1 ben al abatt- 5 2 — G D went, Viernheimer Nachrichten Bezugspreis: 90 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Mk. 1.14 vierteljährlich. [Fernſprech Nr. 20 de Viernheimer Zeitung (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Feitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Gegründet 1334 Ar. 115. Samstag, den 7. Oktober 1911. 27. Jahrgang. Die Gegenrevolution in Portugal. 5 Die monarchiſtiſchen Putſche der letzten Tage in Portugal ſind ernſter anzuſehen, als man das in der portugieſiſchen Preſſe wahr haben will. Die portugieſiſche Preſſe, die unter einer ſtrengen Zenſur ſteht— erſt kürz⸗ lich hat in Liſſabon noch ein konſervatives Blatt, das ſich der Zenſur nicht unterwerfen wollte, ſein Erſcheinen ein⸗ ſſtellen müſſen— darf nur offiziell abgeſtempelte Nach⸗ ſrichten über die Gegenrevolution im Norden Portugals bringen. Zahlreiche Perſonen aber, die aus Oporto in Liſſabon eingetroffen ſind, erzählen, daß die revolu⸗ tionäre Bewegung den ganzen Norden umfaſſe. Beſonders ſin höhere Beamtenkreiſe ſei der monarchiſtzſche [Gedanke wieder eingedrungen und auch bei höheren Mi⸗ litärs, beſonders in den Kavallerieregimentern, könnten die Royaliſten auf Unterſtützung rechnen. Die Abſicht der Monarchiſten war, in der Nacht zum Sonntag ſämtliche Rathäuſer in den Städten und Törfern zu beſetzen und dort die Monarchie zu pro⸗ Hamieren, während gleichzeitig ein Einfall der ſich in Spanien aufhaltenden Monarchiſten, die unter der Führung Conceiros ſtanden, einſetzen ſollte. Die Ausführung dieſes Anſchlags wurde vereitelt, weil in Oporto ſelbſt die Gegenrevolution ſchon zu früh, am Freitag, ausbrach und die Regierung ihre Maßnahmen traf. Die übrigen Royaliſten waren auf den frühen Beginn des Putſches nicht vorbereitet und konnten daher nach Oporto keine Unterſtützung ſenden. Trotzdem war die Revolution in Oporto nicht ohne Bedeutung. Es wird darüber berichtet: Die Monarchiſten verbarrikadierten ſich in den Häu⸗ ſern, öffentlichen Gebäuden und religiöſen Klubs und feuerten Salve nach Salve auf die ſie be⸗ lagernden Truppen der Republik und auf Car⸗ bonarios. Der Kommandant der Truppen befahl eine Kavallerieattacke. Der Mob verteidigte ſich größ⸗ tenteils mit Browningpiſtolen bewaffnet, gegen das Ge⸗ wehrfeuer der Truppen. Die Säbelattacke der Kaval⸗ lerie war von den lodernden Flammen der brennen⸗ den Häuſer beleuchtet, die der Szene ein ſchauri⸗ ges Kolorit verliehen. Schließlich gelang es den Trup⸗ pen, nachdem ſie verſtärkt worden waren, den Mob zu zerſprengen. Viele Monarchiſten wurden verhaf⸗ tet. Andere flohen. Die Feuerwehr löſchte die Flam⸗ men, die die ganze Stadt bedrohten. Die Anzahl der Toten und Verwundeten iſt bedeutend, jedoch iſt es un⸗ möalich, genaue Zahlen zu erfahren. Man iſt allgemein der Anſicht, daß der Putſch in Oporto durch Beginn einer neuen royaliſtiſchen Re⸗ volution, die der republikaniſchen Regierung noch viel zu ſchaffen machen werde. Allerdings ſollen die Royali⸗ ſten des Nordens nicht für König Manuel kämpfen, ſon⸗ dern für den Prätendenten Dom Miguel. Das kann man den Leuten auch nicht verdenken, denn König Ma⸗ nuel ſitzt gemächlich in London, fern von aller Gefahr. und denkt nicht daran, ſich an der gefährlichen Operation zu betätigen. Kürzlich wurde ſogar unwiderſprochen ge⸗ ſchrieben, daß Manuel die Gelder welche die Royaliſten für die Wiederherſtellung des Königstums aufgebracht hatten, für ſich und ſeine Maitreſſen verbraucht habe. Daß unter dieſen Umſtänden ſelbſt den begeiſtert⸗ ſten Anhängern des Köniastums die Luſt vergeht, für einen ſolchen Mann zu kämpfen, kann man begreifen. Nachdem das Unglück auf der„Liberte“ gaſſiert iſt, iſt man in Frankreich tätig geworden. Auf allen Ge⸗ ſchwadern der franzöſiſchen Flotte erfolgt eine ſofortioe Ausſchiffunf der alten Munitionsvorräte, da man noch immer annimmt, daß das Unglück auf der„Liberte“ auf Selbſtentzündung des Pulvers zurückzuführen iſt. Nur auf dem erſten Geſchwader, das im Golf von Juan kreuzt, kann dieſe Ausſchiffung noch nicht erfolgen. Dort iſt die Munition vorläufig in kleineren Mengen auf das ganze Schif fverteilt worden, um im Falle einer Explo⸗ ſion dieſe gleich lokaliſieren zu können. Sachverſtändige erklären. daß die Munition, die größtenteils noch aus dem Jahre 1898 ſtammt, ohne weiteres ins Meer ver⸗ ſenkt werde. Der Naperkrieg. p Voltaire hat mit ſeinem bitter⸗ſarkaſtiſchen Wort, daß es ſich bei einem Krieg mmer ums Stehlen han⸗ dele, nur zu recht. Das hat einmal wieder der italieniſche Angriff auf die Türkei gezeigt, der mit Straßenräuber⸗ manieren gan: verzweifelte Aehnlichkeiten hat. Macht geht vor Recht. und weil Italien die Macht zu haben glaubt, glaubt es auch das Recht zu beſitzen, der Türkei eine afrikaniſche Provinz, die ſie ein Jahrhundert hindurch beſeſſen hat, einfach abnehmen zu können. Die Begrün⸗ dung„die Italien für dieſen Raubanfall gab, war ſo dürftig, daß man an der Kunſt der italieniſchen diploma⸗ tiſchen Stiliſten verzweifeln könnte. Man redet etwas von Unordnung in Tripolis und glaubt damit für eine militäriſche Beſetzung dieſes Landes eine ausreichende Rechtfertigung gegeben zu haben. Anſcheinend aber hat der Kriegsgott hinter das italieniſche Feigenblatt geſchaut, das den niederträchtiger Raubanfall verdecken ſoll. Die Italiener haben, ſo ſchein! es wenigſtens heute noch, die Gunſt, die ſie von Got! Mars erwarteten. überſchätzt und die türkiſche Macht unterſchätzt. Was in den erſten Stunden nach der Kriegs⸗ erklärung der Funkſpruch über italieniſche Siege in die Welt hinausgetragen hat, iſt am nächſten Tage demen— tiert oder richtiggeſtellt worden, und wenn man ſich der Lorbeerkranz, den eine den Volksinſtinkten in Italien ſchmeichelnde Preſſe ſchon um das Haupt der glorreichen italieniſchen Sieger gebunden hat, betrachtet, ſo ſieht er Gerichtet. Roman von Franz Wichmann. 451(Nachdruck verboten.) „Doch, ich und viele andere! Wir binden uns an kein Geſetz, wir kennen keine Obrigkeit, wir ſind freie Menſchen!“ „Dann ſeid ihr ja Räuber und Banditen!“ ſtöhnte die Förſterin faſſungslos. „Der Name tut nichts zur Sache. Wir haben ein großes Ziel: die Vernichtung der jetzigen menſchlichen Geſellſchaft, mit allen Mitteln, die uns zu Gebote ſtehen!“ Frau Adelheid rang die Hände. „Mit Raub und Mord! Mein Himmel, was für ein Taugenichts iſt aus dir geworden! Und zu deinen ver⸗ brecheriſchen Zwecken willſt du Geld von mir? Haſt du denn gar kein Gewiſſen mehr?“ „Ich will keine Predigt, ich will Geld!“ ſchrie er ſie an. Die Förſterin begann ſich zu fürchten. Wenn doch der Förſter zurückkäme! „Aber ich habe dir ja ſchon—“ Er ließ ſie nicht ausreden. „Du weigerſt dich?“ unterbrach er ſie drohend. Frau Adelheid wurde blaß vor Schrecken. „Otto, mein Sohn, ſo ſprichſt du zu deiner Mutter?“ rief ſie. Der Zuchthäusler griff jählings nach der Büchſe. „Ich werde ſogleich noch anders zu dir ſprechen!“ rief er in wilder Entſchloſſenheit.„Mein Leben hängt daran! Willſt du mir Geld geben oder nicht?“ „Herr und Heiland!“ ſchrie die Förſterin in Todesangſt auf.„Du wirſt doch nicht auf deine Mutter ſchießen wollen?“ Otto legte plötzlich die Waffe auf den Tiſch zurück. „Nein, du haſt recht, das wäre töricht, es würde Lärm machen und mir die Polizei auf den Hals locken. Aber es gibt andere Mittel, deinen Starrſinn zu brechen. Du wirſt mir alles geben, was du haſt, oder, beim Teufel, ich ver⸗ geſſe mich!“ kahl und entlaubt aus. Auch in Rom, wo das Volk vor den Zeitungslokalen am Samstag und Sonntag in einen wahren Taumel der Siegesbegeiſterung hineingeraten war, dürfte man jetzt ſchon zur Vernunft gekommen ſein. Was von den italieniſchen Taten übrig geblieben iſt, iſt dürftig, ungeheuer dürftig. Die große„Seeſchlacht“ bei Preveſa ſtellt ſich als Beſchießung von ahnungsloſen türkiſchen Torpedobooten heraus, die Beſchießung von Tripolis, die mehr als ein dutzendmal gemeldet worden war, ſollte erſt eine—„Schießübung“ der italieniſchen Flotte geweſen ſein, und dann kam die amtlich beſtätigte Mel⸗ dung, daß ſie bisher überhaupt nicht ſtattgefunden hatte. Was ſonſt noch übrig bleibt, iſt die Beſchlagnahme einiger wehrloſer türkiſcher Transportdampfer, womit man wahrlich keinen Staat machen kann. Alſo alles in allem: ein kleinlich erbärmlicher Kaperkrieg, den das ſtolze Italien mit der Türkei führt, der ſie ſich ſo ungeheuer überlegen fühlte. Und der Humor bei der Sache iſt, daß dieſer Krieg den Kriegsruhm der italieniſchen Flotte aufs neue bekräftigen ſollte. Angeſichts des Verlaufs der mit ſolch großer Rück⸗ ſichtsloſigkeit von Italien eingeleiteten Angelegenheit kann man es verſtehen, daß die Meldungen von Friedens⸗ verhandlungen nicht verſtummen wollen und daß ſelbſt die Meldung, daß Italien zum Frieden geneigt ſei, an Glaubwürdigkeit gewinnt. In unterrichteten Berliner politiſchen Kreiſen ſieht man die nächſte Entwicklung des türkiſch⸗italieniſchen Konflikts ſchon in friedlichen Bahnen ſich abſpielen. Man glaubt, daß die Türkei für eine Geldentſchädigung, die man auf 60 Millionen Mark beziffert, bereit ſei. Tripolis an Italien abzutre⸗ ten. Italien werde auch zu einem ähnlichen Handel zu haben ſein. Zu fürchten iſt, nach derſelben Quelle, nur, daß die Angelegenheit mit dieſem Handel doch nicht er⸗ ledigt wäre. Man glaubt, daß England die beſtimmte Abſicht habe, ſeine Flagge in Aegypten zu hiſſen und daß Kreta ebenfalls auf keinen Fall die günſtige Ge⸗ legenheit vorübergehen laſſe, um ſeine Unabhängigkeit von der Türkei zu erklären. Mit einem ſolchen neuen Angriff könnte die Türkei ſich ihrer inneren Verhältniſſe wegen nicht zufrieden geben, ohne zu den Waffen zu greifen. Jedenfalls wird hinter den Kuliſſen mit Nachdruck an einer Beilegung des Tripolis⸗Konflikts gearbeitet. Ein dem franzöſiſchen Miniſterium naheſtehendes Blatt, „Petit Pariſien“, ſchlägt die Einleitung einer europäi⸗ ſchen Kollektivaktion zur Vorbereitung des Frie⸗ dens vor und hält eine ſolche für wirkſam und ausführ⸗ bar. *** Und mit einem Satz ſtand er dicht vor ihr, griff nach ihrem Hals und ſuchte ſeine Mutter zu würgen. „Otto, Otto,“ ſuchte die Förſterin ſich ſchreiend zu wehren, „du vergreifſt dich an deiner Mutter! Zu Hilfe, zu Hilfe!“ „Still, in des Satans Namen!“ knirſchte Otto und horchte voll Schrecken nach der Treppe hinaus, auf der man deutlich Schritte vernahm.„Es kommt jemand!“ „Hilfe, Hilfe!“ Die Stimme der Mutter wurde immer matter. Aber der Verruchte ließ ſie nicht los. „Gleichviel, wer es auch iſt, ich bin zum äußerſten ent⸗ ſchloſſen!“ ziſchte er. Die ſchweren, unſicheren Schritte machten vor der Tür Halt. Der Ankommende ſang vor ſich hin:„Im Wald und auf der Heide, da ſuch' ich meine Freude als—“ Der Förſter, der die Tür geöffnet hatte, brach jäh ab und ſeine Augen überflogen in ſtarrem Erſtaunen das Zimmer. „Was iſt denn hier los?“ rief er aus. Die Förſterin hatte ſich gewaltſam noch einmal Luft geſchafft. „Lorenz, zu Hilfe!“ ſchrie ſie gellend auf. Ottos Hände ließen in tödlichem Schrecken von ſeinem Opfer ab. „Blut und Hagel,“ brach der Förſter in fürchterlichen Zorn aus,„ſeh' ich recht? Der Zuchthäusler iſt dabei, ſeine Mutter zu würgen!“ Er hob den waffenloſen Arm zum ver⸗ nichtenden Schlage.„Hat die Humanität dich darum laufen laſſen, damit du zum Mörder werdeſt?“ Ottos fahles Geſicht verzerrte ſich. „Vater, ein Wort!“ gurgelte er hervor. „Hinaus mit dir!“ donnerte der Alte. Aber Otto wich nicht von der Stelle. „Höre mich!“ ſagte er mit heiſerer Stimme.„Ich bin auf dem Wege nach Amerika, ich brauche Geld, das letzte, was ich von dir verlange, dann fordere ich nie mehr etwas von dir!“ „Geld, dir?“ ſchrie der Förſter auf. kannſt du haben!“ Noch einmal legte die Mutter ſich ins Mittel: „Er iſt entflohen, laß ihn fort,— er will drüben ein anderer, neuer Menſch werden!“ „Lügen und Flauſen!“ ſchnitt der Ergrimmte ihr das Wort vom Munde ab.„Und du ſprichſt noch für den Schurken, der die Hand gegen ſeine Mutter erhebt!“ Otto mochte einſehen, daß hier alles vergebens ſein würde. Er ſuchte die Tür zu erreichen, die des Vaters breit⸗ ſchultrige Geſtalt verſtellte. Aber der Alte bemerkte ſeine Abſicht und lehnte den Rücken feſt an die Tür. „Laß mich hinaus,“ ſtieß Otto hervor,„mach' Platz!“ Der Förſter ſah ihn mit kaltem, ſtrengem Blick an. „Wenn du entſprungen biſt, ſo führt der Weg dich von dieſer Schwelle zurück ins Zuchthaus!“ ſagte er unerbittlich. „Und ich will ihn dir zeigen!“ Das Geſicht des Verbrechers wurde noch blaſſer. Er ſah ſich gefangen, der Polizei zum zweitenmal ausgeliefert. Er ſpähte, einen Ausweg ſuchend, umher. Plötzlich leuchteten ſeine Augen wild auf. „Wenn ihr mich denn zum äußerſten treiben wollt, ſollt ihr's haben!“ rief er wild. Mit einem Satz ſtand er am Tiſch und hatte die Flinte ergriffen. Doch der Förſter war nicht minder raſch hinzugeſprungen. „Her mit der Büchſe!“ gebot er. Otto fühlte, daß es ſich um Leben und Tod handelte, und der Egoismus, der Selbſterhaltungstrieb beſiegte jede beſſere Regung in ihm. In verzweifelter Entſchloſſenheit riß er den Hahn auf. „Noch einmal: Zurück!“ ſtieß er ingrimmig aus.„Gib den Ausgang frei, oder ich vergeſſe, wer du biſt!“ (Fortſetzung folgt.) „Die Hundepeitſche ———————— a — — Die türkiſche Zeitung„Neologos“ glaubt zu wiſſen. daß in Konſtantinopel folgende Vorſchläge zur Erwägung geſtellt wurden: Tripolis und Beng⸗ has i werden militäriſch und adminiſtrativ von Italien übernommen und durch einen Vizekönig verwal⸗ tet. der auf italieniſchen Vorſchlag vom Sultan zuer⸗ nennen iſt. Das Souveränitätsrecht des Sultans bleibt gewahrt Italien wird eine durch Verhandlungen feſtzu⸗ ſetzende Geldentſchädigung zahlen. Italien ſtimmt der Aufhebung der Kapitulationen zu und garantiert die Integrität des Osmanen reiches. 5 *** 1 2 Eine friedliche Verſtändigung? Die internationale unabhängige Telegraphenagentur, die gut informiert ſein will, meldet, daß die Verſtän⸗ digungsverhandlungen in dem türkiſch⸗italieni⸗ ſchen Konflikt um Tripolis ſehr weit fortgeſchrit- ten ſeien. Es ſei wahrſcheinlich, daß der Konflitt ſchon in den nächſten Tagen durch eine friedliche Verſtündß⸗ gung beigelegt werde. Das Hauptverdienſt an einer ſol⸗ chen Verſtändigung trage die Aktion der deutſchen Regie⸗ rung. Die engliſche Regierung veröffentlicht jetzt offi⸗ giell ihre Neutralitätserklärung im türkiſch⸗italieni⸗ ſchen Konflikt. Sie droht Strafen für die Verletzung der Neutralität durch ihre Staatsangehörigen an. .. Amtliche italieniſche Depeſchen beſtätigen, daß die italieniſchen Kriegsſchiffe nur 10 Kanonenſchüſſe auf Tripolis abgegeben haben und ſich dann wieder zurückge⸗ zogen haben. Das türkiſche Schlachtſchiff„Meſſudje“ verläßt das Goldene Horn und begibt ſich in die Dardanellen, um die türkiſche Flotte im Falle eines Angriffs der italieni⸗ ſchen Flotte zu verſtärken.. In Paris waren am Dienstag ebenfalls Gerüchte über einen bevorſtehenden Waffenſtillſtand und über einge⸗ leitete Friedensverhandlungen verbreitet. * 0* Das Bombardement von Tripolis. s Am Dienstag nachmittag endlich hat nach ver⸗ bürgten Nachrichten das Bombardement von Tripolis begonnen. Wie das halbamtliche italieniſche Tele⸗ graphenbureau, die„Agencia Stefani“, meldet, hatte auf die am Montag von dem italieniſchen Vizeadmiral Fa⸗ rapvelli geſtellte Aufforderung zur Ergebung und Aus⸗ lieferung der Stadt Tripolis der türkiſche Komman⸗ dant mit der Bitte um Aufſchub geantwortet: Der Aufſchub wurde gewährt. Der Aufſchub iſt aber am Dienstag mittag abgelaufen, ohne daß die Uebergabe der Stadt erfolgte. Darauf erfolgte das Bombardement, das nach den bisher vorliegenden Nachrichten folgen⸗ den Verlauf nahm: Der Agence Stefani zufolge hat Vizeadmiral Fa⸗ ravelli von Bord des Panzerſchiffes„Benedetto Brin“ Dienstag abend 7.45 Uhr telegraphiert, er habe um 3.30 Uhr nachmittags die Beſchießung der Haupt⸗ batterien von Tripolis begonnen und bis Sonnen⸗ untergang fortgeſetzt. Die türkiſchen Batterien hätten das Feuer erwidert, ohne jedoch eine Wirkung zu er⸗ zielen. Die Beſchießung werde Mittwoch wieder auf⸗ genommen werden, um die Batterien vollſtändig zu zerſtören. Man habe während der Beſchießung die größte Sorgfalt angewendet, um Beſchädigungen der Stadt zu vermeiden, und nur ein Leuchtturm in der Nähe der einen Batterie ſei zerſtört worden. Nach engliſchen Meldungen wurden zunächſt die Außenforts der Stadt Tripolis beſchoſſen, dann der Palaſt des Wali und ſchließlich mehrere höher ge⸗ legene Punkte der Stadt. Tas Bombardement habe ziemlich erheblichen Schaden angerichtet, ſei aber nach kurzer Zeit wieder eingeſtlelt worden. Dann habe eine Truppenlandung begonnen, nach welcher das Bom⸗ bardement wieder fortgeſetzt wurde. ** 1* Die Vorbereitungen zum türkiſchen Rückzug ins Innere. Alle Munition, die in letzter Zeit in Tripolis gelandet wurde, wird unverzüglich ins Innere trans- portiert. Die türkiſchen Behörden in Tripolis haben alle im Hafen aufgeſtapelten Warenvorräte ſowie die in den Magazinen der Stadt befindlichen Lebens- mittel beſchlagnahmt. Alle dieſe Waren werden zur Verpflegung der Truppen ins Innere des Landes transportiert. ** 1 1 Der Kaperkrieg. Die Italiener haben bisher, nach Angaben des Erchange Telegraph, von den Türken 57 Schiffe ge⸗ kapert. Die Türken haben dagegen den Italienern erſt drei Schiffe fortgenommen. 201 ** 1 Italiens Aktion in Albanien. Trotzdem bei den erſten Gerüchten von italieniſchen Truppenlandungen in Preveſa, dem albaniſchen Hafen, Oeſterreich⸗Ungarn eine nicht mißzuverſtehende War⸗ nung an Italien richtete, von einem Hinübertragen des Kriegsbrandes nach Albanien abzuſehen, ſcheinen Rien gkatliener, micht übel Suſt, aun beg elich Nrtorpat, über italieniſche Truppenlandungen in Preveſa von Rom aus mit Nachdrücklichkeit dementiert wurde und gleich darauf verſichert wurde, Italien denke nicht an Trup⸗ penlandungen in Albanien, ſo iſt jetzt doch ſchon zu einem Bombardement des Hafens von Preveſa gekommen, das zu ſchweren Verwicklungen führen könnte. Aus Korfu traf in Paris eine Depeſche ein, nach welcher der Herzog der Abruzzen die Befeſtigung von Preveſa Mittwoch morgen bombardieren ließ. Das Bombardement ſei nur von kurzer Dauer geweſen. Als Urſache wurde angegeben, daß der Hafendirek⸗ tor von Preveſa ſich geweigert habe, drei türkiſche einmal über Albanien der Pulverdampf hinzieht, dann dürfte bald der ganze Balkan in Aufruhr geraten. * 4* i Innere Schwierigkeiten in der Türkei. Die Türkei hat noch immer kein neues Kabinett gefunden, und jetzt hat auch der alte, unverwüſtliche Senator Said⸗Pa ſcha die Hoffnung auf Bildung eines Kabinetts aufgegeben. Er hat, wie aus Konſtantinopel berichtet wird, demeſſioniert, und mit der Bildung eines Kabinetts iſt jetzt Kiamil betraut worden. Ob es ihm gelingt, iſt noch fraglich. „Allerdings dürfen die Italiener auf dieſe inner⸗ politiſchen Schwierigkeiten in der Türkei nicht allzu große Loffnungen ſetzen. Das jungtürkiſche Komitee il Saloniki wird ſchon dafür ſorgen, daß Tripolis nicht ohne Schwertſtreich ausgeliefert wird. Politiſche Nundſchau. :: Das Schiffahrtsabgabengeſetz. Die Reichstags⸗ kommiſſion, die ſich mit der Vorberatung des Schiff⸗ fahrtsabgabengeſetzes beſchäftigt, wird ſchon am 10. Oktober ihre Arbeiten fortſetzen. Sie hofft, dieſe kurz nach dem Zuſammentritt des Reichstages zu de⸗ endigen. 5 (Die Koſten der ſozialen Fürſorge. Die„Deutſche Volkswirtſchaftliche Correſpondenz“ rechnet aus, daß nach dem Inkrafttreten der Reichsverſicherungsordnung die deutſche Volkswirtſchaft jährlich nicht weniger als eine Milliarde für die Arbeiterverſicherung aufzubrin⸗ gen hat. 75 Na alſo! Ueber die Verminderung der See⸗ rüſtungen hat ſich der Erſte Lord der enagliſchen Ad⸗ miralität Mr. Mac Kenna in bemerkenswerter Weiſe geäußert. Er wurde Dienstag in einer politiſchen Ver⸗ ſammlung in Griffithstown gefragt, ob er für eine freundliche Verſtändigung mit Deutſchland ſei und die gegenſeitige Herabminderung der Seerüſtun⸗ gen befürworte. Er antwortete: „Nichts würde der Regierung größere Genugtuung bereiten, als Vereinbarungen treffen zu können, welche 2 Rüſtungen zu Lande und zur See begrenzen wür⸗ en. Na, denn nur zu! Wir fürchten aber, bei ern ſtlichen Verſuchen, ſolche Vereinbarungen zu treffen, würde die enaliſche Regierung ſich ſchnell wieder zurückzieben. Das Ende einer Familienfehde. 12 Perſonen getötet. In Hopkinsville, einem kleinen Städtchen m Staate Kentucky, der Heimat der beſten Pferde, des beſten Whiskys und der ſchönſten Mädchen Amerikas, wo jeder Erwachſene zum mindeſten den Oberſtentitel führt, hat ſich eine blutige Familienfehde zugetragen. Die beiden hochangeſehenen alten Familien Smith und Barnett befanden ſich ſeit Jahren in einem ſchweren Zwiſt um eine alte Erbſchaft. Am Mittwoch wurde auf dem Markt⸗ platz des Städtchens vor der Cithhall in Gegenwart faſt der geſamten Einwohnerſchaft eine regelrechte Schlacht zwiſchen den beiden Parteien ausgekämpft, bei der 12 Perſonen ihr Leben ließen, die alſo mehr Opfer forderte als bisher der ganze türkiſch⸗italieniſche Krieg. Der Oberſt Smith traf ſeinen alten Widerſacher, den Oberſt Barnett, und begrüßte ihn mit einigen Kugeln aus ſeinem Browning. Er verfehlte jedoch ſeinen Geg⸗ ner und mußte dieſe Unvorſichtigkeit mit dem Leben be⸗ zahlen. Seine Angehörigen rächten ſich, indem ſie zwei Söhne Barnetts erſchoſſen. Die Barnetts zogen darauf ihre geſamte Verwandtſchaft heran, während die Smiths durch die ihnen verſchwägerten Dennys Unterſtützung er⸗ hielten. Als die Polizei einſchritt, zogen ſich die Smiths und die Dennys in eine, den Dennhs gehörende Villa zurück, wo ſie ſich gegen die Polizei und die Barnetts ſtundenlang verteidigten. Nach heftigem Feuergefecht wurde ſchließlich die Villa im Sturm genommen. Allein drei Stadtverordnete von Hopkinsville, Lellie, Collins und Henry blieben auf dem Kampfplatze. Ueber 20 Per⸗ ſonen wurden ſchwer verletzt. In der Stadt herrſchte während des Kampfes eine ungeheure Aufregung, und hohe Wetten wurden über den Ausgang des Kampfes abgeſchloſſen. Aus Stadt und Land. * Abſturz des ruſſiſchen Fliegers Waſſiljew. Wäh⸗ rend eines Fluges von Dux⸗Eindeckern ruſſiſcher Kon⸗ ſtruktion auf dem Militärflugplatz in Petersburg ſtürzte der Sieger im Diſtanzflug Petersburg⸗Moskau Waſſi⸗ lie waus 20 Meter Höhe herab. Sein Flugzeug wurde zretrümmert, Waſſiliew ſelbſt erlitt einen Beinbruch und eine Verletzung im Rücken. 8 Bei lebendigem Leibe verbrannt. In dem kleinen Landſtädtchen Homberg bei Kaſſel entſtand Dienstag abend in der Wohnung eines 71jährigen Arbeiters ein Stebenbrand. Der alte Mann, der anſcheinend im Schlaf von den Flammen überraſcht wurde, konnte ſich nicht mehr retten, und er verbrannte bei le⸗ bendigem Leibe. g. ** Ein Räuberleben im Harz. In Elend im Harz wurde dieſer Tage der frühere Poſtgehilfe Meyer verhaftet, der in den Wäldern des Harzes ein förmliches Räuberleben geführt hatte. Als Poſtgehilfe machte er eine Erbſchaft von 20000 Mark, die er in kurzer Zeit verjubelte. Das flotte Leben ſcheint ihm damals ſehr gut gefallen zu haben, ſo daß er nicht mehr zu ſeinem Beruf zurückkehren wollte. Unterhalb des Brockens errichtete er ſich eine Räuberhöhle und führte von hier aus in Schierke, Wernigerode und Elend Einbruchsdiebſtähle in raffinierteſter Weiſe aus. Man fand bei ihm Schmuckſachen von großem Wert, außerdem Revolver, Dolchmeſſer uſw. Der Ver⸗ brecher ſtammt aus achtbarer Familie und iſt im Be⸗ ſitze des Einjährig⸗Freiwilligen Zeugniſſes. Schreckliches Unglück beim Heueinführen. In der Nähe von Leipzig ereignete ſich Dienstag ein entſetz⸗ licher Unglücksfall. Dort fielen zwiſchen den Ortſchaften Graßdorf und Taucha von einem Heuwagen des Gutsbeſitzers Ackermann, als ein Wagenrad brach, der ſieben Jahre alte Arbeitersſohn Otto Heder, der ſechs Torpedojäger den Italienern auszuliefern. Wenn ſich dieſe Nachricht bewahrheitet, dann dürfte ber Krieasbrand kaum au lokaliſieren ſein. Wenn erſt Jahre alte Arbeitersſohn Willy Jehnig, die 48 Jahre alte Anſpännersfrau Auguſte Gille und ihr fünffähri⸗ ger Sohn Oskar herab und wurden überfahren. Die Knaben Heder und Jehn nd Frau Gille wurden ſo⸗ fort getötet, der kleine Gille ſand ſchwer verletzt im. Leipziger Krankenhaus Aufnahme. 5 1 Panik bei der Beerdigung der Opfer der„Liberte“⸗ Kataſtrophe. Wie der„Temps“ meldet, entſtand in Tou⸗ lon unter den Zuſchauern. als der Trauerzug mit den Opfern der Liberte⸗Kataſtrophe den Boulevard de Stras⸗ bourg paſſierte, eine Panik, hervorgerufen durch verſchie⸗ dene Gerüchte. Einerſeits behauptete man, die Pferde eines Leichenwagens wären durchgegangen, andererſeits wurde das Gerücht von der Exploſion einer Bombe laut. Die Aufregung unter den Zuſchauern war enorm. Sie durchbrachen den Militärkordon, wobei viele Perſonen zur Erde geriſſen wurden. Plötzlich ließ ſich ein lauter Knall vernehmen, der durch den Einſtur z einer Tribüne verurſacht wurde. Ein unbeſchreib⸗ licher Tumult herrſchte auf dem Platze. Präſident Fal⸗ lieres wurde ſelbſt von dem Menſchenwirbel erfaßt und nach dem Theater zu fortgeriſſen. Dort gelang es ihm, ſich in das Gebäude zu retten. Als wieder etwas Ruhe eingetreten war, formierte ſich der Leichenzug von neuem und erreichte um 10 Uhr 45 Minuten das Ar⸗ ſenal, wo die Feierlichkeiten vor ſich gingen. 1 Unerklärliches Defizit bei der Reichsbank in Dres⸗ den. Bei der Reichsbankhauptkaſſe in Dresden wurde ein Kaſſendefizit von 20 000 Mark feſtgeſtellt. Die ſofort eingeleitete Unterſuchung iſt bisher reſultatlos ver⸗ laufen. 15 Jugend von heute. Aus Magdeburg wird der Mordanſchlag eines Schülers auf ſeinen Lehrer berichtet, weil der Schüler glaubte, ein zu ſchlechtes Zeug⸗ nis erhalten zu haben. Oberlehrer Ismer vom Magdebur⸗ ger Realgymnaſium wurde Dienstag nachmittag in ſeiner Wohnung von einem Obertertianer derſelben Anſtal. durch Revolverſchüſſe ſchwer verletzt. Der Tä⸗ ter machte einen Selbſtmordverſuch, verletzte ſich aber nur. Er wurde verhaftet und vorläufig nach dem Krankenhauſe gebracht. Der Schüler fühlte ſich durch das Zeugnis des Lehrers benachteiligt.— Eine Tracht Prügel wäre dem„ſchneidigen“ Tertianer, der mit dem Revolver ſeine Intereſſen wahrnimmt, ſehr dienlich. 11 Jabc. Praxis! Nervenschwäche heften, Flechten, Belngeschwüre eto., nuch alte u. 5 Fülle, behandeft an aten Erfolge obhae L 8 arznellos durch Natur- und elektrisches Lichtheilverfahren 8 8 3 Kräuterkuren u. 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