8 f Piernheimer Nachrichten Bezugspreis: 28 Pf. monatlich einſchl. Bringerlohn. Durch die Poſt bezogen Ml. 1.14 vierteljährlich Fernſprech⸗Nr. 20 Wochenrundſchau. .Die Berliner Parlamente ſind diesmal ſehr früh in die Weihnachtsferien eingetreten. Dem Ruf nach frühzeitiger Einberufung hat die Regierung in dieſem Jahre Folge gegeben; leider iſt dieſe Nachgiebig⸗ keit in ein Jahr gefallen, bei dem der Landtag gerade das Gegenteil von Arbeitsüberhäufung aufwies. Die letzten Tage boten im Landtage außer einer erfriſchen⸗ den Ausſprache über das Polizeiverwaltungsweſen und die noch beſtehende Rechtsgültigkeit mehrhundertjäh⸗ riger Geſetze nicht viel von Belang. Der Reichstag hatte eine große Petroleumdebatte. Der Geſetzentwurf iſt ſo gut wie von allen Seiten abgelehnt worden, doch hatte der Reichsſchatzſekretär Kühn den Mut, den ableh⸗ nenden Herrſchaften ins Geſicht zu ſagen, er rechne beſtimmt mit der Annahme der Vorlage in irgendeiner Form. Unbegründet war dieſer Optimismus wohl nicht. Die Tatſache, daß die Vorlage ein großes wichtiges Ziel verfolgt, iſt unbeſtritten; die Tatſache, daß dem Reiche daraus Vorteile erwachſen ſollen, iſt für die vor Steuervorlagen ſich ängſtigenden Reichsboten äußerſt angenehm. Die Form, nun, Herr Kühn legt auf die Form keinen großen Wert, und wenn man ſich in der Kommiſſion auf einen beſſeren Weg zum Ziele, zur Befreiung von dem amerikaniſchen Mo⸗ nopol. beſinnt, dann kann Herr Kühn noch immer recht behalten. a Der ruſſiſch⸗öſterreichiſche Kriegsalarm, der einige Zeit hindurch die Welt beunruhigte, der in Deutſch⸗ land und Frankreich ſogar zu Vorbereitungen einer Mobilmachung führte, hat nachgelaſſen. Die Serben ſtützen ſich auf Rußland, und dieſes bietet von Tag zu Tag wechſelnd, ſtärkere oder ſchwächere Stütze, je nachdem die Kriegspartei dort an Macht gewinnt oder dur e muß. Nun hat Serbien aber das Pech, aß ſeit einigen Tagen unausgeſetzt ſchwerſte Unan⸗ nehmlichkeiten in die ruſſiſche Wirtſchaft hineinſchneien. Die Schwierigkeiten in der Mongolei und mit China häufen ſich, in Perſien zeigt England, das ſich ja vor⸗ züglich auf die Ausnutzung von Verlegenheiten ſeiner Freunde“ verſteht, auf einmal wieder den feſten Willen, dieſes älteſte Kaiſertum der Welt von Rußland nicht unterdrücken zu laſſen, und die revolutionäre Stim⸗ mung in der ruſſiſchen Arbeiterſchaft wird von allen Seiten, nicht zuletzt auch von der internationalen So⸗ zialdemokratie, nach Möglichkeit gefördert. Aus ver⸗ ſchiedenen Redewendungen des Sozialdemokraten Lede⸗ bour im Deutſchen Reichstage ſcheint hervorzugehen, daß die internationale Sozialdemokratie entſchloſſen iſt, Rußland durch Wiederausbruch der Revolution an der Führung von Kriegen zu behindern, alſo der Welt eine Koſtprobe ihrer friedenfördernden Macht zu geben. Da iſt es nach der endloſen Revolution des letzten er (Heſſiſch⸗badiſcher Grenzbote) Amtsblatt der Grofherzoglichen gürgermeiſterei Viernheim Erſcheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Beilagen:„Sonntagsblatt“ und„Sonntagsfeier“ Annahmeſchluß für Inſerate: Größere ein Tag vorher, abends 5 Uhr; kleinere Rathausſtraße Nr. 19. Jahrzeyntes rein Wunder, daß oie ruſſiſche Regierung, die eben mit Freuden überall Handel und Wandel in ihrem Rieſenreiche aufſproſſen ſieht, keine Neigung hat, ſich für des ſerbiſchen Spektakelmachers Vorteile in eine verhängnisvolle Verwickelung zu ſtürzen. Jeden⸗ falls hat die Kriegspartei in Rußland augenblicklich ſehr wenig Ausſicht, und wenn die geheimen Ab⸗ machungen zwiſchen Rußland und Serbien die Ruſſen nicht bedingungslos der Willkür der Serben preisge⸗ geben haben, dann iſt die Gefahr eines europäiſchen Krieges in der letzten Zeit ſehr zurückgetreten, wenn auch anerkannt werden muß, daß die Gefahr neuer Verwickelungen außerordentlich groß iſt. Der Balkankrieg iſt, wie es ſcheint, zu Ende. Ein eigentlicher Krieg beſteht nur noch zwiſchen der Türkei und Griechenland. Dieſer Tage hieß es, die türkiſche Flotte werde ausgerüſtet, um ſich mit der griechiſchen zu meſſen. Die Türkei hat ihre beiden Schlachtſchiffe, die ſie ſeinerzeit von Deutſchland alt gekauft hat, noch nicht recht zur Geltung kommen laſſen, und das ſoll jetzt geſchehen. Vermutlich werden die den Griechen bedenklich zu ſchaffen machen. Die Griechen ihrer⸗ ſeits rücken zu Lande mit äußerſter Schnelligkeit nach Norden vor, um für die Friedensverhandlungen mög⸗ lichſt viel Pfandobjekte in ihren Beſitz zu bringen. Die Friedensverhandlungen im St. Jamespalaſt in London werden eine intereſſante Ergänzung erhalten durch Konferenzen der Balkanbundſtaaten, die ſich, zur Vermeidung allzu großer Zwiſtigkeiten der ſtreitenden Beuteverteiler untereinander, in Anweſenheit der Ge⸗ ſandten der Großmächte, vorher darüber ſchlüſſig wer⸗ den müſſen, was jeder von dem, was den Türken zu nehmen iſt, erhalten ſoll. f. n Die mecklenburgiſchen Stände haben die Ver⸗ faſſungsvorlage der großherzoglichen Regierung— wie zu erwarten war— wiederum abgelehnt. Der Ritter⸗ ſchaft paßte der Antrag nicht, weil er ihre jetzigen Vorrechte etwas ſchmälerte, der Landſchaft dagegen ging die Vorlage nicht weit genug. Daß die beiden Groß⸗ herzogtümer in abſehbarer Zeit überhaupt eine zeit⸗ gemäße Verfaſſung bekommen, erſcheint ſehr unwahr⸗ inlich. 5 55 A1 Frankreich hat die Deputiertenkammer einen ſozialdemokratiſchen Antrag, das ſtegende Heer durch ein Milizheer zu erſetzen, mit fünf Sechſtel Majorität abgelehnt. Zum Tode des Prinzregenten 5 Luitpold. 1 Die Teilnahme des Kaiſers. Dem„Berl. Lok.⸗Anz.“ zufolge will Kaiſer Wilhelm mit ſeinen Söhnen ſelbſt nach. München fahren, ebenſo Rittergut Treſſin Roman von Robert Miſch. (Nachdruck verboten.) Der diplomatiſche Platen ſorgte natürlich dafür, daß ſein Gegner oft gewann, was deſſen gute Laune ſtets ſehr Platen tat auch, als merke er es nicht, wenn der Alte beim Spiele mogelte. N Im ganzen, von gelegentlichen Reibereien und üblen Launen des Alten abgeſehen, kamen ſie gut miteinander aus. Und der Okonomierat, der ſonſt über ſeine Unter⸗ gebenen beſtändig ſchimpfte, hatte ſich in einer ſchwachen Stunde ſogar hinreißen laſſen, ſeinem alten Nachbarn, dem Baron Maltenitz, zu ſagen:„War noch nie ſo zufrieden mit'nem Inſpektor wie mit dem Menſchen. Ein ſogenannter zpatenter“ Kerl, ein Sybarit, ein Verſchwender— raucht Hapannas, hat nen eigenen Teppich. aber ein tüchtiger, verläßlicher Landwirt.“ Im ganzen Kreiſe ſprach ſich dieſe Wundermär herum, jeder war neugierig, dies Phänomen kennen zu lernen. Natürlich kam es auch ſchließlich Platen zu Ohren, der nach und nach die Bekanntſchaft der Nachbarn machte und als guter Geſellſchafter ſeines feinen Auftretens wegen von nigen der Herren eingeladen wurde. Fritz ſchloß ſich eng an Platen an und ging ihm gar nicht mehr von der Seite. Wenn es irgend möglich, brachte 10 Junge ſeine(mit der vorrückenden Jahreszeit freilich mmer ſpärlicher zugemeſſenen) Mußeſtunden bei dem neuen Freunde zu, deſſen Zigarren er rauchte, deſſen Bücher fer 115 der ihm von Berlin und ſeinen Reiſen erzählen Der Inſpektor wurde ſein Ideal, ſein Vorbild und aner 5 dem er ſich zu formen ſuchte, und den er 211 g wie as die Jugend zu tun pflegt, in gewiſſen ö een ko 111 5 ee 18 8 na 5 19 71 0 e dein r der⸗ en Schw ein ſcharfes Auge hatte, die willkommene heit, ſic derber luſtig zu machen. Im ganzen hatte aber der Alte gegen dieſe Intimität des Jungen mit dem„Neuen“ nichts einzuwenden. Der hielt ihn wenigſtens von mancherlei Dumm⸗ heiten ab, die Fritz früher an den Sonntagen in Klützow verübt hatte. Er war da in Gefellſchaft einiger leicht⸗ ſinnigen jungen Leute geraten, die ihn zum Trinken und Spielen verlockten. Vom Inſpektor konnte er— bis auf die lächerlichen modiſchen Faxen“— viel lernen. Auch war deſſen guter influß ganz offenbar. Fritz ſchien ſeine Pflichten ſeitdem viel freudiger zu nehmen und ſich mehr für die Landwirt⸗ ſchaft zu intereſſieren wie vordem. Daß der Junge auch noch ſonſt mancherlei von Platen lernte, wußte der Gutsbeſitzer freilich nicht, oder es ließ ihn gleichgültig. Aber im Feld und zu Hauſe, wo und wann ſich gerade Muße dazu fand, führten die beiden ſtundenlange Geſpräche über Bücher, Kunſt und Wiſſenſchaft, über Welt und Menſchen. Es machte dem vielbeleſenen Platen Spaß, intelligenten und lernbegierigen Jüngling ſeine Kiintniſſe mitzuteilen, deſſen Urteilskraft zu wecken und deſſen Kprizont zu erweitern. i 1 Seine Schweſter Lisbeth hielt ſich dafür um f von ihm zurück. Sie ſchien es förmlich zu vermeiden, allein mit ihm zuſammen zu treffen. Entweder umgab ſie ein Kreis von Mägden, oder ſie befand ſich unnahbar für ihn auf ihrem Zimmer. Da er den„Hof“klatſch fürchtete, der auf den Guts⸗ höfen eine nicht geringere Macht iſt als an denen der Fürſten, ſo hütete er ſich wohl, ihr nachzulaufen. Je mehr die Jahreszeit vorrückte, je weniger ließ ſich überhaupt ein Zuſammentreffen ermöglichen. Platen ritt den ganzen Tag auf den Feldern umher und ſank des Abends nach der Mahlzeit meiſtens ganz erſchöpft auf ſeinen Divan, oder noch lieber plumpſte er ſchlaftrunken gleich ins Bett. Der Okonomierat verlangte etwas von ſeinen Leuten. Und Platen, aus Liebe zur Sache ſchon an ſich ein tüchtiger Landwirt, von Haus aus pflichtgetreu und f 1 nzeig Viernhjeimer Jeitung 15 na Völkern in verſchiedenen Feſt der N 0 Viernheimer Volksblatt Anzeigen: Die Petit⸗Zeile 15 Pfg. Reklamen 40 Pfg. Bei größeren Aufträgen entſprechender Rabatt. Gegründet 1334 morgens. Jahrgang. wolten nach Ycog richtet oc unocten Hundbcsfurtem udo die Vertreter der Freien Städte perſönlich dem Regen⸗ ten die letzte Ehre erweiſen, der, obwohl neben dem Thron ſtehend, doch in Wirklichkeit der Mitgründer des Reiches geweſen war durch ſeine Beteiligung an dem Verſailler Verhandlungen und an der Kaiſerproklama⸗ tion. Vom Kaiſer iſt ein herzliches Beileidstelegramm eingetroffen. a In der Sitzung des Bundesrats gab der Reichskanz⸗ ler in einer Anſprache der tiefen Trauer Deutſchlands über das Hinſcheiden des Prinzregenten Luitpold von Bayern Ausdruck. Die„Nordd. Allg Ztg.“ gedenkt des Todes des greiſen Regenten mit folgenden Worten: Der Prinzregent hat ſeines hohen Amtes in treuer Erfüllung des Wortes gewaltet, mit dem er die Regierung antrat:„Bayerns Wohl das Ziel alles Meines Handelns. Klar und feſt ſteht ſein Charakter vor den Augen der Bayern und des deutſchen Volkes. In ſchlichter Frömmig⸗ keit und unwandelbarer Pflichttreue, in Gerechtigkeit und Selbſtverleugnung bleibt er für immer ein edles, leuch⸗ tendes Beiſpiel: ein Beiſpiel auch in der Bewährung der perſönlichen Tätigkeit des Mannes.. Das Bayernland wird die Regierung des Prinzregenten Luitpold als eine geſegnete und glückliche Zeit in dankbarer Erinnerung be⸗ wahren. Wie der Prinzregent die Beziehungen zwiſchen den Kronen Bayerns und Preußens ſtets mit Sorgfalt ge⸗ pflegt hat, ſo hat der Kaiſer ſeine Verehrung für dem älteſten der deutſchen 1 bei allen Gelegenheiten be⸗ kundet. Im Reiche und im Kreiſe der Bundesfürſten hat der Regent eine hohe Vertrauensſtellung eingenommen, wie ſie ſeiner Bundestreue und der hiſtoriſchen Rolle ent⸗ prach, deren Träger er bereits in Verſailles geweſen iſt. So wird die Trauer des bayeriſchen Volles und des Hauſes Wittelsbach von ganz Deutſchland tief und innig mitempfun⸗ den und geteilt. N 4 0 — Regent oder König? Die„Münchener Neueſten Nachrichten“ veröffentlichen in ihrer Abendausgabe einen bemerkenswerten Artikel, in welchem die Frage aufgeworfen wird: Prinzregent Ludwig oder König Ludwig der Dritte? Das Blatt tritt dafür ein, daß f Lande nun wieder ein wirklicher König gegeben werde. Der bayeriſche Regentenwechſel. Ankunft des neuen Regenten in München. pPrinz Ludwig, der neue Regent, iſt Donnerstag abend nach 7 Uhr mittels Sonderzuges in München eingetroffen. Bis Freilaſſing war ihm der Miniſter⸗ präſident Freiherr von Hertling entgegengefahren, um mit ihm während der Fahrt zu konferieren. Zum [Empfang waren auf dem Bahnhof anweſend die ſämt⸗ lichen Prinzen des königlichen Hauſes, ebenſo die Prin⸗ zeſſinnen in tiefer Trauer. Nach einem längeren Cerele fuhren die Herrſchaften zur Reſidenz, wo der neue 8 5 CCC ͥͤ ²˙ATPPVTTVTVTTCCCCCC00C0TCTTTT energiſch, wollte dem Alten beruflich noch ganz beſonders imponieren. So blieben in der ſchönſten Jahreszeit eigentlich nur die Sonntage übrig; und die füllten Beſuche und Beſucher, der übliche Kirchgang, auf den der Okonomierat ſtreng hielt, und Kartenſpiel mit dem Alten und dem Pfarrer aus. Nach Tiſche verſchwand Lisbeth meiſtens ſogleich, während ihn der Okonomierat zurückhielt. Nur zuweilen, wenn er ſich an das alte Tafelklavier ſetzte— es ſtammte noch aus der Ausſteuer ihrer früh verſtorbenen Mutter— blieb ſie lauſchend im Zimmer. Sie liebte die Muſik, und er ſpielte für einen Laien recht gut. In ſolchen Augenblicken ſchwoll ihm freudig das Herz; ſeine ganze Seele, alles, was er für ſie fühlte, legte er in ſein Spiel, um ihr in Tönen zu ſagen, was er in Worten nicht wagte und vermochte. 1 Sie ſaß in ſeiner Nähe und ſchaute ihn ernſt, wie fragend an. Am liebſten hätte er ſie in ſeine Arme ge⸗ zogen, hätte das liebe, ernſte Geſichtchen geküßt und ihr alles geſtanden. Aber der Moment, ſich mit ihr aus⸗ zuſprechen, kam nie. Und da er auch eine leiſe, geheime Furcht vor dieſer Ausſprache hatte, verſchob er ſie don Tag zu Tag. Erntezeit— heiße, ſonnendurchglühte, mühe⸗ und arbeitsreiche Tage ohne Raſt und Ende. Die Senſe blinkt, die Schnitter ſchwingen die braunen Arme, und die Mäh⸗ maſchine, verſuchsweiſe von Platen eingeführt, zieht ihre breiten Furchen durch das gelbe Halmenmeer.„Von der Stirne heiß rinnt der Schweiß“, bis endlich der letzte schwankt Wagen in die weit geöffneten Tore des Hofes wankt. Jetzt erſt gehört die Ernte dem Landwirt, wenn er ſie nicht ſchon vorher auf dem Halme verpfändet hat. Und nach getaner Arbeit, im ſicheren Beſitze, feiert er altem Brauch, der zu allen Zeiten und bei allen ormen wiederkehrt, das frohe Ernte. Fortſetzung folgt.) Regent ſich ſofort in das Schlafgemach des verewigten Prinzregenten begab und eine Zeitlang in ſtillem Ge⸗ bet an der Leiche verweilte. Alsdann ſand ein kurzer Miniſterrat ſtatt, in dem über die Trauerfeier, die Proklamation und anderes beraten wurde. Im Laufe des Donnerstag ſind im Palais des Prinzen Ludwig an 200 Beileidstelegramme aus aller Herren Län⸗ der eingetroffen. In der Reſidenz des verſtorbenen Prinzregenten wurde eine ungeheure Zahl von Krän⸗ zen abgegeben und am Sarge des Verblichenen nieder⸗ gelegt. Der erſte Regierungsakt des Prinzregenten. Das Geſamtminiſterium hat ſofort nach der An⸗ kunft des Prinzregenten Ludwig ſeine Demiſſion ange⸗ boten. Der neue Prinzregent lehnte die Annahme ab und ſyrach dem Miniſterium ſein Vertrauen aus. Auf dem Bahnhof unterzeichnete der Prinzregent Ludwig die Proklamation an das Volk Bayerns. Die Vereidi⸗ gung des Prinzregenten Ludwig auf die Verfaſſung wird vor den verſammelten beiden Kammern am Sonn⸗ abend, 21. d. M., erfolgen. Die Teilnahme des Kaiſers und der Bundes⸗ fürſten. Der Kaiſer hat durch den preußiſchen Geſandten von Treutler und der König von Sachſen durch den ſächſiſchen Geſandten Freiherrn von Frieſen die per⸗ ſönliche Teilnahme an der Beiſetzung des Prinzregen⸗ ten Luitpold von Bayern ankündigen laſſen. Der König und der Kronprinz von Sachſen haben bei dem bayeriſchen Geſandten in Dresden. Grafen Montgelas, einen Kondolenzbeſuch aus Anlaß des Todes des Prinz⸗ regenten Luitpold abgeſtattet. Die Beiſetzung findet am nächſten Donnerstag ſtatt. Außer dem Kaiſer und dem König von Sachſen hat auch der öſterreichiſche Thronfolger ſeine perſönliche Teilnahme an den Bei⸗ fetzunasfeierlichkeiten ankündigen laſſen. Die vorläu⸗ fige Einbalſamierung der Leiche hat am Donnerstag ſtattgefunden. Das Herz iſt nach der Einbalſamierung in eine Silberkapſel geſchloſſen worden und wird nach Alt⸗Detting in die Gnadenkirche übergeführt werden, wo ſich auch die Herzen der bayeriſchen Könige befin⸗ den. Die Beiſetzung am Donnerstag findet auf An⸗ ordnung des Prinzregenten Ludwig in der ſeierltchen Weiſe, wie ſie für Könige üblich iſt, ſtatt. Die Leiche wird, einem Wunſche des Verſtorbenen zufolge, in der Hofkirche an der Seite ſeiner dort ruhenden Gemahlin beigeſetzt werden. Am Sonnabend, Sonntag und Mon⸗ tag wird die Leiche in der Allerheiligen⸗Hofkirche, wo bereits die Vorbereitungen zur Aufbahrung im Gange ſind, der allgemeinen Beſichtigung zugänglich ſein. Prinzregent oder König? Im Lande regt ſich laut der Wille, daß der Prinz⸗ regent Ludwig als König das Erbe ſeines Vaters an⸗ treten ſolle, da König Otto ja unheilbar wahnſinnig iſt und die Rechte und Pflichten des Königs nicht aus⸗ zuüben vermag. Centrumsblätter und liberale Blätter geben dieſem Wunſche Ausdruck. Die liberalen Blätter gaben bereits geſtern dieſem Wunſche Ausdruck, heute ſtimmen nun auch dem Miniſterium Hertling nahe⸗ ſtehende Centrumsblätter dem Gedanken zu, und ſie verlangen direkt, daß Prinz Ludwig als König Ludwig der Dritte die Krone Bayerns auf ſein Haupt ſetze. Es handelt ſich nur darum, die Form zu finden, in der dem Prinzen Ludwig dieſer Wunſch des bayeriſchen Volkes vorgetragen wird. Vor dem Frieden. (1) Die Friedensdelegierten der vier verbündeten Balkanſtaaten ſind bereits in London eingetroffen. Auch die türkiſchen Unterhändler befinden ſich ſchon auf dem Wege nach der engliſchen Hauptſtadt. Der türkiſche Botſchafter in Berlin, Osman Niſami Paſcha, der an den Waffenſtillſt indsverhandlungen teilgenom⸗ men hatte, hat ſeine Reiſe in Berlin unterbrochen. Er kam am Donnerstag nachmittag in Berlin an, hatte bald darauf eine Unterredung mit dem Staats; ſekretär im Auswärtigen Amt, von Kiderlen⸗Waech⸗ ter, und reiſte des Nachts nach London weiter. ö In Konſtantinopel ſteht man den demnächſt be⸗ ainnenden Verbandiungen nicht gerade optimiſttſch ge⸗ genüber. Der franzöftiſche Miniſterpräſident hat ſehr gut daran getan, daß er den ſerbiſchen, griechiſchen und montenegriniſchen Delegierten, als ſie zu kurzem Aufenthalt in Paris auf der Durchreiſe weilten, den Rat gab, ſie ſollten ſich vor Beginn der Friedens⸗ verhandlungen erſt untereinander verſtändigen. Die Ausſichten der Verhandlungen ſind inſofern nicht glän⸗ zend, als die bulgariſche Regierung unnachgiebig auf der Uebergabe von Adrianopel, Skutari und Janina und der Grenzlinie Midia⸗Rodoſto beſteht. Die bulga⸗ riſchen Abgeordneten zur Londoner Friedenskonferenz haben von der bulgariſchen Regierung den ſtrikten Befehl erhalten, ganz entſchieden auf der Uebergabe von Adrianopel, Skutari und Janina zu beſtehen, ſo daß die zukünftige türkiſche Grenze von Rodoſto nach Midia über Sarai gehen würde. Das Regierungsblatt„Mir“ erklärt, daß Bulga⸗ rien enorme Opfer gebracht und deshalb auf jeden Fall einen ernſthaften und dauernden Frieden haben will. Die bulgariſche Regierung würde dieſen Frieden dann in Konſtantinopel ſuchen, wenn ſie ihn nicht in London finden würde. 0 Deſterreich und Serbien. 9 Einer römiſchen Depeſche der„Frankfurter Ztg.“ zufolge ſöll Oeſterreich in dem Fall Prochaska an Ser⸗ bien ein Ultimatum mit der Forderung der Abbitte und Beſtrafung der Schuldigen gerichtet und davon die anderen Großmächte in Kenntnis geſetzt haben. Die in dem Ultimatum geſtellte Friſt werde am Freita ablaufen. Das Blatt fügt indeſſen ſelbſt hinzu, daf dieſe Meldung kaum irgendeine Wahrſcheinlichkeit für ſich habe. Sie iſt auch von anderer Seite nicht beſtätigt Auch eine anderweitige Nachricht, die am Donners tag abend in Wien und London eintraf: die ſerbiſch. Regierung habe den öſterreichiſchen Geſandten in Bel, grad, von Ugron, verſtändigt, daß ſie bereit ſei, Oeſter reich in der Prochaskaſache Genugtuung zu geben, 66 darf noch der Beſtätiaung. Es ſtebt bisber nur feſt daß Konſul Edl, der von der oſterreichiſchen Regie rung mit der Unterſuchung der behaupteten ſerbiſchen UHebergriffe in Prisrend und Mitrowitza betraut iſt in Belgrad war und mit Herrn von Ugron eine län gere Unterredung hatte. Er trifft in den nächſten Tagen in Wien ein, um ſeinen ſchriftlichen Bericht an das Miniſterium des Auswärtigen perſönlich zu ergänzen. Griechiſch⸗ſerbiſcher Plan der Autonomie Albaniens unter engliſchem Protektorat. l Eine in Rom eingetroffene Depeſche aus Belgraf meldet ein äußerſt merkwürdiges Gerücht. Darnac ſollen Griechenland und Serbien beabſichtigen, zu er flären, daß ſie die Autonomie Albaniens annähmen, ober unter dem Protektorate Englands. Nach dieſer⸗ Prozekt, das in Athen und Belgrad ſtudiert worde iſt, ſoll Valona engliſcher Hafen werden, darf aber nich; beſeſtigt werden und auch nicht als Schiffsbaſis dienen Der hauptſächlichſte Verteidiger dieſes Proſektes ſol der griechiſche Miniſterpräſident Venizelos ſein. Griechiſch⸗fürkiſche Seeſchlacht. Ein Kampf bei den Dardanellen. (Nach einer Depeſche der„Frankfurter Ztg.“ aut Konſtantinopel iſt das türkiſche Geſchwader, das ſchor ſeit einer Woche in den Dardanellen unter Dampf lag vergangene Nacht aus der Meerenge ausgelaufen.— Zwiſchen ihm und der im Archipeel befindlichen Flott der Griechen iſt ein Kampf im Gange. — Konſtantinopel, 13. Dezember.(Meldung dei „Preßzentrale.“) Ein drahtloſes Telegramm melden den Beginn des Kampfes zwiſchen der griechiſchen un der türkiſchen Flotte. Die türkiſchen Schiffe ſind im Vorteil. da ſie die in kleine Gruppen verteilte grio chiſche Flotte geſchloſſen angegriffen haben. Außerden ſind die Griechen nicht imſtande, den Türken ein eben bürtiges Schiffsmaterial entgegeneuſtellen, da ſie mi Ausnahme des modernen Panzerkreuzers„Giorgio“ Aweroff“ nur über alte Schiffe verfügen. Der Kamp dauert zurzeit noch an. 7 1 — 4 Kämpfe be. Janina. e — Athen, 13. Dezember. Das Kriegsminiſterium ven öffentlicht folgendes Communique: Da man es für zwech mäpig erachtete, daß es einem Teile der bei Janina kon zentrierten türkiſchen Truppen während eines gegen dis Türken gerichteten Frontangriffes abgelenkt wurde, lan⸗ dete die Armee von Epirus bei Santi Quaranta, nordweſt⸗ lich von Janina, zwei Bataillone Infanterie und vie Kanonen und machte eine Diverſivn, die vollkoenmen ge lang. Sobald die Landung des griechiſchen Korps bemerd worden war, wurden den Griechen von Janina acht tüd kiſche Bataillone und zwei Batterien und zwei Belagerungs⸗ geſchütze entgegengeſandt. Nach einem Scharmützel kehrten die Griechen, ohne verfolgt zu werden, nach Santi Qug⸗ ranta zurück und gingen in guter Ordnung mit allem Kriegs⸗ material auf die wartenden Schiffe zurück. Polituche Nundſchau. 870 Rumänien und der Dreibund. Das„Echo de Paris“ behauptet heute, es ſei nicht mehr zu ver⸗ heimlichen, daß Rumänien mit dem Dreibunde, und beſonders Oeſterreich-Ungarn, unter einer Decke ſtecke, und daß, falls ein Konflikt mit Serbien oder Ruß⸗ land ausbrechen ſollte, die Regierung König Carols ebenfalls Mobiliſierungsorder ergehen laſſen und im Verein mit Oeſterreich vorgehen werde. 11 Die„Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ zur Rede des Staatsſekretärs des Innern über die Gewerk⸗ ſchaftsenzyklika. Halbamtlich ſchreibt die„Nordd. Allg. Ztg.“:„Die Ausführungen, die der Staatsſekretär des Innern am 10. d. M. im Reichstag zur Enzyklika Sin⸗ gulari quadum gemacht hat, haben zu allerhand halt⸗ loſen Kombinationen geführt. Sie ſind gemacht im Rahmen längerer juriſtiſcher Darlegungen über die Grenzen der Koalitionsfreiheit und waren provoziert durch den Abg. Müller⸗Meiningen, der behauptet hatte, die Reichsleitung habe es unterlaſſen, gegen die Enzy⸗ klika einzuſchreiten, obwohl ſie einen ſchweren Eingriff in das Koalitionsrecht der Arbeiter enthalte. Um die⸗ ſem Vorwurfe, der auch ſchon vorher in der Preſſe er⸗ hoben worden war, zu begegnen, hat der Staatsſe⸗ kretär im engen Anſchluß an vorausgegangene juri⸗ ſtiſche Ausführungen, dargetan, daß in der Enzyklika ein geſetzwidriger Eingriff in das Koalitionsrecht und ins⸗ beſondere ein Vorſtoß gegen Paragraph 153 der Ge⸗ werbeordnung und Paragraph 1 des Reichsvereinsge⸗ ſetzes nicht liege. Er hat dann ausgeführt, daß wie auf vielen anderen Gebieten ſo auch hier die Beſchäf⸗ tigung der Kirche und ihrer Organe mit allgemeinen wirtſchaftlichen und politiſchen Fragen von eminenter politiſcher Bedeutung für den Staat werden könne, dieſer aber hiergegen, ſo lange die Kirche ſich in den geſetzlichen Grenzen halte, nicht mit Gewaltmaßregeln vorgehen könne. ſondern auf diplomatiſche Einwirkung angewieſen ſei. Im Anſchluß daran hat der Staats⸗ ſekretär ausdrücklich feſtgeſtellt, daß eine derartige Ein⸗ wirkung aus Anlaß des Gewerkſchaftsſtreites in Rom erfolgt ſei, die Reichsleitung erachte die Entwickelung der intrkonfeſſionellen chriſtlichen Gewerkſchaften in den 0 nen, in denen ſie ſich bis jetzt bewegt habe, als den Staatswohle nützlich und wünſchenswert, ſie edo dieſer Auffaſſung auch Ausdruck gegeben; nachdem edoch die Gewerkſchaften ſelbſt einen Modus gefunden hätten, der nach ihrer Auffaſſung zurzeit befriedige, liege keine Veranlaſſung vor, ſich mit dieſer, wie an⸗ zuerkennen ſei, ernſten und wichtigen Angelegenheit weiter zu befaſſen. Es iſt hiernach 1 die Rede des Staatsſekretärs in Zuſammenhang mit der durch die Jeſuitenfrage geſchaffenen politiſchen Situation zu hrin⸗ gen, ode auf ſachſiche Diefoonzen zmiſchen dem Reichskanzler und dem Staatsſekretär des Innern zu e 10 1 um Fall Cohausz wird der„Frankfurter Ztg.“ berichtet: In einer in Gengenbach dee 1150 ee wurde eine Reſolution gefaßt, in der der Che es badiſchen Centrums, Geiſtlicher Rat Wacker, um 5 eee 5 ſei e„wegen des Uitengeſetzes und ſeiner brutalen Handhabung“ ge⸗ beten wied. n II„Deutſche Tageszeitung“ und Keſuiten. Das ö 0 Organ des Bundes der Landwirte, die„Veutſche Ta⸗ geszeitung“, die ſich trotz ſtrenger Wahrung en geliſchen Standpunktes durch Toleranz und als Hüterin des konfeſſionellen Friedens auszeichnet, ſchreibt zu einem„Jeſuiten und Anarchiſten“ überſchriebenen Ar⸗ tikel in der Mittwochsnummer der„Kreuzztg.“ wie ſolgt:„Jeder ee der noch efgefehag zu denken vermag, wird die Berechtigung dieſer Dar⸗ legungen und der darauf beruhenden Mahnung an den Kanzler nicht beſtreiten. Wir möchten aber die Aus⸗ führungen der Serregztg noch nach einer Richtung hin ergänzen. Der Jeſuitenpater Cohausz hat jüngſt in Freiburg i. Br. religiöſe Vorträge gehalten. Es iſt ihm eröffnet worden, daß weitere Vorträge nicht ge⸗ ſtattet werden könnten; ein für Pforzheim angeſagter Vortrag iſt verboten worden. Wie uns ein Beſucher der Freiburger Verſammlungen mitteilt, hat der Je⸗ ſuitenpater kein Wort geſagt, wodurch etwa ein evan⸗ geliſcher Chriſt hätte verletzt werden können; im Gegen⸗ teil, es wird uns verſichert, daß faſt alle Sätze, die er geſprochen hat, von jedem gläubigen Evangeliſchen hät⸗ ten unterſchrieben werden können. Er hat ſich im weſentlichen mit allgemeinen chriſtlichen Anſchauungen befaßt, die Spitze ſeiner Ausführungen war gegen den Atheismus gerichtet. Und nun vergleiche man damit. was Herr Drews in öffentlichen Vorträgen der letzten Zeit über das Chriſtentum und ſeinen Stifter geſagt hat. Der Reichskanzler hob hervor, daß durch die Zu⸗ laſſung der Jeſuiten das evangeliſche Volksempfinden beunruhigt werde. Müſſen nicht die Empfindungen aller gläubigen Chriſten, der katholiſchen wie der evan⸗ geliſchen, aufs tiefſte verletzt werden, wenn der Atheis⸗ mus ſeine fadenſcheinige Weisheit ungeſtört zu Markte tragen und dabei die gehäſſigſten Angriffe gegen den Gottesglauben und das Chriſtentum, gegen alles, was uns heilig und teuer iſt, richten kann? Will man die gebotene Rückſicht auf das evangeliſche Volksempfinden nehmen, dann muß man den Atheiſten und Chriſten⸗ tumsfeinden, die dieſem Empfinden ins Geſicht ſchla⸗ gen, das Handwerk legen. Wir hoffen, daß der Evan⸗ geliſche Bund in dieſer Forderung mit uns überein⸗ ſtimmen wird, denn auch er muß zugeben, daß die Atheiſten, die Gottesleugner, die Chriſtentumsfeinde weit gefährlicher ſind für das evangeliſche Volk und die evangeliſche Kirche als die Jeſuiten.“ Heer und Marine. § Zwei neue Luftkreuzer für Deutſchlaud. Der Kriegsminiſter General v. Heeringen hat, wie die „Landesztg. für beide Mecklenburg“ von gut unterrich⸗ teter Seite erfährt, den Bau von zwei neuen Kriegs⸗ luftſchiffen an die Zeppelinwerft in Friedrichshafen und an die Parſevalgeſellſchaft in Bitterfeld vergeben. Eu ropäiſches Ausland. Schweiz. 5 * Der neue Bundespräſident. Die vereinigte Bun⸗ desverſammlung der Schweiz wählte den bisherigen Vizepräſidenten des Bundesrats, Mueller, zum Bun⸗ despräſidenten ſür 1913, zum Vizepräſidenten purde Bundesrat Hoffmann gewählt. Beide Gewählte“ ſind radikal. eſterreich- ungarn. 5* In politiſchen Kreiſen ruft die Finanzlage Oeſter— reichs einige Beunruhigung hervor. Man erklärt, daß ſeit zwei Jahren die Lage Oeſterreichs in finanzieller Hinſich, nicht ſo ſchwierig war. Die türliſchen Anleihen, die Aus, gaben für Heer und Marine haben viel zu dieſen Schwie⸗ rigkeiten beigetragen und ſie noch erhöht. 5 Rußland. ! Infolge der durch einige Zeitungen veröffentlichten Be; richten über die unheilbare Krankheit des Zarewitſch und über beſondere Dispoſitionen für die ruſſiſche Thronfolge, die angeblich in Ausſicht genommen ſeien, wird von ruſſi⸗ ſcher autoritativer Stelle erklärt, daß alle dieſe Nach⸗ richten vollkommen unbegründet ſeien. Aſien China. R Drohender Abbruch der Verhemdlungen Rußlands mi China. Der ruſſiſche Botſchafter in Peking hat die chine⸗ ſiſche Regierung davon verſtändigt, daß ein Abbruch der Verhandlungen unmittelbar bevorſtehe, wenn China nich ſofort an die Regelung der mongoliſchen Fragen heram trete. Deutſcher Reichstag. 1 Berlin, 11. Dezember. Die zweite und dritte Leſung des Nachtragsetats, nit welchem unſer oſtaſiatiſches Pachtland Kiautſchou das Haus in Anſpruch nimmt,— was über Neu⸗ ſamerun darüber enthalten iſt, ſoll bis zum Hauptetat zurückgeſtellt werden— beſchäftigten heute auf einige Minuten das Haus. Herr Noske, der Militär⸗ und ſtolonialfachmann der Sozialdemokratie, wandte ſich eintſchieden gegen die Aufwendung von 800 000 Mark, hie in dieſem Etat für Kiautſchou infolge der letzten hineſiſchen Unruhen verlangt werden. Er beſtreitet ent⸗ chieden, daß Uebergriffe der Chineſen gegen Fremde dorgekommen ſeien und daß dieſe Forderung berechtigt eien. Der jüngſte Oſtaſienreiſende Dr. Paaſche weiſt nit temperamentvollem Wort auf Grund eigener An⸗ ſchauung die Allerweltsweisheiten des ſozialdemokra⸗ iſchen Redners zurück. Noch einmal nimmt Abg. Noske das Wort. Wichtiger, als deutſche Kultur im Auslande zu verbreiten, ſei es, die Kultur erſt einmal in Deutſch⸗ and ſelbſt auf die Höhe zu bringen. Daran fehle 28 noch ſehr. Der Nachtragsetat wird genehmigt, und nan iſt wieder bei der Koalitionsfreiheit der Arbeiter. Dabei gab es zur Abwechslung auch einmal eine Ar⸗ zeiterrede von nationalliberaler Seite. Der in Göttin⸗ zen⸗Duderſtadt gewählte frühere Eiſenbahnſchloſſer und Vorſitzende des früher von chriſtlicher Seite geletteten Verbandes deutſcher Eiſenbahnhandwerker und Arbei⸗ ter, Ickler, gab für die Nationalliberalen eine Erklärung ab, nach der die nattonalliberale Partei mit den Aus⸗ führungen des Staatsſekretärs Dr. Delbrück über die päpſtliche Gewerkſchafts⸗Enzyklika durchaus nicht ein⸗ berſtanden ſei, ging aber auf dieſe Frage nicht weiter ein. Aus ſeinen perſönlichen Erfahrungen eraus glaubte er vor unnötigen Eingriffen in die Koalitlons⸗ freiheit warnen zu müſſen. Der Redner polemiſterte gegen die Sozialdemokratie, bemerkte aber, daß Eng⸗ bersſareiten der Verwaltung die Arbeiter gerade der Soztaldemorratie zurrteven. Ver Abg. v. Winrer⸗ feldt erklärte, daß die Konſervativen die Haltung der Regierung billigen. Auch der freikonſervative Land⸗ rat Hegenſcheidk aus Hoyerswerda war mit der Hal⸗ tung der Regierung ganz einverſtanden. Abg. Behrens, der Generalſekretär des Gewerkvereins chriſtlicher Berg⸗ leute, polemiſierte des längeren gegen die Interpel⸗ lanten! Beſchränkungen der Koalitionsfreiheit ſeien bei den Parteigenoſſen Dr. Müller⸗Meiningens an der Ta⸗ gesordnung: in allen möglichen freiſinnigen Geſchäften ſeien die Mitglieder des eutſch⸗nationalen Handlungs⸗ gehilfenverbandes boykottiert worden. Darauf kam na⸗ kürlich von links eine Antwort. Abg. Böhle(Soz.) wandte ſich äußerſt heftig gegen Behrens. Als er ihm vorwarf, er ſei„abgebrüht“, bekam er einen Ord⸗ nungsruf. Abg. Weinhauſen wandte ſich noch einmal gegen des Miniſters Auffaſſung, daß der Papſt berech⸗ tigt ſei, ſolche Rundſchreiben zu erlaſſen; nach An⸗ ſicht ſeiner Partei ſei die Sache hochpolitiſch! Nach. dem noch Arbeiterſekretär Schulze⸗Schweinfurt(Ctr.) den Abg. Dr. Müller⸗Meiningen als Schutzpatron der chriſtlichen Gewerkſchaften abgelehnt hatte, war man über die Sache hinaus. Nach den üblichen perſön⸗ lichen Bemerkungen verließ man das Thema in der Hoffnung, morgen mit allem fertig zu werden. e r bec Berlin, 12. Dezemoer. Nachruf für den verſtorbenen Prinzregenten. Vom Reichstagsgebäude wehten die Flaggen halb⸗ maſt, das äußere Zeichen der Trauer um den Tod des greiſen Prinzregenten Luitpold von Bayern. Auch im Sitzungsſaale ſelbſt herrſchte ernſte Ruhe, nicht ge⸗ ſchäftiges Gehen und Kommen, Begrüßen und Privat⸗ geſpräche. Am Bundesratstiſche hatte neben den bei⸗ den Staatsſekretären Dr. Delbrück und Dr. Lisco der bayeriſche Geſandte am Berliner Hof Graf Lerchenfeld Platz genommen. Ihm ſprachen vor Beginn der Sitzung die Vorſitzenden der verſchiedenen Fraktionen im Namen dieſer ihr Beileid aus. Präſident Dr. Kaempf eröffnete ſodann mit ernſter Feierlichkeit die Sitzung und wid⸗ mete dem hohen Verſtorbenen einen tief empfundenen Nachruf. In die Tagesordnung wurde nicht einge⸗ treten, ſondern das Haus vertagte ſich, um erſt am 8. Januar ſeine Sitzungen wieder aufzunehmen. * Präſident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 15 Minuten. Die Mitglieder des Hauſes haben ſich erhoben und hören ſtehend, auch die Sozialdemokraten, die Anſprache des Präſidenten an. Präſident Dr. Kämpf: Der Regent des zweitgrößten deutſchen Bundesſtaates, Prinzregent Luitpold von, Bay⸗ ern, iſt, wie mir der königlich bayeriſche Herr Miniſter⸗ präſident mitgeteilt hat, heute morgen 5 Uhr in der königlichen Reſidenz in München verſchieden. Noch vor einigen Monaten konnten wir dem Entſchlafenen zu ſeinem 91. Geburtstage die herzlichſten Glück⸗ und Segenswünſche des Reichstages zukommen laſſen. An dem franzöſiſchen Kriege hat er im deutſchen Hauptquartier teilgenommen und wohnte der denkwürdigen Kaiſerproklamation in Ver⸗ ſailles bei. Aeltere unter uns werden ſich noch daran er⸗ innern, wie er nach dem Regierungsantritt unſeres Kaiſers zu der feierlichen Reichstagseröffnung in Berlin erſchien. Der treue Eifer, die ne Tätigkeit und Fürſorge, mit der der Entſchlafene nach der Erkrankung des Königs auch im hohen Alter die Regierung ſeines Landes führte, wird im Bayernvolke und bei uns allen unvergeſſen ſein.(Zu⸗ ſtimmung.) Ich werde nunmehr dem Prinzregenten Judwig, den parkamentariſchen Körperſchaften in München und dem königlich bayeriſchen Herrn Miniſterpräſidenten die herz⸗ liche Anteilnahme und den tiefen Schmerz des Reichstages zum Ausdruck bringen. Meine Herren, ich ſchlage Ihnen vor, unter dieſen Umſtänden in die heutige Tagesordnung nicht einzutreten und die nächſte Sitzung abzuhalten Mitt⸗ woch, den 8. Januar, nachmittags 2 Uhr, mit der heu- tigen Tagesordnung. Damit ſchließe ich die Sitzung. Schluß 11½ Uhr. Ein neuer Kulturkampf ſcheint ſich vorzubereiten. Im geradezu die Katholiken beleldigender Weiſe und mit einer Rückſichtslofigkeit ſondergleichen hat der Bundesrat ihre Wänſche betreffs Milderung des Jeſultenge⸗ ſetzes ignorirt. Den deutſchen Katholiken iſt der Fauſtſchlag verſetzt und vom Belt bis zu den Alpen ſchreit auf das katholiſche Bewußtſein! Die katholiſchen Biſchöfe petitlonteren in geſchloſſener Einheit— man legt lächelnd ihre Eingabe bei Seite. Die Oberen der anderen katholiſchen Orden treten in einer Denkſchrift ein für die Jeſuiten— man ignorirt kaltblütig ihre Worte. Das Zentrum, das der Regierung ſo vlele Dienſte er weiſt, unterſtützt das Geſuch der Oberhirten— man wendet ihm den Rücken. Die Katholiken Deutſchlands erheben zu Millionen ihre Stimmen um uhr gutes Recht— und anſtatt wenigſtens eine Milderung zu geben, tut man das gerade Gegenteil, verſchär ft das Geſetz— ſo wie man es in den heißeſten Zeiten des Kulimkampfes kaum wagte, wie dies die Ereigniſie in Freiburg und Pforzheim zeigen. Nach einer ſolchen Rückſichtsloſigkeit ſucht man in der Geſchichte anderer Völker vergebens! Wahllich, wollte man die Kathollken ſämtlich ins Lager der ſtaatsumſtüͤr⸗ zenden Aufrübrer treiben, man bätte nicht geſchickter handeln können. Aber wir Katholiken haben unſere Grundſätze, wir geben der Autorität weiter, was ihr nach Gottes Geſetzen gebührt, bafär aber verlangen wir, daß man auch uns gerecht werde und die vielen Millionen Katholiken nicht allen paritätiſchen Grundſaͤtzen zum Hohn als Luft betrachte. Haß macht bund— das zeigt ſich auch hier. Als Jeſulten, als Verteidiger der beſtehenden Ordnung verweiſt man ſie des Landes. Würden ſie aber den Prieſterrock aus⸗ ziehen, würden ſie dann als ſozlaliſtiſche und anarchiſtiſche Agitatoren das Land durchziehen und„Tod allen Fürſten pre digen,“ dann beſäßen ſie in unſerem Vaterland volle Freiheit! Ader ſie tun es nicht, ſie bleiben tren den Grundſätzen der bl. kath. Kirche, welche lehrt, daß man die Feinde lieben ſoll. Es iſt merkwürdig, die 168 frommen Männer, welche im deutſch⸗ franzöſſiſchen Kriege Hervorragendes geleiſtet und dafür dekorlert wurden, ſie bilden jetzt eine Gefahr far das mächtige deutſche gieich mit ſelnen Hunderttauſenden von Vafonetten. Schamloſe Dirnen und ſittenloſe Tänzerinnen 9 dürfen die Unſtitlichkeit befördern, das nennt man kuͤnſiler⸗ ſſchen Geſchmack, wenn aber ein Jeſuit uͤber die ewigen Heils⸗ wahrhelten predigt und nur Gutes ſtiflet, ſo nennt man das ſtaatsgefährlich. Was ſagt hierzu das proteſtantiſche konſervative Blatt die Kreuzzeltung:„Es iſt eine ſchreiende Unge⸗ rechtigkeit, wenn man die J ſulten geſetzgegeriſch ſchlechter behandelt, als ſelbſt Auarchiſten und Sozialdemokraten, wenn es einem Jeſulten z. B. verboten i, als Gaſt in einem Hauſe das Tiſchgebet zu ſprechen, während der wildeſte Radikale in öffentlichen Verſammlungen das Volk zum Haß gegen Thron und Altar aufreizen darf. Dem Reichskanzler iſt is wohl ſchon ſchwuͤl geworden mit ſeiner Erklärung im R iichstaze, ſonſt hätte er ſich nicht bei der letzten Sitzung gebrüͤckt. Zentrum, Zentrum, waan willſt du endlich hart? Aus Nah und Fern. 5 „Heddesheim, 13 Dizbr. Aus der Gemeinderats- ſitzung vom 4. Dezbr. Von der Errichtung einer Kochſchule in hieſiger Gemeinde ſoll vorerſt abgeſehen werden, da zur Zeit kein entſprechender Saal zu dieſem Zweck vorhanden iſt.— Der Firma Tiehle und Höring wurde die Herſtellung von Ver⸗ ſuchsboyrlöche rn, ſowie die Ausführung des Oauerpumpverſuches uſw. vom Gemeinderat Heddesbeim durch Vermittlung der Kul- turinſpektion Heidelberg zum Preis von 9621 Mk. übertra- gen. Mit den Arbeſten wurde bereits am Dienstag begonnen. Heddesheim, 13. Dez. Viebzählung. 232 Pferde, 452 Stück Rindvſeh, 1807 Schweine, 541 Ziegen, 6896 Stück Geflügel. * Leutershauſen, 13. Dez. Die angebliche Verhaftung eines Brandſtifters findet keine Beſtätigung. Es war hier allgemein das Gerücht verbreitet, daß die Verhaftung erfolgt wäre, j'doch hat ſich herausgeſtellt, daß dieſe Meldung auf ein Gerücht hin entſtand, das auf Uuwahrheit beruht. — Großſachſeu, 13. Dez. Tiehzählung. Pferde 130, Rindvieh 378, Schweine 464, Ziegen 218, Federvieh 2709, Hunde 97 und Kaninchen 54 Stück.(Im Jahre 1911 gab es 131 Pferde, 370 Stück Rindvieh, 485 Schweine, 188 Ziegen, 2986 Stück Federvieh, 98 Hunde und 77 Kaninchen. — Hohenſachſen, 13. Dez. Viehzählung. Pferde 25(27), Rindvieh 153(149), Schweine 220(251), Ziegen 196(200), Federvieih 1392(1509), Hunde 40(45), Kaninchen 58(49). * Ludwigshafen, 13. Dez. Geſtern vormittag tötete in Rhein⸗Gönnheim bei Ludwigshafen der 31jährige Joſef Baudy ſeine im gleichen Alter ſtehende Ehefrau durch 3 Revolverſchüſſe. Seit 3 Wochen lebte das Ehepaar in Trennung. Nach der Tat flüchtete der Gattenmörder. „ Worms, 13 Dezbr. Hier wird ſchon ſeit einiger Zeit Prima Fleiſch zu 70 Pfg pro Pfund verkauft. » Lorſch, 13. Dez. Bei der Viehzählung wur⸗ dem gezählt: 132(127) Pferde, 601(743) Stück Rindvieh, 478(917) Schafe, 917(1093) Schweine, 955(1407) Zie⸗ gen, 5315(6590) Stück Federvieh, 50(50) Bienenſtöcke. * Heppenheim, 13. Dez. Rege Bautätigk eit. Die Arbeiten zur Erbauung einer größeren Fabrik für Spin⸗ nerei und Weberei im neuen Stabtteil„Briefel“ ſind bereits in Angriff genommen und ſollen derart gefördert werden, daß nächſtes Spätjahr der Betrieb aufgenommen werden kann. Nun wurden bereits wieder letzter Tage von der Stadt zwel große Banplätze in der Kaiſerſtraße verkauft, worauf gleich⸗ falls alsbald mit dem Bau großer Villen begonnen werden ſoll. Die vier Neubauten, die zur Zeit die Bergſtraͤßer Bau⸗ genoſſenſchaft im ſüdweſtlichen neuen Stadtteil aufführt, ſind bereits im Rohbau fertiggeſtellt und dürften bis anfangs Sommer bezogen werden, da bereits mehrere Kaufliebhaber vorhanden ſind. Auch ſollen im Süden der Stadt gegen den Friedhof zu im Frühjahr einige Bauten begonnen werden, ſo daß unſere Geſchäftsleute hier wieder frohen Mutes dem kommenden Jahr entgegenſeben. „ Beusheim, 13. Dez. Bürgermeiſter Dr. Freuay iſt nach langem ſchweren Leiden verſtorben. Dr. Frenay war am 7. Februar 1858 zu Mainz geboren. Von 1884 bis 1902 war er als Rechtsanwalt in Mainz tätig und vom 1. Janu- ar 1903 ab Bürgermeiſter von Bensheim. Seit dem Jahre 1896 gehörte er auch der zweiten Kammer au, wo er als Mlt⸗ glied der Zentrums fraktion den rheinheſſiſchen Wahlkreis Nieder⸗ olm- Ingelheim vertrat. In der Kammer hat er ſich beſonders durch ſeine Tätigkeit in den Sonderausſchüſſen für die Gemeinde- ſteuerreform und die Verwaltungsgeſetze verdient gemacht, wie er überhaupt einer der tüchtigſten Berater auf dem Gebiete der Sozialpolitik war. * Hirſchhorn, 13. Dez. Privilegium für einen Wochenmarkt. Nachdem Hirſchhorn im Jahre 1391 Stadtrecht erhalten hatte, kam man auch um die Er⸗ laubnis ein, einen Wochenmarkt abhalten zu dürfen. Es wurde dies auch durch einen kalſerlichen Erlaß im Jahre 1404 geſtattet. 8 Aus Weſtdeutſ e — Trier, 12. Dezbr. Den Hinterbliebenen des Bäckermeiſters Oberhauſen in Trier wurden aus der Carnegieſtiftung 3000 Mark bewilligt. Ober⸗ hauſen iſt im Sommer bei dem Rettungsverſuch ſeines Kollegen Adler ertrunken. — Köln, 12. Dezbr. Aus der Verſtaatlichung der Köln— Bergheimer Kreisbahnen iſt dem rheiniſchen Kreis Bergheim ein ſchöner Ueberſchuß er⸗ wachſen, der ſich nach Abtragung ſämtlicher Schulden auf 1,7 Millionen Mark beläuft. In der letzten Kreis⸗ tagsſitzung zu Bergheim wurde beſchloſſen, von dieſem Ueberſchuß 1,6 Millionen in vierprozentigen Staats⸗ ſchatzſcheinen anzulegen. Der Betrieb der Kreisbahnen, die in Benzelrath Frechen Anſchluß an das Vorort⸗ bahnnetz der Stadt Köln erhalten, geht am 31. Dezem⸗ ber an den preußiſchen Staat über. Man erwartet die Elektrifizierung der Strecke Frechen Benzelrath auf Staarstoſten im Anſchrutz an die Elertriftzierung der 5 Kleinbahn Köln— Frechen. — Köln, 12. Dezember. Der Kölner Oberbür⸗ germeiſter hat von dem„Kopf des Druſus“, der ſeiner⸗ zeit hier in Köln auf der Luxemburgerſtraße ausge⸗ graben wurde, durch einen Künſtler aus Florenz eine Nachbildung in karrariſchem Marmor herſtellen und dem Kaiſer als Geſchenk zur Erinnerung an ſeinen Beſuch im Mai vorigen Jahres anbieten laſſen. Der Kaiſer hat das Geſchenk angenommen und verfügt, daß es auf der Saalburg bei Homburg Aufſtellung findet. — Elberfeld, 12. Dezember. Die Witwe des Kom⸗ merzienrats Wilhelm Wittenſtein geborene Roſalte Blank in Elberfeld feiert ihren 100. Geburtstag. — Rheydt, 12. Dezbr. Die Zahl der Typhus⸗ fälle nimmt wieder zu. Geſtern wurden 89 Er⸗ krankungen und 7 Todesfälle gezählt. Auch aus den umliegenden Ortſchaften kommen ungünſtige Berichte über Zunahme der Epidemie. — Vom Lande, 12. Dezember. Eine ſehr berech⸗ tigte Klage der Landwirte betrifft den mangelhaften Zuſtand der Wege, für welche die Gemeinden zu ſorgen haben; ſie ſind bei Regenwetter ſelbſt in ſonſt hoch⸗ kultivierten Gegenden, namentlich auch im holländiſchen Grenzgebiete, derartig ſchlecht, daß man bei ihrem An⸗ blick manchmal an Ruſſiſch⸗Polen erinnert wird. Die armen Bauern müſſen da ihre Karren kaputfahren, und die bedauernswerten Pferde werden zuſchanden gerackert. Im Gemeinderat wird ſelten eine Klage laut, denn dort ſitzen zuweilen allerlei Herren, Akademiker und Rentiers, die dieſe Wege nie zu ſehen bekommen und von ihrer Bedeutung für die Landwirtſchaft keine Ahnung haben. Die Bauern tragen die Kalamität ge⸗ duldig und ſeufzen nur:„Ja, wenn der Herr Landrat das wüßte!“ Ja, die Landräte müßten ſich gerade um dieſe Zeit mal aufmachen, zur Okularinſpektion, am beſten hoch zu Roß, denn zu Fuß oder im Wagen können ſie mancherorts nicht durch.— Freilich ſind die Einkommenſteuerzuſchläge in vielen Landgemeinden be⸗ reits furchtbar hoch(vielfach über 300 Prozent!), daß den Stadtbewohnern bei gleichen Sätzen die Augen unangenehm übergehen würden. E — Eſſen 11., Dezember. Die Städtebahn Düſſel⸗ dorf—Induſtriebezirk wird infolge der Stockungen im ſtaat⸗ lichen Eiſenbahnbetrieb wieder in den Vordergrund des Intereſſes zu ſchieben geſucht. Düſſeldorf macht ſeine Be⸗ teiligung an der Städtebahn Köln—Düſſeldorf von einer Fortſetzung derſelben nach Eſſen und Dortmund abhängig. Dasſelbe Intereſſe, das Düſſeldorf daran hat, ſich die ge⸗ ſchäftliche Konkurrenz Kölns fernzuhalten, hat Eſſen daran. eine Abflutung ſeiner Kaufkraft nach Düſſeldorf zu ver⸗ hüten. In Düſſeldorf wird ohnehin ſchon viel zuviel Geld unnütz untergebracht, das aus den Erträgniſſen der rheiniſch⸗weſtfäliſchen Induſtrie ſtrömt. Eine Städtebahn, an der die Stadt Eſſen ſich finanziell beteiligt, kann nur einer beſſeren Verbindung Eſſens mit den aufblühenden Induſtrieorten Weſtfalens dienen. Die direkte Verbindung durch eine elektriſche Schnellbahn zu den großen Induſtrie⸗ gemeinden des Kreiſes Recklinghauſen, nach dem„König⸗ reich Thyſſen“ am Rhein, das iſt das erſtrebenswerte Ziel, dem dieſe ſtädtiſche Vertretung, der Verkehrsverein, ſeine ungeteilte Aufmerkſamkeit zu ſchenken hat. N a — Menden, 12. Dezbr. Der Arbeitgeberverband macht bekannt, daß er denjenigen Arbeitern und Ar⸗ beiterinnen, die nicht in Metallarbeiterverbänden orga⸗ niſiert ſind, für die Dauer der Ausſperrung eine Unterſtützung gewährt, die die Streikunter⸗ ſtüzung der Arbeiterorganiſationen überſteigt. Aus Stadt und Land. u Die ruſſiſche Gedächtniskirche auf dem Le ip⸗ ziger Völkerſchlachtfelde. Am 28. Dezember wird in Anweſenheit des ruſſiſchen Kriegsminiſters Sſuchom⸗ linow in unmittelbarer Nähe des Völkerſchlachtdenkmals bei Leipzig die Grundſteinlegung zu einer ruſſiſchen Kirche erfolgen, die zum Andenken an die im Jahre 1813 bei Leipzig gefallenen Ruſſen und zur Abhaltung des Gottesdienſtes für die orthodoxen Ruſſen dienen und die ſchönſte ruſſiſche Kirche im ganzen Deutſchen Reich werden ſoll. * Siebzehn Diebe auf einmal verhaftet. Wegen umfangreicher Diebſtähle in Getreide, Leinſaat, Rot⸗ klee uſw., die zum Teil ſeit Jahren verübt wurden ſind in Königsberg in Preußen in den letzten Tagen ſiebzehn Faktore, Händler und Kaufleute wegen Dieb⸗ ſtahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in Haft genom⸗ men worden. * Schwerer Diebſtahl. Eine Depeſche aus Liver vool berichtet über einen neuen Diebſtahl, der mit dem Diebſtahl der Goldbarren im Werte von 400 000 Mark, der auf dem Wege von Trieſt nach Bombay auf einem deutſchen Dampfer verübt worden war, ſehr viel Aehnlichkeit hat. Ein großes Handelshaus in Lon⸗ don hatte Silberbarren im Werte von mehreren Tau- ſend Mark auf dem Wege über Liverpool nach Weſt⸗ afrika verfrachtet. Die Sendung gelangte aber nu bis Liverpool, wo ſte auf dem Wege dom Bahnhof zum Schiffe auf rätſelhafte Weiſe verſchwand. Vor den Dieben ſehlt bis jetzt jede Spur. Man vermutet daß es ſich um dieſelbe Diebesbande handelt, die den Golddiebſtahl verübt hat. 4 10 * Spaniſches. Auf einer Chauſſee in der Näh⸗ von Malaga wurde ein Ingenieur namens Wilhelm Schneider von mehreren Banditen überfallen, nieder. geſchlagen und einer bedeutenden Geldſumme ſowie wertvoller Schmuckſachen beraubt. Fuhrleute fanden Schneider ſchwer verletzt auf der Chauſſee liegend. Die Polizei ſtellt eifrige Unterſuchungen nach den Di⸗ tern an, die bis jetzt noch ohne Erfolg geblieben ſind. Es iſt noch nicht feſtgeſtellt, ob Schneider ein Deut⸗ ſcher oder ein Franzoſe iſt. Kleine Nachrichten. 1 In Debenz(Weſtpreußen) ſind die drei Kinder des Arbeiters Stahnke bei einem Stubenbrand erſtickt. 5 0% Marktbericht. f „ Seckenheim, 12. Dez. Der Schweine markt war mit 80 Stück Mülchſchweinen befahren, von denen 60 zum Prelſe von 20— 29 Mk. pro Paar verkauft wurden.