9.—— 2 2 viernheimer Anzeiger Viernheimer Tageblatt(Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) rſcheinttäglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage.— Be ö ugspreis monatl. 1.50 Mark frei ins Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeſle koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bel Wiederholung 1. Süntliche Hunde And ſeßlulegen. Der Feſt⸗ legung iſt das Führen an der Leine und bel Alebhunden die feſte Anſchirrung glelch zu 1 fee ee dee e e eee zur Begleitung von Herden und von Jagd⸗ erhalte für die Jolge hunden bei 10 825 50 Leine iſt geſtattet„ede W früß beſte 2. Schlächtern, Blahkaſtrierern, ſowle Händlern uche f Ferkel, und anderen Perſonen, die gewerbsmäßig in Ställen verkehren, ferner Perſonen, die einn s g Läufer u. Einleg⸗ Arntlicher Teil. ice Billige Timmor-Oefen! Um zu räumen, verkaufe ich einen großen Poſten erſter Fabrikate zu ſtaunend billigen Preiſen Zum Beiſplel: Füllofen ür mittleres 81 ah e 18.— Füllofe(mit Nickelgriff) Mk. 36.— Bekanntmachung. Des.: Den Ausbruch der Maul- und Klauen⸗ ſeuche in Viernheim. Im Nachgang zu unſeren Bekanntmachungen dvobigen Betreffs vom 13. und 28. Januar 1926 Fringen wir nachſtehend den Wortlaut der zu be⸗ ſAchtenden geſetzlichen Beſtimmungen zur öffentlichen Kennkuls. Viernheim, den 25. Januar 1926 Gewerbe im Umherziehen ausüben, iſt das Betreten aller Ställe und ſonſtiger Stand⸗ orte von Klauenvieh im Sperrbezirke, des gleichen der Eintritt in die Seuchengehöfte verboten. Piernheimer Zeitung— Viernheimer Nachrichten) haus gebracht.— Gratis beilagen: wöchentl. Samstags das achtſeitige illuſtrierte Sonntagsblatt„Sterne abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vormittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wandkalender.— Annahme von Abonnements täglich[ vorher.— Inſerate müſſen bel Aufgabe bezahlt werden, mit Ausnahme derjenigen, die in lfd. Rechnung ſtehen. . t Vi eim Heſſiſches eng 1 5 1585 3. Dünger und Janche von Klauenvleh, ferner i Gerätſchaften und Gegenſtände aller Art, die mit ſolchem Vieh in Berührung gekommen ſind, dürfen aus dem Sperrbezirke nur mit polizeilicher Erlaubnis unter den polizeilich anzuordnenden Vorſichtsmaßregeln ausgeführt werden. 4. Die Einfuhr von Klauenvieh in den Sperr ⸗ bezirk, ſowie das Durchtreiben von ſolchem Vleh durch den Bezirk iſt verboten. Dem Durchtrelben von Klauen vieh iſt das Durch ⸗ fahren mit Wiederkäuergeſpannen gleichzu ſtellen. Die Einfuhr von Klauen vieh zur ſofortigen Schlachtung, im Falle eines beſon⸗ deren wirtſchaftlichen Bedürfniſſes, auch zu Nutz⸗ und Zuchtzwecken kann geſtattet werden. Schluß folgt. Für den Sperrbezirk gelten folgende Anordnungen: J. An den Haupteingüngen des Sperrbezirks und Tafeln mit der deutlichen und haltbaren Aufſchrift„Maul- und Klauenſeuche Sperrbezirk. Einfuhr und Durchtreiben von Klauenvleh ſowle Durchfahren mit Wiederkäuergeſpannen verboten“ leicht ſichtbar anzubringen. Il. De Einhaltung der getroffenen Anord⸗ nungen, iſt durch fortgeſetzte polizeiliche Ueber⸗ wachung ſicherzuſtellen. III. 1. Das verſeuchte Gehöft wird gegen den Verkehr mit Tieren und mit ſolchen Gegen ⸗ ſtänden, die Träger des Anfleckungsſtoffs ſein können, in folgender Weiſe abgesperrt: a) Ueber die Ställe oder ſonfligen Standort wo Klauenvieh ſteht, wird Sperre verhängt.] 8 e Die abgeſperrten Tiere dürfen aus dem fh 15 d große Auswahl in Markenſachen wie Schar⸗ Stalle(Standort) mit unſerer Erlaubnis lach und Rhlemannlampen. 4* zur ſofortigen Schlachtung entfernt werden. Billige Karbitlaternen Fahtradlauſe 359 p) Die Verwendung der auf dem Gehöfte be⸗ von Große Auswahl in findlichen Pferde und ſonſtigen Einhufer Taſchenlampenhülſen außerhalb des geſperrten Gehöfts ißt geſtattet zu billigen Preiſen. jedoch, inſoweit dieſe Tiere in verſeuchten Friſche Batterien ſtets auf Lager. Nikolaus Effler Bedingung, daß ihre Hufe vor dem Verlaſſen am Rathaus. N des Gehöfte desinfiziert werden. e) Geflügel iſt ſo zu verwahren, daß es das Gehöft nicht verlaſſen kann. Für Tauben gilt dies inſoweit. als die örtlichen Verhält⸗ niſſe die Verwahrung ermöglichen. Hunde, die in dem Gehöft gehalten werden dürfen aus dieſem nur nach erfolgter Des ⸗ infektion der Füße entfernt werden. Fremde Hunde dürfen das Seuchegehöft nicht be ⸗ treten. d) Fremdes Klauenvleh iſt von dem Gehöfte fernzuhalten. i e) Das Weggeben von Milch aus dem Gehöft is unter der Bedingung der vorherkgen Ab⸗ eee 28 7e 92 ö eee. N Den. kochung oder einer anderen ausreichenden Erhitzung geſtattet. Kann eine wirkſame Erhitzung nicht gewährleiſtet werden, ſo iſt das Weggeben von Milch aus dem Gehöft verboten. Für die Abgabe der Milch an Sammelmolkereten, in denen eine wirkſame Erhitzung der geſamten Milch gewährleiſtet ſſt, find ausnahmen zugelaſſen. Die Entfernung des Düngers aus den ver⸗ ſeuchten Ställen und die Abfuhr von Dünger und Jauche von Klauenvieh aus dem ver⸗ ſeuchten Gehöfte müſſen nach den Vorſchriften des 5 19 Abf. 3, 4 der Anweilſung für das Desinfektions verfahren(zu erfragen bel dem Poltzeiamt) erfolgen, und iſt, ſowelt tuulſch, vor der Entfernung aus den Ställen vor- nehmen. 15 und Streuvortäte dürfen für die Dauer der Seuche nur mit polizeilicher Er⸗ Verſt igerungs⸗ Dienstag, den 26. Januar 1926, nach gert werden: 6 Stühle und zwei Schweine. Zuſammenkunft am Rathaus. Gernsheim, den 22. Januar 1926. G SLitters Gerichts vollz ieher. mittags 2 Uhr, ſollen nachverzeichnete Gegen⸗ ſtände zwangsweiſe gegen Barzahlung verſtei⸗ 2 Nähmaſchinen, 1 Motor, 1 Divan, 1 Fahrrad, 1 Tiſch u. Einleg⸗ laubnis und vur inſoweit aus dem Gehsft( ausgeführt werden, als ſie nachweislich nach dem Orte ihrer Lagerung und der Art dez Transports Träger des Anſteckungsſtoffs nicht ſein können. e Fahrzeuge, Behältniſſe und ſoweit ſie mit ſonſtige Gegenstände müſſen, den kranken oder verdächtigen Tieren oder deren Abgüngen in Berührung gekommen find. desinfiziert werden bevor ſie aus dem Gehöft herausgebracht werden. Milchtrans⸗ pottgeſäße ſind nach ihrer Entleerung zu dek⸗ infizleren. Leere Futter⸗ und Düngerſäcke aus dem Seu⸗ chengehöft därfen nur nach erfolgter Des in fektion entfernd werden. f 2. Die Stallgänge der verſeuchten Stlͤlle des geſpertten Gehöftes, die Plätze vor den Türen öbel Schlafzimmer in birke, eiche, nußb. pol. u. eiche lak. von 230 Mark an. Weinhelmerſtraße. dieſer Ställe und vor den Eingängen des Gehöfts die Wege an den Ställen und in den zugehörigen Hofräumen, ſowie dle etwalgen Abläufe aus der Dungſtätte oder dem Jauchebehülter find täglich mindeſtens einmal mit dünner Kalkmilch zu Über glezen, Bei Froſtwetter kann an Stelle des Ueber⸗ gleßens mit J 5 805 mit gepulvertem elöſchtem Kalk erfolgen. er 5 geſpertten Ställe(Standorte) dürfen, abgeſehen von Notfällen, ohne poſizelli che Geneh · migung nur von den Veſitzern der Vlere oder Ställe, deren Vertreter, den mit der Beaufſichtl gung, Wartung und Pflege der Tiere beauftrag · ken Perſonen oder von Tlerärzten betreten werden Perſonen, dle in abgeſperrten Ställen verkehrt Faden, dürfen erſt nach vorſchriftsmäßlger Desin⸗ ſektion das Seuchengehöft verlaſſen. 4. Zur Wartung des Klauenviehs in dem gesperrten Gehöfte därfen Perſonen nicht verwen⸗ det werben, bie mit fremdem Klauenvleh in Be⸗ N kommen. f W. Süntliches Klauenvleh nicht verſeuchter Gehöfte des Sperrbezirks unterlegt der Abſonde tung im Stalle. V. Für den ganzen Bereich des Sperrbezirks zelten folgende Bemerkungen: Schulranzen u. Schüler mappen kauft man am besten beim Fachmann, dort werden auch alle Ihre Reparaturen gemacht. Rur sollde Sattlerarbelt kemmt zum Verkauf. Holidecken u. Resendecken In groler Auswahl. N Besetzte Ware, mit Gurten und Leinwand vollständig berlemt. Hundehalsbänder, Leiaen und Retten, f Maulkörbe. a fuss: und Fausthälle, Grüsse 1, 3 und 8. Summihlasen in allen Brössen. Nathausstrauae 63. und ſtehen ſolche in meinen Schweine Stallungen in Weinheim im„goldnen Bock“ zu bil⸗ ligſten Tage spreiſen(zur Zeit außerordentlich preis wert unter jeder Garanti⸗ für Geſundheit zum Verkauf“ H. Drehes Alle Größen vorrätig in verſchiedenen Aus⸗ i führungen. Beachten Sie meine Schaufenſter. J. Wunderle am Marktplatz. 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Bei der Anmeldung sind 4 Mk. zu entrichten. frau Emma Friedmann Montigel Weinheim l. B., Friedrichstr. 5, 3. Stock. N 5 a empfiehlt iu schöner Kabwahl 1* 0 7 5* 1** 1 3 8 Erſte und älteſte Zeitung am Platze.— Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamts Viernheim ſprecher 117.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M. Schriftleitung, Druck und Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle: Rathausſtr. 36 5 herabſchauenden Ideen füllt, und die kleinen weltlichen und geiſtlichen daß die franzöſiſche Revolution, Zuſtänden ein Ende machte, vom jungen Gör⸗ res aufs freudigſte begrüßt wurde. die franzöſiſchen Revolutionsheere bald auch nach Koblenz kamen, freiheitsdürſtenden Jüngling für ihre Ideen Lafſaulk, der geiſtreichen 21 0 ———6¼. ᷑— Wenn die größten Deutſchen des 19. Jahrhunderts genannt werden, dann ſteht un⸗ ter ihnen nicht an letzter Stelle Joſef von Görres, der am 25. Januar 1776, alſo jetzt vor 150 Jahren, in Koblenz als Sohn eines Holzhändlers geboren wurde. Seine Jugend fiel in eine bedeutſame Zeit: in Görres Hei⸗ mat war alles, was ſich zu den Gebildeten zählte, von den mit Verachtung auf das Alte der Aufklärung er⸗ Fürſten am Rhein taten in jenen Jahren des Niedergangs alles, um ſich die Achtung ihrer Untertanen zu verſcherzen. Kann es da wundernehmen, wenn auch der junge Görres, frühreif und beweglichen Temperaments und erfüllt von einem leiden⸗ ſchaftlichen Drang zur Freiheit, ſich in töd⸗ lichem Haß gegen das Morſche in Staat und Kirche wandte? Auch wundert es uns nicht, die jenen Und als da fanden ſie in dem und Pläne einen willkommenen Wegbereiter. Offener trat nun Görres Abneigung gegen die Mißwirtſchaft ans Tageslicht, und ſeine An⸗ klagen mußten umſo gefährlicher wirken, als der Jüngling unter der von ihm gepredigten Freiheit nicht etwa Zügelloſigkeit verſtand, ſondern aus tiefem ſittlichen Ernſt heraus von der neuen Demokratie, und nur von dieſer allein die Wiedergeburt der Welt erwartet. An der Spitze der Koblenzer Republika⸗ ner erſchien der kaum 20jährige Görres im Mainzer republikaniſchen Klub und riß hier alle durch das Feuer ſeiner Beredtſamkeit mit ſich fort. Daß er dann im Koblenzer Klub, der Anfang 1797 gegründet wurde, eine führende Rolle ſpielte, iſt mehr als ſelbſtverſtändlich. Der junge Görres ging in ſeinem politiſchen Wirken ganz auf, und er ſuchte auf alle Weiſe den Gedanken einer linksrheiniſchen Republik, der, eisrhenaniſchen“, zu fördern. Nur ein Schritt weiter auf der einmal betretenen Bahn war es. enn Görres Ende 1797 im Namen der Chisrenanen den Anſchluß an Frankreich verlangte.„Die Natur ſchuf den Rhein als Frankreichs Grenze. Es lebe die Franken⸗ republik!“ Träumte er doch damals von einer allgemeinen Pölkerrevublik, wie ſeine 1797 erſchlenene Erſtlingsſchrift Der allgemeine Friede, ein Ideal“ zeigt. Seit Februar 1798 wirkte er durch ſeine Revolutionszeitſchrift Das rote Blatt“ und deren FNortſetzung„Rübezahl“ auch fournali⸗ ſtiſch für die republikaniſche Freiheit. merk⸗ würdig genung glaubte er dieſe bald auch ſchon gegen die Franzoſen ſelbſt verteidigen zu müſſen:„Wir erhielten die Lotterie, die Ab⸗ gaben, die Dou ne. aber keine Repräſentanten, keinen eigenen Willen.“ An Konflikten zwi⸗ ſchen ihm und den fransßſiſchen Behörden im Rheinland fehlte es nicht. Dann ſandte Ende 1799 das Rhein⸗ und Moſeldepartement den 24jährigen als ſeinen Anwalt nach Paris, und dieſe Reiſe ſollte für den freibeitglühen⸗ den Rheinländer, dem am Feſte Pauli Be⸗ kehrung das Leben gegeben morden. den Um⸗ ſchwung bringen, mie dereinſt auf dem Wege von Jeruſalem nach Damaskus aus einem Saulus ein Naulus geworden war. Als man in der Hauptſtadt ankam. hatte eben Navo⸗ leon an die Stelle von Regierung und Volks⸗ vertretung die Militäroewalt geſetzt und da⸗ mit der Demokratſe ein Ende gemacht. Gör⸗ res war ſcharfblickend genug. um zu ſehen, daß auch ohne dieſen Gewaltakt in der franzö⸗ ſiſchen Republik kein Platz für wahre Demo⸗ kraten ſein konnte; denn Paris, das Haupt der neuen Freiheit, war krank und morſch bis in die tiefſten Tiefen und er ſah mit ſeinem Seherblick voraus, daß eine ſchlimmere Knechtſchaft für das Rheinland kommen werde als man hier je gekannt. Mit dieſer bitteren Enttäuſchung nach Koblenz zurückgekehrt, zog ſich Görres ſeit Februar 1800 vom politiſchen Leben zurück; Aus ſeiner Begeiſterung für die franzöſiſche Republik war nunmehr ein Haß geworden gegen alles Franzöſiſche.„Ich danke Gott, daß ich noch meine Neigung für Kunſt und Wiſſen⸗ ſchaft aus dem Sturme gerettet habe.“ Seit⸗ dem beſchäftigte ſich Görres mit wiſſenſchaft⸗ lichen Arbeſten, und 1801 ſchloß er„zur guten nde“ die Ehe mit Katharina von und hübſchen Joſeph von Görres. Zum 150. Gedenktag ſeiner Geburt. 1776-1926, 25. Januar. Von Dr. H. Schiffers. 00 Dienstag, den 26. Januar 19268ũ 43. Jahrgang Tochter einer angeſehenen Koblenzer Familie, bezeichnenderweiſe ohne kirchliche Trauung. Wenn Görres ſich auch noch nicht zum natio⸗ nalen Gedanken durchgerungen hatte, ſo wurde doch dem Lehrer an der franzöſiſchen höheren Schule ſeiner Vaterſtadt unter Napo⸗ leon, das Leben von Tag zu Tag unerträg⸗ licher.„Keine Sonne ſcheint— ſo ſchreibt er am 3. Februar 1805—, die Erde iſt gefroren ſeit vier Jahren, und die Wurzeln, mit denen ich feſt an meinem Lande hing, ſind durch den Froſt aus der Erde getrieben und werden dürre, wenn ſie nicht in anderen Boden ver⸗ ſetzt werden. Und ſchließlich entwich Görres im Herbſt 1806 der Fremdherrſchaft und gründete als Privatdozent in Heidelberg mit Brentano und Arnim jenen unvergleichlichen romantiſchen Bund, der in der Zeit tiefſter nationaler Er⸗ niedrigung mit der Begeiſterung für das alte deutſche Volksgut in Sprache, Dichtung und Kunſt auch wieder die opferbereite Liebe zum Vaterlande zu entfachen begann. Wirtſchaft⸗ liche Rückſichten zwangen zwei Jahre ſpäter Görres zur Rückkehr nach Koblenz in ſein Amt: wir finden ihn hier immer beſchäftigt mit der Vergangenheit ſeines eigenen Volkes, um daraus Schätze für die ſittliche Erneue— rung und die nationale Wiedergeburt zu he ben, auch religiöſe Probleme beginnen ihn, jetzt wieder zu feſſeln. Als dann die Stunde der Befreiung von Napoleon ſchlug, war auch für Görres d' Zeit gekommen. Der„ſchlagenden Arme“ ü ſo ſchrieb er Anfang 1814 an W. Grimm— ſind ſo viele, daß man wohl mit Ehren die ſeinen ſchreiben laſſen kann.“ Und ſo aründete er damals den„Rheiniſchen Merkur“. den Napoleon wegen des gewaltigen Einfluſſes von Görres Teuerſprache auf die ganze Na⸗ tion, als die fünfte der gegen ihn verbündeſen Großmöchte bezeichnete. Doch zum Kampf gegen Napoleon anzuſpornen, ſollte nicht die einzige Aufgabe des„Rheiniſchen Merkur“ ſein. Vielmehr brachte er mit weithin drin⸗ aender Stimme auch die Forderungen der Nation für die Neugeſtaltung Deutſchlands zum Ausdruck: er verlangte, daß wieder ein einiges deutſches Reich unter einem Kaiſer er— ſtehe, und daß die Geſamtheit des Volkes Träger des Staatslebens ſein müſſe. Noch war die Zeit nicht reif für die Er⸗ füllung dieſer nationalen Forderungen. Und deshalb wurde Görres und ſein„Rheiniſcher Beobachter“ den Fürſten und Regierungen läſtig, und als die Sprache ungeſtümer war, da machte am 10. Januar 1816 Preußen dem wegweiſenden Blatt ein gewaltſames Ende. Er, der durch ſeinen„Rheiniſchen Merkur“ einen Stimmungsumſchwung im Rheinland zu Gunſten Preußens eingeleitet hatte, hielt ſich jetzt doppelt verpflichtet, von dem näm⸗ lichen Preußen den Erlaß einer Verfaſſung zu fordern. Das tat er 1817 in einer mit vie⸗ len Tauſend Unterſchriften verſehenen Adreſſe und in ſeiner Schrift Deutſchlands künftige Verfaſſung“, zind obwohl die Reaktion längſt ihr Haupt erhoben, geißelte er 1819 in ſeiner neuen Schrift„Deutſchland und die Revolu⸗ tion“ erneut mit größtem Freimut die Fehler, der Regierungen. Die Folge war, daß Görres im September des nämlichen Jahres nach Straßburg fliehen mußte und daß er nie die geliebte Heimat wieder ſah. Auch während ſeiner Verbannung im Elſaß und in der Schweiz ſchwieg Görres nicht, ſondern die reaktionäre Bewegung in Europa zwang ihn 1821 zu der Schrift„Europa und die Revolu⸗ tion“, die Görres wiedererwachte Religioſität zeigt. In Straßburg hat er 20 Jahre nach der M die kirchliche Trauung nachge⸗ olt. Nur von der Kirche, die er einſt ſelber befehdet hatte, erwartete Görres jetzt noch die Rettung der Natian. Seitdem iſt die Vertei⸗ digung der katholiſchen Kirche ſein Haupt⸗ pvrogramm geblieben, nicht in dogmatiſchen Fragen, ſondern in ihrem Verhältnis zum Staat; von dieſem ſollte die Kirche vollkom⸗ men unabhängig ſein, damit ſie ihre Kräfte zum Segen von Staat und Volk ganz entfal⸗ ten könne. Als Görres 1827 durch König Lud⸗ wig als Profeſſor der Geſchichte nach Mün⸗ chen berufen wurde. iſt er in der bayeriſchen Hauptſtadt der Mittelpunkt des politiſchen Katholizismus geworden, der jenes Ziel er⸗ ſtrebte. Seinen Höhepunkt erreichte Görres Kampf für die Freiheit der Kirche, als er in die nach der Verhaftung des Kölner Erz⸗ biſchofs durch die preußiſchen Behörden hoch— gehenden Wogen der Erregung 1838 ſeinen „Athanaſius“ hineinſchleuderte und damit aufmunternd und mäßigend zugleich in die Geſchehniſſe eingriff. Am 29. Januar 1848, alſo unmittelbar vor dem Beginn der 48er Sturmzeit, iſt Joſef von Görres in ſeiner neuen Heimat ver⸗ ſchieden. In ſeinen Fieberphantaſien redete der Sterbende davon, daß ein ſchlichter, un— ſcheinbarer Mann bei ihm geweſen, der große Worte mit ihm geſprochen habe, und daß dies der Apoſtel Paulus geweſen ſei. Auf ſeinem Grabmal ſtellt man Görres dar, wie ihm der Völkerapoſtel Paulus ein Schwert in die Hand drückt. Eine Paulusnatur iſt Görres in der Tat geweſen, und wer wollte den Stein gegen ihn heben, daß er in der Jugend, wie einſt auch Paulus in die Irre ging!„Du liebſter Görres— ſo ſchrieb ihm 1827 Arnim — haſt immer in Vahrheit geirrt, in Wahr— heit Dich erhellt und erheitert. Mögen Dich die Menſchen wandelbar ſchelten in Deinem Glauben, aber das ehre ich an Dir, daß Du nicht aus Eitelkeit dich verſtelltſt, als ob Du fertig geweſen vom Anfange“. * Das Geburtshaus von Joſef Görres. Koblenz, 24. Das Geburtshaus Joſeph Görres wurde geſtern deutlich kenntlich ge— macht. An dem Gebäude des Hotels„Rieſen— Fürſtenhof“ wurde nach der Rheinſtraße zu eine Tafel eingemauert mit der Inſchrift: Im alten Hauſe Zum Rieſen wurde am 25. Jan. 1776 Joſef Görres geboren. Deutſcher Reichstag. Die Femedemorde vor dem Reichstag. Berlin, 23. Jan. Der Reichstag erledigte zunächſt die 20 noch zurückgeſtellten Abſtim mungen zum Reichshaushaltsplan. Das von den Sozialdemokraten geforderte Reichsmilchgeſen wird abgelehnt, angenommen wird ein An- trag Stegerwald(Zentr.), der Erleichte— rungen für die Landwirtſchaft fordert, und ein Autrag Leicht(Bayer. p.), der für die Landwirtſchaftsgenoſſenſchaften und den legi— timen Handel billige Kredite verlangt. Eben⸗ falls zur Annahme gelangt ein Antrag, der von allen Parteien unterſtützt wird und der die Reichsregierung erſucht, Verwaltungen übergeführten Verkehrsbeam— ten, ſoweit ſie bis 1. Juli 1926 bei der Ueber⸗ nahmeverwaltung nicht die Beförderung er— reicht hätten, zur Stammverwaltung zurück⸗ zuführen, ſofern die Beamten dies wünſchen. Dann wandte ſich der Reichstag dem ſozial— demokratiſchen Antrag auf Einſetzung eines Unterſuchungsausſchuſſes für die Unterſuchung der Femeorganiſationen und Fememorde zu. f Abg. Saenger(Soz.) begründete den Antrag. Die Einführung des feigen Meuchel⸗ mordes als politiſches Kampfmittel ſei den Anhängern der Reaktion und der Reſtauration in Deutſchland vorbehalten geblieben. Anfang November waren 60 Fememorde aufgedeckt. Drei Urſachen haben beſonders zur Häufung dieſer ſcheußlichen Morde geführt: die Ver⸗ hältniſſe in der Reichswehr, die deutſche Ju⸗ ſtiz und die nationaliſtiſche Verhetzung. Die Femeorganiſationen können nur beſtehen, wenn ſie Kontakt mit einer politiſchen Orga⸗ niſation haben. Im Statut der aufgelöſten Turnerſchaft der deutſchvölkiſchen Freiheits— partei in Mecklenburg findet ſich folgende Be⸗ ſtimmung:„Wer unſeren Beſtrebungen zuwi⸗ derhandelt iſt ein Schuft und für uns vogel⸗ frei. Wir behalten uns vor, die von uns feſt⸗ zuſetzende Strafe ſelbſt zu vollziehen. Wir verpflichten uns nochmals, nur im Einver⸗ ſtändnis mit dem Porſtand der deutſchvölki⸗ ſchen Freiheitsvartei zu handeln, verlangen aber auch, daß er uns mit Rat und Tat zur Seite ſteht, und uns Schutz angedeihen läßt.“ (Hört! hört! links.) Faſt durchweg ſind die Fememörder ehemalige Offiziere oder Feld⸗ webel. Die Fememorde ſind in allen Fällen in ganz beſonders feiger u. dabei viehiſch roher Weiſe ausgeführt worden. Die meiſten der er⸗ mittelten Mörder gehörten der ſogenannten Schwarzen Reichswehr an. Eine ſchwere Schuld hat die deutſche Juſtiz auf ſich gela⸗ den, deren Verhalten die Meinung hat auf⸗ kommen laſſen, daß in Deutſchland das Le— ben eines Republikaners mut weniger gelte als das eines nationaliſtiſchen Verächters von Geſetz und Recht. Der ſtellvertretende baye⸗ riſche Generalſtaatskommiſſar v. Aufſeß, der jetzt noch im Königreich Bayern in Amt und Würden iſt, hat öffentlich erklärt, in Bayern die zu anderen würde man die Erzbergermörder nicht aus⸗ dee hört! links.) Die dritte Quelle er Verbrechen iſt die nationaliſtiſche Verhet⸗ zung. Dieſe Hetze richtete ſich jetzt ſogar gegen den Reichspräſidenten. Es ſteht feſt, daß die völkiſchen Mordorganiſationen ausländiſches Geld erhalten. Das Ludendorff-Organ habe die Fememörder in Schutz genommen u. als Vertreter völkiſcher Idee von Recht und Ehre geprieſen. 5 Abg. Neumann(Zentr.) nahm den Richterſtand gegen die Angriffe des Vorred— ners in Schutz. Er erklärte, die Zentrumsfrak⸗ tion habe das größte Intereſſe an der Auf⸗ deckung und die Beſeitigung des furchtbaren Uebels der Fememorde. Sie werde darum auch dem ſozialdemokratiſchen Antrag auf Einſetzung des Unterſuchungsausſchuſſes zu⸗ ſtimmen. ö Auch die Kommuniſten laſſen erklären, daß ſie dem ſozialdemokrat. Antrag zuſtim⸗ men, ſie bezweifeln aber, daß in dieſem Aus⸗ ſchuß volle Aufklärung geſchaffen werden könne. Abg. Rönneburg(Dem.) gab namens ſeiner Fraktion eine Erklärung ab, in der es u. a. heißt:„Die Beunruhigung der Oeffent⸗ lichkeit, die wegen der Fememorde entſtanden iſt, wird beſtärkt durch die Tatſache, daß die bisher über Fememorde geführten Gerichts— verhandlungen meiſt unter Ausſchluß der Oef— fentlichkeit vor ſich gegangen und zu einem Abſchluß geführt worden ſind, für den wei⸗ teſte Kreiſe unſeres Volkes kein Verſtändnis beſitzen. Es kann kein Zweifel ſein, daß ſich Geheimorganiſationen angemaßt haben, un— ter Nichtachtung von Leib und Leben deutſcher Staatsbürger über politiſch Andersdenkende Selbſtgerichte abzuhalten. Verantwortlich für dieſe unerträglichen Zuſtände und entſetzliche Vergiftung und Verrohung des politiſchen Lebens in Deutſchland iſt eine maßloſe natio⸗ naliſtiſche Agitation. Das deutſche Volk hat Anſpruch auf völlige Klarheit über die Ge⸗ heimorganiſationen über die Geldgeber und die Parteien und Perſönlichkeiten, die hinter ihnen ſtehen. Die demokratiſche Fraktion hält darum die Einſetzung eines Unterſuchungs⸗ ausſchuſſes für dringend geboten, der auch prüfen muß, ob die beſtehenden geſetzlichen e ausreichend zum Abwehrkampf ind. Vizepräſident Dr. Bell rief nachträglich den Abg. Saenger(Soz.) zur Ordnung wegen deſſen aus dem Stenogramm feſtgeſtellter Redewendung: Ludendorff ſei verrückt! Als dann der völkiſche Abg. Stöhr das Wort erhielt, wurde die Debatte, die bis da- hin ziemlich ruhig geweſen war, ſehr lebhaft. Es kam zu erregten Zwiſchenrufen zwiſchen der Linken und den Völkiſchen mit öfteren Unterbrechungen. Den vom Abg. Saenger angeführten nationalen Preſſeſtimmen ſei aus der„Voſſ. Ztg.“ ein Artikel entgegenzuhalten, in dem es heißt:„In jedem anderen Land würde ein Ludendorff ſchon längſt an der La⸗ terne hängen!“ Als bei dieſer Stelle aus den Reihen der Sozialdemokraten Sehr richtig!“ gerufen wird, rufen die Völkiſchen minuten⸗ lang nach links hinüber:„Pfui Teufel!“ f Als Abg. Stöhr am Schluß ſeiner Rede mit einer Handbewegung zu den Sozialdemokra⸗ ten hin von Heuchlern ſpricht, kommen ſtür⸗ miſche Proteſtrufe der Sozialdemokraten. Auf eine Frage des Vizepröſidenten Dr. Bell. er⸗ klärte Abg. Stöhr, er habe mit dieſem Aus⸗ druck keinen Abgeordneten gemeint. Darauf rufen die Sozialdemokraten ihm zu:„Wie kann man nur ſo feige ſein!“ Erſt nach einigen Minuten leat ſich der Lärm und Abg. Stöhr ſchließt:„Mit uns, nicht mit Ihnen Gu den Sozialdemokraten) marſchiert die neue Zeit!“ Die Völktiſchen beglückwünſchen den Redner, die Sozialdemokraten und Kommuniſten ru⸗ fen:„Heul! Heul!“ Damit ſchließt die Aus- ſprache. ö Da mehr als ein Drittel der Abgeord⸗ neten die Einſetzung eines Unterſuchungsaus⸗ ſchuſſes verlangt und die Sozialdemokraten über dieſes Drittel allein verfügt, iſt nach der Geſchäftsordnung der Ausſchuß ohne weite⸗ res beſchloſſen. Er ſoll mit 21 Mitgliedern be⸗ ſetzt werden. Um s Uyr vertagt ſich der Reichstag auf Dienstag 2 Uhr. Auf der Tagesordnung ſteht als einziger Punkt: Entgegennahme der Re⸗ gierungserklärung. Görresfeier im Reichstag. Berlin, 25. Jan. Geſtern fand anläßlich des 150. Geburtstages Joſef Görres im Ple⸗ narſitzungsſaale des Reichstages eine Exin⸗ nerungsſeier ſtatt. Es ſprachen Geheimrat Schellberg, Dr. Höber⸗Köln und Dr. Leyhauſen ron der Berliner Univerſität über das Leben und die Were Görres. — Politiſche Umſchau. Die Reform des Reichswahlgeſetzes. Ein Berliner Montagblatt erfährt, daß im Reichsin⸗ nenminiſterium nunmehr ein Geſetzentwurf für die Reform des Reichstagswahlrechtes ausgear⸗ beitet werde. Die bisherigen 35 Wahltreiſe ſol⸗ len ſo verkleinert werden, daß der Wähler wie⸗ der in einen näheren Kontakt mit den Kandida⸗ ten kommt und deren zentraler Einfluß geſchwächt wird. Der neue Geſetzentwurf des Reichsinnen⸗ miniſteriums ſoll 250 Wahlkreiſe vorſehen. Die Heraufſetzung des Wahlalters ſcheine in dem Entwurf noch nicht berückſichtigt zu ſein. Dazu wäre bekanntlich eine Zweidrittelmehrheit erfor⸗ derlich. — Für glichzeitig Zulaſſung Deutſchlands u. Polens zum Völterbund. Die„Ere Nouvelle“ trat in ihrem geſtrigen Leitartikel für die gleich⸗ geitige Zulaſſung Deutſchlands und Polens zum Völkerbundsrat ein. Die Argumentierung, man müſſe erſt mit Deutſchland zu einem Ende kom⸗ men und könne nachher in der ordentlichen Sitz⸗ ung de ölkerbundes im September di ö 4 11 9 85 ſel gehn 15 lezen Gayrheitsgehalt der mittelalterlichen Denker be⸗ all i 0 3 ü Falle werde vorausſichtlich Polen niemals einen tungenſchaft der modernen Wiſſenſchaft, vor al⸗ Kandidatur prüfen, ſtändigen Sitz im Völkerbund erhalten, denn der hierzu erforderliche Beſchluß des Rats müſſe ein⸗ ſtimmig gefaßt werden, ſodaß Deutſchlands ab⸗ lehnende Stimme genügte, Polen jedesmal aus⸗ zuſchließen. Eine derartige unerträgliche Lage müſſe die europäiſche Atmoſphäre vergiften und den Geiſt von Locarno töten. — Thomas bei Brauns. Der Direktor Internationalen Arbeitsamtes in Genf Albert Thomas hatte am Samstag eine längere Unter⸗ redung mit dem Reichsarbeitsminiſter Dr. Brauns. Es wurden alle wichtigen, zwiſchen der deutſchen Regierung und dem internationalen Arbeitsamt ſchwebenden Fragen erörtert. Was die Anſtellung von Deutſchen beim Internationa⸗ len Arbeitsamt anbetrifft, ſo hat Direktor Tho⸗ mas die Notwendigkeit einer Vermehrung und zwar insbeſondere auch der oberen Beamten⸗ ſtellen des Internationalen Arbeitsamtes aner⸗ kannt und Schritte in dieſer Richtung getan. Im übrigen wurden insbeſondere noch die Frage der Ratifizierung des Achtſtundentäg⸗Uebereinkom⸗ mens erörtert. Auch hier konnte eine weitgeh⸗ 9155 Uebereinſtimmung der Anſichten feſtgeſtellt erden. — Auſtralien hebt die Sperre für Deutſche auf. Die auſtraliſche Regierung hat die Beſtim⸗ mungen bes Einwanderungsgeſetzes über die Be⸗ hinderung der Einreiſe deutſcher Staatsangehö⸗ riger nach Auſtralien aufgehoben. Die Aufhe⸗ bung bezieht ſich nur auf Auſtralien, nicht aber auf Papua, die Norfolkinſel oder das Mandats⸗ gebiet von Neu⸗Guinea. Seinerzeit internierte Deutſche, die repatriert oder aus Auſtralien aus⸗ gewieſen wurden, müſſen beſondere Erlaubnis erlangen, ehe ſie zur Rückkehr nach Auſtralien zugelaſſen werden. a des Kardinal Mercier. Brüſſel, 24. Jan. Geſtern nachmittag iſt der Kardinal Mercier ſanft entſchlafen. Vor einigen Tagen noch hatte es den Anſchein, als ob im Befinden des Kirchenfürſten eine nach⸗ haltige Beſſerung elntreten würde. Bald jedoch trat ein rapider Kräfteverfall ein, der zum töd⸗ lichen Ausgang führte. In den letzten zwei Stunden war der Patient vollkommen bewußtlos. ö. Die„Germania“ widmet dem Verſtorbe⸗ nen folgenden Nachruf: Vor wenigen Monaten hat nicht nur Belgien, ee die ganze katholiſche Welt das goldene Prieſterjubiläum des belgiſchen Primas gefeiert. Aber weit über die Grenze der Katholiſchen Kirche hinaus hat der Kardinal Sympathien zu wecken gewußt und ſind ihm gelegentlich ſeines Jubi⸗ läums aus dieſen Kreiſen Symvatbiekundgebun⸗ ung zueinander ſtehen und beide ö 0 der in Löwen die Errichtung für 2 ſen zuten geworden. veichis iteß damais aynen, aß auf jene Feier ſo bald der Tod folgen ſollte. 1 Die Katholiſche Kirche verliert an ihm einen her⸗ vorragenden Kirchenfürſten und Seelenhirte Belgien einen glühenden Patrioten und eine 5 Zierde des Vaterlandes, die Gelehrtenrepublik einen anerkannten und fruchtbaren Verlreter der Philoſophie. Auf dieſem letzten Gebiete liche Bedeutung Mereciers. Ex deutendſten Vertretern, ja Wiederbelebern der thomiſtiſchen Phlloſophie. Im Prieſterſeminar zu Mecheln hatte er ſeine Lehrtätigkeit begonnen und die Aufmerkſamkei auf ſich gelenkt. Leo 13. ſelbſt wählte ihn, um an der katholiſchen Univer⸗ lag die hauptſüch⸗ gehört zu den be⸗ ſität Löwen die Erneuerung der Philoſophie und mit ihr der ſpekulativen Theologie Als akademiſcher Lehrer, demiſchen Lehrbetriebs einzuleiten. 15 a See 115 aka⸗ und a riftſteller hat er den ihm von Leo 13. 11 107 Auftrag in wahrhaft glänzender Weiſe erledigt. Ganz im Geiſte des großen Papſtes wollte er keines⸗ vegs ein bloßer Erneuerer der geſchichtlichen Scholaſtik ſein, das wäre ja auch gegen den Geiſt der Scholaſtik geweſen. Wohl aber ſollte der feſte ſtätigt, erweitert, vertieft werden durch die Er⸗ ſem der Naturwiſſenſchaften. Als Scholaſtiker war eben Mercier der Überzeugung, daß Natur⸗ wiſſenſchaft und Philoſophie in engſter Bezieh⸗ N einander ergän⸗ zen und befruchten müſſen. So war es denn auch eines Inſtituts experimentelle Pſychologie veranlaßte. Die Arbeiten dieſes Inſtituts können den Vergleich mit denen anderer ſtaatlicher Anſtalten der Art wohl aushalten. Mercier hat auch im Betrieb der Philoſophie die ſtete Bezugnahme auf die neuere Philoſophie nicht außer Acht gelaſſen, mit der er ſich ſtets auseinanderſetzt. Sein großes fünſbändiges Handbuch der Philoſophie hat weit über katholiſche Kreiſe hinaus Beachtung gefun⸗ den und mit dazu beigetragen, daß man auch bei uns in Deutſchland wieder rückläufig geworden iſt und den Anſchluß an den Realismus ſucht. Am meiſten hat er mit ſeinen Schriften naturge⸗ mäß in den romaniſchen Ländern gewirkt. Vor allem aber wirkte er in der Studentenſchaft als Lehrer und als langjähriger Rektor der katholi⸗ chen Univerſität.„Le grand ſympathique“ war ſein Spitzname, in dem auch auf ſeine Vorliebe für Experimentalpſychologie angeſpielt wurde. „ Vom Lehrſtuhl wurde ex 1906 auf den erz⸗ biſchöflichen Stuhl von Mecheln berufen. Als Rektor der Univerſität hatte er genügend Be⸗ weiſe ſeines Talents für die Leitung einer Diö⸗ zeſe bewieſen, die Tatſache. daß ſeine Diözeſe zum größten Teil auf flämiſchem Gebiete liegt und die Flamen in höherem Maße die Prieſter ſtellen, hatte mehr als genug dafür ge⸗ ſorgt, daß ihm ſeine walloniſche Abſtammung nicht Schwierigkeiten in der Leitung der Diözeſe bereiten konnten, abgeſehen von ſeinem Gerech⸗ tigkeitsgefühle und dem Bewußtſein, vor allem dem Heile der Seelen dienen zu müſſen. Viel iſt in den letzien Jahren von ihm die Rede geweſen wegen der bekannten Mechelner Beſprechungen zur Frage der Kirchenunion, zunächſt der Wiedervereinigung der anglikaniſchen Kirche. Durch den Krieg und ſein Verhalten ge⸗ genüber der deutſchen Beſetzung in Belgien hatte der Kardinal bei den Angelſachſen eine große Beliebtheit erlangt. Seine hohe kirchliche Stel lung, ſein Ruf als Gelehrter und ſeine perſönliche Liebenswürdigkeit wirkten zuſammen, um in Lord Halifax und anderen an der Union intereſ—⸗ ſierten anglikaniſchen Kreiſen die Hoffnung zu erwecken, mit ſeiner Hilfe das Werk der Wieder⸗ vereinigung um ein großes Stück weiter zu brin⸗ gen. Aber Merciers Unionbeſtrebungen gingen weiter, ſie erfaßten auchdie Kirchen des Oſtens, die noch mehr gemeinſames Gut mit uns Katho⸗ liken beſitzen. In dieſem Sinne gab er im ver⸗ gangenen September noch die Anregung zu einer Unionskonferenz in Brüſſel. Sein Verhalten im Weltkriege wurde ſchon geſtreift. Nach dem, was wir in der Zeit der Rubrbeſetzung erlebt haben. dürfte man auch Das Haus Hannheimer. Roman von F. Kalten hauſer. 5(21. Fortſetzung.) Was wußte die alte Frau davon, wie ſie das Mädchen tröſtten ſollte? Die eigene Julendzeit war ihr ſo lange ſchon entronnen, daß die Erinnerung nur mehr ein verblaßtes, verwiſchtes Bild in ihr hervorrief. Sie hatte keinen Begriff mehr von den Empfindungen, die einer verzweifelten Liebe entſtammen, doch tat ihr Julberte leid. Sie ſtreckte die Hand aus undfuhr damit liebkoſend über die Fin⸗ ger Julbertes. Julberte achtete gar nicht darauf, drückte die Zähne in die Lippen und ſah ins Leere. Als ſie wieder ſprach, klang es wie aus einem verſchütteten Brunnen herauf, ſo tief und hohl, faſt unverſtändlich. „Großmutter, wir geben demnächſt ſchon die Geſellſchaft! Die Neuvermählten brauchen wir nicht zu laden.“ Die alte Dame ſchüttelte den Kopf.„Das dürfen wir nicht nämlich bei den Mann⸗ heimeriſchen. Die enderen kennen wir ja we⸗ niger. Man muß ſich vorerſt erkundigen, ob ſie da, ſind oder auf einer Hochzeitsreiſe, die Julberte unterbrach ſie. Sie ſtampfte mit dem Fuß, zornig klang ihre Stimme.„Er be⸗ mir dieſen Boden nicht mehr, ich will ihn nicht mehr hier ſehen! Großmutter, nein, nein! Sind wir etwa nicht Herren im eigenen Hauſe? Müſſen wir nach dem Wohlgefallen der Mannheimers fragen? Ich glaube nicht. Und wenn du darauf beſtehſt, dann laſſen wit eben die Geſellſchaft, und dann laſſe ich dich allein und gehe doch auf Reiſen.“ Die alte Frau gab nach. Wozu nlochte ſie ſich eigentlich noch ſo viel Beſchwernis in der Welt? Wie lange würde ſie noch da bleiben? Die paar Jahre, wenn es hochkam, vertrug es ſich auch ohne Mannheimer und deſſen An⸗ hänger. Mochten ſie beleidigt ſein. brauchte ja eigentlich nicht hier zu bleiben, wenn ihr in der Stadt keine Freunde erwuch⸗ ſen. Sie konnte ſich ihren Lebensweg einrich⸗ ten nach eigenem Gutdünken. Gut! gut!“ ſagte ſie.„Tue, wie du willſt, ich rede dir nichts mehr drein.“ 11. Kapitel. Julberte ſchickte auf feinem, goldgerän⸗ dertem Papier ihre Einladungen aus für die Geſellſchaft. Es waren die feinſten⸗ angeſe⸗ henſten Familien der Stadt. Merkwürdiger⸗ weiſe ſprach es ſich lange nicht herum, daß ſie Mannheimers ausgeſchloſſen hatte. Jedes rechnete darauf, daß ſie dabei ſeien. Wsdurch es unter die Leute kam, wußte niemand, aber als man es wußte, tuſchelten viele verwundert darüber. Was gab es da für einen Groll? Und ſtammte dieſer von Seiten der Frau oder von ihrer Enkelin? Man wußte es nicht, und wenn auch ſchließlich manch eines auf die Eiferſucht riet, klar war man ſich nicht darüber. Es fiel keinem ein, etwa wegzubleiben, weil Mannheimer nicht kommen würde. Alle waren zu neugierig, wie es jetzt bei der alten Engerwald ausſehe und wie ſich das Mäd⸗ chen bemühen würde, das ſo lange dienend geſtanden und ſich erſt kurze Zeit auf ſeinem rechtmäßigen Platz befand. Die alte Frau Engerwald präſidierte. In ihrem bauſchigen ſchwarzen Seidenkleid, mit dem kunſtvoll friſierten weißen Haar ſaß ſie wie eine Herrſcherin da, aber wie eine, deren Herrſchaft im Untergehen war. Denn ſie ſtand dem Grabe näher denn dem Leben. Kraß wirkten die ſchwer vergoldeten Armbänder an der altersdürren Hand, und der leuchtende Glanz der Rubinen und Brillanten machte die Haut umſo grauer, unlebensfarbiger. In den tief in die Höhlen zurückgeſunkenen Augen war kein Glanz mehr, nur ein ſeltſames Star⸗ ren mar in ihnen. Es ſchien, als ſäße eine Mumie da, lein lebendiger Meuſch— ange⸗ tan mit Koſtbarkeiten, doch das Köſtlichfte: die ſchöne, warme, lebendige Seele vermiſſen laſſend. Es war kein alten j ung 1 aber jede militäriſche Bef e jem aufrechten Patrioten verargen, Ungeſicht des Feindes die Intereſſen jeſe und ſeines Landes wahrnahm? es uns geſchadet hat. Staats bürgerlicher Kurs Die Rheiniſche Freunde, beſonders arbeiter in der Kurſus ein, der in den Tagen vom 30. det hatten. 75 1. Stand der Wirtſchafts⸗ unter beſonderer Rückſicht broblem(Sonntag vormittag). 3. Politiſche Parteien und berufsſtän⸗ diſche Bewegung(Sonntag nachmittag). 4. Katholiſche Staatslehre u. die Reichs⸗ verfaſſung von Weimar(Montag vormittag). 5. Rhein und Donau in der Politik des deutſchen Volkes.(Montag nachmittag). Das 1. Thema behandelt Reichstagsabg. Dr. Brüning, das 2. Reichsminiſter a. D. Dr. Hermes, das 3. Redakteur Dr. Klein, das 4. Univerſitätsprof. Dr. Tiſchleder, Münſter, das 5. Dr. Schreyvogel, Wien. eh A ſoll ſich eine Ausſprache ſchließen. Der Kurſus beginnt Samstag vor⸗ 5 aide um 3 Ubr, Sonntag und Montag be⸗ ment im demokratiſchen Staat mit einer un⸗ ginnen die Beratungen um 10 Uhr vormit⸗ b An jedes Referat tags. J Die Referate 1—4 finden im Katholiſchen Köln⸗Klettenberggürtel 63 Jugendheim in dungen zu dem Kurſus bis ſpäteſtens zum 25. ö Januar beim Generalſekretariat der Aheini⸗ ö ſchen Zentrumspartei in Köln. Rubensſtraße die Privatquar⸗ wollen dies bei der Anmel⸗ Hotelquartiere ſtehen in genügender Anzahl zur Verfügung. Die Kreisorganiſation und Ortsgruppen die Windthorſt⸗ 11. Diejenigen Teilnehmer, tiere wünſchen, dung beſonders angeben: der Zentrumspartei, ſowie Stufe ſtel Beſatzung bringt für Bevölkerung ſchwere Laſten und ſchwere Be⸗ laſtungsproben der Nerven mit ſich. 1 05 will daß er im ſeiner Diö⸗ Beſſer iſt 28, wir erkennen nach Art der Homeriſchen Hel⸗ den den Mut des Kardinals an, auch dort, wo der Rheiniſchen Zentrumspartei. Zentrumspartei ladet ihre diejenigen, die als Mit⸗ n 5 Aufklärungs⸗ und Organiſa⸗ tionsarbeit ſtehen, zu einem ſtaats bürgerlichen 0. Jan. 105 97 1 5 90 G Wee wird. Vor em erge e Einladung auch an diejeni⸗ gen, die als Teilnehmer des für Anfang Ja. Die Großmacht nuar in Königswinter angeſetzten, aber lei⸗ der wegen Hochwaſſers ausgefallenen Kurſus der Rheiniſchen Windthorſtverbände angemel⸗ Es werden folgende Themen behandelt: 1. 6 und Sozial⸗ 11 in Deutſchland und Europa.(Sams⸗ ag). ö 2. Deutſche Außenpolitik nach Locarno auf das Rhein⸗ Dorn tadt, 24 Jan, ung U loß der He a chige ſanuartagung. dd uBßB bildete die Fortſetzung der Ausſprach führungen auf den wurde, der unerträglich demokratiſcher Redner, toriſchen Gründen. [ mokraten ſeitigen Heinſtadt vom hier herumſtreite, auf Auswege zu Anzahl kleiner Anfragen Tagen zur Beratung des von Koalitionsparteien vorgelegten vroaramms wieder zuſammen zu 8 FFT treten. 80 Zeitungen in einer Hand: volution hat die alte nationalliberale die Mandatsnachfolgerin der war nach den Kommuniſten Wie iſt das gekommen? 1 übertrefflichen Geſchäftstüchtigkeit haben, die Preſſe. Sie kaufte büros, Korreſpondenzbüros uſw. Hugenberg, der direktor, verfügt heute allein über 80 Zeitungen mit rund 10 Millionen Abonnenten. ſache betragen. Eine volksparteiliche Seite gibt hünde werden dringend gebeten, dieſen Kur⸗ ſus mit Rückſicht auf die Bedeutung der dort gen Sitz ne zweiwö! er Debatte a ö i sſprache über die Binanzlage des Landes Während von den Bau⸗ ernbundsbertretern noch einmal in breiten Aus⸗ Steuerdruck hingewieſen ſei, bezeichnete ein ſozial⸗ Abg. Kauls, dieſe bäuer⸗ lichen Klagen als Uebertreibungen aus agita⸗ Auch die Rednerin der De⸗ Frau Balſer wandte ſich gegen die ein⸗ Daxſtellungen der Bauernnot, erkannte aber die ſchlimme Lage der Kleinbauern an. Abg. Zentrum bedauerte, daß man ſich anſtatt gemeinſam und gerecht innen. Nach Erledigung einer und unbedeutender Anträge vertagte ſich das Haus, um in etwa 14 den Weimarer Wohnungsbau⸗ f 19 f n ſollten. Als aber die Wege der beiden Parteien nicht mehr 5 5 ſchwand alsbald das Firmenſchild der Deut⸗ In einem freien Volksſtaat kommt den Preſſe beſondere Bedeutung zu, und eine 5 Partei, die über eine ſtarke Preſſe ver. fügt, iſt noch mächtiger, als eine Partei, die 5 über eine ſtarke Mandatsziffer verfügt. Wir haben in Deutſchland ſeit 1918 die Macht der Preſſe an folgendem ſchlagendem Beiſpiel draſtiſch erlebt. Die erſte Wahl nach der Re⸗ und die alte konſervative Partei zertrümmert. Mi“ relativ ſehr geringen Mandatsziffern ſind die 0 beiden Parteien in die Nationalverſammlung eingezogen. Die deutſchnationale Volkspartei, 5 konſervativen Partei, verfügte über knapp 40 Mandate und die mandat⸗ ſchwächſte Partei im Reichstag. Heute iſt ſie 5 mit 110 Mandaten die zweitſtärkſte Partei im deutſchen Parlament: vor der letzten Reichs⸗ ſagsauflöſung war ſie überhaupt die ſtärkſte. Obwohl prinzipielle Gegnerin der Demo⸗ kratin wußte ſie doch das ſtärkſte Machtinſtru⸗ zu hand⸗ mit Hilf ihrer induſtriellen Geld⸗Magnaten Zeitunger auf, ſo vieler ſie nur habhaft werden konnte (von Köln⸗Hauptbahnhof in 20 Minuten mit und mit den Zeitungen zugleich Depeſchen⸗ Linie 20 und 21 der Straßenbahn zu errei- chen), ſtatt; der Tagungsraum für das fünfte Referat wird noch bekannt gegeben. Anmel⸗ ehemalige Krupp⸗ Die wirkliche Leſerzahl dürfte faſt das Drei⸗ über ſeine diesbezügliche Tätigkeit folgende Dar⸗ ſtellung, von der wir Grund haben, anzuneh⸗ men, daß ſie im allgemeinen zutreffend iſt.: zur Beratung ſtehenden Themen recht zahl⸗ reich zu heſchicken und Windthorſtbündlern, ſind, beſtreiten, die Teilnahme Zuſchüſſe zu ermöglichen. die nicht n beſonders denjenigen in der Lage aus eigenen Mitteln die Unkoſten zu durch entſprechende Nen ck, BAN 1e AEN AoA I. S Nr Siu, t.. richtiger Blick einen aus dieſen Augen traf, man erkannte nicht mehr, wem das Anſchauen galt, man ſah nur das merkwürdige Starren nach irgend etwas, das da war oder nicht da war. Die Menſchen, die die breite, teppich⸗ belegte Stiege, die zu beiden Seiten auf jeder Stufe mit grünen Bäumchen geſchmückt war, heraufgekommen waren in den mit roten, goldgeſtickten Draperieren verzierten und durch unzählige Lichter erhellten Flur, und dann durch den gelbſeidenen Empfangsſalon nach kurzer Weile in den großen, ebenfalls feſtlich geſchmückten Saal eintraten, ſtanden, geblendet von der Lichtfülle, vor der Greiſin, und mit Geſichtern, als wäre ihnen alle Luſt am Schönen, alles Entzücken jäh erdrückt wor⸗ den. Und manches mochte wohl ein leiſes Er⸗ ſchauern ſpüren und ſah umſo froher dem ungen Weſen ins Geſicht, das daneben ſtand. Wie ein ſchönes Bild aus einem Rahmen herabgeſtiegen, ſo ſah Julberte aus. In weiße Seide gekleidet, die mit funkelnden Steinen und leuchtenden Perlen beſtickt war, im ſchö⸗ nen gelockten Haar nur eine einzige Blume, deren Blüten aus Rubinen gebildet waren, während die Blätter aus Smaragden beſtan⸗ den, Hals und Arme ungeſchmückt, nur in ihrer feinen Rundung und zarten Weiße pran⸗ gend, ſah ſie wie ein ſeltſam fremdes, aber köſtliches Märchenbild aus. Es war, als bräche ſich der Lichterglanz in dem flimmern⸗ den Blick der großen Augen. Ein füßes Lä⸗ cheln ſchwebte um den roten Mund und be⸗ törte die Männer, die ſich ihr nahten, und ſenkten den Neid in die Herzen der Frauen, die Julberte bewußt oder unbewußt als Sie⸗ gerin fühlten. i f Ulrike Herchner flüſterte nach einem ſtau⸗ nenden Blick ihrer Mutter leiſe zu:„Wahr⸗ haftig, wenn der Mannheimer ſich dieſe ge⸗ nommen hätte, fühlte ich kein Wundern und auch keinen Aerger, denn gegen dieſe da kommt doch keine auf. Von woher kommt ihr dieſe Schönheit? Hübſch war ſie ja immer, aber ſchaut die Frau Mutter doch nur, jetzt erſcheint ſie Mädchenblüte! Wie kann daneben eine Mary Ann Herrle beſtehen?“„ Der Mund der Frau Bürgermeiſter war mehr, der wie eine ganz fremde. zauber volle! 1 ein wenig verkniffen.„Wer weiß, ob Mannheimer gemocht hätte?“ Da zeigte ſich ein leiſes Lächeln um den Mund Ulrikens.„O doch! Siehſt du nicht, daß das Gerücht, er wäre nicht geladen, Recht hatte? Er iſt nicht hier.“ „Kann noch kommen.“ 1 „Es iſt über die Zeit. Und Mannheimer iſt nicht der Mann, der ſich da verſäumt hätte. Ich ahne, hier hat ſich ein zweites Drama ab⸗ geſpielt, aber vielleicht iſt dies ſchöne Fräu⸗ lein nicht ſo klug wie ich und macht aus der Tragödie nicht ein Luſtſpiel.“ „Ulrite, ſie doch, dein Bräutigam hat ſich ſoeben eingefunden.“ machte Frau Herchner die Tochter aufmerkſam, ö Wilhelm Berke begrüßte die Hausfrau, dann Julberte. Ulrike beobachtete ihn dabei aufmerkſam, ſie fand aber an ſeinem Vene men nichts auszuſetzen. Als er gleich darauf zu ihr trat, leuchteten ſeine Augen auf. Du biſt reizend, Uli,“ ſaate er.„Dies blaſſe Blau kleidet dich vortrefflich.“ f Sie freute ſich über ſeine Rede.„Aher dieſe Julberte ſieht heute aus wie eine Priu⸗ zeſſin, meinſt du nicht?“ fragte ſie, jetzt ganz neidlog. 8 f* „Nein, aber wie eine tropiſche Blume. Ulrike nickte.„Vielleicht haſt du recht.“ Julberte hatte Wilhelm Berke ein paar Sekunden lang nachgeſehen. O. ſie gönnte der Ulrike Herchner dieſen Mann. Gönnte ihr auch jeden anderen, wie ſie da waren. Mit kühlem Blick hielt ſie 1 Um⸗ ſchau. Raſch, blitzgleich. Und ihre Lippen ſchürzte der Spott. So viele ihrer wohl da waren, deren Einbildung auf ihren Stand, ihr Geld, ihr Aeußeres in die Höhe lief, als wollten ſie damit in den Himmel langen— und ihr war keiner gut genug. 5 (Fortſetzung folgt.) ſie den 1 1 zerpillen dee Kunſt, für welche die Begabung und das In⸗ ereſſe in Europa am verbreitetſten iſt. ie unentbehrlichſte der Künſte. Prucksmittel für die Stunden der Freude wie der lete Menſch iſt befähigt, die Elemente der Muſit 1 hinter den Kuliſſen eine 0 r verwaltete die Gelder der tin!„dals ſie ſich anſchickte, den golſchewismus zu bekämpfen und die Politil ae reh Einwirkung auf die ſffentiche Meinung zu beeinfluſſen. Ihm floſ⸗ en Mittel zu, um den Scherl⸗Verlag zu gewinnen, er gewann durch die Vera Ein⸗ luß auf hunderte von Blättern, er gründete Rorreſpondenzbüros und als in der Inflation ein Blatt nach dem andern zum Sterben rei war, fiel es ihm als Frucht anheim. Seiner Idee entſprangen jene Zeitungen, die mau Als 50prozentig bezeichnet, die zur Hälfte national, zur Hälfte deutſchvolkspartei⸗ zuſammenliefen, ver⸗ chen Volkspartei. Die von ihm vertretenen Blätter ſind die gehäſſigſten im Kampfe gegen les, was nicht auf die deutſchnationale Fahne ſchwört. Sein Einfluß beſtimmte die 5 e und die Richtung der Partei. Ein der preſſe mit 10 Millionen Abonnenten Mann wie Holſtein, der im Dunkeln lieb, der eine neue Schachtelgeſellſchaft nach zer anderen gründete, und ſich im Geheimen einer Macht freute. Stinnes der in poli⸗ ſiſchen Dingen ein Kind war, holte ſich von hm politiſchen Rat. Der„Bergbauliche Ver⸗ zin“ machte ihn zu ſeinem Vorſitzenden. Die Männer der Arbeit, die ſelbſt die Hälfte ihres zebens im Schlafwagen verbrachten, waren froh, einen Mann als Sachwalter ihrer In⸗ fereſſen zu wiſſen, der für dieſe Aufgabe frei Pn ſeitdem die kurze Tätigkeit bei Krupp in allerdings unfreiwilliges Ende gefunden atte. 323 Allerdings kam ſein Stern allmählich ins Perbleichen. Die Gelder der Induſtrie floſſen 1 icht mehr ſo wie früher. Er unterlag bei dem Rampf gegen die Dawes⸗Geſetze. Er aud allein im Reichsverband der deutſchen nduſtrie. Er unterlag im Kampf gegen Lo⸗ karno. Seine Oübank geriet in Liquida⸗ ion. Manches audere um ihn iſt nicht mehr o feſt wie früher. Eine feſte Zitadelle ſeiner Macht iſt ihm geblieben, der Scherl⸗Verlag u. der deutſchnationale„Lokal⸗Anzeiger“ unter einer Führung. In ihm herrſcht er uneinge⸗ chränkt. Sein Generaldirektor Klitſch er⸗ jält von ihm die Weiſungen, wie man zu den Politiſchen Fragen Stellung nehmen ſoll. Die arole der letzten Wochen ging dahin, Lo⸗ rno dürfe nicht Tatſache, Streſemann Rüſſe beſeitigt werden. Sein Werk war das Ausſcheiden der eutſchnationalen aus der Regierung. as Werk von Locarno vermochte er nicht zerſtören. Selten trat dieſer Mann in die Oeffent⸗ ichkeit. Im Reichstag hat er einmal geſpro⸗ chen. Seine kalte Brutalität verurſachte einen derartigen Sturm im Hauſe, daß die Sitzung unterbrochen werden mußte. Seine Politik iſt berechnender Haß. Keine Lebenswärme iſt ihr eigen, kein itſchlagendes Gefühl hört man aus ſeinen orten. Mit einer Erſcheinung wie der eines kriminalkommiſſärs führt er auch ſeine poli⸗ 15 liſchen Schläge gegen ſeine Gegner. Nach dem inmal mißglückten Verſuche hat ſeine Partei hn nicht mehr vorgeſchickt. Jetzt tritt er aufs Neue in Front in 0 inem Aufſatz ſeines Leibblattes über„Par⸗ ien und Parlamentarismus“. Beſſer wäre je Ueberſrift:„Fort mit Streſemann“. Es iſt ſchter Haß, der aus dieſem Artikel ſpricht. ſſen Grundlage und deſſen Gründe wohl eit zurückliegen in Erinnerungen an alte unden und alte Kämpfe, in denen der da⸗ als ſo große Direktor von Krupp mehr als ne Niederlage empfina. Nur der Haß iſt herabgedrückt, ſondern längſt erloſchen. blieben iſt nur der Haß und mit Aufſichtsorgane Anklage cht, aper die Beſayitung zur Kritit gering. Es gab Zeiten, in denen es hieß, daß die deutſchnationale Partei in Herrn Hugenberg ihr Haupt erblicke. Wir glauben heute nicht einmal, daß ſeine Argumente auch nur in der eigenen Partei ſtarke Beachtung finden. In der Wirtſchaft iſt ſeine Stellung nicht 65 4 ihm die Atmoſphäre des perſönlichen Kampfes, in dem E das ſei Herrn Hugenberg neidlos zugeſtt den— die von ihm abhängige Preſſe die Führung reſtlos übernommen hat zum Schaden der Wahrung nationaler Intereſſen. Aus Nah und Fern. Fulda, 24. Jau. Auf furchtbare Weiſe nahm ſich in dem Rhöndorf Roſa der in der her Jahren ſtehende Schuhmachermeiſten Kirchner das Leben. Nach einem Familien⸗ ſtreit entfernte er ſich unter Mitnahme eines Hundes aus dem Hauſe und begab ſich in ſeine mit Futtervorräten gefüllte Scheune. Er ſteckte die Scheune in Brand und ſuchte den Tod in den Flammen. Bei den Aufräumungsarbeiten fand man ſeine Leiche und die Reſte des ver⸗ brannten Hundes. Gernsheim, 24. Jan. In halb erfrorenem Zuſtande, nachdem er zwei Nächte auf freiem Felde zugebracht hatte, wurde hier ein 17 jähriger Schiffsjunge aufgegriffen. Er war von dem Kapitän eines Schiffes mit einer größeren Geldſumme zu Einkäufen nach Mannheim geſchickt worden. Statt ſeinen Auf“ trag auszuführen, trieb kneipen herum, wo ihm das Geld reſtlos ab⸗ genommen wurde. Er wurde wiederauff ſein Schiff zurückgebracht. Lampertheim, 24. Jan. Die in den letzten Tagen ſtattgefundenen Holzverſteigerungen wieſen trotz der großen Geldknappheit eine ſtarke Nach⸗ frage auf. Die Preiſe liegen durchweg 100 Proz. höher wie in der Vorkriegszeit. Buchenſcheiter wurden mit 13.— Mk., Buchenknüppel mit 11.— Mk. pro Raummeter bezahlt. Kiefernſcheiter mit 13.— Mk., Eichenknüppel mit 11.— Mk. Die Stöcke erzielten 8.— bis 9.— Mk. durchſchnittlich pro Raummeter. Oberholz der Weidenbäume brachte das Los 8.— Mk. bis 9.— Mk. gegen 3.— bis 4.— Mk. in der Vorkriegszeit. Lampertheim, 24. Jau. Der nächſte Steuer⸗ ſprechtag findet am Freitag, den 29. Januar 1926, vormittags halb 10 Uhr im Rathaus, Zim⸗ mer 5, ſtatt. Anmeldungen müſſen auf Zimmer 6 geſchehen. Weltſpiegel. :: Das Unglück auf dem Bismarkturm bor Gericht. Das Unglück wird nunmehr das Frankenthaler erweiterte Schöffengericht be⸗ ſchäftigen. Die Staatsanwaltſchaft hat gegen die Bauunternehmer, den Bauleiter und 2 wegen erſchwerter fahrläſſiger Tötung und Körperverletzung er⸗ hoben. Die Hauptverhandlung findet am 5. Februar im großen Strafkammerſitzungsſgal zu Frankenthal ſtatt. Die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. Röhrig. :: Das Eis in der weſtlichen Oſtſee. Die Eisſchwierigkeiten ſind jetzt auch im weſtlichen, Teil der Oſtſee ungünſtig geworden. Vor Swinemünde iſt der Dampfer„Ymir“ im Eis feſtgekommen. Der Dampfer Altefähr“ hat vor Stralſund Schraubenbruch erlitten und mußte ſeine Fahrt einſtellen. Die Fahrrinne nach Thiſſerd iſt durch ſtellenweiſe über einen Meter hoch aufgepeitſchtes Eis geſperrt. 17 Stralſunder Bergungsdampfer„Herkules“ iſt ausgelaufen, um feſtgekommene Schiffe zu be⸗ freien. :: Unglück auf dem Meſſeplatz. Bei einer Meſſe in Valencia brach der Maſt eines Luft⸗ er ſich in Animi schi Karuſſeis, wodurch die Jufaſſen in die umſtehende Menge geſchleudert wurden. Ein Kind wurde ſofort getötet. Von den über 40 geſtorben. a :: Grubenunglück. ö La Combella, Departement Puy de Dome, ſtürzte der Förderkorb, in dem ſich 12 Berg⸗ leute befanden, in Schachtſumpf. Ein Arbei⸗ * wurde getötet, drei ſchwer verletzt. e Viernheim, 26. Jan. * Erſte Sitzung des Wie wir erfahren, findet Krelsausſchuſſes zur Durchführung kommt. Tagesordnung aus. ſtandes. verlaufene Verſammlung geſchloſſen. mildes Wettes mit Regen veranlaſſen, Abkühlung bringen. deiſchläge. Mädchenmord in Friedrichsfeld. mittag ein Vereinshaus beſucht. Muſik und Volk. Wilhelm Weitzel, der Freiburger Dom⸗ organiſt, hat ein Buch geſchrieben„Kir⸗ chenmuſik und Volk“(Herder, Freiburg i. Br.; geb. Mk. 6.20), dem bei aller Fach⸗ wiſſenſchaftlichteit eine überraſchende All⸗ gemeinverſtändlichkeit innewohnt. hier folgen ſeine einleitenden Ausführungen. Unſer Volt hat an der Entwicklung der abend⸗ fändiſchen Muſik während des letzten Jahrtau⸗ ends unbewußt teilgenommen. Heute iſt Muſik Beſon⸗ ders dem gemütstiefen Deutſchen iſt die Muſtk 0 Sie iſt ihm Be⸗ zürfuis. Die Muſik begleitet den Menſchen von der Wiege bis zum Gkabe und bietet in Wort und Ton der empfindſamen Seele tiefes Aus⸗ rauer. Am Lebeusanfang erklingen Wiegenlie⸗ der, und Grabgeſang ertönt am Lebensende. Die Beranlagung zum primitivſten Muſikverſtändnis ſt auch allgemein vorhanden. Jeder mit nor⸗ naler Verſtandes⸗ und Gemütsanlage ausgeſtat⸗ in ſich aufzunehmen. Völlig unmuſikaliſche Men⸗ chen ſind ſeltene Ausnahmen. Die Zahl dieſer gänzlich Unmuſikaliſchen iſt nach genauen Feſt⸗ tellungen nicht viel größer als die Zahl der Far⸗ Fenblinden. Unter allen Künſten iſt die Muſit die volks⸗ ümlichſte Kunſt. Ihre gewaltige Wirkung dehnt e ous auf die ganze Menſchheit ohne Ausnahme. Alle Schichten der Bevölkerung reißt ſie mit, die beren wie die unteren; ihr Einfluß wächſt ſogar mit der Unkultur des Geiſtes und des Charak⸗ ers. Die ſtärkſte Wirkung übt die Muſit auf die Wilden aus. Und die noderne, geiſtig ſo hoch gebildete Welt? Sie will, ſie verlangt, ſordert und erzwingt Muſik in einem ſolchen Maße, daß ede Stätte der Belustigung, Erholung, Beleh⸗ ung oder Erbauung mit ihr rechnen muß. Das ieiß heute jeder Kinobeſucher und Theaterinten⸗ man ſie kurzerhand„die Kunſt unſeres Jayeh iu⸗ derts“ nennt. Den Höhepunkt ihres Wertes aber hat die Muſik erreicht im modernen Heidentum, wo ſie— eine kraſſe Ueberſchätzung— auftritt als die„Rivalin der Religion“ mit einer in den Großſtädten ſchon bedenklich großen Zahl von Anhängern und Aubetern, welche äſthetiſchen Genuß mit religiöſer Andacht verwechſeln. Ri⸗ chard Wagner, der große Ungläubige, wies in ſei⸗ nen Muſikdramen und Schriſten dem Volke den Weg dazu. Daß dieſe hochkünſtleriſchen Muſik⸗ dramen zum Teil religiös gefärbt ſind, erhöht nur ihre Gefahr für die Freigeiſter, bei denen Richard Wagner ſein Ziel erreicht:„Die Kunſt wirh die große Erlöſerin der modernen Geſell⸗ ſchaft ſein.“ Mit Wagner geht Ibſen. Auch ihm iſt die Kunſt Erſatz der Religion. Er ſchreibt: „Solange eine Bevölkerung es noch für wichtiger hält, Bethäuſer zu bauen als Theater, ſolange ſie noch lieber die Zulumiſſion unterſtützt als das Muſeum der Künſte, ſo lange kann die Kunſt auf kein geſundes Gedeihen rechnen.“ Auf demſel⸗ ben Standpunkt ſteht H, Chr. Anderſen, der ſagt: „Man lacht und weint(im Theater), es tut einem wohl wie ein Kirchgang, man wird ein beſſe⸗ rer Menſch; man fühlt, daß Gott in der Kunſt iſt, und wo Gott Angeſicht gegen Angeſicht vor uns ſteht, da iſt eine heilige Kirche.“ Wagner, Ibſen und Anderſen geben die Anſchauungen weiter Kreiſe des Großſtadtpublikums wieder. Theaterbeſuch wird hier zum Gottesdienſt und Muſik zur Religion. Da iſt es gut, ſich an das Urteil von Nietzſche zu erinnern, der Wagner vorwarf, er ſei überhaupt kein echter Prophet, ſondern ein Klingſor, ein verlorener Zauberer, und Bayreuth ſei kein Heiligtum, ſondern ein lüſterner Jahrmarkt. Den Religionserſatz des Theaters lehnen wir ab; nicht aber ſeine Miſſion, ſeine hohe Aufgabe, Erziehungsarbeit am Volke zu leiſten. Nur darf man die Weiheſtunden des guten Theaters nicht allzu hoch bewerten und nicht den Muſentempel dem Gottestempel gleich⸗ ſetzen. Nach der Großmacht der Religion kommt dann freilich an erſter Stelle die„bloßgelegte Seele aller Künſte“, die Tonkunſt,„weil“, nach Hüten wir uns aber auch vor ihrer Ueberſchätz⸗ 10 Die Wahrheit liegt in der Mitt: vnd re⸗ det von der Bedeutung jeglicher Kunſt für die Bereicherung, für den Reichtum unſerer Seele. der Einzelſeele wie der Volksſeele. Gilt dies für jedes Volk, ſo beſonders für das deutſche; über kein anderes Volk der Erde iſt ja ſolcher Sanges⸗ ſegen ausgegoſſen wie über das deutſche. Auch nach dem Kriege iſt das beſiegte Deutſchland den Siegerſtaaten weit voraus auf dem Gebiet der weltlichen und kirchlichen Muſik. Auch nach dem Kriege bleibt wahr, daß Deutſchland die anderen Völker ſeinem Sange dienſtbar gemacht hat. Neun Zehntel aller Kirchenmuſik wird in Deutſch⸗ land gedruckt und zwei Drittel der Kirchenmuſit von bekannten deutſchen Komponiſten ge⸗ ſchaffen. Es gab eine Zeit in der deutſchen Ge— ſchichte, in der die Germanen bekannt und ge⸗ fürchtet waren wegen der Erfolge ihrer Waffen. Es gab eine Zeit in der deutſchen Geſchichte, in der die Deutſchen bekannt und geſchätzt waren wegen ihres Büraerfleißes und Kunſtſinnes, eine Zeit, in der es hieß:„Ulmer Geld geht durch alle Welt“, und„Nürnberger Tand geht durch alle Land“. Es gab aber auch eine Zeit in der deutſchen Geſchichte, in der Deutſchland bekannt und— beliebt war als das erſte Land der Ton⸗ kunſt. Und dieſe Zeit iſt noch nicht völlig vorbei. Suchen auch andere Völker gegenwärtig durch er⸗ höhte Muſikpſlege Deutſchland zu erreichen, ſo iſt doch deſſen Vorſprung als Land der Komponi⸗ ſten ſo groß, daß es wohl kaum eingeholt wer⸗ den kann. Auch auf dem Gebiet der Tonkunſt beherrſcht auch heute noch das Volk der Dichter und Denker den Weltmarkt. Mußten die Namen deutſcher Komponiſten während des Welttrieges in den Städten an der Themſe und Seine auch vom muſikaliſchen Programm verſchwinden, ſo ließen ſie ſich doch auf die Dauer nicht umgehen: längſt ſchon ſind die deutſchen Meiſternamen auf den Konzertprogrammen unſerer einſtigen Feinde wieder aufgetaucht und nehmen den ihnen gebüh⸗ renden Platz ein. So übt auch heute noch Deutſchland eine Weltherrſchaſt aus, freilich eine friedensreiche und fteudvolle, daher neidlos ge⸗ dem Worte des engliſchen Soziologen Herbert dant, aber noch nicht jede?— Geiſtlich:. aft iſt ſo in den Vordergrund gelre en, daß Tie Spencer,„die Tonkunſt das meiſte unter allen Künsten lelſtet für das Glück der Menſchheit“. ehen und gerne geduldet. Freuen wir uns die⸗ 3 friedvollen Kulturarbeit zum Wohle des eige⸗ nen wie der fremden Länder! Verletzten, meniſt Frauen und Kinder, ſind 4. 1 In einer Grube bei olale Nachrichten. Kreistages. am kommenden Diens⸗ tag, den 2. Februar die erſte Sitzung des neu⸗ gewählten Krelstages in Heppenheim ſtatt. Der erſte Punkt der Tagesordnung iſt die Wahl des Kreisausſchuſſes, der zweite wichtige Punkt be⸗ tilfft die ckreisſtraßen. Hierzu wird ein, vom Krelsausſchuß beretts durchberatener Voranſchlag dem Kreistag zur Genehmigung vorgelegt werden. Für Viernheim iſt die Walzung der Ortsdurch⸗ fahrt Weinheim— Mannheim ſowie dle Ortsdurch⸗ fahrt Maunheimer⸗ Lorſcherſtraße vorgeſehen. Nach Fertigſtellung dieſer Straßen ſoll ein er⸗ probtes Teerungsverfahren hier angewandt wer⸗ den. Es iſt nun Sache der Kreistagsmitglleder dahln zu wirken, daß dieier Voranſchlag des * Geſang-Berein„Sängerbund“. Die am Sonntag abgehaltene Seneralveiſamm⸗ lung zeichnete ſich durch guten Beſuch, ſowie durch flotte Abwicklung der bekanntgegebenen Der Kaſſenbeſtand erwies ſich als recht günſtig; der bewährten bisherigen Führung des Vereins zollte man ſeine Aner⸗ kennung durch reſiloſe Wlederwahl des Vor⸗ Der Rückblick auf das ſilberne Vereins ⸗ jahr brachte angenehme Erinnerungen über das im Wonnemonat Mai ſo ſchön verlaufene Jubi⸗ läumsfeſt und über die veranſtaltete Weihnachts⸗ feier, die den Verein berechtigten, hierauf ſtolz zu ſein. Mit dem Wunſche, der„Sängerbund“ möge auch fernerhin unter ſeiner bewährten Leitung blühen und gedeihen zum Wohle des edlen deuiſchen Männergeſanges, wurde die ſchön »Vorausſichtliche Witterung. Weitere Strömungen vom Ozean her werden zunächſt Vorüber⸗ gehend wird dle Rückſelte der Strämungen etwas Am Mittwoch: Vor⸗ herrſchend wolkig bis trüb, milder, windig Nieder⸗ ſchläge.— Am Donnerstag: Stwas kälter veränderliche Bewölkung, windig, zeitweiſe Nie⸗ Vorgeſtern abend gegen 7¼ Uhr wurde in der Nähe des Bahnhofes Friedrichsfeld Nord auf Edinger Gemarkung die Leiche der 14 Jahre alten Dina Großmann aufge; funden. Einzelheiten laſſen darauf ſchließen, daß das Mädchen ermordet worden iſt. Polizei und Gendarmerie nahmen ſofort eine Abſper⸗ rung des Tatorts vor, bis zum Eintreffen der Unterſuchungskommiſſion aus Mannheim. Die Dina Großmann wohnte bei ihren Eltern in Friedrichsfeld und hatte am Sonntag nach⸗ Am Abend hat ſie dann den gewaltſamen Tod— man ver mutet durch Luſtmord— gefunden. Dle Unter⸗ ſuchung iſt im Gance und den Men hbmen nach nird berelts 165 beſlmmte 8 9 105 bie 1 hoffentlich zur Aufklärung des 7 der ⸗ brechens führt. Die Sektion der Leiche der Er⸗ mordetem findet heute nachmittag ſtatt. Der eigene Bruder der Mörder! Der Mord an der 14 fäßrigen Chriſtine Zroßmann it nunmehr aufgeklärt. Als Täter kommt der elgene Bruder in Frage. Es iſt der 22 Jahre alte Jakob Großmann. Nachdem bereits 8 Perſonen als verbächtig ver⸗ haftet waren, legte Großmann ein Geſtändnis ab. Die Tat ging etwa folgendermaßen vor ſich: Groß mann lauerte dem Mädchen auf und überfiel ſie in der Rähe der Wohnung auf einem Feldwege, bearbeitete ſie durch Schläge auf den Kopf mit einem ſtumpfen Gegenſtand und würgte dann das Mädchen bls es tot war. Dann ging er helm und brachte die Nachricht, daß er ſelne Schweſter in der Nühe des Hauſes tot vorgefunden habe. Großmann iſt bereits ver⸗ haftet und in das Amtsgerichsgefängnis nach Mannheim eingellefert worden. Die Beweg⸗ gründe zur Tat ſind noch nicht feſtgeſtellt. Es ſchelnt tatſächlich Luſtmord vorzullegen. Armtlicher Teil. Bekanntmachung. Für das Veobachtungsgebiet gelten ſol⸗ gende Anordnungen: I. 1. Aus dem Beobachtungsgebiet darf Klauen⸗ vieh ohne polizeiliche Genehmigung nicht entfernt werden. Auch iſt das Durchtreiben von Klauen⸗ vleh und das Durchfahren mit fremden Wieder⸗ . durch das Beobachtungsgebiet ver ⸗ oten. Das Verbot des Durchtrelbens einſchließlich Durchführens und des Durchfahrens mit Wieder⸗ käuergeſpannen erſtreckt ſich nicht auf Klauen vieh, das im Beobachtungsgebiet bleibt. 2. Die Ausfuhr von Klauenvieh zum Zwecke der Schlachtung iſt, wenn die früheſtens 48 Stun ⸗ den vor dem Abgang der Tiere vorzunehmenden tierärztliche Unterſuchung ergibt, daß der geſamte Viehbeſtand des Gehöfts noch ſeuchenfrei iſt, durch die Polizei zu geſtatten, und zwar: a) 818 Schlachtſtätten in der Nähe liegender rten b) nach in der Nähe liegenden Elſenbahnſtatlonen oder Häfen(Schiffs anlegeſtellen zur Welterbe⸗ förderung nach Schlachtviehhöfen und öffent⸗ lichen Schlachthänſern) vorausgeſetzt, daß dieſen die Tiere auf der„Eiſenbahn oder mit dem Schiffe unmittelbar oder von der Eulladeſtation aus zu Wagen zugeführt werden. 3. Bel Klauenvieh, das im Beobachtungsge⸗ biet abgeſchlachtet wird, oder das zur Abſchlach⸗ tung in einem benachbarten Sperrbezirk gelangt, kann die Unterſuchung des Beſtandes durch den zuſtändigen Fleiſchbeſchauer vorgensmmen werden. Für den Transport nach in der Nähe liegen⸗ den Orten, Eiſenbahnſtationen oder Häfen(Schiffs- anlegeſtellen) wird angeordnet, daß es zu Wagen oder auf ſolchen Wegen erfolgt, die von anderem Klauenvieh nicht betreten werden, wenn die Tiere nach Orten gebracht werden, die außerhalb des Beobachtungsgebietes liegen(Trensport in freies Gebiet). 125 5 Die Polizeibehörde des Schlachtorts iſt da dem bevorßehenden Eintreffen der Tiere recht⸗ zeitig zu benachrichtigen. 4. Die Ausfuhr von Klauenvieh zu Nutz⸗ oder Zuchtzwecken darf nur mit unſerer Ge⸗ nehmigung erfolgen. Dieſe Genehmigung wird nur unter der Bedingung erteilt werden, daß elne früheſtens 24 Stunden vor dem Abgang der Tiere vorzunehmende amtstierärztliche Unter⸗ ſuchung die Seuchenfreiheit des geſamten Vleh⸗ beſtandes des Gehöfts ergibt, und daß ſich die Polizeibehörde des Beſtimmungsorts mit der Eln⸗ fuhr einverſtanden erklärt hat, Am Beſtimmungsort find die Tlere auf die Dauer von mindeſtens 5 Tagen dee polizei⸗ lichen Beobachtung zu unterſteüen. Dieſe Dauer iſt mit 5 mal 24 Stunden voll einzuhalten. Auf den Tran port und die Anmeldung der Tlere finden die Beſtimmungen unter Ziſſer 2 ſinngemäße Anwendung. Hinſichtlich der polfzeilic hen Beobachtung der ausgeführten Tlere gelten die Beſtimmungen üder Quarantäne. 5. Die amtstierärztliche Unterſuchung hat bel Tageslicht zu erfolgen. Das Gleiche gilt von der durch den Fleiſchbeſchauer etwa vorzu⸗ nehmenden Unterſuchung. II. Die Einfuhr von Klauenvieh in das Be⸗ obachtungsgebiet zur Schlachtung und zu Nutz ⸗ und Zuchtzwecken iſt geſtattet, nicht aber zu Handels ⸗ zwecken. Strafen. Zuwiderhandlungen gegen vorſtehende An⸗ ordnungen werden mit hohen Strafen geahndet und zwar, wenn ſte wlſſentlich begangen werden, gemäߧ 328 Str. G. B. mlt Gefänguls. Heppenheim, den 8. Januar 1921. Heſſ. Kreisamt Heppenheim. J. B.: Hammann. H.aeme K., Gia, 1 empfiehlt in reicher Auswahl Buchhandlung Viernh. Anzeiger.