— fon t behufs e in Al eſo ö Muna eln. e anna eden. 2 o 2 1323 Wen- aeid enden N 8 5 Viernheimer UAachrichten Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Mk. 1.14 vierteljährlich. Ternſprech Nr. 20 eimer Viernheimer Zeitung (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzdote Amtsblatt der Graßherzaglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Zeitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. ige Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Gegründet 1834 . Zu den Landtagswahlen in Heſſen. (Eine Stimme aus Arbeiterkreiſen.) Die demnächſt zu tätigenden Landtagswahlen in Heſſen finden in der Parteipreſſe einen Wiederhall, welcher die große Bedeutung der Wahlen erkennen läßt, die erſtmallg nach direktem Wahlrecht vor ſich gehen. Dieſer Umſtand macht nun nicht nur eine Wahlbeteiligung„bis auf den letzten Mann wünſchenswert, ſondern für die Zentrums wähler zur abſoluten Pflicht. Es gilt im Zeichen des neuen Wahlrechts deſſen Wirkung erproben und einen Gradmeſſer für die Stärke der Partei ſchaffen, der bei ſpäteren Wahlen von weittragendſter Bedeutung werden kann. Darum: Einſicht bei den Wählern, Umſicht und Weitblick bei den leitenden Inſtanzen der Partei! Veranlaſſung zu dieſer Mahnung und Bitte gibt uns ein informatoriſcher Artikel in der„Kölniſchen Volks-Zeitung“ vom 28. Juli, der auch in heſſtiſchen und mitteldeutſchen Blättern erſchien. Nachdem die wahrſcheinliche Parteikonſtellation beſprochen und die Aufſtellung der bereits nomminierten Kandidaten erwähnt wird, heißt es bezüglich eines Kreiſes: „In dem neuen Wahlkreis Dieburg iſt die Kandidaten frage noch nicht entſchieden; ein großer Teil der Wähler neigt der Kandidatur eines Lehrers zu, die insbeſondere mit Rückſicht auf die bevorſtehende Reform des heſſiſchen Volks- ſchulgeſetzes ſich empfehlen dürfte.“ Wir ſind nun die Letzten die— abgeſehen von der ideellen Zwecken dienenden Begrundung— es nicht begrüßen würden, wenn die Lehrer eine Standeskandldatur erhielten. Aber als Praktiker muß man ſagen: Das Notwendigſte zu erſt. Und wie die Dinge nun einmal liegen, dürfte die Auf- ſtellung einer Arbeiterkandidatur notwendiger ſein und ihrer Wirkung von größerer Bedeutung werden. Sowohl die Intereſſen der Herren Lehrer, wie auch Fachfragen bei der Reviſton des Volksſchulgeſetzes, dürften durch die Tätigkeit des Herrn Abgeordneten Uebel, der dem Kreiſe der Lehrer entſtammt vollauf Würdigung und Vertretung finden. Anders ſteht es mit dem Arbeiterſtand, der auch in Heſſen rapid in die Höhe ſchnellt. Beträgt doch allein die Induſtrie⸗Ar⸗ beiterſchaft, nach den Berichten der Gewerbeinſpektion pro 1910 rund 120 000 Köpfe. Leider hat ja die Sozialdemokratie berelts einen großen Teil der Arbelter— durch die freien Gewerkſchaften— an ſich geriſſen. Die freien Gewerkſchaften dürften heute rund 50 000 Mitglieder in Heſſen zählen, deren Tatigkeit bekanntlich dahin zielt, dieſe Mitglieder auch an die polttiſche Sozialdemokratie zu feſſeln. Wie gut das gelungen, iſt jedem Kenner heſſiſcher Arbeiter verhältniſſe be⸗ kannt. Den Schaden davon hat die chriſtl. Arbeiterbewegung und letzten Endes auch die bürgerlichen Parteien. Um ein Samstag, den 27. Jahrgang. 5. Auguſt 1911. ——— Gegengewicht zu ſchaffen, muß der chriſtl. Arbeiterbewegung mehr Reſonanzboden, Beachtung und Anſehen in der Oiffent⸗ lichkeit gegeben werden. Das könnte geſchehen durch Auf. ſtellung einer Arbeiterkandidatur, wodurch auch die Wahl⸗ freudigkeit der Arbeiter ganz weſentlich gehoben würde. Da die Folgen nur gute werden können, die Frage der Kandi- datur noch ſchwebt, halten wir es für gut, wenn die frag⸗ lichen Inſtanzen an dieſer Anregung nicht achtlos vorbei gehen. Der Stimmung und Meinung weiter Kreiſe der Wähler hat in einem Artikel Profeſſor Hattemer(Mainzer Journal vom 31. 5. 11) Ausdruck verliehen als er ſchrieb: „Wer es aufrichtig mit der Partei meint, muß wün⸗ ſchen und es bei gegebener Gelegenheit durchſetzen, daß der Klerus, das Beamtentum, daß der Bauern-, Handwerker- und Arbeiterſtand je eher um ſo beſſer vertreten ſind.“ Wir meinen die Gelegenheit iſt gegeben. Akademiker und Angehörige gebildeter Stände ſind zur Genüge vertreten in der heſſiſchen Zentrums fraktion. Ein Arbeiter, der als Zentrumsmann ſich ſelbſtredend auch der allgemeinen, wie beſonders der Intereſſen der ſonſtigen ſchaffenden Stände an⸗ nimmt, würde daher für die Partei, wie der Wähler von Nutzen ſein. Wochenrundſchan. b Der Kaiſer iſt von ſeiner Nordlandsreiſe zurück- gekehrt und in Swinemünde jubelnd empfangen worden. Erſ ah von der nordiſchen Sonne gebräunt, aber wohl aus. Gleich am Tage der Ankunft reiſten der Kanzler und der Miniſter des Aeußern v. Kiderlen⸗Wächter nach Swinemünde, um mündlich mit dem Monarchen über Marokko zu konferieren. Dabei iſt dann mit den fran⸗ zöſiſchen Lügenmeldungen, daß der Kaiſer die Marokko⸗ politik ſeines Kanzlers und ſeines Miniſters nicht billigen werde, gründlich aufgeräumt worden. Offiziös inſpiriert iſt ansdrücklich die Uebereinſtimmung der Anſichten des Herrſchers und der Männer der Regierung in einem Telegramm der„Köln. Ztg.“ feſtgeſtellt worden mit dem Hinzufügen, daß das Proaramm der Konverſation über Marokko in ſeinen großen Zügen vom Kaiſer gebilligt worden ſei. Dieſe Feſtſtellung iſt den Franzoſen auf die Nerven geſchlagen und ihre Preſſe ſpiegelt eine gewiſſe Melancholie wieder. Mit ſentimentalem Augenaufſchlag bittet man Deutſchland, nicht zu viel zu fordern, denn Frankreich müſſe es„bitter Ichwer Fallen“, auf ein Stück „ſeines mit dem Leben ſeiner Söhne und ſchwerem Geld errungenen Erbgutes(2?)“ zu verzichten. Dieſe Sprache klingt ganz anders, als die dröhnende Lüge des„Ma⸗ tin“ vom„erzürnten Kaiſer“. Selbſtverſtändlich fällt es Deutſchland nicht ein, eine Selbſtentäußerung zu treiben. Auf welchem Gebiete die Kompenſationen aber liegen, das feſtzuſtellen, können wir vorläufig vertrauens voll unſeren Diplomaten überlaſſen. Wir finden deshalb ————— al gegenwartigen Augenblicke auch die Erklärung dev Deutſchen Kolonialgeſellſchaft, daß die deutſchen An⸗ ſprüche unbedingt in Marokko und ausgerechnet im Sus⸗ gebiet, dem Hinterland von Agadir, unter allen Um⸗ ſtänden geltend gemacht werden müſſen, zum mindeſten für üherflüſſig. Solche Erklärungen dienen nur unnötig zur Verſchärfung der Lage und man ſollte ſich insbe⸗ ſondere davor hüten, weil die Beſprechungen, wie eben⸗ falls von der„Köln. Ztg.“ verſichert wird, noch recht lange ſich hinziehen könnten. Wenn nicht die Marokkobeſprechung wäre, ſo ſtände die Welt vor einer regelrechten Saure⸗Gurken⸗Zeit und die berühmte Seeſchlange, der 180 jährige Greis in Ruß⸗ land und die ſonſtigen Hundstagsprodukte müßten die Spalten der Zeitungen füllen. In der inneren Politiß iſt ſozuſagen nichts von Bedeutung paſſiert. Sogar die vorbereitende Wahlagitation hat bei den 30 Grad Celſius im Schatten ausgeſetzt und die leitenden politiſchen Per- ſönlichkeiten kühlen ſich in den Fluten der See oder trinken in den Bädern gegen irgend ein Leiden ihr Brun⸗ nenwaſſer. Die einzige bedeutende Aktion war der Ab⸗ ſchluß eines Vertrages über eine Preußiſch⸗Süddeutſche Klaſſenlotterie vom 1. Juli 1912 ab. Eingeſchloſſen ſind da Bavern. Baden und Württemberg. Alle drei Staa⸗ ten erwarten von dieſer Zuſammenlegung eine erheb⸗ liche Steigerung ihrer Einnahmen. Für Baden bedeutet die Gemeinſchaft in den erſten fünf Jahren eine Mehr⸗ einnahme von rund 700000 Mark, für Bayern eine ſolche von 2215000 Mark, für Württemberg eine ſolche von 785000 Mark. Auch Sachſen denkt an einen Anſchluß an die Preußiſch-Süddeutſche Lotteriegemein⸗ ſchaft, denn da jetzt nur noch Sachſen und Hamburg eigene Staatslotterien haben, wird deren Konkurrenzfähig⸗ keit durch das preußiſch⸗ſüddeutſche Unternehmen bedeu⸗ tend herabgemindert. Auf dem Balkan ſpukt wieder das Schreckgeſpenſt des Krieges zwiſchen der Türkei und Mon⸗ tenegro. König Nikolaus von Montenegro und die Regierung ſeines Landes haben unverhohlen für die Auf— ſtändiſchen, mit denen ſich die Türkei herumſchlagen muß, Partei genommen. Fünf⸗ oder ſechsmal hat in der vergangenen Woche die türkiſche Regierung, die ein außerordentliches Entgegenkommen zeigte, im Begriffe ge⸗ ſtanden, ſich mit den Maliſſoren über die Bedingungen der Unterwerfung zu einigen und jedesmal haben ſich die Verhandlungen dank des Ränkeſpiels des Königs Niki im letzten Augenblicke zerſchlagen. Es wird ſogar be— haupte,t daß Montenegro die Aufſtändiſchen direkt g e⸗ hindert habe, in ihr Land zurückzukehren. Wer kann es da ſchließlich der Türkei übel nehmen, daß ſie ſich das nicht länger gefallen laſſen will und ganz bedenklich mit dem Säbel raſſelt. Hoffentlich gelingt es aber noch dem Eingreifen der Mächte, einen drohenden Balkankrieg zu verhindern. In Perſien hat ſich die Situation wenig geändert; nur Rußland tritt ein wenig, wenn auch nur vorſichtia, aus Gerichtet. Roman von Franz Wichmann. 19(Nachdruck verboten.) „So wie immer. Verrücktheit iſt die Krankheit der Zeit und vergiftet die Jugend. Wo iſt in den großen Städten noch ein junger Menſch mit geſundem Körper und geſundem Geiſt zu finden? Vergnügen, Vergnügen, das iſt das einzige Ziel, nach dem alle jagen, und weil ſie nicht mehr arbeiten wollen, haben ſie das Lachen und die Freude verlernt, die ſie ſuchen. Wie ſagt die Schrift vom Leben? Und wo es köſtlich iſt, da iſt es Mühe und Arbeit geweſen.“ „Ach, Gott,“ meinte wegwerfend Otto,„den Unſinn haben die alten Juden aufgebracht!“ „Schäme dich, Bruder,“ verwies Klara ihn,„ſo von den heiligen Weisheitslehren zu ſprechen!“ Der Förſter zeigte auf die Bibel. „Sie haben heute und immer recht!“ ſprach er.„Gib mir das Buch!“ Das Mädchen ergriff die noch offen daliegende heilige Schrift und wollte ſie ſchließen, um ſie dem Vater zu reichen. »Laß es offen,“ gebot dieſer,„jedes Wort, das darin ſteht, iſt gut und heilſam!“ „Es iſt die Geſchichte vom verlorenen Sohn, Vater!“ ſagte Klara. Während der Förſter das Buch nahm, blickte er auf Otto. „Vom verlorenen Sohn?“ wiederholte er. Und jedes Wort betonend, las er: Und nicht lange danach ſammelte der jüngſte Sohn alles zuſammen und zog fern über Land und daſelbft brachte er ſein Gut um mit Praſſen.“ Er ſchlug das Buch zu und ſchwieg einen Augenblick. „Klara,“ ſagte er plötzlich,„hole mir meinen Mantel!“ Das Mädchen, das gerade in die auf dem Tiſche liegende Zeitung blickte, nickte bejahend, ohne ſogleich zu gehen. „Ich habe heute abend mit dir allein zu ſprechen, Otto, ein ernſtes Wort,“ fuhr der Förſter fort,„du kannſt mich ins Wirtshaus begleiten!“ „Heute? Unmöglich, Papa, ich muß ſogleich gehen, ich bin—“ „Er iſt eingeladen bei Lerchenfelds zum Souper,“ fiel Frau Adelheid ein. Der Förſter fuhr zornig auf. „Eingeladen und immer eingeladen! Heute mittag ſchon warſt du fort. Und dann heißt es: der Junge muß darben!“ „Aber bedenke, es iſt doch eine Ehre für uns, wenn Otto—“ „In der Tat,“ unterſtützte dieſer die Mutter,„es kann von größtem Vorteil für mich ſein. Geſellſchaftliche Beziehungen anzuknüpfen, iſt heutzutage die erſte Pflicht eines gebildeten Menſchen!“ Der Förſter ſchüttelte den Kopf. „Ich denke, die Worte, die ein Vater an ſeinen Sohn richtet, ſollten von größerem Vorteil ſein!“ „Aber es geht wirklich nicht, ich muß um ſieben Uhr dort ſein!“ Die Förſterin, die ihren Mann ſcharf beobachtet hatte, fragte in einem unmerklich lauernden Tone: „Du willſt wirklich ausgehen, Lorenz?“ „Ich muß etwas trinken in anderer Umgebung,“ entgegnete er.„Der Staub und Dunſt dieſer verteufelten Stadt lagert ſich einem hier in der Wohnung auf die Kehle und erſtickt einen faſt!“ „Wenn nur das Bier nicht ſo teuer wäre!“ ſeufzte die Förſterin. „Fürchteſt du, daß ich zuviel ausgebe, weil es nicht für den Otto iſt?“ gab der Mann ihr zurück.„Meinen Mantel, Klara! Blut und Hagel, kannſt du nicht hören, wenn dein Vater—“ „Aber, Klara,“ tadelte nun auch die Mutter,„wo biſt du denn wieder mit deinen fünf Sinnen?“ Das Mädchen ſchrak erſt jetzt von der Zeitung empor, in die ſie ſich ganz vertieft hatte. f „Wie— was haſt du geſagt? Ich las—“ „Der Papa will ſeinen Mantel!“ ſagte Otto ſtreng. „Ich glaube, das Mädel iſt auch ſchon vernarrt in die Zeitung!“ tobte der Förſter.„Kolonialpolitik, achtſtündiger Arbeitstag, Frauenemanzipation und wie das ewige Geplärr alles lautet,— die intereſſante Unterhaltung der Städte, mit dem man ſein Publikum gängelt!“ Klara hatte das Blatt auf den Tiſch fallen laffen und wollte gehen. Aber die Förſterin hielt ſie zurück. „Was hatteſt du denn gar ſo Spannendes?“ forſchte ſie. „Zeig' doch mal!“ Sie nahm die Zeitung auf und begann darin zu ſuchen.„Den Roman:„Der Kampf um den Mann? Ja, ja, ich habe den Anfang auch geleſen, der iſt herrlich, packend, echt modern, wie Otto ſagt.“ „Nein, Mutter, ich ſah nur in die Annoncen,“ erwiderte leicht errötend das Mädchen. „Heiratsgeſuche und anderes,“ lächelte Otto ſpöttiſch,„ſteht freilich manches Intereſſante darin!“ „Aber ich wüßte doch nicht,“ meinte die Förſterin,„was ein gebildetes junges Mädchen—“ Klara, der jede Unwahrheit verhaßt war, raffte ſich zu einer offenen Antwort auf: „Ich las nur die Anzeige von dem heutigen Vortrag des Herrn Hellborn.“ „Was, der Menſch will hier einen Vortrag halten?“ rief der Förſter. „Ja. Ueber natürliches Leben, ſteht in der Zeitung.“ „Er ſollte nur ſelber natürlich leben,“ höhnte die Förſterin. „Das wäre geſcheiter, als in der lächerlichen, unanſtändigen Kleidung herumzulaufen.“ Klara wollte etwas entgegnen, beherrſchte ſich aber und entfernte ſich raſch in das Nebenzimmer, um den Vater nicht länger auf den Mantel warten zu laſſen. (Fortſetzung folgt.) 5 ——ͤ— —— jeiner bisher beobachteten Scheinneutralität heraus und unterſtützt den Ex⸗Schah. Mohamed Al i, der Ex⸗Schah, ist, wie jetzt feſtſteht, unter durchſichtigem Inkognito durch Rußland nach Perſien gereiſt und fand, als er dort ankam, bereits eine wohlvorbereitete Organiſation zu ſeinen Gun⸗ ſten vor, die von Baku aus in die Wege geleitet war. Die perſſiche Regierung hat allerdings ſchon einen Preis auf den Kopf des Ex⸗Schahs ausgeſetzt; bei der chroni⸗ ſchen Geldkalamität der Regierung wird ſich aber wohl niemand dieſen Preis verdienen wollen. Der Krach um Marokko. Ein bevorſtehender Abbruch der Verhandlungen??? Die Konverſation über Marokko ſteht, wenn man den Gerüchten, die über die diplomatiſche Hintertreppe in die Feder der politiſchen ene der Nachrichtenbureaus gedrungen ſind, glauben darf, vor einer ernſten Ent⸗ ſcheidung. Schon lange ſpuken Meldungen, daß die Ma⸗ rokkobeſprechung auf Schwierigkeiten geſtoßen ſei. Eine oft offiziös bediente Korreſpondenz hebt her⸗ vor, daß die Möglichkeit des Scheiterns der Marokkover handlungen von den maßgebenden Faktoren bereits ins Auge gefaßt wurde, und daß ſchon in Swinemünde an Bord der„Hohenzollern“ die Konſequenzen einer ſolchen Wendung erörtert worden ſind. Hierzu wird einer Berliner Zeitung, die um„8 Uhr abends“ erſcheint, von diplomatiſcher Seite be⸗ ſtätigt, daß jetzt tatſüchlich eine ſehr bedauerliche Stockung in den Verhandlungen über die Marokko⸗Kompenſationen zu bemerken ſei. Es wird aber hinzugefügt, daß Herr von Kiderlen⸗ Waechter, der ſich übrigens des vollen Vertrauens und der Unterſtützung des Reichskanzlers erfreue, nicht gewillt ſei, von dem einmal begangenen Wege in dieſer für Deutſchland ſo bedeutſamen Stunde zurückzuweichen. Herr von Kiderlen⸗Waechter würde eher die eigene Perſon als die großen nationalen Intereſſen opfern, für die er jetzt eintritt. Man hofft, daß es in dieſem ernſten Augenblick zu keiner Meinungsverſchiedenheit unter den für die Leitung der Reichspolitik maßgebenden Perſönlich⸗ keiten kommen werde. Das in diplomatiſchen und finanziellen Kreiſen ver⸗ breitete Gerücht, Kaiſer Wilhelm habe über den Kopf des Herrn von Kiderlen⸗Waechter hinweg Herrn Cambon ge⸗ wiſſe Zuſicherungen gemacht, die dem Staatsſekretür des Auswärtigen jetzt die Weiterführung der Verhandlungen erſchweren, wird demſelben Blatte als erfunden, ja abſurd bezeichnet. Auch in London hat man eine bedenkliche Auffaſſung von der Situation; man glaubt dort in maßgebenden Kreiſen, daß, wenn Deutſchland an ſeinen Forderungen feſtharte, die Lage ſehr gefährlich werden würde. Das große Pariſer Kolonial⸗Intereſſentenblatt der „Temps“ kündet heute eine große Kampagne an, die be⸗ ſtimmt ſein ſoll, das Werk der Diplomaten zu durchkreuzen. Mit ſeltener Unehrlichkeit ſchreibt die⸗ ſes Blatt heute: i „Deutſchland will den Algeciras⸗ Vertrag vernichten. Um ihn vernichten zu können, dazu bedarf Deutſchland Frankreichs Mitſchuld. Man kann es aber nicht laut genug verkünden, daß dieſe Mitſchuld, wenn wir uns dazu hergäben, die ſchlimmſte Düperie wäre. Deutſchland mag ſeine Verpflichtungen zerreißen, wenn es ihm beliebt und wenn es glaubt, daß ſeine Intereſſen ihm dies gebieten. Die Unterhaltung ſo fortzuſetzen, wie ſie jetzt geführt wird. würe unentſchuldbarer Wahnſinn.“ Es wird alles davon abhängen, ob das franzö⸗ ſiſche Miniſterium Rückgrat genug hat, um dem Treiben dieſer gewiſſenloſen Kolonialintereſſenten ſtand⸗ zuhalten. Gleichzeitig gehen unkontrollierbare Gerüchte über die Möglichkeit einer deutſchen Miniſterkriſis um. Politiſche Nundſchau. 2 Rückgang der Unfälle. Die gewerblichen und lano⸗ wirtſchaftlichen Berufsgenoſſenſchaften haben einen er⸗ freulichen Rückgang der Unfälle feſtſtellen können. Im Berichtsjahre 1909 wurden bei den 48 landwirtſchaft⸗ lichen und 66 gewerblichen Berufsgenoſſenſchaften rund 139000 Unfälle gezählt. Im Jahre 1908 waren es noch faſt 143000 Unfälle und im Jahre 1907 beinahe 145000. Der Rückgang der Unfälle iſt alſo ſtetig ge⸗ ſunken. Auch die Unfälle mit tödlichem Aus⸗ gange ſind geſunken. Im Jahre 1908 wurden 9586, dagegen im Jahre 1909 nur noch 9363 ſolche Unfälle gezählt. Für Unfallverhütung ſind im Jahre 1909 über 15 Millionen Mark aufgewendet worden. ; Krankenbehandlung auf der Eiſenbahn. Für die Behandlung erkrankter Fahrgäſte auf den Staatsbahnen ſind neue Beſtimmungen erlaſſen worden. Wenn feſtge⸗ ſtellt worden iſt, daß Reiſende unterwegs erkrankt und hilflos geworden ſind, ſo iſt bei genügendem Aufenthalt der nächſt erreichbare Arzt für die erſte Hilfe heranzu⸗ ziehen. Ebenſo iſt zu verfahren, wenn ein Reiſender im Bahnhofsbereich außerhalb des Zuges erkrankt. Der Arzt iſt durch den betreffenden Bahnhofsvorſtand oder Vertreter zu erſuchen, ſeine Rechnung möglichſt umgehend der Eiſenbahndirektion einzuſenden. Der Bahnhofsvor⸗ ſtand hat der Eiſenbahndirektion von dem Vorfalle unter genauer Angabe der Perſonalien des Erkrankten unver⸗ züglich Anzeige zu erſtatten. (1) Geiſtliche als Reichstagskandidaten. Die„Deut⸗ ſchen Nachrichten“ veröffentlichen eine Zuſammenſtellung der bis jetzt als Reichstagskandidaten aufgeſtellten Geiſt⸗ lichen. Bisher ſind 15 amtierende und 2 nicht mehr im Amte befindliche katholiſche Geiſtliche als Kandidaten aufgeſtellt, und zwar 5 von den Polen, 3 von den Elſäſſern und die übrigen vom Centrum.— Für die Freiſinnigen kandidieren bis jetzt 10 evangeliſche Geiſtliche, für die Nationalliberalen 6 und für die rechtsſtehenden Parteien 7 evangeliſche Geiſt⸗ liche.— Außerdem kandidiert für die Chriſich⸗So⸗ zialen der Schwiegerſohn Stöckers, Liz. Mumm. ) Keine Barfrankicrung bei der deutſchen R ichspoſt. Eine Korr ſpondenz ſchreibt, daß die Reichs poverwaltung alle Eingaben um Einführung der Barfrankierung für Maſſenſendungen grundſätzlich ablehne, weil die Portoab⸗ löſung keine günſtigen finanziellen Ergeb⸗ niſſe bringe. Es heißt dann weiter in der Melduna: In der beteiligten Staatsverwaltung konnte zwar erfreulicherweiſe mit der Portoablöſung eine ſehr wertvolle Vereinfachung des Geſchäftsverkehrs und des Rechnungsweſens herbeigeführt werden; dieſe Wirkungen können aber nicht beſtimmend zu gunſten der Ausdehnung des Ablöſungsverfahrens für einen weiteren Kreis von Behörden über die geſetzlichen Grundlagen hinaus ein⸗ wirken, da der angemeſſene Ausgleich zwiſchen Leiſtung und Entſchädigung die naturgemäße Rückſicht auf die finanzielſe Auswertung bilden muß 17 Eine Kritik des ſozialdemokratiſchen Parteivor⸗ ſtandes. Die ſozialdemokratiſche„Leipziger Volksztg.“ iſt wieder einmal mit dem Vorſtande der ſozialdemokrati⸗ ſchen Partei ſehr unzufrieden, und zwar deswegen, weil er die Veranſtaltung von Demonſtrationsver⸗ ſammlungen in der Marokkoſache den Gewerkſchaf⸗ ten überlaſſen hat. Das Leipziger Blatt ſchreibt: „Wir haben bereits vor einer Woche an dieſer Stelle dargetan, daß die Paſſivität des Parteivor⸗ ſtandes der gegenwärtigen Kriegshetze gegenüber nicht auf einem Zufall beruht, ſondern auf einer unſeres Er⸗ achtens ganz verfehlten taktiſchen Rückſicht auf die bevorſtehenden Reichstagswahlen.“ Die„Friedens“ demonſtration der ſozialdemokrati⸗ ſchen Gewerkſchaften war übrigens im Grunde genommen nichts wie eine große Kriegshetze. Denn nicht ein⸗ mal in der alldeutſchen Preſſe iſt mit Bezug auf die Marokko⸗Affäre ſo mit der Kriegsgefahr geſpielt worden, wie gerade in den ſozialdemokratiſchen„Völkerfriedens⸗ Verſammlungen“. Heer und Marine. Das erſte Unterſeeboot der griechiſchen Marine. Auf der Werft der Schneiderwerke zu Creuzot iſt Mittwoch ein neues Unterſeeboot vom Stapel gelaſſen worden, das für die griechiſche Marine beſtimmt iſt. Es iſt das erſte griechiſche Unterſeeboot, dem weitere gleichen Typs folgen ſollen. § Deutſche Inſtruktionsoffiziere für China. Das chi⸗ neſiſche Kriegsminiſterium hat mit Major Dinkel⸗ mann, mit dem ehemaligen Hauptmann und Inſtrukteur der Militärſchule in Nanking Bleyhoeffer und mit einem deutſchen Pionieroffizier vorläufig zwei⸗ jährige Kontrakte als Lehrer an der im Entſtehen begriffe⸗ nen Kriegshochſchule in Pautingfu abgeſchloſſen. Europäiſches Ausland. Frankreich. *. Frankreich erläßt als erſter Staat ein Geſetz, das den Luftverkehr regelt. Der Bautenminiſter Augagneur hat einen Kodex über den Luftverkehr ausge⸗ arbeitet, der ſchon in kurzem in Kraft treten und den Verkehr der Luftfahrzeuge polizeilich regeln ſoll. Die damit betraute Behörde iſt die Bergbehörde. Sie wird alle Apparate zu kontrollieren, ihre Vervollkomm⸗ nungen und deren Anwendung zu überwachen haben, ſie erteilt die Flugerlaubnis und die Führerzeugniſſe. Ge⸗ naue Vorſchriften behandeln Aufſtieg und Landung der Luftfahrzeuge, ein anderer Abſchnitt den öffentlichen Ver⸗ kehr der Luftfahrzeuge. Weiterhin folgen Vorſchriften über das Führen von Vichten während nächtlicher Flüge. Schließlich wird auch die Frage des Ausweichens, der Hilfeleiſtungen uſw. in beſtimmter Form geregelt. Die Perſönlichkeit des ehemaligen Generalgouverneurs von Madagascar ſpiegelt ſich in dieſem Reglement deutlich wider. Rußland. k Beim Bau der neuen Amurbahgs, den Rußland zurzeit ausführt, herrſchen unter Arbeitern und Be amten ſchreckliche Zuſtände. Die Reiſe, die der Wege⸗ bauminiſter Ruchlow ſoeben nach dem Amurgebiet angetreten hat, erfolgte auf Verlangen des Miniſter⸗ kabinetts, da ſich die ſeit längerer Zeit umlaufenden Ge⸗ rüchte über unmögliche Zuſtände beim Bau der Amurbahn beſtätigen. Die Arbeiter treten zu Hunderten in den Ausſtand. Sträflinge, die aus Zentralrußland zum Bau transportiert wurden, meutern oder fliehen wegen grauſamer Behandlung, ſchlechter Ver⸗ pflegung und Obdachloſigkeit. Sie werden gruppenweiſe niedergeſchoſſen. Ueberall herrſcht vollkommene Des⸗ organiſation. Veruntreuungen und Trunkſucht ſind unter den Beamten an der Tagesordnung. Türkei. * Der türkiſche Miniſterrat hat beſchloſſen, die Aus⸗ fuhr von Pferden nach Griechenland und Serbien zu ver⸗ bieten. Der Aufſtand der Albaner ſcheint beendet zu ſein. Die Albaner, die in der Umgebung von Argyro⸗ kaſtro verſammelt waren, beginnen in ihre Dörfer zurück⸗ zukehren. Auch die Albaner von Delvino ſind teilweiſe zurückgekehrt. In den Sandſchaks Janina und Elbeſan herrſcht Ruhe. Der Chef der Albaner, Suleiman Baſuch, und alle politiſchen Verurteilten unterwarfen ſich den Behörden und ſchwuren der Regierung Treue, die ſie durch Taten beweiſen wollen. Amerika. Haiti. E Wie aus Port⸗au⸗Prince gemeldet wird, hat ſich dort auf Initiative des diplomatiſchen Korps ein öffentliches Sicherheitskomitee gebildet, das aus der glei⸗ chen Zahl Anhänger von Firmin und Le Conte ſowie aus Neutralen beſteht. Britiſche und deutſche Marine⸗ ſoldaten ſind gelandet, um den vorläufigen Behörden Beiſtand zu leiſten. Plünderungsverſuche während der Nacht machten es nötig, daß auf verſchiedene Plün⸗ derer geſchoſſen wurde. Insgeſamt ſollen 40 VPer⸗ ſonen während der Beſetzung der Stadt und der folgenden Unruhen getötet worden ſein. Simon erwartet die An⸗ kunft eines Frachtdampfers, um ſeine Reiſe nach Kingſton auf Jamaika fortzuſetzen. r Die Vereinigten Staaten von Amerika wollen in Haiti intervenieren, wenn zwiſchen den Anhängern der beiden Präſidentſchaftskandidaten ein Kampf entbrennen ſollte Der immer noch Vermißte. . Die Entführung des Ingenieurs Richter durch eine Räuberbande beginnt jetzt nachgerade zu einer Ko⸗ mödie zu werden, bei der die deutſche Regierung nicht eine beſonders beneidenswerte Rolle ſpielt. Sechs lange Wochen iſt es ſchon her, ſeitdem Richter in dem alten Göttergebirge Olymp— das bei der griechiſch⸗türkiſchen Grenzregulierung trotz des ſo lebhaften Proteſtes der Griechen, die den ſagenhaften Ort, wo einſt ihre Götter 9 thronten, nicht gern preisgeben wollten, den Türken zugeſprochen wurde— von einer Räuberbande entführt worden iſt, die jetzt ein Löſegeld von einer halben Million erpreſſen will. Die deutſche Regierung hat damals nach Bekanntgabe der Gefangennahme des Jena⸗ er Ingenieurs an die türkiſche Regierung einen diplomati⸗ ſchen Proteſt eingereicht. Die Türkei verſprach darauf, eine Befreiungsaktion in die Wege zu leiten und damit gab ſich dann die deutſche Regierung zufrieden. Die Türkei ſandte auch wirklich eine Anzahl Truppen und eine Portion Gendarmen in die zerklüfteten Berge des Olymps, aber ohne Erfolg. Es läßt ſich ſelbſtverſtändlich nicht von hier aus be⸗ urteilen, ob die Verfolgung der Räuber wirklich ſo ſchwie⸗ rig iſt, daß ihre Erfolgloſigkeit nach ſechs Wochen ſich noch rechtfertigt. Unſeres Erachtens nach hätte der Er⸗ folg bei einigem Eifer der Verfolger ein anderer und beſſerer ſein müſſen. Das einzigſte, was die türkiſchen Verfolger erreicht haben, iſt, daß die Räuber mit dem Ingenieur der Zeißwerke ſich über die griechiſche Grenze ge⸗ flüchtet haben und ſich jetzt in Griechenland aufhalten. Wenigſtens lauteten die letzten Berichte ſo. Damit halten die Türken anſcheinend ihre Jagd nach den Räubern für erledigt und erklären mit der Miene eines Biedermannes, der ſeine Pflicht vollſtändig getan hat, daß die zur Ver⸗ folgung benutzten Truppen jetzt zurückgezogen und gegen die aufſtändiſchen Albaneſenbanden Verwendung finden ſollen. Eine ſolche Löſung der Frage hat für uns wirk⸗ lich etwas Verblüffendes. Wenn die deutſche Regierung ſich damit zufrieden gäbe, könnte man ihr den Vor⸗ wurf des ungenügenden Schutzes der Deutſchen im Aus⸗ lande nicht erſparen. Wie jetzt übrigens feſtgeſtellt wurde, iſt die Ent⸗ führung das Werk der Räuberbande„Ethniki Heteria“. Dieſe Spitzbuben hatten es urſprünglich gar nicht auf den Ingenieur Richter abgeſehen, ſondern planten die Ge⸗ fangennahme einer Reihe anderer Deutſcher im Olymp. Und nur weil ihnen dieſe Feſtnahme nicht gelang, gaben ſie ſich mit dem Zeißer Ingenieur zufrieden. Der Son⸗ derberichterſtatter eines Berliner Blattes, der nach dem Olympgebirge entſandt iſt, berichtet über dieſen Plan: „In Elaſſona erfuhr ich, daß dieſer Bund vor Richter einen anderen Coup geplant habe, nämlich die Entführung des Geheimen Rats v. Hake aus Allen⸗ ſtein, der im Frühjahre mit ſeiner Frau und einem deutſchen Ingenieur namens Goldberg einen Aus⸗ flug durch das Olympgebiet ins Tempetal unternehmen wollte. Die türkiſche Regierung bekam rechtzeitig Wind davon und ſchickte ihm den albaniſchen Bandenchef Red⸗ ſcheb nach, der den geplanten Coup vereitelte. Nun ſucht ſich die„Ethniki“ durch Richter ſchad⸗ los zu halten.“ Dieſer Berichterſtatter iſt auch der Anſicht, daß Rich⸗ ter niemals auf griechiſchem Gebiete er⸗ ſcheinen werde, ſondern, während man allgemein annehme, daß Richter über die griechiſche Grenze ge⸗ bracht ſei, ſich irgendwo auf türkiſchem Gebiete aufhalte, wo man ihm am allerwenigſten erwarte. Das iſt ein Grund mehr für die deutſche Regierung, von der Türkei energiſche Maßnahmen zur Befreiung Richters zu ver⸗ langen, ehe aus dem Olymp die Nachricht kommt, daß er gewiſſermaßen unter den Augen der Diplomaten er⸗ mordet worden iſt. s Ein großes Eiſenbahnunglück. Wie wir ſchon meldeten, entgleiſte am Mittwoch Mittag bei Niedergörsdorf, der letzten Station vor Jüterbog, der D-Zug Leipzig⸗Berlin. Das Unglück iſt größer, als nach den erſten Nachrichten anzunehmen war. Vier Zugbeamte ſind getötet und elf Paſſagiere nicht unerheblich verletzt. Die Namen der Getöteten ſind: 1. Zugführer Gommert aus Leipzig, 2. Packmeiſter Müller aus Bitterfeld, 3. Heizer Höpfner aus Leipzig, 4. der Lokomotivführer der D-Zugmaſchine(aus Leipzig). Im einzelnen wird über das Unglück noch berichtet: Der von Leipzig abgehende DeZug 47, der aus Loko⸗ motive, Tender, Packwagen und fünf Perſonenwagen beſtand und über Halle nach Berlin fuhr, erreichte die Station Bloensdorf 2 Uhr 10 Min. nachmittags, die er, ohne zu halten, paſſierte. Fünf Minuten ſpäter ſollte er die Station Niedergörsdorf durchfahren, die letzte Station vor Jüterbog. Der Zug befand ſich noch 300 Meter vom Bahnhof Niedergörsdorf entfernt. als er infolge falſcher Weichenſtellung vom Hauptgleis 3 über die dort an der Blockſtation befindliche Ueberfüh⸗ rungsweiche auf das Ueberführungsgleis kam und nun infolge des kleinen Kurvenradius entgleiſte. Das Zug⸗ perſonal hatte die Gefahr noch nicht einmal bemerkt, eſchweige denn erkannt, daß der Zug ſich auf falſchem leis befand, als plötzlich ſich die Maſchine nach links zur Seite neigte. In dieſem Augenblick wurde dem Lokomotivführer die Gefahr klar, es gelang ihm, den Dampf noch abzuſtellen. Er ſowohl wie der auf der Maſchine befindliche Heizer wollten noch ab⸗ ſpringen, aber es war bereits zu ſpät; mit großer Vehe⸗ menz fuhr die Maſchine aus dem Gleis, die nachfol⸗ genden Wagen nach ſich reißend, und bohrte ſich tief in den Sand hinein. Mit dumpfem Krachen rannte ſich in der nächſten Sekunde der Packwagen in die Loko⸗ motive ein, während die übrigen Wagen, von denen ſich die Koppelung gelöſt hatte, gleichfalls, nachdem ſie aus dem Gleis geſprungen waren, in den Sand hin⸗ ein fuhren, wo ſie ſich förmlich hineinbohr⸗ ten. Dank dieſem glücklichen Umſtande wurde der Am⸗ vrall der einzelnen Wagen aufeinander ſo erheblich ge⸗ mindert, daß ſie aufrecht ſtehen blieben und ſich nicht ineinanderrannten. Im erſten Augenblick der Kataſtrophe herrſchte unter den Fahrgäſten des vollbeſetzten Zuges eine unbeſchreibliche Panik. Faſt alle wurden von ihren Sitzen geſchleudert. Die Türen der Abteile wurden von den verſtörten und erſchreckten Perſonen aufgeriſſen, und alles eilte ins Freie. Hier bot ſich den eben dem ſicheren Tode Entronnenen ein grauſiges Bild der Verwüſtung dar. Der Packwagen hatte ſich ganz in die Maſchine hineingeſchoben, beide lagen übereinander geſchichtet. Aus den rauchenden Trümmern raate zwiſchen Maſchine und 1 1 erer En 0 Lam Lm 1 fcb