Es e⸗ n. 8. en ur it⸗ t. on R 8. io⸗ en, al⸗ ilg im nig zu en⸗ 1d Be⸗ den von je⸗ für An⸗ Biernheimer Nachrichten Erſcheinungstage: Dienstag, Donnersta Samstag, 5 15 1 95 0* 12 Uhr. Der Bezugspreis r 5 1 4E Woche vom 24. bis 30. Nov zr. 30 Gold⸗ Pfennige, durch die Poſt Schltſfelzahl. 10 aktionsſchluß tags zuvor Geſchäftsſtelle abgeholt, für Redaktton, Druck u. Verlag: Joh. Martin * Das Zentrum ſtellt den Reichskanzler! Die neue Reichsregierung Nach tagelangen Verhandlungen iſt nun das neue Reichskabinett gebildet. Miniſterpräſident wurde Dr. Marx(Zentrum), Vizekanzler, gleichzeitig Reichsminſſter des Janern Dr. Jarres(D. Pp)., Aeußeres Dr. Streſemann(D. Bp.), Wirtſchaft Dr. Hamm(Dem.), Juſliz Dr. Emm inger(Bayriſche Vp), Finanzen Dr. Luther(der D. Vp. naheſtehend) e zuſammentreten, entgegenzunehmen. Poſt Dr. Höfle(3tr) Reichswehrminifter Dr. Geßler(Den) Arbeit Dr. Brauns(3tr.) Ernährung, vorausſichtllch Graf Kanlktz. * Das Plenem des Reichstages ſoll Dienstag um die Reglerungserklärung 0.—— Dee Kllſe des Parlaments! Aus dem Reichstag ſchreibt man uns: Der Katzenjammer iſt da! Nachdem man allen dringlichen Warnungen zum Trotz das Kabinett Steeſemann ſtürzte, ohne zuvor zu wiſſen, was danach werden ſoll, ſteht man nun letzt vor einem Haufen Scherben. Niemand weiß ſich Rat, der Sinn des Parlamentarismus iſt voll⸗ ſtändig umgekehrt. Denn diejenigen, die das Kabinett ſtürzten, ſind gar nicht dazu in der Lage, die Erbſchaft anzutreten, und diejenigen, die die Minderheit bildeten, und die allein noch ver⸗ ſuchen könnten, etwas Neues zu ſchaffen, vermögen das auch nicht, weil ſie in ihren eigenen Reihen Widerſtände finden. Wenn man die Verhältniſſe der letzten Zeit überblickt, ſo fällt es auf, daß gerade derjenige Mann, der nach der Anſchauung der erdrückenden Mehrheit des Parlaments tatſächlich der beſte war, mit am kürzeſten regierte. Das iſt un⸗ gemein charakteriſtiſch für die Arbeit unſerer par⸗ lamentariſchen Mühle. Wenn man ſich daran erinnert, wie Streſemann jahrelang d. Kampf um die große Koalition führte ſo kann einem nur ein Gefühl tiefſter Bedrückung anwandeln. Schon bei dem Kabinett Cuno hat man es erleben müſ⸗ ſen, wie dieſer Mann, der bei ſeinem Amtsantritt jubelnd begrüßt wurde, als der Führer eines über⸗ parteilichen ſogenannten Kabinetts der Perſönlich— keiten, ſchon in dem erſten Augenblick ſeines Amts- antritts mit den allergrößten Widerſtänden gerade derjenigen zu kämpfen hatte, die nach ihm riefen! Beſtimmte Wirtſchaftskreiſe ſelber haben Cuno das Leben ſauer gemacht, ſo zwar, daß er, als er das Reichskanzler⸗Palais an Streſemann abtrat, erklärte:„Gern ſcheide ich aus dieſem Hauſe, in dem ich nicht eine einzige glücklich“ Stunde verlebt habe!“... Streſemann iſt nicht ganz ſchuldlos an ſeinem Schickſal. Er, der ſeit Jahren für die große Kog⸗ lition kämpfte, hat in demſelben Augenblick, als ſie ſeinerzeit von dem Reichskanzler Dr. Wirth gefordert worden war, die Verwirklichung dieſes ſeinen eigenen Gedankens durch Wirth vereitelt. Ja noch mehr: Er hat damals ſelber die Sozialdemo⸗ kraten beſtimmt, dleſe Anregung abzulehnen. Mag man ſtehen zu Wirth und ſeiner Politik, wie im⸗ mer: Das aber muß ausgeſprochen werden, daß ſeit jener Zeit der Unſegen im deutſchen Parla- mentarismus ſich immer erdrückender bemerkbar gemacht hat. Von jenem Zeitpunkt an datiert die Kriſe des Parlamentarismus. Und noch ein anderes Wort muß deutlich ausge. ſprochen werden: Die Dinge wären vielleicht nicht ſo weit gekommen, wenn nicht die von der höchſten Reichsſtelle, vom Reichspräſidenten, von Weimar an geführte politiſche Linie ſe it Genua verlaſſen worden wäre. Damals fing der die politiſchen Auffaſſungen zwiſchen kmanaminiften dich auß die, Seite des leuteren ſchlue 1 0 Geſchäfts⸗Anzeiger 1 Zwieſpalt an, als der Reichspräſident in dem Streit un d dem damaligen Reichskanzler und dem Reichs⸗ GBiernheimer Jeitung— Viernheimer Bürger⸗ Zeitung Erſte und ältaßſe Zeitung am Platze. Damit wurde eine Schwenkung vollzogen, die um ſe verhängnisvoller wirkte, als niemand, auch der Reichspräſident nicht, den Mut hatte damals ganz klare politiſche Verhältniſſe zu ſchaffen und die Abkehr von der bisher geführten politiſchen Linie auch äußerlich durch einen Kabinetts⸗ und Syſtem⸗ wechſel zu dokumentieren. Damals entſtand dieſes Geſchwür am Parlamentarismus, das heute die Urſache für ſo manche ſchmerzliche Entwicklungen der letzten Zeit geworden iſt. Dieſe damalige Haltung des Reichspräſidenten hat in die Reihen der Sozialdemokratie eine Verwirrung, gebracht, von der ſie ſich heute noch nicht erholt hat. Be⸗ ſtüumte Kreiſe, die an dem Sturze des Kabinetts Stegerwalds Bemühungen geſcheitert. Berlin, 29. Nov. Stegerwald hat ſich entſchloſſen, von weiteren Bemühungen um die Regierungsbildung a bzuſehenz für dieſen Entſchluß war letzten Endes maßge⸗ bend, daß es nicht gelang, die Demo kr a⸗ ten für eine aktive Mitarbeit an der bürger⸗ lichen Regierung mit Einſchluß der Deutſch⸗ nationalen zu gewinnen. Herr Stegerwald hätte im übrigen mit einem Ermächti⸗ gungsgeſetz vor den Reichtstag treten müſſen. Daß es ihm nicht gelang, von dem Reichspräſidenten eine generelle Vollmacht für eine Ausſchaltung des Reichstages zu be— kommen, war der zweite Grund, weshalb Herr Stegerwald auf weitere Bemühungen ver zichtete.(Frkf. Ztg.) der Betſuch des Zentrumsführets. Dr. Marx beauftragt. Berlin, 29. Nov. Der Führer des Zentrums, Abg. Dr. Marx, hat vom Reichspräſidenten offiziell den Auf⸗ trag zur Bildung des neuen Reichsmini⸗ ſteriums erhalten und hat dieſen Auftrag an⸗ genommen. Abg. Dr. Marx hat, noch ehe er den Auf⸗ trag des Reichspräſidenten endgültig annahm, bereits Fühlung mit mehreren parlamen⸗ tariſchen Perſönlichleiten genommen. Erſt als er ſich überzeugt hatte, daß es ihm ge⸗ lingen lönne, in kurzer Zeit die neue Re⸗ gierung zuſtande zu bringen, erklärte er ſich zur Annahme des Auftrages bereit. Dr. Marx iſt nich t an die Parteien herange⸗ treten; er hat nicht irgendeine Koali⸗ tionsbildung verſucht, ehe er in Ver⸗ handlungen über die Beſetzung der einzelnen Portefeuilles eintrat. Er will nicht un⸗ abhängig von den Parteien, aber, da er die Sachlage für genügend geklärt hält, ohne vorherige Befragun gder Fraktionen ſich seine Mitarbeiter wählen. Die Mitglieder des Kabinetts Marx werden in der überwiegenden Mehrzahl parla⸗ mentariſche Miniſter ſein und wer⸗ den aus den Parteien der„Ar beitsge⸗ meinſchaft“ ausgewählt. Die erſte An⸗ frage hat Abg. Marx an Dr. Streſe⸗ mann gerichtet, das Aus wärt ige Amt zu behalten. Dr. Streſemann hat zuge⸗ ſagt. 1 Bei allen Parteien der Arbeitsgemeinſchaft iſt die Bereitſ chaft vorhanden, das Ka⸗ binett Marx zu unterſtützen, wenn die programmatiſche Erklärung der neuen Regie— rung jenen In halt hat, den man voraus⸗ ſetzt. Die Sozialdemokratie, mit der Dr. Marx heute ebenfalls Fühlung genom⸗ men hat, dürfte das Kabinett ſicher tole⸗ rieren. 1 *** e ( Ueber das Hin und Her der Verhandlungen ſeit dem Sturze Streſemanns am letzten Frei- tag ſind bereits 8. Tage vergangen und noch immer haben wir eine kopfloſe Zeit, immer noch keine Regierung. Ueber die Fülle der endloſen Verhandlungen könnte ein Band „Geſchichte“ geſchrieben werden, aus der Mit⸗ und Nachwelt erführen, wie es einige erleſene Führer“ des deutſchen Volkes in einer Zeit Semstag, deu 1. SN Ein Kabineft Marx? Vereins⸗Anzeiger Amtsblatt der Heſſ. Bürgermeisterei und des Poliztiamts Viernheim Inserate ſiudem zn„ Biermheimer Mugeäger“ Wirkſaumſte Berbreitung. rere, eitel rer erte. — M Ker. 2 nee, 440. Jahrg. 22.——— eig Viernheimer Volksbl Die einſpaltige Millimeterzeile oder der Raum koſtet 5 u. 10 Golbpfg für loka 15 Goldpfg. für auswärtige, die Rekl zeile 30 Golfdpf., bei Wiederholung tarifl. Rabatt. Die Umrechng. erfolgt z amtl. Dollarkurs am Vortag d. Zahlu Geſchäftsſtelle: Rathausſtraße Nr. Dezenber 1523 Wirth kein Intereſſe hatten, fanden nur zu willigen Rückhalt bei den Sozialdemokraten. Der ſozial⸗ demokratiſche ehemalige Staatsſekretär Dr. Aug. Müller ſpricht es jetzt in einem Artikel offen aus das damals„die aus äußeren Gründen ver⸗ ärgerte Sozialdemokratie und beſtimmte ſchwer⸗ induſtrielle Kreiſe unter Aſſiſtenz des Reichspräſi⸗ vouten das Miniſterium Wirth ſtürzten“. Und ſo ſtehen wir heute vor der Situation, daß die Regierung der großen Koalition die kurz⸗ friſtigſte Lebensdauer hatte und innerlich mit einer Fülle von Kriſen augefüllt war, wie man ſie in allen vorangegangenen Regierungen überhaupt nicht kannte.„ e 7%. r ne 5 Dl e da Hunger und Elend in millionenfacher Ge⸗ ſtalt in deutſchen Landen wüten, ſertigbräch⸗ ten, einiger lederner Parteiidiologien halber die Erledigung des dringlichſten: Schaffung einer aktionsfähigen Regierung immer wie⸗ der zu verzögern; gerade als ob dieſe erlauch⸗ ten„Spitzen“ des deutſchen Volkes in benei⸗ denswerter Naivität garnichts von dem Schrecklichen wüßten, was im Lande vorgeht, haben ſie lange, entſcheidende Tage ver ſäumt, wo zögernd verlorene Stunden ſchon töt ich ſein konnten für viele. Sozialdemokraten und Deutſchnationale ha⸗ ben ſich in dieſen Tagen mit unauslöſchlicher Schmach beladen, haben ſich von gerade — zu ſtaunenswerter Verantwortungsloſigkeit gezeigt. Selbſt ihr Brief an Ebert entſchul digt in keiner Weiſe. Es iſt ein höchſt demagogiſcher Verſuch, die 17115 Hohe Heber Verantwortung auf andere die Zuſammenhänge wird nochmals zu ſpre— chen ſein.— Nun hat— nach begreiflichem Zögern!— das Zentrum eingegriffen und hat, wie uns ſcheint, die Dinge gleich eitig auf den or⸗ dentlichen Weg zurückgeſchob⸗ Wir wün⸗ ſchen dem Führer des Zentrums, der von Verantwortung, Mut und Entſchlußkraft be ſeelt, das Steuer des Reichs zu führen ſich an ſchickt, alles Gute. Ueberſchwängliche Hoff nungen hegen wir nicht. Gelänge es ihm, nach innen und außen nur einige Erleichte⸗ rung zu bringen, es wäre ſchon viel!(5 Berlin, 29. Nov. Die Verhandlungen des Abg. Marx über die Kabinettsbildung ſind ſoweit vorgeſchritten, daß ſie vorausſicht⸗ lich morgen Vormittag z um Abſchluß gebracht werden können. Ebert und die Deulkſchnattonalen. Auf das Schreiben der Deutſchnationa⸗ len antwortete der Reichspräſident: Ich muß zunächſt u. a. darauf aufmerkſam machen, daß die Reichsverfaſſung die Berufung eines Mannes, der die Reichsregierung bilden und leiten oll, meiner freien Entſchließung überläßt. Wenn ich davon abſah, eine der beiden Oppoſitionsparteien mit der Neubildung der Re— gierung zu betrauen, ſo geſchah das weil ich durch meine vertrauliche Ausſprache mit den Führern der Reichstagsfraktion zu der Ueberzeugung kom⸗ men mußte, daß für keine der beiden Oppoſitions⸗ parteien di Möglichkeit der Bildaug einer Hiegter rung auf verfaſſungsmäßiger Grundlage vovryan⸗ den war Außerdem hatte ich den Eindruck gewon- nen, daß die Fraktion der Deutſchnationalen Volks- partei keinen entcheidenden Wert auf die Führung bei der Regierungsbildung legte. Die Auffaſſung, daß ede Hinauszögerung einer Kabinettsbildung die Intereſſen des Reiches ſchädigt, teile ich durchaus. Nachdem mein Verſuch, ein überparteiliches Kabinett zu berufen, mißlungen war, habe ich alles getan, um die Verſtändigungsverhandlungen der bürgerlichen Parteien zu beſchleunigen. Dieſe Verhandlungen ſind geſcheitert. Darauf habe ich den Reſchstagsabgeordneten Senatspräſidenten Marx mit der Bildung der Regierung beauf⸗ tragt, die von den Mittelparteien getragen wird. 75* N 5 ..—— N 1 —„en tant 5 5 e 1** 7** 0 . Fro: 2 7 ſie freilich nur erfüllen können, der Moment ein, wo wir Jetzt ſtehen wir wieder vor einer Situation dis tatſächlich die Kriſe des Parlamentarismus vol⸗ lendet. a Nach allen vergeblichen Verſuchen erfolgen viel⸗ leicht doch noch Reichstagsauflöſung und Neuwahlen. Gegen ſolche Neuwahlen haben wir gewiß nicht das geringſte einzuwenden. Denn es iſt eine notoriſche Tatſache, daß der Reichstag in ſeiner gegenwärtigen Zuſammenſet⸗ zung die wirkliche Stimme des Volkes längſt nicht mehr widergibt. Aber ob die gegenwärtige Zeit mit ihrer innen- und außenpolitiſchen Spannung und mit ihren in den nächſten Wochen ſich noch gewaltig verſchärfenden wirtſchaftlichen Notzuſtän⸗ den für ein ſolches Experiment geeignet iſt, müſſen wir die Verantwortung denjenigen überlaſſen, die einen ſolchen Entſchluß faſſen wollen. 1 Die Kriſis des Parlamentarismus kann nur mit parlamentariſchen Mitteln gelöſt werden. Wir brauchen eine klare Entſcheidung. Andererſeits müſſen wir uns auch auf das entſchiedenſte gegen N das bisherige Fortwurſteln wehren. Und hier beginnt die Aufgabe der bürgerlichen Parteien, die f wenn ſie in ſich ſelber einig ſind. Wie die Gründer des ZJenkrums dachten. Grundſätzliches aus der Anfangs⸗ und Grün⸗ dungszeit des Zentrums für unſere Tage. 1 1 1 ;(Sch lu ß.) 3. Auch die Männer, aus deren Konfe⸗ renzen das Zentrum hervorging, mußten ſich mit der Frage beſchäftigen, ob man ſich auf den Boden der vollendeten Tat⸗ ſachen ſtellen dürfe, ſelbſt wenn dieſe tat⸗ ſächlichen Ergebniſſe aus Geſchehniſſen un⸗ rechtmäßiger Gewalt, nicht des Rechtes er⸗ floſſen ſind. In Soeſt verwirft man mit Grund den Satz:„Das Recht beſteht in der materiellen Tatſache, und alle menſchlichen Taten haben Rechtskraft.“ Nachdem dieſer Satz abgelehnt war, fuhr man aber fort: „Allein etwas anderes ſind die Taten der Menſchen, etwas anderes die aus dieſen Ta⸗ ten hervorgegangenen geſchichtlichen Zu⸗ ſtände.“ Nach dieſer Unterſcheidung folgt nun eine Ausführung von der göttlichen Vor⸗ ſehung in der Geſchichte, die zu„dem Schluſſe“ führte,„daß, wenn infolge einer ſchlechten menſchlichen Tat ein veränderter Zuſtand der Dinge eintritt, dieſer Zuſtand nur mit Got⸗ tes Wille eingetreten ſein kann, daß er dieſen Zuſtand in den Plan ſeiner Weltregierung aufgenommen hat. Wenn alſo ein Uſurpator den rechtmäßigen Fürſten vom Throne ſtürzt, ſo ſagen wir mit der Enzyklika(des Syllabus): Dieſe Tat hat an ſich keine Rechtskraft, ſie iſt und bleibt ein Unrecht. Die Untertanen des entthronten Fürſten ſind in ihrem Gewiſſen verpflichtet, mit allen ihnen zu Gebote ſtehen⸗ den Mitteln dieſes Unrecht zu bekämpfen. Allein, wenn aller Kampf vergebens, wenn die neue Ordnung der Dinge unangefochten Beſtand gewinnt, dann tritt unfehlbar einmal alle anerkennen müſſen: Gott hat es in ſeinem unbegreiflichen Ratſchluſſe ſo gewollt; wir müſſen der be ſtehenden Obrigkeit untertan ſein, eben weil ſie es uns gegenüber mit Gottes Willen ge worden iſt(Napoleon III.). Zu dieſer u. E. nicht zu verkennenden, aus dem Dogma von der göttlichen Vorſehung folgenden Wahrheit liegt aber das oben aufgeſtellte Ausnahme⸗ prinzip von der relativen„Berechti⸗ gung der beſtehenden Zuſtände“. Die hiſto⸗ riſche Illuſtration dieſer grundſätzlichen Dar⸗ legungen bildet das Verhalten von Männern wie Biſchof v. Ketteler und Windthorſt zu den Geſchehniſſen von 1866. So ſehr ihr Herz blutete, auch ſie anerkannten das„Ausnahme⸗ prinzip von der relativen Berechtigung der beſtehenden Zuſtände“ und zogen daraus die Folgerungen der entſprechenden Pflichterfül⸗ lung, ſo ſcharf ſie die Gewalt, die über das Recht hinweggeſchritten war, auch verurteil⸗ ten. Wir verſagen es uns, Vergleiche mit unſeren Tagen zu ziehen. Sie ergeben ſich übrigens von ſelbſt. Jedenfalls kann das Zentrum von heute mit gutem Gewiſſen die Verlautbarungen von der Soeſter Konferenz leſen und zum Maßſtab nehmen. Auch damals gab es Kreise, die zu kei⸗ nem Entſchluß kommen und noch weniger zur aktiven politiſchen Arbeit gewonnen werden konnten, und das in Zeiten, wo vieles im Fluſſe war und entſchieden wurde. Gerade Alfred Hüffer war darüber wenig erfreut. Frhr. v. Schorlemer ſchrieb in der Sache m genannten weſtfäliſchen Zentrumsführer einen charakteriſtiſchen Brief. Wir bringen daraus folgenden beachtenswerten Abſchnitt zur Kenntnis unſerer Leſer. Schorlemer meint darin:„Mir und wohl auch Ihnen ſcheint ein ſelten günſtiger Moment verpaßt, in welchem die katholiſch⸗konſervative Partei einſetzen und ſowohl mit einer Manifeſtation als mit Perſonen hervortreten konnte und mußte. Es iſt nicht geſchehen. Ob es wahr, was einer meiner Freunde vom Adel und der onſervativen Partei in Weſtfalen ſagte: „Beide rühren ſich erſt, wenn ihre Häuſer brennen,“ oder aber nach Gottes heiligem Willen doch der rechte Moment noch niche war.“ Ich beſcheide mich, zu urteilen. Das aber weiß ich, es gibt viele ſogenannte Dreck⸗— ſeelen in der Welt, die immer zwiſchen zwei Stühlen und zwar zur Erde ſitzen bleiben, weil ſie fürchten, ſich auf den rechten Stuhl niederzulaſſen und am Ende überhaupt lieber auf dem Nachtſtuhl ſitzen zu bleiben, als auf em feſten Eichenbrett weſtfäliſcher Männ⸗ lichkeit und katholiſcher Feſtigkeit. Und wenn nan ſo oft mit den beſten Plänen und Vor⸗ chlägen nicht nur ſcheitert, ſondern auch noch ohl gar den bitteren Trank des Undankes hinunterſchlucken muß, dann mein teurer fe n bleibt doch nichts anderes übrig, als ich ruhig in Gottes Willen ergeben, die ſo doppelt gereinigte aute Abſicht ihm zu Füßen zu legen, und dann!— nicht nachlaſſen, nicht den Mut verlieren und am Hungertuch des Unmuts nagen, ſondern mit einem Surſum 5 corda! friſch drauf, wo und wie es geht!“ Die Politik der verpaßten Gelegenheiten ſowie die„der Dreckſeelen“ iſt mit ihren Trägern von damals leider nicht ins Grab geſtiegen, auch heute geht das Krüglein„mit dem bro teren Trank des Undanks“ noch durch die po⸗ litiſche Runde, ſo daß es öfter zu ſchlucken gibt; allein trotz alledem gilt auch heute: Fort mit dem Unmut; friſch drauf, wo und wie es geht!“ Die alten chriſtlichen Grundſätze, das große Ziel in des Volkes Heil und des Deut⸗ 1 ſchen Reiches Rettung ſind die Wegweiſer in der neuen, notgeſchwängerten Zeit! So das Zentrum einſt und jetzt! 0 Aus der kathol. Welt. Eine Enzyklika Pius XI. über die Wiederver⸗ einigung der ſlawiſchen Völkerſchaften mit 4. der katholiſchen Kirche. In einer Zeit, da die ſlawiſchen Völker in Rußland, Polen und den Balkanſtaaten un⸗ ter den Folgen des Weltkrieges noch ſchwer darniederliegen und von neuen politiſchen Wirren aufgewühlt werden, erläßt Pius XI. zum 300 jährigen Gedenktag des Martyriums des hl. Slawenapoſtels Joſaphat Kunce⸗ witſch(F 12. November 1623 zu Witebsk in Rußland) eine Enzyklika an alle Biſchöfe der Welt, aus der das warme, väterliche Intereſſe des oberſten Hirten der Kirche für die getrenn⸗ ten chriſtlichen Brüder aus den flawiſchen Ländern ergreifend hervorleuchtet. Noch mehr, Pius ladet offen zur Rückkehr zur einen katholiſchen Mutterkirche ein. Um feine“ wahrhaft hohenprieſterlichen Worten größe— ren Nachdruck zu verleihen, weiſt er zunächſt auf die dogmatiſche Wahrheit hin, daß nach dem Willen Chriſti die apoſtoliſche Mutter- kirche durch das innere Band desſelben Glau⸗ ns und der gleichen Liebe und durch das Machfolger zuſammengehalten werden ſollte. Er beklagt dann aber auch die hiſtoriſche Tat⸗ ſache, daß der böſe Feind es beſonders auf dieſe heilige Einheit abgeſehen habe, um die Kirche zu zertrümmern, und daß unter allen ihm gelungenen Trennungen und Spaltun⸗ gen„die größte und beklagenswerteſte die Loslöſung der Byzantiner von der ökonomi⸗ ſchen Kirche“ war. In dieſes Unglück wur⸗ den auch die Slawen mit hineingeriſſen. Pius ſtellt dann das heldenhafte Beiſpiel des hl. Joſaphat auf den Leuchter, der als Baſilianer⸗ mönch und dann als Erzbiſchof für die Wie⸗ dervereinigung der griechiſch⸗flawiſchen Kirche in Rußland und Polen unermüdlich eiferte und ſein Apoſtolat mit dem krönte. Von der Vergangenheit mit ihren Düſter⸗ niſſen, aber auch mit ihren Heldentaten chriſt⸗ lichen Opfermutes richtet Pius dann ſeinen Blick in die Gegenwart, auf die heutige Lage der ſlawiſchen Völker. Ohne Ruß⸗ land zu nennen, hat Pius Rußland vor Augen. Er erinnert an die Werke der Cari⸗ tas, die durch den Heiligen Stuhl in jenen Ge⸗ geübt wurden. Aber Pius müchte ein höheres Gut dem Oſten vermitteln, den bl. katholiſchen Glauben und die Rückkehr zur Mutterkirche. Dazu iſt notwendig, daß die getrennten Brüder alte eingeroſtete Vorur⸗ teile ablegen und das wahre Leben der Kirche„ſtudieren und nicht die Kirche für Mißgriffe und Fehler von einzelnen Pyivat⸗ perſonen verantwortlich machen.“ Anderer ſeits mögen auch, ſo lautet die zeitgemäße ernſte Mahnung des Heiligen Vaters, die Ka⸗ iholiken des Abendlandes und des lateiniſchen Ritus beſſer die Geſchichte und die Sitten der Orientalen kennen lernen. Pius betont wei⸗ ter, daß die zurückgekehrten Brüder dieſelben Rechte wie die anderen innerhalb der Kirche genießen werden und auch nichts für ihre Riten zu befürchten haben. Mit einer Bitte um die große Gnade der Wiedervereinigung, ſchließt die Enzyklika. Pius XI. hat hier ein Dokument veröffent licht, das in den Oſtländern Europas Auf⸗ ſehen erregen wird. Denn es handelt ſich hier um eine offene Einladung voll Milde und Weitherzigkeit zur Wiedervereinigung. Wer war wohl mehr dazu berufene als der ehemalige Prieſter der Mailänder Kirche, der ſelbſt einem nichtrömiſchen Ritus angehört hat und als der ehemalige Delegat des Heili⸗ gen Stuhles, der aus perſönlicher Anſchau⸗ ung nicht nur die Ruinen des Weltkrieges in jenen Ländern betrauern konnte, ſondern auch die unſeligen Folgen religiöſer Spaltung. 5 Aus dem Reich. Die Treue der Pfälzer. In Bruchſal verſammelte Vertreter der pfälziſchen Bevölkerung aus allen Parteien und Ständen, die am 24. November am Rande des beſetzten Gebietes zuſammentraten, haben nach eingehender Erörterung der gegen⸗ wärtigen politiſchen Lage in der Pfalz fol⸗ gende Entſchließung angenommen: „Die Bevöllerung der Pfalz iſt ſich einig in dem feſten Willen, jede ſtaatsrechtliche Aenderung in den hiſtoriſch gewordenen Verhältniſſen der Pfalz zu Bayern und dem Reich mit allen zu Gebote ſtehenden Mit⸗ teln zu bekämpfen. Frankreich kann wohl die Pfalz durch gekaufte landfremde Ele⸗ mente vom Reich und Bayern losreißen, niemals aber wird ein ſolches Staatsgebilde von der geſamten Bevölkerung der Pfalz als rechtmäßige Regierung anerkannt wer⸗ den.“ i De Met lehnt Arbeaterwünſche gegen die Martyrium genden ohne Unterſchied des Glaubens aus⸗ noch tu. Speyer, 29. Nov. Die hieſige Ark hat dem franzöſiſchen General de Metz offizi Antrag geſtellt, er möge ſeine Truppen nur eie Stunde von der Straße zurückziehen, damit 91e Bevölkerung mit den Separatiſten fertig werden könnte. General de Metz hat dieſes Verlangen abgelehnt. Die Erbitterung und der Haß der Be⸗ ee gegen die Separatiſten und ihre Hinter⸗ männer kennen unter Grenzen mehr. 10 70 Pirmaſens von den Separatiſten beſetzt. vormittag von den Separatiſten beſetzt worden. Die Separatiſten ſind mit Muſik in die Stadt ein⸗ gezogen und wurden von dem 2 1 e N Ehren⸗Zeigner. der im Unterſuchungsgefängnis Leipziger nahm einſtimmig einen Antrag an, der die Einſetzung eines über die Amtstätigkeit des früheren Juſtiz⸗ miniſtors Dr. Zeigner und über die Führung der Strafunterſuchung vorſieht. 1 N ee n Die Zahl der Erwerbsloſen. Berlin, 29. Nov. Im unbeſetzten deutſchen Gebiet betrug die Zahl der unterſtützten Erwerbsloſen am 15. November 1 250 000 gegenüber 9 3000 am 1. Novem⸗ ber, die Zahl der unterſtützten Kurzarbeiter 1772 000 gegenüber 1 703 000. Die Zahl der Arbeitsloſen in den beſetzten Gebieten wird unverändert auf über zwei Millionen ge⸗ ſchätzt. Arbeitszeit nach Gewerbeordnung und Tarif⸗ ö vertrag. 1 70 Berlin, 28. Nov. Nachdem die Gültig⸗ keit der Demobilmachungsverordnungen über die Arbeitszeit gewerblicher Arbeiter, über die Arbeitszeit der Angeſtellten mit dem 17. November 1923 abgelaufen iſt, gel⸗ ten zurzeit wieder die Beſchäftigungsbeſchrän⸗ kungen der Gewerbeor dnung. Die Beſchränkungen der Verordnungen über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 23. November 1918 und die des Geſetze⸗ über die Arbeitszeit im Bergbau unter Tag. vom 17. Juli 1922 ſind unberührt ge⸗ blieben. Selbſtverſtändlich be ſſt ehe n auch vie durch Tarif⸗ und Arbeitsver⸗ träge geſchaffenen Bindungen trotz des Fortfalles der geſetzlichen Beſtimmungen wei⸗ ter.(Damit ſind die in der letzten Zeit bezüg⸗ lich des Achtſtundentages aufgetauchten Beun⸗ e hinfällig. Red.) i Dur wichtigen Sleuerverordnungen. Der finanzpolitiſche Ausſchuß des vorläufigen Reichswirtſchaftsrats briet einen vom Reichsfin⸗ anzminiſter zur Begutachtung überſandten Ent⸗ wurf einer Steuernotverordnung auf Grund des (Artikels 48 der Reichsverfaſſung. Der Entwurf lehnt ſich in ſeinen Beſtimmungen über die Ver⸗ mögensſteuer Erbſchaftsſteuer, Umſatzſteuer und ſtändigen Steuern und Vereinfachung des Steuer⸗ verfahrens an. Aufgehoben wird am 1. Januar 1924 das Geſetz über die Beſteuerung der Betriebe vom 11. Auguſt 1923. Ein Vertreter des Reichs⸗ finanzminiſters erklärte, man ſei bei der Aufſtel⸗ lung des Entwurfs davon ausgegangen, daß im Laufe des Dezembers die Währung ſtabiliſiert ſei ſolchen Umſtänden keine 1 0. Pirmaſens, 20. Nov. Pirmaſens iſt heute 6 als auch für die Körperſchaftsſteuer ganz abzuſehen im Jahre 1925 zu veranlagen. ſchlagen, die Einkommenſteuerſchuld 1928 mit den Fee für 1923 zu leiſtenden Vorauszahlungen als abge⸗ Staatskommiſſar feierlichſt empfangen. Die öſſent⸗ golten anzuſehen. lichen Gebäude befinden ſich in ihrer Hand.„ 0 1 ſitzende ehemalige ſächſiſche Miniſterpräſident ö Dr. Zeigner einen totalen Nervenzuſam:; menbruch erlitten. Der ſächſiſche Landtag Unterfuchungsausſchuſſes Kapitalverkehrsſteuer im allgemeinen an diejeni⸗ gen des Entwurfs eines Geſetzes über die wertbe⸗ ir de zamentlich aus de hein⸗ und Ruhrabgabe, gerechn Weiter führte der Redner u. a. aus: Da die Durch⸗ führung der bisherigen Vorſchriften an der Un⸗ möglichkeit geſcheitert iſt, das Einkommen des Jahres 1928 zuverläſſig zu ermitteln, ſchlägt der Entwurf vor, von der Veranlagung des Einkom⸗ mens im Jahre 1923 ſowohl für die Einkommen⸗ und erſt wieder das Einkommen des Jahres 1924 Es wird vorge⸗ Die dritte Rate der Rhein⸗ und Ruhrabgabe, die an ſich am 5. Januar 1924 i fällig iſt, ſoll zur Hälfte bereits am 15. Dezember 1 1. in Höhe der doppelten an dieſem Tage fälligen letz⸗ Nach einer Meldung aus Leipzig hat ten Einkommensſteuervorauszahlung entrichtet werden. Neben der Abgeltung der Steuerſchuld für 1923 iſt der zweite wichtige Punkt noch die Bemeſſung der für 1924 auf das Einkommen des Jahres 1924 zu leiſtenden Vorauszahlungen. Für die verſchiedenen in dem Entwurf in fünf Gruppen eingeteilten Einkommensarten werden daher ver⸗ ſchiedene Vorauszahlungsmaßſtäbe vorgeſchlagen, Gleichzeitig mit der Entrichtung des Vorauszah⸗ lungsbetrags iſt eine kurze Voranmeldnu 19 über die Einnahmen und über die Ausgaben einzureichen. Die Einnahmen, die Ausgaben und der Verbrauch ſind in Goldmart zu berechnen. Vorauszahlungsbeträge bis zu 5 M. bei der Landwirtſchaft und im übrigen bis zu 100 M. ſollen nicht erhoben werden. Zum Schluſſe ſtreifte der Regierungsvertreter noch die beabſich⸗ tigte Mietzinsſteuer, die von dem Grundſatz ausgehe, anſtelle der ausgefallenen Hypotheken⸗ gläubiger die öffentliche Hand zu ſetzen. Hierüber ſeien jedoch die Beratungen noch im Gange. Der Ausſchuß überwies die weitere Beratung des Ent⸗ wurfs über die Aenderung des Finanzausgleich⸗ geſetzes einem beſonderen Arbeitsausſchuß. Die Ausſchüſſe ſollen noch dieſe Woche ihre Arbeiten erledigen. g 1 8 25 die Aufwerkung van Hopolgelen. Das Reichsgericht grundſätzlich für Auſwer⸗ ö tung von Hypothelenſorderungen. Der fünfte Zivilſenat des Reichs gee richts hat eine für Grundſtücksbeſitzer und Hypothekengläubiger wichtige Entſcheidung ge⸗ troffen, indem er den Grundſatz der Aufwer⸗ tung von Hypotheken als berechtigte Forde⸗ rung anerkannte und entſchied, daß dem Gläubiger die Befugnis zugeſprochen werden könne, die Löſchung der Hypotheken zu verweigern, falls nur Papiermark als Rückzahlung angeboten wird. In ſeiner Begründung ſagt das Reichsgericht: Der Senat iſt ſich bewußt, daß der von ihm aufgeſtellte Grundſatz der Aufwertung der Hypotheken im Einzelnen noch zu vielen Schwierigleiten führen kann, das ſei aber nicht ein Beweis dafür, daß dieſer Grundſatz, den der Senat aus dem geſetzlichen Recht und aus der Billigkeit ableitet, dem Recht nicht entſpricht, ſondern nur eine Folge der unglücklichen wirtſchaftlichen Verhältniſſe, in die wir geraten ſind. 95 5 eher keit der Aufwertung einer Hypotheken ung iſt 10 8 242 B08. über Treue und Glauben anzuerkennen. Allerdings iſt nach 8 242 zu berücksichtigen, was Treu und Glau⸗ ben mit Rückſicht auf die Verkehrsſitte im ein⸗ zelnen Falle fordern. Daraus folgt, daß nicht allgemein ſchlechthin der Grundſatz aufgeſtellt werden kann, daß alle Hypothekenforderun⸗ gen ohne Weiteres aufzuwerten wären L ee fußere Band des Primates Petri und ſeiner Shuldigern. mmer Wit mit vtrzeben unſern * 15 Roman 5 von E. Krickeberg. 70 Nachdruck verboten. „Ja, Mutti— und an Onkel Eberhardt⸗ chen auch!— Der arme Papa iſt tot, aber Onkel Eberhardtchen wollte doch kommen, Mutti.. Wo bleibt er denn ſo lange?— Kannſt du ihm nicht ſchreiben, daß er kommen ſoll?“ Da ſchluchzte Anita laut auf und preßte ihr Geſicht an die Bruſt des Kindes. Auf ihrem Schreibtiſch ſtand ein Karton, der mit der Poſt gekommen wat; or trug den Stempel„Berlin“ und als Abſender die Firma einer bekannten Großgärtnerei. Erſtaunt be⸗ trachtete Anita das Paketchen— ſollte doch jemand um ihren Geburtstag wiſſen?— Bri⸗ gitte vielleicht?— Nein, das war ausgeſchloſ⸗ ſen. Der Tag war beſtimmt niemand von ihren Berliner Freunden bekannt. Mit einigem Mißtrauen öffnete ſie den Karton. Er enthielt ein einziges, aber erle⸗ ſen ſchönes Exemplar einer prachty llen Orchi⸗ beenart mi! hurtgefärbten, wunderbar geſorm⸗ den d ten. Eine Heſchäftskarte der Firma ag abel mi dem Vermerk:„In Frledigung 2 Blüte kam. Außer Harto war Eberhardt der einzige, der ihren Geburtstag wiſſen konnte, denn ihr Mann hatte in den Ring ſein und ſeiner Frau Geburtsdatum neben dem Tage ihrer Verlobung eingravieren laſſen. Und 35 trug den Ring ſicher noch, er hatte ja ge⸗ ſchworen, ſich nie von ihm zu trennen. Sie atmete tief auf mit einem Gefühl der Befreiung. Mit ſcheuen Fingern nahm ſie die Blütenriſpe. Sie war ſo friſch wie ſoeben vom Stoc gebrochen, ein ſüßer Duft ſtrömte ihr entgegen. Graziös wie kleine zierliche Vö⸗ gel ſaßen die einzelnen Blüten am Stengel, aus ihren Kelchen ſchienen Mürchenaugen ſie zu grüßen. Und ihr Herz floß über in einem inbrünſtigen Gefühl des Glückes, der Dank⸗ barkeit und Seligkeit. Eine Ruhe itberkam ſie, unter deren Wohltat ſie erſchauerte. Sie gab ſich keine Rechenſchaft über ihre Empfindungen, ſie hütete ſich, mit einem Gedanken daran zu rühren. Aber ſie fühlte ſich den Reſt des Ta⸗ ges, als ob ſie Flügel hätte— ſo leicht und froh, wie ſie eit dem Tode ihres Mannes niemals geweſen war.— Herbſt war es! Die lärmenden Stare vor den Fenſtern des Lindenhauſes waren ſort⸗ gezogen und in den Gängen des Parkes la⸗ gen ſchuhtief welke Blätter, Aber das Wetter war von wunderbarer Milde und Klarheit. nes vom Auslande erhaltenen Auftrages“— ouſt teine Zeile. Ein zitternder Schren dur „Auita. Pun wußte de, v Heint hatte ſchwarze Eichhörnchen im Wald Wit, mußte täglich mit ih 919 ganz verſtört und hochgradig erregt von ih⸗ rem Spaziergang heim. „Oh, gnädige Frau, ſehr was Slimmes has happened mit Maſter Heini! Gnädige Frau uollen glauben, daß ick ſein innocent— oh, uenn Darling nur Uollten ſein nicks ſo awfſully wild.“ Erſchrocken blickte Anita auf Heini. Der ſtand heil und geſund, aber ſchrecklich wichtig dabei, ungeduldig, zu Worte zu kommen und er fiel auch ſofort triumphierend ein:„Und mein Großpapa war es doch, Mutti! Weißt du, wie auf Tante Zeſinas Bild mit dem weiſen Kaiſerbart... Und weh hat er ſich gar nicht getan! Aber er hat geſcholten auf Miß Elſie, und ſie lann doch gar nicht dafür, ich hab' doch bloß ein bißchen Räuber geſpielt.“ Anitas Herzſchlag ſtockte.„Um Gotteswil⸗ len, was iſt denn geſchehen? Erzählen ſie doch, Miß Elſie!“ Aber es dauerte eine ganze Weile ehe ſie aus Heinis krauſer Erzählung und dem engliſch⸗deutſchen Kauderwelſch der Miß ve⸗ griſfen hatte, um was es ſich handelte. Die Miß war mit Heini zu den Eichhörn⸗ chen gegangen und hatte ſich mit ihrem Buch wie ſonſt einen hübſchen Platz im Wade ge⸗ wartete, daß die Tierchen ſich zeigen ſollten. Sie taten es aber nicht und Heini wurde die Räuber zu ſpielen. Er nahm an 1 Wege Riiter d 1 den w. 161 N N 4 ſucht, während Heimi dicht bei ihr ſpiel!s und Sache langweilig. So verſiel er„ und daß alle Hypothekenforderungen etwa im Geſchrei aus dem Walde auf den Weg hin⸗ aus. Sie ſelber war fürchterlich erſchrocken, in demſelben Augenblick aber bäumte ſich auch das Pierd eines daherkommenden Reiters, machte einen gewaltigen Satz zur Seite und ſtürzte auf die Knie, ſo daß der Reiter zur Erde glitt. Doch ehe ſie imſtande war, Heini nachzueilen, miete der ſchon neben dem Herrn im Grafe und verſuchte ihm mit ſeinen kleinen Händchen aufzurichten. „Hat du dir weh getan? Ach, biſte, kite, ſet nicht böſe, ich hab's nicht gern getan, gonz gesoiß!“ beltette er und ſtrich dem Da ie gen⸗ den die Backen und ſchlang ſeine Aer men um ſeinen Hals. Miß Elſie war vor Schreck ſo geläymt, daß ſte nicht ein Wort hervor⸗ bringen konnte, denn ſie hatte ſoſort den Na⸗ ron von Drewensberg in dem Herrn erkanat. und ſie wußte, daß die gnädige Frau ein Zu⸗ ſammentreſfen mit den Drewensberger Hecr⸗ ſchafſen nicht wünſchte.— Ach, und wenn ver alte Herr ſich min vielleicht ſchwer verletzt balte!—, O, how terrible it was! Da aber richtete der Baron ſich ſchon wie⸗ der auf und muſterte, auf den Arm geſtützt, eine ganze Weile das Kind mit feſten Blicken Hemi ſtand verlegen treuherzig Augen glänzten noch die Tränen the darling, ou know.“ Miß nicht, die Szene zu ſtören, un ſtücks auch auf irtſchaftliche Lage des ers, an benſo werden die Laſten öffentlicher Art, die auf dem Grund⸗ ſtück ruhen, zu berückſichtigen ſein. Weiter wird in Betracht zu 10 ſein, ob es 15 um ſtädtiſches, ein ländliches, ein oder ein landwirtſchaftliches Grundſtück han⸗ delt. ö Gegen die Ueberſchlagung der Grundpreiſe. Berlin, 28. Nov. Der Unterausſchuß für Ernährung und Landwirtſchaft des Reichs⸗ wirtſchaftsrates beſchäftigte ſich heute mit einem Antrag Baltruſch betreffend die Einführung von Goldhöchſtpreiſen und die Auszeichnung der Preiſe in Gold. Nach län⸗ gerer Debatte wurde einſtimmig die Entſchlie⸗ zung Baltruſch angenommen. Sie weiſt bei den heutigen hohen Goldpreiſen auf die Gefahr der geringen Abſatzmöglichkeit im In⸗ und Auslande hin und verlangt die beſchleu⸗ nigte Verteilung der Goldzahlungsmittel. Ne⸗ ben der Beſeitigung der künſtlich zu niedrig gehaltenen Einheitskurſe wird der ſofortige Abbau der Riſikoprämien und der zu hohen Grundpreiſe gefordert, um die Entwertung der wertbeſtändigen Zahlungsmittel und da⸗ mit eine neue Inflationsperiode zu verhüten. Es wird ferner gefordert, daß Preis ver⸗ zeichniſſe überall in Gold für alle Waren durchgeführt werden. Regierung und Wirtſchaftsführer werden auf die große Ver⸗ antwortung hingewieſen, die ſie in dieſer Uebergangsperiode für die Einleitung der Wiedergeſundung der Wirtſchaft tragen. 16 Zur heutigen Preispolitik gibt Dr. Retzbach, Diözeſanpräſes der katholi⸗ ſchen Arbeitervereine in Freiburg in der „Freiburger Tagespoſt“ folgendes vielſagende Beiſpiel: Am letzten Samstag, den 17. November, bildet. koſtete bei einer hieſigen Genoſſenſchaft der Doppelzentner Mehl(0 Spezial, 65prozentig) 49.45 Goldmark(= 29,67 Billionen); heute, den 21. November, koſtet er bei der gleichen Genoſſenſchaft 75,70 Goldmark(75,7 Billio- fähigen und nen) alſo eine abſolute Verteuerung um rund 50 Prozent, eine Verteuerung, ſteht der Preis auf dem internationalen Markt weſentlich billiger. Man kann in Ham⸗ burg das amerikaniſche Mehl in gleicher Qualität zu 7½/ bis 7½ Dollar kaufen und könnte es, alle Koſten gerechnet, in Freiburg zu etwa 9 Dollar= 37,80 Mark abgeben. Dennoch ſteht der Freiburger Preis(75,7 Mark) gerade doppelt ſo hoch, als der des Auslandes; um ſo bedauerlicher iſt die Tat⸗ ſache, als es ſich um eine allgemein notwen⸗ diges Nahrungsmittel handelt. Bei dieſer Sachlage wirkt die Deviſenordnung geradezu verteuernd auf unſere Preiſe, weil der Kauf⸗ mann ohne Deviſen das billige Mehl des Auslandes nicht einführen kann. Wo liegt die Schuld für dieſe Volksausbeu⸗ tung und Volksbedrückung, die doch ſchließlich zum Ruin für alle führen muß? Sicherlich nicht bei der Genoſſenſchaft, dem Zwiſchen⸗ handel, ſie liegt am Ring der Mühlen. Hier muß alſo angeſetzt werden und darf nicht nach dem alten Rezept verfahren werden: Die klei⸗ neren Diebe hängt man und die großen läßt man laufen. Die führenden Leute der wu⸗ cheriſchen Kartellpolitik müſſen zu den„klei⸗ neren Dieben“ nach„Kislau“. Hier gilt es für die Staatsgewalt, den Rampf gegen die Feinde des deutſchen Volkes zu kämpfen, zu dem man keine Maſchinenge⸗ wehre und Kanonen braucht. Ausland. Englund und dle Ruhr. Die Ruhrbeſetzung unrechtmäßig. Alles iſt Geſchäft! Von welchem Standpunkt die engliſche Politil bei Betrachtung der Lage ausgeht, wird in einem Artikel der„Times“ deutlich gekennzeichnet. Unter dem Schlagwort„Das neue Europa“ hebt das Blatt hrvor, daß, wenn auch nicht der Form, ſo doch der Sache nach in dem reichſten und wich⸗ tigſten Teile Mitteleuropas eine neue politiſche und wirtſchaftliche Staatseinheit zwiſchen Frank⸗ reich und dem beſetzten Teil von Deutſchland ge⸗ ſchaffen worden ſei. Das ſei eine Tatſache von der größten Bedeutung, und England ſehe ſich in die Notwendigeit verſetzt, zu dieſer entſcheidenden Veränderung der europäiſchen Landkarte Stellung zu nehmen. * Die franzöſiſche Politik habe eine Lage geſchaf⸗ fen, die durch keinerlei Beſtimmungen des Verſail⸗ ler Dilktakts gerechtfertigt werden könne. ö 8 der Alliierten aus habe Frankreich die run f 4 93 N n induſtrielles 0 a die mit der Geldentwertung gar nichts zu tun hat. Dabei . Vom 6 erden, und der ngliſche wird dann unfehlbar damit beginnen, mäßigkeit der Ruhrbeſetzung und in⸗ folgedeſſen auch ihre Folgen zu bestreiten. Ueber dieſen Punkt kann es keine Kompro⸗ miſſe geben, noch kann an einem ſpäteren Zeitpunkt ein Kompromiß unſerer Haltung gegen⸗ über vollendeten Tatſachen möglich werden.“ Deutſche Landerwerbungen in Neuguinea. Rom, 26. Nov. Nach einer Meldung aus Amſterdam fand in Java eine Beſprechung gzwiſchen dem Gouverneur von Niederländiſch⸗ Indien und mehreren Vertretern großer hol⸗ ländiſcher Induſtrieverbände einerſeits und dem Herzog Adolf von Mecklen⸗ burg andererſeits ſtatt. Es handelt ſich da⸗ bei vor allem darum, Deutſchland ausnahms⸗ weiſe Landlonzeſſionen in Neuguinea zu ge⸗ währen. Der Herzog von Mecklenburg wird ſich nächſtens nach Deutſchland begeben, um die für die Ausbeutung ſeiner Konzeſſionen erforderlichen Gelder aufzubringen. Die Aus⸗ beutung ſoll von deutſchen Ingenieuren ge⸗ leitet werden. Der bignnlerle gepargltsmns. Abdankung der Separatiſtenregierung. Koblenz, 28. Nov. Wie die„Düſſeldorfer Nachrichten“ erfahren, hat die„Vorläu⸗ fige Regierung der Rheiniſchen Republik“ in einem heute an den Ober⸗ kommiſſar Tirard gerichteten Schreiben ihre Auflöſung erklärt. Der General⸗ bevollmächtigte teilt dem Vorſitzenden der Rheinlandkommiſſion mit, daß in den letzten Tagen bereits drei Mitglieder des Kabinetts ausgeſchieden ſeien, nachdem es ſich ſchon vor etwa 14 Tagen in zwei Teile geſpalten hat, von denen jeder für ſich Kabinettsbeſchlüſſe ſaßte. Aus der ſogenannten, inzwiſchen durch das Kabinett aufgelöſten Oberſten Heereslei— tung hat ſich eine Militärdiktatur herausge⸗ Bezeichnend iſt das offene Eingeſtändnis am Schluß des Schreibens, für die Auflöſung ſei der Umſtand mitbeſtimmend, daß die bisherige vorläufige Regierung zum Teil aus un⸗ unehrlichen Men⸗ ſchen zuſammengeſetzt geweſen ſei. (Tragikomödien! Aber gründlich mit aus⸗ gepfiffen ſind dabei auch die Claqueure dieſer AZuchtbäusler⸗Reaierung, die Franzoſen! Red.) Aus Nah und Fern. Mannheim,(Herzſchlagauf dem Auto.) Nachdem erſt geſtern ein Kraft⸗ wagenführer auf ſeinem Führerſitz vom Herz⸗ ſchlag betroffen wurde(der Kraftwagen fuhr infolgedeſſen, wie gemeldet, gegen einen Baum) iſt der Fuhrhalter Hartmann von hier von einem ähnlichen Schickſal ereilt wor⸗ den. Er erlitt nämlich auf der Neckarbrücke einen Herzſchlag und ſank tot vom Wagen. Eppingen.(Wäſchebrand.) In der Wohnung der Eheleute Emil Werner war zum Trocknen am Ofen aufgehängte Wäſche in Brand geraten. Durch die Rauchentwick⸗ lung erlitt ein im Bette liegendes 1 Jahr altes Knäblein den Erſtickungstod. N Freiburg i. Br.(Gut ſo.) Ein Kolo⸗ nialwaren⸗ und Lebensmittelgeſchäft in der Reiterſtraße wurde vom Bezirksamt auf mehrere Wochen geſchloſſen, weil Butter zum Einundeinhalbfachen des zuläſſigen Höchſt⸗ preiſes verkauft wurde. Viingen.(Die Lage in der Schwarzwalder uhrenknduſtrie, hat ſich weiter zugeſpitzt und wird als ſehr ernſt betrachtet. Die Arbeiterſchaft des Meſ— ſingwerkes Schwarzwald in Villingen iſt be⸗ reits in den Streik getreten, gegen den nur 8 Arbeiter geſtimmt haben. O Konſtanz.(Eine bittere Enttäu⸗ ſchung) erlebte ein Schweizer, an den ſich der verheiratete Etuimacher Gersbacher und der 9900 Bäckergehilfe Katz herangemacht hatten mit der Vorgabe, ſie wüßten einen Mann, der für den Franken 1½/ Billion zahle. Der Schweizer gab 300 Franken her und wartete vor einem Haus, in dem die beiden Schwindler das Geld umwechſeln wollten. Sie hatten das Haus aber durch einen anderen Hausgang verlaſſen und der Schweizer ſteht vielleicht heute noch vor dem Haus und war⸗ tet auf die deutſchen Billiönchen. Stuttgart.(Zu einem ſchweren Feuergefecht) iſt es zwiſchen dem Ober⸗ wachtmeiſter Tſchirſch und 10 Kommuniſten, die eine Geheimverſammlung abgehalten hat⸗ ten, gekommen. Die Polizei hatte von dieſer Verſammlung Kenntnis erhalten und der Wachtmeiſter Tſchirſch mit einem weiteren Beamten nach dem Verſammlungsraum ge⸗ ſchickt. Der Oberwachtmeiſter ſuchte die Ge⸗ heimverſammlung mit vorgehaltenem Revol⸗ ver in Schach zu halten und ſchickte den ande⸗ ren Beamten nach der 1 i A s die Beam. vachtmeiſ 1 1 ö e iratete Schloſſer hrie geſtern abend 1455 von der Station Wießlingen hierher von einem ai betroſſen, ſo daß ſein Tod alsbald ein⸗ rat, Handel und Verkehr. E (), An der Karlsruher Produktenbörſe(28. Nov. zeigte ſich das gleiche Bild wie an den anderer Getreidemärkten. Das Geſchäft blieb klein. E können folgende teils bezahlte, teils geforderte Preiſe genannt werden: für izen 26,50 bis 27 Goldmark, Roggen 24,35, Gerſte 21,50, Haßg 19 Weizenmehl 37,25.—98, Roggenmehl 35,75 bis 36 Kleie je nach Fabrikat 10.50—12 Goldmark alles per 100 Kilg, Getreide ohne, Mehl mit Sack. Fü); Weine und Spirituoſen dauerte die Abneigung der Produzenten gegen Papiergeld an, ſodaß bei dem Mangel an wertbeſtändigen Zahlungsmitteln die Beſchaffung auch kleinerer Warenmengen ſchwierie iſt. Preiſe ziemlich unverändert. Kolonialwaren Tee 8.80 bis 12 Goldmark je nach Qualität. Roh. kaffee Santos 4.20, Guatemala 5.60, gebrannt 5.20 bis 7 Goldmark per Kilo verzollt. Bei Papier⸗ markzahlung koſtet die Ware das mehrfache im Verhältnis zum Ankauf don Deviſen Burma⸗ reis 0,60, Graupen 0.65, Schweinefett 2.20, Salat- öl 1,60 Goldmark, alles per Kilo. NN Wirtſchaftszahlen Amtlicher Dollarkurs 23. 11. Goldmark(Berl. Kurs) 23. 11. Ankaufspreis für Reichsſilbermünzen 20. 11. 230milliardenfach Goldumrechnungsſfatz der Reichsſteuern 24. 11. 1 Billion Reichsindex 19. 11. 831 Milliarden Landesindex(mit Beklidung) 19. 11. 839,3 Milld. Landesindex(ohne Bekleidung) 19 11. 743,8 Milld. Großhandelsindex 20. 11. 1,413 Billionen Schlüſſelzahl des Einzelhandels 24. 11. 1 Billion Eiſenbahnſchlüſſelzahl a) Perſonentarife 24. 11.0 b) Gütertarife 24. 11. 0 Buchhandelsſchlüſſelzahl 24. 11. ———— Anmll. Dollarſtand: 4200 000 900 00 eine Goldmark— 1000 000 000 000 Das neue Wäbrungselend. Ainanzielle Pochenſchau Von Prof, Dr. Euſtach Mayr, „ Heidelberg⸗Mannheim. (Für die Zeit vom 18. bis 25. November.) (Sch lu ß.) Die Gefahr des Verluſtes des Bad. Schwarz⸗ waldes und des deutſchen Grundbeſitzes aus Badenmark und Rentenmarkdeckung. 4,2 Billionen 1 Billion 1 Billion 1 Billion 1,10 Billion Daß die Badenmark und die Rentenmark bis jetzt in unbekannte Tiefen verſickert ſind, hat der gewöhnliche Sterbliche an ſich ſelbſt bemerken können. Daß der vorausgehende Abſchnitt über die Spekulation der Reichs⸗ ruht und daß die früheren Warnungen des Verfaſſers, daß die Rentenmark Spekulations⸗ geld ſei, berechtigt waren, geht daraus hervor, daß mit Beginn der letzten Novemberwoche der amtliche Dollarkurs wieder hinaufgeſetzt wird. Was aber dem badiſchen und deutſchen Volke aus der Badenmark und der Renten- mark in der Zukunft noch alles erblühen wird, iſt bisher noch nicht erſchöpfend darge⸗ ſtellt worden. Die Ausländer wiſſen das viel viel beſſer. Es wird für uns geradezu ver⸗ hängnisvoll werden, daß die Badenmark und die Rentenmark einerſeits, entgegen den ſchon im Auguſt d. Is. ausgeſprochenen Forderun⸗ gen des Verfaſſers für das Feſtgeld ſeines Währungsvorſchlages nicht von dem Aus- lande geſperrt worden ſind und daß man ihnen andrerſeits eine Deckung gegeben hat, die mit dem Grund und Boden unſeres Lan⸗ des umgeht, als ob wir die Möglichkeit hät⸗ len, ihn wie die frühere Golddeckung, die ſich ſchmerzlos von dem deutſchen Betriebskapi⸗ tal der Landwirtſchaft und der Induſtrie los⸗ löſen ließ, wegzugeben, um die Paſſivität un⸗ ſerer Zahlungsbilanz auszugleichen. So kann nicht nur die Badenmark und die Ren⸗ lenmark nach dem Auslande wandern, das Ausland kann damit auch die entſprechenden Forderungen an den Badiſchen Waldbeſitz und an Grund und Boden erwerben, die als Deckung dienen. Das Betriebskapital der deutſchen Wirtſchaft, das ihr als Sachkapital unerläßlich iſt, muß auf dieſe Weiſe in die Hände des Auslandes gelangen, der politi⸗ ſchen Verſklavung des geſamten deutſchen Volkes muß auf dieſe Weiſe mit Sicherheit auch die wirtſchaftliche folgen, der geſamte deutſche Sachbeſitz der Induſtrie und der Zandwirtſchaft, Fabriken und Bauernhöfe, müſſen bei einer Finanzpolitik, wie ſie der Rentenmark und der Badenmark zugrunde⸗ iegt, den Franzoſen und den übrigen Wirt⸗ ſchaftsgegnern des deutſchen Reiches in ab⸗ ehbarer Zeit ausgeliefert werden. Im Elſaß ſchreit man bereits herum: „Kauft die Badenmark, dann gehört euch bald der badiſche Schwarzwald“. Der Verfaſſer ſagt dies nicht nur unſern Finanzpolitikern zur Warnung, ſondern auch der badiſchen Landwirtſchaft, um ihr die Neigung zu neh⸗ n, die Badenmark gegen Fre n lande zu überlaſſen. Geld machen iſt ein hrliches Geſchäft, die Fehler, die hier 1 en werden, werden nach einiger Zeit chtung die dem Wäh⸗ 17 65 lehrte g bend don feiner Arbeits. ſtelle in Mannheim zurück und wurde unterwegs Papiermark abzugeben, den Berliner Dollarkurs mit möglichſt kur⸗ zer Friſt der Weltparität näher zu eld dem nung der Spekulationsrentenmark und Gold⸗ anleihe einwandfrei feſtſteht. 5 Noch einige Auflagen Badenmark und Ren⸗ tenmark und ihre Abwanderung ins Ausland, noch einigemale 4prozentige Hypotheken auf den deutſchen Grundbeſitz und wir werden bald auch Franzoſen nicht nur in unſeren Städten, ſondern infolge der Verbohrtheit unſerer Deckungsmammoniſten, mit denen man in der Währungsfrage den Bock zum Gärtner gemacht hat, auch rechts des Rheins aufgrund wohlerworbener Schuldtitel auf unſeren Bauernböfen und Gütern ſitzen ba⸗ zen. Die materielle Deckung der Badenmar und der Rentenmark ohne ſtrengſte geſetzliche Sperrung vom Auslande iſt ein tödlicher Feh⸗ ler einer in veralteten Bahnen ſich bewegen den Finanzpolitik unſerer Deckungsmammo⸗ niſten, der zur automatiſchen Enteignung dez deutſchen Volkes führen muß. Sobald die erſte Auflage der Rentenmark ins Ausland ge⸗ wandert ſein wird, wird man, da der Verkehr Umlaufsmittel braucht, eine neue vornehmen müſſen und die Deckung wird wieder von vorne vom Auslande erworben werden. Dieſe Warnung möge man ſich auf Seiten aller der⸗ jenigen, welche aus Bequemlichkeit ſelbſt nach⸗ zudenken, mit den Deckungsmammoniſten laufen, gedient ſein laſſen. heuleumatl-Boffaungen! Der Reichswährungskommiſſar über die Rentenmark. Berlin, 28. Nov. Der Reichswährungs⸗ kommiſſar Schacht hat u. a. folgende Mit teilungen gemacht: Die Einführung de; Rentenmark mußte mit dem 15. No⸗ vember erfolgen, weil mit demſelben Augen⸗ blick die Kreditinanſpruchnahme des Reichs bei der Reichsbank aufgehört hatte. Um die Rentenmark zu einem mög⸗ lichſt gleichmäßigen Umtauſch gegen war es erforderlich, bringen. Die Rentenmarkabgabe erfolgte durch die Auszahlung von Löhnen und Gehältern, um ſie den Verbrauchern und Kreiſen des Nahrungsmittelhandels und den ländlichen Genoſſenſchaften für Ge⸗ treideeinkauf zuzuleiten. Der Dru der Rentenmark ſoll im Laufe des Deze m⸗ bers ganz beendet ſein. In zwei bis drei Wochen wird eine für die Bewältigung des derzeitigen Zahlungsmittelverkehrs aus⸗ bank mit der Rentenmark auf Richtigkeit be. veichen de Menge in Rentenmark in den Verkehr gebracht ſein. In gleichem Zeitmaß wird ſich der Betrag des Noten⸗ umlaufs und der Girogelder der Reichsbank vermindern. Da zurzeit ein Kreditweg noch nicht offenſteht, kann die Rentenmark von der Wirtſchaft nur gegen Hingabe von Papiermark oder Giroguthaben erworben werden. Mit dem Eindringen der Rentenmark in den Ver⸗ kehr ergibt ſich eine Papiergeldknapp⸗ heit. Der bisher fortgeſetzten Papiermark⸗ entwertung muß mit Sicherheit entgegenge⸗ wirkt werden, weshalb die Reichsbank jede neue Papiermarkinflation zu verhüten ſuchen müſſe. Gewiſſe Gefahren drohen in die⸗ ſer Richtung, aber für das Notgeld, ſo⸗ weit dieſes mit Deckung durch ein entſpre⸗ chendes Markguthaben in Reichsbanknote und der damit erfolgende Umtauſch des Not⸗ geldes eine neue Inflation bedeuten. Die Reichsbank kann aber unmöglich die Ein⸗ löſung oder die Gutſchrift von unge⸗ decktem Notgeld vornehmen. Die zuneh⸗ mende Verknappung der Reichs⸗ banknoten kann auf dem Deviſen⸗ markt ohne Einfluß bleiben. Hierüber werden die nächſten Tage ſchon einige Klä⸗ tung bringen. In iedem Talle wird ein gewiſſes Gefübl der Beruhigung Platz greifen darüber, daß die Währungsreform einen ſtetigen und klar vorgezeichne⸗ ten Weg geht. In welcher Weiſe die Reichsmark in einem gegebenen Zeit⸗ ent zu einem anderen Zahlungsmittel oder Wertpapier in ein feſtes Verhältnis zu bringen ſein wird, darüber kann erſt ent⸗ ſchieden werden, wenn die Entwicklung wei⸗ ter vorgeſchritten ſein wird. Gegenwärtig liegt keine Veranlaſſung vor, den Charakter der Reichsmark als geſetzliches Zahlungsmittel zu ändern, während gleichzeitig die Ren⸗ ſtenmark in ihrer ſtarken goldhypotheka⸗ riſchen Fundierung als ö i 5 innerwirtſchaftliches Zahlungsmittel bis zur endgültigen Löſung des deutſchen Währungsproblems ihre Bedeu⸗ tung behalten wird. Inzwiſchen werden die Bemühungen um Errichtung einer Gold⸗ kreditbank zur Beſchaffung von Gol d⸗ krediten fortgeſetzt. —————— „ 6 Vom Efenbahnverkehr, Nom Montag, de, n auß den meiſten Strek. on Karlsruhe weitere und Aenderungen ein, hen Stationen angeſchla⸗ 35 N 4