4 22 — 111 ds. I 0 e en te Dieruheimer Nachrichten Bezugspreis: 2 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen NX. 1.14 vierteljährlich. Dernſprech⸗Nr. 20 Viernheimer Zeitung (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) er Anzeige Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Hiernheim Geleſenſte und verbreitetſte Jeitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen: Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. „Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Nabatt. L Gegründet 1884 Dienstag, den 14. November 1911. 27. Jahrgang. aus dem Reichstage. Ein ruhigerer Tag. ? Begreiflicherweiſe zittert die Erregung über die geſtrige Kampfanſage des Kanzlers an die Kouſerva⸗ tiven noch nach. Die Mitteilung, daß die Regierung einem Teil der Wünſche der Parteien, die in den fünf Anträgen zum Marokko⸗Vertrag niedergelegt ſind, nach⸗ gekommen iſt und dem Reichstage ein W eißbuch über die Marokkoverhandlungen vorgelegt hat, fin⸗ det kaum Beachtung. Faſt alle Redner beſchäftigen ſich mit den geſtrigen ſenſationellen Vorgängen. Aber die Abweſenheit des Kanzlers, deſſen Platz ſein Kampf⸗ zenoſſe von! erlen-Waechter eingenommen hat, wirkt: beruhigend die Gemüter. Zunächſt ſpricht der ju⸗ gendliche ZJeuerkopf, der ſozialdemokratiſche Abgeord⸗ nete Frank⸗Mannheim, einer der temperamentvollſten Redner der Sozialdemokratie. Er preiſt die geſtrige Tat des Reichskanzlers als„mutig und verdienſtvoll“ und mißt ihr einen„bleibenden Wert“ zu. Während die Linke applaudiert, ſitzt die Rechte in eiſigem Schweigen. Sie will ſich nicht reizen laſſen, und auch As Frank die„Junker“ ſchmäht, regt ſich auf der Rechten nichts. Der Regierung aber iſt anſcheinend die Zuſtimmung der Sozialdemokraten ebenſo unau⸗ enehm, wie es der Tadel der Konſervativen war. Der ole v. Mielezynski, der Herr auf Köbnitz, königlich preußiſcher Leutnant a. D., erklärt, daß er keinen An⸗ laß habe, ſich an der„rein akademiſchen Erörterung“ zu beteiligen. Dann kommt der Schwabe Haußmann don der Volkspartei, der in Stuttgart Rechtsanwalt kſt. Er ſpricht von dem„Verhängnis der Rechten“ und ſieht in der Heydebrand⸗Rede die Mitarbeit an der „Zerrüttung des konſervativen Gen tes“. Er erklärt, daß ſich dieſe„Deſperadopolitik“, die ein Schauſpiel für ganz Deutſchland geweſen ſei, an den Konſervati⸗ den noch ſchwer rächen werde. Generalleutnant v. Lie⸗ dert, der Vorſitzende des Reichsverbandes zur Bekäm⸗ ofung der Sozialdemokratie, beſpricht mit ſeinem ſchar⸗ fen Kommandeurorgan die kriegeriſche Seite der Sache. Den Tripoliskrieg nennt er einen„Raubzug“, wird da⸗ für aber vom Vorſitzenden zur Mäßigung gemahnt. Dann malt er die zſchwarze Gefahr“, die dadurch ge⸗ geben ſei, daß Frankreich eines Tages Deutſchland mit eingeborenen Soldaten aus Marokko überſchütte, an die Wand und trägt dabei die Farben dick auf. Staats⸗ Ae v. Kiderlen⸗Waechter ſchlägt aber das Geſpenſt er afrikaniſchen Truppen tot, indem er darauf hinweiſt, daß Frankreich 1870 nur 19 000 afrikaniſche Truppen mobilmachen konnte, wogegen es in Algier 50 000 Fran⸗ zoſen haben mußte, um in der Kolonie Ordnung zu hal⸗ ten. Der Centrumsabgeordnete Erzberger war maßvoll in ſeinem Tadel gegen die Regierung. Der große Irr⸗ tum der Algecirasakte war, daß die Souveränität des Sultans, die da feierlichſt feſtaeſtellt wurde. ſchon da⸗ ö—————— nä———z ͤ——ͤ ̃ Anter eherner Fauſt. ö* Roman von Emmy von Borgſtede. 0(Nachdruck verboten.) f Ich weiß, was gnädiges Fräulein jetzt denken,“ ſagte Herbach heiter und lächelnd, ſich tief zu dem Mädchen herab⸗ neigend,„wenn dieſer Greuel von Arzt doch in Rehberg ge⸗ blieben wäre, anſtatt mich hier zur Langeweile zu verdammen.“ Sie reichte ihm freundlich die Hand und erwiderte: „Das dachte ich wirklich, nur Greuel haben Sie hinzu⸗ geſetzt. Aber ich werde dennoch folgſam ſein, wenn Sie mir verſprechen, dem armen Bruder in ſeiner Einſamkeit ein wenig Geſellſchaft zu leiſten.“ „Ma, ſelbſtverſtändlich, Helachen, um mich mache Dir nur gar keine Sorge,“ tröſtete Herr von Berkenſtein.„Ich werde ſchon nicht umkommen. Schlimmſtenfalls bleiben mir ſpäter noch Fahrten in die Umgegend übrig. Bitte, Herr Doktor, ich denke, der Imbiß wird nun bereit ſein.“ Er warf ſeiner Schweſter noch eine Kußhand zu und ſchob ach dann zur Tür hinaus. „Herr Doktor, jetzt aufrichtig. Es iſt doch nichts Schlimmes mit meiner Schweſter?“ fragte er im andern Zimmer ernſt und eindringlich.„Sie hat Fieber, nicht wahr? Sie meinen nicht, daß Gefahr vorliegt, ſind nur auf jeden Fall für Vor⸗ beugung? Gott ſei dank, mir iſt ein Stein vom Herzen. Hela ift ſonft nie krank. Meine Schweſter und ich hängen wie zwei Kletten zuſammen, ſeit die Eltern und andern Geſchwiſter uns ſtarben. Sie können ſich das gewiß denken, nicht wahr? Solch ein treues, kluges Mädel kann einem alles erſetzen, Freunde, Weib und Kinder. Ja, mir iſt Hela Schweſter, Mutter, Haus⸗ frau, Tochter und guter Kamerad— alles in einer Perſon.“ Seine lachenden Augen waren ernſt geworden. Er mochte wobl daran denken, wie eines Tages ein Scheiden ſein würde. Dann ſaßen die beiden Herren hinter den niedergelaſſenen weinroten Samtvorhängen vor dem Rauchtiſch und tranken ſtarken, duftenden Grog. „Feine Marke, was?“ fragte der Baron mit dem Stolz ——̃̃ Zzekämpft, aber in den nächſten ſein Nachſpiel haben in den mals gar nicht mehr deſtand. Zum Schluß konſtatierte er, daß keiner der im Reichstage gemachten Gegenvor⸗ ſchläge beſſer ſei als das Marokkoabkommen ſelbſt. Dann beſteigt als zweiter ſozialdemokratiſcher Redner der alte Bebel die Tribüne. Er ſpricht weniger von Ma⸗ rokko und verſucht nachzuweiſen, daß die Sozialdemo⸗ kratie niemals Maſſenſtreikabſichten im Falle eines Krie⸗ ges gehabt hat. Damit hat er den Reſt der Debatte auf dieſes Thema gelenkt. Der freiſinnige Abg. Dr. Mug⸗ dan ſtellt unter großem Lärm der Genoſſen, die hier durch ihr Benehmen wieder einmal den Beweis dafür liefern, wie wenig Beruf ſie als„Kulturbringer“ haben, feft, daß die Sozialdemokraten bei den Maſſen unbe⸗ dingt den Glauben erweckt haben, ſie könnten durch einen Maſſenſtreik einen Krieg verhindern. Die Sozial⸗ demokraten rufen ihm„Lüge“ und„Unwahrheit“ zu, aber dieſe Rufe helfen ihnen nichts; auch der Abg. Erz⸗ berger weiſt ihnen nach, daß ſie in frivoler Weiſe mit dem Maſſenſtreik geſpielt haben. Abg. Fiſcher, der Geſchäftsführer des„Vorwärts“— der dritte ſo⸗ kaldemokratiſche Redner— macht noch einen ſchwachen Verſuch, die Situation für die Sozialdemokraten zu tetten. Doch vergebens! Auch ſeine ſcharfen Ausdrücke, für die er eine Rüge und eine gelinde Zurechtweiſung erhält, nutzen nichts. Die Debatte ſchließt mit einer Niederlage der Sozialdemokraten. Wie immer nach einer langen Debatte, regnet es perſönliche Bemerkun⸗ zen, und dann gehen die Abkommen an die Budget⸗ kommiſſion. Der weltgeſchichtliche Kampf iſt im Parlament aus⸗ Tagen wird er noch Dingen, die da kommen werden. Die Nationalliberalen hatten heute beſchloſſen. ſich nicht mehr an der Debatte zu beteiligen; auf ihren Redner wartete man heute vergebens. Auch von den fonſervativen ſprach heute niemand mehr. Man will den ohnehin ſchweren Konflikt nicht noch unnötig ver⸗ ſchärfen. Der Krieg um Trivolis. Die italieniſche Flotte im Aegäiſchen Meer. Die vielbeſprochene und ſeit langem erwartete Aktion der italieniſchen Flotte im Aegäiſchen Meere ſcheint nun endlich Tatſache werden zu ſollen. Die Operationen der italieniſchen Flotte ſollen mor⸗ gen gleichzeitig im Aegäiſchen Meere und an der aſiatiſchen Küſte beginnen. Es wird gemeldet: ö Die Schiffsdiviſion unter dem Befehl des Herzoge der Abruzzen beſteht aus zwei großen Schlachtſchif⸗ fen und vier Torpedos und hat bereits zwiſchen den In⸗ ſeln Cerigo und Kandia Stellung genommen. Die zweite Diviſion, beſtehend aus neun großen Schlacht⸗ ſchiffen und drei Unterſeebooten unter Admiral Au⸗ ry, befindet ſich ſchon bei Lemnos. Eine dritte des Hausherrn, der ſeinem Gaſt etwas Ausgezeichnetes zu bieten vermag, ja, ſo etwas muß ein Waidmann im Hauſe haben. Sind Sie übrigens auch Jäger, Herr Doktor, ich kann Ihnen ſonſt gern eine gute Büchſe zur Verfügung ſtellen. Meine Schweſter und ich,“ plauderte er dann weiter,„ſind in dieſem Jahre ſchon früher als ſonſt hierher gekommen. Es ereignet ſich manchmal allerlei, worauf man nicht gerechnet hat. Aber denken Sie, daß Hela die vielen verlorenen Feſte und dergleichen bedauert hat? Ich wollte gehen und ſie ging mit als getreuer Kamerad. Hm, merkwürdig, was doch den Weibern für Macht gegeben iſt, im Guten und im Böſen,“ er ſog tiefſinnig an ſeiner Zigarre.„Doch da ich nichts Näheres verraten darf, ohne indiskret zu ſein, will ich Sie nicht erſt neugierig machen.“ Dann ſprachen ſie allerlei und merkten kaum wie die Zeit verflog. Herr von Berkenſtein war ein feingebildeter Mann, der weite Reiſen gemacht hatte und für Natur und Schönheit in jeder Geſtalt ſchwärmte. Er wußte anregend zu erzählen, und immer trat ſeine Liebenswürdigkeit dabei ungewollt in den Vordergrund. Das machte ſein Geplauder ſo anziehend. Noch nie, ſeit Herbach in Rehberg anſäſſig war, hatte er ſich ſo wohl befunden. Dieſes vornehme Heim mit dem entgegen⸗ kommenden Hausherrn war doch etwas ganz anderes, wie ſeine eigene Wohnung mit den billigen Tapeten und den ſteif an den Wänden ſtehenden Möbeln, wo das Spießbürgertum aus jedem Winkel hauchte, aus den geöffneten Schubladen eine Wolke von ſteifer Ehrbarkeit aufſtieg und alle Lebensfreude unterging in den grauen, wallenden Schleier der Alltäglichkeit. Waldemar Herbach hatte ſeine empfindliche Seele von ſeinem Vater. Der arme, hungernde Landpfarrer ſchwebte immer ein wenig zwiſchen Himmel und Erde. Wenn die Orgel der alten, baufälligen Kirche ihr wimmerndes Stimmchen erhob, ſtimmten dort oben für ihn die Cherubine und Serapbine die himmliſche Muſik an. Wenn auf dem ſchlechtgepflegten Gottes⸗ acker, gerade vor ſeinem Fenſter Veilchen und Sternenblumen die Augen öffneten zwiſchen den halbverfallenen Hügeln, taten Dipiſton iſt von Venedig abgefahren und ebenfalls naa Lemnos gerichtet. Die Landung auf Mytilene, Chiok und Rhodos wird unter dem Schutze der dritten Diwiſion mit Truppen aus Padua, Venedig und Majfland erfolgen. Bei dem Brunnen Bumiliana bei Tripolis haben wieder verſchiedene Scharmützel ſtattgefunden, bei denen die Italiener, nach ihren Meldungen, ſiegreich geblieben ſind. Die türkiſchen Meldungen über dieſe letzten„Schlachten“ liegen noch nicht vor. Die Türken erhalten fortgeſetzt Verſtärkungen durch Araber. Ein einflußreicher Scheich vom Antilibanon hat der türkiſchen Regierung ſeine Hilfe angeboten und ver⸗ ſprochen, mit 10 600 Mann zur Unterstützung der Bei⸗ ruter Garniſon zu kommen, falls die Stadt von den Italienern bedroht werden ſollte. Aus vielen Or⸗ ten des Libanon liegen ähnliche Anerbie⸗ ten vor. Die Regierung hat jedoch ſofort bekannt ge⸗ geben, die hier konzentrierten Truppen ſeien allen Eventualitäten gewachſen. Die Revolution in China. Die Lage wird in China immer verworrener und die Beurteilung derſelben infolge der ſich direkt widerſprechen⸗ den Nachrichten immer ſchwieriger. Wir haben in den letzten Tagen Nachrichten erhalten, nach denen der Pe⸗ kinger Hof vor Angſt zitterte und bereits auf der Flucht war oder doch alle Hoffnungen aufgegeben hatte, ſich in Peking halten zu können. Jetzt meldet der Pekinger Korre⸗ ſpondent des„Daily Telegraph“, der ſich allerdings be⸗ reits verſchiedene Male zum Mundſtück der Mandſchupartei gemacht hat, daß ein großer Umſchwung eingetreten ſei. Er teilt mit, daß die Dynaſtie ſich endlich zu ener⸗ giſchen Maßregeln aufgerafft hat und nicht daran denkt, die„verbotene Stadt“ freiwillig zu räumen. Es ſcheint, daß der vom Kriegsſchauplatz am Janatſe zurückgerufene General Jintſchang jetzt die„Macht hinter dem Throne“ iſt. Er hat den Bruder des Regenten, den Prinzen Tſaitao, auf ſeiner Seite und iſt überzeugt, daß die Dynaſtie noch immer Anhänger genug hat, um ſich haften zu können. Reitende Werbeoffiziere bearbeiten die Mon golen. Mandſchus und die bäueriſchen Bewohner der Um⸗ gegend von Peking, um ein neues Heer auf die Beine zu bringen, das ſich um den Sommervpalaſt ſammeln ſoll. Auf den weſtlich davon gelegenen kaiſerlichen Jagdgründen lagert bereits die dritte mandſchuriſche Divi⸗ ſion und einige gemiſchte Brigaden. Außerdem ſind auch Kommiſſäre nach Kalgau abgegangen, um dort eine Diviſion von mongoliſchen Reitern zuſammenzußringen. Man hofft, auf dieſe Weiſe eine Armee von 80 000 Mann zu ſam meln. Der hartnäckige Widerſtand der Mandſchutruppen in Nanking und Tieliang wird gleichfalls auf General Jintſchangs Verbindungen und Tätigkeit zurückgeführt. ſich dem Mann mit der Sonnenſeele die Wunder Edens auf. Sein einziger Sohn aber war ſein Alles. Ihm hauchte er ſeine Begeiſterung für Hohes und Schönes ein, ihn führte er, als er noch kaum ein Verſtändnis dafür hatte, auf jene Pfade, die manche ein ganzes Leben hindurch vergeblich ſuchen. Schätze hinterließ er ſeiner Witwe und ſeinen Kindern keine, aber ſein reines Bildnis lebte als Heiligtum in ſeines Sohnes Bruſt und bewahrte ihn als Talisman vor manchem. Doktor Herbach wurde warm unter Herrn von Berkenſteins liebenswürdiger Freundlichkeit. Er ging aus ſich heraus und erzählte vieles aus ſeinem früheren Leben, ſeiner Studentenzeit und allem, wovon der Mann dem Manne gegenüber ſpricht. Auch er hatte an ſumpfigen Waſſern geſtanden, auf denen ver⸗ lockende Giftblumen wucherten. Wild und ſtürmiſch waren die Wogen des Lebens auch um ſeine Füße gebrandet, aber ſein Haupt hob ſich ſtolz, als er von ſeinem Siege ſprechen durfte. Alles, woran ſo viele junge Menſchen, die Hoffnung ihrer Familien, ſcheitern, hatte er nach kurzem Taumel ſiegreich überwunden. Das Trinken, Spielen, Liebeln waren nur Epiſoden ſeines Daſeins geweſen, Kinderkrankheiten, aus welchen er neuverjüngt hervorging. So lernte Doktor Waldemar Herbach Hela von Berkenſtein kennen. Dieſe ſpäte Abendſtunde war der Beginn einer Reihe ſeliger Tage. Anfangs kam er, da ſie nach ſeiner Verordnung das Bett hüten mußte und fragte nach ihrem Ergehen. Uſcha, die Alte, Getreue ſaß neben ihrem Goldkind und bewachte und ver⸗ wöhnte es. Er ſah ſie in den langen, braunen Zöpfen, die ſich ſcharf abhoben von dem weißen Batiſt ihres Nachtgewandes und ihres Lagers. Sie erſchien ihm täglich lieblicher, reizender. Dann empfing ſie ihn, auf demſelben Diwan ruhend wie bei ihrer erſten Begegnung wieder in dem lichtblauen, faltigen Kleide. Jetzt durfte er neben ihr ſitzen und mit ihr plaudern. Er merkte es nicht, daß er jeden Tag etwas länger blieb und ihre Wechſelreden immer mehr die Natur einer Ausſprache zwiſchen zwei Freunden annahmen. Gortſetzung folgt.) ———— * Politiſche Rundſchau. — Berlin, 13. November. — Der Kaiſer hat dem Fürſten zu Caſtell⸗ Caſtell vom Vorſtand des Deutſchen Flottenvereins den Roten Adlerorden 1. Klaſſe verliehen. — Das engliſche Königspaar hat ſeine Reiſe zur Krönung in Indien angetreten. — Der König von Serbien trat Sonntag ſeine Reiſe nach Paris an. — Der Kronprinz iſt wieder in Danzig einge⸗ troffen. — In Potsdam fand Montag unter Anweſenheit des taiſerpaares die Rekrutenvereidigung der Bardetruppen ſtatt. * O Eine neue Kaiſerrede. Bei der Einweihung des neuen Kieler Rathauſes hielt der Kaiſer eine Rede auf die Stadt Kiel. Er wies darauf hin, daß Kiel die Stätte der raſtloſen Arbeit ſei, die den Panzern Leben einhaucht und ſie ſchließlich zu dem macht, was ſie ſein ſollen: Zum ſtarken Schutz und Schirm es deutſchen Vaterlandes und Volkes. Europäiſches Ausland. Frankreich. * Der„Temps“ unterwirft die Zuſtände im Miniſte⸗ rium des Aeußeren einer ſcharfen Kritik und ergeht ſich gegen die führenden Perſönlichkeiten in heftigen Vorwür⸗ fen. Das Blatt verlangt, daß das Miniſterium einer ein⸗ gehenden Reorganiſation unterworfen wird, da dort ſolche Mißſtände beſtehen, die einfach zum Himmel ſchreien. Es ſei unverzeihlich, daß der Leiter des Mini⸗ ſteriums des Aeußeren überhaupt nicht mit den Vor⸗ gängen in ſeinem ihm unterſtellten Miniſterium Beſcheid weiß.„Wie konnte es vorkommen,“ ſo ſchreibt das Blatt, „daß ein Telegramm, das die franzöſiſch⸗ſpaniſchen Ma⸗ rokkoverhandlungen betraf, nicht erſt dem Direktor des Aus⸗ wärtigen Amtes zur Begutachtung vorgelegt wurde, ſon⸗ dern gleich an eine untergeordnete Stelle ſeinen Weg nahm? Durch die Unwiſſenheit des Herrn de Selves über den Gang der ſpaniſch⸗franzöſiſchen Marokkoverhand⸗ lungen werden dieſe nur noch ſchwieriger geſtaltet, als ſie es ſchon vorher waren. Es ſoll des weiteren vorgekom⸗ men ſein, daß Herr Cambon während des Verlaufes der deutſch⸗franzöſiſchen Marokkoverhandlun⸗ gen Paris mit mündlichen Inſtruktionen verlaſſen hat, die ganz verſchieden von denen waren, die er ſpäter ſchriftlich fixiert vorfand. Auf eine Anfrage Cambons in Paris wegen dieſer verſchiedenen Inſtruktio⸗ nen wurde ihm zur Antwort, daß die Abänderung zu Recht geſchehen ſei, und er nach den ſchriftlichen Inſtruk⸗ tionen die Verhandlungen mit Herrn von Kiderlen⸗ Waechter vornehmen ſollte. Dieſe Aenderungen ſollen wiederholt ſtattgefunden haben. Cambon führte wiederholt über die Mißſtände im Miniſterium des Aeuße⸗ ren lebhafte Klage, ohne daß bis jetzt auch nur das Ge⸗ ringſte geſchehen wäre, dieſen abzuhelfen.“ England. * Der Sultan von Sanſibar hat ſich entſchloſſen, aus Geſundheitsrückſichten zugunſten ſeines fünf Jahre alten Sohnes abzudanken. Er iſt gezwungen, all⸗ jährlich monatelang in Kurorten in Deutſchland und Frank⸗ reich zuzubringen und wünſcht nicht, daß ſein Land unter der Abweſenheit ſeines Herrſchers leide. Seyid Ali bin Hamud der erſt 30 Jahre alte kohlrabenſchwarze Herr⸗ ſcher, ſoll bei ſeinem Volke wenig beliebt ſein; er wird ſich mit ſeiner Familie in Aegypten niederlaſſen. Sein Onkel Seyid Kalid wird für den neuen kindlichen Sultan die Regentſchaft führen. Portugal. * Das neue portugieſiſche Kabinett hat ſich in folgen⸗ der Zuſammenſetzung gebildet: Auguſto Vasconcellos, Präſidium und Aeußeres, Silveſtre Falead, Inneres, Si⸗ domo Paes, Finanzen, Antonio Maciera, Juſtiz, Oberſt⸗ leutnant Silveira, Krieg, Auguſto Baretto, Marine, Kapi⸗ tän Fruitas Ribeiro, Kolonien, Eſtevan Vasconeellos, öf— fentliche Arbeiten. Afrika. Marokko. * Frankreich ſchickt zwei weitere Panzerſchiffe nach Tanger.— Die beiden auf der Reede von Villafranca liegenden großen Panzerkreuzer„Edgar Quinet“ und „Leon Gambetta“ haben Befehl erhalten, nach Ma⸗ rokko abzugehen; ſie ſollen jedenfalls nach Tanger gehen, um ein weiteres Gegengewicht gegen den dort angelangten ſpaniſchen Kreuzer„Cataluna“ zu bilden. f. 4 üland. * In der Reichsduma ſprach der neue Premierminiſter Kokowzow dreimal über die Finnlandvorlage, was unter den Nationaliſten und Oktobriſten freudige Begeiſterung und vielfachen lebhaften Applaus hervorrief. Er äußerte ſich genau im Sinne ſeines Vorgängers Stolypin. Die Ka⸗ detten verhielten ſich den Erklärungen Kokowzows gegen⸗ über indifferent, weil der Premier ſich in ſeiner Rede in bezug auf die Finnlandfrage mit dem Namen des Mo⸗ narchen deckte und betonte, daß dieſe Geſetze deſſen Wunſche entſprächen. Die Sozialdemokraten warfen Kokowzow vor, daß er den alten Kurs ſteuere. Die Redner der äußerſten Rechten betonten mit großer Genugtuung, daß alle Meldungen über einen neuen Kurs irrig ſeien. Der heutige Tag habe den Beweis dafür geliefert. Deutſcher Reichstag. [ Berlin, 13. November. Der heutige Reichstag zeigt wieder ganz das alltägliche Gepräge. Das Haus iſt ſchwach beſetzt. Am Miniſtertiſche befindet ſich nur Eiſenbahnminiſter v. Breitenbach. Auf der Tagesordnung ſteht die ſozialdemokratiſche Interpellation betreffend Entlaſſung von Eiſenbahnern der Reichs⸗ eiſenbahnen. Miniſter v. Breitenbach erklärt ſich zur ſo⸗ fortigen Beantwortung der Interpellation bereit. Darauf beſteigt Abg. Emmel(Soz.) die Tribüne zur Begründung der Interpellation. Soziales. + Der Streik der Newyorker Straßenreiniger und Kehrichtkutſcher nimmt eine ernſtere Form an. 40 000 Tonnen Kehricht ſind auf den Straßen aufge⸗ häuft. Die blutigen Schlägereien dauern fort und machen wahrſcheinlich die Einberufuna der Staarsmtltz notwendig. Die ganze Stadt iſt durch das offene Herumliegen der Kehrichtberge in einen Zuſtand verſetzt, der allen ſanitären Vorſchriften zu⸗ widerläuft. Bei den neueſten Zuſammenſtößen zwi⸗ ſchen der Polizei und den Streikenden wurden wieder zwei Streikende getötet. Aus Stadt und Land. 134 Unwetter⸗Nachrichten. Furchtbare Stürme. g Ein Südweſtſturm iſt am Sonntag über Cher⸗ bourg und Umgegend dahingegangen. Das Meer war außerordentlich erregt. Der ganze Schiffsverkehr war unterbrochen. Eine ganze Anzahl von Schif⸗ fen mußten im Hafen von Cherbourg Schutz vor dem Unwetter ſuchen. Bei Port Bail iſt eine große Barke untergegangen. Trotz des ſehr bewegten Meeres verſuchte man, von der Küſte aus Hilfe zu ſenden. Trümmerſtücke aller Art ſind an der Küſte angeſchwemmt worden. Man befürchtet, daß ſich noch weitere Schiffbrüche ereignet haben. In Cherbourg ſtürztte in der Nähe des Kirchhofes ein dreiſtöcki⸗ ger Neubau ein. Die Arbeiter konnten ſich in Sicher⸗ heit bringen. Von überall her in der Umgebung von Cherbourg laufen Meldungen über bedeutende Ver⸗ heerungen ein, die der Sturm angerichtet hat. Im Hügelland von Wisconſin, in Zentral⸗ Illinois und Jowa wütete ein Orkan, der außerordent⸗ lichen Schaden anrichtete. In Jonesville ſind während des Sturmes neun Perſonen getötet worden, viele ſind anderweitig zu Schaden gekommen. Die in der Stadt Virginia(Illinois) angerichteten Verheerungen ſind beſonders groß. Drei Perſonen, die dort in einer Kirche Zuflucht geſucht hatten, wurden durch einſtür⸗ zende Trümmer getötet. Der Orkan war ſtellen⸗ weiſe mit einem furchtbaren Schneetreiben verbunden. Die Geſamtzahl der Toten wird auf zwanzig, die der Verletzten auf mehrere hundert geſchätzt. ** Schreckenstat eines Irrſinnigen. Ein in der Stitzenburgſtraße in Stuttgart wohnender Zimmer⸗ mann bekam plötzlich einen Tobſuchtsanfall und ſollte in das Bürgerhoſpital übergeführt werden. Als die mit ſeiner Feſtnahme beauftragte Schutzmannſchaft im Hauſe erſchien, fand ſie das Zimmer verſchloſſen. Beim Eintritt feuerte der Geiſteskranke mit einem Revolver auf die eindringenden Schutzleute, wobei ein Polizeiinſpektor einen Streifſchuß in die Schläfe erhielt, während ein Schutzmann ins Auge getroffen wurde und ſchwer verletzt zuſammenbrach. Auf An⸗ ordnung der Polizei wurde die Feuerwehr alar⸗ miert, die mit zwei Schläuchen auf den im Parterre⸗ zimmer befindlichen Kranken Waſſermaſſen ſchleuderte. Schließlich gelang es der Schutzmannſchaft, den Tob⸗ ſüchtigen, der nachher noch vier weitere Schüſſe auf die in das Zimmer eindringende Rettungsmannſchaft ab⸗ gab, zu feſſeln. * Buchmacher⸗ und Spielerverhaftungen in Leipzig. Der Rennſonntag in Leipzig wurde von der dortigen Kriminalpolizei zu einer großen Aktion gegen die Buch⸗ macher benutzt. Schon vor Beginn des Rennens wur⸗ den vier Buchmacher verhaftet und bei dem Ren⸗ nen ſelbſt verhaftete die Kriminalpolizei einen 17 Jahre alten Bereiter aus Berlin und einen 19 jährigen Stall⸗ burſchen. Ferner gelang es auch der Kriminalpolizei, eine Spielergeſellſchaft aufzuheben, die aus etwa 30 Perſonen, auswärtigen Gutsbeſitzern, Kauf⸗ leuten uſw., beſtand. Sie hatten ſich nach dem Rennen in einem Hotel verſammelt und die ganze Nacht durch⸗ geſpielt. Am Montag früh drang die Polizei in das Hotel ein und beſchlagnahmte da ganze Geld. Ein⸗ zelne Perſonen hatten mehrere tauſend Mark verloren. u Ein Doppelmord in Preßburg. Die Trafikan⸗ tin Frau Joſef Nemethy und ihre Tochter Charlotte in Preßburg wurden am Sonntag früh in ihrem Ge⸗ ſchäftslokale ermordet aufgefunden. Der Dop⸗ pelmord dürfte um 8 Uhr früh verübt worden ſein, da man die beiden Opfer kurz vorher noch in der Domkirche ſah. Die Hände der Witwe waren gebunden, in ihren Mund war ein Taſchentuch geſtopft. Die Toch⸗ ter, ein armſeliges, buckliges Mädchen, wurde mit einer Boa erdroſſelt. Die Kaſſenſchlüſſel ſand man auf der Erde, die Mörder dürften ungefähr 700 bis 800 Kronen geraubt haben. Der Oberſtadthauptmann Ste⸗ fan Kueſera und eine Gerichtskommiſſion erſchienen ſo⸗ fort, um den Tatbeſtand aufzunehmen. Trotz umfaſſen⸗ der Recherchen iſt es bisher nicht gelungen, den Mördern auf die Spur zu kommen. * Ein furchtbares Brandunglück. In dem Dorfe Zemborzice bei Lublin(Ruſſ.⸗Polen) ſind 50 Gehöfte, die 120 Häuſer umfaßten, mit allen Vorräten nieder⸗ gebrannt. ** Geheimnisvolles Verſchwinden eines ruſſiſchen Geldwechslers. Seit Montag wird der in Sosno⸗ wice anſäſſige Geldwechsler Chapper, ein im preußiſch⸗ruſſiſchen Grenzbezirk bekannter Geſchäfts⸗ mann, vermißt. Das letztemal wurde er am Montag in Zawodzie, Kreis Kattowitz, geſehen, als er die Be⸗ hauſung eines dortigen Fleiſchers betrat. Auf⸗ fällig erſchien es nun, daß ſein Weggang von nieman⸗ dem bemerkt wurde und der Fleiſcher in der Mor⸗ genfrühe des nächſten Tages zeitiger als ſonſt wegfuhr. Es beſteht der Verdacht, daß Chapper, der reiche Geld⸗ mittel bei ſich führte, ermordet und ſeine Leiche beiſeite geſchafft worden iſt. Der Tat dringend verdächtig erscheinen der Fleiſcher, ſein Kut⸗ ſcher und ſein Geſelle. Während die erſten beiden in Unterſuchungshaft genommen wurden, entzog ſich der Geſelle der Verhaftung durch die Flucht. * Mordanſchlag auf einen Erzbiſchof. In Peters⸗ burg wurde ein Mordanſchlag auf den Biſchof von Wolhynien und Shitomir, Antoni, verübt. Wäh⸗ rend des Gottesdienſtes in der Blagoweſcht⸗ ſchenski⸗Synodalkirche ſtürzte ſich der ehemalige Se⸗ minariſt Triſſonow auf den zelebrierenden Bi⸗ ſchof und verſetzte ihm einen Dolchſtoß, der aber an einem Metallknopf des Gewandes abprallte. Die Menge wollte Triſſonow lynchen; er wurde von der Polizei verhaftet. Der Biſchof beruhigte perſönlich die aufgeregte Menge. ** Engliſche Greueltaten in Indien? Pariſer Blät⸗ ter bringen Meldungen über Unmenſchlichkeiten, die ſich angeblich engliſche Truppen in Indien haben au Schul⸗ den rommen laſſen. In der Nahe der franzoſiſch⸗indo⸗ chineſiſchen Grenze ſoll eine ganze Anzahl Lepra⸗ kranker von engliſchen Truppen hingerichtet worden ſein. Die Kranken waren von den Behörden angeblich an einen beſtimmten Ort zuſammenberufen worden, und, als ſie ahnungslos erſchienen, ſollen ſie ohne Erbarmen von engliſchen Soldaten, die ſie plötz⸗ lich umzingelt hatten, niedergeſchoſſen ſein. Unter den Ausſätzigen befanden ſich auchmehrere Kinder, die ebenfalls ſchonungslos ermordet worden ſein ſollen. Die Getöteten und Verwundeten ſollen von den Eng⸗ ländern in eine Grube geworfen worden ſein, die dann mit Oel begoſſen und angezündet wurde. Die noch Lebenden ſollen ſo einen entſetzlichen Ver⸗ brennungstod erlitten haben. Verſchiedenen der Opfer war es, wie es heißt, gelungen, den mörderiſchen Kugeln der Engländer zu entfliehen, ſie ſollen aber verfolgt, und nachdem ſie nicht mehr weiter konn⸗ den, ebenfalls erſchoſſen worden ſein. *Familientragboie bei Dresden. In Mügeln bei Dresden hat ſich in der Nacht auf Samstag eine Fa⸗ milientragödie abgeſpielt. Dort ötete der Wächter der Wach⸗ und Schließgeſellſchaft Paul Schubert ſeine beiden Söhne im Alter von vier und ſieben Jahren durch Beilhiebe. Er hatte die Abſicht, ſeine ganze Familie umzubringen. Seine Frau erwachte jedoch, und es gelang ihr nach verzweifeltem Ringen, ihren Mann zu überwältigen. Schubert war früher Schutzmann und ſeit langer Zeit nervenkrank. Er wurde verhaftet. ** Durch den Kientopp zum Giftmordverſuch an⸗ geſtiftet! Ein in Geeſtemünde bedienſtetes 15jäh⸗ riges Mädchen kam durch ein Giftmorddrama, das ſie in einem Kinematographentheater ſah, auf den Gedan⸗ ken, ihre Herrſchaft zu vergiften. Das Mädchen unter⸗ nahm drei Verſuche, indem ſie den Speiſen Kleeſalz beigab. In allen drei Fällen fiel der ſchlechte Geſchmack der Speiſen auf und ſie wurden nicht genoſſen. Den dritten Verſuch machte das Mädchen mit Gift, das ſie einer Flaſche Kognak zuſetzte. Die Giftmiſcherin, deren Geiſteszuſtand nicht ganz normal zu ſein ſcheint, wurde verhaftet. ** Ein ſchreckliches Eiſenbahnunglück hat ſich am Freitag bei Eilenburg unweit des Bahnhofs er⸗ eignet. Ein fſahrplanmäßiger Güterzug fuhr in eine Kolonne von Streckenarbeitern hinein. Zwei von ihnen wurden ſofort getötet und entſetzlich verſtümmelt, ein dritter iſt ſo ſchwer verletzt, daß man an ſeinem Aufkommen zweifeln muß. ** Eine Millionenerbſchaft der Stadt Dresden. Die Hinterlaſſenſchaft des verſtorbenen Direktors der Dres⸗ dener Bank, des Geheimen Kommerzienrats Arnſtädt, in Höhe von fünf Millionen, fällt zum größten Teil der Stadt Dresden zu. * Unerklärliche Brandſtiftungen. In einem Hotel in Cleve war in der letzten Zeit viermal Feuer ausgebrochen, ohne daß man die Urſache feſt⸗ ſtellen konnte. Jetzt hat ſich herausgeſtellt, daß es ſich um Brandſtiftung handelt, die ein im Hauſe tätiges ſechzehnjähriges Kindermädchen verübt hat. Bei ſeiner Vernehmung durch die Polizeibehörde geſtand es die vier Brandſtiftungen ein, weigerte ſich aber hart⸗ näckig, den Grund ihrer Handlungsweiſe anzugeben. . Tragödie eines Regimentskommandeurs. Der Kommandeur des 102. Infanterieregiments in Zit⸗ tau, Oberſt v. Linſingen, wurde Freitag früh in ſeinem Zimmer im Hotel von ſeinem Burſchen auf dem Bett liegend tot aufgefunden. Er hatte ſich durch einen Re⸗ volverſchuß in den Mund getötet. Man nimmt an, daß die Tat in einem plötzlichen Anfall geiſtiger Um⸗ nachtung verübt wurde. Oberſt v. Leiſingen ſtand im 54. Lebensjahr. Er ſtammt aus Nordheim bei Göttin⸗ gen und war verheiratet. Bemerkenswert iſt, daß ſich bereits im Jahre 1880 ein Kommandeur desſelben Re⸗ giments, Freiherr van Deuk, das Leben nahm. ** Der neue Zentralbahnhof in Leipzig. Die Inbe⸗ triebnahme des preußiſchen Teils des Zentralbahnhofs in Leipzig wird am 1. Mai 1912 erfolgen. ** Eine dreifache Kindesmörderin. In Göſting bei Graz wurde eine Näherin verhaftet, die ihre drei Kin⸗ * nach der Geburt erwürgt und im Hauſe verſteckt atte. ** Ein deutſcher Dampfer von ruſſiſchen Soldaten beſchoſſen. Der Schleppdampfer„Roland“, der am Donnerstag den Memeler Hafen verließ, um den durch Sturm verſchlagenen und bei Papenſee— halbwegs zwiſchen Libau und Memel— geſtrandeten Seg⸗ ler„Frida Brunckhorſt“ zu bergen, wurde von der ruſſiſchen Grenzwache ſo beſchoſſen, daß ſich der zu Bergungsarbeiten eigens ausgerüſtete Dampfer, nachdem er ſich auf 500 Meter dem Wrack genähert hatte, zurückziehen und unverrichteter Sache in den Memeler Hafen zurückkehren mußte. Eine furchtbare Exploſion in Ruſſiſch⸗Polen. Als die Frau des Beſitzers Sirko in Suwalki mit offe⸗ nem Licht den Keller betrat, in dem Aether lagerte. erfolgte eine Exploſion. Das Haus ging in Flammen auf. Das Ehepaar Sirko und ihr dreijähriges Mädchen ſind verbrannt, mehrere Perſonen wurden verletzt. Kleine Nachrichten aus Stadt und Land. Geh. Medizinalrat Prof. Bernhard Fränkel, der be⸗ kannte Berliner Kehlkopfarzt, iſt im Alter von 75 Jahren geſtorben. Das Dresdner Kgl. Schauſpielhaus iſt von einer Privat⸗ geſellſchaft übernommen worden. Gerichtsſaal. Eine Gattenmörderin zum Tode verurteilt. Das Til⸗ ſiter Schwurgericht verurteilte die Eigenkätnersfrau Ur⸗ ſula Tieffat aus Damedſzen nach viertägiger Verhand⸗ lung wegen Mordes zum Tode. Die Verurteilte hatte ihren Mann, mit dem ſie in ſtändigem Unfrieden lebte, durch arſenikhaltiges Rattengift, das ſie unter eine Speiſe miſchte, vergiftet. Lokales. Tierſchutz im Winter. Man braucht nicht enrqgier⸗ ter Tierſchutzvereinler zu ſein, und auch kein komiſch⸗ur⸗ teilsloſes Gewimmer darüber anzuſtimmen, wenn das Vieh im Herbſte auch in der kühleren Zeit noch auf der Weide gelaſſen wird, um die folgenden Anregungen der Tier⸗ ſchutz⸗Korreſpondenz zu unterſtützen: Laßt Pferde und Eſel nicht ohne Bedeckung lange im Freien ſtehen! Seht hat ei Probi Belt. das ei in der menge herzert lichkeit hältnif die he Beimiſ Hohle Cel ihren lichkeit. Spießbi den wa ihre St netten gutes! gen, fü Vite d guten, dielfach, bracht h und de ſelber, ſchäft“, ſtücen, beſond Stimm In tiſchpu da gan ſchluß. der Hu friſchend auch wi weniger zum 5 Dichter ſpruch doch me ſich ſehe wandelt Berlin; derbare begeiche berſtändl net si K iſ dit 3 ndo⸗ bra⸗ tet orden an u ſie ſlötz r den k die ollen. Eng⸗ dann N; de der ichen aber lonn⸗ n bei e Fa⸗ r der ſeine ihren ganze und Mann n und t. 0 an⸗ Lajäh⸗ s ſie edan⸗ inter eeſalz mac Den a8 ſie deren burde 9 am 5 er⸗ eine ihnen t, ein einem t. Die Dres⸗ tädt, ößten Hotel euet feſt 3 ſich itiges t hat. tand hart⸗ ehen. Der Zit⸗ einem Bett Re⸗ it an, uUm⸗ d im öttin⸗ b ſich n Re⸗ Jube⸗ ſhofs 0 bei Kin⸗ kſtect daten t am durch wegs Jeg“ vurde ſic fer, hett del L ff te. nen hen be⸗ hren wat zu, daß reine zerbrochene en Fenſterſchetben im Stalle ſind. Ebenfalls der Zughunde werde freundlich gedacht! Ein trockenes Brett mit Matte als Unterlage und eine trockene Decke zum Ueberlegen, ſowie nach getaner Arbeit ein guter warmer Stall mit trockner friſcher Streu, ſowie genügendes, gutes nicht verdorbenes Futter, das ſind die Forderungen, welche auf dem Arbeiterprogramm der Zieh⸗ hunde ſtehen.— Die Vögel, deren Nahrung aus Mücken, Fliegen u. a. beſteht, haben uns ſchon verlaſſen, und nur die ſind bei uns geblieben, die neben Eiern und Puppen auch Körnerfutter nehmen. Aber auch dieſen droht, trotz⸗ dem ſie alles freſſen und der Hunger ihnen alles ſchmack⸗ haft macht, im Winter bittere Not. Da muß der Menſch, dem ſie im Frühling und Sommer durch Inſektenvertil⸗ gung ſo viel genützt haben, helfend eintreten und ihnen dupch Darbietung von Futter über den Winter hinweg⸗ helfen, damit ſie nicht umkommen und im Frühlinge wieder ihre Arbeit in Feld und Wald und Garten be⸗ ginnen können. Je mehr für ſie im Winter geſorgt wird, deſto mehr gewöhnen ſie ſich an den Ort, deſto zahl⸗ reicher niſten ſie, deſto größer iſt ihr Nutzen im kommenden Jahre.. Brief aus der Reichshauptſtadt. — Berlin, 11. November. O Der Berliner iſt hochmütig und eingebildet; er hat eine„jroße Schnauze“, blickt gern auf die armen Provinzialen herab und dünkt ſich ſchlauer als alle Welt. Nur eines hat man ihm noch nicht nachgeſagt, das eine nämlich, daß er gemütlich ſei. Und doch ſteckt in den Volksmaſſen, die in der Rieſenſtadt zufam⸗ mengelaufen ſind, ein außerordentlich großes Quantum herzerquickender Freude an der ungebundenen Fröh⸗ lichkeit, und nur den wirtſchaftlich ſo ſchwierigen Ver⸗ hältniſſen der Millionenſtadt iſt es zuzuſchreiben, daß die helle fröhliche„Lache“ hier ſo ſelten ohne eine Beimiſchung von bitterer Ironie oder gar groben Hohnes erklingt. Selten findet hier die ungezwungene Fröhlichkeit ihren Weg. Aber es gibt noch Quellen ſolcher Gemüt⸗ lichkeit. Es gibt nämlich in Berlin auch noch ein Spießbürgertum, und ein ſolches allein bietet doch erſt den wahren, echten Hintergrund der Gemütlichkeit. Und ihre Stätte, das iſt meiſt der Stammtiſch ſolcher kleinen netten Wirtſchaften, deren Wirt, ein jovialer Mann, gutes Verſtändnis für die mannigfaltigen Erſcheinun⸗ gen, für die vielfachen freiwilligen und unfreiwilligen Witze des unerbittlichen Lebens, hat, ein Wirt vom guten, alten echten Schlage, ſo wie ſie der Wirteſtand vielfach, heute freilich weniger als früher, hervorge⸗ bracht hat. Tagsüber dienen dieſe Lokale den Kommis und den Angeſtellten, vielfach auch wohl den Chefs ſelber, vieler benachbarter Geſchäfte als„Hauptge⸗ ſchäft“, in das man ſich zurückzieht, wenn man früh⸗ ſtücken, Kaffeetrinken oder irgend einen Geſchäftsfreund beſonders kräftig„einſeifen“ will und dafür die rauhe Stimmung des Geſchäftsbureaus für ungeeignet hält In dieſen Räumen taucht des Abends das Stamm⸗ tiſchpublikum auf; in kleinſten Kreiſen vollzieht ſich da ganz zwanglos eine Art klubartiger Zuſammen⸗ ſchluß. Gleiche ziehen Gleiche an, und da blüht dann der Humor noch in herzerquickenden und gemütauf⸗ friſchenden Formen. Und bei manchem Wirte gibt es auch wohl einen Hauspoeten, der in vielfach freilich weniger entzückender Form einige tägliche Wahrheiten zum Beſten gibt. Ohne Vorleſung natürlich! So ein Dichter dichtet aus dem Stegreif, ohne Stift, ohne An⸗ ſpruch auf Bedeutung in der Nachwelt. Aber es iſt doch manches darunter, was, ohne glänzend zu ſein, ſich ſehen laſſen kann. Beſonders auf Reuters Spuren wandelt dieſer Berliner Spezialdichter gern, und da Berlin kein Plattdeutſch hat, gibt's dann dieſes wun⸗ derbare Kauderwelſch, das man wohl als„Berlinſch“ bezeichnen möchte. Berliner Stoffe werden da ſelbſt⸗ verſtändlich bevorzugt. Zur himmelſtürmenden Lyrik eignet ſich ja die Dialektdichtung überhaupt gar nicht. Es iſt die realſte Wirklichkeit, die da herausklingt, aber dafür wirkt ſie auch um ſo beſſer. Nur einige Proben dieſer unmittelbarſten Volkspoeſie: Der Eckenſteher. Det beſte Leben hab' ick doch, ck kann mir nich beklagen; Pfeift och der Wind durchs Aermelloch, Det will ick ſchonſt vertragen. Des Morgens, wenn mir hungern dut, Eß ick mne Butterſtulle, Dazu ſchmeckt mir der Kümmel jut Aus meine volle Pulle. 7 ö Ick ſitz' mit de Kameraden hier t alle groß und kleene, 5 Beleidigt och mal eener mir,. So ſtech' ich ihm gleich eene. Und drag' ick endlich mal wat aus, So kann ich Groſchens kneifen, Hol wieder meine Pulle raus Und due eenen pfeifen. ö Der Droſchkenkutſcher. Branntwein drinken, Schafkopf ſpielen, Det is mein Pläſier, 1 Uf de Wagens hier. Häxel freſſen, Waſſer ſaufen Muß mein Pferd, un düchtig laufen, Denn bringt's Groſchens mir, Det is mein Pläſier! Knuffen, Buffen, Tabak rochen, Det is mein Pläſier, Uf de Wagens hier. ö Eeene lumpigte Perſchon 11 Fehlt hier bloß noch; Herr Baron Fahren Sie mit mir, Det is mein Pläſier! 11 Die Straßenhändlerin. 0 Mir kümmert jar niſcht in die Welt, dhue mir nich främen. Wen meine Ware nich jefällt, 1 Deer kann ſich andre nehmen. Man immer ran, Herr Muſchketier, Recht ſaft'ge Perjamotten hier. Wat ſägt er? Sind nich ſchöne! 9 Mach er ſich nich femeene. 2 Madamken keene Aeppel heut? 4 Sechs Groſchen man de Metze! 5 Ick gloobe, Sie is nich jeſcheut, 2 Wat hör ick da, wat redt ſe? 2 Drei Silbergroſchen biet ſe mir? Na Schönſte, pack ſe ſich von hier, J Mit ihrem Hut und Freeſe. Ick wünſch ihr gute Reeſe. Scherz und Ernſt. tk Keine Frauenfrage in der Vogelwelt. Unſere heutige Frauenbewegung iſt in der Hauptſache durch den weib⸗ lichen Geburtenüberſchuß, den wir immer noch haben, entſtanden. Weil es vielen Frauen unmöglich iſt, ihren natürlichen Beruf zu ergreifen, nämlich zu heiraten, ſo entſtand die Frauenbewegung. Ein Forſcher, Profeſſor Bauder, hat Unterſuchungen darüber angeſtellt, ob auch in der Vogelwelt ein derartiger weiblicher Geburten⸗ überſchuß vorhanden iſt. Das Reſultat ſeiner Forſchungen veröffentlicht er im„Kosmos“. Daraus ergibt ſich, daß in der Vogelwelt ein ganz erheblicher„Geburtenüberſchuß“ von männlichen Tieren vorhanden iſt. So kommen z. B. beim Spatzen auf 5 Männchen nur 2 weibliche Tiere, bei 5 jungen Edelfinken ſind ſogar meiſt 3, manchmal ſogar 4 Männchen. Daraus ergibt ſich denn, daß beim Tode eines Weibchens das überlebende Männchen ſelten einen neuen Ehegeſponſten findet, während ſich beim Tode eines Männchens um die trauernde Witwe 2, gleich 3—4 Männchen bewerben. Schon Brehm erwähnt zwei Fälle dieſer Art: in einem wurde das Männchen um 7 Uhr abends abgeſchoſſen, und um 9 Uhr war die Witwe ſchon wieder verheiratet. In einem anderen Falle hatte das zurückgebliebene Weibchen ſchon in einer einzigen Stunde einen neuen Mann.— Bei dieſer Ueberzahl der Männchen in der Vogelwelt iſt kaum zu erwarten, daß auch dort ſo etwas wie eine Frauenbewegung einſetzen wird, im Gegenteil, eher iſt eine Männerbewegung zu erwar⸗ ten, und es wäre eine dankbare Aufgabe für einen For⸗ ſcher, feſtzuſtellen, ob eine ſolche nicht vielleicht ſchon unter den Vögeln beſteht. Die männlichen Spatzen halten oft eine Generalverſammlung ab, nach der man wohl auf eine ſolche Bewegung ſchließen kann tk Rietz— Mutter, die Landwehr kommt.. In Berlin trifft man ſchon jetzt Vorbereitungen für die am 14. März 1913 ſtattfindende Jahrhundertfeier der Errichtung der Landwehr in Preußen. Wie in Berlin, ſo werden auch bei allen übrigen Bezirkskommandos Erinnerungsfeiern des denkwürdigen Tages der Errichtung der preußiſchen Land⸗ wehr ſtattfinden. Gerade bei der Landwehrleuten herrſch! ja eine viel größere militäriſche Begeiſterung als bei den aktiven Soldaten, weil die Zeit all die kleinen Unannehm⸗ lichkeiten des militäriſchen Lebens vergeſſen gemacht hat, und nur noch die angenehmen Erinnerungen der romauti⸗ ſchen Soldatenzeit im Gedächtnis haften geblieben ſind. Es wird ſich wohl kein Landwehrmann von der Feier ausſchließen und alle werden noch einmal in fröhlicher Erinnerung gemeinſam durchlebter Leiden und Freuden der Soldatenzeit ſchwelgen. Wer die Landwehr begründet hat, darüber ſind ſich die Geſchichtsſchreiber noch nicht einig. Sie wurde geboren in den Jahren der Schmach, die Preu⸗ ßen nach Jena erlebt hat. In dieſen Tagen wurde ganz don ſelbſt im Volke der Gedanke der Notwendigkeit einer Volksbewaffnung wach. Der eigentliche Organiſator war General v. Scharnhorſt, der aus dem aus dem Volks⸗ willen heraus geborenen bewaffneten Bürgervolke die Grundlagen zu unſerer heutigen Landwehr legte. tt An deutſchem Weſen ſoll nach einer Ausſprache des Kaiſers noch mal die Welt geneſen. Daß der deutſche Geiſt zu allen Zeiten einen gewaltigen Einfluß auf die Völker ausgeübt hat, das ergibt ſich ſchon aus der Statiſtik über die Ausfuhr deutſcher Bücher ins Ausland. Deutſchland pro⸗ duziert auf der ganzen Welt die meiſten Bücher, weil der Deutſche eben zum„Sinnieren“, zum Grübeln, zum Leſen, zum„Schmökern“ neigt. Aber die nationalen Reibungen der letzten Zeit haben auf die deutſche Bücherfabrikation etnen unangenehmen Einfluß ausgeübt: Die Ausfuhr von deutſchen Büchern geht neuerdings erheblich zurück. Sie be⸗ lief ſich in den Monaten Januar bis September d. J. auf 87 575 Doppelzentner, gegen 91 428 Doppelzentner im Vor⸗ jahre. Dem Werte nach ergibt ſich eine Abnahme von 35,24 zuf 34,94 Millionen Mark. Auch das Exportgeſchäft in Muſiknoten erfuhr eine Einſchränkung. So müſſen die Buch⸗ drucker und Verleger darunter leiden, wenn irgendwelche übernationale Spektakelmacher den nationalen Haß ſchüren. tk Mit der Pflaumenernte iſt man in dieſem trockenen Jahre wohl in aller Welt zufrieden, beſonders auch in Serbien, dem gelobten Lande des Pflaumenbaumes, wenn dort auch von anderen Geſichtspunkten als bei uns. Der Menge nach iſt die diesjährige Ernte kaum der einer ſchwachen Mittelernte gleich zu rechnen; Beſchaffenheit und Preisnotierung aber bringen es mit ſich, daß Serbien für ſeine getrockneten Pflaumen etwa 18 Millionen Franken hereinbekommen dürfte. Für Pflaumenmus, das viel auch nach Deutſchland ausgeführt wird, wird die Einnahme auf 3 Millionen Franken geſchätzt, für friſche Pflaumen auf etwa ½ Millionen Franken. Amtlich ſchätzt man die für die Ausfuhr erzeugte Menge in getrockneten Pflaumen auf rund 3500 Waggonladungen, die in Mus auf etwa 1000 Ladungen. Von der erzeugten Pflaumenmusmenge iſt etwa % bereits ausgeführt worden; der noch lagernde Reſt iſt zum größten Teil ſchon verkauft. Die Ausfuhr hatte wie⸗ der unter dem Mangel an Eifenbahnwagen empfindlich zu leiden; viele Verfrachtungen geſchahen deswegen auf dem Waſſerwege, und die richteten ſich zumeiſt nach Deutſch⸗ land, ferner vorläufig nach Oeſterreich⸗Ungarn. Die ge⸗ trockneten Pflaumen ſind diesmal vorherrſchend großſtückige, geſchmackvolle, und infolge der ſtrengen behördlichen Auf⸗ ſicht iſt die Dörrung gut. Die Muspreiſe find ausnahms⸗ veiſe noch höher als die Pflaumenpreiſe. tk Das ſind ja Schweinehunde. Ein Privatlehrer wollte ſeinem Zöglinge den Unterſchied zwiſchen arm und reich deutlich machen.„Wie nennt man,“ begann er,„diejenigen Leute, welche kein Geld beſitzen, ſchlechte Kleider und nichts zu eſſen haben, oft ſogar betteln müſſen?“—„Arme Leute,“ antwortete der Knabe.—„Gut,“ fuhr der Lehrer fort,„wie heißen aber ſolche, welche ſchöne Kleider, viel Geld, Pferde und Wagen beſitzen, die beſten Weine trin⸗ ken, acht Schüſſeln, Kaviar, Auſtern, Paſteten und ſogar Froſchſchenkel eſſen?“—„Das ſind ja Schweine⸗ hunde!“ antwortete der Knabe ſchnell tk„Paſſive Reſiſtenz“. Die„paſſive Reſiſtenz“ ſpukt zuweilen bei verſchiedenen Beamtengruppen und daher auch in den Zeitungen. Einige von bieſen aber ſprechen dann nicht von„paſſiver Reſiſtenz“, ſondern von„untätiger Widerſetzlichkeit“, die allerdings einmal von einem Setzer — aus„Widerſetzlichkeit“ gegen die amtliche Rechtſchreibung — zur„Widerſätzlichkeit“ gemacht wurde. Dieſes Beiſpiel— d. h. nicht das des Setzers— iſt zu loben und zur Nach⸗ ahmung zu empfehlen, denn mit der paſſiven Reſiſtenz kann man gegen die Fremdwörter nicht viel ausrichten, man muß ſie mit tätiger Widerſetzlichkeit angreifen.— Es gibt auch Leute, die da meinen, die„paſſive Reſiſtenz“ laſſe ſich am beſten mit„tätiger Niederträchtigkeit“ über⸗ ſetzen. tt Seine Hoffnung. Zwei Eckenſteher prahlten neulich mit ihrer Stärke, und die Prahlerei endigte mit einer Wette, daß der eine den andern in ſeinem Tragkorbe eine lange Leiter bis zur Dachſpitze des Hauſes nicht hin auftragen könnte. Er tar es indeſſen wirklich, und der andere mußte bezahlen.„Hm!“ ſagte er ſeufzend, indem er das Geld hinzählte,„et is doch ſchade, wie du drei Stock hoch warſcht, da fingſt du an zu wackeln, da hofft ick ſchonſt, du wirſt herunter gefallen tk Das Schickſal der lebendig Begrabenen iſt das ſchlimmſte, was man ſich denken kann. Die meiſten Men⸗ ſchen haben daher eine geradezu fürchterliche Angſt vor dem Scheintod und treffen alle möglichen Vorbereitungen, um vor dem Lebendigbegrabenwerden bewahrt zu bleiben. Den Bergmann, der dort unten tief in der Grube arbeitet, trifft aber oftmals das Schickſal, daß er vom Steingeröll von der Außenwelt abgeſchloſſen wird und dort alle Qua⸗ len eines Lebendigtoten durchzumachen hat. Ein in einem kaliforniſchen Bergwerk eingeſchloſſenen Bergmann, der ſpä⸗ ter als Leiche aufgefunden wurde, hat bis zu dem Augen⸗ blicke ſeines Todes alle die Schrecken, die er lebend in ſeinem Grabe durchgemacht hat, aufgezeichnet. Neben ſei⸗ ner Leiche fand man das erſchütternde Dokument ſeiner Todesqualen, das jetzt von einer engliſchen Zeitung ver⸗ öffentlicht wird. Am 6. Oktober verzeichnet das Doku⸗ ment:„Es iſt ſchrecklich, wie eine Maus in der Falle zu ſterben, aber Gottes Wille geſchehe.“ Am 7. Oktober klagt er über Hunger und über die grauſamen Qualen, die er erleidet. Bange fragt er, ob denn keine Hilfe nahe ſei. Am 8. Oktober klagt er, daß es ihn friert und daß er müde ſei; am 9. Oktober regiſtriert er, daß er allmählich ſchwächer werde und daß das Leben langſam aus ſeinem Körper weicht... Am 10. Oktober fühlt er den Tod, der, wie er ſchreibt, ihm ſüß dünkt und den er nicht fürchtet, ganz nahe. Am 11. Oktober ſchreibt er:„Das iſt die letzte Nacht; das iſt die Ruhe... Lebt wohl!“ Hier hören die Aufzeichnungen auf. Der tote Bergmann muß eines geradezu entſetzlichen Todes geſtorben ſein. Seine Leiche wurde durch Zufall ſpäter aufgefunden. tt Die Flugmaſchine ohne Motor. Die bekannten Pi⸗ loten Gebr. Wright, die ſich um die Fortſchritte des Flugweſens große Verdienſte erworben haben, arbeiten ſchon ſeit längerer Zeit an einer Flugmaſchine ohne Motor. Sie haben eine Maſchine konſtruiert, die ſich, einmal in der Luft befindlich, längere Zeit, etwa eine halbe Stunde, ohne Motorkraft in der Luft halten kann. Nach den Berich⸗ ten amerikaniſcher Zeitungen über die Flugverſuche iſt ihnen dies auch ſchon gelungen. Wilbur Wright ſagte einem Reporter über das Ziel ſeiner Arbeiten:„Wer ein⸗ mal einen Buſſard hat auffliegen ſehen, der weiß ſofort, daß es eine Methode geben muß, durch welche man ſich in der Luft halten kann, wenn man einmal oben iſt. Was ein Vogel kann, kann ein Menſch erſt recht; darüber kann kein Zweifel ſein. Die einzige Schwierigkeit liegt darin, alle Mittel ausfindig zu machen, durch welche die Natur den Vogel ausgerüſtet hat, um ihm das Schweben zu ermöglichen. Wir haben die Abſicht, zum Aufflug einen Motor zu benutzen, und unſere Aufgabe iſt es, ausfin⸗ dig zu machen, wie wir, einmal in der Luft, für un⸗ begrenzte Zeit darin bleiben können.“ Bei der neuen Wrightſchen Flugmaſchine iſt ſelbſtverſtändlich der Flächen⸗ inhalt der Gleitflächen erheblich vergrößert. Die neue Er⸗ findung wird erheblich dazu beitragen, die ſich immer mehr häufenden Fliegerunfälle zu verringern. Beſonders beim Niedergehen im Gleitfluge ereigneten ſich die meiſten Un⸗ glücksfälle. Wenn jetzt die Möglichkeit beſteht, mit ausge⸗ ſetztem Motor ſich längere Zeit in der Luft zu halten, ſo iſt damit eine unendliche Betriebsſicherheit für Flug⸗ maſchinen geſchaffen und Unglücksfälle könnten eigentlich nur noch durch Zerbrechen des ganzen Apparates in der Luft oder durch Exploſion des Motors und durch ſonſtige aus dem Weſen der Flugmaſchine entſtehende Unglücksfälle erfolgen. „Erin„fetter“ Konkurs. Eine winzige Dividende iſt in dem Konkurſe des Bürgerlichen Brauhau⸗ ſeis in Bernau zu verzeichnen geweſen. Die zahl⸗ reichen Gläubiger erhalten nämlich nicht mehr und nicht weniger als 0, 562 Prozent. Einem Gläubiger, der hiernach eine Quote von 18 Pfennigen zu beanſpruchen hatte, wurden dieſer Tage nach Abzug des Portos und Beſtellgeldes ganze drei Pfennig ausgezahlt. Dafür ſollte der Gläubiger auch noch den Empfang des Geldes dem Konkursverwalter beſtätigen, ſo daß er alſo noch zwei Pfennia bätte zusablen können. Lokale Nachrichten. — Der Heſſiſche Bauern Verein hält morgen Mittwoch Nachmittag in Gernsheim ſeine diesjährige General ⸗ Verſammlung ab. Marktbericht. — Weinheim, 11. Novo. Zugefuührt waren 206 Milchſchweine; verkauft wurden alle das Paar zu 6 bis 18 Mark. Laufer zugeführt 28 Stuͤck, verkauft alle das Paar zu 30 bis 54 Mk. PFF! ³ A . Madl Würze empfehle allen sparsamen Hausfrauen ange- legentlichst 3 Phil. Lahres l., Rathaus- u. Ecke Holzstr. 1 e uf. Watgatz am Fürsten Alexander ist 115 stattete Pantomimen und Märchen, —— N Jean laß Gssel bach ſeſpessari 25 8 Call besonderer Nngeiqe. Ehre Verſobung beehren Sich e gebenſi ansuseſqen SJalchen Meriſein eee eee Nelles Kinematogra wieder eingetroffen und giebt täglich Mor stellungen. 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