Hiernheimer Zeitung— Viernheimer Nachrichten) . 2 8 2 . . 3 . 7 . 1 2 2 . . . 5 e . 2 . —5 .. 22 ,, , — 2 5 2 ,? ͥ, ́, * * —— Vjernheimer Tageblatt Erſcheinttäglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1.50 Mark frei ins Haus gebracht.—Gratisbeilagen: wöchentl. Samstags das achtſeitige illuſtrierte Sonntagsblatt„Sterne dab Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wandkalender.— Annahme von Abonnements täglich nz 4 1 (Biernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) ger Anzeigenpreise: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., f die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtuſter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vormittags 8 Uhr, größere Artikel einen Taß vorher.— Inſerate müſſen bei Aufgabe bezahlt werden, mit Ausnahme derjenigen, die in lfd. Rechnung ſtehen. Erſte und älteſte Zeitung am Platze.— Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamts Viernheim unſprecher 117.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M. ö 2 255 [Montag, den 2. November 1925 0 N eee Schriftleitung, Druck und Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle: Rathausſtr. 86 — F p p f j—— 4. Jahrgang Streſemann über den fernen Oſten. Berlin, 31. Oktober. Auf einem Feſteſſen des„Verbandes für den fernen Oſten“ im Ho⸗ tel Eſplanade machte der Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann u. a. folgende Ausfüh⸗ rungen: Wir haben im fernen Machtpolitik zu treiben. Unſere Ziele im Oſten ſind im weſentlichen: Aufbau unſeres Handels und Pflege der gegenſeitigen geiſti⸗ gen Beziehungen. Der große Kampf um das Erwachen Chinas zu nationaler Einheit und Selbſtändigkeit hat begonnen. Wir verfolgen dieſe Beſtrebungen Chinas mit all unſerer Sym pathie. Chinas innere Politik iſt augen⸗ blicklich großen Kriſen unterworfen. Man hat die Befürchtung ausgeſprochen, daß das Werk der Zollkonferenz dadurch geſtört werden könnte. Das wäre für das große chineſiſche Land ein Unſegen und ein Hemmmis in ſeiner Weiterentwicklung. Mit Japan beſtehen ebenſo alte kul— turelle Bande wie ein weitgehender Austauſch von Gütern. Wir wünſchen die weitere Pflege dieſer Beziehungen. Auf wirtſchaftlichem Ge— biet iſt das ernſte Bemühen beider Länder, den Handelsvertrag zuſtaude zu bringen. Die Verhandlungen ſind von Berlin nach Tokio verlegt worden. Wir hoffen darauf, daß man eine gerechte Löſung für den deutſch-japani⸗ ſchen Handel findet, damit er in der Ueber⸗ windung der gegenwärtigen Depreſſion wie— der neue Impulſe erhält. Viele Schwierigkeiten waren zu überwin⸗ den, um mit Siam einen Vertrag zuſtande zu bringen, der beide Teile befriedigt. Wir haben aber immerhin vorankommen können und wir wollen weiter in demſelben Geiſte arbeiten. Unſer Geſandter in Siam hat große und wichtige Aufgaben zu löſen, was ihm nur in vertrauensvoller Zuſammenarbeit mit der ſiameſiſchen Regierung gelingen kann. Dem Verband für den fernen Oſten ſpreche ich meine herzlichſten Wünſche aus für eine weitere erfolgreiche Tätigkeit. Möge es ihm gelingen, für die Ausdehnung deutſcher Kultur und Handelsbeziehungen nach Ott⸗ aſien weiter erfolgreich zu wirken. Oſten keine Der Balkan⸗Kauflikt beigelegt. Ein Erfolg des Völlerbundes. 995 Paris, 31. Okt. In der letzten Sitzung des Kelkerbundsrates am Freitag Vormittag teilte Bria nd mit, daß der Rat einen vollſtändi⸗ gen Bericht der Militärattaſchees erhalten hat, worin feſtgeſtellt werde, daß am 28. Oktober um Mitternacht die Griechen das bulgariſche Gebiet vollſtändig geräumt hatten, und daß ſich kein Zwiſchenfall ereignet habe. Die früheren Grenzpoſten ſeien auf beiden Seiten wieder bezogen worden. Es ſeien Maßnahmen vorgeſehen, damit d' Flüchtlinge wieder in ihre Heimſtätten zur ehren könnten und daß bei dieſer Gelegenheit ſich keine Zwiſchenfüln ereignen. Die Militärattaſchees teilten dann ſchließlich mit, daß ſie bei der Feſtſetzung de⸗ Tatbeſtandes anweſend ſein und darüber wa⸗ chen werden, daß einwandfrei ermittelt werde, ob der griechiſche Soldat, der als erſter im Konflikt fiel, auf bulgariſchem oder griechi— ſchem Gebiet ums Leben kam. Briand ſtellte in einer Anſprache feſt, daß dieſe Angelegenheit friedlich beigelegt werden konnte, weil die beiden in rage kommenden Nationen einer gleichen großen Friedens⸗ familie angehören und weil ſie den feſten Willen gezeigt haben, ſich zu verſtändigen. Jetzt hänge die weitere Entwicklung von den Arbeiten der Unterſuchungskommiſſion ab. Er ſchloß mit einer Erklärung über die Rolle des Völkerbundes, in dem die großen und kleinen Nationen die gleichen Rechte beſitzen. Im vor⸗ liegenden Falle ſei der Völkerbund ſeiner Auf⸗ gabe völlig gerecht geworden. Ein Telegramm der griechiſchen Regie⸗ rung teilt mit, daß das bulgariſche Gebiet von den griechiſchen Truppen 8 Stunden vor der feſtgeſetzten Friſt geräumt worden ſei. Der bulgariſche Delegierte verlas eine Erklärung ſeiner Regierung, in der daran erinnert wird, daß Bulgarien ein völlig entwaffnetes Land ſei, das darum ein umſo größeres Anrecht auf Schutz ves Völkerbundes habe. haben ſich zu der Paraphierung weil, ſoweit der Inhalt der Vertrag“ ntwürfe in Betracht kam, ſen worden b r Erklärung der Reichsregierung Feſtſtellungen gegen die deutſchnationalen Einwände. Berlin, 30. Okt. In ſpöter Abendſtunde wurde heute amtlich folgende Erklärung verbreitet: Die in letzter Zeit von den Organen der Deutſchnationalen Volkspartei veröffentlichten Beſchlüſſe, insbeſondere die in der heutigen Morgenpreſſe erſchienene Erklärung des deutſchnationalen Parteivorſtandes über die Konferenz von Locarno enthalten über die bisherige Stellungnahme des Leeichskabinetts zu den Sicherheitsverhandlungen, über das Verhalten der beiden deutſchen Dele⸗ gierten ſowie über den Inhalt der in Locarno paraphierten Vertragsentwürfe ſelbſt eine Reihe von Angaben, die ſich mit den Tatſachen nicht decken. Die Reichs⸗ regierung hält es mit den deutſchen Intereſſan nicht vereinbar, in einem Augenb wo die internationalen Verhandlungen über einen weſentlichen Teil der in Locarno erör— terten Fragen noch in vollem Gange ſind, das geſamte in Betracht kommende Material der Oeffentlichkeit preiszugeben. Sie muß ſich des— halb einſtweilen darauf beſchränken, gegen— über den Auslaſſungen der Deutſchnationalen Volkspartei folgende Tatſachen eſtzuſtel⸗ len: Die Stellungnahme des Reichskabinetts zu der Sicherheitsfrage iſt zur Zeit durch einmütige Zuſtimmung zu der deutſchen Note vom 20. Juli 1925 feſtgelegt worden. Vor der Konferenz von Locarno ſind ſodann, und war ebenfalls einmütig, Richtlinien für die Verhandlungen aufgeſtellt worden, die auf dem Gedanken beruhten, daß als Grundlage ſär das geſamte weitere deutſche Vorgehen die Ausführungen jener Note zu gelten hätten. 2. Die deutſchen Delegierten ſind während der Verhandlungen in Locarno in keinem Punkte von den aulfgeſtellten Richtlinien, insbeſondere von den Grundlagen der Note vom 20. Juli abgewichen. Die Behauptung, daß die Paraphierung der Vertragsentwürfe in unerwarteter Ueberſtürzung erfolgt ſei und gegen getroffene Abmachungen verſtoßen habe, U ift unrichtig. Die deutſchen Delegierten entſchloſſen, nach ihrer übereinſtimmenden Anſicht die vom Reichskabinett aufgeſtellten Richtlinien erfüllt waren und weil ihnen in Anſehung der nicht in dieſen Entwürfen behandelten Fragen eine den deutſchen Lebensintereſſen gerecht mer⸗ dende Regelung in Uehereinſtimmung mit den Richtlinien des Kabinetts hinreichend ſichergeſtellt ſchien. 3. Am 22. Oktober 1925 hat das Reichs⸗ kabinett unter Vorſitz des Herrn Reichs prä⸗ ſidenten vor Beginn der Beratungen des Auswärtigen Ausſchuſſes des Reichstags ein⸗ ſtimmig folgenden Beſchluß gefaßt: „Das Reichskabinett hat den Bericht der deutſchen Delegation über die Mini⸗ ſterzuſammenkunft von Locarno entgegen— genommen und beſchloſſen, das auf der Grundlage der deutſchen Note vom 20. Juli 1925 in Locarno eingeleitete Ver⸗ tragswerk zu einem Abſchluß zu bringen, ber den Lebensnotwendigkeiten des deut⸗ ſchen Volkes gerecht wird. Die Reichs⸗ regierung geht dabei von der durch die feierlichen Erklärungen der Außenminiſter Englands, Frankreichs und Belgiens be⸗ gründeten feſten Erwartung aus, daß die logiſche Auswirkung des Werkes von Lo⸗ carno beſonders in der Rheinland⸗ frage ſich alsbald verwirkliche.“ Durch dieſen Beſchluß iſt entſprechend der Auf⸗ faſſung der deutſchen Delegierten anerkannt worden, daß das Vertragswerk von Locarno auf der Grundlage der Note vom 20. Juli ein⸗ geleitet worden iſt und daß die weiteren Ver⸗ en über den endgültigen Abſchluß 8 Vertragswerkes ſich nicht auf den Wort⸗ laut der als unabänderlich feſtgeſtellten Ver⸗ Zwiſchenfälle zwiſchen zwei Nationen geſchaf⸗ ſei. Chamberlain dankte der fran⸗ Regierung im Namen aller Rats⸗ 0 5 gute. 5 5 tragsentwürfe, ſondern auf die in dieſen Entwürfen nicht behandelten Fragen zu erſtrecken haben würde. Irgendwelche Tatſachen, die zu einer verän⸗ derten Stellungnahme hätten Anlaß geben können, ſind nach dem 22. Oktober nicht be— lannt geworden. 4. Die in den deutſchnationalen Auslaſſun— gen am Inhalt der Vertragsentwürfe ſelbſt geübte Kritik ſtimmt weder mit den erwähnten verſchiedenen Beſchlüſſen des Reichskabinetts überein, noch iſt ſie ſachlich gerechtfertigt. Zum Verſtändnis der Dinge und der Tragweite der Entwürfe bedarf es keiner ſchwierigen und künſtlichen Auslegung, ſondern nur eines vor- urteilsfreien Studiums des klaren Wortlautes. Ohne auf die ſchon im Auswärti— gen Ausſchuß des Reichstages und auch bei anderer Gelegenheit ausführlich erläuterten Einzelheiten des Vertragswerkes nochmals einzugehen, ſei an dieſer Stelle zu den Ein— wendungen der Deutſchnationalen Volkspartei nur folgendes bemerkt: Durch die Entwürfe von Locarno wird weder das Selbſtbe— ſtimmungsrecht der Völker beſchränkt, noch äuf andere Weiſe der friedlichen Entwicklung vorgegriffen. Im Vergleich mit der durch die Machtverhältniſſe bedingten gegenwärtigen Lage Deutſchlands würde das Inkrafttreten des Vertragswerks nicht eine Einſchränkung der deutſchen Handlungs— freiheit bedeuten, ſondern vielmehr der Anfang und die Grundlage für eine aktive Wiederbeteiligung Deutſchlands an der Politik ber europäiſchen Großmächte ſein. Den ſich aus der Völkerbundsſatzung für Deutſchland wegen ſeiner beſonderen Lage ergebenden Geſahren wird durch die verab— redete Erklärung zum Artikel 16 der Satzung die im übrigen genau den Forderungen der Note vom 20. Juli entſpricht, in prattiſch wirkſamer Weiſe vorgeveugt werden. Daß in Locarno die Gleichberechtigung und Gegenſei— tigleit auf dem Gebiete des Heerweſens nicht erreicht ſei, könnte nur behauptet werden, wenn man darunter die Beſeitigung der Ab— rüſtrungsbeſtimmungen des Verſailler Vertra— ges oder die Durchführung einer vollſtändigen Abrüſtung der anderen beteiligten Länder vor dem Abſchluß des Vertragswerkes verſtehen des Reichskabinetts niemals vertreten worden iſt und niemals vertreten werden konnte. Ge— genüber der Behauptung, daß durch die Va— rantie- und Schiede verträge für Deutſchland neue Feſſeln geſchaffen würden, iſt darauf hinzuweiſen, daß das Verbot von An⸗ griffskriegen und Invaſionen im Ver⸗ hältnis zwiſchen Deutſchland, Frankreich und Belgien, die Garantie dieſes Verbotes durch England und Italien und endlich die ſchieds⸗ richterliche Entſcheidung von Rechtsſtreitigkei⸗ ten, namentlich von Streitigkeiten über die Auslegung des Verſailler Vertrages und des Rheinlandabkommens durchaus im Intereſſe der Befreiung und Wiedererſtarkung Deutſch— lands liegen. 5. Die Kritik an den mangelnden Auswirkungen des Vertragswerkes auf die Frage der beſetzten Gebiete iſt zum mindeſten verſrüht, da die Verhandlungen hierüber noch im Fluſſe ſind. Die deutſchen Delegierten haben weder in Locarno noch ſpäter jemals einen Zweifel darüber gelaſſen, daß die paraphierten Vertragsentwürfe nur einen Teil des in Betracht kommenden Fra— genkomplexes regeln und daß ſie deutſcher⸗ ſeits nicht in Kraft geſetzt werden könnten, wenn nicht auch der andere Teil die Rückwirkungen auf die beſetz⸗ ten Gebiete eine den deutſchen Lebensnot⸗ wendigkeiten entſprechende Regelung erfährt. In dieſem Sinne werden die Verhandlungen mit den anderen beteiligten Regierungen auch zur Zeit weitergeführt. 6. Die Behandlung der Kriegsſchuld⸗ frage vor und auf der Konferenz von Lo⸗ carno ſteht in genaueſter Uebereinſtimmung für das Zuſtan mit den einmütig darüber gefaßten Beſchlüſſen des Reichskabinetts. 7 wies und 1 170 Frankreich und Italien ekommen des Paktes dankte. „Jom ſchloß ſich der ſpaniſche Delegierte riand die 36. Seſſion für geſchloſſen des Völkerbundsrates fü wollte, ein Standpunkt, der in den Beſchlüſſen, [Erden nicht„ſozial“ dachte? Allerheiligen und die Politik. Von P. Franziskus Stratmann O. P. Wer ſeine Religion wahrhaft liebt, nimmt ſie auch mit in die Politik. Dem Katholiken liegt das ſchon deshalb nahe, weil ſeine Kirche ſelbſt ein wahrer Gottesſtaat iſt, nicht von dieſer Welt, noch für dieſe, aber überall hineinragend in die irdi⸗ ſchen Staaten, ſo ſtark oft, daß man nicht weiß, wo die Grenzen des Gottesſtaates aufhören und die des weltlichen anfangen. Mag der Unterrich⸗ tete aber auch die beiden Rechtsſphären genau un⸗ terſcheiden können, die religiös⸗ſittliche Sphäre der Kirche jedoch ſchiebt ſich ganz und gar hinein in die ſtaatliche und politiſche, durch⸗ dringt und beherrſcht ſie— der Idee nach. Die letzte, innere Orientierung des Politikers hat ausnahmslos die Religion und die religiöſe Mo⸗ ral zu ſein. Wenn er Weihnachten, Oſtern, Pfing⸗ ſten, Fronleichnam, Allerheiligen in die Kirche geht, wenn er irgendein Sonntagsevangelium hört, wenn er betet, beichtet und kommuniziert, kann er nie ſeine politiſchen Beſtrebungen und Gedanken draußen laſſen, ſondexn muß ſie all⸗ überall mit den religiöſen verbinden. 5 Welche politiſchen Gedanken bietet nun das Allerheiligenfeſt mit dem nachfolgenden Allerſee— lentag? Zunächſt den der ausgedehnteſten und doch innigſten Gemeinſchaft. Es enthüllt ſich uns die dreifache Kirche: aller Heiligen im Himmel, aller Seelen im Fegfeuer und aller Men⸗ ſchen auf Erden. Dieſe drei ſind eins. Es ſin drei abgegrenzte Reiche mit gänzlich verſchiedenen Lebensbedingungen, und doch ſind ſie durchwal⸗ tet von einem Geiſt und einem Blut, wie die Teile des menſchlichen Leibes. Die drei Reiche ind ja ſelbſt ein Leib mit einem einzigen Haupte, Chriſtus. Sein Blut berührt jedes Glied dieſes Leibes und erlöſt es, ſein Geiſt jedes Glied und heiligt es. Das iſt die Idee, der Glaube. Für dieſen Glauben ſtirbt der Chriſt. Lebt er auch dafür? Iſt ihm dieſer Glaube Orientierung in ſeinem alltäglichen Leben? Sehr oft in ſeinem religiöſen Leben, ſehr ſelten in ſeinem ſonſtigen Leben. Dieſes ſonſtige Leben iſt eben von ſeinem religißſen Leben getrennt. Er verehrt alle Heili— gen im Himmel, betet für alle armen Seelen im Fegſeuer, und wie ſteht er zu allen armen und reichen Menſchen auf Erden? Hat er den ihm am nächſten ſtehenden Gliedern am myſtiſchen Leibe Chriſti, den Menſchen gegenüber, das gleiche Gefühlt der Verbundenheit wie gegenüber den verllärten und leidenden Gliedern in einer an⸗ deren Welt? Ach, wir ſollten nach dem Feſte Aller⸗ heitigen und nach dem Gedenktag Allerſeelen am 3. November den Tag Allermenſchen feiern! Soll⸗ ten uns an dieſem Tage bewußt werden. daß uns, wenn wir Kommerzienrat ſind, der Arbeiter in Chriſto ſo nahe ſteht wie der Bankdirektor, wenn wir Deutſche ſind, der Franzoſe. Engländer, der Ruſſ eſo nahe wie der deutſche Landsmann, ohne daß wir dabei die beſonderen Rechte und Pflichten unſeres Standes und unſerer Nation aufgäben. Das Gemeinſame iſt weit, weit we— ſentlicher als das Trennende. Und je höher ein Meuſch geiſtig und ſittlich ſteht, um ſo mehr er⸗ hebt er ſich über dieſes Trennende. Beweis ſind die Heiligen. Gab es einen einzigen, der auf Einen einzigen, der Nationaliſt im heutigen Sinne war? Und erſt im Himmel! Was gilt da der Stand, die Na⸗ tion, die Raſſe? Gewiß können wir himmliſche Verhältniſſe nicht auf die Erde übertragen, aber wir können und müſſen uns an ihnen drientie— ren! Sie geben uns das anzuſtrebende Ideal und zeigen uns die Richtung unſerer Arbeit im ſozialen und politiſchen Leben. ö Denn das iſt das Zweite, was das Allerhei— lgenfeſt uns dringlichſt auf die Seele bindet: daß wir, Genoſſen der Heiligen, die wir ſind, ſel⸗ ber heilig werden müſſen! Die Heiligkeit beſteht nicht in Bußübungen und nicht im Wun⸗ derwirken, aber in der Liebe!„Wer nicht liebt, bleibt im Tode“— auch in der Sozial- und Welt⸗ politik. Liebe iſt nicht Schwäche, aber eine ſo peinliche Rückſichtnahme auf die anderen wie die Rückſichtnahme auf ſich ſelbſt. Du ſollſt deinen Nächſten, auch deinen nächſten Stand, auch deine nächſte Nation, lieben wie deine eigenen. Was du nicht willſt, das man dir tue, das tue auch keinem andern. Das allein iſt Chriſtentum, das allein eine Orientierung am Gedanken aller Hei⸗ ligen. Wie bei ſolcher Politik die Rechtſprechung, das Verſicherungsweſen, die Steuer- und Zollge⸗ ſetze ausſehen werden, iſt leicht abzuſchätzen. Und was mag bei ſolcher Politik noch von Kriegsvor⸗ bereitungen übrig bleiben? Wie ſohen ſich der Krieg und die Kriegspolitit vom Himmel aus an, von der Kirche aller Heiligen und aller See⸗ len? Wenn für die Gerechtigkeit gekämpft wird, dann iſt das ein entzückendes Schauſpiel ſelbſt; für die Engel. Was heißt aber für die Gerech⸗ tigkeit kämpfen? Es heißt, aus den Motiven, in dem Geiſte, für die Ziele kämpſen, die zu lehren und zu befehlen der Sohn Gottes, die Gerechtig⸗ keit ſelbſt, Menſch geworden und am Kreuze ge⸗ orben iſt! Das bedeutet nicht, daß nicht mehr ür die Exiſtenz und das Recht eines rein irdi⸗ ſchen Staates gekämpft werden dürfe, denn Chri⸗ ſtus hat dies alles anerkannt, aber es bedeutet, daß kein Menſch vor dem Sohne Gottes einen Krieg verantworten lönnte, der ſeinem Vater⸗ lande zwar die ganze Welt gewänne, aber ſeiner —— Regierung wurde die eee, i Geiſt, Ziele jeder Kriegserklärung und Kriegs⸗ ndlung abſolut rein ſein müßten von jedem eindeshaß, jeder Rachſucht, jeder Habſucht, je⸗ dem Hochmut, jeder Sünde. Sie müßten geſeg⸗ net werden können von allen Heiligen im Him⸗ mel und allen Seelen im uns einen ſolchen Krieg, ſeine Gerechtigkeit! Fegfeuer. Man zeige und wir glauben an Viele von denen, an die wir am Allerſeelentage denken, haben den Krieg mitgemacht. Wie denken dieſe Seelen, die des gefallenen Deutſchen und die des gefallenen Franzoſen, über etwaige neue Kriegsvorbereitun— gen ihrer Länder? Ich glaube, ſie ſind für den Sicherheitspakt! Ich glaube, ſie ſind der Mei⸗ nung, daß jedes Opfer gebracht werden müſſe, 5 letzten um die phyſiſche und moraliſche Verwüſtung eines, neuen, noch weit entſetzlicheren Krieges, zu ver⸗ meiden, denn ſie ſind nicht im heidniſchen Wal- f halla, ſondern im Purgatorium des wahren Got⸗ tes der Liebe und des Friedens. kennt zwiſchen Privatmoxal zwiſchen Völkerhaß und anderem Haß keinen Un— terſchied. Wehe dem chriſtlichen Politiker, der in der Po— litik das Gebot der Liebe hintanſetzte! Feiern wir den Tag Allerheiligen und Allerſeelen, indem wir in unſeren Herzen und in unſeren Parlamen— ten ein Feſt Allermenſchen begehen! Dieſer Gott Politiſche Umſchau. — Der Reichsſchulgeſetz⸗ Entwurf. Wie der Reichsdienſt der deutſchen Preſſe erfährt, wird das Reichsminiſterium des Innern jett, nach dem Rücktritt des Reichsminiſters Schiele, den Reichs⸗ ſchulgeſetzentwurf endgültig zurückziehen, ſodaß ſeine Beratung im Reichskabinett hinfällig wird. Ferner wird dem Reichsdienſt der deutſchen Preſſe mitgeteilt, daß der ſozialdemokratiſche Staatsſekretär Schulz demnächſt wieder aktiv im Reichsminiſterium des Innern arbeiten wird. Staatsſekretär Schulz, der früher das Schufreſe— rat leitete, iſt bekanntlich von Schiele wegen pri zipieller gegenſätzlicher Auſſaſſungen„beurlaubt' d. h. kaltgeſtellt worden. Er wird nun, na Rücktritt des deutſchnationalen Miniſters, Amtstätigkeit wieder auſnehmen; eine Entſchei— dung darüber, ob er ſein früheres Referat über— nimmt, iſt noch nicht gefallen. — Loebe zum Locarno-Vertrag. präſident Löbe erklärte vor ſeiner Rückreiſe in Newyork, er glaube, daß der Vertrag von Lo— carno für den Frieden Europas ſo wichtig ſei, daß er von der deutſchen Regierung angenommen werden ſollte. Das Abkommen habe dem linken Flügel in Frankreich zur politiſchen Macht ver— holfen und das ſei gut für Deutſchland und den linken Flügel in Deutſchland, da dieſer mit der franzöſiſchen Linken an einem gleichen Ziele ar— beite. Löbe ſprach weiter den Wunſch aus, die Vereinigten Staaten möchten der Völkerbundsliga beitreten. — Der neue Vizekönig von Indien. Der Kö— nig von England hat der Ernennung des Parla— mentsmitgliedes Edward F. Lindley Weel zum Vizekönig und Generalgouverneur von Indien als Nachfolger von Lord Reading, der im April nächſten Jahres zurücktritt, ſeine Zuſtimmung er— Reichstags— Heſſiſcher Landtag. 5 Finanzausſchuß⸗ Sitzung. Darmſtadt, 30. Okt. Der Finanzausſchu; des Landtags lehnte n ſeiner heutigen Bera tune die Vorſtellung der Gemeinde Königſtätten wen der Bauholzernte gegen 4 Stimmen ab. Vorſtellung des Vorſtandes des Hilfsſchulve! des Rhein-Maingau, betreffend Gehaltsein ten der Lehrkräſte an den Hilfsſchulen, wurde! als Material überwieſen. Chen; Vorſtellung der Arbeitsgemein' hauptamtlicher Fortbildungsſchullehrer. betreffen: Einſtufung in die Beſoldungsordnung, der Re— gierung als Material überwieſen. Die Vorſtellung des Seminarlehrers Richard Mager⸗Bensheim iſt erledigt. Eine Vorſtellung des Reallehrers J. A. Nimper von der Blinden— anſtalt Friedberg, betr. Gehaltsverhältniſſe, wurde erledigt. Auf das Geſuch der Werkmeiſter Wurm und Schultz⸗Friedberg. beſchließt der Ausdeſuf die Regierung zu erſuchen, im nächſten Bugdet eine Stelle in Gruppe 5 vorzuſehen, im übrigen abo die ganze Angelegenheit der Regierung zur Be— rückſichtigung bei der neuen Beſoldungsordnune zu überſweiſen. Die Vorſtellung des Johann Klo, ber⸗Bensheim, betr. Einſtuſung in eine höhere Gehaltsgruppe, wurde der Regierung als Mate— rial überwieſen. Die Morſtollung der Frau He jene Hardt⸗Frankfurt, iſt durch die Annahme de: Geſetzes über die Einſtollung des Perſonenabbaue— hiermit erledigt. Die Vorſtellung des Gemeinde und Stagtsarbe'erverbandes Goddelau. betref fend Neueingruppierung des Heil- und Pflege— vertonals und die Porſtellung der Reichsgewerk— ſchaft deutſcher Verwaltungsbeamten, betreffend Dienſt⸗ und Peſold e sverhältniſſe der nichtan— geſtellten Gehilfen bei den Verwaltungen und Kaſſen der Landes-Heil⸗ und Pflegeanſtalten wurde der Regierung als Material überwieſen Der Vorſtellung des Werkmeiſters çeinrich Ka⸗ pey⸗Alzey, betr. Meat berhztinzſſe wurde mit Mehrheit ſto“eceben. Abgelehnt wurde die Forderung des Werkführers Kölſch⸗ollzey, betr. Einſtufung nach Gruype 4. Ebenſo die Vorſtel— lung des Kutſchers Georg Michglik in Goddelau betr. Einreihung als Oberkutſcher. Die Vorſtel— lung des Waſchmeiſters Emil PecGoddelau, be— trefſond Erhbößng der Dienſthbezſige, wurde der Regierung zur Berückſichtigung überwieſen. Eine Vorſtellung des Oberpflegeperſonals an der Heil— und Pflegeanſtalt betr. Beſoloungsordnung wurde der Regierung als Material überwieſen. Die Vorſtellung des Jakob Illium. Oberwerkmeiſter in Alzey wird daßin erledigt, daß die Regierung mit Mehrheit erſucht würd, nach Prüfung der Verhältniſſe der Vorſtel' ung eventuell ſtattzuge⸗ ben. Die Vorſtellung des Amtsobergehilfen Gg. Vogel Friedberg, betr. Einſtufung nach Gruppe 5, wurde abgelehnt. d Fortſetzung der Beratung am neon Dienstag. * Landtagspräſident Adelung, der im Jahre 1919 zum erſten Male aus Mainz ausgewieſen und nach Zurücknahme dieſer Ausweiſung im Jahre 1923 zum zweiten Mal die Stadt Mainz verlaſſen anunte und hald darauf mit ſeiner Na⸗ und Staatsmoral, Kundgebung für das katholiſche 5 Schulprogramm. Zu einer Kundgebung für die chriſtliche Schule] die Regel geweſen, oder aber ſie ſolle als Regel hatte die Katholiſche Schulorganiſation, der Ka⸗ eingeführt werden. tholiſche Lehrervrein, der Verein Lehrerinnen, das Katholiken-Komitee Volksverein eingeladen. In ihrem Namen hielt Rektor Kunz, der Vorſitzende der Katholiſchen Schulorganiſation von Frankfurt, die Begrü⸗ ßungsanſprache. Er ſeierte Reichskanzler a. D. Dr. Marx als Gründer und Organiſator der deutſchen Schulbewegung und faßte den ſponta⸗ gen Beifall der zahlreich erſchienenen Zuhörer— ſchaft in Worte des Dankes und der Anerkennung. Von jubelndem Beifall begrüßt, betrat Reichskanzler a. D. Dr. Marx das Rednerpult und führte ungefähr ſolgendes aus: „Als ich in den Jahren 1911 und 1912 durch die deutſchen Lande zog, um für die Idee der katholiſchen Schulorganiſationen zu werben, mußte ich noch oft auf mangelndes Verſtändnis ſtoßen. Seit aber Adolf Hoffmann als Kultusminiſter gezeigt hat, welche Gefahren dem chriſtlichen Er— ziehungsgedanken drohen, iſt die katholiſche El— ternſchaft wach geworden, ſie iſt auf den Plan getreten, um ihre Forderungen anzumelden und im demokratiſchen Volksſtaat zur Geltung zu bringen. Die katholiſchen Eltern verlangen die kon— feſſionellle Schule. Dieſe Schulart iſt außerordentlich heſtig umſtritten. Wir gewinnen unſeren Standpunkt aus der Beſinnung auf die letzten Aufgaben der Schule. Die Schule ſoll aus dem Kinde einen vollkommenen Menſchen machen, ſie ſoll das Kind möglichſt weit dem Ziele ent— jegenführen, das ihm gegeben iſt. Die Frage nach dieſem Ziele ſtößt auf die Kernfragen des Lebens. Wenn die Anſicht vertreten wird, die Kinder ſollten auf der Schule vor allen Dingen etwas lernen, damit ſie das Leben meiſtern und ihre Stellung im Leben behaupten können, ſo wollen wir dem nicht grundſätzlich widerſpre— then. Denn wir ſind durchaus keine rückſtändigen Dunkelmänner. Gegen einen ſolchen Vorwurf erheben wir entſchiedenen Widerſpruch. Wir wollen nicht die Bildung des Volles zurückdrän— gen. Katholiſch ſein, hoißt modern ſein. Wir wollen alles Gute, das die Zeit bringt, in uns aufnehmen und in das Licht des Glaubens ſtel— len. Wir wollen dabei auch nicht vergeſſen, daß die moderne Kultur auf dem Boden der Kirche gewachſen iſt. Wir ſind alſo keine Bildungs- feinde. Aber wir wollen nicht nur Wiſſen kn der Schule, wir wollen mehr. Weil wir das leßte Ziel des Menſchen nicht im Diesſeits, ſondern im Ewigen ſehen. wollen wir auch, daß das Kind in der Schule zu Gott hingeführt wird. Wirkliche und planvolle Erziehung iſt nur aus der Kraft und Fülle einer Weltanſchauung möglich. Den Religionsunterricht wollen wir im Mittelpunkt der Schule ſehen. In der Simultanſchule ſoll! zwar auch Religionsunterricht gegeben werden, aber wir wollen, daß der ganze Unterricht, die ganze Erziehung vom Geiſte der Religion durchglüht wird, von demſelben Geiſte, der in dem Religionsunterricht zutage tritt. Es wird vielfach geltend gemacht, 8 wit der konfeſſionellen Schule der Friede unter Ron⸗ feſſionen gefährdet werde. Das aber wäre ein wichtiger Grund, wenn er ſtichhaltig wäre. Alle Erfahrung hat aber gezeigt, daß er nicht ſtichhal⸗ tig iſt. Je mehr und je ernſter einer auf dem Boden der Konfeſſion ſteht, umſo höher wird er die andere Konfeſſion achten. Wir wollen Kampf gegen den Irrtum, aber keinen Haß gegen die Irrenden. Wer heute die Nonfeſſionen gegeneinander hetzt, der übt Verrat am Vaterland. Im übrigen ſehen wir hinter der Simultanſchule die Gefahr des Abgleitens in die religionsloſe Schule. Ge— wiſſe Strömungen im Allgemeinen Deutſchen Lehrerverein ſcheinen das durchaus zu beſtätigen. 1919 wenigſtens hat ſich der Allgemeine Deutſche Lehrerverein auf den Boden der weltlichen Schule geſtellt. Nach dieſen allgemeinen Geſichtspunkten laſ⸗ ſen Sie mich noch meinen Standpunkt zu dem letzten Reichsſchulgeſetzentwurf entwik⸗ keln. Der als Referetenentwurf durch eine In- Die erſte Möglichkeit iſt aus⸗ Katholiſcher] geſchloſſen, da die Simultanſchule(Baden, Heſſen) und der] Heſſen-Naſſau) nur einen kleinen Teil des Rei⸗ ches umfaſſen. Die zweite Möglichkeit ſteht ſchon dadurch außer Frage, daß die Zentrumsmitglie⸗ der des Verfaſſungsauzſchuſſes(u. a. Gröber und Mausbach) dieſen Artikel mitbeſchloſſen haben. Richtig iſt, daß die Simultanſchule in der Ver⸗ faſſung eine gewiſſe Bevorzugung erfährt. Die Bevorzugung beſteht darin, daß überall da, wo kein beſonderer Antrag eingebracht wird, die Simultanſchule eingerichtet wird, während die Einrichtung der Bekenntnisſchule einen förmlichen Antrag vorausſetzt. Wenn auch der Referenten- entwurf für die Simultanſchule keinen beſonde⸗ ren Antrag vorſieht, ſo kann man das eventuell für unzweckmäßig halten, gegen die Verfaſſung iſt es jedenfalls nicht. Nein, der Entwurf bevorzugt die konfeſſionelle Schule nicht: er entſpricht nur dem Willen der Verfaſſung, daß der Wille der Erziehungsberech— tigten„möglichſt“ zu berückſichtigen ſei. Dieſer ſelbe Wille der Eltern iſt ja auch im Artikel' 120 der Verſaſſung gewährleiſtet, in dem den Eltern Recht und Pflicht auf die Erziehung ihres Nachwuchſes zugeſprochen wird. Dieſes Eltern⸗ recht iſt übrigens eine chriſtliche Idee, die erſt Weimar in der deutſchen Verfaſſung feſtge— legt hat. Wer daran denkt, wie die preußiſche Verfaſſung mit dem Elternrecht umgeſprungen iſt, wie die erſt 1919 außer Kraft geſetzte Kabi⸗ nettsordre von 1803, die die Kinder immer in der Konſeſſion des Vaters erzogen haben will, Gewiſſenskonflikte hervorgerufen hat,— der weiß, daß die Weimarer Verfaſſung mehr chriſtlichen Geiſt enthält, als jede andere frühere Verfaſſung. Das in der Verſaſſung grundgelegte Elternrecht gilt es nun aber auch durchzuſetzen. Gerade die Demokraten, die ſich auch zu den Gegnern des Entwurfs rechnen, mögen daran denken, daß es demokratiſch iſt, wenn man das Recht des Staa— tes nicht über den Willen der Eltern hinaus ſtei⸗ gern will. Wir, das Volk, ſind doch der Staat. Gerade aus der Idee der Demokratie heraus ſoll der Wille der Verfaſſung, das Elternrecht, durch— geſührtwerden. Die Simultanſchule einfach auf dem Wege des Geſetzes einzuführen,— dafür wird daß katholiſche Volk niemals zu haben ſein. Ein weiterer Einwurf richtet ſich gegen die Be— ſtimmung des Entwurfs, daß 40 Kinder zur Er⸗ richtung einer Schule genügen ſollen. Man be— fürchtet aus dieſer Beſtimmung das Entſtehen von„Zwergſchulen.“ Immer mehr ſetzt ſich die— ſer Befürchtung entgegen in pädagogiſchen Krei— ſen die Erkenntnis durch, daß die einſtufige Land— ſchule ihre beſonderen Vorzüge hat, die ſie pada gogiſch durchaus neben die mehrſtufigen Syiteme rückt. Der Vorſchlag, die Errichtung von Schu— len von der Einwohnerzahl der Gemeinden ab— hängig zu machen, iſt als zu formaliſtiſch abzu⸗ lehnen. Ein dritter Einwurf befürchtet die Wiederkehr der„Kirchenſchule!“. Nach der Trennung von Kirche und Staat kann davon natürlich keine Rede ſein, zumal es ja der Reichstag iſt, der das Geſetz zu heſchließen hat. Freilich wird das ka⸗ tholiſche Volk darauf zu achten haben, daß der Wille der Verfaſſung reſpektiert wird, daß näm⸗ lich die Bekenntnisſchule vom Geiſt des betreffen— den Bekenntniſſes getragen ſein ſoll, daß die Län— der, die dieſen Anforderungen nicht entſprechen entfernt werden. Das katholiſche Volk hält auck an der Auffaſſung feſt, daß die Schule nur dann als vom Geiſt des katholiſchen Bekenntniſſes ge— tragen, betrachtet werden kann, wenn katholiſche Lehrer katholiſche Schüler im katholiſchen Geiſte unterrichten, daß alſo Taufſcheinkatholiken als Lehrer nicht in Frage kommen. Was den Reli— gionsunterricht angeht, ſo ſieht ihn§S 25 des Ent⸗ wurfs als ordentliches Lehrfach vor und ſprichſ den Religionsgeſellſchaften das Recht der Kon— trolle zu.§ 29 ſieht vor, daß nur ſolche Lehrer den Religionsunterricht erteilen dürfen, die auf dem Boden des betreſſenden Bekenntniſſes ſtehen. Beides iſt im Einklang mit der Verfaſſung, wo— nach der Religionsunterricht im Einvernehmen mit der Religionsgeſellſchaft, unbeſchadet des ſtaatlichen Kontrollrechts, ſtattzufinden habe diskretion veröffentlicht wurde und nunmehr, wie ich höre, wieder zurückgezogen worden iſt. Der Hauptvorwurf, den man gegen den Referentenentwurf erhoben hat, iſt wohl der, er verletze den Artikel 146 der Reichsverfaſſung, indem er die Simultanſchule nicht zur Regel mache. ſodaß die konfeſſivonelle Schule wider die Verfaſſung bevorzugt ſei. Der genannte Artikel ſlizziert zunächſt den vertikalen Aufbau des Schulweſens, will dann für den Aufbau die Man- nigfaltigkeit der Veranlagung, nicht des Reli⸗ gionsbekenntniſſes berückſichtigt ſehen. Der zweite Abſchnitt ſieht dann vor, daß„indes“ auf Antrag der Erziehungsberechtigten konfeſſionelle Schulen einzurichten ſeien, ſoweit der geregelte Schulbe⸗ trieb dadurch nicht in Frage geſtellt ſei. Der Wille der Eltern ſei möglichſt zu berückſichtigen. Aus dieſem Artikel entwickeln die Gegner des Ent⸗ wurfs die Auffaſſung, die Verſaſſung wolle die Simultanſchule als„Regel“, die Bekenntnisſchule als Ausnahme. Das wird vor allem aus dem Wort„indes“ begründet. Dieſe Deduktion iſt falſch. Sie ſetzt voraus, daß der Geſetzgeber zur Zeit des Geſetzerlaſſes entweder der Meinung ge⸗ weſen ſei, die Simultanſchule ſei damals ſchon Niemand denkt jedoch daran, zur geiſtlichen Schul aufſicht zurückzukehren. ö Ein letzter Einwand glaubt die Sonderrechte der bisherigen Simultanſchulgebiete im Entwurf unberückſichtioet. Der Entwurf erhöht für dieſe Gebiete die notwendige Schülerzahl auf 60. Da⸗ rüber hinaus kann unmöalich für beſtimmte Ge— biete das in der Verfaſſung grundgelegte El— ternrecht einfach aufgehoben werden. Soweit in etwa die Ausführungen des Red⸗ ners. Zum Schluß wies er noch einmal auf die Schulorganiſation hin und erklärte es als eine demokratiſche Pfſicht, die Durchführung des El⸗ ternrechts zu erkämpfen. Schon während der Rede von Marx war im⸗ mer ſtürmiſcher Beifall ausgebrochen, der ſich zum Schluß zu einer großen Huldigung ſteigerte. Nach Marx ſprach der Frankſurter Mittelſchul⸗ lehrer und Stadtverordneter Gerhard Bör⸗ ner, der unermüdliche Vorkämpfer der Bekennt⸗ nisſchule in Frankfurt, der in temperamentvolſer, aus tiefer Glaubensgewißbeit geſchöyften Rede über die beſonderen Forderungen und Münſche der Frankfurter Katholiken zum Reicksſchulgoſe Stellung nahm. Stadtpfarrer Dr. Herr hielt die Schlußanſprache. f .. Nee mentiert in einem Telegramm an den geſtellt und ſpäter den Familien worden. ſchloſſen worden. vorgelegt und offiziell Alls Nachfolger wird immer noch dex Abgeordnete Paul milie in Varmſtabt Wohnung naym, mehr am heutigen Samstag, 31. Ott. n digung der notwendigen Vorbereitungen Wohnſitz wieder in Maſaz nehmen, da nach Band ebe 15 1 ein ehaltung ſeiner Darmſtä Wohnung nicht mehr vorliegt. 3 5 Die Vorgänge in Syrien. Verhängung des Belagerungszuſtandes über Damaskus. ö London, 30. Okt. Nach Meldungen aus Bag⸗ dad ſind durch das Bombardement von Damas⸗ kus zwei Stadtviertel ſozuſagen vollſtändig zerſtört worden. Auch mehrere orientaliſche Warenhäuſer. darunter das arößte der Stadt, wurden durch Feuer vernichtet. Der Platz Azm, der als eines der größten architektoniſchen Denk⸗ mäler im nahen Orient gilt, wurde vernichtet. Allein durch den Einſturz der Häuſer ſind min⸗ deſtens 2000 Menſchen ums Leben ge⸗ lommen. Der Belagerungszuſtand iſt prokla⸗ miert worden. Die Lage ſcheint immer noch ſehr kritiſch zu ſein. l ö Amerila verlangt Schadenerſatz. 9 Waſhington, 30. Okt. Das Staatsdepartement zat den amerikaniſchen Botſchafter in Paris an⸗ zewieſen, bei der franzöſiſchen Regierung für die (Schädigung HHombardement von Damaskus Schadenerſatz zu verlangen und gegen die unbedachte Beſchie— bung Rieſer Stadt zu pratoſtieren amerikaniſcher Staatsbürger beim Richtigſtellungen Sarrails. Paris, 30. Okt. General Sarrail de⸗ Außen⸗ miniſter die Meldung, daß er die Leichen der getöteten Druſen auf Kamelen durch die Stadt führen ließ. Dieſe Leichen ſeien nur der Volks⸗ ſitte gemäß auf dem dafür beſtimmten Platz auf⸗ zurückgegeben Generals Gamelin beſchäftigten Die Truppen des ſeien nicht eingeſchloſſen, ſondern ſich in der Umgegend von Damaskus, um„die Stadt vor den Druſenhanden zu beſchützen. Fer⸗ ner wird nach ofſiziöſer Quelle die Meldung für unrichtig erklärt, die von einer Beſchwerde dreier Nationen beim Völkerbund über die Beſchießung von Damaskus und von einem Proteſt der ame⸗ rikaniſchen Regierung wiſſen wollen. Richtig ſei nur, daß im Außenminiſterium zur Zeit einige Schadenerſatzanſprüche amerikaniſcher Bürger ge⸗ prüft werden. Bis zur Stunde ſeien noch keine Maßregeln gegen General Sarrail ergriffen wor⸗ den. Damit werde ſich der nächſte Miniſterrat beſchäftigen. Die Abberuſung Sarrails. Paris, 31. Okt. In einer Unterredung, die geſtern nachmittag zwiſchen Painleve und Briand über die Ereigniſſe in Syrien ſtattſand, iſt die Abbrufung des Generals Sarrail endgültig be⸗ Sie ſoll heute dem Miniſterrat bekanntgegeben werden. Zur Wiederherſtellung iſt angeßlich beabſichtigt. Boncbur genannt. der militäriſchen Lage den»Varſchall Petain eiligſt nach Syrien zu be⸗ * Aus Nah und Fern. Mainz, 30. Okt. Die Stadtverordnetenver: ſammlung hat den außerordentlichen Profeſſor für Chirurgie und erſten Oberarzt der chirurgi⸗ ſchen Klinik in München, Dr. W. Jehn, mit großer Stimmenmehrheit zum Nachfolger des demnächſt aus dem Dienſt der Stadt Mainz aus⸗ ſcheidenden Geheimrat Dr. Reiſinger als Leiter der chirurgiſchen Abteilung des Städtiſchen Kran⸗ kenhauſes in Mainz gewählt.— In der gleichen Sitzung wurde beſchloſſen, die mit vem Ausſchei⸗ den Reiſingers freiwerdende Stelle dem Ober⸗ arzt der inneren Abteilung des Krankenhauſes Dr. Hürter, zu übertragen. ö Leipzig, 30. Okt. Wie die„Heipziger Neueſten Nachrichten“ berichten, wurde am Mittwoch abend in einem Hauſe in Leipzig⸗Dölitz ein beſtiali⸗ ſcher Mord verübt. Dort wohnt die von ihrem Mann, dem Polizeioberwachtmeiſter Otto Vöſtel, getrennt lebende Frau Michaline Völkel, gebürtig aus Polen. Gegen halb 10 Uhr hörte eine Haus⸗ bewohnerin eine Männerſtimme um Hilfe ſchreien. Der herbeigerufenen Polizei bot ſich ein grauen⸗ hafter Anblick. Auf dem ſchmalen Vorſaale be⸗ merkte man eine Blutlache und durch die offene Küchentür den Rumpf einer Leiche, neben der Leiche ſtöhnend und über und über mit Blut be⸗ ſudelt rFau Völkel, die anſcheinend die Verletz, ungen ſelbſt beigebracht hat. In einem in den Küche befindlichen Kochteſſel lagen die Arme und der Kopf in kochendem Waſſer. Neben dem Rumpf in der Küche lagen außerdem noch zwei Beine, vier Meſſer ein Hammer und eine Schnur In der Wohnſtube traf man einen mit Blut be ſudelten Mann, der als der Bruder der Frau Völkel feſtgeſtellt wurde. In dem Ermordeten wurde der Ehemann der Frau Völkel erkannt Frau wurde ins Krankenhaus gebracht, der Bru⸗ der der Frau verhaftet. Die Geſchwiſter ſcheinen nach den bisherigen Feſtſtellungen dn Mord be⸗ gangen zu haben. Warſchau, 30. Okt. In der Gemeinde Rogowo Kreis Rippin, überfielen maskierte Banditen der Landwirt Dempski und wollten ihn zwingen, ſein Geld auszuliefern. Da ſie keinen Erſolg hatten ermordeten ſie Mann und Frau und die 12;äh, rige Tochter, worauf ſie das Haus anſteckten, das vollſtändig herunterbrannte. Wie ſich jetzt her ausſtellte, ſind die Mörder die eigenen Söhne des Ermordeten geweſen. läufige Umfrage bei einigen hervorragenden Ver⸗ dem man eine Art eltſpiegel. „ Eine chineſiſche Univerſität in Muskau. Nach, lr Mitellung 115 Sowjet⸗Telegraphenagentur wird im Dezember in Moskan eine chineſiſche Univerſität eingerichtet, die zunächſt von 250 Chi⸗ eſen beſucht werden ſoll. Rektor wird Radek, der zrllärt, daß die neue Univerſität, die den Namen., Sunvatſen tragen wird, vorzüglich die Sozial wiſſenſchaften und die Volkswirtſchaſt pflegen ſoll. 25 Die Nachtbeleuchtung der Berliner Schau⸗ fenſter empfiehlt eine Anregung, die von beach⸗ tenswerter Seite an die Zentralſtelle für den Fremdenverkehr gegeben worden iſt. Eine vor⸗ tretern der Handelswelt ergab lebhafte Zuſtim⸗ nung zu dem Gedanken. Einzelne der grüßten Berliner Firmen haben bereits ſolche nächtliche Zchaufenſterbeleuchtung, eingeführt und 1 afreulicherweiſe Werbungsergebniſie ſeſtſtellen. Die allgemeine Durchführung einer ſolchen Schau⸗ ſenſterbeleuchtung in den Hauptſtraßen Berlins 5 bis 1 Uhr nachts etwa— würde das Straßen⸗ ald beleben, die Sicherheit erhöhen, die Aud, ung Berlins ſteigern, beſonders aber auch die Werbekraft der Schaufenſter vervielſachen. f goſten der Beleuchtung würden wahrſcheinlich durch den Erfolg aufgewogen werden. 5 2: Ein Fiſch mit drei Herzen. Einer der merk⸗ würdigſten Fiſche, die die Naturgeſchichte kennt, iſt der Schleigal, der ſich in der Monterey-Bai in Kalifornien findet. Dieſer Fiſch iſt blind, aber ſo gefräßig, daß keine anderen Fiſche in denſelben Gewäſſern gefunden werden. Um ihn für den mangelnden Geſichtsſinn zu entſchädigen, beſitzt der Schleiaal ein außerordentlich feines Taſtge⸗ fühl und einen unbekannten chemiſchen Sinn, in außerordentlich verfeinerten Geruchsſiun vermutet. Man hat durch Verſuche feſtgeſtellt, daß der Schleiaal ſofort, wenn in einem Aquarium Nahrung ins Waſſer geworfen wird, nach der Richtung der Nahrung hin⸗ ſchwimmt. Der Fiſch beſitzt verkümmerte Augen, mit denen er aber nicht ſehen kann; ſie ſind nicht einmal im geringſten lichtempfindlich. Nach den neueſten Forſchungen von Dr. David Starr Jor⸗ dan ſchwankt die Größe des Schleigales, der eine purpurbläuliche Färbung hat, zwiſchen 18 Zoll und 2 Fuß. In ſeiner Erſcheinung ähnelt er einem Aal. Eine beſondere Eigentümllichkeit die— ſes Tieres, auf die der Gelehrte hinweiſt, iſt die, daß er drei Herzen hat. Außer dem Hauptherzen beſitzt er noch ein Herz im Schwanz und dazu ommt ein beſonderes Herz im Pfortader-Syſtem. ——.— Was Ludendorff liebt! Seit dem Münchener Prozeß iſt Luden⸗ zorff politiſch ein toter Mann. Seine völki⸗ chen Freunde verabreichen ſich gegenſeitig Naulſchellen und titulieren ſich in öſſentlichen zerſammlungen mit wenig liebenswürdigen Anreden. Immerhin kann man die Offenheit chätzen, wenngleich das Löcheln über die poli— iſche Borniertheit dieſer teuioniſchen Politi⸗ er gleich dahinter warlel. Aber nicht davon oll geſprochen werden, ſondern don Herrn zudendorff, Und zwar von dent, was er liebt. Dir lennen ſeine privaten Vergnügen weiter nicht und ſie gehen uns auch nichts an. Wir jalten uns an das, was er ſagt. Und er hat geſprochen in Schweidnitz. Darüber berich⸗ et die„Mittelſchleſiſche Zeitung“ in Nr. 245 ilſo: Heute vormittag ſprach Herr Ludendorff im Saale des Vereins hauses. Wie uns von einem Zuhörer mitgeteilt wird, behauptet er u. a. auch. dak er zwar nicht gegen die Re⸗ 74 Tabletten in allen Apotheken u. Drogerien Mk. 1.— für Hänger, Sportsleute, Raucher ligion Stellung neyme, aver doch er ö müſſe, daß nach ſeiner Erfahrung in Bayern der Klerus die Haupturſache der Loslö⸗ ſungsbeſtrebungen Bayerns vom Reiche ſei, weswegen er nur ſagen könne:„Ich liebe den Kulturkampf!“ Dieſe Aeußerungen vervollſtändigen nur das Bild, das Herr Ludendorff ſchon wieder⸗ holt ſelber von ſich zeichnete. Er liebt den Kul⸗ turkampf! Man kann deni Himmel danken. daß unſer Volk dieſen„Führer“ rechtzeitig ab⸗ geſchüttelt hat. —— 2— zartenbauarbeiten im Monat November. Mitteilungen der ſtädt. Beratunsgsſtelle für Klein⸗ gartenbau Worms, Römerſtr. 31, Gartenhaus. 1. Der Gemüſegarten. Die Arbeiten im Gemüſegarten gehen zu Ende. Es ſiud jetzt vor allem, bevor ſtrengere Fröſte ein⸗ treten, die Wintergemüſe in hellen, luftigen Kel⸗ lern oder in Erdmieten einzuſchlagen. Nur die gegen Froſt weniger empfindlichen Gemüſearten, wie Grünkohl, Roſenkohl, Schwarzwurzel, ein Teil des Lauches und Peterſilie bleiben im Freien. Schwarzwurzeln, Lauch und Peterſilie ſind eptl, durch Reiſig und Laub zu ſchützen, um auch bei ſtreugen Froſt eine Ernte zuzulaſſen. Die Haupt⸗ arbeit im Gemüſegarten beſteht im tiefen Umgra⸗ ben ſämtlicher Länder. Es iſt gut bei dieſer Ge— legenheit reichlich Stallmiſt oder Kompoſt unter zubringen. Ks Treten während der Vegetation Schädlinge wie Kohlfliege, Kohlgallenrüßler uſw. auf oder leidet der Raden an Kalemangel. ſo iſt kein Stall miſt zu geben, ſondern dafür jetzt Aetzkalk unter „ Juſtitut Sankt Mariä der Engl. Fräulein. Der Stickkur s beginnt heute Montag Abend um halb 8 Uhr und findet drelmal in der Woche ſtatt. * Gedächtuisfeier für die Gefallenen. Zu einer erhebenden Feier geſtaltete ſich die Gedenkfeier für die Gefallenen am Allerheillgen⸗ iage morgens auf dem Ehrenfriedhofe. Die Krlegergräber dufteten im Blumenſchmuck, ſie er⸗ inerten an die Zeit des großen Weltgeſchehens. um 11 Uhr marſchierte das Reichsbanner, ihm die belelligten Vereins vorflände und Geſangverein „Llederkranz“ folgend, unter Spielen eines Trauer ⸗ Ehrenfriedhof um das fländigungswillen und in zubringen. Man gibt 100 Gramm pro am. Kommt die ätzende und entſäuernde Wirkung des Kalkes nicht in Frage, ſo kann man auch kohlenſauren Kalk, meiſtens 200 Gramm pro qm., geben. Die Kal⸗ tung ſoll bei trockenem Wetter ausgeführt wer⸗ den, um ein Verſchmieren des Bodens zu verhü⸗ ten. Der Kalk iſt mit der oberſten Bodenſchicht leicht zu vermiſchen. Wenn eine Kalkdüngung nicht in Frage kommt, Stallmiſt oder Jauche nicht gegeben wird, ſo ſollte Thomasmehl geſtreut werden und zwar 50—60 Gramm pro qm. Auch Nainit ſoll im Nodember bereits in derſelben Menge gegeben werden, um im nächſten Jahre ine Vollernte zu erzielen. 2. Der Obſtgarten. Hier ſind beabſichtigte Neupflanzungen alsbald aue zuſühren. Gepflanze Bäume werden gut ein— geſchlänemt, die Werzelſcheibe wird mit kurzem verroßtetent Dünger abgedeckt. Kann im Herbſi nicht mehr depflanzt werden, ſo ſind die Bäume gut einzuſchlagen. Beſondere Aufmerkſamkeit ſoll den Leimtingen, die zum Schutze gegen Froſt— ſpanner angelegt wurden, geſchenkt werden, weil dieſe während des ganzen Novembers noch kleb— fähig bleiben müſſen. Im übrigen werden die bereits im vorigen Monat angeführten(rbeiten zu Ende gebracht. 3. Der Ziergarten. Der Ziergarten wird vor Eintritt des Winters noch einmal gründlich gereinigt. Raſenflächen ſollen turzgeſchnitten in den Winter kommen. Sie ſind dann mit Kompoſt zu überſtreuen. Abge— räumte Blumenbeete und Staudenrabatten ſind zu düngen und gut zu graben. Letztere werden außerdem noch mit kurzem, verrottetem Dünger abgedeckt, um ein Auswintern empfindlicher Pflanzen zu vermeiden. Niedere Roſen werden apgehäufelt, um die Veredlungsſtelle gegen Froſt zu ſchützen. Hochſtämmige Raſen ſind zu dieſem Zweck niederzulegen und die Krone mit Erde zu⸗ bedecken. Zu beachten iſt, das dieſe Arbeit nicht vor Eintritt ſtrengeren Froſtes ausgeführt wird, um ein Verfaulen des Holzes in der Erde zu vermeiden. Vielfach beſchränkt man ſich auch auf ein Abdecken der Kronen mit Tannenreiſig oder Kinhindon mit Stroh. 0 5 Schwere Ketten. Erzählung von F. rnofeld (4. Fortſetzung.) Sie waren erſt wenige Schritte gegangen, als ihnen der Baron und Herr von Spitzen mit den beiden jungen Damen begegneten. „Fräulein Herta, was machen Sie für Streiche? Sie denken hoffentlich nicht daran, krank zu werden? Ein Patient iſt für Wen⸗ denburg genug,“ rief ihr der Baron entgegen. Die Anrede ſollte ſcherzhaft ſein, verriet aber nur zu deutlich die Beſorgnis des kränklichen und krämlichen Mannes, die Gouvernante könne krank werden und dadurch eine unlieb⸗ ſame Störung der hergebrachten Ordnung veranlaſſen. Er war ſo gewohnt, den Haus⸗ arzt bei deſſen Beſuchen in Wendenburg aus⸗ ſchließlich mit den Klagen über ſeine zahlloſen Leiden in Anspruch zu nehmen, daß ihm der Gedanke, in ſeinem Vorrecht durch einen an⸗ deren Patfenten beeinträchtigt zu werden, ärgerlich war. 1 115 „Fräulein Hedelund ſcheint ja bereits wiederhergeſtellt,“ verſetzte Helene in kaltem Tone und ſandte ihrem Bruder, der Herta ſorgſam führte, einen ſpöttiſchen Blick zu. „Es war eine vorübergehende Schwäche, Herr Baron“, verſicherte Herta, was den Ba⸗ ron von Wenden dergeſtalt erfreute, daß er ihr zurief: Recht ſo, müſſen die Ohren ſteif hal⸗ ten, ſollen ja morgen mit nach Hallſtadt fah⸗ ren und den berühmten Klavierſpieler hören. Wie beißt er aleich, Henele?“ i „Signor Bernini. Iſt Ihnen wieder un⸗ wohl geworden Fräulein?“ Herta war zuſammen gezuckt, hatte die Farbe gewechſelt, und mußte ſich feſter auf Richards Arm ſtützen. um nicht umzuſinken. „Führen Sie mich fort,“ flüſterte ſie ihrem Begleiter zu. Ehe ihr dieſer aber willfahren konn lle Franz wieder aus halts nur, der Erb⸗, Lehn⸗ und Gerichtsherr uf Wendenburg brauchts nicht. Ihm gehört alles, aber du kannſt immer in meinem Park einen Kranz nieder. Dr. Faulhaber von der Münchener Gefallenen der Seele des deutſchen Volkes“.. Verſöhnung, Verſtändigung und Gleichberechtizun köanen wir alleine dem Frieden dienen. die uns diesmal nicht verſchonen und bei de unſere Heimat, unſerer Gefallenen Willen müſſen wir für de Frieden, die ſtändigung arbeiten. fahrtsbundes. N Feier ihren Abſchluß nahm. ebenfalls Kränze niedergelegt. werden. Sowohl der auch der Gang zum Friedhof war ein ganz g Kränzen reich geſchmückt. um den lieben Verſtorbenen im Gebete zu g denken. Manche Träne ging nahm einen ebenfalls würdigen Verlauf. „Wollen wir wieder Ball ſpielen, Hert⸗ chen? Wo haſt du mein Geld gelaſſen? Be— ſpazieren gehen und ihr anderen auch.“ „Franz, Franz!“ rief der Baron unmſt⸗ tig, was faſelſt du wieder?“ Der Tolle drehte ſich ein vaar Mal um ſich ſelbſt und fing laut an en lachen. „Biſt du auch da, Vetter Konrad? Wohnſt du immer noch in meinem Schloſſe? Kannſt drin bleiben, ſolange es mir in meinem Park gefällt: kommt aber meine ſchöne Schweſter heim, dann jage ich dich hinaus. So— ſo—“ Er machte mit dem Grabiſcheit eine bezeich⸗ nende Bewegung und lief eine Strecke hinter Richard und Nina her, die die ſchwankende Herta fortführten. „Bemühen Sie ſich nicht weiter,“ bat Herta, als ſie das Schloß erreicht hatten, Nina wird mich in mein Zimmer begleiten.“ „Kann ich, darf ich gar nichts weiter für Ss tun?“ fragte der junge Baron, und aus ſeinem Auge brach ein Strahl heißer Liebe. Herta ſchrak unter ſeinem Blick zuſammen. „Ich danke Ihnen, ich brauche nichts als Ruhe,“ hauchte ſie; ich bitte Sie, kehren Sie zu der Geſellſchaft zurück.“ Sie ergriff Ninas Hand und entfernte ſich, ſo ſchnell es ihre Kräfte nur geſtatteten. Ihre Seelenqual war zu groß, ſie mußte allein ſein. An der Tür ihres Zimmers ver⸗ abſchiedete ſie auch das Kind und ſchloß ſich ein. Richari' ſtand noch lange träumeriſch und blickte der Entſchwundenen nach; dann trat er geſenkten Hauptes, den Rückweg nach dem Parke an. Hier hatte ſich Klara zu Helene geſellt u. ſchritt mit ihr plaut ind den beiden Herren voran, die im erſten Geſpröche langſam folg⸗ ten.* Der Amtsrat von Spizen war ein weit⸗ gelegenen Güter verkauft und vor nicht langer Zeit in der Nähe von Wendburg eine Herr⸗ ſchaft erworben hatte. Es war der erſte Be⸗ ſuch, den er der Familie von Wenden abſtat⸗ tete. Er hatte keine Ahnung von der Exiſtenz des ſeltſamen Hausgenoſſen gehabt und war höchſt erſtaunt über den Auftritt, deſſen Zeuge er ſoeben geweſen. „Was in aller Welt war das?“ fragte er, den Arm des Barons nehmend. „Das war der tolle Vetter Franz,“ ent⸗ gegnete Herr von Wenden leichtmütig,„haben Sie den noch nicht geſehen?“ Der Amtsrat verneinte. „Das nimmt mich wunder,“ fuhr der Ba⸗ ron fort,„er läuft ſonſt jedem Gaſte, der ſich auf Wendenburg blicken läßt, ſchon am erſten Tag in den Weg.“ i „Und iſt er wirklich ein Baron von Wen— den?“ erkundigte ſich der Amtsrat. „Das iſt er,“ bemerkte der Baron,„ob⸗ gleich nur ſehr entfernt verwandt mit uns. Er iſt der letzte einer Seitenlinie, die ſich vor mehr als hundert Jahren vom Hauptſtamm abgezweigt hat. Ich fand ihn hier vor, als ich Schloß Wendenburg von meinem Onkel erbte, der dem harmloſen Tollen das Gnaden⸗ brot gegeben hat. Er gehört mir zur Erbſchaft, wenn ich auch einräumen muß, daß er nicht ihr angenehmſter Teil iſt.“ „Er ſcheint ſich für den rechtmäßigen Be⸗ ſitzer des Schloſſes zu halten?“ bemerkte der Amtsrat. 5 „Das iſt ſo eine ſeiner Schrullen,“ lächelte Baron Wenden mitleidig.„Er hat eine ſehr ſchöne Schweſter gehabt, die mein Onkel hei⸗ raten wollte, ſie ſtarb in der Blüte der Ju⸗ gend, und ihr armer Bruder bildete ſich ein, ſie werde eines Tages wiederkehren und dann mit ihm als Herrin in Schloß Wendenburg einziehen. In Erwartung dieſer Herrlichkeit begnügt er ſich mit einer kleinen Wohnung im Hauſe des Oberverwalters, ſpeiſt von deſſen Küche und hantiert im Parke umher. Er es auf den Friedhof und nahmen auf dem 20 g 8 Ehrenmal Aufſtellung. Eine lautloſe Sulle herrſchte unter der großen Volksmenge, als die Muſik mit einem Choral den Akt eröffnete, dem ein ſinnvoller Prolog folgte. Nach dem Liede„Stelig find des Himmels Er⸗ den“ hielt Herr Kamerad Seibert, Darmſtadt die Gedächtnisrede. Wir ſind am Ort des Friedens, hler ruht Freund und Feind im ſtillen Frieden nebeneinander, war ſeine Abe 535 1 len nde Worte gipfelten in dem Ver⸗ g fe 1 5 Gedenken der teueren Gefallenen. Für den Reichsbund der Kriegsbefchädigten legte Herr Gemeinderat Neff Vor ſeine trefflichen Aus⸗ führungen zitierte er die Worte des Erzbiſchofs gedentfeier„Um der Toten Willen, den Lebenden zu helfen, das heiße ich ein Denkmal ſetzen in Im Geiſte der Ange⸗ ſichts der Grauſamkeit eines modernen Giftgas⸗ llieges und der nicht zu verhindernden Krlegsfurie, unſer bischen Beſitztum nicht anderes als in jammervolle Löcher zuſammen geſchlagen wird, follte jeder vernünftige Menſch dahlin wirken, daß nicht wieder Krieg wird. Um Völkerverſöhnung und Völkerver⸗ Dem folgten noch Kranz⸗ niedeclegungen des Reichsbanners und des Wohl Nach dem Lied„Wie ſie ſo ſanft ruhen“ ſpielte die Muſik das rührende Lied„Ich hat einen Kameraden“, womit die eindrucksvolle Eine Reihe von ö i ür ihre in Angehörigen hatten am Nachmittag für fremder Erde gebetteten Gefallenen am Ehrenmal 4 * Vom ſchönſten Wetter begünſtigt eſtern Allerheiligen begangen 1 Kirchenbeſuch als Die Gräber waren mit Blumen und cen In fliller Andacht ſtanden Jung und Alt an den Grabeshügeln, dabei verloren. Die Gefallenen⸗Gedenkfeier des Reichsbundes * Arb. ⸗Geſang⸗Verein„Harmonie“ Morgen Dienstag Abend 8 Uhr Zuſammenkunft im Lokal zwecks Darbringung eines Ständchens r Silberhochzeit s Sangesbruders wunſch! * Ehrung. burtstag feiern konnte, du Balt. Alter. Dem Silberpaare auch unſeren Gluck Herr Ge ſtlicher Rat Miſch⸗ ler in Heppenheim a. d. B., welcher in gottbegnadeter, körperlicher und geiftiger Rüſtig⸗ leit vor einigen Wochen ſelnen 80 jährigen Ge⸗ und der bis zum kom⸗ menden Monat 25 Jahre lang als kathollſcher Stadtpfarrer hier wirkt, iſt in Würdigung ſeines überaus ſegens reichen prieſterlichen Wirkens von Sr. Heiligkeit dem Papſte zum päpſtlichen Geheimkämmerer und Prälaten ernannt worden. im Ruhrgebiet. 17 Tote auf Zeche Holland. Wattenſcheid, 1. Nov. denen einer in Lebensgefahr ſchwebt. „Die Grube iſt wieder befahrbar. 8 n Tote dem Schlagwetter zum Opfer fielen. Schlagwetterkataſtrophe Am Samstag abend zwiſchen 8—9 Uhr ereignete ſich vermutlich durch einen Sprengſchuß (genaues über die Urſache iſt bisher noch nicht feſtgeſtellt worden) auf Schacht 1 und 2 der Zeche Holland eine Schlagwetter⸗Ex⸗ ploſlon, der 17 Tote zum Opfer fie⸗ Weiter ſind 2 Verletzte zu verzeichnen, von Der Ex⸗ ploſtonsherd befindet ſich wahrſcheinlich auf der Teilſohle zwiſchen der 8. und 9. Sohle in der f unteren Fetikohlenpartei in der Schachtabteilung. Herzzerreißende Szenen ſpielten ſich beim Bekanntwerden der erſten Namen der Toten ab. Viele Frauen harrten in banger Sorge um das Schickſal ihrer Männer und Söhne bis zum Tagesanbruch, als die Totenliſte bekannt wurde. r Nach der Liſte ſind 14 Tote verhekratet; nur 3 ſind ledig. Die Schachtanlage 1 und 2 der Zeche Holland hat eine Belegſchaft von 2500 Mann. Das letzte größere Schlagwetter⸗Unglück auf der Zeche Holland ereignete ſich im Jahre 1915 auf Schachtanlage 3 und 4, wobei 12 2 22 Wichtig es knickt junge Anpflanzungen.“ „Fürchten Sie ſich nicht, daß er noch Un⸗ heil anrichten könne?“ fragte der Amtsrat bedenklich. Geſpräch unangenehm ward, verdrießlich,„er iſt mir zwar eine Plage, aber zu Leide tut er niemand etwas.“— 9 7 eine Anſtalt“, riet Herr von Spitzen. der Baron unmutig.„Der Onkel hat ausdrück⸗ lich beſtimmt, Franz von Wenden ſolle in Wendenburg bleiben, ſolange er ſich als harm⸗ los und ungefäbrlich erweiſe.“ „Ich ſollte denken, das Gegenteil darzu⸗ tun dürfte nicht allzuſchwer halten,“ beharrte der Amtsrat, der, wenn er einmal ein Ge⸗ ſprächsthema ergriffen hatte, mit großer Zä⸗ higkeit daran feſthielt. 5 „Meinen Sie?“ fuhr Herr von Wenden auf.„Da kennen Sie Aerzte und Advokaten ſchlecht. Ehe ich mich mit denen herumſchlage, und mir endläufige Weitläufigkeiten und Scherereien mache, um das feſtſtellen zu laſſen, mag er bleiben, wo er iſt. Macht er ſich un⸗ nütz, ſo fahe ich ihn an, dann kriegt er zu Kreuz oder macht ſich ein paar Tage unſicht⸗ bar.“ „Indeſſen—“ begann Herr von Spitzen von neuem; die Geduld des Barons war aber nun erſchöpft. „Da kommt ja Richard zurück,“ unter⸗ brach er ihn, indem er ſtehen blieb und das Herannahen ſeines Sohnes erwartete.„Wie geht es Fräulein Herta?“ a Der junge Baron gab in wenigen Wor⸗ ten den geforderten Beſcheid und verſank dann in Stillſchweigen. Je tiefer und leidenſchaft⸗ licher ſein Denken und Sinnen ſich mit Herta und dem heute von ihr an den Tag gelegten unerklärlichen Weſen beſchäftigte, umſo wenk⸗ ger vermochte er, in gleichgültigen Aus drücken von ihr zu reden. Nee Ae 2 ne inem Se hervor, und rief lachend: läufiger Verwandter der verſtorbenen Frau des Barons Wenden, der ſelne in Holſtein glaubt, daß er allein ihn in Ordnung halte; in e Gertſetung flat: iſt es für jeden Geſchäftsmann zu wiſſen, daß Inſerate im„Viernheimer Anzeiger“ das beſte Propagandamittel zur Kundenwerbung ſind. Durch weiteſte Verbreitung bürgt der „Viernheimer Anzeiger“ für unbedingten Erfolg Wahrheit wühlt er aber den Boden auf und W „An Ihrer Stelle ſchaffte ich ihn doch in 2 Wenn das nur gleich ſo ginge,“ erwiderte „Nein,“ entgegnete der Baron, dem das