die Geſamtnation iſt die Produktionsſteige⸗ run eutſchland hat 24 Millionen Hektar landdvirtſchaftlich genutzter Fläche und 60 Millionen Menſchen. Von dieſen Menſchen werden zwei Drittel von der deutſchen Pro⸗ duktion ernährt und für ein Drittel Men⸗ ſchen müſſen die Nahrungsmittel eingefüh e werden. Wir brauchen alſo für einen Men⸗ ſchen rund ½ Hektar genutzte Fläche zur Er⸗ nährung. Kultivieren wir das 3,5 Millionen Hektar umfaſſende Oedland, dann können wir rund fünf Millionen Menſchen mehr aus un⸗ ſerer eigenen Produktion ernäbren. Handel und Verkehr. f Wirtſchaftlicher Wochenüberblick. g Erneuter Markſturz— ſtarles Steigen der ö ö Getreidepreiſe. ö Die Deviſen verfolgten während der Fanzen letzten Woche anſteigende Tendenz bei großer Ma⸗ terialknappheit. Die Umſätze waren nicht groß und die Reichsbank konnte voll zuteilen. An den Effektenbörſen dieſer Woche herrſchte ſtändiger Kaufandraug des Publikums u. der zukünftigen Spekulation, welche aus dieſem ſeitens der erſteren gezeigten Bedürfniſſe noch raſch Nutzen ziehen möchte. Beſonders befragt waren Elektrowerte, Bankaktien und Kaliwerte. Ferner ſollen dauernd große Kaufaufträge des Auslands für chemiſche Werte vorliegen. Am Produktenmarkte gingen die Kurſe infolge der Deviſenſteigerung ſcharf weiter in die Höhe, jedoch blieben die Umſätze klein. Das Mais⸗ geſchäft liegt noch immer völlig ruhig. eine Teuerung am Fettmarkt. welche noch durch ſtürmiſche Nachfrage nach Fetten aller Art, die in Erwartung höherer Preiſe einſetzte, verſtärkt wurde ei lee Das Geſchäft am Metallmarkt ſſt fehr ruhig, einmal weil der Konſum infolge Nichtmit⸗ gehens der Silberwarenpreiſe im Kauf zurückhal⸗ tend iſt und zum anderen, weil die Käufer bei den kataſtrophal geſtiegenen Preiſen Rückſchläge be⸗ fürchten. Bezeichnend iſt, daß d. Silberpreis augen“ blicklich 10 bis 15 Prozent unter Weltmarktparität liegt. Wir hörten für Platin 390 000 M., für Gold 65 000, für Silber 20050 M. pro Gramm. Am Warenmarkt halten die Wareneigner mit dem Verkauf zurück, ſodaß überall Knappheit eintritt. Die Verkäufer ſehen leine Möglichkeit, ſich zu den Preiſen, wie ſie verkauft haben, wieder einzudecken, da die Großhandelspreiſe meiſt höher 55 die Detailpreiſe und die FJabrikpreiſe höher als ie Großiſtenpreiſe ſind% 4% „n „eee; Die raſche Steigerung des Dollars brachte auch 1020150; Kepeſhegen eo a 7 1 2048,50: Helſingfors 9192, Jlalzen 5511,0z g 114712; Paris 72310; Sch⸗ Newark ies en Tade 50 pets Spanien 17157 10 reich geſtempelt) 190,30; Prag 3181 9 6 Berlin, 18. Junl. Die mung aun Deviſenmarkt der vergangenen Woche war zumtenn auch am geſtrigen Sonntag vorhanden, wenn au ein Handel in ausländiſchen Zahlungsmitteln n ſtattfand. Da auch in Newyork der Markkurs mt 10 05 Berliner Schlußkurſen vom Samstag über 1 ſtimmte, ſo wurde geſtern der Dollar ziemlich un perändert genannt, und zwar mit 119—120(004 1 Humoriſtiſches. Hell muß es ſein.„Donnerwetter, iſt das aber inſter bei Ihnen; ich denke, Sie haben ſich elek⸗ riſche Beleuchtung angeſchafft?“—„Ja, ich ſuche ben nur die Streichhölzer, daß ich den Gasanzün⸗ er anbrenne, womit ich die Flamme anſtecke, bei er ich den elektriſchen Knopf finden kann!“ *. Noch ſchlimmer.„Dem Menſchen wollen Sie Ihre Tochter zur Frau geben?“ Ja, wiſſen Sie enn, daß der ſchon vier Jahre Zuchthaus abge⸗ eſſen hat?“—„So ein Schuft, mir hat er geſagt: wei Jahre!“ ö *. Veim Arzt.„Herr Doktor, mein Magen knurrt ortwährend, was mache ich da nur?“—„Vermie⸗ en ſie ihn doch als Wachthund!“ N . Schlimm.„Meier iſt alſo ein ſo oft beſtraftes Zubjekt?“—„Na, ich ſage Ihnen: Der kriegt ſo⸗ jar ſeine Poſtſachen nur mit Strafporto!“ g * Einfach. Frau:„Wie kann B. nur mit dieſem gehalt auskommen?“— Mann:„Sehr einfach. Er ebt einfach, kleidet ſich einfach und bezahlt einfach — nicht!“ . M„ S Weinheim, 16. Juni.(Schweine⸗ markt.) Zugeführt 187 Stück, verkauft 187 das Stück von 200000 bis 280000 Mark, Läufer das verkauft Stück. Milchſchweine wurden Stück von 300 000 bis 490 000 Mark. Mar. Nächſten Donnerstag Abend präzis halb 9 Uhr im Gaſthaus zum„Freiſchütz“ außerordentliche Verſammlung. Hierzu laden wir unſere Mitglieder und Ehren⸗ Der Vocſtand. mitglieder höflichſt eln. Aibdggsddalte Uh. Bedienungs⸗P Raſieren Haarſchneiden ½ mm und 55 Stehhaar 0 Kii;ͤõöꝰ Halblang reiſe: 500 Mk. 2000 Mk. 2500 Mk. Kinder⸗Haarſchneiden 1000 Mk. 1500 Mk. Samstag und Sonntag Haarſchneiden doppelt. Die Friſenre Vieruheims. e für für Lumpen, a zum Rebſtock. Sportpolatz um Apoll. Morgen Mitt⸗ woch abds. ½7 Wettſpiel Gp.⸗Verein 09 1 Erſ, Liga Waldh. 1 perlen, Schmuck ſachen, Brenn- Iſtifte, Zahnge⸗ W hiſſe, Uhren und Pfandſcheine Jumelen kauft und tauſcht ſtreng reell Auniner-Sommer Q 4, 1, 2 Tregpes Mannheim. lität hält an blen Donn „Freiſchütz“ eine außerordentliche Verſamn ab, zu der die Mitglieder und Ehrenmitglieder reſtlos erſcheinen wollen.(Stehe Inſerat).. des Bezugspreiſes. ſieht ſich infolge der überraſchend eingetretenen Papierverteuerung gezwungen, den Bezugspreis um weitere 1000 Die Löhne der ebenſo mußte den Zeitungsträgern mehr Lohn bewilligt werden. den Verhältniſſen Rechnung zu tragen und dem Verlag auch weiterhin die — Erhöhung des Der„Viernhelmer Anzeiger“ Mark pro Juni zu erhöhen. Gehilfen haben ſich verdoppelt, Wir bitten, Treue zu bewahren. im 2. als Nachtrag d lung mithin zuſammen d. herigen Zielbetrages. rungen ergehen nicht.— Für des R. J. erſtrecken ſich— ohne daß es eines nochmaligen Abgabe. a Beſcheide für 1922 lung vorzulegen, andernfalls Quittungsformular zu entrichten ſind. Viernheim, den 18. Junt 1923. Jöſt, Rentmeiſter. Bekanntmachung. Die ee e. nd bei der Zah⸗ Amtlicher Teil. Betr.: Milchpreiserhöhung. Et. Mitteilung des der Stallpreis für 1 Liter Milch auf ab 18. Juni 1923 erhöht. Demgemäß treten von ab folgende Preiſe in Kraft: a 1500 Mk. ab Stall 1725 Mk. ab Odenwald 2000 Mk. ab Sammelſtelle. Betr.: Preiſe für Zucker. Der Preis für den Zucker, der Reichszuweiſung für den Monat zur Verteilung kommt, wurde 3.„ Würfelzucker Dieſe Preiſe ſind Höchſtpreiſe des Geſetzes. f. Betr.: Abſchaffung eines Faſelochſen. Mittwoch, den 20. ds. Mts., 11 Uhr gemäſteter Lamberth. Städtebundes wurde dieſem der auf Grund für das Pfund einſchließlich Düte wie folgt feſtgeſetzt: 1 1 gemahlenen Zucker u. Kriſtallzucker 1700 M. 2.„ Grleßraffinade und Puderzucker wird eig zur Zucht untauchlicher gut Faſelochſe auf dem Rathauſe dahier an die Meiſtbietenden öffentlich verſteigert. Heſſiſche Bürgermeiſterei Viernheim. Betr.: Sprechſtunden der Wohnungskommiſſton. Die allgemeinen Sprechſtunden der Woh⸗ nungskommiſſion fallen am Mittwoch, den 20. ds. Mts. aus. Es werden nur die geladenen 1500 Mk. Perſonen abgefertigt. ö Wohnungskommiſſion: Zeitpunkte FJ. W̃ e b er. Betreffen: Höchſtpreiſe für Brenn⸗ und Heizſtoffe. Für den Kreis Heppenheim werden mit prelſe für Brenn⸗ und Heifſtoffe feſt 170 5 Fettnußkohlen 1— 1 23840 Mk. Eßnußkohlen 1-2: Fett⸗Gückkohlen Mager⸗Sückkohlen 5 Anthracitnußkohlen 2 5 Gleßereikoks 5 Brechkoks 1-2 5 Brechkoks 3 Braunkohlenbriketts e Oberſchleſiſche Nuß⸗ u. Würfelkohlen Caſſeler und Mitteld. Braunkohlen Rheiniſche Braunkohlen Grudekoks Die Preiſe verſtehen ſich für einen Zentner Mai 1923 23450 Mk. 23940 Mk. 27940 Mk. 26350 Mk. 29430 Mk. 27810 Mk. 13820 Mk. 1750 M. 1850 M. im Sinne vormittags 5*** tr. je 160 Mark billiger. Wer die feſtgeſetzten Höchſtpreiſe überſchreitet Gemäß Bekanntmachung Heppenheim vom 6. d. Mts. Krets⸗Verordnungs⸗ aufangs Juli l. Is. gabe und allgemeiner Gemeindekaſſe. des Kreisamtes in Nr. 76 des und Anzeigeblatts iſt bis an Wohnungsbauab⸗ Nachtragsabgabe für 4. kommt, wird beſtraft. Heppenheim, den 15 Juni 1923. Heſſ. Krelsamt Heppenheim. J. V.: Dr. Jann. . Wir bitten die Viernheimer Bürger. nochmals ihren alten Kram ans den Ecken serausholen. Wir zahlen: Eiſen per Kilo 750. „ 800. f. Metalle nach Dollarkurs Ablieferungstage: Morgen Mittwoch und Donnerstag in der Wirtſchaft über Landwirt(Witwer), mit 3 Kindern von 12—18 Jahren, katholiſch, ſucht ſich wleder zu verhelraten. Event. nehme auch Haushälterin. Damen, auch Witwen, die ſich gut unterbringen Der Vorſt. Einige tüchtige eingearbeitete For ererianen gegen hohe Bezahlung für dauernde Be⸗ ſchäftigung ſofort geſucht. 1 Exped. d. Bl. verſchloſſen abzugeben. Der Antrag iſt ernſtgemeint. Heirat! wollen, belieben ihre Adreſſe in der und ie Emaille⸗ Gasherd verkaufen. eee Ein guterhaltenes und ein faſt neuer wegzugshalber zu Von wem, Jag die . Heirat! Junge Dame, Anfang 20, von an⸗ genehmem Aeußern, z. Zt. in Holland, wünſcht Briefwechſel mit gebildetem Herrn nicht über 30 Jahre. Bel gegen⸗ ſeltiger Zuneigung ſpätere Heirat nicht ausgeſchloſſen. Bild erwünſcht. Gefl. Offerten unter C. W. an die Exped. des Viernhelmer Anzeigers. Pohn⸗ Haus kauft Bartmann 32,22 (ev. Geſchäftshaus) Mannheim) oder Wirtſchaft Kücheneinrichtungen von 63009 weißes SGlafzimmer Diwan S770 tik. Dipl. Schreib⸗ 10 8 15 Schränke Off. u. B 5725 an wie Fahrräder Nah⸗ D nz 50% Cpaiſel.— zu kaufen geſucht Baer Kinperbett o, n genoſſenſchaft Viernheim. Mittchoch, den 20. Juni 1923 abends ½8 Uhr findet im Lokal eine Vorſtands-Sitzung mit anſchließender Mitglieder⸗Verſammlung N ſtatt. Der Vorſtand. Wegen den am Sonntag deu 24. Juni 1923 ſtatt⸗ findenden Bezirksturnfeſt finden dieſe Woche 4 Turn⸗ tunden ſtatt und zwar Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag. Reſtloſes Etſcheinen aller akttven Turner erwartet Der Turnwart. ET f ruckr besten jeglicher Art für Gewerbe, Handel und Behörden in sauberer, ge- schmackveler Ausführung liefert in kur- o Zeit u. zu mässig. Preis. Aachdruckerei Jok. Martin I Verlag des“ Viernheiser Anzeiger. —— Mao MoHD-, ZENTRAL UD S0 AMERIKA AFRIKA, OS TASE NN USW. Blige Befsrdetrung über destsche ugd 61 Fadſs ode Hef.— Hervetfagende 1 Kisses mit Speise- u RSHA, Arestk esse 86 one ü. 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Wagenverkehr, in Barzahlung frei vor's Haus des Verbrauchers a Generals Degouette bewirkt worden ſind und' Vom Eiſenbahnwagen oder Lager abgeholt 1 5 oder wer der Aufforderung der zuſtändigen Be⸗ hörde zum Verkauf von Brenn⸗ und Helzſtoffen für die Höchſtpreiſe feſtgeſetzt ſind, nicht nach⸗ der Beſetzung rung der Reſtitutionen gegeben. gegeben werden. brauch diefe „Biernheimer Anzeiger“ erſcheint und Samstags.— Der monatliche Post bezogen monatlich 5000.— Mk. Ferrſprecher Nr. 217 int Viernheim. i hei Geſchuͤfts⸗Anzeiger Viernheimer Zeitung— Viernheimer Bürger⸗Zeitung Erſte und älteſte Zeitung am Platze. Amtsblatt der Heſſ. Bürgermeiſterei und des Polizeiamts Viernheim Donnerstag, den 21. Juni 1923 Inſerate ſiaden im„Biernheimer Anzeiger“ wirkſamſte Verbreitung. Vereins⸗Anzeiger er Anzeiger Viernheimer Volksblatt Falte 800. lt. Die 10 geſpaltene Petit⸗ eile 300.— Mk. für lokale und 400.— Mk. für auswärtige.— Die Reklame⸗Zeile 600.— Mk.— Vei öfteren Wiederholn Rabatt.— Beilagen: pro 100 1000.— Mk. Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. 36 — 5 zſtſcheckkente Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M. 40.— Neue Druckmittel und Raubverordnungen. Die Aushungerung des Ruhrgebiets. Eſſen, 19. Juni. Die durch Unterbindung der letzten Verkehrslinien im Ruhrgebiet von den Franzoſen erſtrebte Hungerblockade macht ſich bereits bemerkbar. Bisher beſtand die Möglichkeit, wenigſtens Milch bis in die Infolge Herbeſt⸗Dorſten ſind geſtern keine Milchtrans⸗ porte in Eſſen eingetroffen. Soweit als möglich, werden Lebensmittel durch Kraft⸗ wagen in die großen Städte gebracht. Der Lebensmittelverbrauch iſt indeſſen ſehr groß, ſo daß es zweifelhaft erſcheint, ob ſeine Dek⸗ kung ſich auf die Dauer wenigſtens für einen weſentlichen Bezirk des Ruhrgebietes durch⸗ führen läßt. Dazu kommen Erſchwerungen im Kraftwagen⸗ und neuerdings auch im die durch Verordnung des infolge deren die Lebensmittelverſorgung zufs Aeußerſte gefährdet iſt. Weiter muß auch mit einer Knappheit des Betriebsſtoffes für Laſtkraftwagen gerechnet werden. Bei der verſchiedenen Bahnhöfe iſt eine große Anzahl Waggons mit Lebens⸗ mitteln den Franzoſen in die Hände gefal⸗ en. Die Kartoffel- und Fettverſorgung hat ſich erheblich verſchlechtert. Die Nachfrage nach Kartoffeln kann bei weitem nicht mehr befriedigt werden. Die Fleiſchverſorgung des Ruhrgebietes hat unter anderem auch durch die gewaltſamen Preisfeſtſetzungen der Kontrollkommiſſionen gelitten. Dieſes Vor⸗ gehen und die Unterbindung durch die Be⸗ ſatzungstruppen hat dazu geführt, daß mit Störungen in der Fleiſchverſorgung gerechnet werden muß. Auf deutſcher Seite iſt man nit größter Energie am Werk, die großen Schwierigkeiten in der Lebensmittelverſor⸗ zung zu überwinden. Auf franzöſiſcher Seite ſcheint man zwar die Einfuhr von Lebens⸗ mitteln nicht direkt zu verhindern, indeſſen kann gar kein Zweifel darüber beſtehen, daß die Franzoſen mit der indirekten Hunger⸗ blockade zu dem letzten Mittel gegriffen ha⸗ ben, um den unbeugſamen Willen zum paſ⸗ ſiven Widerſtand bei der Ruhrbevölkerung zu brechen. i b Inbeſitznahme von Berg⸗ und Hüttenwerken. — Androhung ſchwerer Strafen. Eſſen, 19. Juni. Hier ſind zwei neue Ver⸗ ordnungen des Generals Degoutte veröffent⸗ licht worden. In der einen werden neue Be⸗ ſtimmungen für die zwangsweiſe Durchfüh⸗ 1 Darnach können Berg⸗ und Hüttenwerke, wenn die für die Reſtitutionen angeforderten Gegenſtände nicht geliefert werden, in Beſitz genommen und entweder von den franzöſiſchen Kriegs⸗ ſtellen direkt betrieben oder in Konzeſſionen 9e Die Verordnung ſieht Ge⸗ fängnisſtrafe bis zu 15 Jahren und Geld⸗ trafe bis zu 150 Millionen Mark vor. Per⸗ ſonen, die gegen die in Beſitz genommenen Werke Sabotageakte begehen, oder ſie nicht verhindern, werden mit dem To de beſtraft. AUnlet Kontrolle. Paris, 19. Juni. Der„Petit Pariſien“ teilt mit, er glaube zu wiſſen, daß die Be⸗ ſatzungsbehörden zwei neue Maßnahmen er⸗ griffen haben, um den Druck zu verſtärken. 1. hätten ſie beſchloſſen, von nun ab den Transport von Koks im Innern des Ruhr⸗ gebiets zu unterſagen. Der Transport könne augenblicklich nur noch für ſolche Firmen burchgeführt werden, denen es gelinge, einen veil des fabrizierten Kokſes zu verſtecken. 2. In zweiter Linie ſei am 15. Juni von General Degouette ein Erlaß veröffentlicht worden, wodurch alle Eiſenbahnlinien im Innern des Ruhrgebiets, die bisher noch außerhalb des Kontrollſyſtems geblieben eien, u fontrolle geſtatte es, von nun ab den Ge⸗ verſchiedenen Linien— ſei es für den Warentransport, ſei es für den Er nährungstransport())— zu überwachen. fnibtmf es zu Verhandlungen 1 Ruhrkonflikte eine Verſtändigung oder doch wenig⸗ ſtens Verhandlungen anzubahnen, ſpielte verſchie⸗ dentlich der Gedanke eines„Waffenſtillſtands“ eine Rolle. Engliſche Blätter wollten dabei ſogar von einem„Wunſche Frankreichs nach direkter Ver⸗ ſtändigung“ wiſſen. Es gehört aber ſchon ein gro⸗ zes Maß von Gutgläubigkeit dazu, dies für bare Münze zu nehmen, nach all den dickköpfigen Aeuße⸗ zungen aller franzöſiſchen Inſtanzen! Der„Sozd. Parlamentsdienſt“ ſchreibt zu der Frage: „Ju maßgebenden Kreiſen der Ruhrbevölkerung denen das Wohl unſeres Landes höher ſteht als eine kurzſichtige Preſtigepolitik, iſt man zu einer deutſchfranzöſiſchen Beſprechung über den paſ⸗ iven Widerſtand, die in freundſchaftlichem Geiſte jeführt wird, bereit. Der abzuſchließende Waffen⸗ tillſtand muß aber auf Gegenſeitigkeit auten. Darunter verſtehen die Arbeiterſchaft der Ruhr ſowie die Unternehmer und Kaufleute des Ruhrgebiets in erſter Linie die Freilaſſung ſämt⸗ icher Verhafteten, die Rückkehr der Ausgewieſenen ind die Aufhebung ſämtlicher Verkehrsbeſchränkun⸗ jen und den Fortfall der franzöſiſch belgiſchen kiſenbahnregie. Die Durchführung dieſer For⸗ ſerungen liegt ebenſoſehr im Intereſſe Frankreichs die Deutſchlands. Ohne regelrechte Wiederauf⸗ lahme der Produktion ſind keine Leiſtungen mög⸗ ich. 1 0 dieſem Artikel der„Sozialiſtiſchen Parla⸗ mentariſchen Korreſpondenz“, in dem der ſofortigen Einleitung direkter Verhandlungen mit Frankreich das Wort geredet wird, meint das Pariſer Blatt„Temps“, der Verfaſſer täuſche ſich nicht in der Erwartung, daß Frankreich Entgegen⸗ kommen zeigen werde, wenn von deutſcher Seite der Beweis guten Willens erbrocht werde. Aller⸗ dings ſei es ein Irrtum, zu glauben, daß Frank— reich ſich auf ſeparate Verhandlungen mit Deutſchland einlaſſen werde, da es nicht geneigt ſei, ſeine Forderungen von denen der übrigen Alliierten zu trennen. „Beweis guten Willens“ wäre im Sinne Frauf reichs ſicherlich nur unſere Kapitulation! Sein „Entgegenkommen“ kennt man aus berühmten Vorbildern. Dieſes Wort ſoll wohl Köder ſeun für gutmütige Deutſche. Hoffentlich beißt niemand an. Wir wiſſen ſchon, was wir von Frankreich zu er warten haben und durchſchauen dies lockende Spiel, das geeignet iſt, unſere Front zu ſchwächen. Das wahre Geſicht der edlen Gallier zeigt die fol⸗ gende Meldung: Frankreichs Standpunkt unverändert. Genf, 19. Juni. Der franzöſiſche Kam⸗ merausſchuß für Auswärtiges hat heute nachmittag Poincarés Bericht über die Grundlinien der Antwort an Deutſchland, vie ſie in dem nach London g. gangenen Be⸗ eichte enthalten ſind, entgegengenommen Poincarls Rede dauerte über eine Stunde. Aus der Rede teilen„Temps“ und„Figaro“ mit, daß der franzöſiſche Standpunkt durch den Meinungsaustauſch mit England un berändert geblieben ſei. Die Sanktionen würden fortgeſetzt werden.— Die Ausfüh⸗ cungen des Miniſterpräſidenten wurden vor allen Parteien gebilligt, nur die Sozialiſte enthielten ſich der Stellungnahme. Jaflale uns aslufen. Von Heinrich Auer bach Berlin. Aus gewerkſchaftlichen Kreiſen wid ge⸗ ſchrieben: Die erneut eingetretene kataſtrophale Ent⸗ wertung unſerer Mark hat für weite Kreiſe unſeres deutſchen Volkes eine geradezu ver⸗ heerende Wirkung. Unter ihnen leiden vor allem die Arbeitnehmer und unter dieſen be⸗ ſonders die Verheirateten. Das Pro⸗ blem der ſozialen Zulagen für dieſe Arbeit⸗ nehmer rückt deshalb erneut in den Vorder⸗ grund. Für die Lohn⸗ und Gebaltspolitik nter die direkte Kontrolle der militäri⸗ ſchen Behörden geſtellt würden. Dieſe neue muß auch noch heute in erſter Linie die Lei⸗ ſtungsfähigkeit des einzelnen Arbeitnehmers in Frage kommen. Auch muß ſich die Be⸗ (5) Bei der Beſprechung der Möglichkeiten, im teiligten Arbeitgebern gemäß traglichen Vereinbarungen zu geſchehen. Die zahlung gerechterweiſe nach der wirtſchaft⸗ lichen Tragfähigkeit der Unternehmungen richten. Die Bezahlung des Arbeitnehmers ohne Rückſicht auf ſeinen Familienſtand war eine Forderung, die ziemlich einhellig von allen Gewerkſchaftsrichtungen vertreten wurde. Die Gründe dafür ſind die Gefah⸗ ren einer Bevorzugung der Ledigen bei der Einſtellung einerſeits und der Verheira⸗ teten bei Entlaſſungen andererſeits. Tatſäch⸗ lich iſt auch aus den Statiſtiken und den Ar⸗ beitsmarktberichten jeder Zeit erkennbar, daß die Arbeitsloſen in der Hauptſache aus älte⸗ een verbeirateten Arbeitnehmern beſtehen, zumindeſt aber Nachfrage nach älteren Ar⸗ beitskräſſen nur in beſonderen Ausnahmefäl⸗ len vorkommt. Die verheirateten Arbeit⸗ nehmer, namentlich ſolche mit mehreren Kin⸗ dern, haben ganz beſonders ſchwer wirtſchaft⸗ lich zu kämpfen. Es werden deshalb Wege geſucht werden müſſen, die den ſozialen Er⸗ forderniſſen gerecht werden, nämlich der grundſätzlichen Höherbszahlung der verheira⸗ teten Arbeitnehmer gegenüber den Ledigen, ohne daß die damit verknüpften bereits ge⸗ ſchilderten Gefahren mit in den Kauf genom⸗ men werden müſſen. Die ſozialen Ausgleichskaſſen, die ſchon an manchen Orten beſtehen, ſcheinen das geſuchte Mittel zu ſein, um die große Not der Arbeitnehmer mit Familienſtand zu mildern. Dieſe Kaſſen werden am beſten durch Tarif⸗ verträge für deren Geltungsbereich verein⸗ bart. Die Aufbringung der Mittel hätte gleichmäßig von allen am Tarifvertrag be⸗ der tarifver⸗ verheiratete Arbeitnehmer Arbeitgeber, die beſchäftigen, würden aus den Kaſſen je nach Zahl uſw. der beſchäftigten Verheirateten Rückzahlungen erhalten. Die Beträge wären den verheirateten Arbeitnehmern zu ihrem regulären Einkommen hinzuzuzahlen. Es würden alſo diejenigen Arbeitgeber, die ledige, oder vorzugsweiſe ledige Arbeitnehmer beſchäftigen, den ſozialen Zuſchlag für die verheirateten Arbeitnehmer anderer Unter⸗ nehmungen mit aufzubringen haben. Da un⸗ ter den heutigen Verhältniſſen die Arbeit⸗ geberverbände in der Regel ſtraff aufgebaut ſind, dürfte eine Angliederung der Aus⸗ gleichskaſſen an die Arbeitgeberverbände wohl das Zweckmäßigſte ſein. Den am Tarifver⸗ trag beteiligten Arbeitnehmerorganiſationen müßte jedoch ein Einfluß auf die Geſchäfts⸗ führung der Ausgleichskaſſen eingeräumt werden. Die Errichtungsart ſowie der Ver— teilungsmodus wäre leicht zu finden. Natür⸗ lich darf durch die Errichtung der Ausgleichs— kaſſen am Ende nicht das herbeigeführt wer⸗ den, was durch die Ablehnung des unmittel⸗ ſoll, baren Soziallohnes verhindert werden nämlich die Entlaſſung verheirateter Ange— ſtellter in Zeiten niedergehender Konjunktur oder die Bevorzugung der Ledigen bei Einſtellung. Auch darf das Gehalt der Le— digen nicht etwa um die ſozialen Zulagen gedrückt werden. Deulſcher Reichskag. Im die Finanzen der Cünder und Gemeinden. Berlin, 18. Juni. Beſchluß unfähigkeit des Hauſes nötigte zuch heute den Präſidenten, die Sitzung bald nach Beginn abzubrechen. Die zweite Sitzung des Tages war ſtark zenug beſucht, um die Ergänzung des deutſch⸗ chweizeriſchen Hypotheken⸗Ablommens anzuneh⸗ nen zugleich mit einer Aufforderung des Reichs⸗ zags an die Regierung, den in Frage kommenden veutſchen Hypothekenſchuldnern durch Gewäh— tung von Steuererleichterungen Gelegenheit zur allmählichen Abdeckung ihrer Schuld zu geben. Zum Landesſteuergeſetz erklärte Reichsfinanzminiſter Dr. Hermes: Erſt wenn Wirtſchafſt und Finanzen die jetzt fehlende Stetigkeit erreicht haben, ſei eine grund⸗ legende Reform der Reichsfinanzverfaſſung mög⸗ lich. Der vorliegende Geſetzentwurf laſſe die Grundlagen unſeres Steuerſyſtems deshalb un⸗ berührt und beſchränke ſich auf die Ausſtattung der Länder und Gemeinden mit erhöhten Reichs⸗ ſteueranteiln. e ————ö „Die Reichsregierung bedauere die vom Ausſchuß beſchloſſenen Aenderungen der Vorlage. Die Strei⸗ chung der vorgeſchlagenen Erhöhung der Umſatz⸗ ſteuer um ein halb Prozent und die gleichwohl vom Ausſchuß beſchloſſene Erhöhung des Gemein⸗ deanteils bedeuten für das Reich eine finanzielle Belaſtung von kaum abſehbarer Tragweite. Die Finanzlage der Länder und Gemein⸗ den iſt nach der genaueren Feſtlegung des Ver⸗ teilungsſchlüſſels nicht ſo trübe, wie ſie vielfach angeſehen wird. Abg. Kocher(Dem.): Der vorliegende Entwurf bringt nur kleine Verbeſſerungen. Wir brauchen aber einen Abbau des zentraliſtiſchen Syſtems. Nach der Vorlage gibt das Reich den Ländern und „Gemeinden mehr, als es ſelbſt einnimmt. Die Notenpreſſe wird alſo moch mehr in An⸗ ſpruch genommen werden.(Hört! hört!) In einigen Monaten wird man aber vielleicht ſchon die Still⸗ legung der Notenpreſſe von uns verlangen. Roſchsfinanzminiſter r. Hermes wendet ſich gegen die Angriffe auf die Erzbergerſche Finanzreform. Erzberger habe ſich ein bleibendes Verdienſt mit dieſem Werk erworben.(Beifall links.) In ruhigen Zeiten wird eine Nachprüfung dieſes Werkes möglich ſein. Ganz falſch iſt aber die Meinung, daß ohne die Erzbergerſche Reform die Gemeinden und Länder mit den ihnen in der Vor⸗ kriegszeit zugeſtandenen Steuermitteln auskommen konnten. Wir werden immer zu Reformen bereit ſein, aber an den Grundlagen der Ersbergerſchen Fin⸗ anzverfaſſung werde ſich nicht rütteln laſſen. Abg. Scholz(D. Ppt.): Das Beſoldungsſperr⸗ geſetz iſt ein ganz verfehltes Mittel. Da den Ge⸗ meinden nur die Gewebeſteuer geblieben iſt, wird ſie über Gebühr angeſpannt. Wir müſſen wieder zu dem alten Steuerſyſtem zurückkehren. Dem Reich müſſen Betriebs-, Vermögens- und Beiſitz⸗ ſteuern, den Ländern die Einkommenſteuer und den Gemeinden Zuſchläge zur Einkommenſteuer über⸗ laſſen werden. N Abg. Beims(Soz.): Die Finanznot der Länder find Gemeinden iſt verſchuldet durch den verlorene Krieg, durch die Reparationslaſten und durch die Geldentwertung. Das Finanzelend iſt hervorge⸗ rufen durch die Steuerfaulheit der wirklich Beſitzen⸗ den(Beifall.) Der unerträglichen Finanzlage der Gemeinden müſſe ein Ende gemacht werden. Nach 7 Uhr wird auf Vorſchlag des Präſidenten Löbe die dritte Beratung des 10 Geſetzes gegen die Geſchlechtskrankheiten 9 aufgenommen. 9 Abg. Mumm(D.⸗N.) richtete an den Miniſter die Frage, ob die Ausführung des Geſetzes ſo ſtraff gehandhabt werden ſoll, daß Zuſtände wie in Hamburg nicht allgemein einreißen könnten. Reichsminiſter des Innern Oeſer: Die Regierung will im Einvernehmen mit den Landesregierungen den Kampf gegen de Proſti⸗ tution auf der ganzen Linie aufnehmen. Das Geſetz wird dann angenommen. Aus dem Reich. vom Schulkampf. Das Ergebnis der Unterſchriften⸗ Sammlung für die Gleichberechtigung der Belenntnisſchule im Reichsſchulgeſetz. 6 Die Unterſchriftenſammlung, die in Süd⸗ deutſchland ſchon vor einem Jahr veranſtaltet wurde, iſt in Norddeutſchland erſt dieſes Jahr durchgeführt worden. Sie iſt überall zu einer glänzenden Kundgebung des Elternwillens für die Erhaltung des chriſtlichen Glaubens des deutſchen Schulweſens ausgefallen. Wir brin⸗ gen nachſtehend eine Ueberſicht über das bis jetzt vorliegende Reſultat. 1. Süddeutſchland: Bayern: 2212 858 Unterſchriften, gleich 7677 aller katholiſchen Wahlberechtigten. Baden: 593 308 Unterſchriften, gleich 76,3 Proz. aller katholiſchen Wahlberechtigten. Heſſen: 165 627 Unterſchriften, gleich 66,1 Proz. aller katholiſchen Wahlberechtigten. Württemberg: 361948 Unterſchriften, gleich 82 Prozent aller katholiſchen Wahlberechtigten. 2. Norddeutſchland⸗. 15 Wahlberechtigte Unterſchriften Prozent Djözeſe Breslau 1002 062 852 177 85% Delegatur Berlin 321746 176 242 54,8 Diöz. Ermland 163 624 145 227 88,8 „Diöz. Fulda 123591 104 843 840 „Ditz. Hildesheim 110094 92 900 84.5 Dibz. 265 806 164021 61½ 9 Limburg Diöz. 90 000 55 631 958 Meißen Diba. Münſter 828 400 789 844 91.6 9 D 1 1 122 083 119 533 70 000 33 045 84 485 70512 47 862 42 409 73329 62 407 3 302 582 2678) 791 Das Endreſultat liegt noch nicht vor. Bei einigen Dibzeſen wird es noch bedeutend beſſer tusfallen. Köln, Trier und Paderborn haben noch nicht abgeſchloſſen. Das bisherige Reſultat führt aber eine deutliche Sprache. Aevering verlelſigt ſich gegen die Rechtsparlelen. Der Fall Schlageter.— Die Moral der Selbſt⸗ ſchutzorganiſationen. i 9. Diög. Osnabrück 10. Nordiſche Miſſionen 1. Delegatur Glatz 12. Delegatur Olmütz 19. Delegatur Tütz Berlin, 19. Juni. Im preußiſchen Landtag hielt a Junenminiſter Severing eine Rede, in der er ſich mit den Angriffen, die die Rechte gegen ihn geſchleudert hatte, auseinanderſetzte. Dieſe An⸗ griffe 0 0 ihm vor, er habe Landesverrat verübt, indem er die Selbſtſchutzorgani⸗ ſationen im Ruhrgebiet den Franzoſen denun⸗ ziere und ihre Tätigkeit behindere. Außerdem habe er gegen Schlageter einen Steßbrief erlaſſen und dadurch an deſſen Verhaftung durch die Franzoſen mitgewirkt. Miniſter Severing wußte dieſe Anklage voll kommen zu widerlegen, die Rechte in die Rolle der Anklage zu verweiſen. Der Steckbrief gegen Schla⸗ geter war nicht vom preußiſchen Miniſterium er⸗ laſſen, ſondern von dem(deutſchnationalen) Bür⸗ ermeiſter von Kaiſerswerth am Rhein. er Schlageter verraten hat, ſtehe nahezu feſt, Es ſind zwei Angehörige ſeiner Kolonne, die ſchon jetzt zugeben, daß ſie gegen hohe Belohnune Spionage für die Fanzoen getrieben haben. Starekn Eindruck machte, was der Miniſter über: die inneren Streitigkeiten unter den Schutzor⸗ ganiſationen mitteilte, u. a. daß auf Veranlaſſung Roßbachs Verrätereien an die Franzoſen vorge⸗ nommen worden ſeien. In einen ganz beſonderen Tiefſtand jeder Moral ließ die Mitteilung des Miniſters blicken, wonach dem Regierungs-, präſidenten anonym die Schleife des Kranzes zugeſandt worden ſei, den er am Grabe Schlageters in den Farben des neuen deutſchen Reiches hatte niederlegen laſſen. Die Kranzchleife war abge⸗ Nene und ein Anſchreiben beigefügt, das mil en Worten begann:„Annahme verweigert. Dieſ khbleife mßa Perwenbung finden bei der boſſfent ch recht baldigen Beerdigung der deutſchen Juden⸗Republik. 110 6 9 1 0 10 Hochachtungsvoll! Der Fe ſt 4 Einige Gebanlen über Eiflungspolif legte in dieſen Tagen der„Bad. Beobachter“ deutſchnationalen Kreiſen nahe, als er folgendes Für einen deutſchnationalen Redner läge es aber W ſehr nahe, z. B. über das Thema zu ſprechen: Warum haben wir Deutſchnationale die Erfül⸗ lungspolitik unter den früheren Reichskanzlern insbeſondere unter Dr. Wirth, aufs ſchärfſte be⸗ kämpft, während wir jetzt mit ihr einverſtanden ſind und auch keinen anderen Ausweg wiſſen? Die deutſchnationale Deutſche Tageszeitung Nr. 269 erkennt z. B. die Notwendigkeit der Beantwortung dieſer Frage und ſucht den von den Deutſchnatio⸗ 0 bis jetzt merkwürdigerweiſe unterſtützten Reichskanzler Dr. Cuno ob ſeiner Erfüllungspolitik zu entſchuldigen, indem ſie ſchreibt: di Allerding bleiben auch weſentlich die Entſchul— S beſtehen, die die Regierung Cuno für zieſes Vorgehen hat. Sie trägt die unheilvolle Erbſchaft der Erfüllungspolitik ihrer auf ihren Schultern; und ihr nationaler Wille, an dem zu zweifeln auch heute kein Grund vorliegt, leidet offenbar unter dem Bleigewicht der partei⸗ e Einſtellung der Linken und auch Teilen * ſionen und Unverantwortlichkeiten der Erfüllungs⸗ politik wurzeln. Davon, ob die Regierung doch des deutſchen Volkes, die ihr immer noch zu folgen bereit iſt, von dem Bleigewicht dieſer Illuſionen und Unverantwortlichkeiten freizumachen, wird es entſcheidend abhängen, ob dieſe Ergänzungsnote ſich als ein Schritt auf rettungslos Bahn auswirkt, oder ob das deutſche Volk mit der Zerſtörung der auch mit ihr verbundenen Illuſio⸗ nen den Widerſtandswillen zurückgewinnt, aus dem uns allein die Rettung kommen kann.“ Solche Redensarten beweiſen lediglich die deutſchnationale Verlegenheit. Man erkennt den Widerſpruch zwiſchen der fanatiſchen Bekämpfung der Politik Dr. Wirths und dem Lob. das man Dr. Vorgängerin, Cuno, der die Politik Dr. Wirths im weſentlichen Ffertſetzte und fortſetzen mußte, von Anfang an anbot, als Wirth je getan hat, einen Nationalhe ros genannt. Allerdings, Cuno hat eine Erbſchaft von Dr. Wirth übernommen, als er Reichskanzler wurde; aber er hätte ja auch ablehnen e zollte. Hat man doch Cuno, der nun I ee wenn er überzeugt war, daß Wirths Politik, die e weitertrieb, falſch war. Aber Cuno hat ſich wahr⸗ ſcheinlich geſagt, daß eben auch Dr. Wirth Erbſchaft übernommen hatte, die ihn zwang, di Politik zu treiben, die wir kennen. Die Erbſchaft, die Wirth übernehmen mußte, aber war die poli⸗ tiſche Hinterlaſſenſchaft Ludendorffs, des deutſch⸗ nationalen Heros. i 1 das gchaulftätlengeſetz. 1 Diem Reichstag iſt der Entwurf eines Schauk⸗ ſtättengeſetzes, der die öffentlich rechtlichen Ver⸗ hältniſſe der Gaſt⸗ und Schankwirtſchaften, ſowis des Kleinhandels mit Branntwein reichsgeſetzlich regeln will, zugegangen. Ueber die Grundzüge d Entwurfs ſpricht ſich die Begründung folgender⸗ maßen aus:„Der Entwurf, der ſich foweit als möglich an den beſtehenden Rechtszuſtand anlehnt. wendet ſich in erſter Linier gegen Ausſchreitungen und Mißſtände im Schankſtättenweſen, wobei er nach Möglichkeiten Härten vermeiden, den Gaſt⸗ wirteſtand aber geſund erhalten und ihn in ſeinem eigenſten Intereſſe von unzuverläſſigen Elemente befreien will. Daneben erſchien es notwendig, den Wünſchen der Vertreter der Mäßigkeitsbewegung nach Einführung des Gemeindebeſtimmungsrechts ſowie nach Ermöglichung der Errichtung von Gaſt⸗ oder Schankwirtſchaften auf gemeinnütziger Grund“ age entgegenzukommen. Der Entwurf will weiter dem Alkoholmißbrauch, ſoweit es im Rahmen eines Schankſtättengeſetzes möglich gleiche gilt für den Mißbrauch von Gaſt⸗ Schankſtätten zu Stätten der Schlemmerei. terhin ſoll durch den Entwurf den Anſprüchen der Das und Wei⸗ iſt, ſteuern. Wohnungsfürſorge Rechnung getragen werden. Schließlich ſind auch noch Beſtimmungen im In⸗ tereſſe der Geſundheit und Sittlichkeit der Gäſte und Angeſtellten vorgeſehen. Den Mißſtänden im Gaſt⸗ und Schankwirt⸗ ſchaftsgewerbe ſoll in erſter Linie durch Geſund⸗ und Reinerhaltung des Wirteſtandes, der als ein geachteter und wertvoller Beſtandteil des deutſchen Mittelſtandes anzuerkennen iſt, entgegengetreten werden. Demgemäß wird der Bedürfnisnachweis dauernd allgemein angeführt. Weiterhin Erſchwe⸗ rungen bei der perſönlichen Zulaſſung und Erleich— terungen bei Konzeſſionsentziehungen vorgeſehen. Mißſtände, die auf dem Gebiete des Stellvertreter⸗ weſens im Schankgewerbe hervorgetreten ſind, ſollen gleichfalls beſeitigt werden. Schließlich ſind eine Reihe von Vorſchriften über das Verfahren zei der Erteilung und der Entziehung der Erlaub⸗ nis in dem Entwurf aufgenommen, die insbeſon⸗ dere eine genaue Prüfung der einzelnen Erlaub⸗ gisgeſuche gewährleiſten und eine allzu leichte Er⸗ teilung der Erlaubnis für die Folge verhüten wollen. ö Weſentliche Neuerungen, die der Entwurf bringt, gemeinnütziger Grundlage ſeitens der Gemeinden Mitte, die ebenfalls unverändert i IlluQ⸗ faber erindert in den Illu“ alltoholmißbrauchs ermöglichen soll, ſowie die Ein. a führung des Gemeindebeſtimmungsechts. noch die Kraft findet, ſich und die große Mehrheit! oder gemeinnütziger Vereine zur Bekämpfung des Mit dem Entwurf wird weiterhin eine Abſicht einer Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs in der Bevölkerung, insbeſondere gsnote folgt, ſoweit dies im Rahmen eines Schankſtätten⸗ abſchüſſigern g bei der Jugend ver⸗ geſetzes möglich iſt Demgemäß ſoll die Erlaubnis zum Betriebe nur für eine beſtimmte Betriebsart und bei Gaſt⸗ oder Schankwirtſchaften für genau beſtimmte Arten von Getränken und für beſtimmte Räume zu erteilen ſein. ö Der Landesgeſetzgebung iſt es ermöglicht, das Heſetz, insbeſondere den Erlaubniszwang auf den ſtleinhandel mit Flaſchenbier auszudehnen. Den ſind die Aufnahme einer Beſtimmung, die die Er⸗ richtung von Gaſt⸗ oder Schankwirtſchaften auf Milchkühe geholt. b da di in den eintelten Ländern verschied oberſten Landesbehörden wird die Ermä „mung zu einer Anordnung gegeben, nach der die tach dem 1. Januar 1919 erteilten Konzeſſionen, oweit ſie den Ausſchank von Branntwein betref⸗ ſen, auf das Vorhandenſein eines Bedürfniſfes nachgeprüft und gegebeuenfalls zurückgenomenen 1 derden dhunen. f Aus Nah und Fern. Karlsruhe.(Lebensmüde.) Ein Lageriſt aus Berlin hat ſich in der Nacht zum Samstag in einem hieſigen Krankenhaus in⸗ folge eines unheilbaren Leidens erhängt.— Montag vormittag iſt die 38jährige Ehefrau eines in Rintheim wohnenden Taglöhners beim Rheinhafen in die Alb geſprungen, konnte aber im letzten Augenblick noch geret⸗ tet werden. Mannheim.(Die Franzoſen) ha⸗ ben ſechs mit Heu beladene Wagen der ſtäd⸗ tiſchen Fuhr⸗ und Gutsverwaltung ſamt ſechs Pferden beſchlagnahmt. Die Wagen hatten auf den ſtädtiſchen Wieſen auf der Frieſenheimer Inſel Heu für die ſtädtiſchen Neuerlich ſoll nun eine Verordnung erſchienen ſein, wonach es ver⸗ boten iſt, ohne Beſcheinigung der franzöſi⸗ ſchen Behörde mit Fahrzeugen ſich im beſetz⸗ ten Gebiet zu bewegen. Da die Fahrzeuge eine ſolche Beſcheinigung nicht hatten, iſt die Beſchlaanahme erfolgt. Sinsheim.(Stadtpfarrer Reſt leis A b⸗ ſchied.) Nach 9jähriger Amtstätigkeit hier hat der hochw. Herr Stadtpfarrer Reſtle uns am Dienstag verlaſſen. Die am letzten Sonntag Abend von ſeiner Pfarrgemeinde veranſtaltete Abſchiedsfeier geſtaltete ſich zu einer impoſanten Sympathiekund⸗ gebung für den Scheidenden. Schon lange vor Be⸗ ainn der Feier batte ſich der Saal gefüllt, auch die Filialsemeinde Dühren war dabei gut vertreten. Die Feier ſelbſt wurde eingeleitet durch einen ſtimmungsvoll vorgetragenen Chor der„Cäcilia“. — Hierauf führte Herr Stiftungsratsmitglied K. Lehmann in ſinnvollen Worten den Anweſenden ein lebendiges Bild des ſo ſegensreichen Wirkens des Scheidenden in hieſiger Gemeinde vor Augen, und ſtattete ihm den Dank der ganzen Pfarrge⸗ meinde ab für alles Gute und Edle, das er hier geſchaffen und übermittelte die herzlichſten Wünſche für die Zukunft. In gleichem Sinne widmete Herr Steuerinſpektor Schaubeck als Vorſtand der Cäcilia, Herr Meny namens des Jungmännervereins und Herr Bezirksbauoberkontrolleur Huber als Ver⸗ treter des Zentrums und im Auftrage des kath. Frauenbundes herzliche Worte des Dankes für die eifrige Unterſtützung dieſer Einrichtungen. Dar⸗ auf ſprach der Scheidende ſelbſt, nachdem er bereits am Vormittag von der Kanzel jedem Pfarrkinde nahegehende Abſchiedsworte geſprochen, nochmals zum letztenmal ergreifende und mahnende Worte des Scheidens: Glauben und Treue untereinander zu halten in jeglicher Not und Gefahr, Friede und Einigkeit zu pflegen und zu fördern. Cäcilia und eine Abteilung des Geſangvereins „Liederkranz“ wetteiferten miteinander, die Feier durch ihre Geſangsvorträge zu verſchönern, ſo daß der Abend in ſchönſter Harmonie zur Neige ging. Am Montag Abend überraſchten Stadt⸗ u. Feuer⸗ wehrkapelle den Scheidenden mit einem wohlgelun⸗ genen Ständchen. Abermals richtete der alſo Ge⸗ ehrte an die große ſich anſammelnde Menſchen⸗ menge herzliche Abſchieds⸗ und Dankesworte, denen er auf das einträchtige Zuſammenleben der ein⸗ zelnen Konfeſſionen untereinander hinwies und den Wunſch äußerte, daß dieſes Verhältnis immer ſo bleiben möge. Zum Schluß allen alles Gute wünſchend, gab er die Verſicherung, daß er mit den beſten Eindrücken von Sinsheim ſcheide und in ſeinen neuen Wirkungskreis am See überſiedeln erde. Mit Herrn Stadtpfarrer Reſtle iſt ein vortrefflicher Seelſorger und geiſtig hervorragender Mann von uns geſchieden, der wegen ſeines auf⸗ richtigen Charakters und leutſeligen Weſens in der ganzen Gemeinde beliebt und angeſehen war. Uns aber wird er dauernd im Gedächtnis bleiben. O Steinbach.(Durch elektriſchen Strom getötet.) Beim Nachſehen Wagen „“ Gernsbach(Wegen ſchwerer Schreibmaſchinendiebſtähle) it der 20jährige Techniker Kuno Braun von hier vom hieſigen Schöffengericht zu 2 Jah⸗ n 6 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Haslach.(Aus alten ien In der Vorderſeite der unteren Mühle des Ronſtantin Vetter in Fiſcherbach iſt ein etwa ers aus rotem Sandſtein eingemauert. Das 1833 aufgefunden und in die Vorderwand bach haben vor etwa 2000 9 die Rö⸗ mer auf Silber gegraben. wand des Kriegers entſprechen genau der Bekleidung der römiſchen Soldaten. Baden⸗Baden.(Die Kurgäſte) iſt auf 26 000 geſtiegen. )( Konſtanz. f ten Erfolg) hatte die Berufung des Sägewerkbeſitzers Anton Flad von Huber⸗ mühle⸗Großſchönach, der vom Amtsgericht und unerlaubtem Handel mit Vieh einen Strafbefehl erhalten hatte. Er erhob gegen dieſe Strafverfügung Einſpruch und das Wuchergericht verurteilte Holzhandels zu 1 Million, wegen Preistrei trafe wegen Beleidigung hat das Schöf⸗ engericht ausgeſprochen. 5 110 Hermann Kirner hatte einem anderen Kauf⸗ mann auf einer offenen Poſtkarte Betrug und Erpreſſung zum Vorwurf gemacht. We⸗ gen dieſer Beleidigung wurde er zu einer Million Geldſtrafe verurteilt. X Mannheim.(Ein Deutſchame⸗ rikaner), der nicht genant ſein will, hat, nachdem er ſchon wiederholt reiche Gaben für Wohltätigkeitszwecke geſpendet hat, dem Zugendamt zehn Millionen Mark für be⸗ irftige Kinder überwieſen. Neunkirchen, Amt Eberbach.(Verſchüt⸗ tet.) In einer hieſigen Ziegelei zwei Arbeiter unter die abrutſchenden Erd⸗ maſſen eines Lehmberges. Einer der Arbei⸗ ter wurde vollſtändig verſchüttet und getötet, während der andere lebensgefährliche Ver⸗ letzungen erlitt. 5 O Schönau i. W.(Schlageter.) Reichs⸗ Schönau anläßlich Schlageters Beiſetzung folgendes Telegramm:„Dem aufrechten und getreuen Sohne Ihrer Gemeinde, der nun im Boden ſeiner Heimat die letzte Ruhe fin⸗ det, rufe ich den Abſchiedsgruß nach: Der iſt 1 tiefſter Seele treu, der die Heimat liebt wie du.“ 7 5 Wolfach.(Einem Lebensmittel⸗ ſchieber) iſt man in Freudenſtadt auf die Spur gekommen. Es handelt ſich um einen en Freudenſtadk wohnhaften Möbelhändler) der mit der Schweiz einen regen Handel mi Möbeln unterhielt, die er waggonweiſe ver⸗ packte und verſandte. Als kürzlich an der (Schweizer Grenze ein ſolcher Wagen auf einen Inhalt unterſucht wurde, fand man darin größere Mengen von Mehl, Butter und Eiern. Es wurde feſtgeſtellt, daß der 5.) Wie wir vergeben unſeren Schuldigern. nit den ernſſen Möbeln und den düſter ſchwe zenden Menichen war ſwie in Glut getaucht, Des Mannes Augen hingen mit finſterem Brübeln an dem Antlitz der Frau, an der veißen Stirn, die wie aus Marmor gemeißelt ſchien, und dem üppigen, goldig ſchimmernden Haar. Und dabei überfiel ihn plötzlich eine ſeltſame ſchwüle Angſt. Ihm war es, als ob er ſich mit Händen und Füßen gegen etwas Schreckliches, jüh auf ihn Eindringendes weh⸗ ken müßte, als ob er verſinken ſollte in eine endloſe Tieſe. Plötzlich aber ſtand da, vom Rot der un⸗ kergehenben Sonne roſig umſtrahlt, eine hold⸗ ſelige Kindergeſtalt, wie ein liebliches Engels⸗ bild, und ein helles Stimmchen fragte harm⸗ los in das dumpfe Schweigen hinein: „Mutti, iſt der böſe Mann ein Onkel?“ Es war, als ob ſich ein Bann vn den beiden Menſchen löſte. Eberhard richtete ſich haſtig empor, ſeine Augen ſtrahlten auf beim Erblicken des Kindes, das wie ein Bote des Friedens zwiſchen die beiden erregien Men⸗ ſchen oetreten war. Der kleine Bub war das Ebenbild des Offiziers auf dem Bilde, nur die großen dunk⸗ leit, tiefen Augen unter dem braunen Kraus⸗ haar erinnerten an die Mutter. Jetzt waren ſie halb„enmurfsvoll, halb neugierig fragend auf den fremden„böſen Mann“ gerichtet. Er⸗ ſchrocken beugte ſich die Mutter zu ihm. „Abet Heini, du follſt doch in deinem * „Zimmer bleiben! Geh' ſchnell wieder zu dei⸗ nem Spielzeug, mein Lie ling, ich komme nun bald zu dir.“ Und ſie drängte ihn ſaſt haſtig nach der Tür.„Geh' doch, Heini, ſei artig!“ „Gnädige Frau“, rief Eberhard,„Sie ver⸗ weiſen ja das Kind mit einer wahren Angſt aus meiner Nähe. Es ſcheint, daß Sie nicht geſonnen ſind, ihm Sympathien für die Fa⸗ milie ſeines Vaters einzuflößen.“ „Sein Vater hatte keine Familie mehr. Das Kind ſteht allein auf der Welt, wie ich! — Aber, Heini, du haſt vergeſſen, den frem⸗ den Herrn zu begrüßen. Du willſt doch nicht unhöflich ſein?“ Gehorſam reichte der Kleine Eberhard die Hand.„Guten Tag, Onkel.“ „Ich bitte um Entſchuldigung“, rief ſeine Mutter betreten.„Kinder ſind freigebig mit dem Onkeltitel.“ Er antwortete nicht. die des Kleinen umſpannt. f „Ich bin dein Onkel, Heini, hat dir Papa nie vom Onkel Eberhard erzählt?“ „Papa iſt tot— ſchon ſo lange!“ „Nun ſage dem Herrn adieu“, mahnte die Mutter,„und gebe in dein Zimmer.“ „Gnüdige Frau, glauben Sie es wirklich Seine Hand hielt Sie ſein Kind ſyſtematiſch ſeiner Familie ent⸗ lieb gehabt und niemals die Hoffn geben, daß einſtmals ein krepliches din ſtattfinden würde. Wie aber iſt daran zu 1 vor dem Toten verantworten zu können, wenn fremden? Mein Bruder hat die Seinen ſehr] ken, wenn Sie das Kind von vornherein dem Glauben aufziehen, es habe milie.“ Sie war blaß geworden unter ſeinen Wor⸗ Zum erſtenmal fand ſie keine Antwort auf ſeine Frage, und zum erſtenmal konnte ſie an⸗ blickten wie die Augen ihres verſtorbenen Man⸗ nes, nur düſterer, durchdringender und hart⸗ ſei⸗ nen Augen, die man wegen der dunflen Wim⸗ pera und Brauen und der Schalen unter ih⸗ nen für ſchwarz zu halten geneigt waren. Ein Fröſteln rann ihr über den Rücken, und mit ten. ſeinen Augen nicht ſtandhalten, die ſie näckiger. Es lag etwas Zwingendes in verlegener Fronte ſagte ſie: „Es wird nicht dazu beitragen, dem Kinde die Angehörigen ſeines Vaters lieb zu machen, an⸗ wenn es unſere Auseinanderſetzung mit hört.“ „Ich denke, wir ſind fertig damit, meine Wnädige.“ „Nein, noch nicht ganz.— Da iſt noch etwas zu erledigen. Ich habe noch die zum Familienſchatz gehörigen Kleinodien aus mei⸗ nes Mannes Hinzerlaſſenſchaft abzuliefern, und ich möchte jetzt gleich dieſe Gegenſtände in Ihre Hände zurücklegen, um ein für allemal fertig daß .„re zu ſein mit in keine Fa⸗ zu nehmen. Aber wenn Sie es wünſchen, ſo werde ich ſie meinem Vater übergeben.“ „Vitie... und hier.. dieſer Ring ge⸗ hört noch dazu. Mein Mann gab ihn mir bei unſerer Verlobung.“ Sie verſuchte mit zittern⸗ der Hand einen koſtbaren Goldreifen mit ei⸗ nem einzigen herrlichen Brillanten von ihrem Finger zu ſtreifen.„Er will nicht her⸗ unter“, preßte ſte hervor.„Ich habe ihn noch nicht abgezogen ſeitdem..„ und ich bin ſtär⸗ ker geworden“. „Laſſen Sie den Ring, wo er iſt“, er haſtig, beſchwörend.„Ich bitte Sie.“ „Nein— Recht muß Recht bleiben!— Ich habe ehn ohnehin ſchon zu lange getra⸗ gen.. Ihre Stimme brach.—„Hier iß er. Bitte, überbringen Sie Ihrem Herrn Va⸗ ter meinen Dank, daß er ihn mir bis jetzt ge⸗ laſſen hat.“ e,, Sie ſchob ihn Eberhard auf dem Tiſch zu. Ihr ganzer Körper zitterte, und die Tränen kamen ihr mnaufhaltſam in die Augen. „Behalten ſie ihn— bitte, behalten Sie ihn doch Rur 2* ſpäter 3„ es eilt 10 rie ihn derart auf e Hand beſchwö⸗ e e ſchral 95.0 N berkirch.(Der Wiederanſchla⸗ pe 1. Renchtaldah h, de ſeit der N ſetzung von Appenweier von 6 der Hauptlini gg war, an dieſe iſt jetzt durchge⸗ führt worden. Der Bau des Verbindungs⸗ gleiſes von Renchen nach Zuſenhoſen iſt jetzt ertiggeſtellt und der Güterverkehr bereitg aufgenommen worden. a 1 1 0 induſtrie⸗ und gewerbereiche Renchta wieder dem allgemeinen. 50 Zentimeter langes und 45 Zentimeter breites Relief⸗Bruſtbild eines römiſchen Krie⸗ ild wurde beim Bau der Mühle im Jahre eingemauert. In der Gegend von Fiſcher⸗ Helm und Ge Zahl der (Einen unerwarte⸗ Pfullendorf wegen unerlaubten Holzhandels ihn wegen des berei zu 200 000 Mark und außerdem wer 16 den 25 000 Mark vom Gewinn eingezoge e Mannhef kme hahe Gerdi Der Kaufmann Mutter und Kind, die die Mutter gerieten kanzter Dr. Cuno ſandte an die Gemeinde e hre legte— bracht. VVV* 5 i 6 e 55 1— 2 1. 75 Ein neuer schwerer Ausbruch des Beſuvs. ö Zahlreiche Ortſchaften bedroht. Wiederum werden vom Aetna ſtarke Vul⸗ kanausbrüche gemeldet. Es haben ſich fün) neue Lavaſchlünde gebildet. Die Ortſchaft) Linguagloſſa iſt von Lavamaſſen vollſtändig umzingelt. Die Station Caſtiglione vollſtän⸗ dig zerſtört worden. Die Bevölkerung von Cattanig wurde alarmiert. Die Verbindun- gen nach Meſſina ſind unterbrochen. g Soldaten, Miliz, Faſziſten und Feuerwehr helfen der Bevölkerung, ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. Es ereignen ſich herzzerreißende Sze⸗ nen. Die Ortſchaft Catania iſt unmittelbar be⸗ droht. Der Feuerſchein der ausſtrömenden Lava⸗ maſſen ſpiegelt ſich auf der breiten Waſſerfläche des „ 9 Golfes von Catania wieder und die hell aufleuch⸗ Damit iſt das 5 5 5 7395 70651 tenden Feuerzyngen In allen Städten Siziliens ſind Hilfszüge organiſiert worden. Man befürchtet, daß in dem Lavaſtrom, der Bäume und Häuſer verſchütte hat, auch Menſchen ums Leben gekommen find Viele Verwundete, die von dem fliehenden ue ſchenſtrom zertreten wurden, ſind in die tüler der umliegenden Städte gebracht wordan. Ahein und Ruhr. Gegen die geſtern erfolgte Verurteflung des Direktors Kellermann von der Guten joffnungshütte erlaſſen die Vertreter des ge⸗ ſamten Betriebsrates einen Proteſt, in dem die Arbeiter⸗ und Beamtenſchaft ohne nter⸗ ſchied der Parteirichtung Kellermann für ſein echt deutſches Verhalten gegenüber dem fran⸗ zöſiſchen Befehl auf Lieferung von Repara⸗ tionskohle ihr ehrlichſte Anerkennung aus⸗ drückt und in dem mit lauter Stimme gegen die Verurteilung und Einkerkerung Keller⸗ manns, der nicht zum Verräter an ſeinem Vaterland werden wollte, vor aller Welt feierlichſt Einſpruch erhoben wird. klären, ſo heißt es in dem Proteſt, daß keins Ausweiſungen, Gefängnis⸗, Zuchthaus⸗ oder Todesſtrafen imſtande waren und ſein wer⸗ den, uns zu Reparationsleiſtungen zu zwin⸗ gen. Würde ſich ein Direktor dazu hergeben, einen franzöſiſchen Befehl an ſeine Unter⸗ gebenen weiterzugeben, ſo könnte er der Ab⸗ lehnung ſeitens aller Beamten und Arbeiter eee 7 e 8 Vom Mutterglück. Elwas vom Schönſten, was Pater Muckermann ſchrieb. Aus H. Muckermann S. J. Kind und Volk. Freiburg. Herder. 855 Der innere Grund des Mutterglück! liegt in dem von der Natur gefügten Ver. ältnis von Kind und Mutter, das aus der unwandelbaren ehelichen Liebe und Treue eutſpringt und alle Kräfte der Mutter zu 1 vollkommenen harmoniſchen Auswir, Gerade in der innigſten Gemein bewegt, ihr Heim über alles zu werten und es mit der ſtrahlenden Glut ſelbſtloſer⸗ Liebe zu erfüllen, wird auch der Water die vollkommenſte Er⸗ füllung jenes tiefften Glücksanſpruchs finden, den der edle Friedrich Wilhelm Weber in dem Gebete eines ſchwediſchen Dichters ſich ſelbſt weſf hte: 5 „Hör“ mich, du Herr der Welt! Hier liegt 1 0 ſUßen Wein Glücksanſpruch: O nimm ihn hin! 0 Ich fordre nichts. Ich will nur 9 0 en, büßen Und hoch dich preiſen, weil ich bin. 2 rauben, Eins Ein Weſen, das mich liebt, ſich ſelbſt verge ir mich, Ein Herz voll Zärtlichkeit und Glauben e. An Menſchentugend und an dich.“ 55 1 8 iſt unzweifelhaft, daß der Vater gerade in der Sorge um die ſtillende, ſich ſelbſtlos 9 . hingebende Mutter und beim Anblick des ouſ⸗ blühenden Menſchleins ſelber. durch feſtere iedesbande mit Gattin und⸗Kind verknüpf ö Wie mancher Vater wird gern ein Wort pbiederholen, das in Hebbels Tagebuch ſteht; Ich trug mein Mädchen auf den Armen, 2 05 es innig an mich und ſergte: Gott er⸗ halte dich!„Ja, ja“, ſprach das kleine Ping, als ob es das verſtanden hätte“ Und wie⸗ um:„Welche Freude mir mein kleines ind macht, iſt kaum zu ſagen. Daran fehe ich, wie ich die Mütter liebe. Könnte ich der Welt zeigen, wie ſehr ſie es verdient!“ aud kommt die Einſamkeit über Gatte oder tin, 8 von 1 15 7 ching in die Ewigkeit, ſo ſind die Kinder er füßeſte Troft Das hat der edle Long⸗ elheev erfahren, als ihm durch ein ſchmerz⸗ es Unglück, um den neunzehnten Jahres⸗ hide.„Es iſt ſchrder“ ſo schreibt der Dich⸗ zer in einem Briefe,„ſolch ein zertrümmer⸗ tes Leben neu aufzubauen. Es bröckelt zu⸗ ſammen mie Sand. Aber ich verſuche es und in geduldig.... Meine Kinder ſind alle fü„das tröſtet mich und macht mir 1 eee ee Und achtzehn Jahre ſpäter dichtete Long⸗ fellow ein Sonett, das an das berühmte Schneekreuz im Felſengebirge erinnert und alf ausklingt eee ee, 150 Es heißt, im fernen Weſt ein Gipfel rage, den kiefen, dunkeln entrinnen 8 Schneekreuz 19 1 5 as Kreuz, das auf Jruft rage,% ahre, ja, im Herzen drinnen, 11 7% 0 1 1 ſchaft von Frieden gewährt. gib mir nur, eh' mich des Grabes Nächte burg“ ſtellt der Landgraf die brennende Preis⸗ Hochzeit die liebe Gattin entriſſen gottgeweihten ehelichen Treue iſt die Treue der Mutter zum Kinde, dem Liebespfande beider Eltern.. Es gibt keine ſchönere Tat und keinen rei⸗ neren Genuß auf Erden als das ſtille Wer hingebender Güte und das ſelbſtvergeſſene im Evangelium Opfer, wie es die Witwe brachte, die von ihrer Armut in den Gottes⸗ kaſten warf alles, was ſie beſaß, ihren ganzen Lebensunterhalt. Daher dürfte auch die Mut⸗ ter— und wäre ſie noch ſo arm—, die in verborgener Pflichterfüllung das eigene 905 blut, ſich ſelbſt dem lieben Kinde hingibt, mehr tun als all die andern, die Gold und Seide ſchenkenz und zugleich wird ihr 7 eigen machte und ſeiner künftigen Gattin Herzenszufriedenheit zuteil, wie ſie leuchtende f e ee Geſellſchaftsräume und der lärmende Lebens⸗ markt nicht zu vergeben haben. f eine Das iſt eben das Eigenartige der reinen, ſelbſtloſen Liebe, daß ſie unerbittlich ſchwerſte den ſeligſten Opfer verlangt und zugleich In Wagners„Sängerkrieg auf der Wart⸗ frage: „Könnt ihr der Liebe Weſen mir ergründen?— Auf, liebe Sänger! Greifet in die Saiten!“ Und Wolfram ſingt: „... Mir zeiget ſich ein Wunderbronnen, in den mein Geiſt voll hohen Staunens blickt: Aus ihm er ſchöpfet gnadenreiche Wonnen, „durch die mein Herz er namenlos erquickt. Und nimmer möcht' ich dieſen Bronnen trüben, berühren nicht den Quell mit frevlem Mut: in Anbetung möcht ich mich opfernd üben, vergießen froh mein letztes Herzensblut.— Ißhrt Edlen mögt in dieſen Worten leſen, wie ich erkenn; der Liebe reinſtes Weſen!“ Wolframs Preislied, das Eliſabeths hin⸗ gebender Liebe gilt, darf gewiß auch ein Hoch“ genannt werden, ein Hochgeſang auf der Mutter Opfer geſang auf die echte Mutterliebe und ihr Glück. Auch die Mutter ſpricht „Mit freudigem Erbeben 8 6 laß dir ein Opfer weihn! Nimm hin, o nimm mein Leben: ich nenn' es nicht mehr mein.“ Und das dankbare Kind wird in unver⸗ gleichlicher Treue zu ſeiner Mutter ſtehen und die neue Seligkeit einer dem Mutterherzen ſchenken. Wie ſüß und reich iſt doch das Opferglück der Mutterliebe! Faſt ſcheint es nur wie ein borgenen Heim, wo ihre wärmende Liebe waltet. Der verklärende Glanz der Ueber⸗ natur durchleuchtet ihr Herz und ihr Tun. Im tiefen Grunde der Seele ſummt leiſe die krauteſte Stimme des treuen Gewiſſens, daß ſie der Mütter des Herrn gleiche und der zöttlichen Maßfeſtät e Bolf wirkt die ſtillende M nsvoll wie der Vater der wie der Prieſter, der ab 2 ind, das Ur He 27 tenden Feur gestalteten die Stenen noh ſchauriger. ö, Wir er⸗ gleichſam zum Lind: e ö ewigen Kindesliebe tarife zum 1. Juli um 300 Prozen. die Traum und unerfülltes Gleichnis. Und doch N 0 iſt es der lautere Kern der Wirklichkeit. Das Wirken der Mutter iſt finnig still, vont Sorgen und Schmerzen durchwebt, im ver⸗ lead dune deen, oder um 60.9 v.. Verankworlung. W it das, Veräſteſdorneng? Ein„dum⸗ 8 Vater und er hat ſeine ch nicht gefragt, Jung enſchen, für die andere das Nachdenken und Sorgen getan haben, ſchauen groß auf, wenn ſie es nun für ſich ſelbſt tum ſollen: wenn ſie in der Fremde ſtehen, und Mutter ſorgt nicht mehr für Strümpfe und Wäſche, Vater nicht mehr für Kleider und Schuhe, ſondern ſie en es nun ſelbſt in die Hand nehmen. gehen mit einem Gefühl der Unſicherheit daran, bis ſie ſich einmal drein gefunden Vielleicht noch mehr verwundert ſchaut der Herangewachſene Menſch auf, wenn er nun die Sorge für andere übernehmen ſoll. Als Alfred Krupp vierzehn Jahre alt war, ließ ihn ſein Vater an ſein Sterbe⸗ ett kommen und ſagte:„Junge, du biſt mein Aelteſter. Jetzt laſtet auf dir die Verant⸗ wortung für deine Mutter und Geſchwiſter, aber auch für den ganzen Betrieb, dem dein Vater ſein Leben gewidmet hat.“ Das g'ng dem vierzehnjährigen Knaben auf. Der Geiſt der Verantwortung ergriff ihn. Nun war es aus mit Spiel und Müßiggang, mit Sich⸗Amüſieren. Jetzt hieß es Tag und Nacht ſinnen und ſorgen, ſchaffen und arbeiten. Da war der„dumme Junge“ überwunden, der Knabe war zum Manne gereift.. Ein ernſter, vernünftiger Vater ſagt eines Tages zu ſeinem heranwachſenden Sohne: „Junge, du haſt nun die Mitverantwortung für die Familie. Du biſt nun groß und ſtark genug, die Mitſorge für das Wirtſchaft⸗ liche zu übernehmen. Du mußt helfen, daß wir durchkommen, daß wir deine kleinen Ge⸗ ſchwiſter ordentlich groß kriegen. Du biſt auch mitverantwortlich für die Ehre der Familie. Das muß jetzt deine Ehre ſein. Bei dir muß ſie nun geradeſogut aufgehoben ſein wie bei Vater und Mutter.“ Das bedeutet für den Jungen eine Art Weihe, es ergreift etwas Unſagbares ſein Herz. Die Ehre, die Pflicht, das ſittliche Eigenleben erwacht in ihm. Er fühlt ſich aus der Abhängigkeit des Kindes entlaſſen, fühlt ſich Mann werden. Ernſte Fragen fangen an, ſeinen Geiſt zu beſchäfti⸗ gen. Er fühlt, daß er um eine Reife ſuchen und ringen muß. Das Geſpräch ernſter Män⸗ ner zieht ihn an, das ernſte Buch reizt ihn, daß er es zu verſtehen ſucht. Ein Mann heiratet. Nachdem er aus dem erſten Liebestaumel erwacht iſt, ſteht er am Scheidewege: Jetzt iſt da ein Weib, das will gekleidet ſein, ernährt, beſchützt, betreut ſein. Jetzt kommen Kinder, die verlangen nach Brot, nach Liebe, nach Erziehung. Geht ihm da das Gefühl der Verantwortung auf? Wenn er faulenzen, genießen, auf Kirmeſſen herum⸗ laufen, Weib und Kinder ihrem Schickſal überlaſſen wollte, weißt du, was ich dann von ihm hielte? Daß er ein erbärmſicher Kerl wäre, ein Ehrloſer, der in eine Arbeitsanſtalt geſteckt und zum Arbeiten gezwungen werden müßte. Ich hätte kein Mitleid mit ihm auch wenn er nötigenfalls Prügel kriegte. Denkſt du nicht geradeſo? Iſt es nicht ſelbſtverſtänd⸗ lich: wenn man ſich für etwas ſtark gemacht hat, daß man dann auch die Verantwortung übernimmt? Iſt das nicht Ehrenſache und müßte ſich einer nicht als Narr auslachen laſſen, der ſich für eine Sache ſtark gemacht hat, und nachher, wenn es darauf ankommt und ernſt wird, läuft er davon. Sieh einmal ein induſtrielles Unternehmen an: Was meinſt du, wie viel Verantwortung darin ſteckt!! Wie viel tieſe Sorge, wie viele ſchlafloſe Nächte! Meinſt du, 705 N, ee Großunternehmer„spielen“?, man ſteſli einen Generaldirektor an, daß er einen Haufen Geld kriegt und ſich amüſteren kann? Warum ſu⸗ chen große induſtrielle Werke manchmal das ganze Vaterland ab nach dem Tüchtigſten, d. h. dem Manne des ſtärkſten Verantwortungs⸗ gefſihes, wenn ſte einen Generaldirektor an ſteſter wollen? Glanbft du, man könne je⸗ mand etwas an vertrauen, der kein Ver⸗ antwortungsgefühl har? Das tut doch lein Menſch. Warum haben die Arbeiter einen Betriebs⸗ rat gewählt? Sie wollen in ihren Tüchtigſten, Verantwortlichſten teilnehmen an der Ver⸗ antwortung. Früher ließen ſchon weitblik⸗ ende Unternehmer ſie mitteilnehmen an der Verantwortung für die Wohlfahrtseinrich⸗ tungen der Fabrik, jetzt ſollen ſie teilnehmen an der Verantwortung für die Produktion, für die Sorgfalt der Herſtellung der Waren, des möglichſt ſparſamen Verbrauchs, der pfleglichen Behandlung der Maſchinen, der gründlichen Ausnutzung der Zeit. Glauben wir, daß es eine andere Möglich⸗ keit gibt, aus dem wirtſchaftlichen Elend der Gegenwart und der Gefahr der Hungersnot herauszukommen, als die, daß der Geiſt der Verantwortung in allen Kreiſen der an der Volkswirtſchaft Beteiligten erwacht? Ohne den Geiſt der Verantwortung wirtſchaftet ſich eine Wirtſchaft, ob es nun ein Bauernhof, eine Werkſtätte des Handwerkers, ein Indu⸗ ſtrieunternehmen oder die Geſamtwirtſchaft eines Volkes iſt, unweigerlich in den Dreck hinein. Dann ſtehen wir ſchließlich und ſind endgültig erledigt— durch uns ſelbſt. Wenn wir nicht mehr den Mut hätten, uns das zu ſagen und klarzumachen, ſo glichen wir einem „dummen Jungen“, der ſich an einer Ju⸗ gendleidenſchaft kaputt machte. Wir ſind ein Volk— weiß ſchon jeder Deutſche, was das heißt? Und was die politiſche Freiheit bedeu⸗ tet? Neulich war ich in einem Stadtausſchuß für dies und das, da waren verſchiedene In⸗ tereſſentengruppen. Auf einmal erklärt der Vertreter der einen: Wenn wir ſehen ſollten, daß unſere Intereſſen im Stadtausſchuß nicht voll gewürdigt und gewahrt würden, hätten wir auch kein Intereſſe mehr daran, länger im Stadtausſchuß zu bleiben. Der Sprecher der Gegenpartei erklärte dasſelbe; und der Anhang rief in beiden Fällen Bravo! Ich habe mir gedacht: Ein Bild eines Volkes, das noch kein Gefühl der Verantwortung fürs Ganze hat. Einig war man ſich eigentlich nur in einem Punkte: Die Stadt muß zahlen; denn ſie hat es ja! Begreift man denn ganz und gar nicht, daß die Intereſſenfragen hin⸗ ter den Lebensfragen zurückzuſtehen haben? Daß es unſittlich iſt, mit Davonlau⸗ fen zu kokettieren und zu drohen, wenn Le⸗ bensfragen auf dem Spiele ſtehen? Ein Sklave faßt die Freiheit auf als Freiheit zum Davonlaufen, ein Menſch aber, dem die Ver⸗ antwortlichkeit aufgegangen iſt, nicht. Ihm bedeutet die Freiheit das königliche Gefühl, fürs Ganze verantwortlich zu ſein und nicht bloß für die Intereſſen ſeines Standes und ſeiner Gruppe. Er ſorgt ſich als Bauer um die Exiſtenzmöglichkeit der Städter mit glühender Seele, als Städter ebenſo für die Exiſtenzmöglichkeit der Bauern. Er dient dem Ganzen, indem er an ſeiner Stelle tut, was ſeine verdammte Pflicht und Schuldigkeit iſt Dem Ganzen dienen, das heißt ihm; die Pflicht erfüllen, die er von ſeinen Vätern ge⸗ erbt, die er ſeinen Nachkommen gege iber hat. Das heißt ihm: Gott dienen und iſt ihm höchſte Betätigung ſeines religiöſen und ſitt⸗ man könne lichen Berufs. C Handel und Verkehr. Erhöhung der Eiſenbahnkarife. ö Durchſchnittlich um 230 Prozent. In der geſtrigen Sitzung des ſtändigen Aus⸗ ſchuſſes des Reichseiſenbahnrates ſprach ſich die Mehrheit des Ausſchuſſes für die von der Ver⸗ waltung vorgeſehene Erhöhung der Gütertarife um 250 Prozent aus. Eine Erhöhung 9. Ver⸗ 1. und 2. Klaſſe und um 200 Prozent für die 3. und 4. Klaſſe wurde mit beträchtlicher Stimmen⸗ mehrheit angenommen. Die Entſcheidung des g Reichsverkehrsminiſters ſteht noch aus. ö Die Steigerung der Großhandelspreiſe. Ifnfolge des neueren Markſturzes hat ſich das Niveau der Großhandelspreiſe nach den Berech⸗ nungen des Statiſtichen Reichsamtes vom 12393⸗ fachen des Vorkriegsſtandes am 5. Juni auf das 17 496fache oder um 41,2 v. H. am 15. Juni ge⸗ hoben. Von den Hauptgruppen ſtiegen im glei⸗ chen Zeitraum die Lebensmittel von dem 8806⸗ fachen au das 12789 fache vder um 43,5 v. H., In⸗ duſtrieſtoffe vom 19 100fachen auf das 26296 fache oder um 37% v. H., Inlandswaren von 10989fachen uf das 14769 fache oder um 34,4 v. H. und Eidde⸗ ſührwaren vom 19417fachen auf das 3113 1fache Offizielle Preiſe der Mannheimer Produltenbörſe. 100 Kilo waggonfrei Mannheim, ohne Sack. Preisnotierungen vom 18. Juni. cher Weizen 400440000, deutſcher Roggen 000, Braugerſte 300. 350 000, Hafer inl. 60300 000, Wieſenheu altes 8285000, Wieſen⸗ ßheu neues 7475 000, Preßſtroh 80 000, gebund. Stroh 7580 000, Weizenmehl Spez. 0(Richt⸗ preis) 650 000, Weizenkleie mit Sack 160170000, Infolge der kataſtrophalen Entwertung der Mark halten ſich Käufer und Verkäufer von Geſchäftsab⸗ ſchlüſſen zurück. Mannheimer Schlachtviehmarkt. Dem Schlachtviehmarkt am Montag waren zu⸗ getrieben: 72 Ochſen, 103 Bullen, 338 Kühe und Rinder, 204 Kälber, 45 Schafe und 4055 Schweine. Bezahlt wurden 50 Kilo Lebendgewicht für: Ochſen 1. 700740 000, 2. 680720 000, 3. 660680 000, 4. 620650000; Bullen 1. 700720000, 2. 680 000 bis 700 000, 3. 660680 000; Kühe und Rinder 1. 700720 000, 2. 660700 000, 3. 600620 00, 4. 560600 000, 5. 500.540 000, Kalher: b) 740780000, e) 700740 000, d) 680700000 M., e) 650680000 M.; Schafe: a) 380 420 000 f b) 960880 000, e) 340380 000, d) 320.360 000%) 90040000“ M.; Schweine: a) 860.880 000 F 840 860000, e) 820840 000, d) 800820000, c) 780800 000 Sauen 760800000 M. Ten⸗ denz: mit Großvieh, Kälbern und Schweinen leb⸗ haft, ausverkauft. aunheimer Pferdemarkt. 1 Für den, Pferdemarkt am Montag, betrug der ö 9 Wagenpferde, 84 aber und 50 Schlee rterde, Vozohlt parden pro Stiick Für? Wiagenpferde 8.15 Millionen M., Arbeitspſorde 10.00 Mill. M., Schlachtpferde 200000 8000 000