war. Das Wohigeſnlken, das ihre Schön⸗ heit den rauhen Vater abzwang, war ihrem Wohlergehen gedeihlich: ſie durfte die Ihren nicht fürchten, wie es einſt die Mutter getan, und wenn ſie ſie juſt auch nicht inbrünſtig liebte, da die Auswüchſe ihrer Gemütsroh⸗ heit das feiner empfindende weibliche Herz manchmal abſtießen, wenn es auch nur das Band der Gewohnheit war, das ſie mit ihnen verknüpfte, ſo kam ſie doch allzeit in Frieden und Freundlichkeit mit ihnen aus. weſen, diem zu Gefallen man auch manchmal einen zar⸗ teren Ton, als ſonſt üblich, anſchlug, er verwöhnte es auf ſeine Weiſe mit Geſchenken, die nicht allemal ehrlich erworben waren, ließ es in vollkommener Freiheit ſich bewegen und ſeinen Neigungen nachgehen, kurzum— in dieſem einzigen Punkt war Kunz von Schweinsberg menſchlich. Und die großen Brüder? Nun, ſie ſahen etwa mit jenen Empfindungen auf die eee herab, welche die große Dogge dem zierlichen Luxushündchen gegenüber beſeelen mögen: ein wenig gutmütiges Wohl⸗ gefallen an ſeiner Niedlichkeit und ein ganz Teil Ver⸗ achtung ſeiner Schwäche und Hilfloſigkeit. Mechthild wurde in Unkenntnis erhalten über das verbotene Treiben der Ihren, jene Ungeſetzlichkeiten, die ſie ſich in größeren oder kleineren Zeitabſtänden, eben immer dann, wenn das bare Geld im Hauſe knapp wurde, zu ſchulden kommen ließen, und die dem Vater juſt den Hals brechen ſollten. Die abendlichen oder nächtlichen Raubfahrten wurden ſtets mit großer Heimlichkeit ins Werk geſetzt. Nicht, daß man einen großen Sturm der Empörung oder dringende Einſpruchsverſuche gefürchtet harmloſes —— üblich— unterſtützt, und zwar ſo kräftig, daß Briands Popularität ins Wanken geriet. Gegenüber Mißſtimmungen im Volke helfen, das lehrt die Geſchichte, längere ſchwere Erkrankungen— man denke an den Kronprinzen von Serbien— oder Attentate vor⸗ züglich, und da Herr Briand, wenn er ſein Amt länger ausüben will, nicht krank werden darf, ſo ſammelt er zur Abwechselung einmal Sympathie mit einem„Atten⸗ tat“, das in Wirklichkeit nichts als eine kleine Komödie war. Man lieſt darüber in langen Spalten der ihm er⸗ gebenen Pariſer Preſſe etwa folgendes: — Paris, 20. November. Bei der Enthüllung des Jules⸗Ferry⸗Denkmals, das zum Aerger der Royaliſten im Tuileriengarten, nahe beim Jeanne⸗d Are⸗Denkmal, aufgeſtellt wurde, verſuchten die Royaliſten, die Feier zu ſtören. Das ſollte ihnen aber nicht gelingen, da der anweſende Polizelt⸗äfekt Lepine die entſprechenden Gegenmaßnahmen gedroffen hatte. Als die Feier vor⸗ über war und der Miniſterpräſident Briand zur Seite des Präſidenten Fallieres längs des Gartengitters dem Ausgange zuſchritt, brach ein 30 Jahre alter gutge⸗ kleideter Mann das Spalier, indem er ſo tat, als ob er eine wichtige Botſchaft zu überreichen hätte. Er näherte ſich Briand und wollte ihm einen Fauſtſchlag ins Geſicht verſetzen, doch der Miniſter wich aus, ſo daß nur der Zylinderhut offen wurde und zur Erde fiel. Ein zweiter Fauſtſchlag des Attentäters ſtreifte den Pelzkragen des eee Die Menge hatte ſofort erraten, daß der Angreifer Mitglied der roya⸗ liſtiſchen Jugend ſein müſſe and rief:„Reißt ihn in Stücke!“ In der Tat wurde dem jungen Manne übel genug mitgeſpielt. Ein Dutzend Stöcke ſauſten auf ihn nieder, und die an ſeinem Hakſe, von der Eiſenſpitze eines Stockes herrührende Wunde iſt ſehr bedenklich. Briand beſchwor die Menge, von dem Menſchen abzu⸗ laſſen, und es gelang der Schutzwache, ihn ins Kom⸗ miſſariat zu bringen. Fallieres und Briand erhielten, als ſie in den Wagen ſtiegen, lebhade Ovationen. Im Kommiſſiariat wurde feſtgeſtellt, daß der Attentäter La⸗ cour heißt, von Beruf Tiſchler iſt und einem der vor⸗ ſtädtiſchen royaliſtiſchen Komitees als Sekretär ange⸗ hört. Nun wird es natürlich an nichts mehr fehlen können. Briand iſt wieder oben auf. Er iſt das„Opfer“ eines — Rohaliſten, eines Gegners der Republik, geworden, und nun werden natürlich alle ſeine„Genoſſen“ ihre Schimpfe⸗ reien über ſeine Maßnahmen gegen die Streikausſchreitun⸗ gen einſtellen, dafür aber über die verruchten Anhänger des Königstums wettern, die ein Attentat auf den Banner⸗ träger der Republik verſucht haben, wenn auch bloß ein Ohrfeigen⸗„ Attentat“. und Unbill und Mißhandlung nicht ſehen konnte, ſo wich ſie doch in bezug auf Ritterehre und Rittervorrechte nicht weit ab von den allgemein giltigen Anſichten. Aber Vater und Brüder gingen von dem Grundſatz aus, daß Weiber nicht um alles zu wiſſen brauchen, was Männer⸗ ſachen ſeien. So wußte ſie auch von der Landung vor den Dortmunder Freiſtuhls nichts. Kein Schatten trübte die Heiterkeit ihres roſigen Antlitzes, keine unheilvolle Vor⸗ ahnung bedrückte ihr junges Herz, das ſich dem Zauber des herrlichen Sommertages voll ſichtbarer Freude auf⸗ ſchloß. Kaum, daß ſie den Waldſchatten erreicht hatte, nahm ſie den ſchweren Hut vom Kopfe, um ihn über dem Arm zu tragen. Die Sonnenſtrahlen, die nur noch vereinzelt durch das Geäſt der Buchen drangen, ent⸗ lockten dem Perlenhäubchen flimmernden Glanz, und wett⸗ eifernd mit dieſem erflimmerten die blonden Löckchen die ſich ringsum aus dem Gewahrſam geſtohlen hatten und die helle Kinderſtirn umſpielten. Die Augen blickten aufmerkſam vor ſich her, als ſpäheten fie nach jemandem aus, und dann und wann legte Mechthild die Hand als Dach über dieſelben, wenn ein beſonders zudringlicher Sonnenſtrahl ihr den Ausblick beirrte. Dichter ſchloß ſich der Wald. Die Stämme rückten näher zuſammen, das Unterholz wurde ſpärlicher. Dann plötzlich wie durch Zauberſchlag öffnete er ſich wieder. Mechthild trat auf eine Lichtung heraus. Ueberraſchend war der Anblick: Ringsum vom Waldesdunkel umgeben ein friedliches, ſanftgeneigtess Tal, das einen Weiher um⸗ ſchloß. Waſſerroſen blühten auf ihm und eine üppige Vegetation umgab ihn wie ein Kranz. Auf einem Baum⸗ ſtumpf, dem Waſſerſpiegel zugewendet, ſaß ein Mann in der en eines vornehmen Bürgers. Ein dunkel⸗ braunes Wams von Samt; die Beinkleider endigten in Schnabelſchuhen. Das Haupt war unbedeckt; ein Barett lag neben ihm im Graſe. Die Linke des Mannes hielt n W gegen die Bruſt gedrückt. aufgewachſen, und wenn ſie auch ein weiches Herz hatte, 12(Fortſetzung folgt.) ——Uü⁴êä41ünfõ 0 Politiſche NRundſchau. J Berlin, 21. November. — Der Kaiſer beſichtigte den impoſanten Neubau der Holtenauer Schleuſen und empfing darauf an Bord der„Deutſchland“ die beiden Bürgermeiſter von Augs⸗ burg und die Vertreter der dortigen Bürgerſchaft, die denn Kaiſer die für den kleinen Kreuzer„Augsburg“ beſtimmten Geſchenke vorlegten. — Die Königin der Belgier iſt, wie aus Brüſſel gemeldet wird, infolge von Influenza an Bronchitis ſchwer erkrankt. Ihr Zuſtand iſt für den Augenblick nicht lebensgefährlich, aber ſehr ernſt. Prinz Ludwig von Bayern feierte, wie angekündigt, ſein 50jähriges Militärjubiläum. Ihm zu Ehren fand in der Reſidenz eine Galatafel ſtatt, bei der der Prinzregent einen Trinkſpruch auf den Jubilar aus⸗ brachte. * :: Der Abg. v. Oldenburg⸗Januſchau, der Vertreter des Wahlkreiſes Elbing— Marienburg, iſt, wie unſeren Leſern bekannt, ſtets das Schreckenskind der konſervati⸗ ven Partei geweſen. In friſcher Erinnerung ſind noch ſeine Worte, der Kaiſer müſſe das Recht haben, zu einem Leutnant zu ſagen:„Nehmen Sie zehn Mann und ſchließen Sie den Reichstag.“ Die Konſervativen ſeines Wahlkreiſes ſcheinen in ihrer Mehrheit nun auch nicht mit dem forſchen Auftreten Oldenburgs einverſtanden zu ſein. Sie wollen an ſeine Stelle einen anderen Kan⸗ didaten ſetzen. Der konſervative Fraktionsvorſtand droht zwar mit Maßregeluna, indeſſen weiß man noch nicht. das auf die widerſtrebenden Wähler Eindruck machen wird. Sollte Herr v. Oldenburg nicht wieder in den deutſchen Reichstag einziehen, dann würde mit ihm jeden⸗ falls einer der originellſten Typen verſchwinden, der es verſtanden hat, dem Hauſe manche heitere Stunde zu be⸗ reiten und„Leben in die Bude“ zu bringen. :: In der Aufſtellung des neuen Reichshaushaltsetats iſt der erhöhte Grundſtücksſtempel beibehalten. Im Hin⸗ blick auf die zu erwartende Reichswertzuwachsſteuer iſt die Sache nicht ganz geklärt. Die„Deutſche Tagesztg.“, die hierauf hinweiſt, bemerkt dazu: f „Die Zuwachsſteuer war tatſächlich und ausdrücklich beſtimmt, die Grundſtücksumſatzſteuer teilweiſe zu er⸗ ſetzen. Dieſe in das Stempelgeſetz aufgenommene un⸗ zweideutige Beſtimmung kann nicht kurzerhand und ſtill⸗ ſchweigend fallen gelaſſen werden. Andererſeits wird dafür geſorgt werden müſſen, daß der Etat balanziert. Das iſt unſeres Erachtens die ſchwierigſte und bedenk⸗ lichſte Doppelaufgabe. Der Umſatzſtempel in der jetzigen Höhe kann füglich nicht aufrechterhalten werden, wenn die Zuwachsſteuer Geſetz wird. Es muß ein Ausweg geſucht werden, der ſowohl der Finanzlage, als auch den geſetzlichen Beſtimmungen über das Verhältnis der Grundſtücksübertragungsſteuer zur Zuwachsſteuer ge⸗ recht wird. In den vorläufigen Mitteilungen über den neuen Reichsetat finden wir keine Andeutung dar⸗ über, wie man ſich im Reichsſchatzamte dieſen Weg denkt.“ Daß die Regierung gewillt ſein ſollte, neben der Reichswertzuwachsſteuer den erhöhten Grundſtücksſtempel beizubehalten, können wir einſtweilen nicht annehmen. Es würde dadurch jedenfalls das neue Geſetz gefährdet. (—) Dem Hanſabund hat der Direktor der bayeri⸗ ſchen Handelsbank, Frhr. v. Pechmann, den Rücken ge⸗ kehrt. In ſeiner Abſage macht Herr v. Pechmann fol⸗ gende beachtenswerte Ausführungen: „Angeſichts des„Aufrufes“, wie er vor mir auf dem Tiſche liegt, würde ich es mit meinem Gewiſſen nicht vereinigen können, auch nur eine Stunde länger einem Bunde anzugehören, der die Intereſſen des„in Ge⸗ werbe, Handel und Induſtrie erwerbstätigen Bürger tums“, und insbeſondere wieder des„gewerblichen Mittelſtandes“, dadurch wahrzunehmen meint, daß er ſolche Flugblätter verbreitet. Iſt es noch nicht genug, daß ſich die Sozialdemokratie aller Rich⸗ tungen zur Aufgabe macht, in dem unter ihrem Ein⸗ fluſſe ſtehenden Teile unſeres Volkes Haß, Haß und wieder Haß zu ſäen? Iſt es an der furchtbaren Kluft nicht genug, die mitten durch unſer Volk hindurch zwi⸗ ſchen der ſozialdemokratiſchen Arbeiterſchaft und dem ganzen übrigen Volke geriſſen iſt, und die den ſozial⸗ demokratiſchen Demagogen nicht breit und nicht tief genug ſein kann, bis auch das letzte Gefühl einer Zu⸗ ſammengehörigkeit und die letzte Möglichkeit einer Ver⸗ ſtändigung vernichtet iſt? Müſſen nun auch bür⸗ gerliche Demagogen kommen, die ſich ein nicht minder trauriges Geſchäft daraus machen, die zum Teil wirklich vorhandenen, zum großen Teil aber nur ver⸗ meintlichen und angeblichen Intereſſengegenſätze zwi⸗ ſchen Bürger und Landwirt zur unüberbrückbaren Kluft zu erweitern und zu vertiefen und auf beiden Seiten der Kluft Haß, Haß und wieder Haß zu ſäen? Wohin kommen wir, wohin treiben wir, wenn auch für die Führer und Leiter des Hanſabundes die Politik zur Kunſt wird, die Maſſenleidenſchaften auf⸗ zuwühlen und für die gemeinſame Arbeit der doch im letzten Grunde ganz und gar aufeinander angewieſe⸗ nen Erwerbsſtände und Parteien auf abſehbare Zeit jede innere und äußere Vorausſetzung zu zerſtören! Es iſt eine unausdenkbare Verantwortung, welche dieſe Männer auf ſich laden, und ich bin nicht geſonnen, auch nur den kleinſten Bruchteil dieſer Verantwortung mit zu tragen.“ Herr Geh. Rat Rießer, der Vorſitzende des Hanſa⸗ Hundes und geiſtige Vater des hier genannten Flugblattes, wird ſich dieſe Worte wahrſcheinlich nicht vor den Spiegel ſtecken. Parlamentariſches. Im Reichsſchatzamt fand eine Beſprechung von Re⸗ gierungsvertretern mit Mitgliedern der Reichstagspar⸗ teien über Wertzuwachsſteuerfragen ſtatt. Am Montag wird, wie die„Mil.⸗pol. Korr.“ meldet, eine z werte Beſprechung erfolgen, zu der der Reichs⸗ kauzler ſelbſt Einladungen ergehen laſſen will. Europäiſches Ausland. Italien. : Ueber das nächſte päpſtliche Konſiſto⸗ rium hat man ſich in der Preſſe vielfach den Kopf zer⸗ brochen. Neuerdings wird über Wien hierher gemeldet, daß das Konſiſtorium erſt im März 1911 kurz vor der Ge⸗ denkfeier aus Anlaß der vor fünfzig Jahren erfolgten Erklärung Roms aur Hauptſtadt Italiens abgehalten wer⸗ den wird. Der Papſt wird bei dieſem Konſiſtorium eine wichtige Anſprache halten, in welcher er gegen dieſen Akt, mit welchem das Papſttum der weltlichen Herrſchaft beraubt wurde, Proteſt erheben und die Anſprüche des Papſttums auf die Stadt Rom aufrechterhalten wird. Im Anſchluſſe daran wird auch die neuerliche Erwiderung auf die Angriffe erfolgen, die der Bürgermeiſter von Rom Nathan auf das Papſttum gerichtet hat. England. * Die engliſchen Wahlen, die für die nächſte Zeit bevorſtehen, ſcheinen ſich in recht leidenſchaftlichen Formen abwickeln zu ſollen, und ohne Prophet zu ſein, kann man ſchon jetzt ſagen, daß das Oberhaus in ſeiner bisherigen Organiſation und Zuſammenſetzung nicht mehr lange zu wirken berufen ſein wird. Das läßt eine äußerſt ſcharfe Rede ahnen, die der Miniſterpräſident Asquith zur Eröffnung des Wahlfeldzuges in Gegenwart faſt aller Miniſter im liberalen Klub zu London gehalten hat. Asquith erklärte, es ſeien Umſtände eingetreten, wie ſie in der Geſchichte der britiſchen Konſtitution noch nicht zu verzeichnen geweſen ſeien. Das 1906 erwählte Unter⸗ haus ſei durch das Oberhaus ſyſtematiſch lahmgelegt wor⸗ den. In dem im Januar 1910 gewählten Unterhaus fei eine Mehrheit von mehr als hundert Stimmen für die Beſchränkung der Befugniſſe des Oberhauſes. Die Veto⸗ konferenz ſei fehlgeſchlagen; man habe daher die Be⸗ mühungen um ein Kompromiß abbrechen und den Krieg erklären müſſen. Alle Wahlen in den Stadtbezirken könn⸗ ten am 8., die in den Landbezirken am 17. Dezember be⸗ endet ſein. Das ſei ſicherlich beſſer, als wenn die Wahlen bis nach Weihnachten drohend über dem Lande ſchwebten. Das Oberhaus müſſe auf jene untergeordneten Funkti⸗ onen beſchränkt werden, die für eine ſolche Körper⸗ ſchaft angemeſſen ſeien. Der alte maleriſche Bau des Oberhauſes ſei von ſeinen eigenen Bewohnern als un⸗ ſicher bezeichnet worden. Die großen Fragen, die die Regierung vertrete, könnten nicht aufgeſchoben werden. Darum bitte er die Bevölkerung um ihr Vertrauen. Aſien. Perſien. R Das weitere Eindringen engliſcher Truppen in Perſien hatte, wie wir gemeldet, der perſiſchen Regierung Anlaß zu einer ſcharfen Proteſtnote gegeben. Darauf nun hat England in einer Form ge⸗ antwortet, die äußerlich ſehr entſchieden klingt, aber doch ſo etwas wie ein leiſes Entgegenkommen ahnen läßt. Die engliſche Antwortnote beſtreitet, daß die Zollerhöhung, die die perſiſche Regierung vorgenommen, ein Beweis für die Sicherheit der Südſtraßen ſei. Die Unſicherheit ſei nicht zu beſtreiten, und ſolange ſie beſtehe, werde ſich der Handel nicht wieder beleben. Die eventuelle Ein⸗ cichtung einer Schutzbrigade verſtoße keineswegs gegen die perſiſchen Hoheitsrechte, da die Brigade perſiſch ſei und lediglich unter Leitung engliſch-indiſcher Offiziere ehen ſolle, die ihrerſeits der perſiſchen Regierung ge⸗ horchen würden. Mit der Zollerhöhung erklärt ſich Eng⸗ land für den Fall ein verſtanden, daß der Ertrag virklich für die Sicherheit des Südens verwendet würde. Als Erfüllung dieſer Bedingung würde die Errichtung der geforderten Sicherheitsbrigade gelten. Amerika. Mexiko. * Die Unruhen in Mexiko, über die wir unſere Leſer unterrichtet haben, ſcheinen einſtweilen beendet zu ſein. Der revolutionäre Aufſtand hat aber bedauerlicher⸗ weiſe blutige Opfer gekoſtet. Bei den Unruhen ſind nach den Angaben der einen 100. nach denen anderer 170 Menſchen getötet worden. Infanterie⸗ und Kavallerie⸗ patrouillen durchziehen die Straßen. Die Verhaftung des angeblichen Führers der Verſchwörer Joſe Cerdan hat die Bewegung eingeſchränkt. Es ſind noch weitere 42 Verdächtige verhaftet, unter ihnen die Mutter und eine Schweſter Cerdans. Die Leiche des Polizeichefs wurde von den Verſchwörern auf die Straße geworfen und blieb dort während des ganzen Kampfes liegen. In der Stadt Me⸗ riko ſind Artillerie und Kavallerie konſigniert und ſtehen bereit, im Notfalle nach Puebla abzugehen. Der Moabiter Krawallprozeß. Berlin, 18. November Zu Beginn der heutigen Sitzung, in der in die Be⸗ weis aufnahme eingetreten wurde, klagte ein Ver⸗ teidiger darüber, daß Kriminalbeamte unter falſchen An⸗ gaben verſchiedene Zeugen auszuforſchen verſucht hätten. Die geſchilderte Art des Vorgehens dieſer Beamten wird vom Staatsanwalt gerügt. Es folgt die Vernehmung des Polizeimajors Klein, der die Moabiter Polizeibrigade führte. Er bekundet: Am 19. September kam die Nachricht, daß in Moabit der Streik begonnen. Ich ordnete Verſtärkung des Re⸗ viers an. Es paſſierte bis zum 23. nichts. Da kam telegraphiſche Nachricht, daß in der Beußelſtraße ernſte Ausſchreitungen gegen Wagen ſtattgefunden hatten. Ich begab mich ſelbſt an Ort und Stelle und leitete die Maß⸗ regeln. Am 24. gegen mittag wurde ein ſtarker Angriff auf einen Kohlenwagen gemacht. Ich erkannte meine Aufgabe darin, das Eigentum unter allen Umſtänden zu ſchützen und etwaigen Widerſtand ſchonend aber beſtimmt zu brechen. In dieſem Sinne wurden Offiziere und Mannſchaften inſtruiert. Wenn von der Waffe Gebrauch gemacht werden mußte, ſo ſollte dies nicht eher geſchehen, als bis die Offiziere den Befehl da⸗ zu geben. Die Ruhe ſei, wie er ſelbſt feſtgeſtellt habe, von den Poliziſten auch bewahrt worden. Die Mann⸗ ſchaften haben ſelbſt Steinwürfen mit der größten Ruhe ſtandgehalten.— Vorſ.: Sie ſind ſeit 25 Jahren in Berlin tätig und haben doch manche Anſammlungen ge⸗ ſehen. Welchen Eindruck hatten Sie von den Leuten, die ſich dort angeſammelt hatten?— Zeuge: Die Be⸗ völkerung beſtand meiner Meinung nach lediglich aus Arbeitern und nicht aus dem ſogenannten Janhagel, el ganz anders gekleidet iſt und auch ganz anders aus⸗ ieht. Nach einem heftigen Steinregen habe dann einer der Arbeitswilligen geſchoſſen. Ich muß dazu bemerken, daß ich vorher auf dem Kohlenplatz der Firma mehrere Re⸗ volver herumliegen ſah, wozu mir ein Angeſtellter der Firma auf mein Befragen die Aufklärung gab, dieſe Revolver ſollten die Begleitmannſchaften zum Schutze auf den Weg mitbekommen. Ich habe damals ausdrücklich verboten, daß irgendeiner von dieſen Leuten eine Waffe mitbekäme. Der Zeuge ſchildert dann die Vorgänge in der Nacht des 26., 27., 28. und 29 Oktobers. Es habe völlige Anarchie geherrſcht. Nur der Dienſtfreudig⸗ keit der Offiziere und Mannſchaften und ihrer Bereit⸗ willigkeit, alle Befehle zu erfüllen, ſei es gelungen, die Ordnung wiederherzuſtellen. Vorſ.: Haben Sie ſelbſt geſehen, daß aus der Menge auf die Polizeimannſchaften geſchoſſen wurde?— Zeuge: Jawohl. Am 27. abends geſchah dies in der Roſtocker Straße mehrmals.— Vorſ.: Sind die Beamten etwa zu ſehr erbittert geweſen? Die Beamten hatten ja einen ſehr ſchweren Dienſt, ſie hatten Frauen und Kinder, ſſie wurden beſchimpft, es wurde auf ſie geſchoſſen— viel⸗ leicht ſind ſie dadurch über Gebühr erbittert worden?— Zeuge: Nein, ich kann den Mannſchaften durchaus das Zeugnis geben, daß ſie ſich vernünftig benommen haben. Ich ſelbſt habe meiner Bewunderung darüber Ausdruck gegeben, daß die Schutzleute alles über ſich ergehen ließen und die Strapazen ruhig erduldeten.— Erſter Staats anwalt Steinbrecht: Hat der Zeuge eine Meinung darüber, woher es kommt, daß in dieſem Falle von An⸗ fang an mit ſolcher Erbitterung gegen Arbeitswillige und Schutzleute vorgegangen wurde?— Zeuge: Was das letztere betrifft, ſo liegt das gewiſſermaßen an der Er⸗ ziehung. In andern Ländern wird der Schutzmann als der rettende Engel betrachtet, wenn ſich ein Kind verlaufen hat und dergleichen; bei uns wird ſchon den Kindern der Schutzmann gewiſſermaßen als Schreckgebilde hin⸗ geſtellt. An dieſe Ausſage ſchließt ſich eine Auseinanderſetzung des Zeugen mit Rechtsanwalt Heine, der annimmt, daß in andern Ländern auch die Erziehung der Schutzleute eine andere ſei. Staatsanwalt: Woher mag es wohl gekommen ſein, daß es ſolange dauerte, bis die Unruhen ganz unter⸗ drückt werden konnten? Hatten Sie den Eindruck, daß die Maſſe der arbeitenden Bevölkerung von Moabit zu⸗ ſammenhielt?— Zeuge: Ich gewann den Eindruck, als ob der Ruf„Bluthunde!“ gewiſſermaßen die Parole zu immer neuen Exzeſſen war. Ein Polizeileutnant, der darauf als Zeuge ver⸗ nommen wurde, machte eine Reihe Ausſagen, die im we⸗ entlichen mit denen des Majors Klein übereinſtimmten. Samstaa wird weiterverbandelt a + Berlin, 19. November. Zurückgreifend auf eine Bemerkung des Polizeileut— nants Folte in der geſtrigen Sitzung ſtellt Rechtsan⸗ walt Roſenfeld folgenden Antrag: Als der Zeuge Polizeileutnant Folte gefragt wurde, warum er der An⸗ ſicht ſei, daß die auf der Straße befindlichen Leute Ar⸗ beiter waren, hat er zum Beweis deſſen darauf bezug⸗ genommen, daß er bei den Wahlrechtsdemonſtrationen an der Moltkebrücke im Jahre 1908 das gleiche Wort„Blut⸗ hunde“ gehört hat wie jetzt in Moabit. Ich bean⸗ trage die Vernehmung einiger Zeugen, die bekunden wer⸗ den, daß der Kriminalbeamte Schlaf ſich unter dem Namen eines Goldarbeiters Karl Springer in den ſozialdemokra⸗ tiſchen Wahlverein hat aufnehmen laſſen. Hier hat er ſich durch beſonderen Eifer ausgezeichnet, auch an den Wahlrechtsdemonſtrationen und beſonders an derjenigen an der Moltkebrücke teilgenommen. Und hier hat er ſich wiederum dadurch hervorgetan, daß er die Menge auf⸗ forderte, auf die Polizei zu ſchimpfen und ſich an den Beſchimpfungen auch ſelbſt beteiligte. Für dieſen Fall liegt ein Urteil vor, das ſeinerzeit in dieſer Angelegenheit ergangen iſt und das ich hiermit überreiche.— Das Ge⸗ richt behält ſich die Entſcheidung über dieſen Antrag vor. Nachdem von der Verteidigung darauf hingewieſen worden war, daß das Wort„Bluthund“ der Lutherſchen Bibelüberſetzung entſtamme, fragt der Staatsanwalt den Zeugen Polizeileutnant Folte, ob er beobachtet hat, daß die Arbeiter des ganzen Moabiter Viertels in einem beſtimmten Solidaritätsgefühl zuſammenhielten, daß beſſergeſtellte Arbeiter gerade in Vorderhäuſern wohn⸗ ten. Der Zeuge beſtätigt, daß nach ſeiner Kenntnis zahl⸗ reiche Arbeiter Vorderwohnungen innehaben. Er hätte ferner beobachtet, daß die Tumultanten ſich dadurch gegenſeitig unterſtützen, daß Haustüren abgeſchloſſen und Leute in fremde Wohnungen aufgenommen wurden, um ſie der polizeilchen Feſtſtellung zu entziehen. Eine weitere Frage des Rechtsanwaltes Cohn, ob den Beamten Schnaps geliefert worden ſei, wird von dem Zeugen dahin beantwortet, daß es ausgeſchloſſen ſei, daß die Beamten Schnaps erhalten hätten. Es ſei ihnen von der Behörde am Abend nur eine Flaſche Bier ge⸗ liefert worden. Die Beantwortung der Frage des Ver⸗ teidigers, welche Anweiſung den Kriminal⸗ ſchutzleuten erteilt worden ſei, lehnt Polizei⸗ leutnant Folte ab. Er habe die Erlaubnis zu ſeiner Aus⸗ ſage von der vorgeſetzten Behörde nur in bezug auf die Vorgänge auf der Straße und nicht in bezug auf interne Angelegenheiten erhalten.— Nach ihm wird Polizeileut⸗ nant Bismarck als Zeuge vernommen, deſſen Schilderung der Vorgänge mit denen ſeiner Kameraden übereinſtimmt. Der nächſte Zeuge iſt der a Kriminalkommiſſar Kuhn. der gleich zu Beginn ſeiner Vernehmung an einer perſön⸗ lichen Bemerkung über Zeitungsmeldungen vom Vor⸗ ſitzenden gehindert wird. Er macht verſchiedene Angaben über die Ausſchreitungen an der Hand ihm zugegangener amtlicher Berichte. Er ſelbſt habe nichts geſehen, da er die Kriminalſchutzleute an Ort und Stelle nicht kom⸗ mandiert habe.— Rechtsanwalt Roſenfeld: Wieviel Kriminalſchutzleute befanden ſich unter Ihrer Leitung? — Zeuge: Es waren Beamte der Abteilung 4 und die ſogenannten zweiten Kriminalſchutzleute aus den Re⸗ vieren, an den Haupttagen je 140 Mann.— Rechtsanw. Roſenfeld: Aus welcher Veranlaſſung wurden denn Kriminalſchutzleute zugezogen?— Zeuge: Die Kri⸗ minalbeamten hatten in erſter Linie den Auftrag, bei den Ausſchreitungen der Menge die Hauptkrakehler heraus⸗ zugreifen und abzuführen. Rechtsanwalt Heinemann formuliert ſchließlich einen Antrag: das Polizeipräſidium zu erſuchen, die Po⸗ lizeibeamten zu ermächtigen, über alle auf die Moabiter Unruhen bezüglichen Dinge Ausſagen zu machen; falls dies abgelehnt wird: Auskunft darüber zu erbitten, wer die Zeitungen über die Moabiter Unruhen informiert hat.— Der Gerichtshof behält ſich die Beſchlußfaſſung über den Antrag vor. Die nächſten Zeugen ſind die Inhaber der Gaſtwirt ſchaften, die während der Unruhen von dem Mob geſtürmt worden ſind, da man Schutzleute darin vermutete. Das Lokal des Gaſtwirtes Menzel iſt, wie er bekundet, von acht⸗ bis neunbundert bartloſen Leuten demoliert worden. 1 un 80 des zu und habt War Kell mach leh te War laſſen liche Nach ehen dan niht Ng bein hat fit Dit! e er Er⸗ ann alz erlaufen Kindern he hin⸗ rſehnng daß in te eine mmen unter⸗ daß it zu⸗ u, als rohe zu age ber⸗ im we⸗ men. amber. itzeileut, lachtzan⸗ Zeuge der An, Ute Ar, f bezug⸗ onen an „Slut⸗ h bean⸗ en wer⸗ Namen emokra⸗ hat er an den rienigen hat er e auf⸗ n den pewieſen herſchen alt den obachtet g in 8 zahl⸗ r hätte dadurch en und , um peitere mien zeugen i, daß ihnen ier ge⸗ 3 Ler⸗ inal⸗ volizei⸗ Aus 17 hir ſterne ileut⸗ erung mmi. gemacht hatte. als der Wirt den flüchtenden Schutzmann Pitt nicht aus⸗ liefern wollte. Der Zeuge Reſtaurateur Rittber gear hat ebenfalls eine Menſchenmenge zurückhalten wollen, die einen flüchtenden Schutzmann verfolgte. Sein Wort hätte aber keine Wirkung gehabt, denn es ſei ſofort ein Steinhagel auf ihn niedergepraſſelt. Die Leute ſeien ihm nachgeſtürzt und hätten alles„geklaut“, was ſie unter die Hände bekamen: Zigarren, Liköre Fleiſchwaren und anderes. Dann habe die Menge das Lokal demoliert, und auch ſeine Privatwohnung ſei nich, orſchont geblieben.— Auch bei der Firma Warenhaus reuß, deren Fenſterſcheiben zertrümmert wurden, haf man nach der Angabe des Beſitzers geſtohlen. Der Gerichtshof vertagte darauf die Verhandlung auf Nontaa 9½ Uhr. a Lokales und Vermischtes. * Viernheim, 22. Nov. * Sport. Einen Beweis der gegenwärtigen Leiſtung der Fußballmannſchaft der Juͤnglingsſodalttät zeigte ein am ver- gangenen Sonntage hier ſtattgefundenes Wettſpiel gegen die 1. Mannſchaft des kath. Jünglingsvereins Mannheim-Linden- hof. Bei Halbzeit ſtand das Reſultat 0: 6. Viernheim er- rang einen Sieg mit 0: 13 Toren. Vorausſichtlich wird am nächſten Sonntage die 2. Mannſchaft der Sodalität ein Wett⸗ ſpiel ausfechten. Bei den Wettſpielen wäre zu wünſchen, daß ſich die Zuſchauer ruhiger verhalten würden. * Büchertiſch. Unter dem Titil„Unſere Lieder“ hat der rührige Muſikverlag von A. B. Ueberwaſſer in Lörrach(Baden) eine Reihe von dankbaren, leicht einzuübenden, klangſchönen Kompoſtttonen für Männerchor herausgegeben, deren Anſchaffung kein Geſangverein verſäumen ſollte, zumal der Preis pro Stuck nur 40 Pfg. ab 10 Exemplare(auch gemiſcht) nur 20 Pfg beträgt. Herr Muſikdtrektor Ch. L. Thomas in Viernheim urteilt:„Herrliche Sachen, die wohl wert ſind, in jedem Konzert aufgeführt zu werden. Ich kann den Herausgeber zu dieſen Stücken nur herzlichſt be⸗ glückwünſchen.“ — Mannheim rüſtet ſich, wie aus dem heutigen Inſeratenteil zu erſehen, zum Schaufenſter⸗ Wettbewerb, mit dem öffentliche Verkehrstage verbunden ſind. Was man über die Sache hört, läßt darauf ſchließen, daß Mannheim in den bevorſtehenden Tagen ein großartiges, farbenprächtiges Bild bieten wird. Zur Unterhaltung wird ein außerordentlich um⸗ fangreiches Programm dargeboten. Sonntag nachmittag kon- zertiert auf füof verſchiedenen Plätzen die Kapelle der Bruch ſaler gelben Dragoner, Montag und Dienſtag die der Mann- heimer Kaiſer-Grenadiere, welche Sonntag mittags ſchon im Friedrichspark ein großes Konzert geben, dem abends im Roſengarten Meiſter Boettge mit ſeinen Karlsruher Leib⸗ Grenadieren folgt.— Alle Darbietungen ſind in einer offi⸗ ziellen Feſtzeitung zuſammengefaßt, die das Mannheimer Ver⸗ kehrsbureau auf Wunſch vorher verſendet. Aus Nah und Fern. — Heddesheim, 19. Nov. Geſtern Nacht um 2 Uhr wurde in dem Hauſe des hieſigen Maurermeiſters Friedrich Schneider ein Einbruchs diebſtahl verſucht. Ein guter Freund des Meiſters war geſtern Abend bis gegen elf Uhr bei dieſem zu Beſuch. Bei derartigen Anläßen wird mancherlei geredet, und der„Freund“ mag ſchließlich auch Kenntnis davon erlangt haben, daß 4000 Mark Bargeld für eine Hypothek im Hauſe waren. Nachts um zwei Uhr ſtieg der„Freund“ durchs Kellerloch in das Haus ein, um Beute auf das liebe Geld zu machen. Die„Arbeit“ war auch beinahe gelungen, doch im letzten Augenblick ſcheiterte die Ausfuhrung. Der„Freund“ war etwas zu laut. Dieſer mußte, ſeine Schuhe im Stiche laſſend, Reißaus nehmen. Herauszubekommen, wer der nächt⸗ liche Gaſt war, hielt nicht ſchwer, denn die Natur ſpielte dem Nachtmarder einen boͤſen Streich. Leiſe war nämlich der Schnee gekommen und in dieſem konnte man die Spur zum„Marder⸗ bau“ finden. Zu bedauern ſind die Eltern des Mannes, noch mehr aber deſſen Braut, denn am morgigen Samſtag ſollte die Hochzeit ſein. Der Täter wurde verhaftet und nach Wein⸗ heim ins Amtsgefängnis eingeliefert. — Worms, 19 Nov. Am Freitag früh gegen 7 Uhr hat ſich der 35 Jahre alte, verheiratete Buchhalter R. im Ge⸗ ſchäft der Firma Karl Lucht im Liebenauerfeld erſchoſſen. Die Tat verübte er in dem Augenblick, als auf Veranlaſſung des Firmeninhabers eine Reviſton der Geſchͤftsbüͤcher, bei der ein erheblicher Fehlbetrag entdeckt wurde, ſtattfand. — Darmſtadt, 21. Nov. Reichs tagsabgeordneter Köhler und der Automobilſport. Wegen der Angriffe des Abg. Köhler gegen den Automobilſport hatte, wie berichtet, der Staatsanwalt zu Gießen das Erſuchen des Heſſiſchen Automobilklubs auf Strafverfolgung abgelehnt und den Vor- ſtand des Klubs auf den Weg der Privatklage verwieſen. Gegen dieſen Beſchluß der Gießener Staalsanwaltſchaft iſt jetzt vom Heſſiſchen Automobilklub beim Generalſtaatsanwalt Beſchwerde eingereicht worden.— Angefochten werden ſollen die hieſigen Stadtverordnetenwahlen. Zwei Wähler ſind von der Urne zurückgewieſen worden, da auf ihren Namen ſchon Zettel ab- gegeben waren.(). Da bekanntlich zwiſchen den beiden Kandidaten mit niedrigſter St mmenzahl das Los beſtimmen mußte, ſo liegt die Möglichkeit vor, daß der Einſpruch Erfolg * wird. Dem Wahlausſchuß liegt die Angelegenheit zur⸗ zeit vor. — Guntersblum, 21. Nov. In der Nähe der hitſigen Station wurde ein junger Mann tot aufgefunden, der wahr⸗ ſcheinlich von dem um 11.30 Uhr nach Mainz gehenden Zug überfahren worden iſt. Es handelt ſich um den 24jährigen, in Worms beſchäftigten Bahnarbeiter Wilhelm Hübner von hier. Da er auf der Strecke und nicht auf dem Uebergang lag, wird Selbſtmord vermutet. — Mainz, 21. Nov. Ein findiger Pollzeihund. Drei Handwerktsburſchen trafen in der vorletzten Nacht einen fremden Fuhrmann, der ſich in Mainz einen vergnügten Tag Sie fuͤhrten ihn in verſchiedene Wirtſchaften, plötzlich waren die drei Freunde verſchwunden. Der Fuhrmann bemerkte nun, daß ihm ſein noch gutgefülltes Geldtäſchchen fehlte. Er machte ſofort von dem Diebſtahl auf der Polizei Anzeige. Der Schutzmann Schmitt 2. lies nun ſeinen Hund „Tell“ Witterung nehmen, dann ging's hinaus durch verſchie⸗ dene Straßen. Nach ungefähr 20 Minuten drang der Hund in einen entfernt liegenden Hof in der Weintorſtraße ein, dort holte er einen der Handwerksburſchen, der ſich unter einem Wagen verſteckt hatte, hervor. Bei ſeiner Viſitation fand ſich das geſtohlene Geldtäſchchen mit Inhalt vor. Alzey, 21. Nov. Eine Ueberraſchung brachte die Unterſuchung uber den bei dem Gaſtwirt und Metzgermelſter A. Rothmann dahler verübten Einbruch, bei welchem dem Diebe bekanntlich die hohe Summe von 5200 Mark in die Hände fiel. Als Täter wurde nämlich niemand anders ent⸗ larvt als der 26jährige Sohn des Beſtohlenen ſelbſt. Der junge Rothmann, ein dem Trunke ergebener Menſch, war vom Vater aus dem Hauſe verwieſen worden und ſuchte ſich ſo ſchadlos zu halten. — Neckargemünd, 21. Nov. Hier vergiftete ſich in ihrer Wohnung die Ehefrau des Kaufmannes Richard Roller dahi er. Der Beweggrund der Tat dürfte in finanziellen Schwierigkeiten zu ſuchen ſein. —„Vilbeler“ Waſſer lleferte der Waſſerhändler Kramer noch Frankfurt a. M., das aber nicht dasjenige war, wofür man es halten ſollte. Es ſtammteſſaus ſeinem eigenen gewöhnlichen Brunnen; dem Waſſer ſetzte er zur Täuſchung Kochſalz und Natron zu. Wöchentlich lieferte Kramer 1000 Flaſchen nach Frankfurt, die Flaſche zu 8 Pfg. 80 M., jährlich 4000 M. Seit 5 Jahren treibt Kramer den Waſſer⸗ handel= 20,000 M. Die Strafe am Schöffengericht be⸗ trägt 200 M. — Frankfurt am Main, 21. November. Flugplatz bei Frankfurt a. M. ſoll dicht an dem Ge⸗ lände, auf dem im vorigen Jahre die„Ila“ ihre Ge⸗ bäude errichtet hatte, erſtehen. Bei dem enormen Inter⸗ eſſe, welches die Bürger der Stadt den luftſportlichen Fragen entgegenbringen, iſt wohl kein Zweifel, daß dieſes Projekt in allernächſter Zeit zur Ausführung gelangen wird. — Darmſtadt, 21. November Der Mitinhaber der Firma Henſchel und Sohn in Kaſſel, Geh. Kommerzienrat Dr. ing. Henſchel, hat der Darmſtädter techniſchen Hoch⸗ ſchule eine Stiftung von 50000 Mark überwieſen, deren Zinſen zur Förderung der techniſch-wiſſenſchaftlichen Unterſuchungen auf dem Gebiete des Maſchinenbaues ver— wendet werden ſollen. — Aus dem Weinbaugebiet, 21. November. Die Winzerbewegung iſt durch die Erntenot des„Ko⸗ metenjahres“ in beſchleunigten Fluß gekommen. In Kob⸗ lenz tagte der Verband preußiſcher Wein bau⸗ vereine und beſchloß, eine Reihe Anträge an die Mi⸗ niſter für Landwirtſchaft, Juſtiz und Kultus zu ſenden. Bezüglich der Weinzuckerung erklärte der Referent Dr. von der Heide, daß die Chemie und die Kellerkontrolleure im Kampf gegen die Weinfälſcher zuſammengehen und Aus⸗ wüchſe beſeitigen würden. Die Referate über die Reblaus⸗ bekämpfung von Profeſſor Dr. Lüſtner und die Reben⸗ veredelung von Profeſſor Dr. Krömer gipfelten darin, daß das Verfahren, einheimiſche Reben auf amerikaniſche Reben zu pfropfen, ſoweit ausgebaut werden ſoll, daß man nötigenfalls dasſelbe an die Stelle der bisherigen Reb⸗ lausbekämpfung ſtellen kann. In der Hauptverſammlung ſprach Profeſſor Wortmann über die Aufgaben des Ver⸗ bandes, beſonders über die Förderung des Weinbaues und die Fühlung mit der Regierung. Gegen die Antialkohol⸗ bewegung wandte ſich Oberlehrer Löckermann. Der nächſt⸗ jährige Kongreß findet in Trier ſtatt. — Aus der Eifel, 21. November. Zu den Gold⸗ funden in der Weſteifel wird gemeldet, daß ſich die Sandhügel, in denen lauteres Gold gefunden wurde, bis zum Wallfahrtsorte St. Hubert, tief im Ardennen gebirge gelegen, hinziehen. Es macht ſich große Speku⸗ lationswut um den Ankauf jener Hügel bemerkbar. Zahl⸗ reiche Bergbaukundige und Ingenieure des In- und Aus⸗ landes treffen täglich im Auftrage fremder Geſellſchaften dort ein. Die Gewerkſchaft Auguſt, dicht bei Ivaldingen gelegen, wurde bereits an ein Konſortium verkauft, meh⸗ rere andere Gewerkſchaften ſind im Entſtehen begriffen. Sachkundige erklären, daß in dieſer Gegend bereits an— fangs dieſes Jahrhunderts Goldwäſchereien größeren Stils betrieben wurden. — Ahlen i. W., 21. November. Auf der Landſtraße bei Ahlen wurde ein Poſtbote, der 2000 Mark abzu⸗ liefern hatte, von einem Strolch überfallen und mit⸗ tels eines ſchweren Gegenſtandes niedergeſchlagen. Der Verbrecher wurde jedoch durch die Dazwiſchenkunft anderer Perſonen verſcheucht: er entkam im naben Walde. Das Befinden des Briefträgers iſt glücklicherweiſe nich beſorgniserregend. Aus Stadt und Land. Graf Leo Tolſtoi, der berühmteſte Dichter Rußlands und vertrakte Philo⸗ ſoph, iſt im Alter von 82 Jahren geſtorben. Kurz vorher hatte er noch einen Familienzwiſt, dem er durch die Flucht in ein Kloſter auswich. Die Reklame, welche hiermit ſeitens der dem poſitiven Chriſtentum feindlichen Preſſe, die Tolſtoi vor allem als Chriſtentumshaſſer ver⸗ ehrt, gemacht wurde, hat einen geradezu widerlichen Ein⸗ druck gemacht. ** Das Wetten bei Pferderennen, dieſe ſo oft recht folgenſchwere moderne Leidenſchaft, gewinnt in Deutſch⸗ land immer mehr an Boden. Das zeigt der Totaliſator⸗ Umſatz in Berlin. Während im Vorjahre rund 22172 000 Mark auf den ſechs Berliner Rennbahnen an der Wett⸗ maſchine umgeſetzt wurden, hat die Summe in der ſoeben beendeten Saiſon 1910 eine Steigerung auf 28 405000 Mark erfahren. Wieviel deutſches Geld hat aber dazu noch den Weg zu den Hamburger, Pariſer und Londoner Wettmaſchinen gemacht, wieviel iſt in den Taſchen der„Buchmacher“ verſchwunden? * Franzöſiſche Chauviniſtentat? In Dijon wurde von unbekannter Bubenhand nachts das Kriegerdenkmal zu Ehren der in den blutigen Kämpfen vom 21. bis 23. Januar 1871 gefallenen pommerſchen Offiziere und Soldaten beſchädigt. Die Erinnerungs⸗ Ein neuer tafel an das Gefecht um die Fayne des pommerſchen 61. Regiments, die den ſterbenden Verteidigern durch den Franktireur Curat entriſſen worden war, iſt durch Re⸗ volverkugeln durchlöchert worden. Die Gitter, die das Denkmal umgaben, wurden niedergeriſſen. Das Mo⸗ nument war am 11. Juli 1871 durch Generalleutnant von der Goeben, den Chef der Beſatzungstruppen von Dijon, enthüllt worden. * Amerikaniſche und franzöſiſche Seeleute, die erſte⸗ ren von den Mannſchaften des nordamerikaniſchen Ge⸗ ſchwaders, das ſich im franzöſiſchen Kriegshafen Cherbourg aufhält, liefern ſich allnächtlich in den Straßen der Hafen⸗ ſtadt ſchwere Kämpfe. Drei amerikaniſche Matroſen haben dabei bis jetzt das Leben eingebüßt. Am Sonntag fand die Beerdigung der Opfer ſtatt, nachts kam es wieder mehrfach zu Zuſammenſtößen zwiſchen amerikaniſchen und einheimiſchen Seeleuten, doch konnten die Polizei- und die Militärpatrouillen Ruhe ſtiften, ehe es wieder zu ſchweren Ausſchreitungen kam. Der Beigeordnete des Maire richtete an den Konteradmiral Ureelandt das Er⸗ ſuchen, die Mannſchaften der amerikaniſchen Schiffe mög⸗ lichſt um Mitternacht wieder an Bord gehen zu laſſen. Eine unſinnige Wette und deren Folgen. Wie die „L. N. N.“ ſchreiben, forderte in Werdau i. S. der Austrag einer in höchſt leichtfertiger Weiſe abgeſchloſſenen Wette zwei Opfer. Ein junger, kurz vor ſeiner Ver⸗ heiratung ſtehender Kaufmann machte ſich anheiſchig, für einen Korb Champagner ein Stück Seife aufzu⸗ eſſen. Er führte dieſes„Bravourſtück“ aus, wurde aber kurz danach von heftigen innerlichen Schmerzen befallen und verſchied— nach ärztlichem Ausſpruche infolge Ver⸗ ätzung der Mund- und Magenſchleimhäute und daraus folgender Herzſchwäche. Als der Verlierer der Wette ſah, welches Unheil er angerichtet(die Eltern des jungen Man⸗ nes und die Braut waren der Verzweiflung nahe) tötete er ſich durch einen Revolverſchuß. * Der zugefrorene Flammenſchlund. Während der letzten Tage war an dem Flammenkreuz, das bekanntlich ſeit kurzer Zeit bei Neuengamme brennt, die eine wagerechte Flamme erloſchen. Sie hat ſich inzwiſchen jedoch neu entzündet, ſo daß nun wieder alle drei Flam⸗ men brennen. Die Urſache des Erlöſchens war Ver⸗ eiſung des einen Lochs, aus dem das Gas ſtrömt. So ſeltſam es klingt, daß ſich inmitten einer rieſigen, ſehr heißen Flamme Eis anſetzt, ſo iſt dieſe Erſcheinung doch ſehr einfach zu erklären. Sie entſpricht einem phyſikali⸗ ſchen Vorgang, auf dem die ganze moderne Kälteinduſtrie beruht. Wenn nämlich ein ſtark zuſammengepreßtes Gas plötzlich Gelegenheit hat, ſich ſtark auszudehnen, ſo ent⸗ zieht es dem umgebenden Körper ſo viel Wärme, daß Feuchtigkeit ſich darauf leicht in Eisform niederſchlägt. Kleine Nachrichten aus Stadt und Land. Bei einer Gasexploſion in Barcelona wurden drei Perſonen tödlich verletzt. Das Gebäude wurde voll⸗ ſtändig zerſtört. In der Kraftſtation der Ueberlandzentrale Mazino in Veltlin platzte ein ungeheures Waſſerrohr. Das mit rie⸗ ſiger Gewalt ausſtrömende Waſſer riß zwei Häuſer fort und tötete drei Perſonen. Der Senatsausſchuß für Handel und Induſtrie in Paris hat beſchloſſen, die Regierung zu erſuchen, für 1920 eine internationale Weltausſtellung in Paris zu organiſieren. Die ganze Mandſchurei iſt für choleragefährlich erklärt worden. Für die Dauer der Epidemie werden chineſiſche Arbeiter in das Küſtengebiet nicht zugelaſſen. Verantwortlich für die Redaktion: Wilhelm Bingener, Biernheim Bekanntmachung. Belr.: Den Wieſenvorſtand zu Viernheim. Die Herren Gemeinderat Kühner und Gemeinderat Roos wurden als Mitglieder des Wieſenvorſtandes ernannt und verpflichtet. Samftag, den 26. November l. Js., vorm. 10 Uhr werden auf dem Rathauſe dahier: 1. 72 Haufen Waldſtreu aus dem Gemeindewald, 2. 40 duͤrre Obſtbäͤume, 3. 1 Korb mit Aepfel, 4. das Eis in den Gemeindegewaͤſſern an die Meiſtbietenden, 5. das Fahren von 1200 Zentner Wieſenduͤnger a. von der Bahn zur Lagerſtelle, b. von der Lagerſtelle in die Wieſen, 6. das Fahren des Bahnſchlittens pro Winter 1910/11 an die Wenigſtnehmenden verſteigert. Viernheim, den 22. November 1910. Großherzogliche Bürger meiſterei Viernheim: Kühl wein. A* ˖ Architekten, Baumeister, Bäcker-, 0 ung! Metzger-Meister und Hausbesitzer! Die feinsten und billigsten, der Neuzeit entsprechenden Wand- und Bodenplattenbeläge sowie Trottoirplattenbeläge, liefert Paul Partes, H 3, 19, Mannheim. Tel. 3833 Grosses Lager ln glasslerten Wand- und Bodenplatten sowle Wasserstelne und Spi tröge. Ole Verlegungs-Arbelten worden nur durch tüchtige Spexla- sten ausgeführt. Vertreter der Melssener Ofen- u. Porzellanfabrik C. Teichert. 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