5 Viernheimer Nachrichten Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Mk. 1.14 vierteljährlich. Fernſprech⸗Nr. 20 Viernhe (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) ö Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Seitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: 4 imer An Viernheimer Zeitung Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ eiger Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Gegründet 1834 Rathausſtraße Nr. 19. Nr. 140. Wochenrundſchau. s Im Mittelpunkt des Intereſſes ſtehen die Erſatz⸗ wahlen zum Reichstage und zum preußiſchen Landtage, die den Sieg an die Fahne der fortſchrittlichen Volks⸗ partei geheftet haben. In Wehlau⸗Labiau unterlag der Konſervative dem Freiſinnigen, in Breslau wurde der Centrumsmann durch den Freiſinn aus ſeinem alten Be⸗ ſitzzhtand verdrängt. Darüber herrſcht nun ein Jubel auf der ganzen Linie des Liberalismus. Es wird in die Welt hinaustrompetet, daß dieſe Siege grundſätzliche Bedeu⸗ tung haben, daß der Liberalismus ſich auf dem Sieges⸗ marſch befindet und im beſten Zuge iſt, den ſchwarz⸗ blauen Block, der bekanntlich gar nicht beſteht, zu zer⸗ trümmern. Demgegenüber iſt es notwendig, kaltes Blut zu bewahren. Denn wenn man die Dinge genauer be⸗ trachtet, kommt der ganze große Sieg des Liberalismus darauf hinaus, daß die Freiſinnigen auf den Krücken der Sozialdemokratie ins Parlament humpeln. Die Mehr⸗ heiten ſind in beiden Fällen nur gering. In Labiau⸗ Wehlau hatten die Konſervativen es im Vollbewußtſein ihrer Ueberlegenheit an der entſprechenden energiſchen Wahlvorbereitung fehlen laſſen. In Breslau haben gegen aller Abrede die konſervativen Wahlmänner in erheb⸗ licher Anzahl durch ihre Säumigkeit das Centrum in Stich gelaſſen. Der„Sieg“ des Linksliberalismus hätte alſo bei einigermaßem beſſeren Aufpaſſen vermieden wer⸗ den können. Hieraus Schlüſſe für die kommenden Reichs⸗ tagswahlen ziehen zu wollen, iſt mindeſtens gewagt. Die Freiſinnigen haben ja, wie man weiß, aus eigener Kraft überhaupt nicht viel zu bedeuten. Sie haben ihre Man⸗ date faſt ausnahmslos in Stichwahlen behauptet, und ann meiſt gegen die Sozialdemokratie, weil ſie vom ürgertum dieſer gegenüber als das kleinere Uebel be⸗ vorzugt wurden. Daher wird auch den Sozialdemokraten die Unterſtützung des Freiſinns keineswegs leicht. In ihren Kundgebungen zu den Wahlen haben ſie das auch beſonders betont. Und ohne Zweifel werden ſie den Frei⸗ ſinnigen bei den kommenden Reichstagswahlen auch ihre Gegenrechnung aufmachen. Aber trotz aller Abneigung überwog doch der Haß gegen die beſtehende Reichstags⸗ mehrheit. Den ſchwarz⸗blauen Block gilt es zu zer⸗ trümmern. Und da finden ſich die ſonſt heftig gegen⸗ einanderſtehenden radikalen Parteien brüderlich zuſammen. Daß das Gerede von dem ſchwarz⸗blauen Block ein reines Phantaſiegebilde iſt, bewieſen wiederum die Reichstags⸗ verhandlungen über das Arbeitskammergeſetz, bei denen das Centrum natürlich, ſeiner alten Tradition treu, für die Intereſſen der Arbeitnehmer im Sinne der ausgleichen⸗ den Gerechtigkeit warm eintrat. Die Konſervativen dach⸗ ten hierüber anders und ſtimmten in allen grundlegenden Beſtimmungen gegen das Centrum. Man höre alſo endlich auf, von einem Block zwiſchen Centrum und Kon⸗ ſervativen zu faſeln, der nicht exiſtiert. In Oeſterreich⸗Ungarn ſcheint die Ausgleichsfrage end⸗ lich vom Fleck zu rücken. Die Tſchechen ſind auf dem beſten Wege, einzulenken und wollen die Ausgleichskonfe⸗ renz beſchicken. Damit ſcheint die Aerg der Obſtruk⸗ tion ihr Ende erreicht zu haben, und beſſere Ausſichten auf eine friedlich⸗innerpolitiſche Entwickelung in Oeſter⸗ reich⸗Ungarn eröffnen ſich. In England haben die Parlamentswahlen mit einer ungewöhnlich leidenſchaftlichen Aaitation eingeſetzt. Sogar die Frauen beteiligen ſich lebhaft am Wahlkampfe und verüben Exzeſſe, die den außenſtehenden Beobachter an⸗ widern. Die Unioniſten haben bis jetzt verhältnismäßig gut abgeſchnitten. Allein ihr geringer Vorſprung will nicht viel bedeuten angeſichts der Tatſache, daß die Libe⸗ ralen Stück für Stück Terrain erobern. Es iſt zu er⸗ warten, daß die liberale Regierungspartei doch wieder zu einer Majorität gelangt. Dieſe aber dürfte ſo ſchwach ſein, daß ſie für eine grundſtürzende Reform des Ober⸗ hauſes nicht die Macht, beſitzt. Und ſo iſt mit der Mög⸗ lichkeit zu rechnen, daß dieſen Wahlen in baldiger Zeit wieder Neuwahlen folgen werden. Frankreich hat eine furchtbare Kolonialkataſtrophe zu beklagen. Schon vor einiger Zeit durchſchwirrten Ge⸗ rüchte die Preſſe, wonach die Franzoſen im Wadailand in Nordafrika eine empfindliche Niederlage gegen die Ein⸗ geborenen erlitten hätten. Die Gerüchte aber wurden alsbald dementiert, und in allen Wipfeln herrſchte Ruhe, obwohl man im Kolonialkabinett es beſſer wußte. In⸗ deſſen die Tatſachen ließen ſich auf die Dauer nicht ver⸗ tuſchen. Und jetzt ſieht ſich die Regierung zu der offi⸗ ziellen Mitteilung gezwungen, daß im Wadailand über zweihundert Soldaten mit drei Offizieren in grauſam⸗ ſter Weiſe niedergemetzelt worden ſind. Man kann es ver⸗ ſtehen, wenn das Land gegenüber dieſer Vertuſchungs⸗ taktik der Regierung in tiefſte Erbitterung gerät. Amerika ſteht politiſch, ſoweit es ſich um die Ver⸗ einigten Staaten handelt, unter dem Eindruck der Bot⸗ ſchaft des Präſidenten Taft. Sie iſt ſehr lang und ein⸗ gehend, enthält aber nur wenige geſetzgeberiſche Anregun⸗ gen. Das Bemerkenswerteſte daran iſt der Vorſchlag, mit der Antitruſtbewegung vorerſt einmal Halt zu machen. Man denkt unwillkürlich an die bevorſtehenden Präſident⸗ ſchaftswahlen und kann ſich eines Lächelns über dieſe plumpe Taktik kaum erwehren. Samstag, den 10. Dezember 1910. L 2 5. 5 Politiſche Rundſchau. ! Berlin, 9. Dezember. — Die oldenburgiſche Großherzogin erlitt am Donnerstag einen Automobilunfall, der glücklicher⸗ weiſe ohne Folgen blieb. In Schwerin fuhr die Großher⸗ zogin von Rabenſteinfeld in ihrem Automobil nach Lübeck. Kurz hinter Gadebuſch erlitt der Motor einen Defekt, und das Automobil fuhr in den Straßen⸗ graben. Die Großherzogin blieb unverletzt. — Im Befinden der Königin der Belgier iſt in den letzten Tagen eine weſentliche Beſſerung ein⸗ getreten. Das Fieber iſt verſchwunden, und die Aerzte werden erſt in einigen Tagen wieder ein Bulletin ver⸗ öffentlichen. Die Königin wird vorausſichtlich am 10. Ja⸗ nuar eine Reiſe nach dem Süden antreten. * (Für eine Erhöhung des geheimen Dispoſitionsfonds des auswärtigen Amtes tritt unter Hinweis auf die ſo vielfach erfolgreiche auswärtige Pr eßhetze gegen Deutſch⸗ land die„Poſt“ ein. Das Blatt ſchreibt:„Wenn das Auswärtige Amt im Etat von 1910 300 000 Mark zur Verſtärkung des geheimen Dispoſitionsfonds(1 Million) gefordert hatte, ſo dürfte angenommen werden, daß das Auswärtige Amt in der höchſt notwendigen Preßarbeit im Ausland dem Ausland in Zukunft etwas weniger nach⸗ ſtehen will als bisher. Der Reichstag lehnte dieſe Forde- rung, die ſich doch nicht öffentlich begründen läßt, in be⸗ kannter Kurzſichtigkeit in politiſchen Fragen ab. In dem jetzt dem Reichstage zugegangenen Etat für 1911 iſt die⸗ ſelbe Forderung wieder erhoben. Schon daß der Schatz⸗ ſekretär ſie nicht geſtrichen, ſondern ſie trotz ſeines Grund⸗ ſatzes ſtrengſter Sparſamkeit hat paſſieren laſſen, beweiſt ihre Wichtigkeit und Dringlichkeit. Wie wird ſich der Reichskag in dieſem Jahre dazu ſtellen?!“— Der „kurzſichtige“ Reichstag dürfte, wie wir glauben, kaum den Anregungen der„weitſichtigen“ Poſt folgen. Sehnt ſich das Blatt etwa nach einem neuen Reptilienfonds? Das wäre noch ſchöner. (— Die Verhandlungen des Reichstags nach den Weihnachtsferien werden ſich vom 10. Januar ab vor⸗ ausſichtlich nach folgendem Plan entwickeln: Zunächſt ſoll die 1. Leſung der Novelle zum Strafg eſetzbuch und die 2. Leſung des Hausarbeitsgeſetzes vorgenom⸗ men werden. Hierauf ſollen die noch ausſtehenden kleine⸗ ren Vorlagen und das Arbeitska mm ergeſetz in 3. Leſung erledigt werden und im Anſchluß daran mit der 2. Etatsleſung begonnen werden. Da man an⸗ nimmt, daß die 2. Etatsleſung bis Mitte März erledigt ſein kann, ſo ſoll die Reichsverſicherungsord⸗ nung, die in der Kommiſſion auch erſt im Februar zu Ende beraten ſein wird, erſt nach dem Schluß der Etats⸗ beratungen auf die Tagesordnung geſetzt werden. Das Einführungsgeſetz zur Reichsverſicherungsordnung, das gegenwärtig noch dem Bundesrate vorliegt, und das mit der Reichsverſicherungsordnung in Verbindung ſtehende Geſetz betreffend die Aufhebung des Hilfskaſſengeſetzes, werden dem Reichstage erſt Ende Januar zugehen, wenn die Reichsverſicherungskommiſſion ſich dem Schluſſe ihrer Beratungen nähern wird. :: Keine Ausnahmegeſetze gegen die Sozialdemokratie werden von der Regierung beabſichtigt. Wie die„Poſt“ nämlich wiſſen will, ſteht der Reichskanzler auf dem Standpunkt,„daß eine Ausnahmegeſetzgebung gegen ſo⸗ zialdemokratiſche Ausſchreitungen zurzeit nicht not⸗ wendig iſt, da die beſtehenden Geſetze zur Anwendung ſolcher Ausſchreitungen vollauf genügen. Eine Ver⸗ ſchärfung beſtehender Geſetze vorzunehmen oder gar Aus⸗ nahmegeſetze zu erlaſſen, wäre nur angebracht, wenn außerordentliche Umſtände ſolche Schritte ver⸗ anlaſſen müßten“.— Auch wir ſind der Meinung und haben dies wiederholt betont, daß die Rückkehr zur Aus⸗ nahmegeſetzgebungspolitik das denkbar Verkehrteſte wäre, was die Regierung beginnen könne. Damit würde ja er⸗ fahrungsgemäß nur das Gegenteil von dem erreicht, was man bezweckt. Parlamentariſches. 9 Der polniſche Abgeordnete Korfanty will für die nächſte Reichstagswahl nicht wieder kandidieren. Er hat mit Napieralski, in deſſen Zeitungsverlag er eingetreten iſt, ein entſprechendes Abkommen getroffen. Somit wird von den jetzigen polniſchen Abgeordneten Oberſchleſiens keiner mehr kandidieren. 9 Erfatzorbeitskammern. Das Reichskartell der Ver⸗ bände der Angeſtellten und Arbeiter ſtaatlicher Verkehrs- anſtalten(Sitz Elberfeld) hat an den Reichstag eine Pe⸗ tition gerichtet, in der gebeten wird, bei den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, den Staatsarbeitern in Eiſenbahn⸗, Poſt⸗, Telegraphen⸗ und Militärbetrieben durch Zentraliſation und Ausbau der beſtehenden Ar⸗ beiterausſchüſſe Erſatzarbeitskammern zu geben, falls die Staatsarbeiter dem Arbeitskammergeſetz nicht unterſtellt werden ſollen. Kirche und Schule. 1 Klöſter und Wiſſenſchaft. Mit allen Anzeichen des 26. Jahrgang Erſtaunens berichten liberale Frauenzeitſchriften: An der Lemberger Univerſität errang kürzlich eine Nonne den philoſophiſchen Doktorgrad. Sie war bereits längere Zeit in einem Mädchenlyzeum tätig und gedenkt ſich wieder der Lehrerinnenlaufbahn zuzuwenden.— Als ob das etwas beſonderes wäre!! Soweit die Wiſſenſchaft der Frauen⸗ welt zugänglich war, haben die Angehörigen der katho⸗ liſchen Frauenorden ſie ſich im weiteſten Umfange dienſtbar gemacht. Der Unterſchied von den liberalen weiblichen Wiſſenſchaftlern iſt nur der, daß die Nonnen ſich nicht ſo auf die Reklame verſtehen, wie jene. 1. Den künftigen Volksſchullehrerinnen wird zeitweilig eine überaus lange Wartezeit zugemutet, durch die der Zu⸗ gang zum Lehrerinnenberufe bedenklich erſchwert wird. Jetzt hat der Berliner Magiſtrat beſchloſſen, vom 1. April 1911 ab 100 der älteſten Anwärterinnen auf eine Lehre⸗ rinnenſtellung in den Berliner Gemeindeſchulen ein feſtes Honorar, das monatlich nachträglich gezahlt werden ſoll, zu gewähren.— Das iſt ein Weg, der auch in anderen Gemeinden beſchritten werden ſollte, damit auch den Angehörigen der weniger bemittelten Kreiſe der Zugang zum Lehrerinnenberuf offen gehalten wird. Europäiſches Ausland. England. 5 : Der Verlauf der Wahlen geſtaltet ſich immer günſtiger für die Liberalen. Der letzte Stand der Wahl- ziffern iſt folgender: 191 Unioniſten, 143 Liberale, 25 Vertreter der Arbeiterpartei, 45 Nationaliſten, 5 An⸗ hänger O'Briens. Die geſamten Unioniſtenſiege betragen bisher 19, die der Liberalen 12, die der Arbeiter 4, die der Anhänger O' Briens einer. Die Unioniſten eroberten daher bis jetzt drei Sitze, bisher ſind 406 Mitglieder gewählt. Der Führer der Arbeiterpartei Barnes wurde in Glasgow mit einer Mehrheit von 1278 Stimmen wiedergewählt. Frankreich. 1 Tiefe Trauer herrſcht in Frankreich über die ſchreckliche Kolonialkataſtrophe im Wadaigebiet. Der fran⸗ zöſiſche Senat ſprach den am Gefecht von Drijele be⸗ teiligt geweſenen Truppen ſeine Bewunderung aus und drückte den Familien der gefallenen Offiziere, Unter⸗ offiziere und Schützen ſein Beileid aus. In der Kam⸗ mer fand eine analoge Kundgebung ſtatt. Die Debatte über die Interpellationen der Abgeordneten Meſſemy und Bienaime über die Urſachen der empfindlichen franzo⸗ ſiſchen Verluſte im Wadaigebiet wurde verſchoben. Der Miniſter der Kolonien legte vor der Kommiſſion der Kam⸗ mer für auswärtige Angelegenheiten die Lage im Wadai die Maßnahmen, die die Regierung zu treffen gedenke, dar. Der Präſident der Kommiſſion bat die Regierung, die not⸗ wendigen Vorkehrungen zu treffen, um die Wiederholung ähnlicher Vorfälle zu vermeiden und, wenn er es für nötig erachtet, über eine genaue Regulierung der Grenzen in Unterhandlungen zu treten. Der Miniſter der Kolonien erklärte, er werde dafür Sorge tragen, daß für die Ver⸗ luſte im Wadai Erſatz geſchaffen werde. Serbien. 1 Er treibt das tolle Spiel luſtig weiter. Nach Bel⸗ grader Meldungen verurſachte der Prinz Georg, deſſen Stellung am Hofe ſeit der Affäre am letzten Neujahrs⸗ hofball unhaltbar geworden iſt, neuerlich einen be⸗ dauerlichen Vorfall im Palais. Gelegentlich der Erörterung der Frage über ſeinen zukünftigen Aufent⸗ halt ſoll ſich der Prinz gegen ſeinen Vater, den König Peter, äußerſt unbotm äßig benommen haben, wo⸗ rüber ſich der König aufs höchſte ungehalten zeigte. Das Dazwiſchentreten des erſten Adjutanten machte der pein⸗ lichen Szene ein Ende.— Wenn der Vater Peter endlich mit dieſem rüdigen Burſchen kurzen Prozeß macht?! Türkei. 1 Wenn man ein Parlament hat und ſomit als Kultur⸗ volk daſteht, muß man ſich auch als ſolches betragen und die„Gepflogenheiten“ der älteren Parlamente nach⸗ ahmen, ſo denken die Türken und handeln danach. Am Donnerstag hielt in der Kammer Hakki Paſcha eine zwei⸗ einm halbſtündige Rede, in der er der Reihe nach alle Vorwürfe der Oppoſition zu widerlegen verſuchte. Bei Beſprechung der Affäre des Geheimbundes berief er ſich auf die Konſtitution. Hierbei kam es zu Lärm⸗ ſzenen, ſo daß der Präſident die Zwiſchenrufer mit Strafen nach der Geſchäftsordnung bedrohte. Um 6 Uhr mußte die Sitzung für eine halbe Stunde vertagt werden. „Ganz wie bei uns!“ würden die alldeutſchen und tſchechi⸗ ſchen Pultdeckelhelden in Oeſterreich ſagen. Amerika. Vereinigte Staaten. F Keine Tanzjapaner! Damit iſt der amerika⸗ niſch⸗japaniſche Streit wieder angefacht. Eine zur Be⸗ grüßung der in San Franzisko eintreffenden japaniſchen Kriegsſchiffe vorbereitete Feſtlichkeit mußte abgeſagt wer⸗ den, weil ſich die Damen von San Franzisko weigerten, mit den japaniſchen Offizieren zu tanzen.— Natürlich gibt's jetzt wieder eine Haupt⸗ und Staatsaktion. — Deutſcher Neichstag. I Berlin, 6. Dezember. Das Arbeitskammergeſetz darf als gefallen bezeichnet werden. Der Reichstag hat bei der zweiten Leſung dieſes Geſetzes am Montag gegen das ausdrückliche„Un⸗ annehmbar“ der Regierung die Wählbarkeit der Arbeiter⸗ ſekretzre beſchloſſen und am Dienstag gegen noch ſchär⸗ feren Widerſpruch die Einbeziehung der Eiſenbahnarbeiter in den Bereich der Arbeitskammern beſchloſſen. Am Dienstag nahm das Haus die Paragraphen 2 bis 6 ohne weſentliche Erörterung unter Ablehnung einer Peihe non ſozialdemokrotiſchen Abänderungsanträgen an. Eine län gere Ausſprache enkſpann ſich bei dem Paragraphen 7, der beſtimmt. wer als Arbeft geber und Arbeiknehmer im Sinne dieſes Geſetzes anzuſehen iſt. Die Sozialdemokraten Hue, Baͤmelpburg und Seve ring verlangten eine genaue Auskunft darüber, wer als„einzelner Unter nehmer“ anzuſehen ſei. Die Verhäſtniſſe der„einzelnen Unterneßmer“ ſollen nämlich dem Eingreifen der Kam⸗ mern nicht unterliegen. Die Regierung erklärte, da ſeien nur Eutſcheidungen von Fall zu Fall möglich. Bei den Erörterungen darüber, wer als Arbeitnehmer zu gel⸗ ten haße, verlangte Ahg. v. Potthoff(fort. Vp.) die Ein⸗ beziehung der Eiſenbahnarbeiter und die Errichtung be— ſonderer Kammern für Handelsangeſtellte. Staatsſekre⸗ tär Dr. Delbrück lehnte die Einbeziehung der Eiſen⸗ bahnarbeiter wiederholt unter allen Umſtänden ab, ebenſo die Schaffung von Kaufmannskammern, während er der Einbeziehung der Werkmeiſter und Techniker zuſtimmte. Abag. Bolko(konſ.) und Schwabach(ntl) lehnten die Einbeziehung der Eiſenbahnbeamten ab. Nachdem Abg. Bohrens(w. Vgg.) vom Arheiterſtandpunkte den ſozial⸗ demofratiſchen Antrag auf Einbeziehung der Land und Forſtarbeiter, der Seeleute und der Bureauangeſtellten als vorläufig undurchführbar zurückgewieſen hatte, ſtellte Apa. Frimborn(tr.) in ſtellenweiſe recht humori⸗ ſtiſcher Abfuhr des Abg. Dr. Potthoff feſt, daß die kauf⸗ männiſchen Angeſtellten von dieſer Einbeziehung ſelbſt nichts wiſſen wollten. Nach weiterer unweſentlicher De⸗ batte, in der noch Abg. Schirmer(Ctr.) ſich der Eiſen⸗ hkhahnarbeiter annahm, wurden die ſämtlichen zu dieſem Paragraphen vorliegenden Anträge abgelehnt und dann der Paragraph 7 mit der Einbeziehung der Eiſenbahn⸗ arbeiter durch Hammelſprung mit 132 gegen 115 Stim⸗ men angenommen. Morgen Fortſetzung. Aus Nah und Fern. — Lampertheim, 9. Dez. Im Jahre 1911 haben in nachſtehender Reihenfolge die als Haupt ſchöffen ge- wählten Perſonen an den ordentlichen Sitzungen hieſigen Schöffengerichts zu fungieren: 1. Heinrich Medert 1., Landwirt, Lampertheim; 2. Johannes Beck 3., Fabrikaufſeher, Lampert⸗ heim; 3. Thomas Marquedant, Werkmeiſter, Lampertheim; 4. Nikolaus Roos 1., Landwirt, Viernheim; 5. Georg Michael Winkenbach 2., Zimmer meiſter, Viernheim; 6. Jakob Friedrich Eiſenbraun 1., Bäcker, Lampertheim; 7. Sebaſtian Boxheimer 1., Milchhändler, Lampertheim; 8. Adam Seelinger 11., Gaſtwirt, Lampertheim; 9. Georg Winkler 7., Landwirt, Viernheim; 10. Johann Schmitt, Schuhmachermeiſter, Viernheim; 11. David Weißmann, Viehhändler, Viernheim; 12. Valentin Winkler 6., Landwirt, Viernheim; 13. Jakob Sander 1., Landwirt, Viernheim; 14. Adam Guthier 1., Landwirt, Lampertheim; 15. Johann Illius 1., Maurermeiſter, Lampert-⸗ heim; 16. Johann Georg Schrimpf, Metzgermeiſter, Viernheim; 17. Johann Georg Griesheimer, Geſchäftsführer, Lampertheim; 18. Phtlipo Friedrich Kärcher, 2., Landwirt, Lampertheim; 19. Jakob Gayer 5., Landwirt, Lampertheim; 20. Johann Schüßler 1., Metzger und Bäcker, Lampertheim; 21. Johann Adam Keil 1., Landwirt, Lampertheim; 22. Karl Peter Wunder 1., Maurer, Viernheim; 23. Philipp Gayer 7., Jandwirt, Lampertheim; 24. Adam Rhein 1., Spenglermeiſter, Viernheim; 25. Johann Adam Wunderle 1., Schmiedemeiſter, Viernheim; 26. Peter Weidner 1., Briefträger. i. P. Viern⸗ heim; 27. Anton Winkenbach 1., Gaſtwirt, Viernheim; 28. Johannes Lutz 4., Fabrikarbeiter, Lampertheim; 29. Adam Eberle 1., Schreiner, Lampertheim; 30. Jakob Seelinger 8., Landwirt, Lampertheim; 31. Johann Niebler 2., Landwirt, Viernheim; 32. Stephan Winkenbach 2., Maurer, Viernheim; 33. Michael Wunderle 4., Landwirt, Viernheim; 34. Jakob Kärcher 2., Landwirt, Lampertheim; 35. Adam Herweck 5., Landwirt Lampertheim; 36. Peter Adam Grtesheimer 1., Wirt, Lampertheim. — Lampertheim, 9. Dez. Bei der Volkszählung am 1. Dezember wurden hier 10 335 Einwohner gezählt, davon 5118 männlich, 5217 weibliche. Bei der Zählung 1905 waren 8941 Einwohner ortsanweſend, mithin beträgt die Zunahme 1394 Perſonen. — Bensheim, 9. Dez. Nach den vorläufigen Feſt⸗ ſtellungen der am 1. Dezember ſtattgefundenen Volkszählung hat Bensheim 4397 männliche und 4512 weibliche, zuſammen 8909 Perſonen gegen 8279 im Jahre 1905, mithin eine Zu⸗ nahme von 630. — Dieburg, 9. Dez. Das 2½̃ Jahre alte Töchter⸗ chen des Herrn Fach in der Römerſtraße reichte heute früh mit einer Kerze in einem unbewachten Augenblick in das Feuer im Ofen. Die Kleider fingen Feuer und erlitt das Kind ſo ſchwere Brandwunden, daß es geſtorben iſt. — Lahr(Baden), 9. Dez. Ein hier wohnhafter ver- heirateter Preßvergolder, der auf dem Wege zu ſeiner Arbeits- ſtätte war, wurde in der Alleeſtraße, von dem Laden an einem Geſchäftshauſe, der von innen heftig aufgeſtoßen wurde, ſo wuchtig in das Geſicht getroffen, daß der Betroffene ſofort be- wußtlos zuſammenbrach. Der Verunglückte wurde ins Kranken⸗ haus gebracht, wo er erſt nach mehreren Stunden wieder das Bewußt ſein erlangte. Es iſt wenig Hoffnung vorhanden, den Verunglückten am Leben zu erhalten. — Darmſtadt, 9. Dezbr. Ein frecher Einbruch wurde bei einem Darmſtädter Gaſtwirt verübt. Der Wirt fand morgens in der Küche einen Burſchen, der gerade daran war, ſich einige Eier zu ſieden. Raſch packte er den Ein- brecher und ſchlug ihn mit einer Flaſche nieder. Der dreiſte Burſche wurde ſpäter in das Unterſuchungsgefängnis ein- geliefert. Er wurde als der zirka 22 Jahre alte, be⸗ ſchäftigungsloſe Bender feſtgeſtellt. B. hatte ſeinen Ruck- ſack mit zirka 12 Pfund Wurſt gefüllt, auch Handkäſe. Fleiſch uſw. beigefügt. Der Kaſſe hatte er 3 Mark ent nommen. — Frankfurt a. M., 9. Dez. Ein 57 Jahre alter Geſchäftsreiſender wurde im Weſten von Frankfurt a. M. durch Meſſerſtiche ſchrecklich verſtümmelt be⸗ wußtlos aufgefunden und ſtarb nach wenigen Minuten im Krankenhaus. Raubmord ſcheint nicht vorzuliegen, ver⸗ mutlich iſt Eiferſucht das Motiv zur Tat. — Ludwigshafen, 9. Dezember. In einer Wirtſchaft in Ludwigshafen gerieten zwei Gutedel in Streit, der ſchließlich in Tätigkeiten ausartete. Als der Wirt ein⸗ ſchritt, ſetzten beide Streitende die Keilerei auf der Straße fort, der eine mit einem Bierglaſe, der andere mit einem Meſſer als Waffe. Schließlich gab einer noch einen Schuß auf den anderen ab, der ihn in die rechte Hand traf. Dieſer erwiderte den Schuß mit einem Meſſerſtich, der lebens⸗ gefährlicher Natur iſt. Der Meſſerheld wurde ver⸗ haftet.— In einer anderen Wirtſchaft kamen zwei Ar⸗ beiter in Disput, in deſſen Verlauf der eine dem andern einen Stuhl auf den Kopf ſchlug. — Göppingen, 9. Dez. Die neben dem ſtädtiſchen Gas⸗ werk in Göppingen gelegene Fetzerſche Leim⸗ und Gela⸗ tinefabrik wurde in verhältnismäßig kurzer Zeit ein Raub der Flammen. Die in der Fabrik lagernden Fette uſw. gaben dem Feuer reichliche Nahrung. Der Schaden be⸗ läuft ſich auf mehrere hunderttauſend Mark. Die Arbeiter und Arbeiterinnen der Firma, etwa hundert, ſind durch den Brand beſchäftigungslos geworden. — Frankfurt a. M., 9. Dez. Baronin v. Reinach in Frankfurt a. M. hat zur Erinnerung an ihren verſtorbenen Gemahl, den Baron Albert v. Reinach, dem phyſikaliſchen Verein eine Erdbebenwarte geſtiftet, welche auf dem Fuld⸗ berg errichtet werden ſoll. Es ſind zunächſt vier Seis⸗ mographen verſchiedener Konſtruktion vorgeſehen. Die Leitung übernimmt der Direktor des phyſikaliſchen Ver⸗ eins, Dr. Linke. 11 3 Aus Stadt und Land. ** Der deutſche Kronprinz auf der Elefanteniagd. Der Kronprinz erlegte auf Ceylon nach aufregender Jagd einen Elefanten in der Nähe von Kanthalai. Der Kron⸗ prinz brach von dem Lager in Begleitung des Grafen Finck von Finkenſtein, des Vertreters der Regierung Mr. Murty und des Pflanzers Storey wie einer Anzahl Ein⸗ geborener auf. Die Jagdgeſellſchaft war kaum in den Dſchungel eingedrungen, als ein mächtiger Ele⸗ fant aufgeſpürt wurde. Er erhielt vom Kronprin⸗ zen einen Schuß in den Kopf, der ihn betäubte, aber doch nicht verhinderte, ſich auf und davon zu machen. Als er ſich wieder gegen die Jäger umwandte, erhielt der Elefant noch zwei Schüſſe. Doch erſt nach aufregender Verfol⸗ gung durch das Dickicht, die eine ganze Weile dauerte, gelang es dem Kronprinzen, durch zwei weitere Schüſſe das gewaltige Tier zur Strecke zu bringen. Inzwiſchen war die Kronprinzeſſin in Begleitung der Gräfin Grote im Lager eingetroffen. Sie ſuchte im Laufe des Tages den etwa eine Meile entfernten Platz auf, wo die ſeltene Jagdbeute ihres Gemahls lag und machte eine Reihe photographiſcher Aufnahmen. Am Vor⸗ mittag des gleichen Tages erlegte der Kronprinz einen Büffel und einen Elchenhirſch. ek Ueber eine Million Mark unterſchlagen. Die Unterſchlagungen des Notars Günther aus Kempen bei Krefeld, der in Köln verhaftet wurde, betragen über eine Million Mark. G. hatte beſonders von den Landleuten des Bezirks Geldern-Land und Kempen große Summen er⸗ halten, um ſie in ſicheren Hypotheken anzulegen; dies Ver⸗ trauen hat Günther aber aufs gröblichſte mißbraucht. Er lebte ſtets auf großem Fuße. Da er auch eine Schulden⸗ laſt von etwa 100 000 Mark hinterläßt, beſteht für die Ge⸗ ſchädigten keine Hoffnung, auch nur einen Teil ihres Geldes zurückzuerhalten. ** Grauſige Mordtaten. Einer Meldung aus Zittau zufolge brach in Ruppesdorf in einem Hauſe, in dem die 60 Jahre alte Witwe Gedlich ein Materialwarengeſchäft betreibt, Feuer aus. Als Nachbarn in das Haus ein⸗ drangen, fanden ſie die alte Frau mit klaffenden Wun⸗ den tot im Laden liegend auf. In der neben dem Laden gelegenen Wohnſtube wurde gleichfalls, neben dem Webſtuhl liegend, ihre 33jährige Tochter Ernſtine erſchlagen aufgefunden. Man nimmt an, daß die Täter zwiſchen 7 und 8 Uhr unter dem Vorwande etwas kaufen zu wollen, den Laden betreten, die Frauen erſchlagen und dann das Feuer angezündet haben. Ob et⸗ was geraubt iſt, konnte noch nicht feſtgeſtellt werden. Von den Tätern fehlt jede Spur. Ein raffinierter Gänſedieb. Jetzt arbeiten ſchon die Gänſediebe mit Betäubungsmitteln. In einem Vororte Münchens wurde eine ganze Herde Gänſe ge⸗ ſtohlen. Einem Großhändler wurden aus ſeinen Stallun⸗ gen nicht weniger als 62 Gänſe geſtohlen, ohne daß bis jetzt eine Spur von den Tätern entdeckt worden iſt. Man wunderte ſich nun ſehr darüber, wie es möglich war, die Tiere fortzuſchaffen, ohne daß der Beſitzer oder die Nachbarn, die dicht daran wohnen, etwas davon gemerkt hatten. Getötet hatten die Diebe die Tiere nicht, da weder Blutſpuren noch Federn gefunden wurden. Dagegen fand man ein Fläſchchen, das Reſte eines Betäubungsmittels enthielt. * Der Schrecken der Backa⸗Margarine zieht weiter durch die Lande. Die von den Altonaer Margarine⸗ werken verſandte Backa⸗Margarine, deren Genuß ſchon zahlreiche Erkrankungen zur Folge hatte, hat neues Unheil angerichtet. In Lübeck iſt die geſamte Familie des Ar⸗ beiters Bernemann nach Genuß von Backa⸗Maragarine erheblich erkrankt. Außerdem ſind, wie der Direktor des ſtädtiſchen Unterſuchungsamtes zu Hagen in Weſtfalen mitteilt, in den Kreiſen Hagen, Soeſt und Lippſtadt in den letzten Tagen nicht nur nach dem Genuß der Marga⸗ rinemarke„Backa“, ſondern auch der von derſelben Fabrik Altonaer Margarinewerke Mohr u. Co., Altona⸗Ottenſen, ſtammenden Marke„Richard Mohr“ heftige Vergiftungs⸗ erſcheinungen feſtgeſtellt worden. Anläßlich der in ver⸗ ſchiedenen Gegenden Deutſchlands vorgekommenen Erkran⸗ kungen, die auf den Genuß von Margarine zurückzuführen ſind, hielt die Vereinigung deutſcher Margarinefabriken in Berlin eine außerordentliche Generalverſammlung ab. Es wurde beſchloſſen, die Altonaer Margarinewerke Mohr u. Co. in Altona⸗Ottenſen, der Mitgliedſchaft der Vereini⸗ gung für verluſtig zu erklären. ** Der Typhus im Heere. Beim 1. Garderegiment zu Potsdam iſt eine Reihe von Typhuserkrankungen vor⸗ gekommen, von denen eine bereits einen tödlichen Aus⸗ gang genommen bat. Geſtorben iſt der Rekrut Jung. Zu gleicher Zeit wurde auch der Retrut Pauls von demſelben Regiment begraben. Pauls erkrankte an eigenartigen Aus⸗ ſchlägen, die ſeinen ganzen Körper bedeckten, ohne daß es den Aerzten gelang, die Krankheit ſelbſt feſtzuſtellen. Der Zuſtand der übrigen Mannſchaften, die wegen typhöſer Erſcheinungen im Garniſonlazarett liegen, iſt vorläufig nicht bedenklich. *Die Cholera wieder in Deutſchland?! Aus Ruß⸗ land war vor einigen Tagen in Thorn der Anſiedler Karl Gurke eingetroffen. Er erkrankte unter choleraverdächti⸗ gen Erſcheinungen und iſt geſtorben. Der Kreisarzt ſandte Ausſcheidungen des Gurke zur bakteriologiſchen Unter⸗ ſuchung nach Berlin. „ Schlagende Wetter haben in der Gottesſegengrube bei Altwaſſer am Donnerstag zwei Opfer gefordert. Dort wurden vier Bergleute von ſchlagenden Wettern über⸗ raſcht. Zwei konnten gerettet werden. Die beiden ande⸗ ren, die Grubenhauer Kuhnt und Glaugitz, wurden getötet. Beide waren verheiratet. Kuhnt war Vater von S Kindern. Ein vermißter Fiſchdampfer. Der Fiſchdampfer „Seehund“ der Reede„Nordſtern“ in Geeſtemünde, der am 23. November zu einer zehntägigen Fangreiſe in die Nordſee auslief, iſt ſeit fünf Tagen überfällig. Die Hoffnung, daß Maſchinendefekt ſeine Heimkehr aufgehalten habe, iſt ſehr gering. Vielmehr muß damit gerechnet werden, daß das Schiff Ende der vorigen Woche mit ſeiner neun Köpfe ſtarken Beſatzung in den ſchwe⸗ ren Nordoſtſtürmen untergegangen iſt. * Ludwig Knaus, der gfeierte Genremaler, iſt im hohen Alter von 81 Jahren in Berlin am Herzſchlag verſtorben. Der Künſtler hat eine große Zahl von herr⸗ lichen, gemütvollen Werken geſchaffen, die zum Teil von köſtlichem Humor durchtränkt, und auch in der techniſchen Ausführung geradezu brillant waren. Ludwig Knaus hat dafür geſorgt, daß die deutſche Kunſt auf dieſem Gebiete lange Zeit eine führende Stelle innerhalb der internatio⸗ nalen Kunſtentwickelung einnahm. Durch ſeinen Tod er⸗ leidet die deutſche Kunſt einen unerſetzlichen Verluſt. ** Der älteſte Menſch der Welt geſtorben. In einem Vororte von Sofia ſtarb dieſer Tage der Landmann Kiro Paunow, der wohl der älteſte Menſch der Welt geweſen ſein dürfte, in einem Alter von 130 Jahren. Er hatte im 18., 19. und 20. Jahrhundert gelebt. 5 ** Schiffsunfälle. In der Nähe von Sheringham an der Oſtküſte Englands iſt der Dampfer„Blackburn“ in der Nacht mit dem Londoner Dampfer„Rook“ zuſammen⸗ eſtogßen, wobei die„Blackburn“ geſunken iſt. Von den 29 Paſſagieren und 27 Mann der Beſatzung des Dam⸗ pfers wurden 17 Mann der Beſatzung und 7 Paſſagiere aufgefunden und in Parmouth gelandet, zwei Rettungs⸗ boote mit dem Reſt der Schiffbrüchigen wurden erſt nach längerer Zeit von dem Dampfer„Geraldine“ aufgefun⸗ den und in den Hafen gebracht.— Ein zweiter Schiffs⸗ unfall ereignete ſich an der Nordküſte von Afrika. Einer Nachricht aus Tanger zufolge ſind zwei kleine ſpa⸗ niſche Schiffe auf der Höhe von Larraſch infolge Unwetters geſunken. 16 Mann ſind ertrunken. Gerichtsſaal. Moabiter Krawallprozeß. In der Verhandlung am Freitag erhebt ſich der Erſte Staatsanwalt Steinbrecht und gibt folgende Erklärung ab: Ein Zeuge hat hier ausgeſagt, daß er beobachtet habe, wie mehrere Männer, die ſich in der Menge befanden, jedes⸗ mal, wenn die Menge zurückgetrieben wurde, ſich an die Wand ſtellten und die Tumultanten an ſich vorüberlaufen ließen. Wenn dann die Schutzleute auf die an der Wand ſtehenden Männer eindrangen, hätten dieſe ihre Stöcke hochgehoben und gerufen:„Halt, Kollege!“ Der Zeuge hat dieſe Männer für Kriminalbeamte gehalten. Der Herr Polizeipräſident hat im Anſchluß an dieſe Aus⸗ ſage Ermittlungen anſtellen laſſen, und es iſt feſtgeſtellt worden, daß 33 Beamte, ſogenannte zweite Kriminal- ſchutzleute, die ſich in der kritiſchen Zeit auf dem Schau⸗ platz der Tumulte befanden, dabei in Frage kommen könn⸗ ten. Dieſe 33 Beamten haben entſchieden be⸗ ſtritten, daß die Angaben des Zeugen richtig ſeien. — Verteidiger Rechtsanwalt Heine: Ich kann die Staatsanwaltſchaft in keiner Weiſe hindern, ſoviel Zeu⸗ gen für ihre Sache zu laden, als ſie will, aber ich möchte doch erklären, daß durch noch ſo viele negative Beob⸗ achtungen von Beamten die poſitive Bekundung eines glaubwürdigen Zeugen nicht aus der Welt geſchafft oder erſchüttert werden kann. Wenn 33 Beamte ſagen, ſie hätten es nicht getan, dann kann es aber der 34. getan haben. Ich bezweifle, daß ſich auf dieſe Art etwas be⸗ weiſen läßt. E Das Friedberger Attentat geſühnt. Nach zwei⸗ tägiger Verhandlung verurteilte das Schwurgericht zu Gießen den Dachdecker Karl Friedrich Werner aus Kaiſerslautern wegen des Bombenattentats in Friedberg zu lebenslänglichem Zuchthaus und dauern⸗ dem Ehrverluſt, weiter wegen ſchweren Diebſtahls, wegen Verbrechens gegen 8 50 des Sprengſtoffgeſetzes, Er⸗ preſſungsverſuchs, Raubverſuchs und Tötungsverſuchs zu zehn Jahren Zuchthaus, zehn Jahren Eßprver⸗ küſt und dauernder Stellung unter Polizeiaüfſicht. Ans der Urteilsbegründung ſei folgendes hervorgehoben: Das Gericht war der Anſicht, daß durch eine Strafe von zehn bis fünfzehn Jahren Zuchthaus das Verbrechen des An⸗ geklagten nicht geſühnt werden würde. Es berückſichtigte die ungeheure Gemeingefährlichkeit ſeines Verbrechens. Nur einem günſtigen Umſtand iſt es zu verdanken, daß nicht zahlreiche Menſchen dem Verbrechen zum Opfer ge⸗ fallen ſind. Dieſes Verbrechen war die Haupttat fort⸗ geſetzter, planmäßiger, ſchwerer Verbrechen des Ange⸗ klagten und ſeines inzwiſchen verſtorbenen Mitſchuldigen. Wenn der Angeklagte auch nicht vorausgeſehen haben ſollte, daß Menſchenleben gefährdet werden könnten, war doch zu berückſichtigen, daß er dieſen Umſtand bei ſeiner Kenntnis von der Wirkſamkeit der Sprengſtoffe in Be⸗ tracht ziehen mußte. Es kommt weiter in Betracht das kaltblütige Raffinement, mit dem der Ange⸗ klagte vorgegangen iſt. Seine Jugend konnte nicht als Milderungsgrund herangezogen werden, auch nicht der Einwand, daß er verführt war, denn die Eltern hatten ihn wiederholt gewarnt. Mit Rückſicht auf die Gemein⸗ gefährlichkeit des Verbrechens und die verbrecheriſche Ge⸗ ſinnung des Angeklagten iſt auch auf Aberkennung der Ehrenrechte erkannt worden. Der Angeklagte, der heftig weinte, wurde hierauf gefeſſelt von den Gendarmen ab⸗ geführt. e Lei Lat La ———— mW Wollen Sie zu Weihnachten für Einheitspreis für billiges Geld elegante Stiefel Damen und Herren M. 12.50 kaufen? Fordern Sie Musterbuch Luxus- Ausführung M. 16.50 Salamander Schuhges. m. b. H., Berlin Niederlassung: Mannheim: P 5, 1516(neidelberger str.) S r ö r e eee Kirner, Kammerer Co., Mannheim R J. 1516 gegenuber der Koncordienkirche R 1. 1506. E Für Weihnachten empfehlen: Adolf Pfeiffer e UH 1, 8 Christbaumständer —— 2 — —— — n Gaskoch-Herde Schirmständer r Kassetten ofenschirme 0 Weihnachts Ausstellung in Glas-, Porzellan-, Metall- und Taschenmesser Schlittschuhe Ofenvorsetzer Luxuswaren, Wascohgarnituren, Tischbestecke Schlitten Blumentische Speise-, Wein- 9 3 u. 1 Service. Eeschenkartikel; in bea a 2 2 — Hauswirtschaftl. 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