— swerh. ag, den Freund- ele Am Erſ. Liga. Handbal und hm! u. T. 1877 der„Viernheimer böchentlich dreimal: ags und Samstags.— Der monatliche Spreis beträgt 4000 Mk.— Durch Bezu 4 0ſt bezogen monatlich 5000.— Mk. e Po er Biernheimer Nachrichten Anzeiger“ erſcheint Dienstags, Donners⸗ Waldhof 4 3 Mich lub 19, at⸗Manz. it. Redaktion, Druck u. Verlag: Joh. Martin 74 eroſprecher Nr. 217 Amt Bierubeim, Geſchäfts⸗Anzeiger nheimer Viernheimer Zeitung— Viernheimer Bürger⸗Zeitung Erſte und älteſte Zeitung am Platze. Amtsblatt der Heſſ. Bürgermeiſterei und des Polizeiamts Viernheim Inſerate ſinden im„Viernheimer Anzeiger“ wirkſamſte Verbreitung. nzeige Vereins⸗Anzeiger Viernheimer Volksblatt Inſeratenpreiſe: Die 10 geſpaltene Petit⸗ Zeile 300.— Mk. für lokale und 400.— Mk. für auswärtige.— Die Reklame⸗Zeile 600.— Mk.— Vei öfteren Wiederhol n Rabatt.— Beilagen: pro 100 1000.— k. Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr, 36 i Dienstag, den 3. Juni 1923 5 Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Fraukfurt a. M. r Mich. in Mhm. iga. An. Handball v 2. Mſch⸗ orſtand. 1 i — 1 Werten 5 Ein⸗ o os, rei it zum peiſe⸗ hnen⸗ r und 10.5. fon 23. 5 Verkſtätte ind billig g träße Frankreich hat das Wort! Leider find die Friedensmahnungen der letzten Päpſte bisher ſtets ungehört verhalt. Ihre moraliſche Wirkung konnte ſich nicht durchſetzen, weil in dem Ringen des Weltkrie⸗ ges und Nachkrieges Moral und Sitte ſozuſa⸗ gen in dem Meer von Blut weggeſpült wor⸗ den ſind. Glaubte man, mit dem Friedens⸗ ſchluß eine neue Zeit des Völkerfriedens her⸗ aufdämmern zu ſehen, ſo hat dieſe Hoffnung ſchwer enttäuſcht. Der Völkerbund, der als Inſtitution zur Erhaltung des Friedens ge⸗ gründet war, zeigte ſich bald als einſeitig ein⸗ geſtellt und lediglich als Vaſall der Sieger mächte und beſonders Frankreichs. Auch jetzt wendet ſich der Papſt mit einem nellen Friedensappell an die Völker der Welt und richtet aufs neue an ſie die Einladung, die Frage der Wiedergutmach⸗ ung und der Ruhrbeſetzung ein⸗ gehend zu prüfen, um zu einer befriedigenden und gerechten Löſung zu kommen. Er tut dies durch einen offenen Brief an den Kardi⸗ nalſtaatsſekretär, der den beim Vatikan be⸗ glaubigten diplomatiſchen Vertretern überge⸗ ben wurde. Schon einmal hatte Pius XI. in gleicher Weiſe ſeine Friedensmahnung an dle Nationen gerichtet, das war zu Anfang ſeines Pontifikates in den Tagen der Genueſer Kon⸗ ferenz. Nun bringt das päpſtliche Schreiben zum Ausdruck, daß ſich„die internationalen Beziehungen ſeit der Konferenz von Genua, wie man es damals erwarten durfte, nicht nur nicht gebeſſert, ſondern eher verſchlech ha⸗ ben, ſodaß ſie zu neuen ernſten Befürchtungen für die Zukunft Anlaß geben.“ Um die ern⸗ ſten und allgemeinen Leiden der Völker zu lindern, ſieht es der Papſt deshalb jetzt als ſeine Pflicht an,„in irgend einer Weiſe zur Verſöhnung und Wiedervereinigung der Völ⸗ ker und Menſchen in Chriſto beizutragen, und ſelbſtlos und unparteiiſch, ſo wie für alle geich wohlwollend, ſeine Stimme zu erheben.“ Zwei Punkte ſind es dann, die in dem päpſt⸗ lichen Handſchreiben als Appell an die chriſt⸗ lich denkende Welt gerichtet ſind. Der Papſt hält es für ein Gebot der Gerechtigkeit, daß ein Erſuchen Deutſchlands, ſeine weitere Zah⸗ lungsfähigkeit u. Leiſtungsfähigkeit von einem unparteiiſchen Gremium prifen zu laſſen, nicht abgelehnt wird, ſofern Deutſchland als der willige Schuldner die Verpflichtungen ſeinerſeits übernimmt, den Schiedsrichtern je⸗ des Material der Wahrheit und der genauen Kontrolle zur Verfügung zu ſtellen. Das liegt, das betont das Schreiben noch ausdrück⸗ lich, im Intereſſe der Gläubiger ſelbſt, die vom Schuldner nichts verlangen dürfen, was über ſeine Kraft geht. Daß durch unmögliche Forderungen nur die Gefahr ſozigler Störun⸗ gen und damit das größte Unglück für Europa, neuer Haß und Kriegsgefahr, heraufbeſchwo⸗ ren werden, dem kann ſich der Papſt auch nicht verſchließen. Dann ſpricht ſich der Papſt ferner für einen allgemeinen Abbau der Be⸗ ſetzungen und eine ſucceſſive und völlige Auf⸗ hebung der Ruhrbeſetzung auf, und fragt mit Recht bei Frankreich an, ob es nicht ratſam wäre, ſtatt der ſchweren Opfer, die durch die Beſetzungen auferlegt würden, andere eben ſo wirkſame und gewiß nicht ſo gehäſſige Siche⸗ rungen zu ſchaffen. Nur wenn die Völker ſich ſo in gerechter Weiſe und dem Willen der aufrichtigen Ver⸗ ſöhnung begegnen, wenn Sieger und Be⸗ ſiegte alle erforderlichen ſchweren Opfer brin⸗ gen, dann iſt nach Anſicht des Papſtes die un⸗ erläßliche Vorbedingung für den erſehnten wirtſchaftlichen Wiederaufbau und den Völ⸗ kerfrieden gegeben. Daß Deutſchland dazu be⸗ reit iſt, iſt 115 ig genug zum Ausdruck gekom⸗ men. Auch England und Amerika ſind wil⸗ lens. Nun hat Frankreich das 0 90 0 ſtellt werden, der gleichzeitig die Vor Gelechgleit uad Baumbperzotek: Das päpſtliche Schreiben. b Der Papſt richtete an den Kardinal⸗ ſtaatsſekretär ein Schreiben, in dem er auf ſeine wiederholten, ſeit Beginn ſeines Pontifikats für die Ruhe Europas und das Heil der Nationen unternommenen Verſuche hinweiſt, um den wahren Frieden und ein dauerndes Einvernehmen unter den Staaten herbeizuführen. „Die internationalen Beziehungen hätten ſich jedoch nicht nur nicht gebeſſert, ſondern vielmehr verſchlechtert und zwar derart, daß ſie für'n Zukunft zu neuen und ernſte⸗ ſten B. ſorgniſſen Anlaß gäben. Der Papſt hebt hervor, daß er gegenüber dieſer Lage nicht gleichgültig bleiben könne. Er be⸗ mühe ſich mit allen Kräften und mit allen Mitteln, die Kinder der Kirche zu bewegen, daß ſie ſich ihm zur Verfügung ſtellten, um die ſo ſchweren und allgemeinen Leiden zu lin⸗ dern. Er müſſe von jeder Gelegenheit Ge⸗ brauch machen, die ſich ihm biete, um bei der Herſtellung des Friedens mitzuwirken. Des⸗ halb halte er es für ſeine Pflicht, während zwiſchen den an dem Konflikt am meiſten be⸗ teiligten Mächten neue Vorſchläge und neue diplomatiſche Verhandlungen vorbereitet wür⸗ den, um eine freundſchaftliche Löſung der Mitteleuropa und infolgedeſſen unvermeid⸗ lich alle Nationen bewegenden Fragen zu ſinden, ſeine unparteiiſche undwohl⸗ meinende Stimme zu erheben. Im Bewußtſein der ſchweren Verantwor⸗ tung, die ihm und allen denen zufalle, die in ihren Händen die Geſchicke der Völker hiel— ten, richte er an ſie die inſtändige Bitte, die verſchiedenen Fragen, ſo die Frage der Reparationen, im Geiſte des Chriſten⸗ tums noch einmal zu prüfen, der die Forde— rungen der Gerechtigkeit nicht von de⸗ nen der Barmherzigkeit ſcheide, auf der das Leben der Völker beruhe. Wenn in der Abſicht, die ſehr ſchweren Schäden, die der Bevölkerung von ehedem blühenden Län⸗ dern zugefügt worden ſeien, wiederherzuſtel⸗ len, der Schuldner einen Beweis des guten Willens, zu einer billigen und end⸗ gültigen Verſtändigung zu gelan⸗ gen, gebe, indem er ein unparteiiſches Urteil über die Grenze ſeiner Zahlungs⸗ fähigkeit anrufe und den Schiedsrichtern alle Mitlel zu einer eruſten und genauen Kon⸗ trolle zuſichere, verlange es die Gerechtigkeit und Nächſtenliebe, gleichwie das Intereſſe der Gläubiger ſelbſt, und aller der Zwiſtigkeiten müden und ſich nach Ruhe ſehnenden Völker, daß von dem Schuldner nichts verlangt werde, was er nicht leiſten könnte, ohne ſeine Quellen und ſein Produktionsvermögen bis zu einer völligen Vernichtung und bis zur Vernichtung ſeiner Gläubiger ſelbſt zu er⸗ ſchöpfen, nicht zu reden von der Gefahr des ſozialen Umſturzes, der der größte Ruin ganz Europas wäre und eine ſtändige Gefahr neuer und noch verderblicherer Verwicklungen werde. Es ſei gerecht, daß die Gläubiger ihren Forderungen entſprechende Bürgſchaften er⸗ langten. Ihnen ſei es überlaſſen, zu prüfen, ob es in der Tat notwendig ſei, unter allen Umſtänden die Beſetzung von Gebie⸗ ten aufrechtzuerhalten, die für das beſetzte Land und für die beſetzenden Völker mit gro⸗ ßen Opfern verbunden ſei, oder ob es nicht beſſer wäre, die Beſetzung durch ſchrittweiſe einzuführende andere Bürgſchaften zu erſetzen, die nicht weniger wirkſam und ſicherlich weniger ſchmerzlich wären. Wenn beide Parteien ſich auf dieſer Grundlage einig⸗ ten, könnte die Beſetzung von Gebieten all⸗ mählich gemindert und nach und nach gänzlich aufgehoben werden. Dann könnte endlich der wirkliche Friede zwiſchen den Völkern herbe, edin⸗ gung für eine wirtſchaftliche Wiederherſtel⸗ wünſcht würde. Die Herſtellung des Frie⸗ dens und die wirtſchaftliche Wiederaufrichtung ſeien für alle Nationen, ſiegreiche und beſiegte, gleich große Güter, ſo daß, um ſie zu erlan⸗ fle kein notwendiges Opfer zu ſchwer ſein ſollte. Ein Kommenkar des Kardinals Gaspaui. Kardinalſtaatsſekretär Gaſparri hat dem römiſchen Vertreter der Havasagentur die Ab⸗ ſchrift der d„Oſſervatore Romano“ über⸗ gebenen Erluterungen zu dem Schreiben des Papſtes über die Reparationsfrage zur Ver⸗ fügung geſtellt. Der weſentliche Inhalt dieſer Note iſt nach dem Havaskorreſpondenten fol⸗ gender: Wenn der Schuldner, das heißt Deutſchland, ein unparteiiſches Urteil über die Grenzen ſeiner eige— nen Leiſtungsfähigkeit anruft und damit die Ver⸗ pflichtung übernimmt, den Richtern durch die Bei⸗ bringung ſämtlicher Kontrollmittel Klarheit über die Tatſachen zu verſchaffen und dem päpſtlichen Schreiben Folge geben will, hat es die Pflicht der Wiedergutmachung der den Ländern und ihrer Be- völkerung zugefügten Schäden nach Maßgabe des Möglichen anerkannt. Die Gläubiger ihrerſeits insbeſondere Frankreich und Belgien, ſind berech— tigt, von dem Schuldner die Wiedergutmachung der erlittenen Schäden zu fordern, ohne daß ſie in— deſſen verlangen können, daß Deutſchland mehr gibt, als es geben kann. Tatſächlich ſtellen jetzt auch die Gläubiger kein derartiges Verlangen, aber ſie leugnen die Aufrichtigkeit Deutſchlands und ſtehen auf dem Standpunkt, daß die zur Zeit ge— forderten Reparationsziffern keineswegs die Zah— lungsfähigkeit Deutſchlands überſteigen und daß es keines Urteils und keiner Kontrolle bedürfe. Dies ſind die Punkte, die im Laufe der demnäch— ſtigen diplomatiſchen Verhandlungen zur Erörte— rung gelangen werden und in die der Heilige Stuhl ſich nicht einmiſchen kann und will. Es iſt zu hoffen, daß es den Mächten gelingen wird, den Betrag der deutſchen Schuld zu fixieren. Was die Garantien anlangt, erkennt der Heilige Stuhl den Gläubigern durchaus das Recht zu, Garantien zu nehmen, die dem Umfange ihrer Forderungen an⸗ gemeſſen und geeignet ſind, die Deckung dieſer Forderungen zu gewährleiſten, von denen auch für ſie lebenswichtige Intereſſen abhängig ſind. Dieſe Garantien ſind die territorialen Beſetzungen, und der Heilige Stuhl überläßt es den Gläubigern ſelbſt, zu prüfen, ob es für die Sicherheit ihrer: Forderungen unbedingt notwendig iſt, die terri— torialen Beſetzungen, die den Beſatzungsmächten und der Bevölkerung beträchtliche Opfer aufer— legen, aufrecht zu erhalten, koſte es, was es wolle, oder ob es angebracht iſt, ſie nach und nach durch andere, gleich wirkſame, Garantien zu erſetzen. Der Koreſpondent fügt der Wiedergabe dieſes Schriftſtückes hinzu: Der Kardinalſtaatsſekretär Gaſpari habe bei Uebermittlung der vorſtehend im weſentlichen wiedergegebenen Note ihm eine Erklärung abgegeben, die darauf abziele, den Umſtand hervorzuheben, daß das Schreiben des Papſtes auf der Annahme beruhe, der Schuld⸗ ner bringe allen ſeinen guten Willen auf, ſich ſeiner Verpflichtungen zu entledigen und die Tragweite des päpſtlichen Briefes würde ſich vollſtändig ändern, wenn dieſe Annahme als unzutreffend nicht in Betracht käme. 2 Der Eindrua der Papfinote. Inopportun? Paris, 29. Juni. Nach der„Chicago Tribune“ wird am Quai d'Orſay nicht ver⸗ hehlt, daß man den Brief des Papſtes als i n⸗ opportun betrachtet, und hinzugefügt, die Regierung werde wahrſcheinlich ſeinen In⸗ terpräſident Poincaré oder ein anderer Mini⸗ ter in einer Rede auf den Brief anſpielen, 10 ignorieren. Gegebenenfalls werde Mini⸗ Bapſlun lung ſei, die von allen Seiten ſo dringend ge⸗ il Jlüdlteich! gewiſſe Stellen zurückweiſen und die Unmög⸗ lichkeit dartun, darauf einzugehen. Franzöſiſche Interpellationen zur Papſtnote. Paris, 29. Juni. Der chriſtlich⸗demokra⸗ tiſche Abgeordnete Mare Sangnier hat den Brief des Papſtes zum Anlaß einer Interpellation gemacht. Er teilte Poincars mit, er wünſche ihn zu interpellieren über die Rückwirkung der auswärtigen Politik der franzöſiſchen Regierung auf die öffentliche Meinung der Welt.— Die ſozialiſtiſche und die radikalſozialiſtiſche Kammerfraktion brach⸗ ten gleichfalls Interpellationen ein. Die letz⸗ tere verlangt Auskunft über die Haltung des franzöſiſchen Botſchafters beim Vatikan und der franzöſiſchen Regierung angeſichts dieſes ernſten diplomatiſchen Ereigniſſes. Paris, 28. Juni. Zum Briefe des Papſtes über die Regelung des Reparationsproblems ſchreibt das„Petit Journal“, es ſei unmög⸗ lich, ſich zu verheimlichen, daß der päpſtliche Vorſchlag darauf abziele, eine Reviſion des Vertrages von Verſailles einzuleiten und die Unparteilichkeit der Reparationskommiſſion anzuzweifeln, die aus dem Vertrag ihre Exi⸗ ſtenz und ihre Machtbefugnis herleite.„Echo de Paris“ dagegen meint, niemals hätten Poincaré und die geſamte öffentliche Meinung Frankreichs etwas anderes erklärt, als der Papſt.(11) Frankreich ſei nicht nach dem Ruhrgebiet gegangen, um kriegeriſche Demon⸗ ſtrationen zu veranſtalten(2), ſondern um Geld einzukaſſieren. Das begreife der Fenge Vater vollkomme Mailand, 29. Inni. Der Brief des Pap⸗ ſtes wird von der italieniſchen Preſſe ein⸗ gehend beſprochen. Die„Stampa“ ſchreibt, der Brief werde die Ruhrbeſetzung nicht ver⸗ ändern. Die Worte Pius XI. würden jedoch zweifellos dazu beitragen, die Welt von der Notwendigkeit einer Löſung zu überzeugen. Dieſer Schritt könne vielleicht das Eingreifen Dritter zugunſten einer Verſöhnung veran— laſſen. Dies wäre auf jeden Fall das ver⸗ heißungsvollſte Ergebnis des rührenden Papſtbriefes. Die Lage an der Ruhr hänge von der franzöſiſchen Unnachgiebigkeit ab. Senator Raſtionao Morelle, deſſen Artikel gleichzeitig in der„Tribuna“ und im„Popolo d Italia“, dem Organ Muſolinis, erſcheinen, ſchreibt über den Brief des Papſtes, daß die⸗ ſer mutig nach dem menſchlichen und göttlichen Geſetz Stellung nehme. Die Ruhrfrage, die die Wurzel des europäiſchen Leidens ſei, müſſe aufhören, ausſchließlich eine franzöſiſche Frage zu ſein. Frankreich müſſe durch Iſolierung zur Vernunft gebracht werden. Falls es nicht nachgebe, werde es Europa und Amerika zei gen, daß es den Weltfrieden nicht wolle. London, 29. Juni. Der Berichterſtatter des „Daily Telegraph“ meldet, daß in engli⸗ ſchen und amerikaniſchen Regie⸗ rungskreiſen der Brief des Papſtes über die Reparationsfrage mit lebhafter Ge⸗ nugtuung aufgenommen wurde als eine wert⸗ volle politiſche und moraliſche Unterſtützung des Standpunktes der angelſächſiſchen Län⸗ der. Werde es ſich als unmöglich herausſtel⸗ len, mit Frankreich zu einer Einigung zu ge⸗ langen, ſo würden wahrſcheinlich England, Italien und Amerika gemeinſam Deutſchlands Zahlungsfähigkeit durch Sachverſtändige feſt⸗ ſetzen laſſen. 9 Mederaufunbme des Meinungs- duslanſches. Paris, 29. Juni. Der engliſche Bot⸗ ſchafter Crewe begab ſich am Donnerstag nachmittag von neuem zum Quai d'Orſay, wo er mit Torretti della Rocca eine Unterre⸗ dung hatte.„Petit Pariſien“ und dem„Echo de Paris“ zufolge ſteht eine Wiederaufnahme 40. Jahrg. be Melnungsausauſche ischen der eng⸗ liſchen und franzöſiſchen egierung, da die Vöſung der belgiſchen Miniſterkriſe erfolgt iſt, unmittelbar bevor. f 5 Erſt Zahlung, dann Räumung. Poris, 29. Juni. Der Senat hat heute über die Ruhrkredite verhandelt. Nach einer längeren Rede Poincarés über die Lage im Ruhrgebiet, in der er erneut betonte, daß Frankreich das Gebiet nicht räumen werde, ehe es vollauf bezahlt ſei, wurden die Kredite von den anweſenden 298 Senatoren einſtimmig bewilligt. i Theunis übernimn die Kabinettsbildung. Brüſſel, 28. Juni. Theunis hat ſich heute abend zum König begeben, um ihm mitzutei⸗ len, daß er die Bildung des Kabi⸗ netts übernimmt. Verſtärkung der franzöſiſchen Luftrüſtung. Paris, 29. Juni. In der franzöſiſchen Kammer ſchlug der Abg. Miſt ral eine Kre⸗ ditherabſetzung von 5 Millionen für die Luft⸗ ſchiffahrt vor. Kriegsminiſter Magenot aber ſagte: Die Anſtrengungen, die Deutſch⸗ land mache, um ſeine Luftflotte zu vermeh⸗ ren, würden eine entſprechende Anpaſſung franzöſiſcherſeits erfordern. Daraufhin be⸗ ſchloß die Kammer mit 490 gegen 79 Stim⸗ men, die vorgeſchlagene Herabſetzung der Kre⸗ dite abzulehnen. Dagegen wurde die von Kriegsminiſter Maginot vorgeſchlagene Er⸗ höhung um 37 Millionen angenommen. „Der Wettlauf iſt eröffnet“. London, 29. Juni. Die„Pall Mall Ga⸗ zette“ ſchreibt mit Bezug auf den Beſchlu ß der franzöſiſchen Kammer, die Luftflottenkredite um weitere 37 Millionen zu erhöhen, daß dieſer Beſchluß in engliſchen politiſchen Kreiſen eine allegmeine Senſation hervorgerufen hab. Man erblicke darin die Eröffnung eines typiſchen Rüſtungswettlauſs nach dem Vorbild der Vorkriegszeit. Man ſehe in dieſem Beſchluß der franzöſiſchen Kammer eine direkte Antwort auf den Ve⸗ ſchluß der britiſchen Regierung, die engliſche Luftflotte um 34 neue Geſchwader zu er⸗ höhen. 65 Abt füt uns tee Möeinland⸗ fag! Reichskanzler auf dem rheiniſchen Provinziallandtag. Varmen, 28. Juni. Der 66. rheiniſche Provinziallandtag hielt heute im Rathaus eine Schlußſitzung ab, die eine beſonders feier— liche Note durch die Anweſenheit des Reichskanzlers Cuno erhielt, der im Lauſe der Sitzung in eindrucks⸗ bollen Worten über den paſſiven Widerſtand an Rhein und Ruhr und über die Unantaſt⸗ barkeit der Rheinlande bei den kommenden Verhandlungen ſprach. Nach einer Begrü⸗ ßungsanſprache des Präſidenten Dr. Jares erg. ff Reichskanzler Cuno das Wort zu einer kurzen Anſprache, bei der er ausführte, wenn er heute zum dritten Male in kurzer Zeit im uppertale weile. ſo möge das als ein Be— — Ter weis nicht nur der Gefühle der Pflichterfül⸗ lung dem Rheinland gegenüber, ſondern auch als ein Symbol der Treue der Reichsregie⸗ rung zur rheiniſchen Bevölkerung aufgefaßt werden. Im Namen der Fraktion des Zen⸗ trums, der Arbeitsgemeinſchaft und der So⸗ zialdemokratie gab Juſtizrat Mönnig eine Erklärung „ wonach der rheiniſche Provinziallandtag R Wie wir vergeben unſern Schuld Roman von E. Krickeberg. 9 Nachdruck verboten. Wie ſollte das enden?— Mit dieſer bangen Frage legte ſich Anita zu Bett, mit ihr ſtand ſie des Morgens wieder auf und wie ein Schemen ging ſie den Tag hindurch neben ihr her. Wie ſollte das enden?—— Eberhardt von Drewensberg hatte Gefallen an dem Knaben gefunden oder fand es für gut, ihn zu heucheln. Dos eine ſo ſchlimm wie das andere. Der Onkel hatte auch bereits angefangen, eine Rolle in des Kindes Leben zu ſpielen. Tauſendmal am Tage fragte der Kleine nach dem„neuen Onkel“, und wann er käme. Und wenn auch die verſprochenen Weintrauben der eigentliche Magnet für ihn waren.. nun, mit Leclerbiſſen erkauft man eines Kindes Herz. Anita war machtlos den Fragen Heinis gegenüber. Wenn ſie ihm klar machen wollte, daß es unſchicklich ſei, von fremden Leuten Ge⸗ ſchenke anzunehmen, dann ſah er ſie mit den großen unſchuldigen Kinderaugen verwundert an und es war ſo logiſch, wenn er meinte: „Iſt doch kein fremdes Leut, Mama, iſt doch Onkel Eberhardt.“ Was konnte ſie darauf er⸗ widern? ö Sie hatte zwar gern. Es is doch Verhandlungsbereitſchaft or aller Welt 9 6 Einſpruch gegen die Ge⸗ waltherrſchaft erhebt und erklärt, daß es für 1 rheiniſche Volk eine rheiniſche Frage nicht ibt. i b f Darauf ſprach 5 der Reichskanzler. N hervor: 1 Zur Rheinlandfrage. 7 Es gibt keine Rheinlandsfrage für die deut⸗ che Regierung; es gibt deshalb leinen Kompro⸗ mißweg, den wir in dieſer Frage betreten kön⸗ nen.(Bravol) Es braucht auch keine Rhein⸗ landsfrage zu geben, denn die Politik der Reichsregierung gibt Ihnen die Gewähr, daß, ſo feſt wir in der Rheinlandsfrage ſtehen, ſo wenig auf der anderen Seite irgend etſpas unterlaſſen wird, was mit dem Beſtand der Einheit und der Souveränität des Reiches ver⸗ einbar iſt u. mit der wirtſchaftlichen Leiſtungs⸗ fähigkeit in Einklang ſteht, um dadurch Ruhr und Rhein freizumachen. Es wird alles ge⸗ ſchehen— wie es geſchehen iſt— was ein deutſcher Mann verantworten kann, um ſeinem Vaterland Freiheit und Weiterentwicklung en geben. Pafſiver Widerſtand, keine Unbeſonnenheile Wenn es Ihnen manchmal zu ſchwer wird, wenn Sie aus Ihrem deutſchen Empfinden her⸗ zus ſich ſagen: Es kann nicht mehr in Ruhe er⸗ tragen werden, dann bedenken Sie, daß Unbe⸗ ſonnenheiten irgendwelcher Art eine Löſung des Nonflikts nicht bringen werden. Wir müſſen zdeſonnen im Rahmen des paſſiven Widerſtands bleiben. Wir müſſen die Waffe des Geiſtes, die einzige Waffe, die wir gegenüber der Waffe der Gewalt haben, anwenden, bis es zu einem guten Ende kommt. Aber noch ein weiteres: So wenig 2s zu Unbeſonnenheiten kommen darf, ebenſo⸗ wenig iſt ein Anlaß zu Kleinmut und Schwäche vorhanden. Es würde ſchwerer ſein, das zu er⸗ tragen, was eintreten würde, wenn Sie die Waffe des paſſiven Widerſtandes aus der Hand gäben.(Sehr richtig!) Zum Papſtbrief! Der Heilige Vater hat in den letzten Tagen eine Mahnung an die Welt ge⸗ richtet, Frieden zu machen und den Willen zur und zur Erfüllung unſerer Verpflichtungen, den wir bereits zum Ausdruck gebracht haben, zur Grundlage des Ausgleichs des Konflikts zu machen. Wir dan⸗ len, daß dieſer Schritt geſchehen iſt, und wir hoffen, daß auf der anderen Seite die Worte der ſo neutralen und ſo hohen Stelle ein williges Ohr zu finden. Sagt ſich Frankreich von ſeinen Plänen los und erkennt es Deutſchlands Recht auf Freiheit und Leben an, entſchließt ſich Frankreich in offener Ausſprache mit ſeinen Alliierten und uns, den Tatſachen Rechnung tragend, eine Löſung des Reparationsproblems zu ſuchen, ſo wird die Verſtändigung an Deutſch⸗ land nicht ſcheitern. Die Welt braucht Frieden. Darum wird auch in Deutſchland jedermann den Ruf zum Frieden und zur Verſöhnung, der jetzt von der Warte des Heiligen Stuhls in die Welt gedrungen iſt, mit dankbarer Zuſtimmung begrüßen. Alles, was Parteihader und Zwieſpalt in das Volk hineintragen kann, muß zurücktreten hinter die große Frage: Wie rette ich mein Vaterland? ** 1 Dr. Becker über die Deviſenpolitik. Köln, 29. Juli. Im Anſchluß an den rheini⸗ ſchen Provinziallandtag hielten ſich der Reichs⸗ kanzler und der Reichswirtſchaftsminiſter Dr. Becker bei Mitgliedern des Eiſen⸗ und Stahlwerk-Induſtriellenbundes auf, der gerade RAe dem Vater Hartkopf mit ſeine Tagung in Elberfeld hatte. Dr. Becker hielt eine Rede, in der er u. a. ſagte: 4 Pflicht, Heini von den Drewensbergs halten, aber in ſtillen Stunden tauchte doch iminer wieder der Zweifel in ihr auf: durfte ſie es wirklich auf ihr Gewiſſen nehmen, das Kind den Angehörigen ſeines Vaters mit Vor⸗ bedacht zu entfremden?— Durfte ſie ſich in den Weg ſtellen, wenn jene es als Familien⸗ glied aufnehmen wollten, ſelbſt um den Preis, daß es die Mutter aufgäbe? Ihr Herz ſchrie: „Ja“, und der kalte erbarmungsloſe Verſtand ſagte:„Nein!“ Sie hatte kein Recht, dem Glück ihres Kindes hinderlich zu ſein. Ja, wenn ſie gewiſſenhaft ihre Pflicht dem toten Gatten gegenüber erfüllen wollte, mußte ſie dazu helfen, daß der Friede in der Familie wieder hergeſtellt werde, den ihre Eheſchließ⸗ ung dereinſt geſtört. „Mein Bruder hat die Seinen ſehr lieb gehabt und niemals die Hoffnung aufgegeben, daß einſtmals ein friedlicher Ausgleich ſtatt⸗ finde“, hatte ihr der Schwager zugerufen, und obwohl ſich ihr die raſche Antwort:„nicht ich — ihr ſeid es, die den Frieden ſtören!“ auf die Lippen gedrängt hatte, war ſie unausge⸗ ſprochen geblieben. Wenn ſie ſich auch keiner Schuld an dem Zerwürfnis bewußt war, ſo mußte ſie ſich doch eingeſtehen, daß ſie auch fernzu⸗ nie ernſtlich den Wunſch gehabt hatte, es fried⸗ lich gelöſt zu ſehen. Sie hatte der Familie nicht den Teil am Gefühlsleben ihres Mannes ge⸗ gönnt, der ihr dann notgedrungen zugefg 0 die Eiſerſucht, ihr ſchöner, An Zwangsmaßnahmen in der Deviſenpo hat niemand in der Regierung Freude; aber wenn die Mark ſo fällt, und wenn af le Schichten der Bevölkerung, darunter auch der Mittelſtand, da⸗ durch beunruhigt werden, dann wäre es ein Ver⸗ . 0 brechen am Volke geweſen, zen dieſe Maßnahmen Aus der Rede heben wir das Bedeutſamſß nicht getroffen worden irren, Jetzt hat man den Verſuch gemacht, den ſchliazergten Auswüchſen ent⸗ gegenzutreten. Naturgemäß werden dadurch fiir die Wirtſchaft ſchwere Hemmniſſe eintreten. Ma⸗ hat trotz aller Bedenken dieſen Schritt unternom⸗ men, weil jeder Verſuch, die Mark zu ſtützen, von vornherein zum Scheitern verurteilt iſt, wenn es nicht gelingt, derartige Deviſenmaßnahmen durch⸗ zuführen. Ich habe die Ueberzeugung, daß es nur eine vorübergehende Maßnahme iſt, in die 5 ſich alle ſchicken müſſen. e nen und ſie ihm zurückgeben, und zwingendſte Beweggrund geweſen, Kind den Augen des fremden Onkels verbor⸗ gen zu halten. Sie wollte und konnte ihres Kiades Herz nicht mit anderen teilen. f Rhein und Ruhr. 0 17890 19„ „Die Freiheit, das Eigentum, die Sicherheit gegen Unterdrückung“, ſind im Jahre 1789 von Frankreich als heilige Menſchenrechte verkündigt worden. Im Jahre 1923 aber ſucht dasſelbe Frank⸗ reich viele Millionen von Menſchen durch Aushungerung ſo mürbe zu machen, daß ſie ſich willenlos ſeiner Gewaltherrſchaft beugen. Alle Unterdrückungsmaßnahmen gegen unſere Volksgenoſſen am Rhein und Ruhr haben die Franzoſen ihrem Ziele nicht näher gebracht. In ihrem Sadismus greifen ſie jetzt zu einem neuen Mittel der Unter⸗ drückung, zur Aushungerung. Zu dieſem N Zwecke haben die Franzoſen die Zufuhr von Lebensmitteln ins beſetzte Gebiet geſperrt. Die Deutſchen ſollen ſich beugen oder verhungern! Daß in einem Kriege eine Fe⸗ ſtung durch Belagerung und Aushungerung zur Uebergabe gezwungen wird, iſt ein altes dölkerrechtlich anerkanntes Kampfmittel. Daß uber ein Volk, wie die Bevölkerung am Rhein und Ruhr, mitten im Frieden überfallen und zusgehungert werden ſoll, iſt ein ſolch barba⸗ ciſcher Vorgang, wie ihn die Weltgeſchichte wohl kaum jemals erlebt hat. Die furchtbaren Zerſtörungen der Franzo⸗ en unter dem Sonnenkönig Ludwig XIV. und dem barbariſchen General Melac— noch heute werden in Erinnerung an den berüch⸗ tigten General biſſige Hunde Melae genannt — ſind in Baden in lebendiger Erinnerung. Das Heidelberger Schloß iſt ewiger Zeuge hier⸗ für! Die heutige Aushungerungsmethese der Franzoſen iſt aber viel furchtbarer wie ihre Zerſtörungswut im Jahre 168889. Häuſer können wieder aufgebaut werden, Menſchenleben aber nicht. Dieſe neue Kulturſchande der Franzoſen hat in der ganzen Welt großes Aufſehen regt. Sowohl die engliſche als auch die amerikg⸗ niſche Regierung haben alsbald Vertreter in das Zentrum des Ruhrgebietes, nach Eſſen entſandt, um über die Lebensmittelverſorgung der Bevölkerung an Ort und Stelle Erkundi⸗ gungen einzuziehen. 6 Baden, das ſelbſt oft genug unter der Franzoſenherrſchaft gelitten hat, verfolgt den Aushungerungskampf der Franzoſen, unter dem in erſter Linie Kinder, Frauen und alte Leute zu leiden haben, mit tiefſtem Mitge⸗ fühl, aber auch in der feſten Ueberzeugung, daß dieſe neue Barbarei für unſeren Kampf an Ruhr und Rhein ohne jeden Erſolg bleiben wird. Die neuen Opfer vn Buer. Buer, 30. Juni. Durch eidliche Ausſagen einer Reihe von Zeugen wurde einzvandfrei feſtgeſtellt, daß die Schüſſe, durch die von bel⸗ 2 D aber Geſtern vo letzten Blutſonntags a beigeſetzt. Gemäß B Dinoire durften nur wenig Leidtragende dem Sarge folgen; außer den nächſten Anver⸗ wandten der Toten waren nur einige wenige Vertreter der ſtädtiſchen Körperſchaften zu⸗ gegen. Der Kommandant hatte auch aus⸗ drücklich verboten, Grabreden zu halten. Ge⸗ ſtern bezw. heute vormittag fanden in den Pfarrkirchen der Stadt FTrauergottesdjfenſte ſtatt, die überaus zahlreich beſucht waren. Nach dem Gottesdienſt zogen belgiſche Pa⸗ trouillen mit gefälltem Bajonett zwiſchen den Scharen der Kirchenbeſucher auf den Plätzen vor den Gotteshäuſern auf und ab. Geſtern abend nahmen die Belgier bei allen Leuten, von denen ſie vermuten, daß ſie vechtsſtehen⸗ den politiſchen Kreiſen angehören, Hausſuch⸗ ungen vor. s 92 Die Vorgänge von Marl. belgiſche Ortskommandeur bei dem Leiter der hieſigen deutſchen Polizei vor⸗ ſtellig und eröffnete ihm, daß die belgiſche Ge⸗ richtsbarkeit die Vorführung des in Münſter in Unterſuchungshaft befindlichen zweiten Täters der blutigen Affäre in Marl verlange, bei der bekanntlich zwei belgiſche Soldaten ge⸗ tötet und ein dritter ſchwer verwundet wurde. Dieſem zweiten Täter, Jaeſtin, iſt es bekannt⸗ lich nach der Tat gelungen, über die Lippe ins unbeſetzte Gebiet zu entkommen, er hatte ſich jedoch den deutſchen Gerichten in Münſter ge⸗ ſtellt und wurde dort inhaftiert. Augenblick ſteht noch nicht klar feſt, ob die Vorführung zum Zwecke der Feſtnahme durch die belgiſchen Behörden oder lediglich zur Ver⸗ nehmung als Zeuge zur Feſtſtellung des Tat⸗ beſtandes erfolgen ſoll. a Bei Krupp im Gefängnis. Der bekannte Wiener Violinvirtuoſe Profeſſor Arnold Roſé, der in Düſſeldorf konzertierte, ſpielte auf Einladung des Vertreters des Roten Kreuzes in der Kapelle des Gefängniſſes abgelegt, die Frankfurter Oberleitung habe ihnen den Auftrag gegeben, unter den dortigen Erwerbs⸗ loſen Perſonen zu werben, die ſich verpflichteten, im beſetzten Gebiet mit Dynamit Eiſenbahnſabo⸗ tageakte vorzunnhmen. Gruber, der Hahne und Schneider zum Zwecke des Geldverdienens bei der franzöſiſchen Gendarmerie in Höchſt verraten hatte, machte u. a. die Angabe, er und mehrere Mitglie⸗ der hätten den Spezialauftrag gehabt, Kohlenzüge in die Luft zu ſprengen. Er und Saſſe ſeien von der Frankfurter Polizei wegen des Beſitzes von Dynamit feſtge⸗ nommen aber wieder freigelaſſen worden, nachdem ſie erklärt hatten, der Sprengſtoff diene zu Sabo⸗ tagezwecken im beſetzten Gebiet. Nach dieſer Er⸗ klärung des Angeklagten machte der Vorſitzende des Gerichtshofes die Bemerkung, daraus gehe hervor, daß die Frankfurter deutſche Polizei und die deutſche Reichsregierung die Sabotageverbrechen begünſtigten. Einer der Hauptbeſchuldigten namens Schied iſt ins unbeſetzte Gebiet entkommen. »Der Frankfurter Polizeipräſident Fhrler erklärte einem Vertreter des WT B., daß die Ausſagen des Angeklagten Gruber auf Unwahrheit be⸗ ruhen. Er ſtehe wie der Miniſter des Innern auf dem Standpunkt, daß derartige Sabotageakte durch⸗ aus verwerflich ſeien und nicht im Intereſſe der deutſchen Sache lägen. f Berlin, 30. Inni. Nach Eingang der Meldungen über die Mainzer Todesurteile hat die Reichsregierung, wie man er⸗ war der ö erſte das Nach einigen Tagen begann die Erinner⸗ ung an den Onkel in Heini zu verblaſſen. Er fragte nur noch, wenn eine beſondere Veran⸗ laſſung die Erinmerung an ihn und die ſprochenen Trauben weckte. mer verurſachte ibm der Gedanke, ob der On⸗ kel auch eine Leiter finden würde, die ver⸗ Am meiſten Kum⸗ hoch genug wäre, ſie herunter zu holen. Die Mutter atmete auf. So war alſo ihre Befürchtung übertrieben geweſen, die Drewens⸗ bergs dachten nicht daran, dem Kinde der Ko⸗ mödiantin noch weiter nachzufragen. Ihr Heini war ihr wiedergeſchenkt und ſie ſchloß das Kind mit um ſo größerer Inbrunſt an ihr Herz. 6 i „Wir beide, wir ſind unzertrennlich, nicht wahr, mein Heini!“ Und der Kleine lachte und ſtrampelte:„Ach, Mutti, du drückſt mich ja ganz derzwei!“ 1 0 Aber etwas anderes peinigte ſie deſto mehr: ſie konnte nicht mehr mit e Ge⸗ fühlen zu ihres Mannes Bild es blickte auch anders auf dem, Lag ein Vor 9 1 5 halt zu verdienen, hatte ſie nach ihres Man- nes Tode begonnen, Klavier⸗ und Geſangſtug⸗ den zu erteilen, denn die Penſion als Witwe eines ſo jungen Offiziers war gering. Es wur ihr geglückt, eine ganze Anzahl Schülerinnen im Laufe des Jahres zu erhalten, aber ſie⸗ hatte noch keinen Ruf als Lehrerin, ſo mußte ſie ſich einſtweilen mit einem recht beſcheide⸗ nen Honorar begnügen, das ihre und ihres Sohnes Lebensbedürfnißſe nur notdürftig be⸗ ſtritt. Um ihre Lage di Hinzufügen eines, wenn auch nur kleinen Zuſchuſſes aufzubeſſern, malte die junge Frau des Abends, wenn ihr Kind die hellen Aeuglein längſt zum Schlum⸗ mer geſchloſſen hatte, noch Poſtkarten und Pho⸗ tographien aus, eine Arbeit, die ihr Vater Hartkopf auf ihr dringendes und unabläſſiges Bitten beſorgt hatte Es war ein ſtumpfſin⸗ niges, mühevolles Werk und nur dadurch des Abonos bei Lampenlicht auszuführen, daß Dutzende genau der gleichen Karten in genau defſelben Weiſe augepinſelt werden mußten, aber es verdarb die Augen, und es dauerte eine ganze Weile, 10 175 b E 5 1 f verdient waren 1. f Kriegsgericht zum Tode verurteilten ſieben 168 . Helliſchen haben Reviſion angemeldet.— f Ein unglaubliches Urteil. Aus dem Ruhrrevier, 30. Juni. ranzöſiſ 5 cht W ſtanden zwei franzöſiſche Soldaten unter der Anklage, vor mehre⸗ zen Monaten ein 16jähriges Mädchen von beſtem Leumund, das ſich auf dem Heimwege von der Kirche befand, überfallen und nach Vertreibung der Begleitung unter Bedrohung Vor dem mit dem gezückten Dolch wiederholt vergewal⸗ chen Kriegsgericht in; % Ein vergeblicher Raubzug der Frauzoſen. Mannheim, 30. Juni. Als die Franzoſen das Hauptzollamt Parkring beſetzten, ſtellten ſie an allen Ausgängen und auch in den Gän⸗ gen Wachtpoſten auf. Die Zollbeamten leg⸗ ten alsbald ihre Arbeit nieder, durften aber zunächſt das Gebäude nicht verlaſſen. Bei der Durchſuchung der Kaſſenſchränke fanden die Franzoſen dieſe völlig leer vor. Die franzö⸗ ſiſche Anfrage, wer von den Zollbeamten zur weiteren Dienſtleiſtung unter franzöſiſcher Hoheit bereit ſei, beantworteten dieſe ohne Bedenkzeit mit einmütiger und entſchiedener Zurückweiſung des Anerbietens. Darauf wurden ſie nach körperlicher Durchſuchung jedes Einzelnen mit Gewalt aus dem Haupt⸗ zollamtsgebäude ausgewieſen. Sämtliche Dienſtzimmer wurden nachher von einer An⸗ deutſcher Denunziationen. jolgte nach franzöſiſchen Angaben auf Grund 7 ** 1 b„ Der Papft⸗Brief. Ein amtlicher Kommentar des Vatikans. „Oſſervatore Romano“ ſchreibt in einer Betrachtung über das Schreiben des Papſtes: Im Hinblick auf die ſchwere Verantwortung, die in dieſem Augenblick auf ihm und auf den⸗ jenigen ruht, in deren Hände die Schickſale der Völker liegen, beſchwört der Papſt ſie noch einmal, die verſchiedenen Fragen und na⸗ mentlich die der Reparationen in chriſtlicher Geſinnung zu prüfen, welche die Gründe der Gerechtigkeit nicht von denjenigen der Barm⸗ herzigkeit trennt. Deutſchland erkennt ſeine Pflicht an, in den Grenzen des Möglichen die, richtigkeit Deutſchlands und meinen, daß die jetzt geforderten Reparationen nicht die Zah⸗ lungsfähigkeit Deutſchlands überſchreiten. „Dies ſind Tatſachenfragen, die bei den bevorſtehenden diplomatiſchen Beſprech⸗ ungen geprüft werden müſſen. Der Heilige Stuhl kann und will ſich nicht in dieſe Fragen einmiſchen. Ihm genügt es, an die Grund⸗ ſätze der Gerechtigkeit erinnert zu haben, zu deren Hüter ihn Gott berief. 9 Der Papſt erkennt an, daß die Gläubiger ein Recht auf Pfänder haben, die im Verhält⸗ nis zu dem ſtehen, was ihnen geſchuldet wird, aber er legt den Gläubigern nahe, zu erwägen, ob es unbedingt notwendig ſei, alle Gebiets⸗ beſetzungen aufrechtzuerhalten. Wenn die Mächte auf die Anregung des Heiligen Stuh⸗ les eingehen würden, würden die Beſetzungen tigt zu haben. Für die Anklage ſprach ein erdrücckendes Beweismaterial, ſodaß auch der Vertreter der Anklage zu einem Schuldig fam und die Strafe dem Ermeſſen des Ge⸗ richtshofes anheimſtellte. Der Gerichtshof ſprgch die Angeklagten frei. Buer, 30. Juni. Heute mittag wurde der Bis zum gahl franzöſiſcher gehendſte durchſucht. Der Vorſtand des Am⸗ tes, Regierungsrat Dilger, wurde der ganzen Durchſuchungsdauer bis Don nerstag abend unter militäriſcher Bewachung feſtgehalten. Die Beſetzung des Amtes er⸗ De Ahſpertung. Grankfurt a. M., 1. Juli. Die Be⸗ ſatzungsbehörde hat in den Orten an der Grenze des beſetzten Gebietes folgenden An⸗ ſchlag anbringen laſſen: Befehl der Beſat⸗ zungsbehörde. 1. Juli 1923. Von heute nacht 12 Uhr ab iſt jeglicher Verkehr zwiſchen dem beſetzten und dem unbeſetzten Gebiet, auch der Fußgänger⸗ und Wagenverkehr, verboten. Die Beſatzungsbehörde. Die Sperrung der Mannheim⸗Ludwigs⸗ hafener Rheinbrücke. Mannheim, 1. Juli. Die Poljzeidirek⸗ tion Ludwigshafen übermittelt ſolgende amt⸗ liche Bekanntmachung: Mit Riickſicht auf das letzte Attentat, das den Tod mehrerer alliier⸗ ter Soldaten und die Verletzung anderer zur Folge hatte, hat die Rheinlandlommiſſion für die Zeit vom 1. Juli bis 16. Juli abends 12 Uhr jeden Verkehr deutſcher Perſonen zwi⸗ ſchen dem beſetzten und unbeſetzten Gebiet un⸗ terſagt. Ausnahmen können für die Zwecke der Ernährung und für beſondere Familien⸗ angelegenheiten geſtattet werden. Geſuche ſind mit einer bürgermeiſteramtlichen Beſtätigung bei dem Bezirksdelegierten der Rheinlands⸗ kommiſſion einzureichen. Die auf die Durch⸗ fuhr durch das beſetzte Gebiet bezüglichen Vor⸗ ſchriften bleiben unverändert. Der neue Schlag gegen das Ruhrgebiet. Eſſen, 1. Juli. Die Franzoſen und Bel⸗ gier haben zu einem neuen ſchweren Schlag gegen das Ruhrgebiet ausge⸗ holt, der dazu beſtimmt iſt, den letzten Reſt der Verbindung, die noch zwiſchen dem unbe⸗ ſetzten Deutſchland und dem blockierten Ge— biet an der Ruhr beſtand, abzudroſſeln. Of⸗ fenbar hat als Anlaß die Exploſion auf der Rheinbrücke bei Duisburg⸗Hochfeld gedient. Den Sanktionen, die über die Stadt Duis⸗ burg verhängt wurden, ſind heute zahlreiche Sperren über die Verbindungen zwiſchen dem unbeſetzten und dem beſetzten Gebiet gefolgt, die ſich in ihrem vollen Umfange noch gar— nicht feſtſtellen laſſen. Wer auf Umwegen zu Fuß ſein Ziel im be⸗ ſetzten oder unbeſetzten Gebiet zu erreichen ſucht, ſetzt ſich der Gefahr aus, von den Poſten erſchoſſen zu werden. Die Utſache. Eine neue Vombenexploſion. Paris, 30. Juni. Der Havasagentur wird aus Duisburg berichtet: Heute vor⸗ mittag 2 Uhr explodierte auf der Linie Duisburg Friemersheim in der belgiſchen Zone im Innern eines Wagens eines Urlau⸗ derzu. ges kurz nach der Ausfahrt aus Duis⸗ burg auf der Rheinbrücke eine Bombe. Ein Wagen wurde vollkommen pulveriſiert. Neun belgiſche Soldaten wurden getötet und 25 schwer verwundet. Ein Wachtpoſten, der die Brücke bewachte, wurde durch ein Eiſenſtück getötet. i Kechelſenkirchen, 80. Juni. Zu der Bomben⸗ exploſion, die ſich auf der Strecke Duisburg⸗ Friemersheim ereignete, wurde heute mitge⸗ teilt, daß auf Grund der letzten aus Duls⸗ burg vorliegenden Meldungen die Zahl der Getbteten 10, die der Verwundeten 42 beträgt. Heute abend hat die Beſatzungsbehörde bereits ire Sanktionen angekündigt. 5 ilch den bisher eingegangenen Nachrichten wie bereits betont, nicht der mindeſte ir Annahme vor, daß das Explo⸗ ick brücke bei Duis⸗ e Went Joriſezung der Gewaltpolilik: Exploſion.— Die Auseinanderſ Zollbeamten aufs ein⸗ während! den Völkern und Ländern zugefügten Schäden wieder gut zu machen, und die Gläubiger ha⸗ ben ein Recht, eine Wiedergutmachung der Schäden zu verlangen, aber nicht über die Zahlungsfähigkeit des Schuldners hinaus. In Mrirflichfoit ſon auen dio Wlanhicov dio Nitf⸗ 1 7 neue Todesurteile, eine neue etzung um den Papſtbrief.— Enkſcheidung zwi 39 verordnung. D Anſätze zur Löſung? Anweiſung an den franzöſiſchen Botſchafter in London. f Paris, 30. Juni. Der franzöſiſche Bot⸗ ſchafter iſt nach einem letzten Meinungsaus⸗ tauſch zwiſchen Paris und Brüſſel angewie⸗ ſen worden, die engliſchen Fragen nunmehr endgültig zu beantworten. Auch ber belgiſche Botſchafter in London ſcheint von ſeiner Re⸗ gierung entſprechende Inſtruktionen erhalten zu haben. Auf die Frage, ob Frankreich und Belgien den engliſchen Fragebogen identiſch beantworten, wurde ein ausweichender Be⸗ ſcheid erteilt. Man betont, daß dies keine Rolle ſpiele, da die Botſchafter nur zur münd⸗ lichen Beantwortung der Fragen angewieſen wurden. Frankreich gegen Europa. Die Ste des enaliſch⸗franzöſiſchen Gegen⸗ ſatzes. London, 1. Juli. Der diplomatiſche Kor⸗ reſpondent des„Obſerver“ gibt die Stimmung der offiziellen engliſchen Kreiſe mit Bezug auf die bevorſtehende franzöſiſche Antwort auf den engliſchen Fragebogen fol⸗ gendermaßen wieder: Es iſt ganz gewiß, daß eine mündliche Ant⸗ wort nicht angenommen werden würde. Man verſteht in Frankreich noch nicht, wie nahe die engliſche Regierung in dieſer Angelegenheit dem Ende ihrer Geduld gekommen iſt. Wenn die franzöſiſche Regierung ſich weigert, eine ſchriftliche Antwort zu geben, dann darf man ſich ſchon innerhalb der nächſten Tage auf eine bedeutungsvolle Entwicklung der engliſchen Politik gefaßt machen. Es iſt wahrſchein⸗ lich, daß die engliſche Regierung eine öffent⸗ liche Erklärung über ihren Standpunkt abge⸗ ben wird. Sehr wahrſcheinlich wird die Er, klärung beſagen, daß nach der Auffaſſung der ſengliſchen Regierung die Politik der franzö⸗ ſiſchen Regierung direkt zum Ruin Europas ühren müſſe. Weiter wird geſagt werden, daß die engliſche Regierung entſchloſſen ſei, den wirtſchaftlichen Ruin Deutſchlands zu verhindern. Die letzten deutſchen Vorſchläge vom 7. Juni ſind imeuler noch nicht beantwortet worden. Die engliſche Regie⸗ rung iſt entſchloſſen, darauf zu antworten und mit Deutſchland Verhandlungen darüber zu eröffnen. Wenn Frankreich ſich weigern ſollte, daran teilzunehmen, ſo hätte die eng⸗ liſche Regierung keinen anderen Ausweg mehr, als eine Sonderaktion einzuleiten. Die engliſche Regierung iſt entſchloſſen, 6s dieſe Woche mit Frankreich zu einer Entſcheidung kommen zu laſſen. 5 Es iſt bis jetzt überſehen worden, daß die neutralen Staaten in ebenſo vitaler Weiſe eines Gasbehälters im Zu ge zurück⸗ zuführen ſei. Obwohl der Sachverhalt noch völlig unaufgeklärt iſt, und insbeſondere noch die Frage zu prüfen wäre, ob das Eiſenbahn⸗ unglück nicht etwa auf das Konto der jämmer⸗ lichen Fahrkunſt der franzöſiſch⸗belgiſchen Re⸗ gie zu ſetzen iſt, hat man ſich veranlaßt ge⸗ ſehen, mit drakoniſchen Maßnahmen gegen die e vorzugehen.„ Der belgiſche kommandierende General hat ſich angeſichts der Explosion zu drakoniſchen aß nahmen ver⸗ anlaßt geſehen. Im des Vormittags wurden eine Reihe von Duisburge ſeln feſt jedoch öffentlichen Lokale; bahnverkehrs innerhalb der Stadt Duisburg; von dem wirtſchaftlichen Chaos berührt wer⸗ den, das von Frankreich erzeugt wird, wie England, Italien und Belgien. Es iſt deshalb möglich, daß eine Konferenz der neutralen Staaten einberufen werden wird, entweder getrennt oder aber unter der Beteiligung Englands, Italiens und noch anderer Alli⸗ ierten, die ſich einer Einigung mit Deutſch⸗ land ohne Frankreich anſchließen würden. (h) Was der„Obſerver“ als Meinung der„offi⸗ ziellen engliſchen Kreiſe“ über den Kanal hinüber⸗ ruft, mag den Machtpolitikern an der Seine nicht übel in den Ohren gellen. So maſſiv iſt ſchon lange kein Engländer mehr gegenüber dem lieben Bundesgenoſſen geworden. Wir ſind natürlich weit davon entfernt zu glauben, daß nun im Laufe der kommenden Woche der engliſche Bruch mit Frankreich erfolgt. Dieſes Landes verrruchte Be⸗ herrſcher hätten ſchon längſt als die eigentlichen Satansengel erkannt und gebrandmarkt werden müſſen, die dem Boten des Friedens den Eintritt in die Welt verſagten; was nützt nun ſoviel Kraft der Sprache, wenn die Kraft zu Taten fehlt, wenn Angſt vor dem waffenklir⸗ renden„Bundesgenoſſen“ den zur Mahnung oder Abwehr erhobenen Arm Englands immer wieder ſinken läßt, indes das Unheil weiterhin über ein gemartert Europa ſich wälzt? Wir vermögen zu keiner großen Hoffnung— die in England ihren Pol hat!— mehr uns emporzuraffen!— Indeſſen hat der Artikel des„O bſerver“ in Paris ſchwer eingeſchlagen. Man zweifelt natür⸗ lich zunächſt in üblicher Weiſe an, daß ſein In⸗ halt der Meinung offizieller engliſcher Kreiſe entſpricht. Der„Temps“ erklärt in einem zweifellos in⸗ ſpirierten Artikel, daß die franzöſiſche Regie⸗ rung ſich durch Drohungen dieſer Art nicht ein⸗ ſchüchtern laſſen und daß ſie die von der engliſchen Regierung gewünſchte ſchri ftliche Antwort auf den Fragebogen nicht geben werde. Uebrigens ſei nach Lage der Dinge zu erwarten, daß die Londoner Regierung nicht zögern werde, dem Artikel des„Obſerver“ ein nachdrückliches Dementi entgegenzuſetzen. Seit den Ausfällen der deutſchen Preſſe während der Kriſen von Aga⸗ dir, Tanger und Serajewo— ſchreibt das Blatt habe leine ansländiſche Zeitung, die den Anſpruch ehebe, offiziöſe Gedankengänge wiederzugeben, ſich erlaubt, die franzöſiſche Regierung in dieſem Tone zu interpellieren. Was der„Obſerver“ den leiten⸗ den engliſchen Kreiſen zuſchreibe, ſei nichts an⸗ deres als die Abſicht, Frankreich ein Ultima⸗ tum zu ſtellen, das, wenn die franzöſiſche Regie⸗ rung ſich nicht füge, zum Bruch führen müſſe. Die angekündigte Eventualität der Einberufung einer Reparationskonferenz ohne Frankreich ſolle offen⸗ bar eine Drohung mit dem Bannfluch und der völligen Iſolierung bedeuten; Frankreich werde ſich auch dadurch nicht einſchüchtern laſſen. 2 E Herausgeber der„Rhein- und Ruhrzeitung“, Lucko. Es wird vermutet, daß auch die übri⸗ gen Parteiführer als Geiſeln feſtgenommen werden ſollen. 0 Der Oberbefehlshaber der Beſatzungstrup⸗ pen hat für Duisburg folgende Maßnahmen unter Androhung hoher Strafen angeordnet: 1. Verhaftung von zwanzig Bür⸗ gern als Geiſelnz 2. Schließung der Kaffeehäuſer, Theater, Kinos und ſonſtigen 3. Verbot des Straßen⸗ 4. Verbot des Verkehrs von 1 ſtkraftwagen und M otorrädern; hr morgens und Einſtel weniger hart ſein und ſtufenweiſe bis zu ihrem vollſtändigen Aufhören verringert werden. Der franzöſiſche Botſchafter beim Papſt. Paris, 1. Juli. Havas meldet aus Ro m: Der franzöſiſche Botſchafter beim Va⸗ U. ie Folgen einer noch nicht aufgeklärken hiſchen Frankreich und England! der Erteilung von Paſſagierſcheinen ſowſe von Fahrtbeſcheinigungen für Wagen aller Art und für Perſonen. Anſcheinend infolge der geſtrigen Exploſton in dem belgiſchen Zuge bei Duisburg wurden die Vorſichtsmaßnahmen der Beſatzungs⸗ mächte bedeutend verſtärkt. Vor Eiſenbahn⸗ brücken, unter denen die elektriſchen Bahnen durchfahren müſſen, werden deren ſämtliche Fahrgäſte gezwungen, auszuſteigen. Sie wer⸗ den genau unterſucht, müſſen unter höhniſchen Zurufen franzöſiſcher Arbeiter, die auf beiden Seiten des Fahrdammes ſtehen, mit aufgeho⸗ benen Händen unter der Brücke durchgehen und dürfen erſt auf der anderen Seite wieder einſteigen. Sämtliche bisher ausgeſtellten Päſſe ſind für ungültig erklärt. Die Interalliierte Kommiſſion behält ſich vor, für gewiſſe Aus⸗ nahmefälle beſondere neue Päſſe auszuſteilen. Berlin, 1. Juli. Ueber Duisburg ure Hamborn wurde der Belage r a 6 zuſtand verhängt. Eine neue Mordverordnung. Eſſen, 30. Juni. Aus Dortmund wird ge⸗ meldet, daß die franzöſiſchen Beſatzungsbe⸗ hörden angeordnet haben:„In Anbetracht der in letzter Zeit gegen die Wachen und Pa⸗ trouillen verübten Attentate wird eine Zone von 200 Metern rechts und links der Schie⸗ nenwege und der bewachten Kanäle für den Verkehr zwiſchen 8 Uhr abends und 5.30 Uhr morgens vollſtändig geſperrt. Die Wachen und Patrouillen werden auf jede Perſon ſchie⸗ ßen, ſelbſt auf ſolche, die in Häuſern, die in⸗ nerhalb der verbotenen Zone liegen, wohnen, wenn ſie nicht auf den erſten Anruf(9 ſtehen bleiben und die Hände erheben. Das Verbot tritt am 30. Juni abends in Kraft. Fieben neue Lodesurkeile! Paris, 30. Juni. Nach einer Havas⸗ meldung aus Mainz hat geſtern morgen vor dem dortigen franzöſiſchen Kriegsgericht der Prozeß gegen die Mitglieder eines„han⸗ ſeatiſchen Freilorps wegen verſchiedener ihnen zur Laſt gelegten Sabotageakte ſtattgefunden. Das Kriegsgericht verurteilte ſieben Ange⸗ klagte zum Tode. Dieſelben heißen: Saſſe, Mäuler, Grube, Hohne, Schnei⸗ der, Freier und Frey. Ein weiterer Angeklagter wurde zu lebenslänglichem Zucht⸗ haus verurteilt und ein neunter zu fünf Jah⸗ ren Gefängnis. 6 Die erſten ſieben Angeklagten ſind beſchuldigt, aktive Mitglieder der einer zum Zwecke der verbre⸗ cheriſchen Eiſenbahnſabotage im unbeſetzten Gebiet gebildeten Geheimorganiſation„Ober⸗ land“, Gruppe„Hanfreko“(Hanſeatiſches Freikorps) zu ſein. Saſſe, Mauer, Hahne, Schneider und Gruber ſollen in der Nacht zum 26. April in der Gemarkung Bodenheim ein 1,50 Meter langes Stück Eiſenbahnſchiene in das Hercſtück einer Weiche gekeilt haben, um den Schnellzug Wiesbaden—Paris zur Entgleiſung zu bringen. Frey und Kögler ſollen hierzu Beihilfe geleiſtet haben. Saſſe und Dreyer ſollen in der Nacht vom 30. April 1923 eine Eiſenbahntelephon⸗ zelle durch Beſchädigung unbrauchbar gemacht haben. Lauth und Dreyer wurden am 15. Mai feſtgenommen, als ſie zur Ausführung einer Schienenſprengung bei Niederheimbach Dyna⸗ mit von Frankfurt a. M. in das beſetzte Gebiet zu Fuß transportieren. Kögler ſoll dem Sabo⸗ tageakt zu Bodenheim dadurch Vorſchub geleiſtet haben, daß er den Saboteuren Nachtquartier gab, ohne die vorgeſchriebene Eintl er Gält erbot des Fußgängerverkehrs von 10 Uhr 1 5 ebene in das Frem⸗ die poltzeilice Anmeldung der Ge