9 6 85 Die Pflege des Kirchengeſarges. Zum Wertungs⸗Singen am 6. Juli 1924 in Viernheim. Am Sttand eines Kraterſees in den Eifel⸗ bergen liegt maleriſch ſchin das Benedlktlner⸗ koffer Marla-Laach. Dieſe Stätte in der Ein⸗ ſamkeit iſt im letzten Jahrzehnt der Sammelpunkt vetſchledener Bewegungen geworden, die das rellglöſe Leben im katholiſchen Deutſchland in Fluß halten. Exerzitien für alle Stände wechſeln einander ab, die Auswertung der gehaltvollen Liturgie wird dort durch Beiſplel und Wort dar⸗ getan und angeeifert zur Pflege der Kirchen mufik und des Kirchengeſanges. Die beſtgeſchulten Mönche von Maria⸗Laach im treuen Verein mit ihren Brüdern im Kloſter Beuron an der Donau, ſetzen ſich dafür ein, daß der gregorianiſche Choral wieder zu Ehren kommt und die Kirchenchöre 10 ihr Beſtes zur Verſchönerung des Gottesdienſtes geben. a In unſerer Diözeſe Mainz wird vom Volk eigentlich nur beim Requiem die Choralmelodie geſungen, während an Feiertagen die Kirchenchö re öfters Choralmeſſen zum Vortrag bringen. Die Dirigenten haben da bei dem Mangel an Uebungs⸗ ſtunden ſelten Welegenheit, ihre Sänger und Sängerinnen jedesmal erſt bekannt zu machen mit der Schönheit der Komposition. Und doch wächſt das Intereſſe und die Liebe, wenn man nicht blos techniſch übt, ſondern auch inhaltlich erfaßt. Deshalb haben ſich in unſerer Dibzeſe die einzelnen Kirchenchöre zu Bezirken zuſammen⸗ geſchloſſen, um jedes Jahr einmal eine gemein⸗ ſame Tagung unter den Augen eines berufenen Kirchenmuſikers zu veranſtalten. Eine ſolchs Ver⸗ anſtaltung ſoll kein Kampftag ſein, ſondern eine willkommene Gelegenheit, von ſich gegenſeitig zu lernen und aus Meiſters Mund gelehrt zu werden. Größeren Elfer und beſſere Ausbildung ſollen für jeden Verein die Nutzanwendung einer ſolchen Tagung ſein. Die Kirchenchöre der Dekanate Bensheim und Heppenheim veranſtalten ein ſolches Wertungs⸗ Singen zum erſten Mal am 6. Juli hier in Viernheim. Es iſt eine Ehre für den hieſigen Verein und für die Gemeinde, daß Viernheim den Auftakt gibt für derlet Veranſtaltungen, wie ſis in anderen Dekanaten bereits mehrere Jahre ſchon ſtattfinden. Der hochw Herr Benediktiner⸗ pater Bahlmann, ein bekannter Kirchenmuſiker aus der Abtei Marla Laach, wird zu dleſer Feier erſcheinen. Nähere Mitteilungen ergehen in der nächſten Woche. Aller Anfang iſt ſchwer, hoffent⸗ lich legt der Anfang in Viernheim kräftige Keime zu gedeihlicher Saat! Amtlicher Teil. Bekanntmachung. Betreff: Die Hauptkörung im Jahre 1924. Am Samstag, den 28. ds. Mts., vormittag 8½ Uhr findet im hieſigen Faſelſtall die dies- jaͤhrige Hauptkörung ſtatt. Private, welche im Beſitz von Faſeltieren ſind, können dieſelben an dem betr. Tage zur Körung vorführen. Viernheim, den 24. Juni 1924. Heſf. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Gemeindekaſſe. Wir verweiſen auf die Bekanntmachung der Bürgermeiſterei und machen nochmals darauf aufwerkſam, daß alle Rückſtände an Gas- und Stromgeldern bis 1. Auguſt lfd. Is. be⸗ zahlt ſein müſſen, wenn nicht Abſtellung des Gaſes oder Stromes erfolgen ſoll. Zahlungen und auch Ratenzahlungen werden an unſeren bekannten Zahltagen gerne angenommen. Am nächſten Donnerstag werden die Gelder für Brodverbilligung ausbezahlt. Bel nicht Abhebung wird Verzichtleiſtung angenommen. Blernheim, den 24. Juni 1924. J öſt, Rentmeiſter. 9 Bohnen,, Hopfen⸗ und Tabakſtangen hat zu verkaufen Win Wuerbac Holzhandlung. Zahnarzt Dr. Bossert empfiehlt ſich der hieſtgen Ginwohasvſchaft für zahnärztliche Behandlung. 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Zur Teilnahme ſind hierzu alle Mitglieder mit Angehörigen, ſowie Freunde und Gönner des Vereins herzlich eingeladen. beträgt für Hin⸗ und Rückfahrt von 0 bis Heidelberg 1.20 Mk. Abfahrt an der Elektriſchen vormittags 104 Uhr. Es empfiehlt ſich, ſo frühzeitig wie möglich am Bahnhof ſich einzufinden. Ankunft 1 Uhr in Heidelberg. Von dort einſtündige Fußtour links des Neckars bis Ziegelhauſen. Dortſelbſt Unter⸗ haltung mit Tanz. Der Vorſtand. q 2, 9 Mannheim 0 2, 9 Erstes Spezial-Haus für MHerbhmöbel u. Korbwaren in Rohr und Weide, natur und gebeizt, Balkon, Dielen, Empfangszimmer, Gartenhäuser, Kaffees, Vorplätze, Veranden, Wintergarten usw. Verkaufsstelle d. Rothenburger Korb- Warenfabrik, Rothenburg o. d. 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Disconto⸗Geſellſchaft A.⸗G., Zahlſtelle Viernheim— Schriftleitung, Druck und Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle: Rathausſtr. 36 e genen In Dentechen Lelchsſod. Berlin. 24. Juni. Der Reichstag trat heute zum erſtenmale nach den Pfingſtferien wieder zu einer kurzen Tagung zuſammen, die nach dem Beſchluß des Aelteſtenrates ſchon am Samstag wieder be⸗ endet ſein ſoll. Die heutige Sitzung, die mit großer Verſpätung erſt gegen halb 4 Uhr er⸗ öffnet wurde, war mäßig beſucht und verlief zunächſt durchaus ruhig. Vor dem Eintritt des Hauſes in die Tagesordnung beantragte der Kommuniſt Stöcker, mit dem bereits auf der Tagesordnung ſtehenden Antrag auf Uufhebung der Verordnung über den Aus⸗ nahmezuſtand einen neuen kommuniſtiſchen Antrag zu verbinden, der auf Aufhebung der Verordnung des Reichspräſidenten über Zei— tungsverbote lautet. Das Haus ſtimmte dem kommuniſtiſchen Antrag debattelos zu und eröffnete dann die Beratung über die Handels verträge mit Litauen und Eſtland. in der die Meiſt⸗ begünſtigung feſtgelegt wird, und über wei⸗ tere Verträge mit verſchiedenen Staaten, in denen auf irgendwelche Anſprüche aus den Er⸗ eigniſſen des Weltkrieges verzichtet wird. In der Debatte proteſtierte der Kommuniſt Dr Roſenberg gegen einige Stellen in den Verträgen mit Deutſchland, die er als unge- hörige Spitzen gegen Sowjetrußland bezeich— nete. Im weiteren Verlauf der Debatte über die Verträge mit Litauen und Eſtland führte der Demokrat Dr. Bergſträßer Be⸗ ſchwerde über die Behandlung der Deutſchen im Memelgebiet durch die litauiſche Regie- rung. Abg. Graf Reventlow(Natſoz.) unter⸗ ſtrich dieſe Beſchwerde und ſah in den Verträ⸗ gen mit Litauen die Gefahr, daß die Zuwan⸗ derung von Oſtfjuden nach Deutſchland da⸗ durch weiter gefördert würde. Die National- ſozialiſten könnten dieſen Verträgen nicht zu— ſtimmen, weil die Verträge nach Annahme des Sachverſtändigengutachtens von Deutſchland gar nicht mehr gehalten werden könnten. Da die übrigen Parteien ſich der Stellung— nahme enthielten, wurden die Verträge ohne weitere Debatte dem Auswärtigen Ausſchuß überwieſen. Faſt debattelos wurde hierauf das deutſch⸗polniſche Abkommen über die oberſchleſiſchen Grenzbezirke, das Ausfüh⸗ rungsbeſtimmungen zu dem Artikel 238 des am 15. Mai 1922 in Genf unterzeichneten deutſch⸗pvolniſchen Abkommens bringt, in 1. u. 2. Beratung angenommen, desgleichen ein Ge— ſetzentwurf über militäriſche Quartierleiſtun⸗ gen. Eine Novelle zum Geſetz über Natu⸗ talleiſtungen für die bewaffnete Macht im Frieden wurde an den Haushaltsausſchuß überwieſen. ebenſo ein nattonalſozialiſtiſcher Antrag auf Aufhebung des Piſſziplinarver⸗ fahrens gegen den Abg. Dr. Frick an den Geſchäftsordnungsausſchuß. Zu einer längeren Debatte kam es jedoch anläßlich der gemeinſamen Beratung der An⸗ träge auf Freilaſſung der poljfti⸗ ſchen Gefangenen, Aufhebung der Aus⸗ nahmeverordnungen des Reichspräſidenten u. der Geſezentwürfe über Straffreiheit von vo⸗ litiſchen Straftaten. die von den Kommuni⸗ ſten, Sozialdemokraten und Nationaliſten ein⸗ gebracht worden waren. Von den Sozialdemo⸗ kraten war weiter ein Geſetzentwurf einge- bracht worden, der die Wiederaufnahme der durch Urteile hayeriſcher Volksgerichte ge— ſchloſſenen Strafverfahren verlangt. In der Ausſprache verlangte Abg. Gräf ⸗ Thüringen die Amneſtie⸗ rung aller Teilnehmer des Kapp⸗Putſches, vor allem der Pabſt, Lüttwitz und v. Jagow. Der Münchener Sozialdemokrat Saen⸗ ger richtete ſcharfe Angriffe gegen die bave⸗ riſche Juſtiz und die Baveriſche Volkspartei, die in Verſammlungen ſogar den Eisner⸗ Mörder, Graf Arco, als Nationalheld bezeich⸗ net habe. Die bayeriſchen Volksgerichte hätten ſich in politiſchen Prozeſſen unerhörte Rechts⸗ brüche geleiſtet. Der verurteilte Hochverräter Poehner iſt jetzt noch Mitglied des oberſten bayeriſchen Gerichtes. Gegen angebliche Lan⸗ desverräter von links ſei dagegen mit äußer⸗ ſter Brutalität von der baveriſchen Juſtiz vor⸗ gegangen worden. Der Redner führte als Beiſpiele verſchiedene baveriſche Urteile gegen Sozialdemokraten und Kommuniſten an und verlangte, daß die von den bayeriſchen Volks⸗ gerichten verhängten barbariſchen Strafen durch ein Amneſtiegeſetz aufgehoben werden müßten. 6 Abg. Fehrenbach(Z.) erklärt, ſeine Nara behielten ſich ihre Stellungnahme zu 1 Antr igen für die Aus ſchuß bera⸗ ſaal. Donnerstag, den 26. Junf 1924 eiue 41. Jahrgang Nach ihm polemiſiert der Kommuniſt Abg. Scholem gegen die bürgerliche Klaſſenjuſtiz. Man brauche nur die Fälle Arco und Linder einander gegenüber zu ſtellen. Graf Arco, der Eisner ermordet habe, befinde ſich längſt in Freiheit. Linder aber, der das Attentat auf Auer übernommen habe, bekam 14 Jahre Zuchthaus. 2200 Urteile ſeien gegen Teilneh- mer der Räterepublik gefällt, Levine ſogar hingerichtet worden, den 775 ͤ am Kapp-Putſch beteiligten Offizieren ſei kein Haar gekrümmt warden. Wie ſind Ihre Waffenſchiebungen, fuhr er, zu den Völkiſchen gewandt. fort, be⸗ ſtraft worden? Antworten Sie! Sie haben, doch ſonſt eine ſo große Schnauze.(Rüge des Präſidenten.) Ich höre, daß dieſer Ausdruck ungehörig iſt. Wieviel ungehöriger iſt es, wenn jemand eine ſolche Schnauze hat.(Bei⸗ fallsäußerungen der Tribüne. Visvepräſident Rießer droht mit der Räumung.) Die Unter⸗ ſuchungshaft in dieſem Staat der Demokratie iſt ebenſo ſchön wie die Rechtſprechung ſelbſt. Herr Sänger, die Lerche der Demokratie. wa— rum ſincen Sie da nicht über Herrn Iſidor Weiß, den Direktor der Abteilung la, der Ihrem Herrn in Bavern ebenbürtig iſt.(Abg. Henning ruft dazwiſchen: Ob Jud, ob Chriſt.) Aba. Scholem: Jawohl. das iſt mir gleich, der jüdiſche Herr Weiß und der chriſtliche Luden— dorff ſind Schurken alle zuſammen.(Großer Lärm rechts. Händeklatſchen bei den Kommu— niſten. Der Vizepräſident erklärt das Hände— klatſchen für unparlamentariſch. Rufe rechts: Zur Ordnung! Zur Ordnung! Schurken hat er geſagt! Ein Ordnungsruf! Man hört einen Zwiſchenruf: Es ſoll der Sänger mit dem Scholem gehen!) Hierauf begründet der Nationalſozialiſt Abg. Dr. Roth die Anträge ſeiner Fraktion auf Amneſtie der wegen des Kayp⸗-Putſches. der Küfſtriner Unruhen und des Hitlerputſches Verurteilten. Dagegen bedanke ſich Bayern für eine Amneſtie der an der Regierung Be— teiliaten(Lärm bei den Kommuniſten.) Ja⸗ wohl, ich bin Bayer. Sie nicht, Herr Scholem, Gottſeidank.(Heiterkeit rechts.) Herrn Levine, deſſen Sie, meine Herren Kommuniſten, ſich ſo annehmen, hat mit vollem Recht die Kugel getroffen.(Nach dieſen Worten entſteht bei den Kommuniſten ungeheurer Lärm. Mit dro— hend erhobenen Fäuſten rufen viele Kommu— niſten dem Redner zu: Herunter, er bat Lumv geſagt. Einige Kommuniſten werfen mit Hef— ten und Zeitungen nach dem Redner.) Vize— vräſident Dr. Rießer ſucht vergeblich den Lärm zu beſchwichtigen. Er erklärt. er habe früher gehofft, die Anweſenheit von Frauen würde die parlamentariſchen Sitten verbeſ ſern. Das ſcheint leider nicht der Fall zu ſein. Abg. Roth beſtreitet, den Ausdruck„Lump“ gebraucht zu haben, er könne alſo nicht zur Ordnung gerufen werden. Der Abgeordnete verſucht mehrmals ſeine Rede fortzuſetzen. Er wird aber jedesmal von den Kommuniſten niedergebrüllt mit Rufen: Mörder raus! Der Präſident ruft mehrere Redner zur Ordnung. Die Kommuniſten und die Nationalſozialiſten rufen ſich vor der Rednertribüne Beſchimpfun⸗ gen entgegen. Da der Lärm andauert, unter⸗ bricht ſchließlich um 6.40 Uhr Vizepräſident Rießer auf 10 Minuten die Sitzung. Um 6.50 Uhr eröffnete Vizepräſident Dr. Rießer die Sitzung wieder. Abg. Dr. Roth ſteht wieder auf der Redner-Tribüne. Das Wort erhält zunächſt der 1 Abg. Eichhorn(Kom.) mit folgender Erklärung: Die roben Beſchimpfungen Levi⸗ nes durch den früheren Juſtizminiſter Roth rechtfertigen die Entrüſtung meiner Partei⸗ freunde und rechtfertig auch, daß wir Herrn Roth nicht ein Wort hier weiter ſprechen lie— ßen, aber mit Rückſicht auf die 10000 voliti⸗ ſchen Gefangenen, die den heutigen Gefange— nen folgen, wollen wir Herrn Roth mit ſeinen Geſinnungsgenoſſen, dieſen erbärmlichen Ge⸗ ſellen, hier allein laſſen. Lärm auf der Rech⸗ ten.) Der Redner erhält einen Ordnungsruf. Die Kommüniſten verlaſſen unter höhniſchen Rufen der Nationalſozialiſten den Sitzungs⸗ Aba. Dr. Roth ſetzt ſeine Rede fort: Le⸗ vine iſt ordnungsmößig durch Urteil des Standgerichts verurteilt worden. Von Be⸗ ſchimpfungen kann alſo keine Rede ſein.(Abg. Roſenfeld(Soz.) ſpringt bei dieſen Wor⸗ ten erregt zur Rednertribüne hinauf und ruft dem Redner zu: Das iſt nicht wahr! Levine iſt nicht ordnenasmäßig verurteilt worden. Es war ein Juſtizmord. Abg, Roth verſichert: Sie wiſſen das ja gar nicht. Sie waren ja gar nicht da. Aba. Roſenfeld, der als Verteidiger, der Verhandlung gegen Levine ſeinerzeit bei⸗ gewohnt hat): Das iſt eine Lüge! Sie ſind ein Schaf für die bayeriſche Juſtiz! Abg. Roſen⸗ . ö daß er ſich Raum verſchaffen wollte links) und daß ein anderer Abgeordneter der ſten!) Ich Roth.(Große Unruhe links. die Staatsrechtspflege durch Amneſtien ſparſam genug umgegangen Durch häufige Amneſtien werde die abſchrek— der Mitte.) war an dieſer Juſtiz feſtzuſtellen. ſeld erhalt einen Ordnungsruf. Er ruft da rauf dem Vizepräſidenten Rießer zu: Sorger b Sie doch dafür, daß er nicht ſo lügt. Die Erregung im Hauſe wird immer grö ßer. Der ſozdem. Abg. Eggerſtedt⸗ Kier wird von dem deutſchnationalen Abg. La⸗ verrennz mit den Fäuſten geſtoßen. In dem dichten Knäuel. der ſich gebildet hat, ſtürmen nun verſchiedene Sozialdemokraten verrenz und ſeine Freunde ein. Der ſozdem. Abg. Simon ⸗ Franken würagt Schmährufe der Streitenden ſind nicht zu ver— ſtehen. Der Abg. Dr. Roth verläßt das Red⸗ nerpult. Von der Publikumstribüne werden Pfuirufe gegen Vizepräſident Dr. Rießer unterbricht um Uhr die Sitzung wiederum auf eine Stunde. Die Abgeordneten ſtehen noch längere Zeit in erregten Grupven beiſammen. In der Pauſe beſchäftigte ſich der Aelte— 7 ſtenrat mit den Vorgängen. Vizepräſident Dr. Nießer eröffnet die neue Sitzung kurz vor 3 Uhr mit folgender Erklärung: Die bedauer⸗ lichen Vorgänge, die ſich vorhin zugetragen haben, haben den Aelteſtenrat beſchäftigt. Er iſt zu der Ueberzeugung gekommen. daß zu⸗ nächſt eine einzelne Abwehrhandlung eines Abgeordneten vorlag, die darauf hinausging, (Unruhe Meinung geweſen iſt, es handle ſich um einen Angriff auf ihn, was jedoch ein Mißverſtänd— nis war. Damit hält der Aelteſtenrat die Sache für erledigt.(Hört! Hört! bei den Kommuni⸗ ſpreche in ſeinem Namen den Wunſch aus, daß derartige Szenen in Zu— kunft vermieden werden. die das Niveau des Reichstages erheblich perabzudrücken geeignet ſind.(Lachen bei den Kommunmiſten). daß na— mentlich der Platz vor der Rednertribüne im— mer frei bleibt und nicht. wiederholter Mah— nungen des Präſidenten ungeachtet. die Ab⸗ zeordneten ſich vor dem Redner aufſtellen. Ich erteile nunmehr das Wort wieder dem Aba. Die Kommuni ten verlaſſen den Saal.) Abg. Roth: Es iſt nicht allgemein be— ſannt. daß die Sozialdemokraten dem Geſetz über die bayeriſchen Volksgerichte zugeſtimmt haben. Ich beontrage, daß unſere Anträge an den Ausſchuß überwieſen werden.(Ironiſche deilrufe links.)“ Staatsſekretör Joel, der Reichsjuſtizminiſteriums gibt darauf eine Er klärung namens der Regierung zu den einge— Verweſer des brachten Anträgen ab: Die Reichsiuſtizverwal— tung ſei der Meinung, daß mit Einariffen in nicht werden könne. tende Wirkung der Strafaeſetze beſeitigt.(Rufe bei den Kommuniſten: Pfui! Heraus mit den bolitiſchen Gefangenen! Beifall rechts und in bedauert Abg. Dr. Roſenfeld(S.) dieſe Debatte am Tage der Ermordung Rathe— naus und berichtet dan Lärm über 7 zeßverfahren gegen Levine. Bei der Vollſtrek— unter fortgeſetztem die einzelnen Vorgänge im Pro— kung des Urteils hat die Mutter Levines im Gerichtshof ſein müſſen und man hat ſie ge— zwungen. die Gewehrſalven zu hören. die ihren Sohn töteten. Levine iſt mutig in den Tod gegangen.(Aba. Thomas(K.) ruft:„Er nicht ſo ein Feigling wie Ludendorff.“ Abg. Thomas erhält einen Ordnunagsruf.) Aba. Roſenfeld fährt fort: Herr Roth iſt wäh, rend des Krieges krieasverwendungsföhig nge weſen und iſt vier Jahre in der Garniſon ge— blieben.(Großer Lärm. Rufe auf der Rechten: Mo waren Sie denn? Roth iſt bei den ſozia liſtiſchen Miniſtern um gangen.(Ein Kommuniſt ruft: ein Lump iſt er!) Stellung betteln ge— Präſident Wallraf erteilt nunmehr dem (Abg. Roth zu einer vperſönlichen Bemerkung das Wort. Er wird von den Kommuniſten mit dem Zuruf: Etappenſchwein! empfangen. Ab⸗ geordneter Roth: Der Vorredner hat mir vor⸗ geworfen, ich hätte mich von der Front ge⸗ drückt. Das iſt eine ganz unverſchämte Lüge. (Abg. Rotb wird zur Ordnung gerufen.) Abg. Scholem(K.): Dr. Roſenfeld ha mit perſönlich angegriffen. Es war unſere Pflicht, die Mitſchuld der Sozialdemokraten Aba. Roſenfeld:(Völkiſcher Zuruf: Wir haben doch keine Synagoge hier! Wo ſind denn Sie geweſen?) Ich bin an der Front ge⸗ weſen.(Gelächter.) Der Präſident ſchlägt darauf vor, die ge⸗ ſtellten Anträge über Amneſtie Freilaſſung der Gefangenen und Wiederaufnahme des Ver⸗ ahrens von bayeriſchen Volksgerichten dem Rechtsausſchuß zu überweiſen und beraumt die nächſte Sitzung auf Mittwoch 2 Ubr an. auf La⸗ dabei den Abg. Adolf Roth ⸗ Stuttgart, der neben La- verenz ſich an dem Streit beteiligte, an der Kehle. Es entſteht ein ungeheurer Lärm. Die die Abgeordneten gerichtet. halbe ö Rathenau war ein Jude. Art, der das uralte jüdiſche Erbe der konſer⸗ vativen Haltung noch nicht durch die ſeeliſchen Wirkungen der dauernden Pariaſtellung zer— ſtört worden iſt, ein Jude jener Art, der die Walter Rathenau Heute vor zwei Jahren wurde Waltei Rathenau erſchoſſen. Noch heute erſcheint ei unfaßbar, daß Willkür einiger verirrier und verhetzter Menſchen uns eines Führers berau⸗ ben konnte, der uns vielleicht viel Schweres erſpart hätte von dem, was nun über das ge⸗ ſamte Volk gekommen iſt. Rathenau war kein Politiker von Natur und Herkunft. Von Natur aus war er ein fein⸗ geiſtiger religiöſer Menſch, von Herkunft ein kluger Wirtſchaftler. Das Gebot der Stunde zwang ihn zur Politik. Er ſah eine Aufgabe, die nach dem Menſchen rief, der ſie erfüllen ſollte. Er vernahm den Ruf und nahm die Aufgaben auf ſich, bis ſie ihm den Tod brachte. Seine Politik war eine Politik des Gei⸗ ſte s. Das war— nach der wilbelmintſchen Zeit, dem Krieg und der Revolution— ſeine große Sendung, das war aber auch ſein Un⸗ tergang. Er mußte noch mebr als Erzberger den Haß jener Politiker der Gewalt auf ſich ziehen, die mit verkrampften Zügen nur die Dinge gelten laſſen wollten. die in ihre poli⸗ tiſche Linie paſſen, alle andern aber entweder gar nicht ſehen, einfach leugnen, oder aber— totſchlagen. Gegenüber Ludendorff als dem Chriſt muß Rathenau als Antichriſt erſcheinen. Seine liebende Objektivität allen Dingen und Erſcheinungen gegenüber, die einen Funken des Gottesgeiſtes in ſich tragen, ſeine politiſche ruhige Klugheit, ſeine Bereitſchaft zur außen⸗ politiſchen Verſtändigung, ſeine nationale Opfergeſinnung,— das alles mußte die Fana— tiker der Gewalt aufs Höchſte reizen. Und Ein Jude jener Skepſis des uralten Volles, an dem Genera— tionen über Generationen europäiſcher Ge— ſchichte vorüberfluteten, zum liebenden Ver— ſtändnis aller geſchichtlichen Wandlungen ge— worden iſt, ein Jude jener grundanſtändigen und grundvornehmen Art, die in der Geiſtes— geſchichte des vorigen Jahrhunderts und der Gegenwart ſo hoch über der parvenübzten Wichtigtuerei und dem geiſtloſen Dünkel aan⸗ her raſſenbewußter Arier ſteht. Aber er war Jude und iſt gefallen. Ez iſt ſo einfach, auf einen Revolverabzug 31 drücken. In den primitiven Bereichen der näch ſten Wirkungen iſt Macht ſtärker als Geiſt. Und Macht hat ja auch ihr nächſtes Ziel erreicht! Rathenau iſt tot. Aber Rathenaus poli tiſches Werk wächſt. Er ſelbſt wäre be— rufen geweſen, als dritter zu Macdonald und Herriot hinzutreten,— zu einem„moraliſchen Pakt“, der in den Trümmern, die Europa als gemeinſames Erbe des großen Krieges über— nommen hat, Grundſtein eines neuen, beſſeren Europas zu ſein beſtimmt wäre. Er ſelbſt kann dieſe Aufgabe nicht mehr erfüllen, und auf den Ruf der Stunde hat ſich noch kein anderer deutſcher Staatsmann gemeldet, aber was bis— her noch nicht in einem großen führenden Menſchen lebendig und konkret ſich verkörpert hat, das reift doch auch in Deutſchland in Millionen von Köpfen und Herzen heran. Die Erbſchaft Rathenaus iſt fällig. Möge das ganze deutſche Volk ſein Erbe werden!— Rathenau war ein Ariſtokrat. Einer von den„Beſten“, die durch ihr Beſſerſein herr— ſchen. Aber ein Ariſtokrat, der aus dem De— mos, dem Volk, erwachſen war. Die Ermor— dung des italieniſchen Sozialiſten Matteotti und die faſziſtiſche Kriſe zeigen, daß nur dieſe Art von Ariſtokratie jene ruhige Dauer be— ſißen kann, die das Zeichen innerer Lebens— berechtigung iſt. Nicht der ſoll herrſchen, den die Laune der urteilsunfähigen Maſſe an die Spitze ruft: ſeine Herrſchaft wird an ſeiner Unfähigkeit zerbrechen,— aber auch nicht der, der auf ſeinen inneren Wert allein das Recht auf Herrſchaft ſtützt und dieſes vorgeb— liche Recht auf Führung und Herrſchaft geben, der trete hervor und ringe mit der zähen Maſſe um die Herrſchaft. Wer dieſen geiſtigen ſtampf beſteht und das Volk zur lebendigen Gefolgſchaft zwingt, der iſt, wie Rathenau, zur Führung berufen. Ihm falle aus dem Volk ſeine Erbſchaft. zu! * Gedenkfeier für Rathenau. Berlin, 24. Juni. Der Reichsprä⸗ ſident und das Kuratorium der Rathe⸗ nauſtiftung ließen heute früh auf dem Waldfriedhof in Oberſchöneweide am Grabe Walter Rathenaus einen großen Eichenkranz nit Schleifen in den Reichsfarben niederlegen. Vor dem Eichenkranz liegt ein Kran l. toter Roſen, den Frau Geheimrat R tiederlegen ließ. Die Republikaniſche Deutſchlands hat zur Ehrung Walther Ra 7 935 dans eine Ehrenwache vor der Gruft aufge lt. Seit den frühen Morgenſtunden iſt au m Friedhof ein Doppelpoſten der Front. upfergruppe der Republikaniſchen Partei chlands aufgezogen. In den Abendſtun⸗ den wird der Reichsbund Schwarz⸗rot⸗gold 50 ſchlichte Gedenkfeier am Grabe veranſtal⸗ n. leine politiſche Umſchau — Glucwünſche an den Reichskanzler Marx. An den Reichskanzler Marx ſind folgende Tele⸗ gramme geſandt worden:„Unſerem Kölner Mit⸗ bürger, der nach 25 jähriger parlamentariſcher Tätigkeit heute als Reichskanzler mit glücklicher Hand das Steuer der deutſchen Politik führt, den wärmſten Glückwunſch zum Abgeordnetenjubi⸗ läum. Kölner Zentrumspartei: Rings.— „Als Vertreter rheiniſcher Wahlkreiſe haben Sie 25 Jahre für Kirche, Volk und Vaterland gear⸗ beitet. Die Deutſche Zentrumspartei verdankt Ihrer Leitung die ſtolze Feſtigkeit in ſtürmiſcher Zeit. Als Kanzler führen Sie mit Geſchich und Erfahrung das geſamte deutſche Volk. Mit be⸗ ſonderem Vertrauen ſteht die Bevölkerung des Rheinlandes zu Ihnen. Zum parlamentariſchen Jubiläum unſere herzlichſten Glückwünſche. Rhei⸗ niſche Zentrumspartei: Mönning.“ — Das Programm des Reichstags. Der Ael⸗ teſtenrat des Reichstags beſtätigte ſeinen frühe⸗ ren Beſchluß, am Samstag den gegenwärtigen Tagungsabſchnitt abzuſchließen. Wann dei Reichstag dann ſeine Sitzung wieder aufnehmen wird, hängt davoon ab, wann die Reichsregie⸗ rung die Geſetze zum Sachverſtändigengutachten vorlegen kann. In dieſer Woche ſollen folgende Gegenſtände erledigt werden: Heute die Anträge wegen der Beamtenbeſoldungsfrae, insbeſonder der Perſonalabbauverordnung, am Donnerstag wo die Sitzung ſchon um 10 Uhr beginnen ſoll die ſozialpolttiſchen Anträge und Interpellatio nen u. a. Interpellationen inbezug auf Wirt ſchaftskriſe und Arbettsloſigkeit, am Freitaß Interpellationen wegen der Notlage der Ausge⸗, wieſenen der beſetzten Gebiete, Anträge über di Aufwertungsfrage und die Notlage der Land wirtſchaft und des Weinbaues, und am Samstag follen dieſe Beratungen zu Ende geführt werden Aus franzöſiſcher Gefängnishaft entlaſſen Die belden Sekretäre des Deutſchen Eiſenbah nerverbandes Roß und Roth, die während del Ruhraktton zu je 8 bezw. 10 Jahren Gefängnit von der Beſatzungsbehörde verurteilt worden waren und in Mainz inhaftiert wurden, ſind von der Beſatzungsbehörde in Freiheit geſetzt worden — Rheiniſcher Provinziallandtag. Der Rhei niſche Provinziallandtag begann ſeine heutigt Tagung um 9 Uhr morgens. Für die allgemeine Kusſprache waren den vier Fraktionen je 2 Red⸗ ner zugeſtanden worden. Das Hauptgewicht lag dei allen Reden auf der Stellungnahme der ein zelnen Partei zu der augenblicklichen politiſchen Zage. Als erſter Redner ſprach der Zentrums abgeordnete Janſen über das Sachverſtändi⸗ gengutachten. Er ſtellte ſich mit ſeinen Aus⸗ ſſthrungen hinter die Entſcheidungen der Reichs— eegierung und verlangte die Annahme des Sach⸗ derſtändigengutachtens. Als nächſter ſer⸗ Köln. Er wies zunächſt auf die Vorberei⸗ tung der Feier der 1000jährigen der Rheinlande zum Reich hin. Seine Rede ſchloß mit einem Treugelöbnis zum Reich. Der Redner der Sozialdemokraten, Redakteur Stein⸗ büchel⸗Eſſen forderte Annahme wie der Abg. Janſen des Sachverſtändigenautachtens. die aas Sie liebten ſich beide. Roman von Georg Okonkowski. 7 Machdruck verboten.) Thea ſchloß energiſch den Flügel. „Jetzt iſt's genug mit der geiſtigen Nah— rung, jetzt wollen wir einmal ernſtlich an die leibliche denken!“ ſagte ſie.„Sie ſollen mir doch nicht bei lebendigem Leibe langſam ver— hungern.“ , Und ſo ſehr Hochfeld proteſtierte, Thea hörte nicht auf ihn; ſie ging geſchäftig ins Speiſezimmer und von da in die Küche. Hoch⸗ feld hörte Teller klappern und Gläſer klirren und aus der Küche das Brodeln des Waſſers. Nach wenigen Linuten kam Thea in den Sa⸗ lon zurück und nötigte Hochfeld in das Speiſe— zimmer hinein, wo der Tiſch gedeckt ſtand und etwas Brot und Aufſchnitt und die ſummende Teemaſchine aufgetragen war. Es iſt zwar nicht viel, aber ein Schelm gibt mehr als er hat,“ ſagte Thea luſtig. „Es wird das ſchönſte Abendbrot meines Lebens ſein,“ erwiderte Hochfeld. Sie ſetzten ſich und aßen und ſchlürften Tee dazu und lachten und plauderten harmlos und vergnügt. Es war eine kurze ſchöne Stunde. Dann dachte Hochfeld an den Auf⸗ bruch. Er verſprach Thea, morgen pünktlich 75 Beſuchsſtunde wieder da zu ſein, um Frau Sping für die Gaſtfreundſchaft zu danken, die lie in ihrer Abweſenheit ausgeübt hatte. Mit einem innigen Handkuß und einem rzlichen:„Auf Wiederſehen!“ nahm Hoch⸗ ld an der Korridortür Abſchied von Thea u. at auf die Straße hinaus, deren naſſes Trot⸗ toir im fahlen Licht der Straßenlaternen glänzte, während der Regen aufgehört hatte und nur noch vereinzelte Tropfen von den kah⸗ 5 e durch den Wind herabgeweht rden. Eben ſchlug eine nahe Turmuhr; Hochfeld überzeugte ſich, wie ſpät es ſei; es war halb Zwölf geworden. 3 e Redner ſprach für die Arbeitsgemeinſchaft der Abg. Kai⸗ Zugehörigkeit allein Zeiten ruhiger Entwicklung bringen könne und endlich einmal das völkiſche und kommuni⸗ ſtiſche Treiben verſchwinden ließe. Für die Kon Zuniſten ſorderte Knab unter dem übliche. ebeſchwall eine Amneſtie für alle politiſchen Ge, ſangenen Deutſchlands, 5 1 1 Heſſiſcher Landtag. Darmſtadt, 24. Juni. Landtagssſitzung. die vorm. 9 Uhr 25 Min. be⸗ gann, rügte zunächſt Präſident Adelung die geſt⸗ rige Bemerkung des Staatspräſidenten, ſoweit er dem Abg. Kindt Verleumdung vorgeworfen habe. Die Beratung über den Staats voranſchlag wird dann fortgeſetzt. Abg. Widmann(Soz.) behandelt in zweiſtündigen ganzen politiſchen und wirtſchaftlichen, ſowie Steuerfragen, verlangt von Handel, Induſtrie und Landwirtſchaft größere Opfer, da die Arbei⸗ terſchaft infolge der dauernd wachſenden Er⸗ werbsloſenziffer immer mehr Not leide. Urſache der großen Verteuerung iſt der Zwiſchenhandel, der ſich immer breiter macht. Er tritt für die Erhaltung des Arbeits⸗ und Wirtſchaftsminiſte⸗ tiums ein, beanſtandet, daß die Reichswehrkapelle bei dem„Deutſchen Tag“ in Uniform mitgewirkt habe und droht mit Gegendemonſtrationen zum Schutze der Republik. Er verurteilt noch die Ab⸗ findung des Großherzogs, die Automobilplage, tritt für den Achtſtundentag ein und wendet ſich gegen die Verſackungspolitik des Abg. Kindt und ſeiner Genoſſen. Auf eine Kleine Anfrage der kommuniſtiſchen Abg. Roth wegen Beteiligung der Gießener Reichswehr bei dem„Deutſchen Tag“ in Butzbach antwortet Staatsrat Dr. Reitz, daß die heſſiſch⸗ Regierung auf die„Reichs“wehr keinen Einfluß habe, daß man aber geeignete Schritte erwägen werde. i Abg. Hauch ſtellt ſich dem Hauſe als erſter völkiſcher Abgeordneter vor, der die nationalſo⸗ zialiſtiſchen Gedanken im Kampfe gegen alle Parteien aufnehmen werde. In eingehenden Er⸗ örterungen beſpricht er die geheime treibende Kraft des jüdiſchen Kapitals, das, trotz der ver- hältnismäßig kleinen Zahl ſeiner Beſitzer ſeine heimlichen Fäden hinter die Kuliſſen aller Par⸗ teien ziehe und auch in Börſe und Politik das ganze Land beherrſche und das Volk ausbeute. Seine oft lebhaften Ausführungen werden dau⸗ ernd durch Heiterkeit, Unruhe und Zwiſchenrufe unterbrochen, die meiſt aus der Linken kommen. Die kommuniſtiſche Abgeordnete Roth greift dann in den bekannten Schlagworten die Regie⸗ rung, die Parteien und die Geſellſchaft an, droht mit ſtärkſter Gewalt und hofft, daß man dieſe Schwatzbude(den Landtag) bald ſchließen könne. Abg. Schreiber(Dem.) verbreitet ſich dann in etwa anderthalbſtündiger Rede über ſämtlichen wichtigen Tagesfragen der Innen⸗ und Außen⸗ politik, wobei hauptſöchlich gegen die Reden der Rechtsparteien Stellung nimmt und ſowohl für das Sachverſtändigengutachten, wie die letzte Mi⸗ litärkontrolle und für energiſches Sparen ein⸗ tritt, da wir neue Steuern nicht tragen können. Auch fordert er von der Regierung weitgehendes Entgegenkommen gegenüber den zurückkehrenden Ausgewieſenen. Abg. Kind(Dnatl.) gibt zum Schluß eine längere Erklärung ab, in der er ge⸗ gen die Angriffe des Staatspräſidenten, wie der Koalitionsvertreter Stellung nimmt und öffent⸗ lich jetzt zum dritten Mal ſich bereit erklärt, im Falle einer gerichtlichen Klage auf ſeine Immu⸗ nität verzichten zu wollen. Die Verantwortung trage er ſelbſtändig, nicht ſeine Partei. Schluß halb 2 Uhr. Nächſte Sitzung Mittwoch früh 9 Uhr. ee 1 danken verſunken. begav Hochfeld ſich nach Hauſe, während Thea, nachdem ſie die Krone im Salon ausgelöſcht hatte, ſich eiligſt in ihr Zimmer zurückzog. Auch ſie war ein wenig ſchwermütig geſtimmt. Zwar hatte ihr der Abend den lange herbeigeſehnlen Zufall ge— bracht: ſie hatte Hochfeld wiedergefunden, aber ſie hatte von dieſem Wiederſehen mehr erhofft. Sie ſah es, ſie fühlte es, daß er ſie liebte, und dennoch war er ſo ſeltſam ſtumm, ſo verlegen: er mußte es doch ebenfalls merken. daß ſie ſeine Liebe erwiderte. Warum ſprach er nicht? Warum warb er nicht um ſie? Welch ein un⸗ gekanntes Hindernis ſtand noch zwiſchen ihm und ihr, nachdem die früheren Hinderniſſe ver⸗ ſchwunden waren? Sie hatte ihren ariſtokrati⸗ ſchen Namen abgelegt., ihr früherer Reichtum war dahingegangen: ſie war nun nichts wei⸗ ter als ein einfaches, auf ſich ſelbſt angewieſe⸗ nes Mädchen. Und dennoch ließ er ſich nicht herbei, das erſehnte Wort zu ſprechen!“ Vielleicht liebte er ſie doch nicht ſo, um ſie als Gattin zu begehren,— vielleicht mißfiel es ihm doch im geheimen. daß ſie ſich der Kunſt zugewandt hatte und eine Sängerin werden wollte.. Sie liebte ihre Kunſt; ſie hatte ſie auch um deswillen geliebt, um eines Tage vor ihn hin⸗ treten und ihm alsdann zeigen zu können: „Sieh, das kann ich! Ich bin eine Künſtlerin, wenn ich es will!“ Sie hatte ihm dadurch wert⸗ voller zu werden gehofft, aber daß ſie damit in ſeinen Augen eine neue Schranke aufrichten könnte, daran hatte ſie nicht im entfernteſten gedacht. Sie würde auch keinen Augenblick ge⸗ zögert haben. ihre Kariere um ſeinetw'illen auf⸗ zugeben. Wenn er geſagt hätte:„Ich liehe dich, ſei mein!“ ſo mürden alle anderen Hoff⸗ nungen und Zieſe für ſie verſchwinden, ſo würde ſie in ſeinem Beſitz ihr einziges, ihr höchſtes Glück finden! Sie bereute faßt. ihm allzudeutlich ihre Freude über das Wiederſehen gezeigt zu ha⸗ ben. Vielleicht war ſie nicht cbal nug geweſen, viellei tte ſie lad en In der heutigen Ausführungen die Halb beglückt, halb in ſchwermütigen Ge— zufrieden ſei ſtrittene neue amerikaniſche Einwanderungsgeſetz, nachdem es die Unterſchrift des Präsidenten Coo, lidge ſchließlich erhalten hat, in Kraft getreten. Der Zweck dieſes Geſetzes iſt, die Einwande⸗ Kung in die Vereinigten Staaten von Amerika zu beſchränken. Während auf Grund des bis⸗ erigen Geſetzes die Jahresquote ungefähr 360 000 Emwanderer betrug, ſetzt das neue Geſetz die Quote für das am 1. Juli beginnende Rech nungsjahr auf etwa 165 000 Einwanderer herab Die Baſis für die alte Quotenberechnung wal der Zenſur von 1910 und es durften 3 Prozen dieſes Zenſus einwandern. Für die neue Quote iſt als Grundlage die Volkszählung von 1890 ge⸗ wählt und der Prozentſatz auf 2 Prozent herab⸗ geſetzt worden. Es dürfen demnach ab 1. Jul] nur noch 2 Prozent der im Jahre 1890 in den Vereinigten Staaten angeſiedelten Nationalitäten zugelaſſen werden. Dies bedeutet eine einſchneidende Herabſetzung der Quoten aller ſüd⸗ und oſteuropäiſchen Natio⸗ nalitäten, da erſt nach 1890 der große Auswande⸗ rungsſtrom aus dieſen Ländern eingeſetzt hat. „Wie ſtark hierdurch die Einwanderung aus Oſt⸗ und Südeuropa betroffen wird, tehende Aufſtellung: Alte Quote 42 057 24 405 6426 7419 14 357 5 747 30 977 Neue Quote 3 889 1792 735 631 1873 488 8872 302² Italien Rußland Jugoſlawien Rumänien Tſchechoſlowakei Ungarn Polen Litauen 2629 Oeſterreich 7342 990 Die nordeuropäiſchen Länder, die vor dem Jahre 1890 das größte Kontingent der Auswan⸗ derer nach der nordamerikaniſchen Union geſtellt haben, ſind nicht ſo hoch betroffen. Die Quote für Deutſchland beträgt noch immer etwas über 50 000 Einwanderer gegen 67000 unter dem al⸗ ten Geſetz). Ebenſo iſt die Quote für Großbri⸗ tannien mit 62000 gegen 77 000 noch immer be⸗ trächtlich. Aus den einzelnen Beſtimmungen des Ge⸗ ſetzes, ſoweit ſie bisher hier bekannt geworden ſind, dürfte unſere Leſer hauptſächlich intereſſie⸗ ren, in welche Gruppen das neue Geſetz die Ein⸗ wanderer einteilt und wie man das neue Immi⸗ grations⸗Viſum beantragt. Wir veröffentlichen deshalb nachſtehend einiges über die diesbezüg⸗ lichen Beſtimmungen und heben ganz beſonders noch hervor, daß in jedem Kalendermonat nicht mehr Immigrations⸗Viſen an AQuota⸗Einwan⸗ derer verausgabt werden dürfen als 10 Prozent der für das betreffende Land feſtgeſetzten Jahres⸗ quote. N Das neue Geſetz unterſcheidet künftig drei Ka⸗ tegorien von Paſſagieren: A. Gänzlich befreite Paſſagiere (Non Immigrants). a) Regierungsbeamte, deren Familien, Be, dienung, Dienerſchaft und Angeſtellte, b) Nicht⸗ Amerikaner, die ſich als Touriſten, Vergnügungs⸗ reiſende oder Geſchäftsreiſende für vorübergehen⸗ den Aufenthalt ausreichend ausweiſen können, c) Nicht⸗Amerikaner, welche die Vereinigten Staa ten nur auf der Durchreiſe paſſieren. Als„Non Immigrants“ bezeichnete Paſſagiere brauchen kein Immigrations⸗Viſum zu beantragen, ſon⸗ dern benötigen nur das auch bisher übliche ame rikaniſche Konſulats⸗Viſum auf ihren Reiſepaß B. Nicht QAuota⸗Ein wanderer ſie am Ende gar für leichtfertig. Wer weiß, ob er morgen wiederkommen würde? Und Thea, die ſich immer mehr in eine unglückliche Stim⸗ mung hineingrübelte, beſchloß, ihrer Wirtin, Frau Asping, vorläufig nichts von dem Be⸗ ſuch zu erzählen, nicht eher, als bis Hochfeld ſeine formelle Viſite abſtattete. Unzufrieden und traurig begab Thea ſich zur Ruhe, noch bevor Frau Asping aus der Sitzung ihres wohltätigen Vereins zurück⸗ gekehrt war.— Am nächſten Morgen ſaß Hochfeld wie gewöhnlich in ſeinem Ordinationszimmer und fertigte ſeine Patienten ab. 1 Er hatte noch gar keine Zeit gefunden, um über das geſtrige Ergebnis nachzudenken; nur unwillkürlich war ihm eingefallen, daß er durch das Wiederſehen mit Thea ſeinen ver⸗ ſprochenen Beſuch bei Hela Cordier verſäumt hatte. Er nahm ſich vor, dieſen heute nachzu⸗ holen, und ſtand gerade in der Tür zu ſeinem Wartezimmer, um den nächſten Patienten her⸗ einzubitten, als plötzlich ſehr aufgeregt Bern⸗ hard Rank ins Wartezimmer ſtürzte. „»Ich habe Ihnen etwas ſehr Wichtiges mitzuteilen!“ flüſterte er halblaut und Hoch⸗ feld ſchob ihn in ſein Zimmer und ſchloß die die Tür. Rank wiſchte den Schweiß von ſeiner Stirn. „Es geht doch nicht alles ſo glatt, wie man es vorher berechnet,“ ſagte er gewiſſermaßen als Vorbereitung, denn man merkte ihm an, daß er mit einer bedeutſamen Nachricht kam. „Nun, kurz heraus:— was iſt geſchehen?“ drängte Hochfeld.. Und mit einem Blick, der die Wirkung eines jeden Wortes, das er ſprach, aufs ſchärfſte zu beobachten ſchien, anlwortete Rank: Hela Cordier iſt heute morgen in ihrer Wohnung ermordet aufgefunden worden!“ Worten 15 4 beabſichtigt, ſo konnte er In dieſen Tagen iſt das ſelt Wochen heiß um. ergibt die nach⸗ 5 der unter 18 Jahren und Ehefrau. Die amerikaniſchen Verwandten mi ſe ö dieſen Fällen drüben eine Petition bei dem Co⸗ miſſioner General einreichen. b) Nicht⸗Amerika⸗ ner, die in Amerika anſäſſig ſind, und die von einem vorübergehenden Beſuch in Europa zurück kehren. c) Nicht⸗Amerikaner, gendeines keligiöſen Bekenntniſſes ſind, oder Profeſſoren, einer Hochſchule, Akademie, eines Seminars oder einer Univerſttät ſind, vorausge⸗ ſetzt, daß ſie dieſen Beruf für mindeſtens zwei Jahre unmittelbar vor Antragſtellung ausgeübt haben und ferner vorausgeſetzt, daß ſie nach den Vereinigten Staaten gehen. um den gleichen Be ruf fortzuſetzen. Die Frauen und unverheirate ten Kinder unter 18 Jahren können den Gatter bezw. Vater begleiten oder nachfolgen. d) Bon⸗ fide Studenten, nicht unter 15 Jahren, die zr einer öffentlichen zugelaſſenen Schule, einem Se, minar oder einer Univerſität zum Studieren gehen, und deren Zulaſſung von der amerikant ſchen Regierung gebilligt iſt. e) Frauen und unverheiratete Kinder unter 18 Jahren der in e] genannten Perſonen, ſofern ſie in deren Beglei⸗ tung reiſen oder ihnen nachfolgen. C. Quota⸗ Einwanderer. ( Quota Immigrants). Hierzu rechnet das neue Geſetz alle Nicht⸗Ame⸗ rikaner, die nicht zu den oben aufgeführten bei⸗ den Kategorien gehören. Sowohl die Quote⸗Einwanderer als auch die Nicht⸗Quote⸗Einwanderer haben die gleichen Be⸗ dingungen und Formalitäten zu erfüllen und bei dem für ihren Bezirk zuſtändigen amerikaniſchen Konſulat ein ſogenanntes„Immigrations⸗Viſa“ zu beantragen. Das gewöhnliche Paßviſum kommt hierdurch in Fortfall. Auch jene Paſſagiere, die bereits im Beſitz eines amerikaniſchen Viſums ſind, müſſen das neue Immigrationsviſa bean⸗ tragen, da das bisherige amerikaniſche Viſum durch das Inkrafttreten des neuen Geſetzes hin⸗ fällig geworden iſt. Das Immigrations⸗Viſa iſt beim zuſtändigen amerikaniſchen Konſulat auf beſonderen, nur beim Konſulat erhöltlichen Antrags⸗Formularen zu beantragen. Dieſes Formular wird 1 Dollar koſten und beſteht aus Original und Duplikat. Nach dem Wortlaut des Geſetzes ſollen die nach⸗ ſtehenden Dokumente bei der Antragſtellung mit · gebracht erden: 1. Ein vorſchriftsmäßiger Reiſe⸗ paß 2. Zwei! Exemplare des„Doſſier“, ſowie Führungszeugnis und Militärvapiere. 3. Zwe Exemplare der Geburtsurkunde. 4. Zwei Aus⸗ züge aus irgendwelchen anderen öffentlichen Re⸗ giſtern, ſofern ſolche von der betreffenden Lan; desregierng geführt werden. 5. Zwei Photogra⸗— phien. 6. Zwei ärztliche Zeugniſſe über den Geſundheitszuſtand.. Die Nationalität wird durch das Geburtsland beſtimmt. Zum Beiſpiel ein in Deutſchland ge⸗ barener Paſſagier zühlt unter die deutſche Quote, „einerlei, ob er deutſcher Staatsangeköriger iſt oder nicht. Ein in Polen geborener Paſſagier rechnet auf die volniſche Quote, auch wenn er deutſcher Staatsbürger iſt. Von den Quota-⸗Einwanderern werden be⸗ ſtimmte Kategorien bei der Viſumserteilung be⸗ vorzugt und zwar: a) die nachſtehend genannten Angehörigen von Bürgern in den Vereinigten Staaten von Amerika über 21 Jahren: 1. Unver⸗ heiratete Kinder unter 21 Jahren, 2. Vater oder Mutter, 3. Ehemann. 4. Ehefrau. b) Gelernte Landwirte loder Landarbeiter) und deren Ebe⸗ frau und Kinder unter 16 Jabren. ſoſern ſie zu⸗ die Geiſtliche ir Schiffahrtsagentur. in der Tat geeignet, ihn aufs höchſte zu über; raſchen und zu erſchüttern. „Helga Cordier ermordet?“ „Aber das iſt ja nicht möglich!“ Der Detektiv nickte indes ſehr beſtimm) und ſprach weiter: „Ich komme ſoeben aus ihrer Wohnung Ich habe ſie ſelbſt tot in ihrem Blute liegen ge. ſehen. Sie iſt mit einem Dolchmeſſer erſtochen worden. Das Meſſer lag neben ihr. Es ſtellt! ſich heraus, daß dasſelbe ſchon früher in ihren Beſitz geweſen iſt.“ Hochfeld fuhr ſich mit der Hand über di Stirn; er mußte ſich faſſen, ſich ſammeln, un das Gehörte zu verſtehen, zu begreifen. Eilig fuhr der Detektiv fort: „Wie Sie wiſſen, hatte ich ganz beſon deres Intreſſe daran, genau von den Vorgän gen unterrichtet zu ſein, die ſich in der Woh nung der Dame abſpielten. Ich ſuche alſo vo einer Stunde ganz harmlos das Haus auf un! finde dieſes, ſowie die nächſte Umgebung ir der allergrößten Aufregung. Schutzleute halter den Eingang beſetzt und laſſen niemanden hinein und heraus. Ich treffe zufällig einer bekannten Kriminalbeamten, der ſoeben au dem Hauſe kommt, und erfahre von ihm da⸗ gräßliche Ereignis. Die Zimmervermieterin Frau Krauſe, hatte vor wenigen Minuten der Mord auf der Polizeiwache gemeldet. Ich ſagte dem Kriminalbeamten, daß ich vielleich in der Lage ſei, etwas zur Aufklärung des Mordes beizutragen und ſo ließ er mich hin ein. Es war ein ſchrecklicher Anblick. Die Leich. lag noch ſo, wie die Vermieterin ſie aufgefun, den hatte: Auf der Erde— neben einen Ruhebette, von dem ſie hinuntergeglitten wa — in einer ſchwarzen Blutlache— das Geſich krampfhaft verzerrt, die Hände in den Teppich gekrallt.“. 1 19 4 ſtammelte er „Und der Mörder?“ ſtieß Hochfeld hervor g Hatte der Detektiv einen Effelt mit ſeinen 7 e e 10 e e e e „ . 10 5 jetzt noch nicht.“ nur dafür, da Jahres dei der Wiſums K müſſen die bevorzugten Perſonen durch ihr! Verwandten in den Vereinigten Stagten ein Petition bei dem Commiſſioner General einrei⸗ chen laſſen. Die Gültigkeitsdauer des Immigrations⸗Vi, ſum wird auf vier Monate beſchränkt. Inner⸗ halb dieſer Friſt muß die Einſchiffung erfolgen. Wer ſich noch weiter über das neue Geſetz un⸗ terrichten will, wendet ſich am beſten an eine Aus Nah und Fern. Weſthofen, 23. Juni. Unſere diesjährig⸗ Fronleichnamsprozeſſion wurde durch ein gleich geitig veranſtaltetes Wettrennen von Radfahrern in der gröblichſten Weiſe beläſtigt und geſtört Der Weg der Renner führte dazu zweimal dur“ Weſthofen. Bemerkenswert iſt, daß die Bürge „neiſterei amtlich von den Rennen nichts wußte da keine Meldung gemacht war. Ein Wunde geradezu iſt, daß kein Unglüch bei den Prozeſ⸗ ſionsteilnehmern, den Zuſchauern und Rennern geſchehen iſt. Die Aufregung der Leute war be. greiflich und die Erbitterung groß. Die Renne! ſuchten kreuz und quer ihren Weg durch dit Leute, z. T. in ſchnellſtem Fahrtempo. Daß ſich die Katholiken dazu auch noch Beſchimpfungen Flüche und Verwünſchungen von Seiten dieſen Herren gefallen laſſen mußten, geht doch zu weit Unſere Behörden, die für ſolche Dinge zuſtändig ſind, ſollten doch in der Lage ſein, ſchärfer vorzu⸗ gehen, um ſolche Skandale zu verhüten und Wettrennen für die beiden Prozeſſionstage: Fron. leichnam und Sonntag danach einfach verbieten Rheindürkheim, 25. Juni. Geländet wurde die Leiche des Taglöhners Johann Jakob Schä⸗ fer aus Worms, der in ſelbſtmörderiſcher Abſicht am 9. Juni in den Rhein geſprungen und er⸗ trunken iſt. Die Mutter des Ertrunkenen hat die Leiche bereits anerkannt.— Einbrecher drangen in der Nacht in die Waſchküche des Fabrikanten Jean Dürtes ein und ſtahlen ein deſſen Sohn gehöriges Fahrrad. Der oder die Täter konnten dis jetzt nicht ermittelt werden. Gimbsheim, 25. Juni. Gartendiebe machen ſich zur Zeit unangenehm bemerkbar und fügen den Beſitzern empfindlichen Schaben zu.— Die Spargelernte iſt jetzt beendet. Der Ertrag war im Durchſchnitt ein guter Mittelertrag. Bezahlt wurden 50 bis 60 Pfg. für das Pfund. Guntersblum, 25. Juni. In einem Anfall von Schwermut hat ſich der ſchon in vorgerücktem Alter ſtehende Heinrich Bitſch in ſeiner Wohnung erhängt. Oppenheim, 25. Juni. Im Rhein ertrunken ſſt beim Baden der jugendliche Ludwig Gräf ius Dienheim. Er wurde im Waſſer von einem Schlaganfall betroffen. Seine Leiche wurde ſofort zeländet. Oberroden, 24. Juni. Von der Maſchine eines Urbeiterzuges erfaßt und totgefahren wurde am Montag der 44 Jahre alte Eiſenbahnarbeiter J Rebel von hier. Er ging bei dem ſchweren Ge⸗ witter vom Grasmähen nach Hauſe und über⸗ hörte dabei das Herannahen der Maſchine. Ladenburg, 24. Juni. Geſtern beging ein 14 fähriger Unterſekundaner aus Furcht vor einer geringfügigen Schulſtrafe Selbſtmord, indem er ſich einen Schuß ins Herz beibrachte. Letmathe(Weſtf.), 24. Juni. Noch trauert die Stadt um die ſchweren Verluſte, die ſie durch das Iſerlohner Straßenbahnunglück erlitten hat, us ſchon wieder durch die Rüchſichtsloſtakeit eine⸗ n 4 Reichs⸗Poſt⸗ Jährige Frau unter die Räder 4 1 4 1 gum Markt mitgeſchleift wurde. Sie wurde in Maxrienhoſpital geſchafft, wo ſie ſchwer verletzt darnieder liegt. Die erregte Menſchenmenge mußte vor Gewalttätigkeiten an dem Chauffeur durch die Polizei zurückgehalten werden. Luftpoſtverkehr nach Ruſtland, Lettland und Estland. Vom 10. Juni an befördert die Lu“ It Königsberg⸗Moskau alle Arten gewöhnlich ind eingeſchriebener Briefſendungen nach Rur and, Sibirien, China und Perſien(bisher nur diefe und Poſttarten). Flugzuſchlag neben den böpnlichen Aus ländsgebühren für Postkarten . für je 20 Gr. andere Be en 30 Pfg. Zeitgewinn gegenüber gswöhrlicher Be⸗ förderung 42 Stunden. Nach Eſtland ſind fort⸗ an ebenſo wie nach Lettland auch Luftpoſtpakete dringende und nicht dringende, und Luftpoſtzei! tungen gelaſſen. Beförderung auf der Luft boſtlinie Königsberg(Pr.)⸗Memel⸗Riga⸗Reval⸗ Helſingfors. Die Pakete erreichen mit der Luſt⸗ poſt ihr Ziel einige Tage früher als auf ge⸗ wöhnlichem Wege. Wegen der Zuſchlagsgebüh⸗ ren Auskunft bei den Poſtanſtalten. Die Gebühr für dringende Luftpoſtpakete nach Lettland ift herabgeſetzt. 5 f 5 —— 5 3 8 12. und 13. Verbandstag der Poſtbeamtinnen in Königsberg Pr Die Tagung des Verbandes der deutſchen Reichspoſt⸗ und Telegraphenbeamtinnen vereint vom 19. bis 21. Juni 122 Vertreterinnen au; dem ganzen Reich in der Königsberger Stadt halle.— Der Geſchäftsbericht des Verbandes gal einen Ueberblick über die unter außerordentlich ſchwierigen Verhältniſſen durchgeführte Tätigkei⸗ des Verbandes im letzten Geſchäftsjahr. Die außenpolitiſchen Verhältniſſe hatten einen allge⸗ meinen Rückſchlag auf die innenpolitiſchen zur Wolge. Dieſer wirkte ſich in ganz beſonders ver gängnisvoller Weiſe in den dienſtlichen u— Perſonalverhältniſſen der weiblichen Beamten⸗ ſchaft aus. Sie wurde in ſtärkſtem Maße vom Perſonalabbau betroffen(beſonders durch die Entlaſſung aller verheirateten Beamtinnen, au der unkündbar angeſtellten). Scharfe Kämpfe des Verbandes um Fragen des Dienſtleiſtungs⸗ maßes, des Erholungsurlaubs, der Beſoldun“ der Kranken⸗ und Hinterbliebenenfürſorge und des Beamtenrechts kennzeichneten das letzte A. veitsjahr, dem die Inflationszeit noch ein dunk⸗ leres Gepräge gab. Trotz dieſer Schwierigkeiten zeigt der Geſchäftsbericht die unermübliche Ar⸗ beitsfreudigkeit der Organiſation, deren Tätigkeit die Beamtinnenſchaft vor noch ſchwereren Er⸗ ſchütterungen bewahrte.— Die Swierigkeiten der allgemeinen Wirtſchaftslage im vergangenen Jahre ſpiegeln ſich auch in dem Kaſſenbericht des Verbandes wieder.— Ein erfreuliches Zei⸗ chen für die innere Feſtigkeit der Organiſation der deutſchen Reichs⸗Poſt⸗ und Telegraphenbe⸗ amtinnen iſt der im vergangenen Jahre erheb- lich geſtiegene Prozentſatz ſeiner Mitglieder zu der Zahl der in der Poſtverwaltung beſchäftigten Beamtinnen noch 258 nicht organiſiert waren, ſind es jetzt nur noch 168. Der Abbau hat na⸗ natürlich die abſolute Mitgliederzahl des Ver⸗ bandes ebenfalls in Mitleidenſchaft gezogen. Sie iſt von 47 231 Mitgliedern am 1. April 1923 auf 41534 am 1. April 1924 geſunken.— Die erſte Verbandsvorſitzende, Frl. Elſe Kolshorn, Ber- lin, gab einen ausführlichen Bericht über die Vorgeſchichte und das Zuſtandekommen des Reichspoſt⸗Finanzgeſetes, durch welches de; tung in das a.„Deutſche Reichspoſt⸗ 0 andelt worden it. 1 Lehte Meldungen. Die Erklärung Muſſolinis im Senat. Rom, 25. Juni. Muſſolini erklärte geſtern im Senat, daß er rückſichtslos den Weg der Ge⸗ rechtigkeit gehen werde. Dann gab er ein Bild von der augenblicklichen Lage, wobei er von der moraliſchen und politiſchen Kriſe ausging. Ge⸗ genüber den Forderungen der Oppoſition müſſe die Regierung auf ihrem Poſten bleiben, ſie müſſe ſich aber ſelbſt umgeſtalten. Die faſziſtiſche Mi⸗ liz dürfe nicht aufgehoben werden, ſie müſſen nach ihrer Einfügung in die Verfaſſung zur mi⸗ ſeinen 8 Sektionen in Italien und mit ſeinen waltigen Verwaltungskräften gegenüber. Der ſzismus ginge zwar erſchüttert, aber verjüngt zus der Kriſe hervor.— Muſſolini ſchloß ſeine Ausführungen mit einem Appell zur Einigkeit, womit er großen Beifall im Hauſe und auf de überfüllten Tribünen erntete. Indirekte Beteiligung Amerikas an der Juli⸗Konferenz. London, 35. Juni. In Londoner politi⸗ ſchen Kreiſen betrachtet man die Newyorker Mel⸗ dung des Staatsſekretärs Mellon, Amerika werde an der Julikonferenz nicht vertreten ſein, als eine Ankündigung dafür, daß Amerika nicht die Abſicht labe, eine offizielle Delegation zu entſenden. Mellon habe ſchon früher jede Berührung Ame⸗ tikas mit Europa nachdrücklichſt bekämpft. In unterrichteten Kreiſen wird im Gegenteil darauf hingewieſen, daß man auf Seiten der Alliierten die Konferenz gerade deswegen auf Mitte Juli anſetzte, weil Amerika dann ohne ſeinem grund⸗ ſätzlichen Standpunkt Zwang anzutun, in der Lage ſei, in einer wirkſamen Form indirekt teil⸗ zunehmen, zumal ſich Mitte Juli der amerikani⸗ ſche Staats ſekretär Hughes in London aufhalten wird. Man nimmt an, daß Amerika irgendeine Perſönlichkeit, entweder einen Sachverſtändigen oder den Londoner Botſchafter beauftragen wer⸗ de, auf der Konferenz als Beobachter zu fungie⸗ ten. Falls im Laufe der Verhandlungen wich⸗ tige Fragen auftauchen ſollten, könnte dann Macdonald oder der amerikaniſche Beobachter ederzeit mit dem Staatsſekretär Hughes, dem Leiter der amerikaniſchen Außenpolitik, perſönlich Fühlung nehmen. Held bayrischer Miniſter- präſident. München, 24. Juni. Die Fraktion der Bayeriſchen Volkspartei hat heute beſchloſſen, ihren Vorſitzenden, Geheimrat Dr. Held, für den Poſten des Miniſterpräſidenten in Vor⸗ ſchlag zu bringen und ihm die Neubildung ö der bayeriſchen Regierung zu übertragen. ö Später trifft die Meldung ein, daß Held bat ihm übertragene Amt angenommen at. .* Der künftige bayeriſche Miniſterpräſident, Geheimrat Heinrich Held, iſt am 6. Juli 1868 zu Erbach, Kreis Limburg a, L., geboren, alſo ein Heſſen⸗Naſſauer. Nach dem Abſolutorium des Straßburger Gymnaſiums ſtudierte er in Straßburg und Marbura Rechts- und Staats⸗ eee e æeõᷓ KK,.—?? eee eee mer nichts verändert wurde, bis die Gerichts⸗ kommiſſion eintraf. Das dauerte ungefähr eine Stunde. Dann waren der Staatsanwalt, der Unterſuchungsrichter und der Gerichtsarzt zur Stelle. Natürlich mußten jetzt alle anderen Perſonen das Zimmer verlaſſen, bis der Tat⸗ beſtand in ordnungsmäßiger Weiſe aufgenom⸗ men worden war. Ich benutzte dieſe Zeit, um zu Ihnen zu eilen und Sie von dem Geſche⸗ henen in Kenntnis zu ſetzen.“ 5„Es iſt fürchterlich,“ ſagte Hochfeld.„Und hat man denn noch gar keinen Verdacht bezüg⸗ lich der Täterſchaft ausgeſprochen?“ a„So viel ich hören konnte, nein!— Frau Krauſe, die Wirtin des ermordeten Mädchens, will abends in deſſen Zimmer einen heftigen treit gehört haben; ſie hat aber niemand ehen und kommen geſehen und ſich auch nicht iter darum gekümmert.“ „und Sie ſelbſt,— Sie haben auch keine ermutung?“ fragte Hochfeld. 2% Rank zuckte die Achſeln. 5„Ich meine,“ fuhr Hochfeld dringend ſort, „ob Sie glauben, daß dieſer entſetzliche Mord mit der Erbſchaftsangelegenheit in irgend einem Zuſammenhang ſteht?“ „Wohl möglich,“ ſagte Rank.„Auf jeden iſt es ſicher, daß die Erbſchaftsangelegen⸗ hei dabei erörtert wird, und darum, glaube ich, iſt es das Beſte, wenn ich mich ſofort dem Unterſuchungsrichter melde und dieſen genau über die Angelegenheit informiere. Vielleicht iefere ich ihm dabei das nötige Material, die erfolgung des Mörders nach einer beſtimm⸗ en Richtung hin aufzunehmen. Jedenfalls iſt es beſſer, die Unterſuchungsbehörde erfährt ie Erbſchaftsangelegenheit von unſerer Seite, ehe ſie infolge einiger Recherchen davon unter⸗ ſchtet wird.“ 75 „Zweifellos!“ erwiderte Hochfeld.„Welche etzlichen Anſtrengungen ſtehen uns da wie⸗ ufs neue bevor!— Halten Sie es für er⸗ 1 905 ich Sie zum Unterſuchungsrich⸗ eite b Hochfeld in ungeheurer, begreiflicher Aufre⸗ gung zurück. Er war kaum imſtande, ſeine Patienten anzuhören, und mußte ſich mit aller Gewalt zuſammennehmen, um ſeine Verordnungen richtig zu treffen. Endlich hatte der letzte der⸗ ſelben ſein Zimmer verlaſſen und Hochfeld war allein. Mit erregten Schritten ging er auf und nieder. Er erwartete den Detektiv zurück und wollte ſeine Wohnung nicht verlaſſen, um ihn nicht zu verfehlen. Dieſe Zeit des Wartens ſteigerte ſeine Ungeduld und ſeine Erregung aufs höchſte. Wie hatte das Entſetzlichſte nur geſchehen können? fragte er ſich immer wieder. Wer hatte ein ſolches Intereſſe an dem Tode des junges Mädchens, daß er deshalb zum Mörder wurde? Hing dieſer rätſelhafte Mord wirklich mit der Erbſchaft zuſammen, oder war der Mord unabhängig davon geſchehen? Schätze und Juwelen beſaß die Schauſpielerin doch nicht von ſo hohem Werte, daß ein Raub⸗ mord vorliegen könnte. Alſo blieb als Grund doch immer nur die Erbſchaftsfrage beſtehen! Und Hochfeld machte ſich ſchließlich Selbſtvor⸗ würfe. Vielleicht hätte er, wenn er ſeinen ge⸗ ſtern beabſichtigten Beſuch bei Hela ausgeführt hätte, den Mord verhindert, oder er wöre ge⸗ rade zu ihrer Rettung hinzugekommen! Wenn nur dieſe Zeit des Wartens und der Ungewiß⸗ heit vorüber wäre! Wenn nur Rank wieder⸗ käme! Ungeduldig wollte er ſich eben, um Ausſchau nach dem Erwarteten zu halten, zum 1 05 hinauslehnen, da ſchallte die Korridor⸗ ingel. „Endlich!“ ſagte Hochfeld erleichtert und eilte ſelbſt hinaus, um die Korridortür zu öſf⸗ nen. Im Rahmen derſelben traten ihm zwei Schutzleute in Mänteln und Helmen entgegen. 185 Doktor Hochfeld?“ fragte der eine. „„Zu dienen!“ erwiderte dieſer und der Schutzmann fuhr im Tone der Meldung 1 Vorläufig nicht, man wird 3 be⸗ Er zog ſich den Ueberzieher an, ſetzte ſei⸗ nen Hut auf und folgte den Schutzleuten die Treppe hinunter. ö „Iſt Ihnen der Privatdektiv Rank be⸗ kannt?“ fragte er währenddeſſen. Jawohl!“ ſagte der erſte Schutzmann, „er befindet ſich bereits im Verhör.“ Vor der Tür des Hauſes ſtand eine Droſchke, die die Schutzleute hergebracht hatte. Sie luden Hochfeld ein, dieſelbe gleich zur Fahrt nach dem Gerichtsgebäude zu benutzen. „Iſt denn der Unterſuchungsrichter nicht mehr in fragte Hochfeld. „Ich weiß nicht: er hat uns Befehl gege⸗ ben, den Herrn Doktor ſofort nach dem Ge⸗ richtsgebäude zu bringen.“ „Zu bringen?“ Hochfeld löchelte.„Das klingt ja eigentümlich! Nun. gleichviel, ich war ja darauf vorbereitet, in dieſer traurigen An⸗ gelegenheit mein Zeugnis abgeben zu müſſen.“ Er ſetzte ſich in die Droſchke, die beiden Schutzleute ſtiegen ihm nach und das Gefährt ſetzte ſich nach Moabit in Bewegung. In dem großen weitläufigen Gerichts⸗ gebäude angekommen, führte man Hochfeld über Treppen und Korridore in ein Wartezim⸗ mer, das mit feinen kahlen, grauen Wänden und den hohen, nach einem Geföngnishofe hinausgehenden Tenſtern einen düſteren und traurigen Eindruck machte. ö Hier blieb Hochfeld, immer in Geſellſchaft der beiden ſchweigenden Schutzleute, wohl über eine Stunde. Seine Lage kam ihm ſehr ſeltſam vor, und er empfand voll und ganz das Unbehagen aller friedlichen Menſchen, wen ſie zum erſtenmale eingehender mit der Polizei und den Gerichten zu tun haben. Wenn ſeine Vorladung ſo eilig geweſen war, warum ließ man ihn dann ſolange warten? Und an⸗ dererſeits, wenn ſeine Vernehmung nicht ſo vreſſierte, warum hatte man ihn dann ſo plötz⸗ lich unter Eskorte genau wie einen Gefange⸗ „Sie werden in dringender Angelegenheit ofort vor den Unte FSS an 101 ir en e Und wozu dieſe überflüſſige egleitung dieſer beiden Schutzleute? Hoch⸗ ee e n und Telegraphenverwa⸗ der Wohnung der Ermordeten?“ 9 0 wiſſenſchaften, ſowie Geſchichte, 1897 g zur Preſſe und wurde 1899 Chefredakteur des Regensburger Anzeigers“. 70 Mitbeſitzer des Blattes. Held gehört zem Landtag an; ſeit 1909 iſt er Mitglied des Landeseiſenbahnrates. Im Jahre 1914 wurde ir als Nachfolger Lerno's 1. Vorſitzender den Zentrumsfraktion im bayeriſchen Landtag, im litäriſchen Vorbereitung des Landes dienen. Den ſträſten der Oppoſition ſtehe der Faſzismus mit erfolgt am Nicht abgeholte Rentenbeträge werden am 3. Jult leichen Jahre Landtagskommiſſar bei dei taatsſchuldenverwaltung. Held hat ſic ſchriftſtelleriſch mit Fragen der Kultur⸗ Ji nanz⸗ und Beamtenpolitik beſchäftigt, ferner mit Verkehrs⸗, beſonders Kanalfragen. Se ſeitete er die Zritſchrift„Die freie Donau“. Als Nachfolger im Vorſitz der Landtags. fraktion der Bayeriſchen Volkspartei wird wahrſcheinlich der ſtärkſte politiſche Kopf den Fraktion, der Abg. Domkapitular und Hoch; ſchulprofeſſor Dr. Georg Wohlmut beru⸗ fen werden. 44510 Herriot in Brüſſel. Brüſſel, 25. Juni Die geſtrigen Be⸗ ſprechungen Herriots in Brüſſel fanden ſowohl am Vormittag als auch Nachmittags ſtatt. Zu den Beſprechungen am Nachmittag wurde auch der Direktor der politiſchen Ab⸗ teilung des Quai d'Orſay, Peretti della Rocca f hinzugezogen. Ferner waren zugegen der fran⸗ zöſiſche Botſchafter Herbette, die Kabinetts⸗ chefs der drei Miniſter und der Chef der bel⸗ giſchen Miſſion im Ruhrgebiet, was darauf ſchließen läßt, daß auch die Micumverträge behandelt wurden.— Nach Schluß der Be⸗ ſprechung wurde ein offizielles Kommunique ausgegeben, in dem es u. a. heißt, daß Herriot zunächſt die belgiſchen Miniſter über ſeine Un⸗ terredung mit Macdonald unterrichtei habe. Die Unterredung geſtatte die Hoffwing, auf eine enge Zuſammenarbeit Großbritan⸗ niens, Frankreichs, Italiens und Belgiens. Ferner ſeien die auf der bevorſtehenden Kon⸗ ferenz zu behandelnden Hauptpunkte beſpro⸗ chen worden. Der Meinungsaustauſch zwi⸗ ſchen den Regierungen werde fortgeſetzt wer ⸗ den, um auf der Konferenz beſtimmte Schluß⸗ folgerungen zu ermöglichen. Das Problem dei Sicherheiten ſei ebenfalls geprüft worden. Die Unterredung laſſe die Hoffnung zu, daß die interalliierte Konferenz in der Lage ſein werde, eine Löſung in der Reparationsfrage herbeizuführen.— In Gegenwart Herriots empfing der belgiſche Miniſterpräſident nach der Unterredung Preſſevertreter und erklärte ihnen, daß die Reiſe Herriots eine große Etappe auf dem Wege einer Löſung der Repa⸗ rationsfrage bedeute.— 8.45 Uhr reiſte Her⸗ riot vom Brüſſeler Südbahnhof ab. Theunis, Hymans und andere zahlreiche Perſönlichkei⸗ ten waren auf dem Bahnhof erſchienen. ** Der Empfang Herriots in Paris. Schwierigkeiten in Brüſſel. Parts, 25. Juni. Miniſterpräſiden Herriot iſt geſtern abend 10.40 Uhr auf dem Pariſer Südbahnhof eingetroffen. Es war ein großer Empfang vorgeſehen und eine zahlreiche Menſchenmenge war auf dem Bahn. hof verſammelt, desgleichen ſämtliche Miniſten und die politiſchen Freunde Herriots. Der Journaliſten erklärte Herriot, daß er von ſei nem Brüſſeler Aufenthalt ſehr befriedigt ſei Herriot wies ferner darauf hin, daß er es der Belgiern überlaſſen habe, den Text des Kom⸗ muniques feſtzufetzen. In Pariſer politiſchen Kreiſen hat dieſe Erklärung überraſcht. zumal auch kein vollſtändig franzöſiſches Kommu- nique ausgegeben wurde, und lediglich Mini⸗ 9 0 Theunis bei dem Preſſeempfang Brüſſel das Wort ergriff. Der Eindruck eht dahin, daß zwiſchen Belgien einerſeits u. Frankreich und England andererſeits manches unklar blieb und weitere Beratungen nötig ſein werden. Nach einer Brüſſeler Meldung geht dort das Gerücht, Macdonald habe in einem Telegramm Einſpruch gegen die Ver⸗ en des Proteſtes von Chequers er⸗ oben. 2 Lokale Nachrichten. * Auszahlung von Militär⸗Verſor⸗ gungsgebührniſſen und Verſicherungs⸗ renten beim hieſigen Poſtamt. Die Aus⸗ zahlung der Militärrenten für den Monat Juli 28. ds. Mts. in üblicher Weiſe. dem Verſorgungsamt zurücküberwieſen.— Die Auszahlung der Verſicherungstenten(J. A. K. W. O und Unfall) erfolgt am Dienstag den 1. Juli. jedesmal am Anfang des Kalendervierteljahres Alle Quittungen ſind von jetzt ab — 1. Januar, 1. April, 1. Jult und 1. Oktober — mit der amtlichen Beglaubigung der Unter⸗ ſchrift, der Lebens-, oder Witwenſchaftsbeſcheini⸗ gung zu verſehen. Die Beglaubigung darf ſofort vorgenommen werden. *Nadſport. Am kommenden Sonntag hält der Radfabrer⸗Vereln Eintracht am Ochſenbrun⸗ nen eln Waldfeſt ab. Mit dem Feſte ſelbſt iſt ein Werbetag der deutſchen Radfahrer Unkton ver⸗ bunden, bei dem ein Korſofahren unter Beteill⸗ gung auswärtiger Vereine ſtatifindet. Durch die Union ſuborntioniert ſoll der Tag ein Bekennt⸗ nis zum alten deutſchen Radſpert werden, um alle Anhänger des vernunftmäßigen Radſports wieder zuſammenzuführen. Ein ſolldes Unter⸗ haltungsprogramm in Geſang uſw. hat ſich der Verein zu eigen gemacht und alle, bel denen noch die früheren Waldſeſte der Radfahrer in voller Erinnerung ſind, werden ſich keiner Täuſchung hingeben, wenn ſie am kommenden Sonntag ihre A wieder nach dem Walde zum Ochſenbrun⸗ nen len g a 6 7