S . — P rr D 2 g 5 Viernheimer ANachrichten Bezugspreis: 30 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Mk. 1.14 vierteljährlich. Fernſprech⸗Nr. 20 Viernheimer Zeitung er (GHeſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) Amtsblatt der Großherzoglichen Bürgermeiſterei Viernheim Geleſenſte und verbreitetſte Feitung am hieſigen Platze Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Redaktion, Druck und Verlag von Wilh. Bingener, Viernheim.— Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 19. VBiernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Ar. 153. Wochenrundſchau. o Der dichte Vorhang, der uns monatelang hin⸗ durch die Geheimniſſe der Marokkoverhandlun⸗ gen verhüllte, wird jetzt jeden Tag mehr gelüftet. Zipfelchen um Zipfelchen wird hochgehoben und wir folgen dieſen Enthüllungen mit dem Gefühle des Rei⸗ ters über den Bodenſee. Mit jedem Tage wird es klarer, daß wir direkt vor einem Kriege mit England ſtanden, der zu einem Weltbrande auszu⸗ arten drohte. England hat, das ſteht jetzt feſt, die Be⸗ teiligung an den deutſch⸗franzöſiſchen Verhandlungen verlangt und dieſe— trotzdem wir auch nicht ein Stückchen Marokko verlangten— mit der Unerfüll⸗ barkeit der deutſchen Forderung begründet. Als die deutſche Regierung durch ihren Botſchafter in Lon⸗ don dieſes Verlangen Englands zurückwies, erhob der engliſche Schatzkanzler Lord George drohend die Hand gegen Deutſchland, und das mit Zuſtimmung des geſamten engliſchen Miniſteriums. Wenn es an dieſem kritiſchen Wendepunkte nicht zum Kriege ge⸗ kommen iſt, ſo iſt das darauf zurückzuführen, daß die deutſche Regierung, geſtützt auf Heer und Flotte, die engliſche Arroganz mit ſolcher Entſchiedenheit zurück⸗ gewieſen hat, wie man ſie in England angeſichts der kritiſchen Lage wohl nicht erwartet hätte. Dieſe Ent⸗ — iſt wohl das Erfreulichſte an den ganzen arokkoverhandlungen. Der„deutſche Michel“ hat da einmal gezeigt, daß er nicht jener gutmütige Tepp iſt, als der er immer hingeſtellt wird, ſondern auch Anmaßungen energiſch zurückweiſen kann. Nach den Erklärungen des Staatsſekretärs in der Budgetkom⸗ miſſion wird auch die Rede, die der Reichskanz⸗ ler gegen die Konſervativen und Nationalliberalen im Reichstage hielt, immer verſtändlicher. Eine Regie⸗ rung, die ſo energiſch aufgetreten iſt, muß es ſelbſtver⸗ ſtändlich als große Kränkung auffaſſen, wenn ihr gerade in dieſem Punkte der Vorwurf der Schwäche gemacht wird. Und andererſeits hat die deutſche Regierung alle Urſache, nach den eben überwundenen ſchweren Tagen jedes unnötige Säbelgeraſſel gegen England energiſch zu unterdrücken, damit nicht neuer Konflikts⸗ ſtoff geſchaffen werde. In England erwartet man am Montag die große Rede des Miniſters des Auswärtigen, Greh, über die Zuſammenhänge der auswärtigen Politik. Vorher ſchon kommen allerlei Senſationen an die Oeffentlich⸗ keit. So hat ein konſervativer Politiker, der Abgeord⸗ nete Faber, die Welt mit Enthüllungen überraſcht, daß England zurzeit der George⸗Rede nicht kriegsbereit geweſen wäre. Die engliſche Flotte ſei nicht aktions⸗ bereit geweſen und hätte von der deutſchen in einzel⸗ nen Fällen leicht abgefangen und geſchlagen werden können. Im Tripolis⸗Krieg iſt eine große Pauſe eingetre⸗ ten, bedingt durch die Regenzeit. Sowohl die italie⸗ niſchen als auch die türkiſchen Stellungen waren durch Ueberſchwemmungen bedroht und die Italiener mußten ſich aus ihren Verſchanzungen bei der Oaſe Bumiliana auf Tripolis zu zurückziehen. Das iſt wohl die einzig erhebliche Verſchiebung der Kriegslage, über die zu berichten wäre. Die italieniſche Flotte hat einen Hafen im Roten Meere bombardiert und iſt dann gleich wieder verſchwunden. Kein Menſch weiß, wo ſie ſich befindet und ob es in den nächſten Tagen zu einem Angriff auf die Häfen der 8 Türkei kommen wird. Die Türkei hat ihre Häfen in einen guten Ver⸗ teidigungszuſtand geſetzt und iſt jederzeit auf einen italieniſchen Angriff gefaßt. Den Italienern ſcheint übrigens ſchon jetzt das„kleine Geld“ auszugehen. Sie haben eine Kriegsanleihe ausgeſchrieben. Die Revolution in China hat eine Entwicklung an⸗ enommen, die unbedingt zu einem Eingreifen der roßmächte führen muß. In Sianfu iſt der deutſche Poſtdirektor Henne mit ſeiner ganzen Familie ermor⸗ det worden. Außerdem iſt eine Schulvorſteherin dem Wüten der Rebellen zum Opfer gefallen. Die Nationa⸗ lität dieſer Schuſvor“eherin, einer Frau Beckmann, ſteht noch nicht feſt, es handelt ſich jedenfalls um eine Shwe⸗ din. Auch mehrere Kinder von Ausländern 1 ermor⸗ det worden. Amerika hat ſchon vor einiger Zeit eine Flotte mobiliſiert, die des Befehls harrt, nach China abzudampfen. Auch Japan ſteht auf dem Sprunge, ſich einzumiſchen. Die Bewegung der Revo⸗ luttonäre hat einige wenige Fortſchritte gemacht. Samstag, den 23. November 191. 27. Jahrgang. In Per ien ergreift Rußland jetzt offenſichtlich die Partei des geſchlagenen Exſultans Mohammed Ali. Den unwichtigen Anlaß, daß ein perſiſcher Gendarm einen ruſſiſchen Konſulatsbeamten beleidigt haben ſollte, hat es zum Vorwande benutzt, um ruſſiſche Truppen in Nordperſien einmarſchieren zu laſſen, nachdem die per⸗ ſiſche Regierung ein kurzfriſtiges Ultimatum unbeant⸗ ortet gelaſſen hatte. England und Rußland handeln bei ihrem Vorgehen gegen die perſiſche Regierung an⸗ ſcheinend auf Grund eines vorher vereinbarten Pla⸗ nes, Zur ſelb en Zeit, als Ruß and in Nordperſien ein⸗ fiel, ſchickte England indiſche Truppen nach Südperſien. Die Entwicklung wird jedenfalls darauf hinauslaufen, daß England und Rußland das perſiſche Reich unter⸗ einander„aufteilen“. ſiſche. Englands Einmiſchung in die deutſch⸗franzöſiſchen Verhandlungen iſt durch die Aufklärungen, die Staatsſekretär v. Kiderlen⸗Waech⸗ ter am 17. November in der Budgetkommiſſion gegeben hat und die jetzt amtlich mitgeteilt werden, in ein helles Licht gerückt worden. Man erkennt, daß die deutſche Diplomatie ſich energiſch der engliſchen Ein⸗ miſchung widerſetzt hat; Englands Drohungen mit Krieg haben unſere Regierung nicht geſchreckt. Wenn wir am Ende ohne Krieg unſer Ziel erreicht haben, verdanken wir das nur dem Reſpekt, den man ſowohl in England wie in Frankreich vor unſerer Land⸗ und Seemacht ha. Wirt laſſen hier einen kurzen Ueberblick über die Aufklärungen des Staatsſekretärs ſolgen: Aus den Mitteilungen Kiderlen⸗Waechters geht hervor, daß die deutſche Regierung den Mächten, auch England, vor der Entſendung des„Panther“ amtlich davon Kennt⸗ nis gegeben hatte. Die deutſche Regierung ſah in der Ent⸗ ſendung den„beſten Prüfſtein“ für den„guten Willen der Franzoſen zur Verſtändigung“. Mit der Mitteilung der Entſendung des„Panther“ ſei den Mächten, auch Eng⸗ land, mitgeteilt worden, daß„niemals die Abſicht be⸗ ſtanden habe, ein Stück von Marokko zu nehmen“. In England habe aber nichtsdeſtoweniger Mißtrauen gegen die deutſche Politik geherrſcht, und dieſes Mißtrauen ſei be⸗ ſonders in einer Unterredung des engliſchen Miniſters des Auswärtigen, Grey, mit dem deutſchen Botſchafter Met⸗ ternich zum Ausdruck gekommen. Die engliſche Regierung hat tatſächlich gewünſcht, an den Verhandlungen zwiſchen Deutſchland und Frankreich teilzunehmen, und begründete dieſes Vorgehen mit der Unerfüllbarkeit der deut⸗ ſchen Forderungen. Die Unterredungen zwiſchen dem eng⸗ liſchen Miniſter des Aeußern und dem deutſchen Botſchafter haben ſich nach der Darſtellung Kiderlens anſcheinend in einem ſehr gereizten Tone abgeſpielt. Den Höhepunkt erreichte die Spannung zwiſchen Deutſchland und England, als der engliſche Schatzkanzler Lloyd George ſeine be⸗ kannte Drohrede gegen Deutſchland hielt. Auch gegenüber dieſer engliſchen Kundgebung hat nach der Darſtellung Ki⸗ derlens die deutſche Regierung eine erfreulich entſchie⸗ dene und feſte Sprache geführt. Die Berliner Regie⸗ rung ließ in London erklären, daß dieſe Rede geeignet ſei, „die politiſche Lage zu verwickeln und zu verwirren und einer gewaltſamen Entladung entgegenzuführen.“ Auch gegenüber dem Verſuche des Miniſters Grey, die Rede des engliſchen Schatzkanzlers George zu verteidigen, iſt die deutſche Regierung entſchieden aufgetreten; ſie hat er⸗ klärt, daß drohende Warnungen Deutſchland nur zum Feſt⸗ halten an ſeinem Rechte ermuntern“ würden. Durch die friedlicher gehaltene engliſche Reuter ⸗Note vom 27. Juli wurde wieder eine glattere Abwicklung der deutſch⸗franzö⸗ ſiſchen Verhandlungen in die Wege geleitet. Dem feſten und entſchiedenen Auftreten Deutſchlands gelang es ſchließlich, daß England ſeinen Anſpruch, an den deutſch⸗fran⸗ zöſiſchen Verhandlungen teilzunehmen, fallen ließ und außerdem erklärte, die engliſchen Flottenbewegungen hätten mit der Marokkoangelegenheit nichts zu tun. Im weiteren widerlegt v. Kiderlen-Waechter die von ver⸗ ſchiedener Seite aufgeſtellte Behauptung, daß eine engliſche Anfrage vierzehn Tage lang von der deutſchen Regierung unbeantwortet geblieben ſei. Zugegeben hat er aber, daß Delcaſſe und Rouvier der deutſchen Regierung frü⸗ her direkte Verträge über Marokko und Kompenſatio⸗ nen angeboten haben. Die ſofortige Folge des Nachgebens Englands war, daß die Verhandlungen mit Frankreich gute Fortſchritte machten. In der Debatte, die ſich an die Erklärun⸗ gen Kiderlens anſchloß, wurde von allen Seiten mit Genugtuung feſtgeſtellt, daß Deutſchland ſich England gegenüber nicht ſchwach erwieſen hat. Das Märchen, wir hätten zunächſt Anſprüche auf Marokko gemacht und dieſe erſt auf Englands Drängen fallen gelaſſen, iſt end⸗ gültig aus der Welt geſchafft. 7 9* iſt es zu be⸗ obachten, daß gerade jetzt in England Stimmen laut werden, die der Regierung den Vorwurf machen, ſie ſei in den kritiſchen Tagen nicht gerüſtet geweſen. Im Auslande haben die Erklärungen unſeres aus⸗ wärtigen Amtes großen Eindruck gemacht. Bemerkens⸗ wert iſt, was unſer öſterreichiſcher Bundesgenoſſe dazu ſagt. Die oft offiziös bediente Wiener Neue Freie Preſſe ſchreibt: Seit dem Notenwechſel zwiſchen Berlin und Paris, welcher mit der Begegnung König Wilhelms und des Botſchafters Benedetti auf der Promenade von Ems endete, machte niemand den Verſuch, Deutſchland durch ſcharfe Worte einzuſchüchtern. Grey hat mit Deutſch⸗ land geſprochen wie ein Mann, welcher, geleitet von perſönlichen Abneigungen und Vorurteilen, das klare Zielbewußtſein verliert und fremden Zwecken dienſt⸗ bar wird. Die e kann nicht erklären, daß der engliſche Miniſler hitziger * 0 154 Die Welt hat es offenbar aa ben Bedenken beſonnener weanner im ortitiſchen Kabrnett zu oanten, wenn ſie von einem furchtbaren Unglück verſchont blieb. Die Marokkokriſe iſt ohne dieſen Zuſammenſtoß vorüber⸗ gegangen, und jetzt entſteht die Frage, ob damit auch die Politik des Staatsſekretärs der Vergangenheit an⸗ gehöre oder fortwirken werde. Die deutſche Flotte iſt der böſe Traum der den britiſchen Schlaf ſtört. Der jetzige Reichskanzler hatte große Luſt, ſich mit England über die Begrenzung im Flottenbau zu ver⸗ ſtändigen. Der engliſche Staatsſekretär hat die Keime der Verſöhnlichkeit zertreten. Nach den bö⸗ ſen Zwiſchenfällen des letzten Sommers ſteht die Flot⸗ tenfrage im Vordergrunde. Sie iſt leider die Frage der Zukunft; denn beide Völker können ſchwerlich noch lange ſo nebeneinander leben, und das Verhältnis muß entweder beſſer oder noch ſchlechter werden. Die Be⸗ dingung einer neuen Flottenpolitik in Deutſchland iſt eine ganz neue auswärtige Politik in Eng⸗ land. * Die engliſche Preſſe äußert ſich gegenüber den Auslaſſungen Kiderlens noch ſehr zurückhaltend. Daily Telegraph ſtellt feſt, daß 5 europäiſche Nationen von einer ungeheueren Kataſtrophe bedroht geweſen ſeien, daß das, was man für viel zu fürchterlich gehalten hat, um es zu glau⸗ ben, gerade das geweſen iſt, was beinahe ge⸗ ſchehen wäre. Aus den ganzen Auslaſſungen der engliſchen Preſſe klingt ein heilſamer Schreck hervor. Der Krieg in Tripolis. Wie verlautet, hat Italien Rußland offiziell mit⸗ geteilt, daß es entſchloſſen ſei, zur Blockade im Aegäiſchen Meere zu ſchr eiten. Wahrſcheinlich han⸗ delt es ſich um die Dardanellen; die Türkei bereitet die letzten Maßnahmen vor, um die Einfahrt in die Dardanellen zu ſperren. a Die Italiener berichten wieder über 1 große Verluſte der Türken, l die aber wohl zum Teil auf Erfindung beruhen dürften. Eine italieniſche Kolonne hat danach die Umgebung von Tripolis durchforſcht. In einem Umkreiſe von 7 Kilometer ſind 300 Leichen von Türken und Arabern aufgefunden worden. In der Nähe von Amruß konnten die Italiener das Unheil feſtſtellen, welches in den feindlichen Reihen durch die Geſchoſſe des Panzerſchiffes„Carola Umberto“ an⸗ Cgerichtet worden iſt. Ein einziges dieſer Geſchoſſe hat eine Gruppe von 52 türkiſchen Soldaten getötet. Die Revolution in China. Die Einführung der Republik wahrſcheinlich. Der Korreſpondent des„Daily Telegraph“ telegra⸗ phiert aus Peking, daß die Errichtung der chine⸗ ſiſchen Republik immer wahrſcheinlicher werde und näher heranrücke. In der Nationalverſammlung in Pe⸗ king wurde am Montag ein Antrag eingebracht, alle Feindſeligkeiten einzuſtellen und in allen neutralen Städten eine Abſtimmung über die Verfaſſung her⸗ beizuführen. Dieſer Antrag rief ſo große Aufregung hervor, daß der Präſident ſchließlich die Sitzung ſchließen mußte. ö Politiſche Nundichau. 9 E Berlin, 24. November. — Das deutſche Kaiſerpaar hat 2000 M. zum Bau einer evangeliſchen Kirche in Goſſenſaß in Tirol geſpendet. Der Kronprinz von Schweden hat ſich einer er⸗ folgreichen Blinddarmoperation unterzogen. 3 * :: Geſandtenwechſel. Der japaniſche Botſchaf⸗ ter Baron Chinda in Berlin iſt zum Botſchafter in Waſhington und der japaniſche Geſandte in Stockholm, Sugimura, zum Botſchafter in Berlin ernannt worden. :: Ein Rücktritt im Auswärtigen Amt? Der Unterſtaatsſekretär im Auswärtigen Amt, Zimmer⸗ mann, hat einen längeren Ur laub angetreten. An den amtlichen Stellen beſtreiter man, daß dieſer Ur⸗ laub den Rücktritt einleiten ſor Parlamentariſches. ? Die Budgetkommiſſion des Reichstages hat die Be⸗ ratung der Marokko- und Kongoabkommen beendet. Koloniales. . Dir neue Gouverneur von Kiautſchon. Kapitän z. S. Meyer⸗Waldeck, der neue Gouverneur von Kiautſchou, iſt in Tſingtau eingetroffen und von Deutſchen und Chineſen auf das herzlichſte begrüßt worden. f Heer und Marine. § Das erſte nuterſeeboot mit Schnellfeuergeſchütz. Wie „Daily Telegravh“ meldet, har das erſte engliſche Unter— ſeeboot, das mit e 1 Schnellfeuergeſchützen ausgerüstet iſt, eine Anzahl ſehr intereſſanter Schießübun⸗ einer [Gegründet 1884 * nzeiger 8 gen auf der Hoye von Furneß ausgeſuyrt. Wahrend das Fahrzeug auf See war, wurde der Deckel einer Luke auto⸗ matiſch gehoben, das Geſchütz erhob ſich zur Feuerſtellung, und es wurden mehrere Schüſſe abgegeben. Dann ver⸗ ſchwand das Geſchütz, und der Deckel fiel wieder auf die Luke zurück. Europäiſches Ausland. a Holland. : Die Zweite holländiſche Kammer hat Donnerstag mit 53 gegen 34 Stimmen das neue Rekrutierungsgeſetz an⸗ genommen, durch welches die Zahl der jährlich Eingeſtell⸗ ten von 17 500 auf 22 000 Mann erhöht wird. Belgien. E Die Militärdebatte in der belgiſchen Kammer nahm am Donnerstag eine ſenſationelle Wendung. Der Sozialiſt Mon ville behauptete mit großer Beſtimmtheit, daß für die belgiſche Armee nicht mehr Patronen vorhanden ſeien, als jeder Soldat bei ſich trage. Seien dieſe bei einer Invaſion verſchoſſen, ſo müßte ſich die Armee ohne Widerſtand nach Antwerpen zurückziehen. Für die Artillerie fehle es in demſelben Maße an Geſchoſſen, ebenſo fehle es an Beſpannungspferden für die Artillerie. Während der drohenden Kriſe habe man erſt im Lande umher geſchickt, um für 10 000 M. Stacheldraht für die Verſchanzung der Feſtungen aufzutreiben. Genau ſo ſtehe es mit der Bereitſchaft auf allen anderen Gebieten. Der Kriegsminiſter verweigerte die Antwort auf dieſe Fragen, da der Sozialiſt ſein Material durch Indis⸗ kretion erhalten habe. England. * Wie in parlamentariſchen Kreiſen verlautet, wird in der Debatte über die auswärtige Politik ein Antrag geſtellt werden, in welchem die engliſche Regierung aufgefordert wird, zwiſchen Italien und der Türkei ſoſort die Friedens⸗ verhandlungen in die Hand zu nehmen. 4 Das engliſche Kabinett ſteht am kommenden Montag vor einem kritiſchen Tage. Der Miniſter des Aeußern Grey wird, wenn ſeine Erklärungen über die auswärtige Politik kühl aufgenommen werden, ſofort demiſſionieren. Auch der Kriegsminiſter Haldane würde wegen der Mängel im Militär⸗ und Flottenſyſtem vielleicht mit ihm zurück⸗ treten. Auch die Möglichkeit einer Parlamentsauf⸗ löſung kommt in Betracht. Frankreich. In der Deputiertenkammer kam es am Donnerstag zu einer intereſſanten Polizeiſpitzeldebatte. Die Sozia⸗ liſten hatten einen Antrag eingebracht, in dem die Regierung aufgefordert wurde, die Namen der Polizei⸗ agenten, die in den Arbeiterorganiſationen tätig ſeien, bekannt zu geben. Der Sozialiſt Lauchs brandmarkte das Verfahren der Regierung in Arbeiterkreiſen, Poli⸗ zeiagenten zu halten, und tadelte Clemenceau und Briand. Miniſterpräſident Calliaux erklärte, er ver⸗ werfe die Verwendung von Polizeiagenten. Als Briand ſprechen wollte, hinderte ihn der Sozialiſt Caully am Reden. Er erhielt dafür einen Ordnungsruf. Rußland. * Der Reichsrat hat ſich mit 101 gegen 45 Stimmen gegen die Ablehnung der Vorlage betreffend den Glau⸗ benswechſel ſeitens der Duma und für deren Spezial⸗ beratung ausgeſprochen. Portugal. E Die Monarchiſten ſcheinen in Portugal, wenn auch nur heimlich, noch immer an der Arbeit zu ſein. In Cha⸗ ves iſt ein monarchiſtiſches Komplott endeckt worden. Alle Unteroffiziere der Garniſon ſollen ſich ver⸗ ſchworen haben, die Offiziere in dem Augenblick zu er⸗ morden, wo die Monarchiſten vor Chaves erſcheinen würden. Ein Sergeant ſollte dann den Oberbefehl über die Beſatzung übernehmen. 1 Aſien Perſien. 1 Die perſiſche Regierung gibt den Forderungen des ruſſiſchen Ultimatums nach. Die perſiſche Regierung wird die ruſſiſche wegen der„Beleidigung“ der ruſſiſchen Kon⸗ ſulatsbeamten um Entſchuldigung bitten. Wird Rußland jetzt ſeine Truppen zurückbeordern? Japan. 5 Der japaniſche Miniſter des Auswärtigen, Graf Ko⸗ mura, iſt in Tokio im Alter von 56 Jahren geſtorben. Amerika. Mexiko. * Auch der neue Präſident hat nicht vermocht, das Land zu beruhigen. Jetzt ſoll es auch ihm an den Kragen gehen. Nachrichten aus Mexiko zufolge iſt nämlich Madero von der geheimen Polizei mitgeteilt worden, daß General Reyes, Zapata und Gomez einen Bund geſchloſſen hätten, um die Regierung Maderos zu ſtürzen. 2 2 2 Soziales. + Genc ralſtreit der Damenſchneider. In der Ber⸗ liner Damenkonfektionsbranche iſt Donnerstag der Ge⸗ neralſtreik ausgebrochen. In Betracht kommen etwa 50 000 Arbeiter und Arbeiterinnen. g E Der Ausſtand in der Berliner Damenkonfektion nimmt immer größeren Umfang an. Auch in der Herren⸗ konfektion ſchweben zurzeit wieder Differenzen, die auch zu einem Ausſtand führen können. Ein Syndikat gegen den Streik. In London hat ſich ein Syndikat von Arbeitgebern gebildet, welches ſich zur Aufgabe geſtellt hat, die Streiks in den verſchiedenen Gewerben zu bekämpfen. Die Mitglieder dieſes neuen Verbandes zahlen alljährlich an ihre Arbeiter 80 Mil⸗ lionen Mark Löhne. Die erſte öffentliche Verſamm⸗ lung des Syndikats erfolgt in der zweiten Hälfte des Januar. Es wird mit dem bereits beſtehenden Arbeit⸗ geberbund in Fühlung treten und gemeinſchaftlich mit die⸗ ſem jede Ausſtands bewegung bekämpfen. Eiſenbahnunglück in Fronkreich. Die Nachläſſigkeiten bei der franzöſiſchen Weſtbahn, über die ſchon vielfach Klage geführt worden iſt, haben zu einer ſchweren Kataſtrophe geführt. 5 Paris, 23. Nov. Infolge der jüngſten neber⸗ ſchwemmung gaben die Stützen der über den Thonetbach bei Montreuil⸗Bellay, fünfzehn Kilo⸗ meter von Saumur, führenden Brücke der weſtlichen Staatsbahn nach. Der von Angers um 1 Uhr 26 Minuten abgelaſſene Perſonenzug ſtürzte in den Bach. Zahlreiche Perſonen wurden getötet. Eine weitere Meldung beſagt: Nebel hinderte den Führer des Zuges, wahrzunehmen, daß die kleine Bahn⸗ brücke ſchon vor Ankunft des Zuges in den Bach geſtürzt war. Niemand hatte den Zugführer ge⸗ warnt. Faſt alle Waggons ſtürzten mit der Lokomotive über den Abhang. Im Zuge befanden ſich etwa hun⸗ dert Paſſagiere, meiſt Marktleute und Arbeiter, von denen zwanzig am Ufer blieben. Von der nächſten Station Thomas kam ein Hilfszug, doch iſt die Rettung ſehr ſchwer, weil ſich bei der Abſturzſtelle keinerlei Schifferbarken befanden. In den erſten Augenblicken nach der Kataſtrophe hörten die am Ufer gebliebenen herzzerreißende Hilferufe. Für ein wirkſames Rettungs⸗ werk fehlten alle Mittel, und ſchwerer Nebel behinderte die, die mit eigener Kraft den Waggons entkamen. Nach der amtlichen Darſtellung ſind mit der Loko⸗ motive drei Waggons abgeſtürzt. Einige der Perſonen des letzten Waggons konnten im kritiſchen Augenblicke das Geſtrüpp am Abhange er⸗ faſſen und ſich auf dieſe Weiſe durch die Fenſter retten. Die amtliche Darſtellung beſtreitet, daß der Einſturz der 45 Meter langen Brücke ſchon während der Nacht erfolgt ſei, behauptet vielmehr, daß die Brücke nur einer ihrer Stützen beraubt geweſen ſein könnte und erſt unter dem Gewichte des Zuges vollends nachgegeben habe. Bisher wurden zwölf Leichen, darunter die von vier Frauen, geborgen. Schwe⸗ res Verſchulden trifft die Streckenaufſicht, da nir⸗ gends ein Warnungszeichen angebracht war und der Zug infolgedeſſen mit regulärer Geſchwindig⸗ keit fuhr. Die Stadt Montreuil⸗Bellay, bei der das Unglück vaſſierte, liegt in Mittelfrankreich im Departement Marne⸗et⸗Loire. der Fluß Thoule“ in den der Zug ſtürzte, iſt ein linker R.. aß der Loire. Der Fluß iſt dort ziemlich breit und tief. Ueber das entſetzliche Eiſenbahnunglück wird noch gemeldet, daß zwei Lokomotiven, zwei Tender, drei Wagen und zwei Packwagen in den Thouetfluß ſtürzten und in den Fluten verſchwanden. Dabei ſollen etwa dreißig Perſonen umgekommen ſein. Aus dem einzigen Wagen, der nicht unter den Fluten verſchwand, retteten ſich etwa zehn Perſonen. Bisher gelang es, 10 Tote aus dem Waſſer zu ziehen. Auch einer der Retter iſt ertrunken. Zahlreiche Reiſende ſuchten ſich durch Schwimmen zu retten oder klammerten ſich an die aus dem Waſſer aufragenden Bäume. Unglücklicherweiſe hatte das Hochwaſſer alle Boote fortgeführt, ſo daß die Rettung ſehr erſchwert war. Nach den amtlichen Feſtſtellungen ſind bei dem Eiſenbahnunglüuck von Montreuil zwanzig Perſonen getötet und zehn verletzt worden. Die Brückeningenieure behaupten, daß ſie ſchon ſeit zwei Jahren in wiederholten Eingaben auf den baufälligen Zuſtand der 54 Meter langen Brücke über den Thouetfluß hingewieſen und Befürchtungen wegen einer Kataſtrophe ausgeſprochen haben. Alle ihre Ein⸗ gaben ſeien jedoch erfolglos geblieben. Als am 3. Auguſt 1907 gleichfalls auf der Strecke Angers der weſtlichen Staatsbahn der Pont de Cee einſtürzte und der Eiſenbahnzug in die Loire ſtürzte, ver prach die wegen der 27 Todesopfer damals interpellierte Regierung, alle Bahnbrücken auf ihre So⸗ lidität zu prüfen. Die Anordnung wurde auch ge⸗ geben. Wie man ſie befolgte, beweiſt die Kataſtrophe von Montreuil. Die Brücke über den Thouetbach war genau von derſelben Konſtruktion und ſtammte aus derſelben Zeit, wie die vor vier Jahren eingeſtürzte. Unter den Ueberlebenden, die ſich auf das Dach eines Waggons gerettet hatten, befindet ſich auch ein Graf de Loiray, der im Geſicht durch Glasſplitter ver⸗ letzt iſt. Er rief zum Ufer hinauf:„Rettet vorerſt die anderen, ich kann hier warten!“ Aus Stadt und Land. „* Juanſchikai über die Aufſtandsbewegung. Juan⸗ ſchitai ſoll einem engliſchen Korreſpondenten auf ſeine Frage, welche Maßnahmen er zur Unterdrückung des Aufſtandes zu ergreifen gedenke, die Antwort erteilt haben, er werde Verhandlungen anknüpfen und, wenn dieſe nicht zum Ziele führten, die Sache der Nationalverſammlung anheimſtellen. Dem Willen der Mehrheit werde er ſich fügen müſſen. Die nach Peking entſandte Armee ſolle dazu dienen, die Aufſtändiſchen in Schach zu halten. Nach einer ande⸗ ren Meldung hat Juanſchikai dem Hofe erklärt, er ſehe keine Rettung mehr für die Dynaſtie. Der Regent ſoll bei dieſer Erklärung ganz aus dem Häuschen geraten ſein, wagte aber trotzdem keine An⸗ ſpielungen auf ein krankes Bein, denn, wie der Daily Telegraph mitteilt, hat Juanſchikai eine Armee von 42 Bataillonen Infanterie, 18 Batterien und 8 Ka⸗ vallerieregimentern dicht um Peking zuſammengezogen, die größtenteils zwar nicht mandſchutreu, ihm aber e ſind. N om Zeppelin 9. Das Luftſchif. nachdem es nach ſeiner Verlängerung +* r igen Probefahrten gemacht hatte, Donnerstag morgen um 7 Uhr 30 Min. zur Fahrt nach Köln aufgeſtiegen. — Das Luftſchiff Schwaben iſt am Mittwoch von Ber⸗ lin abgefahren. Das Ziel iſt Baden⸗Baden. Nachmit⸗ Ga dat kclich 1 ſtürmiſchem Wetter in Botha, wo es glücklich in der Luftſchi er⸗ gebracht wurde. 5 Luftſchiffhalle unter a Ter Sittenſtandal in Paris. Der Direktor der Pariſer Zeitung„La Lanterne“, Flachen, der der Entführung von Minderjährigen beſchuldigt iſt, hat ſich dem Gericht geſtellt. Seine Freundin, Georgette Veren, und ein Fräulein d' Auvergne ſind verhaftet worden. r Elf Arbeiter durch Erdmaſſen getötet. Beim Neubau der Petroleumraffinerie und Lackfabrik Aſtri in Konſtanza wurden elf Arbeiter durch Einſturz der Erdmaſſen verſchüttet und getötet. 5 Ein Giftmordverſuch gegen die eigene Schweſter. Eine Giftmordaffäre ſetzt die Bevölkerung von Olmütz in große Aufregung. Die Dienſtmagd Franziska Be⸗ nirſchke hatte mit ihrer Schweſter Marie vereinbart, das ihnen von ihren Eltern hinterlaſſene Erbteil, das bei der Svarkaſſe in Hohenſtadt liegt, zu Weib⸗ nachten zu beheben. Inzwiſchen war in Franzista oer Plan gereift, ihre Schweſter zu vergiften, um auf dieſe Weiſe allein in den Beſitz des Erbteils zu gelangen. Sie ſandte durch einen Schulknaben in die Wohnung des Lehrers Zauralek, wo ihre Schweſter als Köchin bedienſtet war, ein Paket mit Süßigkeiten, die ſie vorher mit Arſenikpulver beſtreut hatte. Als Marie das Paket öffnete und die beiden Kinder ihres Dienſtgebers zuſahen, gab ſie dieſen auf ihre Bitten zwei„Mohrenköpfe“. Sie ſelbſt aß nur ein Zuckerhörnchen. Beide Kinder erkrankten unter hef⸗ tigen Vergiftungserſcheinungen und ſtarben im Spi⸗ tal. Franziska Benirſchke wurde verhaftet. Die 1 lizei nahm auch die Marie B. feſt, weil ſie glaubte, daß ſie mit ihrer Schweſter in irgendeiner Weiſe an dem Verbrechen beteiligt ſei. Als der Sachverhalt klar⸗ geſtellt wurde, erfolgte aber ſofort ihre Freilaſſung. Franziska leugnet zwar, doch iſt ihre Schuld um ſo mehr erwieſen, als ſie auch der Konditor, bei dem ſie das Backwerk gekauft hat, wiedererkannte. ** Im Mittelmeer herrſcht ein furchtbarer Sturm. Das Meer hat einen Teil der Mole von Arles zerſtört. Das Waſſer dringt in die Stadt Sainte Marie de la Mer ein. Die Lage der Bewohner iſt bedrholich geworden. 5 * Eine Dynamitexploſion ereignete ſich in New⸗ vork in einem Schuppen der 72. Straße in der Co⸗ lumbus⸗Avenue. Die Fenſter wurden in einem Um⸗ kreiſe von einem Kilometer zertrümmert. In vielen Hotels und Wohnungen wurden die Leute, die beim Frühſtück ſaßen, von den Stühlen geworfen. Ein Paſſant wurde gegen eine Mauer geworfen und getötet. Viele Perſonen ſind verletzt, zahlreiche Häuſer beſchädigt worden. 0 ** Die Madonna Angelicos wiedergefunden. Die aus dem Muſeum von San Marco geraubte Ma⸗ donna delle Stellette Fra Angelicos wurde in Florenz wiedergefunden. ** Die Verrücktheiten der Frauenrechtlerinnen in England. Premierminiſter Asquith ſaß Donnerstag mit ſeiner Frau im Savoy⸗Hotel in London bei einem Diner, das das Bedford⸗College veranſtaltet hatte. In einem Nebenſaal hielten die Suffragettes eine Verſammlung ab. Zwei von ihnen, in voller Geſell⸗ ſchaftstoilette, kamen in den Speiſeſaal und machten dem Premier Vorwürfe über die Verurteilung der Suffragettes, die ſich bei den letzten Demonſtrationen vergangen hatten. Als eine der Damen entfernt wer⸗ den ſollte, klammerte ſie ſich an das Tiſchtuch an und verſuchte, das ganze Diner herunter⸗ zureißen.(1) Aber im letzten Augenblick wurde ſie noch daran verhindert. 5 „ Ein neues Mittel gegen die Schlafkrankheit. Aus Johannesburg meldet ein Telegramm der deutſchen Ka⸗ beltelegrammgeſellſchaft:„Der Leipziger Arzt Meh⸗ narto, ein Mitarbeiter Robert Kochs, iſt von einer Studienreiſe zur Unterſuchung der Schlafkrankheit auf den Inſeln des Viktoria⸗Nianſa vom Kongo hier eingetroffen. Dr. Mehnarto hat ein verläßliches Mittel gegen alle Trypanoſomakrankhei⸗ ten entdeckt und dieſe ſelbſt erprobt, nachdem er die Schlafkrankheit eingeimpft hatte, die eine ſechstägige Bewußtloſigkeit verurſachte. Die Entdeckung macht ein ungeheures Aufſehen. Dr. Mehnarto bereitet hier auf Erſuchen der mediziniſchen Geſellſchaft einen öffentlichen Vortrag vor. ** BVerſuche mit neuen Feuermeldern. Eine neue Alarm⸗ vorrichtung mit automatiſchem Betrieb wird augenblicklich verſuchsweiſe bei der Berliner Feuerwehr eingeführt, da die bisher benutzte Alarmeinrichtung den heutigen Anfor⸗ derungen nur noch in beſcheidenem Grade genügt. Die neuen Feuermelder, von denen einer bereits an der Ritter⸗ ſtraße vor dem Poſtamt 68 eingerichtet wurde, ſind mit Blinklicht ausgerüſtet und haben den großen Vorzug, daß der Ort angegeben wird, wo es brennt. Auf der Landſtraße ermordet. Auf der Chauſſee zwiſchen Brätz und Dürrlettel(Kreis Meſeritz) wurde der Landwirt Höhle, der mit ſeinem Fahrrad einen un⸗ beleuchteten Wagen anfuhr, von den beiden Inſaſſen desſelben durch Meſſerſtiche derartig zugerichtet, daß er bald darauf ſtarb. *BVeruntreuungen bei einer Sparkaſſe. 100 000 Mark betragen die Veruntreuungen uſw. des Kaſſierers Wolf bei der Ober⸗Genniner Spar⸗ und Darlehns⸗ kaſſe(Kr. Landsberg). Wolf bekleidete das Amt ſchon ſeit 17 Jahren und war ſeit drei Jahren Gemeinde⸗ vorſteher. Seit ſechs Jahren hat Wolf Gelder unter⸗ ſchlagen. Die Fehlbeträge ſind zum größten Teil durch Eintragung von Hypotheken gedeckt. Das Gut des Wolf ſoll nun zum Verkauf kommen. Vielleicht kommen dann auch die übrigen Gläubiger zu ihrem Gelde. ** Aus Seenot gerettet. Von dem deutſchen Logger „Hai“, Kapitän Schwarze, geſtrandet auf Scharhoern, mit Heringen von See nach Glückſtadt beſtimmt, wurden 10, Perſonen durch das Rettungsboot des 3. Elbleucht⸗ ſchiffes gerettet. Sturm und Unwetter. Aus Paris wird gemel⸗ det: Das Sturmwetter der letzten drei Tage hat zahl⸗ reiche Schiffsunfälle zur Folge gehabt. Der Küſtenverkehr iſt vollſtändig unterbrochen. Verſchiedene bereits ausgelaufene Dampfer mußten an⸗ geſichts des furchtbaren Orkans in den Hafen zurück⸗ kehren. Der Paſſagierverkehr mit England hat erheb⸗ liche Verſpätungen erfahren. In Savoyen hat der Sturm großen Schaden angerichtet. Bäume wurden ent⸗ wurzelt, Häuſer abgedeckt und ſonſtiger Schaden ange⸗ richtet. Sämtliche Waſſerläufe ſind aus ihren Ufern. getreten. Im Gebirge fanden mehrere infolge des an⸗ haltend ſtarken Regens veranlaßte Erdrutſche ſtatt. In Remiremont ſind heftige Schneefälle eingetreten. *Der neueſte Pariſer Skandal. Eine ſchier un⸗ glaubliche Skandalgeſchichte hält, wie die„Deutſche Tageszeitung“ berichtet, die Senſationsluſt der Pari⸗ ſer zurzeit in Atem. Die ganze Angelegenheit wird ſo geheim als möglich gehalten, weil eine Anzahl be⸗ kannter Namen darin verwickelt ſind. Der Unter⸗ ſuchungsrichter Tortat hat zwar bereits eine ganze Reihe von Verhaftungen vorgenommen, allein es war bis jetzt nicht möglich, Genaueres über die Angelegen⸗ heit zu erfahren. Dadurch, daß plötzlich der Name des Direktors der Zeitung„Laterne“, Victor Fla⸗ chon, nicht mehr auf dem Titelblatt figurierte, wurde man aufmerkſam, und es ſtellte ſich heraus, daß er nach Belgien gefloben iſt. Es liegt gegen ihn bes der gel bil fel aß neh ſeit chen ſtel. dl 05 U I fh