————————.—— äñů——— Viernheimer Aachrichten Bezugspreis: 9 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen NI. 1.14 vierteljährlich. Dernſprech⸗Nr. 20 iernheimer Viernheimer (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) U Amtsblatt der Großherzaglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Seitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. Zeitung iger Vieruheimer Vollisblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. U Gegründet 139 1 Samstag, den 28. Oktober 1911. 27. Jahrgang. ———. Wochenrundſchau. b In der inneren Politik liegt eine ereignisreiche Woche hinter uns. Zunächſt iſt Klarheit über den Ter⸗ min der Reichstagswahlen geſchaffen worden. Am 12. Januar 1912 findet die Wahlſchlacht ſtatt. Mit der Bekanntgabe dieſes Termins ſetzt der Wahlkampf offiziell ein. Es iſt die Kriegserklärung der Parteien untereinander. Dann aber hatte die Woche auch Klar⸗ heit darüber geſchaffen, wann endlich der dichte Schleier, in den die Marokkoverhandlungen gehüllt ſind, fortgezogen und dem deutſchen Volke Auskunft gegeben wird über das, was hinter verſchloſſenen Diplomaten⸗ türen monatelang verhandelt worden iſt. Am 8. No⸗ vember wird der Reichskanzler jedenfalls die Marokko⸗ interpellationen beantworten und dann kann das deut⸗ ſche Volk urteilen, wer bei dieſem Feilſchen und Han⸗ deln am beſten abgeſchnitten hat. Vorläufig ſcheint es allerdings, als ob wir bei den Kompenſationsverhand⸗ jungen, deren Ende in dieſen Tagen bevorſteht, nicht ſo abſchneiden, als wie es unſerer ſo günſtigen Poſi⸗ lion entſprechen würde. Wenn das, was in franzöſi⸗ chen Blättern über die„Gebietsaustauſche“ in Afrika zwiſchen Deutſchland und Frankreich verlautet, richtig iſt, dann muß man ſich erſtaunt fragen: Ja, handelt es ſich denn um Kompenſationen oder um Grenz⸗ regulierungen? Es ſcheint, als ob die Franzoſen vergeſſen haben, daß ſie uns für das Protektorat, das ſie über Marokko erhalten, auch etwas zahlen müſſen. Den Mächten iſt übrigens ſchon, wie die Mel⸗ dungen aus den verſchiedenſten europäiſchen Haupt⸗ ſtädten beſagen, vor der Veröffentlichung des Abkom⸗ mens ein Einblick in dasſelbe gewährt worden. Das entſpricht einer diplomatiſchen Gepflogenheit. Man rech⸗ net in unterrichteten Kreiſen mit einer Veröffentlichung des Abkommens am 1. November. Der Reichstag hat durch eine ſchnelle und ſach⸗ liche Beratung des Angeſtellten⸗Verſicherungsgeſetzes, das der bewährten ſozialen Kommiſſion, die auch die Reichsverſicherungsordnung beraten hat, überwieſen wurde, gezeigt, wie ſchnell poſitive Arbeit geleiſtet werden kann, wenn der Gegenſtand der Beratung der Parteileidenſchaft entrückt iſt. Bei der Teuerungs⸗ beſprechung ſetzte dann allerdings das üble Partei⸗ gezänke wieder ein, und die meiſten Reden waren für die da„draußen im Lande“ gehalten und dienten nicht der ſachlichen Beratung. Der Reichska nzler hielt eine in ſeinen prinzipiellen Forderungen wichtige Rede, in der er jede Konzeſſion an die Gegner der heutigen Wirtſchaftspolitik entſchieden ablehnte. Er gab ſo etwas wie eine Wahlparole aus und die lautete: Unbedingter Schutz der nationalen Arbeit! Feſthalten an der bisherigen bewährten Politik! Der Krieg in Tripolis, der in den erſten Wochen das Gelächter der ganzen Welt auslöſte, hat ein ern⸗ ͤõĩ8]²⁵ð.ʒ!v e Gerichtet. Roman von Franz Wichmann. 501(Nachdruck verboten.) Doch der unglückliche Vater machte ſich ſchnell wieder von ihr los. „Laß das, mach' mich nicht weich!“ ſagte er rauh.„Tränen ſind für die Weiber! Denke, daß deine Mutter troſtlos daheim bei einem Toten trauert!“ „O, laß dich beſchwören!“ ließ Klara ſich jedoch nicht zurückweiſen.„Wir verbergen dich! Hier wird man dich nicht ſuchen. Man weiß ja, daß du uns haſſeſt!“ „Ja, bleiben Sie bei uns!“ vereinigte Hellborn ſeine Bitten mit den ihren.„Hier an der Stätte des Friedens ſind Sie in Sicherheit!“ Auch der kleine Hellmut ſchmiegte ſich an des Förſters Knie. „Bleibe, Großvater,— ach ja, bleibe!“ bat er. Dem alten Manne brach faſt das Herz. Doch nach kurzem Kampf richtete er ſich feſt und entſchloſſen auf.„Gebt euch keine Mühe!“ ſagte er.„Sie ſind auf meiner Spur, ich weiß es! Von der Höhe hab' ich die Gendarmen geſehen, die nach Grünwald gingen. Dort ſuchen ſie mich zuerſt. Und wenn ſie mich dort nicht finden, ſo werden ſie hierher ihren Weg nehmen und nach mir ſuchen. Sie ſollen aber den Frieden eures Hauſes nicht ſtören!“ Hellborn hob plötzlich den Kopf und horchte nach dem Hügel hin. „Still! Hörtet ihr kein Geräuſch?“ „Schritte den Waldweg herab!“ rief Klara voll Schrecken. Der kleine Hellmut war an die Pforte geeilt. „Bunte Männer,“ meinte er neugierig,„mit Säbeln und Flinten!“ Alle blickten entſetzt nach der angedeuteten Richtung. Vor dem dunklen Fichtenwalde hoben ſich, von der Sonne be⸗ ſteres Geſicht vdetrommen. Die FJtaltener ſehen letzt ern, daß die Beſetzung der Hauptſtadt einer Kolonie leichter iſt. als die Eroberung der ganzen Provinz. In Tri⸗ volts werden ſie fortgeſetzt von kleinen Trupps der Araber angegriffen und beunruhigt. Das iſt der Gue⸗ rillakrieg, wie wir ihn ſeinerzeit in Südweſtafrika durch⸗ zumachen hatten. Jene kleinlichen Plänkeleien ſind geeignet, auch einem ſtarken diſziplinierten Heere auf die Dauer zu ſchaffen zu machen. Beſonders ſchlimm wäre es, wenn es dieſen kühnen arabiſchen Reitern gelänge, dem italieniſchen Heere die Waſſerverſorgung abzuſchneiden. In den Hafenſtädten Der na und Ben⸗ ghaſi haben die Italiener erfahren, daß die Türken zum energiſchen Widerſtand entſchloſſen ſind und daß die Landmacht der Türken nicht ſo gering zu veran⸗ ſchlagen iſt, wie es in italieniſchen Kreiſen zu Anfang geſchehen iſt. Die italieniſchen Meldungen verzeichnen allerdings nur Verluſte von wenigen 100 Soldaten. Dagegen wiſſen die Türken zu berichten, daß mehrere Tauſend Italiener ihren Tod gefunden haben. Mögen die Türken übertreiben, ſo verſchweigen die Italiener ſicherlich, um die patriotiſche Stimmung im Lande, von der man jetzt weniger hört, als in den erſten Tagen, nicht noch mehr abzuſchwächen. Die tripolitaniſchen Trauben, die ſo mundgerecht hingen, daß man ſchon von einem Kaiſerreich Italien ſchwärmte, ſcheinen doch recht ſauer zu werden. Ueber die chineſiſche Revolution ſich ein klares Bild zu machen, iſt recht ſchwierig, da beide Parteien, ſowohl die Revolutionäre, als auch die Regierung mit ſeltener Ausdauer Siegesmeldungen in die Welt hinaustelegra⸗ phieren. Wer allerdings den Optimismus der chine⸗ ſiſchen Regierung kennt, wird eher den Nachrichten der Revolutionäre Glaubwürdigkeit beimeſſen. Gegenwärtig befinden ſich die Hauptſtädte von ſechs volksreichſten und wichtigſten Provinzen in den Händen der Revolu⸗ tionäre, nämlich Sianfu in der Provinz Schenſi, Kaifeng in Honan, Wutſchang in Hupeh, Tſchan⸗ gſcha in Hunan, Nantſchang in Kiangſi und Tſchengtu in Szatſchwan. Auch der„Staatsretter“, der zum Vizekönig der Jangtſeprovinzen ernannt wer⸗ den ſollte, hat verſagt. Er hat ein„ſchlimmes Bein“ und kann daher die ihm angetragene Würde nicht über⸗ nehmen. Ob auch er ſchon den Thron der Mandſchu mankan Fioht 2 1 5 2 5 Der Krieg beginnt erſt jetzt 5 Die ſofortige Entſendung von Verſtärkun⸗ gen iſt unvermeidlich. Die Eingeborenen ſelbſt, die in der Stadt wohnen, lehnen ſich vorläufig nur gegen die Italiener auf; weil jedoch auch religiöſe Gründe vorliegen, könnte die Bewegung leicht allen Europäern gefährlich werden. Ueber die Stärke und Stellung der Türken ſind die Italiener ſchlecht unterrichtet. Von türkiſcher Seite verſichert man, bis⸗ ho foiou leuchtet, deutlich die grünen Uniformen zweier Gendarmen ab, die haſtig den Fußpfad herabkamen. Mit beiden Armen umſchlang Klara den Nacken des Vaters. „Nein, nein, ich laſſe dich nicht, Vater! Bleibe, bleibe!“ flehte ſie. „Ich will zeugen für Sie vor Gericht!“ rief Hellborn. „Nein, deſſen bedarf es nicht!“ entgegnete ruhig der Förſter. „Wenn man dem Vater nicht glaubt, der ſolch eine Tat tun konnte, wem ſoll man denn glauben?“ Der Knabe hatte geängſtigt die Pforte verlaſſen. „Sie kommen hierher!“ rief er. Lorenz Reiner wollte gehen. Da fiel ſein Blick auf die Büchſe, die er an die Bank gelehnt hatte. Er nahm ſie auf und betrachtete ſie ſchaudernd und doch zärtlich wie einen guten Freund; dann ſagte er: „Die Büchſe da, ich will ſie nicht mehr ſehen, ſie ſollen ſie nicht vor Gericht herumzeigen! Nehmt— verbrennt ſie! Sie hat meines Sohnes Blut—“ Er konnte nicht weiter ſprechen, ſondern bedeckte in wehem Schmerz ſein Geſicht mit den Händen. Klara hatte ihm die Waffe abgenommen. „O, wenn es gerechte Richter gibt, die menſchlich denken und urteilen—“ „Sie müſſen Sie freiſprechen,“ fiel Hellborn mit voller Überzeugung ein,„wie ſchwer auch Ihre Tat erſcheinen mag!“ „Du mußt frei werden,“ ſchluchzte Klara,„und dann— dann kehrſt du zu uns zurück!“ Man hörte Stimmen und Waffenklirren auf dem ſteinigen Wege. Die Gendarmen waren von der Hinterſeite her bis nahe an die Hütte herangekommen. Offenbar fürchteten ſie, daß der Geſuchte ihnen entfliehen könne, wenn ſie ſich zu früh zeigten. Da raffte der Förſter ſich auf und warf einen letzten ver⸗ trauenden Blick zu dem wolkenlos ſonnigen Frühlings⸗Ather empor. Dann mit feſtem Schritt durchmaß er den Garten. — m— 30 000 Eingeborene eingetroffen, ganze Stämme mit zahlreichen Kamelen und großen Vorräten; zwei angeſehene Scheichs werden noch er⸗ wartet. Weitere türkiſche Offiziere ſind zu den Truppen abgegangen. Den Oberbefehl hat jetzt Haſſan Riza Paſcha, ein Schüler der deutſchen Offiziere in Saloniki. Ferner iſt es gelungen, große Geld⸗ ſummen den Truppen zuzuſtellen. Schon vor mehre⸗ ren Tagen ſollen arabiſche Hilfstruppen eine italieniſche Kavallerieſchwadron niedergemacht haben. Die letzten Vorfälle riefen bei den Europäern Beſtürzung hervor, und die Stimmung iſt gedrückt. Der erſchoſſene Konſulatsdiener. W In der europäiſchen Bevölkerung der Stadt Tri⸗ polis erregt die ſtandrechtliche Erſchießung des zwei⸗ ten Dieners des deutſchen Konſulats, der des Mordes beſchuldigt und vom deutſchen Konſul an die Italiener ausgeliefert wurde, das größte Auf⸗ ſehen. Die Verdachtsgründe gegen ihn waren aller⸗ dings ſchwere, dennoch lag kein geſchloſſener Be⸗ weis vor. Man wundert ſich 1 ü ber die Haltung des deutſchen Konſuls, der den Diener nur auf ausdrücklichſte Anordnung aus Berlin hätte ausliefern dürfen. Es ſei ein ſchlechtes Bei⸗ ſpiel dafür geſchaffen worden, die brüske Sprache, in der ſich die italieniſchen Behörden gefallen, ohne wei⸗ teres hinzunehmen, anſtatt entſchiedenen Widerſtand zu leiſten.— Was ſagt die deutſche Regierung dazu? ** * überraſcht und * In der Türkei mehren ſich die inneren Schwie⸗ rigkeiten von Tag zu Tag. Nicht nur, daß ſich Jungtürken und Alttürken aufs heftigſte bekriegen, jetzt iſt es auch innerhalb der jungtürkiſchen Partei zu einer Spaltung gekommen, die für das Land das Schlimmſte befürchten läßt. Nach einer Meldung aus Saloniki ſoll in dieſen Tagen der Verſuch gemacht worden ſein, den ehemgligen Sultan Abdul Lern befreien. Der Versuch ſei aber fegen ag. Ausbruch einer Revolution“ ſteht auch in de Tür⸗ kei bevor. 1 r Ein jungtürkiſcher Abgeordneter ic; Techolis eingetroffen, um dort eine proviſoriſche Regierung ein⸗ zurichten.. Zehntauſend Mann Nachſchu). Angeſichts der verluſtreichen Kämpfe in Tripoli⸗ taulen ſieht ſich die italieniſche Regierung veranlaßt, ſchleunigſt einen erheblichen Truppennachſchub den bisher gelandeten Korps folgen den bie · 0 zu laſſen. Dem Secolo zufolge. werden in den nächſten Tagen wei⸗ ö tere zehntauſend Mann von Syrakus abgehen zur Verſtärkung der Garniſonen von Tripolis und hatte. dem Homs. Die Garniſon von Homs Die Pforte öffnend, blieb er noch einmal ſtehen und wandte ſich um:„Lebt wohl!“ Und um die Ecke der Hütte biegend, ſchritt er den Gen⸗ darmen entgegen. „Ihr ſucht mich,— hier bin ich!“ ſprach er zu den Über⸗ raſchten. Klara verhüllte weinend ihr Geſicht: „Er will es!“ „Gott gebe ihm ein gerechtes Gericht!“ ſprach Hellborn in tiefer Bewegung. Sein Wunſch iſt in Erfüllung gegangen. Wenige Monate ſpäter ſtand der Förſter Lorenz Reiner vor dem Schwurgericht der Hauptſtadt. Die Anklage nahm an, daß er mit Vorbedacht auf einen Wehrloſen geſchoſſen hatte, doch die Geſchworenen dachten anders. Sie glaubten dem in Ehren ergrauten Mann wie ſeinem zum Herzen ſprechenden Verteidiger, daß er in der Notwehr gehandelt habe, und ſprachen ihn einſtimmig frei. Und als das Publikum den Wahrſpruch mit lautem Beifall aufnahm, da wurden des Förſters Augen feucht und in ſeiner Seele wuchs die Gewißheit empor, daß auch der Himmel ver⸗ zeihen würde, was die Menſchen nicht ſtrafen konnten. Vor dem Gerichtsgebäude, wo die Seinen ihn empfingen, ſchloß er weinend die geliebte Tochter in die Arme. „Ihr waret beide entartet, er zum Böſen, du zum Guten!“ ſprach er tief bewegt.„Vergib auch du an dieſem Tage mir die Schuld, daß ich ſo lange dich verkannt habe!“ Sie konnte vor freudigem Schluchzen nicht antworten, nur die Hand des Vaters vermochte ſie zu drücken, und ihm liebe⸗ voll in die Augen zu ſehen. Frau Adelheid überlebte den Tod ihres Sohnes nicht lange. Der alte Förſter aber lebt noch heute in ſeiner wahren Heimat, dem Walde, an der Seite eines glücklichen Menſchen⸗ paares, deſſen Lebensinhalt einzig die Liebe iſt, die Liebe, die nimmer aufhört und die ſelbſt verzeihend zu beten weiß für einen Unſeligen— Gerichteten.— Ende.— N „Eorrtere della Sera“ zufolge, am 22. ein ern ſt e S Gefecht. Die Angreifer wurden mit ſchweren Ver⸗ luüſten zurückgeworfen und von den Italienern bis nach Marghele verfolgt. Die Revolution in China. Ermordung des chineſiſchen Kriegsminiſters? Schon vor einiger Zeit war ein Gerücht von dem Tode des chineſiſchen Kriegsminiſters und Führers der Regierungstruppen verbreitet. Jetzt wird aufs neue gemeldet, daß der Kriegsminiſter General Jintſchang durch einen Generalſtabsoffi⸗ zier ermordet worden ſei; bisher wäre es un⸗ möglich geweſen, eine Beſtätigung dieſer Nachricht zu erhalten. Nach einer Londoner Meldung ſoll es den Revo⸗ lutionären gelungen ſein, die kaiſerliche Kriegskaſſe mit 4500 000 Mark zu erbeuten. Im Pekinger Reichsausſchuß kam es zu ſtürmiſchen Szenen, als ein Abgeordneter verlangte, die Regierung ſolle die Feindſeligkeiten gegen die Re⸗ volutionäre einſtellen. Er fand bei anderen Abge⸗ ordneten Unterſtützung. Der Präſident vertagte darauf die Sitzung. Politiſche Rundſchau. (Der Kaiſer über den Fall Jatho. Der Vor⸗ ſtand der Brandenburgiſchen Generalſynode, die Herren Graf Arnim⸗Boitzenburg, Exzellenz Freiherr v. Man⸗ teuffel, Wirkl. Geh. Ober⸗ Regierungsrat Wrochem, Hof⸗ prediger Wendlandt, die Superintendenten Petri und Steinbach, ſowie Gymnaſialdirektor Prof. Dr. Evers, wurden Dienstag nachmittag vom Kaiſer empfangen. Dabei kam der Kaiſer auch auf den Fall Jatho zu ſprechen und ſagte: i So bedauerlich an ſich die Tatſache ſei, daß ein Geiſt⸗ licher wegen Irrlehre aus ſeinem Amte entfernt werden müſſe, ſei doch die Sache nicht tragiſch zu neh⸗ men. Männer wie Jatho habe es zu allen Zeiten gegeben und werde es auch in Zukunft geben. Die Kirche Chriſt! überwinde dieſe Widerſacher. Gegen dieſe Irrlehrer gebe es ein vorzügliches Mittel: ſich immer tieſer in die heilige Schrift zu verſenken und die Perſon Jeſu Chriſti, des Hei⸗ landes, mit gläubiger Liebe zu umfaſſen. Ein wahrhaft apoſtoliſcher Mann ſei der von ihm(dem Kaiſer) hochge⸗ ſchätzte Biſchof von Riſten, den er am Hofe ſeiner Großmutter, der verſtorbenen Königin Viktoria von Eng⸗ land, kennen gelernt habe, und mit dem er ſeitdem in per⸗ ſönlichen Beziehungen ſtehe. () Der Kaiſer und der Krieg. Eine Korreſpondenz will zu der Frage, ob der Kaiſer einem Kriege abgeneigt ſei oder nicht, erfahren haben: Gelegent⸗ lich ſeines letzten Aufenthaltes in Danzig hat Kaiſer Wilhelm II. nun im Verlauf eines Geſprächs mit Offizieren Gelegenheit genommen, ſeinen Standpunkt zu der Frage dahin feſtzulegen:„Ich bin jeden Augenblick bereit, ſorgt nur, daß ich an⸗ gegriffen werde.“— Dieſer Ausdruck, der hier dem Kaiſer in den Mund gelegt wird, iſt ſo grotesk, daß er gar nicht gefallen ſein kann. Den Leuten, die berufsmäßig falſche Kaiſerworte verbreiten— wir denken nur an die Aeußerungen zum belgiſchen Gene⸗ ral Heimburger— ſollte einmal das Handwerk ge⸗ leat werden. Mexito. * Im mexpikaniſchen Kongreß haben mehrere Depu⸗ tierte eine Interpellation wegen einer angeblichen Aeuße⸗ rung Maderos gegen die Armee eingebracht, die vor⸗ ausſichtlich Anlaß zu ſtürmiſchen Szenen geben wird. Ma⸗ dero ſoll geſagt haben, er wolle mit dem Volke, nicht mit Bajonetten regieren. Die Deputierten verlangen das Erſcheinen des Miniſters des Innern und des Krie⸗ ges zur Beantwortung der Interpellation. Bei den De⸗ batten wurde wiederholt der Name des Expräſidenten Diaz erwähnt. Dies bewirkte den Beifall der Depu⸗ tierten und des Publikums. Die Stadt Mexiko wird angeblich von 6000 Anhängern Zapakas bedroht. — f Gerin, 25. Ortober. 5 Das Haus zeigte heute einen nüchternen, geſchäfts⸗ mäßigen Charakter. Zunächſt liefen die Verhandlungen ſchleppend hin, denn es wurde über koloniale Rech⸗ nungsſachen beraten. Dann wandte man ſich wieder der Tauerung zu. Der konſervative Abg. Graf Kanitz ſang das Loblied des Reichskanzlers, der ganz nach ſeinem Herzen geſprochen hat. Der Schutz der natio⸗ nalen Arbeit iſt die höchſte Aufgabe für jeden leitenden Staatsmann. Nun erhob ſich Staatsſekretär Dr. Del⸗ brück, der mit einem umfangreichen ſtatiſtiſchen Mate⸗ rial bewaffnet war, das er mit großem Geſchick verwer⸗ tete. Daß eine Teurung beſteht, gab er unumwunden zu. Er mußte eben! Aber gegen die Einfuhr von Büch⸗ ſenfleiſch proteſtierte er im Intereſſe der Volksgeſund⸗ heit. Das argentiniſche Fleiſch iſt minderwertig, das hat ſich in Oeſterreich herausgeſtellt, wo das Volk weit ent⸗ fernt war, ſich darum zu reißen. Die Urſachen der Teuerung haben jedenfalls mit der geltenden Wirt⸗ ſchaftspolitik nichts zu tun. Gegen den Oeſerſchen Ab⸗ bau des Wirtſchaftsſyſtems werde die Regierung kämpfen, ſo lange ſie an ihrem Platze ſei. Von einer Fleiſchnot kann keine Rede ſein. Es beſteht auch kein Anlaß, über den Mangel an Brotgetreide zu klagen. Man dürfe keine Hungersnot konſtruieren, die tatſäch⸗ Iich nicht vorhanden ſei. Noch ein zweiter Miniſter er⸗ greift hierauf das Wort: Nämlich derjenige der preußi⸗ ſchen Eiſenbahnen, Herr v. Breitenbach: Er ſuchte zu beweiſen, was die Regierung mit der Tarifermäßi⸗ gung geleiſtet habe und verſprach, darüber nachdenken zu wollen, wie es anzufangen ſei, daß der Profit davon nicht den Händlern, ſondern den Verbrauchern zu Gute komme. Namens der Linken, die heute anſcheinend kam⸗ pfesmüde war, beantragte Herr Bebel Vertagung, hatte aber damit bei der Mehrheit kein Glück, ſo daß noch zGenoſſe“ Südekum auf die Tribüne ſteigen mußte. Natürlich malte er die Situation in den ſchwärzeſten Farben und behauptete, in der Sterbeſtatiſtik werde man erſt über die Wirkungen der Teuerung Klarheit gewinnen. Der ſozialdemokratiſche Glacee⸗Handſchuh⸗ Genoſſe Dr. Südekum rieb ſich beſonders am Centrum. Nachdem er auch ſeinerſeits ſich über den„Brotwucher“ der Agrarier geklagt hatte, entrüſtete er ſich über die Taktik des Centrums, das zwei Redner vorſchicke, einen, Spabn, für die Großagararier. und einen deren. Dr. Heim, fur die Kleinbauern; das ſei bezeichnend. Staats⸗ ſekretär Dr. Delbrück ſtellte dann noch einige Phan⸗ taſien des Vorredners richtig und dann vertagte das Haus die Weiterberatung auf morgen. W Verlin, 26. Oktober. Am Bundesratstiſche befinden ſich heute nur der Fi⸗ nanzminiſter Wermuth und der preußiſche Landwirtſchafts⸗ miniſter v. Schorlemer. Haus und Tribünen ſind mäßig beſetzt. Die Fortſetzung der Berdtung der Teuerungsinter⸗ pellationen wird eingeleitet durch eine Rede des Polen Grafen Mieleynski, der in ſcharfer Weiſe das Ver⸗ fahren des Zwiſchenhandels beleuchtet und die Schädigung der allgemeinen Preisbildung durch den Zwiſchenhandel darlegt. Auch der nationalliberale Abg. Wachhorſt de Wente erklärt ſich mit dem bekannten Nationalökonomen Profeſſor Ruland durchaus einverſtanden, daß die Preiſe ſich nicht nach Angebot und Nachfrage richten, ſondern daß ſie durch die öffentliche Meinung beeinflußt werden. Mit dem Miniſter Dr. Delbrück iſt der Redner der Meinung, daß Viehpreiſe und Fleiſchpreiſe in keinem gerechten Ver⸗ hältnis zueinander ſtehen. Man kann für die gegenwärtige Kriſis in keinem Falle die Landwirtſchaft verantwortlich machen Der dritte Tag der Notſtandsdebatten ſah wieder⸗ um beträchtliche Lücken auf den Abgeordnetenbänken. Die Heftigkeit der Debatten hatte ſichtlich nachge⸗ laſſen, und man merkte, daß die allgemeine Stim⸗ mung dahin ging, nun endlich Schluß zu machen. Zu⸗ nächſt wandte ſich der polniſche Graf Mielezynski gegen den Zwiſchenhandel, dann erhob ſich der natio⸗ nalliberale Herr Wachhorſt de Wente, um eine regelrechte Bauernrede zu halten, die gar keine natio⸗ nalliberalen Klänge vernehmen ließ. Nach ihm ſchwang ſich der freiſinnige Herr Dr. Pachnicke mit aller ihm zu Gebote ſtehenden Leb⸗ haftigkeit zu einer längeren Rede auf, in der er (ſelbſtverſtändlich!) nach allen Regeln ſeiner Kunſt den ſchwarz⸗blauen Block zertrümmerte. Die Nationallibe⸗ ralen und die Freiſinnigen ſeien einig darin, den Sammlungsruf des Reichskanzlers abzulehnen. Das ſei beſchloſſene Sache. Auch in bezug auf die Oſt⸗ markenpolitik fielen einige Hiebe gegen die Regierung. Den entgegengeſetzten Ton ſchlug Herr Dr. Arendt von der Reichspartei an, der der Hoffnung Ausdruck gab, die Nationalliberalen würden Vernunft anneh⸗ men und die Brücken nach rechts nicht ganz ab⸗ brechen. Ueber die Gefährlichkeit der Sozialdemo⸗ kratie ſollte mehr und auch eindringlicher geſprochen werden. Ziemlich widerwillig wandte ſich nun der Land⸗ wirtſchaftsminiſter Frhr. v. Schorlemer gegen Herrn Pachnicke, um dieſen zu belehren, daß die Oſtmarken⸗ politik vor den preußiſchen Landtag gehöre. Es folgten Herr Werner von der Reformpartei und der Wilde Herr Lehmann ⸗Jena, welche beide für die Erhaltung des bewährten Schutzzollſyſtems eintraten. Dann meldet ſich Herr Korfanty(Pole) und beklagt ſich darüber, daß die Regierung nur für den Groß⸗ grundbeſitz ſorge, während ſie im Volke nur Haß ſäet. Herr Herzog von der Wirtſch. Vgg. erklärte es für lächerlich, daß der ſchwarz⸗blaue Block für alles ver⸗ antwortlich gemacht werden ſolle. Den Schluß des Reigens bildeten der„Wilde“ Metzgermeiſter, Herr Kobelt, der in der ihm eigenen urwüchſigen Weiſe die Regierung angriff, daß ſie die Welt mit Erlaſſen füt⸗ tere, ſtatt für wirkſame Mittel zu ſorgen. Hiermit wurde die Debatte zwar nicht geſchloſſen, aber— auf unbeſtimmte Zeit vertagt. J Berlin, 27. Oktober. Die Beratung über die Interpellationen des Centrums und der Volkspartei betreffend die Maul⸗ und Klauen⸗ ſeuche vollzieht ſich in ruhiger, leidenſchaftsloſer Weiſe. Am Bundesratstiſche ſitzen Staatsſekretär Dr. Delbrück und Landwirtſchaftsminiſter v. Schorlemer. Das Haus iſt ſehr ſchwach beſetzt. Nachdem ſich Staatsſekretär Dr. Delbrück zur ſofortigen Beantwortung bereit erklärt hatte, wurde die Anfrage des Centrums durch den Abg. Steinbel be⸗ gründet, der ſich verbreitete über die Schäden durch die Maul⸗ und Klauenſeuche, die bis in die Millionen hinein⸗ gehen. Der Redner fragt an, wann das neue Viehſeuchen⸗ geſetz endlich in Kraft geſetzt werde. Das Centrum verlangt eine lückenloſe Grenzſperre zum Schutze des einheimiſchen Viehs gegen den unheimlichen Gaſt der Seuche. Namens der Freiſinnigen ſprach Abg. Fegter. Auch er ſtimmte ein langes Klagelied über die ruinöſen Wirkungen der Maul⸗ und Klauenſeuche an, behauptete aber, daß die Sperrmaß⸗ nahmen noch viel mehr Gefahren brächten als die Seuche ſelbſt. Der Redner beklagt, daß ſeinerzeit beim Reichs⸗ viehſeuchengeſetz die freiſinnigen Anträge abgelehnt wor⸗ den ſeien, und verlangt Reichsmittel für die Erforſchung der Seuche. Staatsſekretär Dr. Delbrück gibt die zuneh⸗ mende Verbreitung der Maul⸗ und Klauenſeuche zu, iſt aber der Anſicht, daß mit einer Einheitlichkeit allein die Sache nicht zu machen ſei. Die lokalen Verhältniſſe erforderten auch eine gewiſſe Bewegungsfreiheit für die einzelnen Staatsbehörden. Der Staatsſekretär kündigt an, daß das neue Reichsviehſeuchengeſetz mit allen ſeinen Ausfüh⸗ rungsbeſtimmungen am 1. April nächſten Jahres in Kraft treten könne, und daß damit die bisherigen, vielleicht un⸗ zulänanlichen Beſtimmungen aufgehoben würde. Zum liberalen Flugblatt! Die beiden liberalen Parteien des Wahlkreiſes Heppen⸗ heim⸗Viernheim haben ein Flugblatt verteilen laſſen. Wer unſere ſeitherigen Ausführungen geleſen hat, wird auf ſämt⸗ liche Programmpunkte die Antwort wiſſen. Nur die Haupt- ſachen heben wir nochmals hervor. I. Es wird die Simultauſchule als Hort des Friedens empfohlen. Das iſt ein alter liberal · ſozial⸗ demokratiſcher Ladenhüter. Man vergleiche dazu unſere Ausführungen über das ſozialiſtiſche und liberale Schul⸗ programm. Die bedentendſten Pädagogen haben es offen ausgeſprochen, daß die Simultunſchule iſt 1. unerwünſcht für die Eltern, die doch nicht den Wunſch haben können, daß ihre Kinder von andersgläubigen Lehrern unterrichtet werden; 2. unerwünſcht für den Lehrer, der fortwährend in ſeinem Unterricht gehemmt iſt durch die Rückſicht auf die andersgläubigen Kinder und durch das Gefühl, ob nicht unter ſeinen Schülern Aufpaſſer ſind; 3. unerwünſcht für den Unterricht ſelbſt, der in der Simultanſchule außerordentlich verarmt; 4. unerwünſcht im Jutereſſe des religiöſen Friedens. Wer ſimultanen Unterricht genoſſen hat, der weiß es, wie gar manchmal der Rechen-, Leſe⸗, Geographie und Geſchichtsunterricht benutzt werden, um glaubens⸗- und ktrchenfeindliche Ideen in die Kinderherzen zu ſenken. Wir können mit Beiſpielen aus der Nähe und der Ferne dienen. Das ſind die Gedanken, die der berühmte proteſtantiſche Philoſoph und pädagogiſche Schriftſteller Paulſen, der nicht zu den unſeren zählt, an früher genannter Stelle geäußert hat; und deshalb ſagt auch der vielgenaunte Pädagoge Gurlitt, der uns noch ferner ſteht; „Der Staat kann nicht verlangen, daß katholiſche Kinder z B. dem Geſchichtsuuterricht beiwohnen, den über ⸗ zeugte Proteſtanten zu Ehren Luthers ertetlen. Wäre ſch Katholik, ſo würde ich das für meine Kinder nicht dulden.“ Die Simultanſchule iſt dann 5. auch eine Vorſchule der religionsloſen Schule. Die Kinder ſollen in religtöſen Sachen gleichgültig werden. Und wenn die Glaubensgleichgültigkeit da iſt, daun fort mit der Religion aus der Schule. Man vergleiche hierzu unſere Ausführungen in derſelben Nummer des Blattes: Wo ſteht der Feind. Es wundert uns ſehr, daß die anerkanntermaßen ſo verderblich wirkende Simultauſchule der hieſigen katholiſchen Bevölkerung als Lockmittel empfohlen wird; das iſt ſelbſtverſtändlich und braucht nicht betont zu werden: Nein, das Zeutrum und die katholiſche Bevölkerung wird für dieſes verderbliche Geſchenk danken. Merkwürdig, daß hier auf einmal bei dieſen neligtöſen Lebensfragen das Sparen herangezogen wird, während man doch ſonſt von liberaler und ſozialdemokratiſcher Seite auf Verkleinerung der Klaſſen und Vermehrung des Lehrer- perſonals hinarbeitet. Wo die religtöſe Erziehung in Frage kommt, da ſoll auf einmal geſpart werden. Uebrigens iſt dieſe Sparſamkeit auch ſo wenig ergiebig, daß der religlöſe Schaden der Simultanſchule keineswegs aufgewogen wird. II. Was die Uebernahme der Gehälter der Lehrer auf die Staatskaſſe und die Entlaſtung der Landgemeinden betrifft, ſo iſt der liberale Lehrer⸗Abgeordnete Bach und mit ihm andere Koll ꝛgen ganz anderer Meinung. Die Ge⸗ meinden ſollen nach wie vor die ganzen Schul⸗ laſten tragen. Aber ſie ſollen alles an die Staatskuſſe zahlen und jeden Einfluß auf die Schulen verlieren. Wir zweifeln alſo daran, ob der Herr Hauptlehrer Mayr mit ſeiner ziemlich alleinſtehenden Anſicht durchdringen wird und halten daran feſt. daß den Eltern der nötige Einfluß auf die Schule gewahrt werde; deun die Eltern haben das erſte Recht auf ihr Kind. III. Die anderen Verſprechungen ſind ganz allgemein gehalten, ſie enthalten was jede Partei verſpricht. Wir ſind aber der Anſicht, daß die Intereſſen des Hand⸗ werkers, Arbeiters und Landwirtes bei der Zentrumspartei in beſſeren Händen iſt, als bei der liberal · freiſinnigen Partei„der Bildung und des Beſitzes“, die noch jederzeit die Großen gegen die Kleinen geſtützt hat. Elin Einzelner, auch wenn er guten Willen hat, kann gegea die Partei nicht ankämpfen. IV. Wa von der Bekämpfung der Viehſeuchen geſagt wird, beruht auf Irrtum. Es dandelt ſich am ein Reichsgeſetz und das läßt ſich nur durch ein Reichsgeſetz ändern. Was aber die Härten in der Handhabung dieſes Geſetzes anlangt, ſo wird Herr Hauptlehrer Mayr in Darmſtadt ebenſowenig fertig bringen, als die ſeitherigen Abgeordneten und die Vertreter mehrerer Gemeinden, die in Darmſtadt vorſtellig wurden. Uebrigens, wo ſitzen denn die Leute, von denen das Geſetz ſo hart gehand⸗ habt wurde. Sind ſie nicht unter den liberalen Kreiſen Heppenheims zu ſuchen? Warum haben ſie dieſes Geſetz, wenn es in ihrer Macht lag, nicht milder gehandhabt? Wer wird dann ſein eignes Verhalten ſo brandmarken? Zentrumswähler Viernheims, leſet das liberale Flugblatt mit Aufmerkſamkeit, vergleichet dozu unſere ſeitherigen Aus⸗ führungen und gebt am 3. November die einzig richtige Antwort! Lokale Nachrichten. § Landwirte! Bald tritt der lange Winter an, während deſſen der Landwirt und ſein Geſpann wieder neue Kräfte ſammeln für das kommende Jahr. Der Landwirt weiß, daß er durch vernünftigen Samen- und Blutwechſel weit beſſere Erträgniſſe bei Ernte und Viehſtand erzielt. Aber immer mehr Lebenskraft muß er in ſeinen Betrieb bringen, ſet es durch Leſen guter landwirtſchaftlicher Bücher und Fach⸗ zeitſchriften und Hören guter Vorträge, ganz beſonders aber durch fachgemäße Ausbildung der Söhne. Gerade beim Land⸗ wirt heißt es: Stillſtand iſt Rückgang.— Immer größer werden die pekuniären Opfer, die der Landwirt zu bringen hat und deßhalb muß er ſtändig darnach trachten, aus Vieh⸗ haltung und Ackerbau größere Erträge zu erzielen. Dünger⸗ kenntnis, Bodenbearbeitung und Futterwertung muͤſſen mehr erkannt werden. Der Landwirt muß ſeine verſchledenen Steuern berechnen und die ſchriftlichen Arbeiten ſelbſt aufer⸗ tigen können. Ohne Buchführung iſt kein reeller landwirt⸗ ſchaftlicher Betrieb mehr zu führen.— Alle dieſe Kenntniſſe und Fertigkeiten müſſen ſich die Söhne der Landwirte aneig⸗ nen und dies kann nur auf einer gut geleiteten Fachſchule ge⸗ ſchehen. In Heppenheim wird die landwirtſchaftliche Schule am 6. November dieſes Jahres eröffnet. Die Lehrer der Anſtalt ſind theoretiſch und praktiſch auf allen Gebieten der Landwirtſchaft tüchtige Männer. Die Koſten des Beſuchs dieſer Schule ſind in Aubetracht der guten Mög- lichkeit der Ausbildung nur gering und werden gewiß allen Beſuchern den größten Nutzen bringen. Wir raten den Herrn Landwirten in ihrem Intereſſe, ihren Söhnen den Beſuch der Schule zu ermöglichen. Beſonders ſollten die Schüler des 1. Kurſus auch den 2. beſuchen, damit ihre Ausbildung auch eine vollſtändige ſei. P 1 e N* 113 gat gent de et bie bein