407 E zter Viernheimer Nachrichten Bezugspreis: 20 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Mk. 1.14 vierteljährlich. Fernſprech⸗Nr. 20 Viernheimer Zeitung (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Jeitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Redaktion, Druck und Verlag von Wil h. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. 5 ige Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Gegründet 1334 Ar. 115. Samstag, den 7. Oktober 1011. 27. Jahrgang. 5 5 10 4 Ferſonen mehr als früher, es werden da a an 00 „Der berühmte rote Mi twagen Millonen Mart— 4 85 8 Bwälterung zuge⸗ iſt am letzten Sonntag auch durch unſer ſchönes Heſſenland gefahren und hat die gute Luft verdorben. In der Form eines verlogenen, verhetzenden Flugblattes wurden da die Er⸗ zeugniſſe eines durch die Sommerhitze ausgebrannten Gehirnes in jedem Orte abgeladen und verteilt in der ſtillen Erwartung, daß auch beim Leſerkreis die Hitzwelle ſinnſtörend gewirkt habe. Wer in Viernheim die Ereigniſſe des letzten Jahres mit Aufmerkſamkeit verfolgt hat, der hat es an eklatanten Beiſpielen erfahren, wie ſie lügen, dieſe roten Volksverführer, wie ſie dann am lauteſten ſchreien und ſchwindeln, wenn ſie ſich blamiert haben und dieſe ihre Blamage verdecken wollen. Genau ſo ſieht es mit dem famoſen Fluglatt. Trotz aller großen Worte die darin ſtehen iſt und bleibt es wahr: Die Hozialdemokraten haben gegen das neue Wahl- recht 3 Wenn es nach ihrem Willen gegangen wäre, dann hätten wir heute noch das Wahlmänner ſyſtem; das heſſiſche Voll wäre auf Jahre hinaus des direkten Wahlrechtes beraubt. Dieſe gewiſſenloſe Volksentrechtung wollen jetzt die Herrn Genoſſen vertuſchen, wie ſie ja auch nichts davon wiſſen wollen, daß einſtens die rote Partei gegen die Wohltat der Ar- beiterverſicherung und der Arbeiterſchutzgeſetze geſtimmt haben. Da wird dann geſchriehen: Wir haden mehr gewollt; die anderen haben euere Interiſſen verraten. Ob man aber in dem gegebenen Augenblick mehr bekommen kann, darnach wird nicht gefragt. Ein Beiſpiel: Die neue Reichs verſicherungs⸗ ordnung unterſtellt dem Verſicherungsgeſetz rund 7 Millionen gewandt, ſodaß jetzt rund 1 Milliarde jährlich an Unter⸗ ſtützung verausgabt wird! Die„roten Volls freunde“ haben dagegen geſtimmt. Hätte die Entſcheidung in ihrer Hand gelegen, dann wären die 200 Millionen dem armen Volke verloren gegangen. Jetzt läuft der rote„wahre Jakob“ im Land herum und faſelt von Volksentrechtung, um ſeine Volks feindlichkeit zu verdecken. Er ſagt, die Roten hätten mehr herausſchlagen wollen. Jawohl, die Roten haben bis zu 3 Milliarden Mark pro Jahr beantragt. Daß dieſe Forderung ein Ding der Un⸗ möglichkeit iſt, daß man erſt das Geld haben muß, devor man es ausgibt, daß nach den roten Vorſchlägen die armen Arbeiter jedes Jahr 896 Millionen und 811000 Marſt mehr an Beiträgen hätten bezahlen müſſen, daß die deutſche Induſtrie durch die ungeheuren Mehrausgaben gegenüber der ausländiſchen Induſtrie, die dieſe Auslagen nicht hat, konkurrenzunfähig ge⸗ worden wäre, daß es infolgedeſſen Arbettsloſigkeit und Lohn⸗ drückerei gegeben hätte; daß auch das Reich 251 Millionen Ausgaben mehr gehabt hätte, was doch auch durch neue Steuern aufgebracht werden muß, das alles iſt den Herrn Genoſſen einerlei, das wird der gläubigen Gemeinde nicht verraten. Ihre Gefolgſchaft glaubt ihren Schwindeleien ja aufs Wort. Ueberall dieſelbe Komödie, der Volksverrat unter dem Deckmantel der Volksfreundlichkeit. Das Volk kann zu Grunde gehen, wenn nur der ſoztaldemokratiſche Weizen kräftig in die Halme ſchießt. Bei unſerem Wahlrecht ging es genau ſo. Das Volk kann entrechtet bleiben, wenn die Roten nur Hetzſtoff haben. — ——— Der erſte Punkt dieſes Hetzſtoffes betrifft die Verfaſſungs⸗ verſchlechterung, womit das Wahlrecht erkauft worden ſei. Wie ſteht es mit dieſer Verfaſſungsverſchlechterung? Die heſſiſche Regierung hat in der letzten Landtagsſeſſton dem lang gehegten Wunſche des heſſiſchen Volkes nach direkter Wahl der Abgeordneten ſtattgegeben. Gleichzeitig mit der Aenderung des Wahlmodus hat ſte aber auch eine Aenderung der Artikel 67 und 75 der heſſiſchen Verfaſſung beantragt. Der Artikel 67 betrifft das Budgetrecht der Kammern. Seither war es ſo, daß das Budget zuerſt von der zweiten Kammer durchberaten wurde. Dann ging es an die erſte Kammer. Die 1. Kammer hat das Recht, das geſamte Bud⸗ get einfach anzunehmen oder abzulehnen. Wurde es abgelehnt, ſo kamen die 1. und 2. Kammer zu einer gemeinſamen Sitzung und Beratung zuſammen, und es wurde auch ge · meinſam abgeſtimmt. Was iſt jetzt anders geworden! Auch jetzt wird das Budget zuerſt von der 2. Kammer durchberaten, auch jetzt wird es erſt an zweiter Stelle der 1. Kammer vorgelegt zur Abſtimmung. Aber während früher die 1. Kammer einfach über das ganze Budget mit Ja oder Nein abſtimmte, darf ſie jetzt auch über die einzelnen Poſten beraten und abſtimmen und das Budget mit den Aenderungen an die 2. Kammer zurüͤckſchicken und zwar darf das zweimal geſchehen. Sind aber die Volksvertreter mit den Aenderungen der 1. Kammer nicht einverſtanden, dann geht es genau wie vorher auch. Es wird eine gemeinſame Sitzung beider Kammern anberaumt und gemeinſam abgeſtimmt, bei der die 2. Kammer gegenüber der erſten die Mehrheit hat. Die einzige Neuerung iſt alſo: Die 1. Kammer darf nicht bloß Hleidersloffen, Damen- u. Hinder Honlegtion, Boumwolſworen, Huta-, Peibworen u. 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5 das ganze Budget auf einmal gutheißen oder ablehnen; ſie darf jetzt auch der 2. Kammer Abänderungsvorſchläge zu ein- zelnen Poſten machen, was auch vor dem neuen Geſetz faktiſch ſchon geſchehen iſt. Die Volksvertreter brauchen aber durch⸗ aus nicht auf dieſe Vorſchläge einzugehen; ſie können alles ablehnen, und ſo bleibt nach wie vor in Budgetfrogen der 2. Kammer das entſcheidende Wort. Wird dadurch die Stellung der vom Volte gewählten Abgeordneten in früher nicht für möglich gehaltener Weiſe herabgedrückt“ wie es in der Lügenſchrift heißt. Iſt das ein Grund, das heſſiſche Volk um das direkte Wahlrecht zu betrügen, wie es die Sozzen durch ihre tat ſächliche Abſtimmung verſucht haben; denn wenn dieſe geſetzliche Feſtlegung eines längſt beſtehenden Zuſtandes nicht angenommen worden wäre, dann wäre das ganze Wahlgeſetz gefallen. Aber zu dem Artikel 67 iſt noch ein weiterer Zuſatz aufgenommen worden. Dieſer Zuſatz beſagt, daß ein beſon⸗ derer Ausgabepoſten, der über 200 000 Mk. beträgt und durch Anleihe gedeckt werden muß, nicht einfach ins Budget aufgenommen werden darf, ſondern daß dann eine eigne Ge⸗ ſetzesvorlage zu dieſer hohen Ausgabeſumme eingebracht werden muß, damit die Sache gründlicher beraten wird und keine unnötigen Ausgaben von ſolcher Höhe gemacht werden. Iſt das eine Beeinträchtigung der Rechte der Volksvertreter. Nach unſerem Dafürhalten iſt das Gegenteil der Fall. Wir ſehen in dieſem Zuſatz eine Mahnung an die Reglerung ſich vor leichtſinnigen Schuldenmachen zu hüten. Oder halten die Herrn Genoſſen es für eine Entrechtung des Volkes, wenn das Land vor unnützen Schulden bewahrt wird? Man wird jetzt auch verſtehen, warum die roten Herrn einfach das Schlagwort„Verfaſſungsverſchlechterung“ in die Welt hinaus- gläubigen Leſer das wüßten, dann würde auch der Blödeſte die bodenloſe Hetzerei und Verlogenheit einſehen und das wäre ſchlimm. Mit der Entrechtung der Volksvertreter in der Budgetgeſtaltung iſt es alſo nichts. Aber wie verhält es ſich mit der Aenderung des Geſetzgebungsrechtes der Kammern, das in Artitel 75 enthalten iſt. Iſt vtelleicht hier das Recht der Bolksvertreter geſchnälert worden? Der Leſer prüfe ſelbſt. Früher hieß der Artikel 75:„Wenn auch nur eine Kammer gegen einen Geſetzesvorſchlag ſtimmt, ſo bleibt das Geſetz ausgeſetzt. Wird aber ein ſolches Geſetz auf dem nächſten Landtage von der Regierung den Ständen wieder vorgelegt und wieder von der einen Kammer abgelehnt, von der anderen aber angenommen, ſo werden, wenn die Regierung es nicht vorzieht den Vorſchlag zurückzunehmen, die Stimmen für und wider die Annahme in beiden Kammern zuſammen⸗- gezählt, und es wird nach der ſich dann ergebenden Stimmen⸗ 1 mehrheit, für oder gegen die Annahme entſchleden“. Jetzt lautet Artikel 75:„Wenn auch nur eine Kam- mer geben einen Geſetzesvorſchlag ſtimmt, ſo bleibt das Geſetz ausgeſetzt. Wird aber ein ſolcher Geſetzesvorſchlag der Re- gierung auf den nächſten Landtag den Ständen durch die Regierung wieder vorgelegt und von einer Kammer wieder angenommen, von der anderen Kammer jedoch von neuem abgelehnt, ſo kann die Regierung verlangen, daß in einer Verſammlung der beiden Kammern(wie früher auch) unter dem Vorſitz des Präſidenten der 1. Kammer über den Ge⸗ ſetzesvorſchlag verhandelt und abgeſtimmt wird. Zur An⸗ nahme des Geſetzesvorſchlages bedarf es der einfachen Mehr⸗ heit der in der gemeinſamen Sitzung anweſenden Mitglieder der beiden Kammern, wenn die Annahme des Geſetzesvorſchlags nehmenden Kammer erfolgte; andernfalls ſind zur Annahme des Geſetzes zwei Drittel der in der gemeinſamen Sitzung abgegebenen Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit entſcheidet die Stimme des Präſidenten der 2. Kammer“ (alſo der Volksvertreter). Was iſt anders gegen früher? Es iſt alles beim alten geblieben. Nur das eine iſt geändert: Wenn eine Kammer eine Geſetzesvorlage zwar angenommen hat aber nicht mit zwei Drittel Mehrheit, dann muß in der gemeinſamen Sitzung eine zwei Drittel Mehrheit vorhanden ſein. Dadurch ſoll es erſchwert werden, daß eine Kammer die andere majoriſtert. Das gilt aber nicht nur für die 2. Kammer, ſondern auch für die erſte. Auch der Regierung wird es dudurch erſchwert eine Geſetzesvorlage vermittels der 1. Kammer gegen die 2. Kammer durchzudrucken. Iſt das eine ſo große Beſchnei⸗ dung der geſetzgeberiſchen Rechte der Volksvertreter. Iſt das der Grund, das heſſiſche Volk um ſein direktes Wahlrecht zu betrügen? Warum, ſo betonen wir nochmals, hat das rote Flugblatt ſeine Leute nicht mit dem wahren Sachverhalt be⸗ kannt gemacht? Das berühmte Wort vom Lügen und Schwin- deln gibt uns Aufſchluß. Darauf iſt die unverantwortliche Hetzarbeit aufgebaut. noſſe Kolb deshalb die ganze Varteitaktik unehrlich.„Die Paclei“, z ſagt er,„geſtattet ſich nur ſorange die Komödie, Sehr richtig nannte der badiſche Ge- gewiſſe Vorlagen, die kleine Vorteile gewähren, aus grund⸗ ſätzlichen Erwägungen abzulehnen, als man weiß, daß ſie auch ohne die ſozialdemokratiſchen Stimmen zu ſtande kommen“ Das Volk betrogen und dann geſchwindelt das iſt rote Taktik (Fortſetzung folgt; bitte dieſes Blatt ſowie die Fortſetzungen aufzubewahren!) rufen, ohne anzugeben, worum es ſich handelt. Wenn ihre!“ mit zwei Drittel der Stimmen aller Mitgliedir der an⸗ 1 l 82 hat zu ö Endivien-Sala dert eee tarbig Den Eingang der Neuheiten Herbst und Winter 1911 Süceht. peehre ich mich ergebenst anzuzeigen und empfehle in besonders La reicher Auswahl: 1. eb. Hesbgt Damenkleiderstoffe Na Seidenwaren Hardin, vis-à. vis d. Apotheke. Tüchtiger Jolla sse gegen guten Lohn, ge- peluche u. Sammet 7 f Mantelstoffe 1 Acker Tuche u. 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