2 S 3— 1E DDr S DDS rr 2 b Ge- . taleder Frauen lader. 1 in U 22 — i. Deeſch ſtelt. 5. er roten Wahltaktik zu geben. fehlbare Lehrmeiſter Karl Viernheimer Nachrichten Bezugspreis: 90 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Viernheimer Zeitung (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim 2 14 vierteljährlich Geleſenſte und verbreitetſte Zeitung am hieſigen Platze b Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. [Gegründet 1884 Fernſprech Nr. 20 Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. * Ar. 11 Samstag, den 14. Oktober 1911. 27. Jahrgang. —————x———— glätter(12 eiten). Rote Kampfesart. Wir haben in der letzten Samſtagsnummer begonnen n Hand des roten Wahlflugblattes eine allgemeine Kritik Unſere Ausführungen ützen ſich auf Parlamentsberichte, wörtlich angeföhrte eſetzesbeſtimmungen, ſowie auf Ausſprüche von arteigrößen. Ebenſo haben wir die mehrfachen fauſtdicken Lügen eines iernheimer Genoſſen ins rechte Licht geſtellt. Unſere dies ezüglichen Ausführungen find bezeugt durch ſämtliche Ver⸗ aueuslente des ganzen Wahlkreiſes, durch den eingeholten Beſcheid der Bürgermeiſterei, durch das zum Lügen ver⸗ leitete Kind, durch Parlamentsberichte etc. Auf dieſe unſere bezeugten Feſtſtellungen ant⸗ wortet der Viernheimer Berichterſtatter mit einer Flut per- ſönlicher Beſchimpfungen ohne auch nur einen ſachlichen Gedauken. Wenn es den hieſigen Genoſſen recht iſt, von einem ſolchen gemeinen Buſchklepper blamiert zu werden; uns kann es uur recht ſein. Beleidigen kann uns dieſer Menſch nicht; dafür iſt die Geſchichte zu gemein und geiſtlos; der Herr hat vollſtändige Schimpffreiheit. Nur die in Aus ſicht geſtellten neuen Lügen werden wir unſeren Leſern vorlegen und beleuchten. Zum roten Flugblatt (Fortſetzung.) Als Allheilmittel für die ſozialen Schäden und Nöten wird in dem Flugblatt die Aufhebung des Privateigen⸗ tums an Arbeitsmitteln(Fabriken etc.) angeprieſen. Das die Quelle alles Elendes, von ſeiner Auf⸗ Sozialdemokraten verlangen, ſei deshalb alles Heil zu erwarten. Das iſt der Kern der ſozialiſti⸗ ſchen Weisheit in wirtſchaftlicher Beziehung. Der un⸗ Marx bat es geſagt, daß durch dieſes Privateigentum an Arbeitsmitteln nach und nach auf der einen Seite eine maßloſe Anhäufung des Reichtums (Akkumulation) beſonders der Produktionsmittel(Konzen⸗ tration) in den Händen weniger Kapltaliſten ſtartfindet, während auf der anderen Seite die Verelendung der Proletarier ins Unerträgliche ſich ſteigert. Die regelmäßig in beſtimmten Zeitabſchnitten mit immer größerer Heſtigkeit Privateigentum ſei hebung, wie es die F lausch-Paletots f 5 5 i Sammet-Paletots Jacken-Costümes eintretenden Kriſen ſollen nach Marx die fortſchreitende Verelendung noch beſchleunigen, bis dann der Zuſammen⸗ bruch und das neue Morgenrot des Zukunftsſtaates herein⸗ bricht, wo es kein Privateigentum und keine Not mehr gibt. So ſteht es bei Marx, ſo ſteht es im Erfurter Programm; und der Glaube daran iſt unfehlbar. Auch die Führer haben eine Zeitlang an dieſe ſozialiſtiſchen Zu⸗ kunftsträume geglaubt. In der eingegangenen ſozialiſtiſchen Wochenſchrift„Die neue Geſellſchaft“(1907 Heft 6) berichtet der Sozialiſt Edmund Fiſcher:„Ein ſehr bekannter Partei⸗ genoſſe, ein Intellektueller, kein Arbeiter, erzählte mir einmal, er habe ſich bei ſeiner Verheiratung in keine Lebensverſicherung aufnehmen laſſen, weil er feſt daran glaubte, der Tag werde bald kommen, der eine ſolche Verſicherung hinfällig mache.“ Selbſt die Parteigrößen Bebel und Vollmar haben den baldi⸗ gen Kladderadatſch prophezeit und Zukunftsmuſik gemacht und der rote Ulrich von Offenbach mit ſeinem ungeheuren Ver⸗ mögen aus Arbeitergroſchen geſtand auf dem letzten Magde⸗ burger Parteitag:„Genoſſen, es war einmal eine Zeit, da glaubten wir, wenn wir unſer Jahr Gefängnis hinter uns hätten, daun würde das Ziel erreicht ſein. Das glauben wir heute nicht mehr. Wir haben eingeſehen, daß auch bei uns uur mit Waſſer gekocht wird.“ Ja, es iſt anders gekommen, als die roten Propheten mit der unfehlbaren Sehermine prophezeit haben. Die gehoffte Verelendung iſt nicht eingetreten. Im Gegenteil die Lage der Arbeiter bewegt ſich in aufſteigender Linie, der Mittel- ſtand iſt nicht im Verſchwinden begriffen, wie es Bernſtein in den ſozialiſtiſchen Monatsheften nachgewieſen hat. In einer Abhandlung(Sozialiſtiſche Monatshefte 1909 Bd. 1 407) ſchreibt er dazu:„Ich habe an dieſer Stelle bereits in 2 Artikeln an Hand der neneſten Ergebniſſe der Betrtebs⸗, Be⸗ rufs- und Einkommenſtatiſtik Deutſchlands, bezw. Preußens gezeigt, daß trotz der großen Fortſchritte der kapitaliſtiſchen Entwickelung und der zunehmenden Induſtrialiſterung Deutſch⸗ lands die Pyramide der Klaſſengliederung aber noch gar keine Verringerung in den mittleren Gliedern erkennen läßt. Da⸗ durch daß die oberſten Schichten hier wie dort immer weiter in die Höhe ſtreben, erhält zwar die Pyramide jedesmal eine andere Geſtalt, aber es iſt nicht die Form des berühmten Flaſchenhalſes, wie ſie Rodber tus und andere vor ein und zwei Menſchenaltern vorausſagten und wie ſie nach den Ein⸗ leitungsſätzen des Erfurter Programmes ſich hatte herausbilden müſſer, ſondern es bleibt nach wie vor im weſentlichen die Kegelform, nur daß die Spitze ſich abplattet, während die Kegelhöhe zunimmt. Es iſt daher unabweisbar, daß, wenn der theoretiſche Teil des Parteiprogramms die tatſächliche Entwickelung wiedergeben ſoll, er entſprechend abgeändert werden muß. Soweit iſt man, das Parteiprogramm ift nach den Ausſagen der Genoſſen einfach Schwindel, weil es„den offenſichtlichen Tatſachen ins Geſicht ſchlägt“.(Bernſtein) Kurz und bündig ſagt ein freies Gewerkſchaftsblatt (Zimmerer Juli 1905): i „Die wichtigſten theoretiſchen Lehrſätze haben ſich als unhaltbar bezw. zweifelhaft herausgeſtellt. Die„Verelendungs⸗ theorie“ hat aufgegeben werden muſſen, die„Zuſammenbruchs⸗ theorie“ kann nicht aufrecht erhalten werden, die„Kriſentheorie“ iſt ſehr zweifelhaft geworden und ſo ſteht es auch mit der Auffaſſung von der chroniſchen Ueberproduktion und anderen Lehrſätzen. Und das Blatt fügt dann bei: In den Ar⸗ beitermaſſen iſt zwar noch ein verhältnismäßig ſtarker Glanben au dieſe Lehrſätze vorhanden, aber in den Kreiſen der Parteiführer nicht und jedenfalls nicht in der politiſchen Arbeiterpreſſe.“ Das ſind Gedanken und Ausſprüche der roten Führer über die grundliegenden ſozialiſtiſchen Lehren des Erfurter Pro⸗ grammes, die dem armen arbeitenden Volke als Gipfel der Weisheit dargeboten werden, wofür es ſeine ſauer verdienten Groſchen opfert. Was insbeſondere die Vergeſellſchaft · lichung der Arbeitsmittel anlangt, ſo ſagt Bernſtein im Sinne der bedeutendſten Führer:„Es ware heller Wider⸗ ſinn, heute die Ueberführung aller Betriebe ohne Unterſchied von Größe und Natur in den Beſitz und Betrieb der Geſell⸗ ſchaft zu fordern“, well eben unſere heutigen Betriebe in ihrer Ausdehnung und Kompliziertheit von einem Gemeinweſen überhaupt nicht nützlich und gedeihlich betrieben werden könnten. Und der Sozialiſt A. M. Simons erklärt:„Gar zu ver⸗ langen, daß alles Land unmittelbar ſozialiſtert(vergeſell⸗ ſchaftlich) werde, heißt uns ſelber lächerlich machen.“ Alſo was ſelbſt die Genoſſen als„hellen Wider ſiun“, als Lächerlichkeit bezeichnen, das wird jetzt dem heſſiſchen Volke als Höhepunkt des Glückes und der Wohlfahrt hingeſtellt. Für einen ſolchen Volksbetrug gibt es keinen parlamentariſchen Ausdruck. Eine zoeitere Lockſpeiſe, die den ahnunungsloſen Wähler ködern ſoll, ſind die Retiraden über Finanz und Steuer⸗ politik. Dieſe roten„Finanzgenſes“ wiſſen es zu genau. Man braucht einer großen Maſſe von Leuten nur das Paradies der Steuerfreiheit zu zeigen, dann laufen ſie nach und wenn das gezeigte Paradies eine auch noch ſo ſchwindel- hafte„Fata Morgana“ iſt. Die Viernheimer Bürger brauchen nur an die Ver⸗ ſprechungen bei den letzten Gemeinderatswahlen zu denken. Wir machen den Herrn Genoſſen durchaus keinen Vorwurf — * * * 2 — * * * * * . ä NN 2 8 7 9 255. 17.50 39. 21.80 5 39. J 69.— 95.— 39.— 55.— Ein Posten Unterröcke Wolle, Moirée, Seide 295 5.— 7.25 Aparte Blusen 3.90 6.75 1.35 Costüme- Röcke blau, englisch, schwarz 4.75 7.50 15.— Spezſalhaus I. Hanges. Damen-Honſelttion Sonntag von 1I—1 Uhr geöffnet! anlen G 3, Mannheim 7 * 80 daraus, daß ſie die Steuerzettel nicht kleiner gemacht haben. Wir haben das bei den notwendigen Ausgaben immer für unmög⸗ lich gehalten. Die Unehrlichkeit der roten Partei, die wir aufs ſchärfſte verurteilt haben, beſtand eben darin, daß man die ahnungsloſen Wähler mit undurchführbaren Ver⸗ ſprechungen betrogen hat. Jetzt bei der Landtagswahl ſehen wir dasſelbe ſchwindel⸗ hafte Wahlmandver. Die Finanz und Steuerpolitik der Mehrheitsparteien wird als„ein jammer volles Hangen und Bangen in ewiger Pein“ bezeichnet. Wahrhaftig, die Ge⸗ noſſen haben alle Urſache, hier recht beſcheiden zu ſein; denn ein jammervolleres Hin⸗ und Herpendeln, wie es die Ginoſſen in Finanz⸗ und Steuerfragen jederzeit aufgeführt haben, gibt es nicht. Aus der ſchwankenden Haltung der Mehrheits parteien, welche die Mittel für die ſteigenden Bedürfniſſe des Landes auch den ſchwächeren Schultern auferlegte, ſowie aus der Verwendung der Eiſenbahneinnahmen zur Deckung laufender Verpflichtungen wird vor allem das Anwachſen der Staats⸗ ſchuld erklärt. Man denke ſich: weil die Mehrheitsparteien mit Steuern und Eiſenbahneinnahmen die Ausgaben gedeckt haben, das ſoll der Grund für die Steigerung der Staats- ſchuld ein. Nein, für dieſe Weisheit haben wir kein Ver⸗ ſtändnis. Wir haben ſeither immer geglaubt und glauben es immer noch, daß die Schulden nicht vom Bezahlen her⸗ kommen, ſondern vom Nichtbezahlen. Und daher kommen auch unſere heſſiſchen Staatsſchulden. Man hat mehr ausge⸗ geben, als man bezahlen konnte; die vielen überflüſſigen Be⸗ amtenſtellen, die vielen unnützen Mittelſchulen, die nicht be⸗ ſucht werden, das Diätenweſen, verſchwenderiſch ausgeführte Staats- und Beamtenbauten haben ungeheure Summen ver⸗ ſchlungen, für deren Deckung nicht geſorgt war. Schon längſt iſt deshalb im Parlament von den Volksvertretern der Regierung zugerufen worden: Bis hierher und nicht weiter! ſchon längſt hat die Regterung mit der Sparpolitik begonnen. Warum aber ſagen die Herrn Genoſſen von dieſen wahren Urſachen der Staatsſchuld und von der rückläufigen Bewegung kein Wort? Weil Ausgaben, die die Genoſſen beantragten, eine noch viel größere Schuld herbeigeführt hätten, weil die ſozialdemokratiſche Partei die Partei des Schuldenmachens und Nich tbezahlens iſt. Man erinnere ſich nur an die 3 Milliarden Anträge im Reichstag! Ja, die rote Finanzweisheit. Das Geld ſoll mit vollen Händen hinausgeworfen werden; wenn aber die Schulden bezahlt werden ſollen, dann werden, wie Genoſſe Schippel höhniſch ſagt,„die Mittel zur Erhaltung ſeiner ſelbſt ver⸗ weigert.“ Die oberen Zehntauſend ſollen durch ihr fortgeſetzt ſteigendes Einkommen und Vermögen alles bezahlen. Wir hätten gar nichts dagegen. Aber iſt das möglich? Der radikale, ſtreng marxiſtiſche Partelpapſt Kautsky ſoll hier ſprechen. Er ſchreibt in ſeiner Broſchüre„Am Tage nach der ſozialen Revolution“(1902 S. 12 u. 13):„Wenn wir zur Durchführung unſerer Forderung durch eine progeſſtve(fortſchreitende) Einkommen-, Vermögens. und Erb⸗ ſchaftsſteuer alles andere beſonders die indirekten Steuern zu erſetzen die Kraft erhielten, ſo würden wir dabei doch auf große Schwierigkeiten ſtoßen.“(wegen der Steuer⸗ hinterziehung.) Aber ſelbſt wenn es gelänge, jede Verbeſſerung von Einkommen und Vermögen unmoglich zu machen, ſelbſt dann wäre man nicht in der Lage, die Einkommen⸗ und Vermögensſteuern beliebig hoch zu ſchrauben, weil die Kapitaliſten, wenn die Steuer ihr Einkommen oder Vermögen zu ſehr beſchnitte, einfach ans dem Staate fortziehen und dieſer das Nachſehen hätte. Der Staat hätte daun die Einkommen- und Vermögensſteuer, aber ohne Einkommen und Vermögen. Ueber ein gewiſſes Maß kann man alſo bei dieſen Steuern heute nicht hinaus, ſelbſt wenn man die politiſche Macht dazu hatte.“ Jetzt urteile jeder ſelbſt: Der oberſte Lehrer der Genoſſen ſagt es klar und unverblümt: Eine Einkommen⸗ und Vermögensſteuer, wie wir ſie in Heſſen ja ſchon haben, kann nicht allein und nicht ins Ungemeſſene zur Deckung der Ausgaben herangezogen werden. Die indirekten Steuern können nicht abgeſchafft werden, auch nicht, wenn die Sozia⸗ liſten die Macht hatten. In Frankreich, wo ſte dieſe Macht haben, handeln ſie darnach und laſſen alle indirekten Steuern beſtehen. Hier im Heſſenland aber wird dieſe von den Führern als Unmöglichkeit bezeichnete Finanzpolitik als Retter aus der Not geprieſen und zur Hetze gebraucht. Iſt das nicht gewiſſenloſer Volksbetrug? Den Genoſſen iſt es übrigens mit der Beſteuerung der oberen Zehntanſend gar nicht eruſt. Sie haben ſich im Ge- gentell im Laufe der Jahre jederzeit als die Schutztruppe der Kapitaliſten erwieſen und gegen alle Geſetze geſtimmt, wodurch der große Beſitz zur Steuer herangezogen werden ſollte. Die Sozialdemokratie ſtimmte: 1881 gegen die Einführung der Börſenſtener; 1885 gegen die ſchärfere Ausgeſtaltung derſelben; 1894 gegen die erſte Erhöhung der Börſenſteuer; 1900 gegen die neue Erweiterung derſelben; 1900 gegen die Beſteuerung der Wetteinſätze bei Rennen; 1900 gegen die den Großhandel treffende Beſteuerung der Schiffahrtsfrachturkunden entſprechend dem Frachten⸗ belrage; 1900 gegen die Erhöhung des Zolles Champagner; 1902 gegen die Steuer auf Champagner; 1902 gegen alle Zölle auf Luxusgenußmittel, wie Auſtern uſw. und andere Luxusgegenſtände, wie perſiſche Teppi⸗ che, Edelſteine, Luxuswagen uſw.; i 1906 gegen die Automobilſteuer, in erſter Leſung ſogar gegen die Tantiemenſteuer; 1909 gegen die Talonſteuer(auf Zinsbogen- und Gewinnan⸗ teilſcheine); 1909 gegen die Zollerhöhung auf ausländiſchen Champagner; 1909 gegen die Steuererhöhung auf inländiſchen Champagner; 1909 gegen die Erhöhung des Effektenſtempels(auf Wert- auf ausländiſchen Sehr richtig heißt es in den„Antworten auf ſozialde⸗ mokratiſche Schlagwörter“ am Ende dieſer Zuſammenſtellung: Was ſagen die„Genoſſen“ hierzu? Antwort: Sie werden weiter ſchwindeln getreu ihrem Prinzip, zu mogeln, wo zu mogeln iſt; denn die Sozialdemokratie iſt eine prin⸗ zipientreue Partei.(Fortſetzung folgt.) Wer iſt verurteilt? Der Prozeß gegen den Grafen Wolff-Met⸗ ternich, der über eine Woche das öffentliche Inter- eſſe in Anſpruch genommen hat, hat mit einer Vev⸗ urteiluno des Angeklagten geendet. Am Donnerstag nach⸗ mittag wurde folgendes Urteil geſprochen: Der Angeklagte Graf Wolff⸗Metternich wird wegen Be⸗ truges in drei Fällen zu einer Gefängnisſtraſe von neun Monaten verurteilt, wovon ſechs Monate als durch die Unterſuchungshaft verbüßt erachtet werden. In den übrigen Fällen wird der Angeklagte freigeſprochen. Die Koſten des Verfahrens fallen, ſoweit Verurteilung er⸗ folgt iſt, dem Angeklagten, im übrigen der Staatskaſſe zur Laſt. Wie kommt es, daß dieſer Prozeß, bei dem es ſech im Grunde um ganz banale Betrugsfälle handelt, die nicht einmal das für ſich haben, daß ſie originell aus⸗ geführt waren, wochenlang die Oeffentlichkeit aufregen konnte? Es war nicht nur der Skandalfall, daß hier der Träger eines Namens, deſſen Stammbaum bis zu den Kreuzrittern zurückgeführt werden kann, auf der An⸗ klagebank ſaß, es war nicht nur, daß ein Neffe des deutſchen Botſchafters in London des Betruges beſchul⸗ digt war, es war nicht nur, daß wir hier einen Blick in die Kreiſe eines Teiles der„vornehmſten“ Berliner Geſellſchaft tun konnten, der geradezu erſchreckend war. Nein! Das Intereſſe der Oeffentlichkeit beruhte dar⸗ auf, daß mit dem Angeklagten eine ganze Geſellſchafts⸗ ſchicht auf der Anklagebank ſaß, die ihre Lebensauf⸗ faſſung auf einer ganz falſchen Grundlage aufbaut. Die Schicht dieſer Leute, die das Leben und den Menſchen falſch werten, iſt, wie dieſer Prozeß zeigt, viel, viel größer, als man gemeiniglich annimmt. Unſere ganze „vornehme“ Jugend iſt in dieſen Kreis einzubeziehen, und über dieſe ganze„vornehme“ Jugend unſerer Tage iſt am Donnerstag in Moabit das Urteil geſprochen worden. Bezeichnend für die Lebensauffaſſung dieſer Kreiſe iſt die Frage einer der Verteidiger des Angeklagten: „Was ſollte der junge Graf Metternich in Berlin anders tun, als er von ſeinem Vater mit nur monatlich 30 Mark Zuſchuß allein gelaſſen wurde, als ſeinen Kredit in Anſpruch nehmen?“ Wirklich, gab es keine andere Löſung? Winkt nicht gerade in der Millionen- ſtadt für einen Mann mit klingendem Namen die Ar⸗ beit in gar vielerlei Geſtalt? Konnte dieſer junge Graf, anſtatt zu betrügen, anſtatt ſeinen„Kredit“ in Anſpruch zu nehmen, nicht die Arbeit in An⸗ ſpruch nehmen und auf die Arbeit ſeine neue Exi⸗ ſtenz aufbauen? Daß dieſe Möglichkeit heer ganz ein⸗ fach nicht in betracht gezogen wird, wirft ein grelles Schlaglicht auf die Auffaſſung dieſer Kreiſe. Die Ar⸗ beit iſt entwertet und dafür das Leben in Genuß ſucht in maßloſer Weiſe überſchätzt. Die übertriebene Genußſucht dieſer Kreiſe hat den jungen Habenichts ins Verderben getrieben, wie ſie ſchon ſo manchem jungen Offizier, ſo manchem jungen„Lebemann“ den Revolver in die Hand gedrückt hat. In dieſen Kreiſen kann man ſich kein Leben ohne Auto und perlenden Champagner⸗ wein denken; die Möglichkeit, ſich in einer fatalen Situa⸗ tion, in die man in jugendlichem Leichtſinn heineinge⸗ raten iſt, durch den Erwerb ehrlicher Arbeit zu ran⸗ gieren, kommt nicht in Frage. Kredit und zum Schluß reiche Heirat, das iſt nach der Moral dieſer Schicht die einzige Möglichkeit. Dieſe Auffaſſung hat nicht immer beſtanden. Früher wurden Leichtfüße, die in der Heimat„Dummheiten“ gemacht hatten, über den Ozean abgeſchoben, wo ſie ſich dann wieder empor arbeiten konnten. Heute kommen die„Abgeſchobenen“ ſchnell wieder zurück. Sie fühlen infolge der ihnen in der Heimat anerzogenen Lebens⸗ auffaſſung nicht mehr die Kraft in ſich, zu ſühnen und ein ehrlicher Kerl auf eigene Fauſt zu werden. Nur zwei Möglichkeietn gibt es: entweder die Kugel oder weiter ein Leben in Genußſucht. Die heutige Geſellſchaft muß ſich die ernſte Frage vorlegen, ob ſie nicht mitſchuldig iſt an dieſer ver⸗ kehrten Lebensauffaſſung in der modernen„vornehmen“ Jugend. Und da muß ſie mit Scham bekennen, daß auch ſie in dieſen Tagen in Moabit auf der Anklage⸗ bank ſaß. Heute wird ſyſtematiſch die Auffaſſung groß⸗ gezogen, als ob nur ein Leben lebenswert ſei, das ſich alle Genüſſe geſtatten kann. Die Auffaſſung, daß nur der Verdienſt aus eigener Arbeit die Berechtigung zum Genießen des Lebens gibt, iſt längſt dahin, und geben hat und dieſes Geld auch mit Eleganz auszu⸗ über das Wort, daß Arbeit adelt, lächelt man ver⸗ ächtlich. Heute gilt nur der etwas, der Geld quszu-⸗ geben weiß. An der ungeheuren Steigerung der ge⸗ ſellſchaftlichen Anſprüche tragen nicht zuletzt die Schuld die Kreiſe des Großhandels und der Induſtrig, die mühelos Rieſengehälter verdienen und dieſe dann in einen unerhörten Luxus umſetzen. Auch aüs dieſen Kreiſen hat uns der Prozeß den einen oder den an⸗ deren Typ vorgeführt. Die Verdienſte, die dieſe Kreiſe einheimſen, ſtehen in keinem Verhältnis zu den wirt⸗ ſchaftlichen Werten, die ſie ſchaffen, und trotzdem ſteigen dieſe Verdienſte noch dauernd. Mit der Steigerung dieſer müheloſen Gewinnſte aber wird der Luxus weiterſteigen, und die geſunde Lebensauffaſſung, daß der Menſch nur das wert iſt, was er leiſtet, wird immer mehr ver⸗ ſchwinden. Dazu kommt, daß auch die Wiſſenſchaft dieſe Lebensauffaſſung und Lebensführung begünſtigt, indem papiere); 1909 gegen die den müheloſen Gewinn treffende Wertzu- wachsſteuer. Wenn das ſo weiter geht, ſteuern wir einem Ab grunde zu. Das Leben muß wieder umgewertet wer den, die Arbeit muß wieder zu Ehren kom emen, und die ungeheuren Gewinnſte, die aus Im duſtrie und Handel herausgeſchlagen werden, dürfen nich mehr dem Luxus zugeführt werden, ſondern müſſen de Teile der Bevölkerung zugute kommen, der wirtſchaf lich noch zurück iſt. Wenn der Metternich⸗Prozeß in dieſer Richtung gewirkt haben ſollte, dann hätte das Sittendrama in Moabit, das mit ſeinem Schmutz und ſeinen vergifteten Bildern wohl manches Unheil ange⸗ richtet haben dürfte, etwas wirklich Gutes im Gefolge, Lokale Nachrichten. 2 Weiſe ſeine Mitwirkung zugeſagt hat. Gelingen! Der Verſchönerungs⸗ und Verkehrsverein war vor einiger Zeit bei der Direktion der Oberrheiniſchen Eiſenbahngeſellſchaft darum eingekommen, an der Au ßenſeite des Nebenbahnhofes nach der Bahnhofſtraße zu eine Uhr an⸗ zubringen, damit das die Bahn benutzende Publikum keine g unnötigen Wettrennen mehr zu veranſtalten braucht. Darauf⸗ hin iſt dem Vorſtand des genannten Vereins die Antwort zu⸗ gegangen, daß gelegentlich der Einführung des elektr. Betriebes 1 dieſem Wunſch entſprochen werden ſoll. Wegen der zur gleichen Zeit nachgeſuchten Einbeziehung des Nebenbahnhofes in das Fernſprechnetz ſollen erſt Erhebungen über das Bedürf⸗ nis angeſtellt werden.— Als näaͤchſtes Projekt hat der Ver⸗ ſchönerungsverein eine Alleepflanzung in der Rathausſtraße ins Auge gefaßt. g Aus Stadt und Land. * Mordverſuch mit einem geſtohlenen Karabiner. In Frankfurt a. M. verübte Tonnerstag vormittag der 26jährige Arbeiter Adolf Klimek einen Mordanſchlag. Er drnag kurz nach ſechs Uhr in die Wohnung ſeiner früheren Wirtin, der 35jährigen, von ihrem Mann ge⸗ trennt lebenden Frau Schomann, ein und verſuchte, ſie zu erſchießen. Dabei verletzte er die dazwiſchen tre⸗ tende Mutter der Frau durch drei Schüſſe ſchwer und tötete ſich durch einen Schuß in den Mund. Die Tat verübte er mit einem Kavalleriekarabiner, den er aus der Kaſerne des 23. Dragonerregiments in Darm⸗ ſtadt geſtohlen hatte. Er hatte, um dieſen Diebſtahl aus⸗ führen zu können, ſeine eigene Uniform angezogen und aing ſo ungehindert in der Kaferne ein und aus. Dreifacher Kindesmord? Mittwoch abend wurde in München in einem Hauſe in der Peſtalozziſtraße eine Schachtel aufgefunden, in der ſich die Leichen von nicht weniger als drei neugeborenen Kin⸗ dern befanden. Die Polizei beſchlagnahmte die Lei⸗ chen. Eine Unterſuchung iſt eingeleitet worden, ob es ſich um einen dreifachen Kindermord handelt. I Von einem Radfahrer umgeriſſen und getötet. In Altenburg wurde der dort zu Beſuch weilende Forſtaſſeſſor Reſerveleutnant Häßner aus Naumburg auf einem Spaziergang unweit der Stadt von einem Rad⸗ fahrer umgeriſſen und erlitt einen Schädelbruch, an deſſen Folgen er bald verſtarb. 4 ** Eiſenbahnunfall in dem Altonaer Hauptbahnhof Beim Zuſetzen von Verſtärkungswagen an den Trieb⸗ wagenzug 2303 Blankeneſe⸗Ohlsdorf auf dem Altonaer Hauptbahnhof, Gleis t, fuhren am Donnerstag nach⸗ mittag 1 Uhr 6 Min. die Verſtärkungswagen ſo ſtark auf den ſtehenden Zugteil auf, daß zwei Wagen ent⸗ gleiſten und erheblich beſchädigt wurden. we: Per⸗ ſonen ſind verletzit worden. ** Schon wieder zwei Fliegerunfälle. Der Avza⸗ tiker Level iſt in Reims bei einem Fluge über dem Militärflugplatz aus einer Höhe von 80 Metern a b⸗ geſtür zt. Er hat einen Schädelbruch und einen Bruch der Wirbelſäule erlitten. Sein Juſtand iſt hoffnungs⸗ los.— Auf dem Fluaplatze in Charlville iſt am Donnerstag nachmittag der belgiſche Flieger Horta bei einem Fluge über dem Felde abgeſtürzt und hat le⸗ bensgefährliche Verletzungen erlitten. * Eäure ſtatt Portwein! Aus Parts wird gemel⸗ det: Der Kapitän des Segelſchiffes„Bougonville“ hatte einige engliſche Gäſte zum Frühſtück geladen. Durch Verſehen des ſervierenden Schiffsjungen wurde ſtatt einer Flaſche Portwein eine mit einer ſäurehaltigen Flüf⸗ ſigkeit gefüllte Weinflaſche aufgetiſcht. Als man einander zutrank, leerten der Kapitän und ſeine Gäſte faſt gleich⸗ zeitig die Gläſer bis zur Neige. Die Wirkung der Flüf⸗ ſiakeit war eine furchtbare. Innerhalb ſechs Minuten ſtarben der Kapitän und fünf ſeiner Gäſte infolge der zugezogenen inneren Verbrennungen. Einige Gäſte lie⸗ gen ſchwerkrank darnieder. In Veresniza in Oſtſerbien kam es zu einer Vyng⸗ mitexploſion in der Nähe einer Schule. Zahlreiche Schul⸗ kinder wurden ſchwer verletzt. ſie den Luxus als notwendige Befruchtung des wirt⸗ ſchaftlichen Lebens preiſt. In dem belgiſchen Orte Gokomen ſind 70 Perſonen durch Vergiftung von Schweinefleiſch ſchwer erkrankt; acht ſind bereits geſtorben. — — b * Viernheim, 14. Okt.* — Der ſoziale Unterrichtskurs am Dien ſt a 3 wird die Entwicklung der Schulfrage und ihre Bedeutung 4 in dem jetzigen Weltanſchauungskampfe behandeln. Die Wichtigkeit des Themas läßt eine zahlreiche Beteiligung 0 per dringend wünſchenswert erſcheinen. Allenthalben wird jetzt der auf dem Mainzer Katholikentage von Oberlandesgerichts 11 rats Marx gegebenen Anregung ſtattgegeben und zur Grün dung eines großen Verbandes der dentſchen Katholiken zur Verteidigung des chriſtl. Charakters der Schule fortgeſchritten. Wer mit der Zeit leben will, muß auf dieſem Gebiete wenig⸗ ſtens unterrichtet ſein. Darum auf zum Unterrichtsaben!d 5 Der Stenographen · Verein„Gabelsberger“ fi wird in dieſem Jahre wieder eine Abend Unterhaltung mit pand Ball veranſtalten. Hierzu ſind nach der in heutiger Nr. ent⸗ I tunger haltenen Einladung nicht nur alle Mitglieder, ſondern alle ten Freunde der Stenographie herzlich willkommen. Es wäre zu dauer! wünſchen, wenn dieſe Veranſtaltung recht zahlreich beſucht füm würde, zumal der Verein im vorſgen Jahre in Rückſicht auf 1 5 andere Vereine von einer Feſtlichkeit Abſtand genommen hat, 3 0 Das oufgeſtellte Programm enthält auch Liedervorträge unf eres Stüc Opernſängers Herrn G. Lamberth, der in liebenswürdiger Frame Wir wünſchen gutes Eri I ng mreſſu Long ſind den kit Reni dium, Zwei mütze dieſes ihnen iſt de Feist 2 4 He. die iht Ir er und a Die mögli verſul und mag aber ter de 4 b N Erie, nächti Ane das 1 kechne Prohl bom würde all — 0 8 N d dun J An fr A .