Mbeiter⸗ Verein Nächſten Sonntag Nachmittag um 4 Uhr it um Kettelerſälchen des Freiſchütz Verſannlung des Arbeiter⸗Vereins und Einführung des neuen Prüſes. Der Vorſtand bittet um vollzähliges Er⸗ ſcheinen. f S O eee Medizinalverband Viernheim Morgen Sonntag, den 6. Juni 1926, nach⸗ ee mittags 3 Uhr findet im Gaſthaus zum Karp⸗ en eine außerordentliche dener alwer Sammlung Da die Tagesordnung eine ſehr wichtige iſt, er⸗ att. wich len wir um das Erſcheinen aller Mitglieder. Der Vorſtand. Zentralverband der Arbeitsiuvaliden und Witwen Henſchlands Ortsgruppe Viernheim. Morgen Sonntag Mittag 2 Uhr in der Goetheſchule Monats⸗Verſammlung. d i kal bekannt gegeben. Tagesordnung wird im Loka Fer hard, Radfahrer⸗Verein Eintracht Unſeren Mitgliedern zur Kenntnis, daß die am morgigen Sonntag ſtattfindende Feſtlich⸗ keit des Radtourenklub Schwalbe in Mannheim aus ſportlichen Gründen auf unveſtimmte Zeit e- verlegt iſt.— Der Verein be⸗ Waldfeſt bezw. „Liederkranz“. Treffpunkt am Ochſenbrunnen, dei ungünſtiger Witterung telligt ſich deswegen an 10 85 Kellerfeſt vollzählig an dem dee Geſang⸗Vereins im Brauhauskeller. Der Vorſtand. Casino- Club. Morgen Sonntag, den 6. Juni 1926, nachm. 2 Uhr ordentliche Monats Verſammlung im Lokal zum Fürſten Alexander. Nichterſcheinen hat Ausſchluß zur Folge. Der Vorſtand. 0 1. Gasthaus„Zum Rebstock“ Samstag und Sonntag Musikalische Unterhaltung. prima dunkel Spezialbier(Kühnerbräu) Ia. Pfälzer Weiß- und Rotwein, Malaga. Um geneigten Zuspruch bittet Peter Roschauer. fahrer⸗Verein„Einigkeit“ Sonntag nachmittag ½3 Uhr Zuſammenkunft Um 3 0 0 0 Abfahrt zum Waldfeſt des Geſang⸗Vereins„Liederkranz“. 5 eee eee ee Central-Iheater Spielplan für Samstag und Sonntat Das wunderbare Weltſtadt⸗Rieſenprogramm 1. Der neue gewaltige Gllen Richter⸗Film der Ufa le dolle ner zudin Ein abenteuerliches Schauſpiel in 6 ſpannen⸗ den Akten, von ſeltener Schönheit. In der Hauptrolle Ellen Richter 55 2. Das ergreifende Liebesdrama einer Herr⸗ 5 ſcherin in 5 feſſelnden Akten Liebesurlaub einer Königin Eine Film⸗Romanze von erſchütternder Hand⸗ lung. Große Mafſenſzenen feſſeln den Be⸗ ſucher von Anfang bis Ende. J. Das Helge dau Aufgenommen an den beiligen Stätten Roms mit Genehmigung und Beiſein Seiner Heilig⸗ keit Papſt Pius 11. 1 Möge ſich jeder dieſen hochintereſſanten Film an ſehen. Als Einlage: Die Senſation für Viernheim. Der Jubiläumsfeſtzug der Mannheimer Freiwilligen Feuerwehr und des Katholiſchen Geſellenvereins. Arbeſter⸗Heſangverein Harmonie Mitglied des Deutſchen Arbelterſängerbundes. Unſer Verein beteiligt ſich heute Abend vollzählig bei der Feier des Reichs Arbeiterſporttags im„Goldenen Karpfen“. Treff⸗ punkt halb 9 Uhr im Vereins- Der Vorſtand. lokal. Turugenoſenſchaft Viernheim Mitglied des Arbeiter⸗Turn⸗ und Sportbundes. Bei der heute Abend ſtattfindenden Feier des Reichs⸗ Arbeiterſporttages im„Goldenen Karpfen“ beteiligt fich unſer Verein geſchloſſen. Treff⸗ punkt halb 9 Uhr im Vereinz lokal. Der Vorſtand Noch nie hat Mannheim ſo viele Menſchen ge⸗ Jdſehen. Die Staatsbahn hat an dieſem Tage 280000 Perſonen befördert. Dieſen hochintereſſanten Feſtzug muß man im Film geſehen haben. 5 Außerdem die neueſte Ufa⸗Wochenſchau Das vielſeitige Rieſenprogramm iſt eine Höchſt⸗ leiſtung und kann den Einwohnern Viern⸗ heims zum Beſuch nur empfohlen werden. Auch wird ſich jeder, der ſchönen Muſik wegen den Befuch des Central⸗Theaters nicht ent- gehen laſſen. Es wird gebeten am Sonntag die 7 Uhr Vorſtellung ſchon zu beſuchen, auch für heute Samstag kann der Beſuch empfoh⸗ len werden. Sonntag Mittag ½4 Uhr Große Kinder⸗Vorſtellung. 1 * Milt Schweine zu verkaufen. Franz Roos Mannheimerſtr. 40. /len 44 1er. SCHH ,, He Oe sche Split Bekanntmachung. Betr.: Verſteligerung von Heugras. Am Montag, den 7. ds. Mts. nachmittags 3 Uhr wird im Saale des Gaſthauſes zum Engel das Heugras von den gemeinheitlichen Wieſen öffentlich verſteigert. Gleichzeitig erfolgt auch die Vergebung des Mähens und Heimfahrentz det für den Faſelſtall beſtimmten Heugraſes. Steigerer, die aus früheren Jahren noch Schuldigkeiten an Naturallen an die Gemeinde haben, werden nicht zugelaſſen. Viernheim, den 4. Juni 1926. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Im Mähen empflehlt ſich Gg. Werle Hansſtraße 15. Os und Ohinè Hi, ve nen. C lot Keine Notſchlachtung — Hente Samstag von nachm. 5 Uhr ab 1a. hausgemach Wurſt u. Fleiſch zu haben bei Peter Pfenning Friedrichſtraße 11. C ig und schont U te I 105 8 4. Wirſing, Weißkhkraut, Gelbe Rüben, Erbſen, Kirſchen, Erdbeeren, verſchied. Gemüſe u Blumenpflanzen verkauft Ehatt. Morgen Sonntag, Ewiger Klee ein Morgen am Wallſtädter Hen u Hhmeittas 1 halber Morgen in Spitzwieſen verkauft Johaun Adler Jakobſtr. 10. Preiskegeln, den 9. Küchen⸗Gtreifen Buchhandlung Biernheimer Anzeiger. Eintritt frei! 0 den 6. Juni, nachmittags 3 Uhr hält unſer 00 Verein in der neu erweiterten Gartenwirtſchaſt„Zum Freiſchütz“ ein Sommerſeſ ab. Dortſelbſt wird zur Unterhaltung der Beſucher geboten: Muſikvorträge, turneriſche Vorführungen verſchied ener Art, Vollsbeluſtigungen ele. Ferner von Abends 8 Uhr ab Tanz⸗Anierhaltung. Wir beehren uns, unſere werten Mitglieder nebſt Angehörigen, ſowie die verehrl. Einwohnerſchaft Viernheims, insbeſondere unſere Rhein⸗ 0 fahrer zu dieſer Veranſtaltung höflich einzuladen. Eintritt frei! Fr Prima Gtah Gilberſtahlſenſen Alle ſonſtigen G Haus und Landwirtſchaft, in nur beſter Qualität, gebrauchsfertig, empfiehlt ö Jean AAT! en Geschäfts- Eröffnung und- Empfehlung. hacken Wiener er ite und Eiſenwaren für g 5 eee Dada Wunderle. ae 1 eee 24 Morgen Sonntag nachmittag Der hieſigen Einwohnerſchaft zur gefl. Kenntnis, daß ich im Hauſe des Schuh⸗ 2 machermeiſters Peter Schmitt, ) Waldſtr. 38 eine 0 Verl. Markthalle 5 eröffnet habe. Zum Verkauf bringe ich J tägiien fmsches Obst, Gemüse, Landes- 8 produkte sowie Halsenfcdehte, Fiel, Hutter u. S. M. Um geneigten Zuſpruch höfl. bittend, ſichere ich im voraus reelle und billigſte Hochachtend Georg Faber 5. viernhei Sanbelmer Zeitung—. Biernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Felertage.— Bezugspreis monatl. 1.50 Mark frei ins Heu gebracht.— Gratis beilagen: wöchentl. Samstags das achtſeitige illuſtrierte Sonntagsblatt„Sterne Blumen“, halblährlich einen Fahrplan ſowie einen Wandkalender.— Annahme von Abonnements täglich Pernſprecher 117.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 0 M 128 Dieutſchland. Tief aus der Erde trächtigem Mutterſchoß keimt auf ein Bäumchen und reißt ſich los. Stürme und Schloßen umdrohen Aſt und Zweig, Nebelwind ſchauert. Ihm iſt es gleich. Göttliche Stimmen raunen im Adernlauf, Urväterpſalmen hallen herauf. Einſt teilt es herrlich und mit geſtärkter Kraft drängender Feinde drohende Haft. Himmel und Erde Knüpft es zu feſtem Vand in Sonnglutfeuern. O Vaterland! Ludwig Bäͤte. Für die Schweſter. Erzählung von Eliſabeth Wolf. Luiſe ſeufzt tief auf. Walter und ſie, Freunde ſeit der Kindheit hatten ſich verſprochen, den Bund fürs Leben zu ſchließen, gerade damals, als Roſels Leiden ben gann. Zarte Rückſicht auf die Schweſter, der ein ſolches Glück wohl verſagt bleiben würde, ließ ſie zunächſt ſchweigen. Walter kam oft zu den Schweſtern und ſaß viel am Bett der kran— len Roſel, der er ja auch ein Jugendfreund war. Er erwies ihr kleine Aufmerkſamkeiten und rief manches Lächeln auf dem ſchmalen Geſicht her— vor. Eines Abends, nachdem er gegangen, Luiſe die Kranke friſch gebettet hatte und noch kurze Zeit bei ihr ſaß, beichtete Roſel leiſe: „Ich habe Walter ſo lieb, ach ſo lieb! ſo gut zu mir, fühlſt Du es nicht auch, Er hat mich gewiß ſo lieb, wie ich ihn. glaubſt Du, daß er mich heimführen ich erſt wieder geſund bin?“— Welch Erſchrecken ſich in Luiſes Zügen ſpie⸗ gelte, konnte die Kranke nicht ſehen, denn die Er iſt Luiſe“ Luiſe, wird, wenn Dämmerung wob ſchon ihre Schleire im Gemach. 5 Sie hatt auch nicht empfunden, daß die Schwe— ſter zitterte, als ſie ihr den Gutenachtkuß gab und ſfſagte: „Schlaf recht ruhig, meine Roſel!“ Sie durfte ja Roſel nicht beunruhigen, J Sie durfte.% ſchwieg ſie. Als aber Walter am nächſten Taas ſonſt. Amt Frankfurt a. M. me Viernheimer Tageblatt Anzeiger (Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) 1 ˙* Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtuſter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vormittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Inſerate müſſen bei Aufgabe bezahlt werden, mit Ausnahme derjenigen, die in lfd. Rechnung liehen. Erſte und älteſte Zeitung am Platze.— Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamts Viernheim Saustag, den 5. Juni 1926 ram, fragte ſie ihn im Vorzimmer, bevor er 51 ö der Kranken ging: „Nun ja, wie man ſo eine kleine kranke Schwägerin lieb haben muß, mein Schatz“, er⸗ widerte er heiter.„Doch wie kommſt Du auf dieſe Frage?“ Da hatte ſie ihm von Roſels Abendbeichte er— zählt. Er war ernſt geworden. „Die Aermſte! Wie ſollen wir ihr nun be— greiflich machen, daß wir zuſammen gehören?“ Nachdenklich war er durchs Zimmer gewan— dert und dann an Roſels Lager getreten. Er hatte verſucht, mit ihr im alten gewohnten Tone zu plaudern und zu ſcherzen. Aber die Kranke war feinfühlend und hatte plötzlich gefragt: „Walter, warum biſt Du heute ſo nachdenk— lich?“ 5 Er hatte lächelnd nur erwidern können: „Habe viel Arbeit gehabt, Kleines. Ich bin müde.“ Und dann war er gegangen, früher als Im Vorzimmer hatte er ſeine Braut liebe— voll in den Arm genommen: „Laß ſie in ihrem Glauben, Liebſte! Früh genug noch müſſen wir ihr ihn rauben. Vielleicht beſſert ſich ihr Zuſtand, daß wir ihr es einmal ſagen können, ohne fürchten zu müſſen, daß ſie uns dadurch kränker wird. Wir dürfen ihr Ge— müt jetzt nicht damit belaſten.“ Am nächſten Tage kam er wieder und ſo forz Aeußerlich ging alles ſeinen ruhi— Tag um Tag. gen Gang weiter, aber in Luiſe, wie auch in Wal⸗ den ſchwerſten Teil der Schweigepflicht zu ter wirkte Roſels Geſtändnis nach. Luiſe hatte tra⸗ gen. Wie oft erging ſich Roſel, wenn Walter Ab— ſchied von ihr genommen hatte, in Zukunftsträu— 1 men, die ſie ruhig anhören mußte. Wohl war ſie der Kranken nach wie vor die liebevolle Pfle— gerin, aber es entging Walter nicht, daß ihr We— ſen gedrückt war und daß ſie unter dem Schwei— gen litt. Ihm ſelbſt wurde es ja auch nicht leicht, immer der frohe, zum Scherzen aufgelegte Beſucher zu ſein. Er ſcheute ſich, der Kranken noch Aufmerkſamkeiten zu erweiſen, die ſie als Zeichen ſeiner Zuneigung auffaſſen könnte und mußte es dennoch tun, wenn er nicht verraten wollte, daß er um ihre Beichte wiſſe. Er ſann nach, wie er Hilfe ſchafſen könne und erwog den Plan, längere Zeit zu verreiſen. Vielleicht er— blaßte dann in Roſel dieſe leidenſchaftliche Zunei⸗ gung, wenn ſie keine Nahrung mehr erhielt. Er ſprach mit ſeiner Braut darüber. Sie ſchloß ſich ſeiner Anſicht an, ja, ſie verſprach ſich davon einen günſtigen Einfluß auf Roſels Zuſtand ſelbſt. Vorſichtig bereiteten ſie die Kranke auf eine Trennung vor. Dann war er Male gekommen und hatte auf dem Flügel die Motette geſpielt:„Bleib bei uns...“ Er hatte damit eine Bitte Roſels erfüllt und war dann heiter an ihr Lager getreten: „Nun leb wohl, Röſelein.“ Schreckhaft weit hatten ſich ihre Augen da ge⸗ öffnet, weinend hatte ſie ihn am Mantel zu hal⸗ ten geſucht. Er hatte ihr liebreich über den Kopf geſtrichen und ſie zu tröſten verſucht: die erſte Stunde faſſungslos. zum letzten „Ich tomme ja vald wieder, Roſel, und dann bleibe ich bei Euch“, dann war er gegangen. Roſels Zuſtand verſchlechterte ſich vom Tage an. Mit ſchwerer Sorge erſtattete Luiſe dem Verlobten Bericht, daß ſie ſich geiäuſcht hätten. Walter fragte zurück, ob er wieder kommen ſollte. Luiſe kämpfte mit ſich ſelbſt. Sie rang ſich hin— durch zu dem Entſchluß, um der Schweſter wil len weiter die ſchwere Pflicht des Schweigens zu tragen und ſchrieb Walter, er möchte zurück— kehren.— Aber er kam nicht.— Der Zug, der ihn zurückbringen ſollte, entgleiſte und begrub mit ſo manch anderem Menſchen zuſammen auch Walter unter ſeinen Trümmern. Luiſe war für Vorbei! Mußte fie nun auch im Schmerz ſchweigen? Der Arzt, ein alter Freund des Hauſes, drückte ihr teil— nehmend die Hand: „Sie Arme! Und doch muß ich Sie bitten, Ihrer Schweſter dieſes Leid zu erſparen. Das Licht löſcht langſam aus. Rauben Sie ihm nicht unbarmherzig den letzten Tropfen Oel.“ Luiſe verſtand ihn. Sie kämpfe ihren Schmerz, nieder und legte das dunkle Gewand ab, in das ſie ſich in ihrer Trauer geflüchtet und war der Schweſter weiter die freundliche, liebevolle Pfle— gerin wie bisher. Wenn ſie abends im Däm⸗ merſchein an Roſels Lager ſaß, ließ ſie ſich an— vertrauen, wie lieb die Kranke den fernen Walter habe, wie ſie ſich auf ſeine Rückkehr freue. So reihte ſich Tag an Tag. Unzählige Male hatte Luiſe die Frage nach dem Tag der Rückkehr be— antwortet.„Noch zwei Wochen, Roſel.“ Dann hieß es bald:„Noch acht Tage, Kleines“ und mit jedem Tage, der von dieſer Friſt verſtrich, wurde in Luiſe der Schmerz bohrender und ſtär⸗ ker. Was ſollte ſie nun ſagen, wenn auch der letzte Tag abgelaufen war und Walter nicht kam? Heute war er. Trotzdem Roſel ſieberte, hatte ſie es nicht vergeſſen und leiſe geflüſtert: „Morgen kommt Walter! Ach, Luiſe, ſpiele doch die Motette, denn dann bleibt er ja immer bei uns!“— Und ſie hatte den Wunſch erfüllt.— .... Der rote Strahl, der auf den Taſten zitternd tanzte, iſt verſchwunden. Es will Abend werden,— der Tag hat ſich geneigt.— Luiſe er⸗ hebt ſich von ihrem Platz am Flügel und ſchrei— tet leiſe zum Lager der Schweſter.... ſie iſt Das Fronleichnams⸗ engelchen. Von Maria Kruſemeyer. Fein und zart ſchritt Engelchen zwiſchen der anderen Kindern im weißen Kleide und licht— blauem Blütenkranz im blonden Haar vor dem Allerheiligſten einher. Leuchtenden Auges trug es andächtig mit beiden kleinen Händen ſeine hohe Wachskerze und ſang mit ſüßer Stimme dem Heiland ſeine Lieder. Während die anderen Kinder wohl hie und da flüſternd zu den All— taasleuten ſchauten. die de lindenduftenden Schriftleitung, Druck und Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle: Rathausſtr. 36 Sr 43. Jahrgang Domplatz rings umſaumten oder die Köpfe empor reckten zu der großen Glocke im mächtigen Turme die mit tiefem Klange alle Schweſterglocken del alten Stadt zu ſammeln ſchien, ſchwebte Engel chen ganz in Licht und Freude verſunken dahin O, immer ſo vor der Strahlemonſtranz gehen z dürfen in goldener Sonne beim Klange de Glocken, den Heiland im Sinn und ſonſt nichts Wie die Kerze ſein zu dürfen, ſo hehr und rein und flammend! Engelchen wußte ſich kaum 3 faſſen vor innerer Seligkeit, und als die Poſan nen ſchwiegen, ſang es leiſe vor ſich hin, ein eigen Lied, das die anderen nie gehört hatten. Mitten im Singen erſchrak es. Was für ein ſchparzer Schatten fiel plötzlich auf all das Leuch ten! Wie im Traume ſah Engelchen eine Geſtalt zie mit geheimnisvoller Macht nach ihm winkte Es ſträubte ſich, Tränen traten ihm in die Augen flehend wandte es ſich zu der weißen Hoſtie, dit der Hohe Prieſter noch ſoeben ſegnend emporge— hoben hatte. Aber ganz verlaſſen ſtand es au, einmal. Und die Geſtalt in der Ferne winkt und winkte. Zögernd ſetzte Engelchen einen Schritt aus der Reihe und einen zweiten, ob es wollte oder nicht, es mußte weg von all der trau ten, gemeinſamen Herrlichkeit, allein gehen durch die Menſchenmauer, durch leere Straßen mit ſter benden Blüten und ſchlaffen Fahnen, weiter und weiter durch enge Gaſſen, wo Schmutz und Stein ſtatt der Blumen lagen und aus den Fenſtern das Laſter auf das ſeltſame Kind herabhöhnte das im weißen Gewande ſeine brennende Kerze durch die Dämmerung trug. Auf das Feld hin⸗ aus ſchritt es und tauchte wie ein Seraph in die ſinkende Sonne, bis dieſe alle Schönheit der Nacht zu Füßen legte. Nun leuchtete nur noch dit kerze des Kindes durch das Dunkel. Weiter und weiter ging es ohne Ziel und doch wie gerufen von fernen Stimmen. Hörten die Flocken auf zu läuten, rauſchte ein Aehrenfeld. lang dort ein Glöckchen— zart, wie weinend? Engelchen wurde hellwach und lauſchte. es war nicht das Monſtranzglöckchen, das läu⸗ tete froher und heller. Ein Kinderjammern war es, ſchwach, wie erſterbend. Engelchen trat mu— tig an den Feldrain. Da lag in einer Furche ein Kind, wenige Jahre jünger als Engelchen ſelbſt, aber krank, elend, in tiefem Schmutz. Trotz des lauen Abends waren ſeine Händchen blau gefro— ren, die Augen ſtarrten ſtumpf aus hungrigen Höhlen, der kleine Körper zuckte in Weh. Aus Engelchens Herz trat reiches Erbarmen Es kniete bei dem armen Kinde nieder, wärmte ihm die Hände am Licht ſeiner Kerze, ſprach und! weinte mit ihm und hauchte ihm ſeine eigene ſrohe Seele ein. Das krante Kind atmete auf, blinzelte verwundert in die brennende Kerze,; lächelte und gewann aus Engelchens Sorgfalt ſo— viel Kraft, daß es auf zagen Füßen, langſam von Engelchen geſtützt, der Stadt zuſchreiten konnte. Heller als zuvor ſtrahlte das Licht in Engelchens rechter Hand, während es mit der linken das! fremde Kind betreute. 5 Nein, Zur Piychologie der Eiſen bahnkataſtrophen. Das furchtbare Eiſenbahnunglück in Mün⸗ chen zeigt uns wieder einmal, wie trotz aller Vorſichtsmaßnahmen ſolche Kataſtrophen im— mer noch vorkommen. Die Urſache ſcheint auf das Ueberfahren eines Signals zurückzuführen zu ſein, und dies iſt die häufigſte Art aller Unfälle, denn 75 Pro— unſerer Eiſenbahn dadurch im letzten Jahrzehnt ver— anlaßt. Die Zahl der Zugzuſammenſtöße, die hatte ſich wäh⸗ rend der letzten Jahre des Krieges und kurz nachher in bedrohlicher Weiſe geſteigert. de den das Verſagen oder zent aller Todesopfer wurde bei dadurch hervorgerufen wird, trug die Zahl der Zuſammenſtöße auf — E Die eigentlichen Urſachen liegen tiefer. Nur wenn man die pſychologiſchen Zuſammen— hänge richtig erkennt, und in Rechnung ſetzt. können die Gefahren verringert werden. Der amerikaniſche Eiſenbahningenieur Charles R. Keyas, der ſich um die Sicherung des Betrie— bes bei den Eiſenbahnen der Vereinigten Staaten ſehr verdient gemacht hat. hat ein— mal anſchaulich geſchildert, wie ſolche Kata ſtrophen entſtehen, denen wir, wie dem Mün— chener Unglück, mit faſſungsloſem Entſetzen gegenübertreten. Man kann das„Verſagen 92 Monſchengesdog“ 10 roche mur ſon führt, in zwei Grupven einteilen. Das eine Mal iſt es ein Nerſagen des Gedöchtniſſes. ſelten ein rätſelhafter. unkontrollierbarer Drang, der Ordnung der Dinge zuwiderzu— handeln. Ein volfkommenes Gedöchtnis aibt es nicht: das lehrt uns der Alltag täalich. A — Wins a Pariſer Plaudereien. (Von unſerer Pariſer Mitarbeiterin.) „La Carcaſſe“(Das Gerippe) in der Comädie Francaiſe und in der Kammer.— Proteſte.— Menuet im Verſailler Park. Bezeichnend war ſchon die Benennung des famoſen“ Stückes in der Comédie Fran— caiſe,„La Carcaſſa“ von Andre Obey und D. Amiel, das ſo viel Staub aufwirbelte und in Skandal ausartete. Dort, am offiziellen, klaſ— ſiſchen, vom Staate ſubventierten Ort, wo die großen Werke eing- Corneille, Racine, Mo— liere und andere in ihrer Schönheit gleich leuchtenden Raketen emporſtiegen, war es nun, als ob buchſtäblich nach allem vergange nen Glanz nur der verglimmende Reſt als ziere der franzöſiſchen Ar ſen erinnern.“ General im weißen Haar gegen dieſe„ſcheuß— liche Lüge“ und ſagt u. a.: daß der Herd der Söhne Frankreichs, die im Kultus gezogen ſind Reinheit Sittenloſigkeit iſt und ihre Mütter, auf deren Knien ſie mit gefalteten Händen das Vater— unſer ſtammelten, daß dieſe Mütter feile Dir— nen wären!“ auch zu heftigen Szenen, beſonders die ſtän digen Abonnenten Ende! Vorhang! Es iſt eine Schande——— ſtellunga in der Kammer, energiſchen Interpellation— es iee werden ſich deſ⸗ oll Schmerz lehnt ſich auf der Es iſt unwahr, der Ehre und ihr Leben und Vaterlandsliebe auf auch für dieſe Ehre und gaben, ein Pfuhl von Im Theater ſelbſt kam es riefen: Genug, genug! Am„intereſſanteſten“ war wohl die Vor— beſonders bei der gab deren bis jent drei— des Abg. Desfardin, der auch die Minifter nicht ſchonte! Die Rechte und die Mitte pflichten ihm bei. während die Linke. beſonders die Aeußerſte, denen„Car— caſſe“ ſehr gut zu gefallen ſcheint, voll Hohn und Spott der eine Miniſter ſelbſt mit leichtem Schmerz— proteſtieren. Er frägt M. Delbos:„Herr Miniſter, haben Sie jemals fremde Stücke geleſen, worin ein Offizier eine ſo ſcheußliche Rolle ſpielt? Glauben Sie, daß man in Deutſchland, wo zurzeit Hindenburg deutſchen Vollſpurbahnen 1911 262, 1912 297, 1914 305, ſo war ſie 1916 auf 496, und 1917 auf 757 geſtiegen. 1918 paſſierten 627 Zuſam⸗ menſtöße, 1919 550, 1921 507, 1922 440. 1923 waren ſie auf 272 und 1924 auf 191 zurück⸗ gegangen. Die falſche Handhabung des Fahr⸗ dienſtes auf den Stationen war nach der bis 1921 reichenden Statiſtik in dieſem Jahre in 188 Fällen verantwortlich, Fehler des Ran⸗ gierdienſtes in 186, des Zugdienſtes in 89, des Meldeienſtes in 21 und Mängel an Fahr⸗ ohne daß ſchlime Folgen eintreten. Bei einem aroßen Bahnbetriebe aber entſtehen daraus die ſchwerſten Unfälle. Ein Feiertag bringt ſchon an und für ſich den Menſchen aus der gewohnten Ordnung, lenkt ſeine Aufmerkſam— keit ab. PDazu kommen die zu Pfinaſten ganz beſonders ſtarken Ueberfüllungen der Züge, die daraus herzuleitenden Verſpäötungen. die elles und damit auch die Aufmerkſamkeit der Beamten aus dem gewohnten Gleiſe“ brin— gen. In den allermeiſten Fällen geben die Giſenbahnkataſtrophen auf ſolche Urſachen zu⸗ trauriges totes Gerippe zurückbleiben ſollte! Wir ſehen einen franzöſiſchen General, ſeine Frau und einen Sohn, deren Handlungsweiſe dem einfachſten Begriff von Sitte und Ehre Hohn ſpricht. Der hohe Soldat duldet ganz „gemütlich“— er will keine Aufregung, will ſeine Geſundheit, ſeine„Carcaſſe“ ſchonen— den ſeit Jahren beſtehenden Ehebruch in ſei— nem Hauſe, ja, er zieht aus dieſer Schande noch ſchimpflichen Profit für luxuriöſe und andere Genüſſe. Seine Frau, von adliger Tanz⸗ Unterhal. im Kaiſerhof. Heugras- Versteigerung. Am Dienstag, den 8. Juni 95. Js. nachmittags 2 Uhr wird in der Wirtſchaft von Werle das Stemm⸗ und Ringklub 1896 Mitglied des Arbeiter⸗Athletenbundes Deutſchlands. Unſere geſamten Mit⸗ glieder treffen ſich heute Abend halb 9 Uhr im „Goldenen Karpfen“ zur Feier des Neichsarbeiter Stets friſch gebrannter. 1 1 + e 2 ¼ Pfd. zu 75, 90, 100, 110 und 125 3 Tee, Kakao und Schokolade in allen Preislagen „ Tafelöl Fe Seluna st extra Neue Schlangen⸗Gurken u. Gemüſe⸗ 1 Liter 1.20 1 Liter 1.30 ſporttages Vollzähliches Erſcheinen erwartet Der Vorſtand Alb.-HRadiahtel- Bund„Sni Muglied des Arbelter⸗Radfahrerbundes„Solidarität“. Unſer Verein beteiligt ſich heute Abend vollzählig bei der Feder des Neichsarbeuöer⸗ dporttages im Goldenen Karpfen“. Treſſpunkt dalb 9 Uhr im„Gold. Karpfen“. Heugras der Neutzenlache öffentlich verſteigert. Weinheim, den 1. Juni 1926. Gräflich von Verchheim sches Rentamt. 9 ——— besonders solide Ausführung Mnderstletel eee N. Stumpf 4. Bismarckstr. 5. Bel Barzahlung 5 Frozeni Nah att. Gegründet 1883 Jernſprecher 117 Aelteſte, geleſenſte und verbreitetſte Zeitung am hieſigen Platze Inſerate haben ſicherſten Erfolg! Auch- und ertigung ſämtlicher Sruckſachen für Gwerbe, 1 5 Handel und Induſtrie ** ———— Altzidenz- Druckerei Erbſen Pfund 50 Pfg. 1 u K 7110 em lg. 5 Thien Delbernaſe m u. ohne Rinde Edamer Käſe, Allgauer 90 66 4„ tafelbutter gele- bse Eee Nuß butter ½ Pfund 40 Nußſchmalz ½ Pfund 403 Jakob Winkenbach Tel. 88. a Lorſcherſtraße 10. Abonniert den„Anzeiger eine ganz neue Grundlage geſtellt zeichen in 23 Fällen. In ſeinem Buch„100 Jahre Eiſenbahnunfall“ hebt Ernſt Krafft hervor, daß ſich ein beträchtlicher Teil dieſer Unfälle vermeiden ließe, wenn die deutſche Eiſenbahn ihre„Elektrizitätsfeindlichleit“ auf⸗ geben würde. In den Vereinigten Staaten iſt nämlich die Zugſicherung mit Hilfe der draht⸗ loſen Uebertragung elektriſcher Energie auf worden, und durch dieſes drahtloſe Sicherungsſyſtem könnten wir von der Mehrzahl dieſer Un⸗ glücke, die ſich gerade in den letzten Jahren wieder erſchreckend bemerkbar machten, be⸗ wahrt werden. Ganz vermeiden laſſen ſich die Kataſtrophen ja niemals, denn ſie ſind tief begründet in der Unzuverläſſigkeit alles Men⸗ ſchenweſens. Der Bahnbeamte, dem die Schuld nachgewieſen wird, iſt ja nur die Ver⸗ körperung dieſer menſchlichen Unzulänalichkeit. rück, in denen der Geiſt abgelenkt und in eine neue Richtung gedrängt wird. Solande alles gewohnheitsmäßig verläuft, iſt die Gefahr ge⸗ ring; aber ein eingeſchobener Sonderzug— eine zufällige Verſvätung bedeutet bereits ein Gefabhrenmoment. das bei der Oroaniſa⸗ tion des Menſchen nicht auszuſchalten iſt. Si⸗ cherheit kann nur dadurch gebracht werden, daß die Technik die menſchlichen Irrtümer automaliſch berichtiat. Im übrigen brauchen wir uns, ſo entſetzlich ſolche Kataſtrophen auch find, durch ſie nian ins Bockshorn jagen zu laſſen, denn die Gefahr. von einem ſolchen Unfall betroffen zu werden. iſt verſchwindend gerina. Schon 1888 war auf den deutſchen Eiſenbahnen die Sicherheit ſo groß. daß erſt auf 1. Millionen Reiſender 1 Toter, auf 2% Millionen ein Verletzter kam. Geburt, hat ſchon ſolchen Grad von Entwür— digung erreicht. daß die unalückſeligen Ge— ſchöpfe von„St. Lazare“ nicht viel voraus haben dürften. Der Sohn, auch in der Armee als Unterleutnant, macht ſeinem Leben ein Ende, nachdem er zugunſten ſeiner Geliebten ſeine Kameraden beſtohlen hat. Man wird ſich vorſtellen. wie der Anariff auf die franzöſiſche Armee, die Familie, Ehre und Moral und die Ariſtokratie in guten Kreiſen zu empörten Ge— genkundgebungen angeſpornt hat. Ich greife Uu. a. die bewegende Polemik des großen Ka⸗ tholikenführers, des Generals von Caſtel⸗ nau, heraus. Er ſagte dem Unterrichtsmini⸗ ſter, der durch ſeine Autoriſatlon dieſe„in⸗ fame Parodie“ geduldet hatte:„Im Namen meiner gefallenen und lebenden Kameraden erkläre ich. Herr Miniſter, Sie haben eine ſehr ſchlechte Handlung begangen, die Offi⸗ und v. Seeckt auf ſo beunruhigende Weiſe ge— feiert werden, ſolche Stücke aufführen wür⸗ de?“— Der Antrag Desjardins für die Ab⸗ ſetzung des Stückes wird von 380 Stimmen zurückgewieſen, 170 Stimmen pflichteten ihm bei. Inzwiſchen haben aber die Autoren ſelbſt das Stück zurückgezogen. Den internationalen Hoteliers wurde im Park von Verſaiſles in der bekannten Apollo⸗ grotte ein entzückendes Frühlingsbild gebo⸗ ten. Bekannte Künſtlerinnen tanzten mit vol⸗ lendeter Anmut die Menuets von Lulli und eine Suite de danſes aus„Don Juan“ von Mozart. In dieſem Frühlinaszauber mußte die Zeit ſich wandeln zum Märchen, zur Er⸗ innerung, die keinen Foxtrott oder Shimmy kannte. Hedwig Fiſcher. Ohne Furch! gingen die Beiden zu dem gro⸗ ßen Backſteinbau des Hoſpitals, das breit und einladend aus vielen wachen Fenſtern auf dag Feld hin usſah. Mit lieblicher Bitte übergab Engelchen ſeinen kleinen Schützling der ſürſor⸗ genden Schweſter. Eine halbe Stunde ſpäter Kind warm im weichen Bett. Seine Augen hat⸗ en den ſtumpfen Glanz des Hungers verloren, ſſeitdem die Schweſter es liebend mit Milch und Brot gelabt hatte. Zufrieden, mit aufblühenden Wangen lugte es hinüber in das andere Bett⸗ ſchen, aus dem Engelchen mit übergroß leuchten⸗ den Augen in die ſterbende Kerze am Bettrand blickte. Seine Hände zupften die weiße Decke, als ſtreuten ſie Blumen. Seine ſfieberroten Lip⸗ pen flüſterten ſehnſuchtsvolle Worte vom Fron⸗ lag das gerettete leichnamsfeſt, von vieler Schönheit, daß es doch in der Prozeſſion vor dem Allerheiligſten ſein Licht tragen müſſe. Immer tiefer wurde die Nöte auf ſeinen Wangen, immer größer und ſehnſüchtiger öffneten ſich ſeine Augen. Die Kerze war nur noch ein chwaches, ſchmelzendes Stümpſchen, das ſeine Flamme unirdiſch groß emporſchickte. Sie flackerte hoch auf, ſank jäh herab— das Kind richtete ſich mit unnatürlicher Kraft boch empor, fiel zurück und war— tot, als die Kerze erloſch. Das fremde Kind neuen Leben entgegen. Sakramentshäuschen. Von Dr. Clemens Wagener. Erſt nachdem Kaiſer Conſtantin dem Chriſten⸗ num nachdrücklichen Staatsſchutz verſchafft hatte, wurde die geweihte Hoſtie nicht mehr, wie zur Zeit der Verfolgungen in der Wohnung des Prieſters, ſondern in der Kirche aufbewahrt. Bis zum Aufkommen der Monſtranz bediente man ſich hierzu des„Ciborium'“. einer an⸗ fernt mei aus Elfenbein, ſpäter aus Gold ge— ertigten Büchſe. Vielfach auch hatte man zum gleichen Zwecke Behälter aus Edelmetall in Tauben form. Der Vogel ſtand auf einer cunden Platte oder Schüſſel, welche mittels meh⸗ terer Ketichen an einer Schnur unter dem Altar⸗ baldachin aufgehängt wurde. Der mit einer, Rlappe verſehene Rücken der Taube barg das! Gefäß mit der Hoſtie. Wahrſcheinlich ließ ſich der Behälter hochziehen und herablaſſen. Ver⸗ ſchiedene ſolcher Tauben ſind wohlerhalten auf uns gekommen. 1316 wurde durch Papſt Johann 22. das Fronleichnamsfeſt eingeſührt. Da dieſes in ſeiner Prozeſſion den aller Welt zur Schau geſtellten Leib des Herrn führen ſoll, ſo erſetzte man die bisher üblichen, für ſolchen Zweck nicht geeigneten Ciborien durch die Monſtranz. Ihr Vorbild ſand dieſe in dem bereits beſtehen⸗ den Reliquiar, welches das hinter Glas gebor⸗ gene Heiligtum dem Auge des Andächtigen frei⸗ gab. Dieſe aus koſtbaren Stoffen, von auserle⸗ ſenen Künſtlern verfertigten, mitunter ein, ja, bis anderthalb Meter hohen Behälter erforder en zu ihrer Aufbewahrung natürlich diebesſichere Ge⸗ laſſe. Es entſtanden demgemäß die als„Sa⸗ kramentshäuschen“ bezeichneten Schränke, welche meiſt in Altarnähe in die Nordmauer ein⸗ ſebaut und mit Eiſentüren verſehen wurden. re urde meiſt noch durch Gitterwerk eingeredet. Sakramentshäuschen dieſer 9... ein. die Vorläufer des heute allgemein uplichen Ta⸗ bernakels inmitten des Altars. Außerdem aber war, beſonders im 15. Jahrhundert, das „ireiſtehende“ Sakramentshäuschen weit verbreitet. In der Regel lehnt es ſich an einen dem Chor benachbarten Pfeiler des Mit⸗ zelſchiffes, wächſt auf aus vielſeitigem Steinſockel und ſteigt, viel ſach die herrlichſte Filigranarbeit ſpätgotiſcher Steinmetz oder Holzſchnitzkunft zei⸗ ſſend, in Geſtalt eines ſchlanken Turmwerks bis zur Deckenwölbe empor, um ſich dort wie eine in der Weiterentwicklung behinderte Kletterpflanze in gebogener Ranke umzulegen. Der untere Tell dieſes ſäulenartigen Aufbaues trägt den häufig zunen blau ausgemalten. mit Goldſternen ge⸗ aber ſchlummerte einem 9——9 Tann von Schöllenbach. Ein Börſen⸗Roman von Barr-⸗Runkel. „Vas iſt doch lein Wunder, Peter, wenn Sie bedenken, daß die Ankunft und Abfahrt der Schiffe in jeder Morgenzeitung ſteht! Das Wunder iſt, daß ſie den Dampfer nicht ſchon zein paar Tage früher erwiſcht haben. O, lieber Himmel, wie mich die unangenehmen Menſchen quälen! Hier ſind Sie, der immerfort ver⸗ ſucht, mich in einen Kampf zu verwickelie, u. da iſt nun der Schwarz, der mich gern den Arm des Geſetzes fühlen laſſen möchte, während ich als friedlicher Bürger Kämpfe und Prozeſſe gleichermaßen verabſcheue. Nun, ich verſpreche mir einige Unterhaltung mit meinem Freund Schwarz! Wenn Sie nicht kür mich ſein Leib des Herrn beherbergten. gendlichen in der Familie zu halten, wollen, Peter, ſo ſeien Sie wenigſtens nicht 5 mich, und Sie werden den droliigſten rozeß erleben, der je ausgefochten worden iſtl“ Und damit zog ſich Tann zurück, um ſich nee e 5 „Peter,“ ſprach er, als er aus ſeine Schlafzimmer wieder auftauchte, und 885 in einem Anzug, der beſſer für die Straßen Berlins geeignet war, als für die Metallregion des Harzes,„Peter, ich muß Sie verlaſſen! Laſſen E. ichmelzen fortſetzen, als ob ich noch da wäre, und da ſchmeißen Sie ſoviele Goldbar⸗ ten in die Grube, wie Sie können! Glück, licherweiſe für unſere Zwecke iſt die Grube nicht bodenlos, wie Ihr Stolz werden kann, wenn Sie ſich im alleinigen Beſitz von ſoviel Sold befinden. Im übrigen verſchmähe ich Ihre Kochkunſt durchaus nicht, aber die Küche meines Hauſes iſt mir lieber!“ ö„Alſo wollen Sie nach Berlin?“ „Schließlich auch nach Berlin, mein Sohn, aber zuerſt nach Swinemünde! Ich kann doch nicht zugeben, daß meine mutigen Kapitäne ins Loch geſteckt werden, nur weil es Konrad Schwarz gefällt, der ſelbſt viel eher dahin gehörte! Ich muß mich mit jemand in Verbindung ſetzen, der in der Jurisprudenz bewandert iſt ift, damit ich in den alten Dieh jchmugten Schranr, ven oft mit Kunſtſchmiedear⸗ beit verſehene Türen und ſperrende Gitter ver⸗ wahren. Dieſe freiſtehenden Sakramentshäuschen erreichen gelegentlich eine Höhe bis zu dreißig Metern, während der lichte Innenraum der Schränke im Durchſchnitt 50—100 Zentimeter Höhe, bei 30—60 Zentimetern Breite beträgt. Mit⸗ unter wachſen ſolche Sakramentshäuschen im Hochrelief aus dem Mauerwerk hervor, beiſpiels⸗ weiſe in Form eines kurzen Pfeilers, der den giebelgekrönten Schrein trägt. Außer Heiligen⸗ ſiguren und Filialen führen dieſe Monſtranzge⸗ laſſe häufig die bekannten Darſtellungen des Pe⸗ Wah der ſeine Jungen mit dem eigenen Blute nä Wohl die meiſten alten Kirchen beſitzen noch, wenn auch durch Neubau, Täſelung oder Geſtühl berdeckt, jene vergeſſenen und auffälligerweife ſo wenig bekannten Wandſchränke, die einſt den Beiſpiele beſter⸗ haltener, prächtig gearbeiteter freiſtehender Sa⸗ kramentshäuschen haben die Sankt Lorenzkirche zu Nürnberg, das Ulmer Münſter, die Kirche zu Linnich bei Aachen aufzuweiſen, doch finden wir ſolche Perlen der Kunſt, die wie ſchon bemerkt. im 15. Jahrhundert zu höchſter Schöne und Voll⸗ ö ane gediehen, auch im Norden des Vater⸗ landes. Abtei der Ciſternienſer, So überraſcht in der alten Doberaner die Mecklenburg dem Kreuz gewannen, ein Kunſtwerk dieſer Art den ſtaunenden Beſucher. Ueberhaupt birgt gerade dieſe Kirche noch manchen Schatz der Vergangen— heit, und es iſt anzuerkennen, daß der proteſtan⸗ tiſche Erbe des von niederſächſiſchen Mönchen er— bauten Gotteshauſes die wertvollſten Erinnerun— gen der Vergangenheit unangetaſtet ließ.— Der Magnet. Es iſt heute nicht ſo ganz einſach, die Ju⸗ ſie ans Haus zu feſſeln. Das wie macht vielen Müt⸗ tern großes Kopfzerbrechen. Nach meiner eige— nen Erfahrung und der mancher anderen Mut⸗ ter bedeutet ſehr oft das Eingehen auf die Lieb— habereien des heranwachſenden Jungen eine glückliche Löſung. Mein Tertianer beiſpielsweiſe ſetzt ſich ſtun⸗ benlang in der Weiche und auch Sonntags zu Tauben. Seit drei Jahren verzichtet er auf jegliche Ferien, weil er die Tierchen niemand anders anvertrauen will. Alleroings muß ich des öſtetren eingehende Schilderungen über die Vorzüge ſeiner Lieblinge gegenüber allen anderen Tauben über mich ergehen laſſen; ich erſahre, wann ſie Eier gelegt haben, wenn die Jungen auskricchen, ob es ein„Scheck“, ein„Gehümmer— ter“ oder ein„Falber“ iſt; und ich jchon mal Mais bezahlen, wenn das Taſchengeld für die Futterkoſten nicht ausreicht; trotzdem mir vas erſte ſurchtbar gleichgültig, und das zweite hüchſt unangenehm ift— aber ich höre zu, ſeuſze ganz heimtich, ſelbſtrebend und opfere. Die einzigartigen Tauben müſſen natürlich möglichft vielen Fungen gezeigt werden. Prozeſ⸗ ſionen zen zum Taubenſchlag unterm Dach. Da wir im Felde wohnen und Jungens es mit dem Füßeabputzen es nicht ſo genau nehmen hinterläßt das unliebſame Spuren. Das Trep⸗ penhaus muß ſehr oft getehrt werden. Sei's drum! Ich hab meinen Jungen daheim. Das Kino, darin ein gut Teil ſeiner Kameraden viel Zeit und Gelb vertut, iſt ihm nur von obligato⸗ riſchen Schulaufführungen her bekannt.„Und jedesmal iſt er heilfroh, wenn er aus der Flim⸗ merkiſte wieder heraus iſt. Er behauptet, mit ſeinen Geſchwiſtern übrigens, ſteif und ſeſt: da kriege man bloß Kopſſchmerzen und die Augen täten einem noch lange weh. Wenn der Bub ausgeht, iſtſ es immer zu ir⸗ gend einem Taubenſreund aus dem Verein„Co lumbia“. Es werben dann ſachverſtänbige Ve⸗ ratungen gepfloͤgen, Preisausſichten ſür di! Wettflüge erörtert und für den„Gewinn“ de reits zentnerzweiſe Wickhen und Mais und alle! in Verlegenheit vringen, aufhalten, ärgern und ſchließlich zum halben Bettler machen kann! Deshalb ade, mein Sohn, ſeien Sie während meiner Abweſenbeit ſo artig. wi. Sie können, und wenn Jyr Stolz über den ſich mehrenden Reichtum allzugroße Dimen⸗ ſionen annehmen ſollte, dann denken Sie da— ran, wie ſchwer es iſt, daß ein Reicher ins Himmelreich kommt, und kehren Sie zu Ihrer natürlichen Beſcheidenheit zurück! Und nun leben Sie wohl!“ 9. Kapite! Zunächſt ſchickte Tann deei ab. Das erſte ging an ſeinen Rechtsanwalt in Berlin und erſuchte ihn, den bedeutendſtey Anwalt für Schiffsangelegenhelten in Stettin dahin zu verſtändigen, daß er in ſofort in dortigen Metropol-Hotel aufſuchen möge Das zweite war an Kapitän Wild. um ihm mitzuteilen, daß eine reichliche Kaution fün ihn unterwegs ſei, ſo daß er mit ziemlicher Beſtimmtheit auf ſeine Haftentlaſſung rechner könne. In dieſem Falle möge er ſich gegen 6 Uhr im Metropol⸗Hotel in Stettin einfinden. Das dritte Telegramm war an eben dieſes Hotel gerichtet, um dort Zimmer zu beſtellen. Nachdem dies alles erledigt war, blieb Tann gerade noch Zeit, den Zug zu erreichen. Als er kurz nach ſechs Uhr am Metropol⸗Hotel vorfuhr, fand er, daß ſowohl Kapitän Wild wie auch Herr Tucker, der Rechtsanwalt auf ihn warteten. „Sie haben Sie alſo wieder freigelaſſen, Kapitän?“ ſagte der Graf und ſchüttelte Wild die Hand. „Nein, Herr, Sie habens noch einmal überlegt und mich gar nicht feſtgenommen. Sie ſcheinen ſich überhaupt noch nicht recht klar darüber zu ſein, was ſie eigentlich ma⸗ chen wollen. Zuerſt ſchickten ſie Vollſtreckungs⸗ beamte auf den Dampfer, dann zogen Sie ſie wieder zurück, und eben, als ich das Schiff verließ, kamen wieder welche an Bord. Was mich anbetrifft. ſo wollten ſie mir anfäng⸗ lich Handſchellen anlegen, dann berieten ſie ſich untereinander und fragten mich, ob ich Kaution erlegen könnte. Da ich nun noch nicht muß auch mögliche an Verbeſſerungen angeſchafft. Was ſchadet's, wenn die Wirklichkeit ſpäter mehr oder minder große Abſtriche macht. Abwechſelnd fin⸗ ten die Konferenzen auch bei uns ſtatt und un⸗ ſere ganze Familie iſt infolgedeſſen ſozuſagen „iaubenkundig“, oder tut wenigſtens ſo. Ueberhaupt iſt kaum noch ein Geſpräch 95 905 im Beiſein unſeres„Taubenkönigs“ möglich, das nicht auf die Tauben ausmündet, kaum ein Er⸗ eignis denkbar, das nicht zu Tauben in Bezieh⸗ ung geſetzt wird. Berichtet die Zeitung von einer Schlägerei, orakelt er: Die Beteiligten hät⸗ ten„totſicher“ keine Tauben; Taubenbeſitzer ſeien alle ſanft⸗ und gutmütige Leute. Der Aus⸗ gang in Genf war ſeiner Meinung nach nur möglich, weil man keine Friedenstaube aufließ. Und als ſein Schweſterchen unlängſt die Mumps hatte, ſagte er lakoniſch:„Bei den Tauben heißt das Maulſchwamm.“ Tableau! Eine Mutter. Hanns Siedelſinger. Eine rheiniſche Sage. Nacherzählt von Peter Backes. In einer rheiniſchen Stadt wohnte der Schnei- der Gottlieb Siedelfinger. Er war ein armer Schneider; denn zu ſeinen Lebzeiten kannte man noch keine Nähmaſchinen, und ſo mußte er emſig vom frühen Morgen bis zum ſinkenden Abend die Nadel führen. Doch er murrte nie darob. Hatte nach rheiniſcher Art ein frohes Leuchten im Geſicht und ein ſummendes Lied auf den Lippen. Das Leuchten im Antlitz des Gottlieb Siedel⸗ finger wäre noch froher geweſen und das Lied ein herzhaftes Jubeln, ö Schatten wenn nicht ein leiſer durch des Meiſters Alltag huſchte. Hanns Siedelfinger nämlich, des Meiſters Sohn joar ein Tunichtgut. Der ſtrolchte lieber durch den ſommerſeligen Tag, lag lang am Rheinufer hingeſtreckt, blinzelte in die Sonne, ſchaute den wandernden Wolken nach und floh vor der Na⸗ del und dem Arbeitstiſch wie vor einem Feind. Und als er älter wurde, ſchaute er in lachende Mädchenaugen hinein wie er ehemals in den Himmel geſchaut, ſchwenkte auch gerne das Bein zur luſtigen Tanzmuſik— kurzum, er war ein loſer Schelm, der mit lachendem Geſicht die Tage totſchlug. 5 Das alles nun konnte den Vater, Gottlieb Siedelſinger, nicht aus ſeinem Lebenstakt brin⸗ gen, alſo daß ſein ſummendes Lied nie auf den Lippen erſtaeb, der frohe Glanz nie aus den Augen ſchwand und die Nadel immer emſig durch Stoff und Seide flitzte. Indes führte der Hanns ſein arbeitsloſes Jcben in tollem Jubel weiter, und es wurde erſt auf kurze Zeit des Beſinnens unterbrochen, als der alte Gottlieb an einem hellen Morgen, der der ſo hell war wie ſeine Augen ſelber, nicht mehr auſwachte. Doch dann riß ihn das Win⸗ zerſeſt des Städtchens wieder hinein in den Tru⸗ bel, und es vergingen noch nicht Sommer und Herbſt, da war das kleine Erbe ſorglos vertan, da hatte der Haus Siedelfinger kein Dach über dem Kopfe und keinen Kreuzer im Beutel mehr, und weil er im Wohlleben die Nadel nicht füh⸗ ren gelernt, ließ ſie ſich auch keineswegs in der No: führen. So kam es, daß es dem Hanns Siedelſinger bitter ſchlecht ging, und da er nicht des Vaters ſonniges Herz geerbt, auch bald grimmig verzagte. Häßliche Pläne wollten nun in ſeine Seele kriechen, und als er ſich ihrer nicht mehr erwehren konnte, kratzte er Taſchen, Ecken und Schubfächer aus und ſtürmte zur Kneipe, un im Rauſch die Gedanken zu töten. Denn im Grunde ſeiner Seele war der Hanns kein ſchlech⸗ ter Kerl, doch der Müßiggang bringt alleweil größere Gefahren mit als ein Leben voll Strenge und Arbeit. ö Dieweit ſchmolz des Hans Siedelfingers Geld in der Schenke immer mehr zuſammen; den letz⸗ ten Kreuzer warf er klirrend auf die Tiſchplatte — da geſellte ſich ihm ein ſonderbarer Gaſt zu, der aroße Mengen beſten Weines die Kehle bin⸗ guſetzen. nete mit weinſeligem in dem es hieß, des Schneiders Hanns Siedelfinger ſieben Jahre „ſuntergoß und mit ſchimmerndem Gold in Ta ſchen und Fäuſten klimperte. Und als er dez Haus leeres Glas ſtehen ſah, ließ er großmütig ein neues hinſtellen, was denn Gelegenheit bot, bald in herzhafter Freundſchaft zuzulrinken. Der Fremde erzählte, daß er von der Moſel über die⸗ Berge zum Rhein gekommen ſei, prahlte, daß. as Geld bei ihm die geringſte Rolle ſpiele bergaß dabei auch nicht, dem Hanns des öfteren zuzutrinten und ließ imnier ſchwereren Wein auffahren. So fam es, daß, als die Sterne durch die Fenſter der Wirtsſtube äugten, der Hanns nur noch das Wort„Geld“ denken und lallen konnte. Der Fremde, dies mit liſtigem Lächeln gewahrend, rückte nahe an den Trunkenen heran und riet ihm, doch einen Pakt mit dem Teufel abzuſchlie⸗ ßen. Dann könne er das Geld wie die Sonne ihr Gold über die Gaſſe purzeln, könne ſich ein ö Haus bauen und ſich in einer Kutſche einherfah⸗ ren laſſen. Bei dieſer verlockenden Rede liefen dem Hans die roten Weinaugen über. Er Siedelfinger rückte dem Fremden die Rechte, und der zeigte alſobald erbötig, den Vertrag ſogleich auf⸗ Und der Hans Siedelfinger unterzeich⸗ Lächeln ein Schriftſtück, daß der Teufel jeden Wunſch lang erfüllen muſſe, dafür er, der Teufel, dann des Schneiders Seele erlange. Spät am Morgen wachte der Schneider im beſten Schlafgemach des Wirtes auf, traute ſei⸗ nen Augen kaum, ſchlüpfte haſtig in die Bein⸗ kleider, glaubend, man habe ihn genarrt. Doch als er Geld in den Taſchen klingen hörte und der leiſe Wunſch, er möge jetzt wohl ein Glas eſten Weines zum Nachdurſt haben, auch ſogleich b wurde, da fielen ihm der Fremde und die Geſchehniſſe des vergangenen Abends wieder ein. Leichten Gemüts, wie er nun einmal war, lebte er prächtig und in Fülle, ließ ſich ein prunkvolles Haus bauen, darin die Feſte nimmer alle wurden. In gepolſterter Kutſche fuhr er wie ein Fürſt durch das rheiniſche Land, trank den beſten Wein und küßte die ſchönſten Frauen. Die ſieben Jahre aber waren ihm verflogen wie ein Tag, und als er eines Abends ſinnend über ſein Kommendes im dämmernden Zimmer ſaß. tand der Leibhaftige vor ihm und bedeutete, daß morgen bei ſinkender Sonne ſeine Zeit um ſei und er möge nur flugs noch die letzten Wünſche ſagen.. Die nun folgende Nacht war wohl die ſchwerſte in Hanns Siedelſingers Leben. Reue fraß an ihm, ſchwere Träume wälzten ſich durch leichten Schlaf, nach denen dann jähes Erwachen folgte. Am Morgen erhob er ſich, zerrüttet big ins Innerſte und flog vor ſeinem eigenen Ich in den Wald. Hieß den Teufel zu ſich kommen, der ihm jedoch alle Wünſche eilig erfüllte. Da lief ſich Hanns Siedelfinger, allen Mutes bar, am nahen Waldweiher nieder. Mit ſanften Händen griff der Wind in die große Waldharfe, und leiſe gluckſte das Waſſer auf, wenn Fröſche vom Ufer aus hineinſprangen. Dieſer tiefe Friede, der ihn umgab, ließ ihn noch einmal ſeine zerriſſenen Gedanken ſammeln. Sogar der Schalk wollte in ihm rege werden. So ſtieg denn mit den ruhi⸗ zen Gedanken ſein letzter Wunſch auf. Grinſend erſchien der Teufel, und als ihn der Schneider beauftragte, er möge ihm alle Fröſche aus dem Teiche holen, klatſchten auch ſchon die Waſſer auf, in denen der Teufel verſchwunden war. Dutzendweiſe flogen die Fröſche ans Ufer, um auch alſogleich wieder in den Teich zu ſpringen. Dies Spiel glich einer Mühle, bei der die Fröſche das Waſſer und der Teufel ſelber das Mühlrad war. Wohl fauchte und wetterte das Mühlrad. doch es half ihm nichts. Die Zeit verſtrich, und als die Sonne hinter den Rheinbergen geſun⸗ ten, hub ein derartig freudiges Froſchkonzert aud dem Weiher an, das dem Schneider klang wi Orgelſang in der Kirche. Der Teufel aber fuhn unter gräßlichen Flüchen Flüchen durch das Waſ⸗ hinab in die Hölle, ohne den Vertrag eingehal⸗ ten zu haben. e Als der Morgen graute, fanden Holzfäller den Hanns Siedelfinger in tiefem Schlaf. der elu⸗ ———— ¶ ͥ ͥ p—⁰·ů˙ ·˙¹ꝛ md!. m ² T- recht wußte, was Sie darüber dachten, ſo ver⸗ weigerte ich jede Auskunft.“ „Das iſt das Beſte, was man tun kann, wenn man noch keine Verhaltungsmaßregeln hat!“ warf Herr Tucker ein.„Worum dreht ſich denn eigentlich die Geſchichte, Herr Graf?“ Es iſt ein ziemlich verwickelter Fall, verehrter Herr!“ meinte Tann und ſtreckte ſich in dem bequemſten Seſſel aus, den er finden ſonnte.„Vorerſt wird es überhaupt nicht nö⸗ ig ſein. Sie in die ganze Geſchichte einzu⸗ veihen!“ 1 N 8 Der Kopf. „Wenn ich Ihnen wirklich helfen ſoll, Herr Graf,“ erklärte er,„ſo iſt es entſchieden nötig, daß Sie mir alles ſagen, damit ich klar in der Sache ſehe! Ein Punkt, der dem Laien ganz unwichtig ſcheint, iſt oft von ſchwerwie⸗ endſter Bedeutung.“ 0 „Gut, Herr Rechtsanwalt! Der erſte Punkt, den ich Sie zu beachten bitte, iſt, daß ich in der ganzen Sache nicht genannt werde. Nie⸗ mand darf wiſſen, wer Ihr Auftraggeber iſt. i wünſche ich nicht, daß es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Ich könnte die Sache ja in zehn Minuten ordnen, wenn ich zu dem ſehr ehrenwerten Konrad Schwarz ginge, der leichtſinniger Weiſe die Behörden angerufen hat; aber ich würde das ſehr un⸗ ſair finden, denn ich würde dadurch einen her⸗ vorragenden Vertreter des Rechts wie Sie, Herr Rechtsanwalt, um ſeinen ehrlichen Ver⸗ dienſt bringen.“ ö . Der Anwalt quittierte dieſe Bemerkung mit einer abgemeſſenen Verbeugung, die wohl bekunden ſollte, daß er bei aller Hochachtung vor dem Grafen doch deſſen frivole Reden nicht gutheißen könne. 5 „Ich gebe meinen Mandanten ſtets den Rat, das Prozeſſieren zu vermeiden, wenn es irgend möglich iſt,“ erwiderte er. „Sehr richtig, Herr Rechtsanwalt, ſehr richtig!“ entgegnete Tann.„Und das iſt auch eine ſehr empfehlenswerte Taktik, ſolange der Rat ſo gegeben wird. daß der Mandant nicht . 4 82 Anwalt ſchüttelte zweifelnd den überzeugt wird. Nun alſo zur Sache: Der, „Rajah“ gehört mir, aber er iſt von dem vor⸗ genannten Konrad Schwarz auf mehrere Monate geſchartert worden.— Nun, der vor⸗ genannte Konrad Schwarz iſt einer der größ⸗ ten und gewiſſenloſeſten Schurken, die an der Börſe in Berlin wirken. Ich weiß wohl, daß die Geſetze dazu da ſind, damit die Gerichts⸗ höfe Streitfälle, die ihnen vorgelegt werden, in kürzeſter Friſt erledigen; aber trotzdem iſt es mein ausdrücklicher Wunſch, daß in dieſem Falle die Geſetze gerade in entgegengeſetzter Weiſe angewandt werden, daß der Prozeß ſo⸗ lange hinausgeſchoben wird wie nur möglich, ſei es durch Beſchlüſſe, Einſchränkungen, Ein⸗ reden, Rechtsanwälte, Kreuzfragen, oder was Sie ſonſt für gut finden. Sobald Sie merken, daß ſie in die Enge getrieben werden und daß ſich eine öffentliche Gerichtsverhandlung nicht mehr länger vermeiden läßt, ſo telegraphieren Sie mir und Sie werden erſtaunt ſein, wie ſchnell alles unterdrückt wird!“ j Wieder verneigte ſich der Anwalt ſehr ſeierlſch. cpr „Ich 1 0 Sie verſtanden du Herr Graff“ ſprach er mit Nachdruck. „Ich bin davon überzeugt, und ich hoffe, Sie werden mir das Vergnügen machen, dies ſchnelle Begreifen mit auf Ihre Liquidation zu ſetzen. Ich geſteyhe Ihnen ganz offen, daß nichts mir größere Freude gewährt, als das Zahlen angemeſſener Honorare an flüchtige u. verdienſtvolle Leute. Und noch eins: Sollten die Leute es noch einmal verſuchen, Kapitän Wild zu beläſtigen, ſo nehmen Sie ihn in Schutz, ich leiſte jede erforderliche Kaution, wie hoch ſie auch ſein möge. Und nun, Herr. Rechtsanwalt, wenn Sie die Güte haben wollen, mir Ihre Adreſſe zu geben, ſo lege ich den Fall vertrauensvoll in Ihre Hände!“ Herr Tucker kam Tanns Wunſch nach u. empfahl ſich dann. Auch Kapitän Wild ſtand auf; aber Tann erſuchte ihn, wieder Platz zu uchmen. e haben, (Fortſetzung folgt) Oynmache glich 165 zu einem Hauſe, allwo er nach Stunden er⸗ verbreiteten alles am Waldweiher vor. Sie trugen wachte und ſich ſchwur, ein neues Leben zu be⸗ ginnen. Und wenn ſpäter die Leute oſſenen Fenſter des Schneiders Hanus Siedel⸗ ſingers vorübergingen, ſahen ſie ein frohes Leuch len in ſeinen Augen und hörten ſein helles Lien die Gaſſe hinabpfeiſen. Die Schreckniſſe ene Tage aber hat der Hanns Siedelfinger nicht aul ſeinem Herzen reißen können— ſie ſind ihm ſein bebtag lang ein flammendes Mahnzeichen ge⸗ weſen. 10 Der Feigling. Erzählung von Laurenz Kiesgen, Man braucht der Dummheit, dieſer weit⸗ und geſellſchaftlich anerkannten menschlichen Eigenſchaft, nur eine Behaup⸗ tung hinzuwerfen, und ſofort ſtürzt ſie ſich da⸗ rauf, wie ein Hund auf den Knochen. So kann es denn auch niemanden wundern, daß in der Beſchränktheit der Garniſonſtadt Preß⸗ burg der Artilleriehauptmann Müller, ſchon deshalb ins Gerede kam, weil von ihm geſagt wurde, er ſäße halbe Nächte hinter den Bü⸗ chern. und ſeine Kameraden, die in der Zei im Kaſino mit Klatſch, Trunk und Jen die Zeit totſchlugen, verachteten den Bücherwurm. Als ihn jemand in der Kirche betend geſehen hatte, ſpotteten die meiſten über den unaus— ſtehlichen Betbruder; aber wenn der Haupt⸗ mann Kühle und Abneigung bei ſeiner dienſt⸗ lichen Tüchtigkeit immerhin ohne Schaden vertrug, etwas hätte ihn zuletzt doch unmög— lich gemacht, und das war das Gemunkel von ſeiner Feigheit. Dieſe üble Nachrede brachte ein mißgün⸗ tiger Kamerad, der ſich von Müller im Avan cement überflügelt vorkam, als ein früherer Schulkamerad geheimnisvoll und mit halben Andeutungen auf, ſo, als hätte Müller in jüngeren Jahren bei einer auffallenden Gele— heit Satisfaktion verweigert. Etwas war daran, indem Müller, von jeher ernſt veran— lagt, an der übermütigen Säbelpaukerei und den fetvolen Ferausforderungen der Akade— miegenoſſen nicht teilgenommen hatte; die Ausſtreuungen des Neiders aber wirkten der— (ſtalt, daß auch der neue Reglimentskomman⸗ dant alsbald davon erfuhr und beſchloß. in einem öffentlichen Skandal die Wahrheit an den Tag zu bringen. Denn der Kommandant, ein Graf Harrach, der inſolge ſeiner kühnen, jugendtollen Streiche in der ganzen öſterreſchiſchen Armee einen gewiſſen Ruf genoß, war willens, kei— nen Menſchen unter ſeinen Offizieren zu dul⸗ den, dem Derartiges nachgeſagt wurde und der, wie er glaubte, ſolch ebrenrühriges We ſchwät auf ſic ſitzen ließ. Er benutzte deshalb das erſte Beiſammenſein mit dem Offiriers-⸗ lorys, den Hauptmann Müller unauffällig zu; beobachten, konnte aber nichts anderes, als von deſſen ruhigem und ſicherem Weſer angenehm berührt zu fühlen. Als aber am Schluſſe des Fießesmahles der Wein die Ge— müter erregt hatte, brachte er die Rede auf das Piſtolenſchießen und meinte, daß er ſich wohl geirgwe. wie Tell einem Kinde unver— ſehrt den Apfel vom Kopfe zu ſchießen. „Oder,“ ſagte er, den Hauptmann mit ſei⸗ nem feurigen Blick ſeiner ſchwarzen Augen muſternd,„würden Sie ſich wohl dazu ver⸗ ſtehen, mir dieſe Semmel als Ziel zwiſchen Daumen und Zeigefinger da unten am Saal— ende zu halten? Das Geſpräch der anderen verſtummte: ſab ſchadenfroh zum Hauntmann 2 Die Wiederherſtellung des Kölner Domes. Das preußiſche Zentrum hat ſich ein ſtarkes und unvergängliches Verdienſt dadurch er⸗ worben, daß es mit ſo großer Energie parlamen— lariſch die Aufgabe der Wie derherſtellung des bedrohten Nationaldenkmals in Angriff genommen hat. Seit dem Beginne des Fahres, als zum erſten Male in der Oeffentlichkeit über die großen Schäden an der Kathedrale ge⸗ klagt wurde, hat es eine ununterbrochene Initia⸗ tive zur Rettung dieſes größten Baudenkmals ent⸗ faltet. Es war ein wahrer Wetteifer, der unter den Parteien anhob, nachdem das Zentrum den Stein ins Rollen gebracht hatte, und man überbot ſich förmlich in Anträgen und Vorſchlägen, um dem aroßen Zweck zu dienen. Auch die Deutſchnationalen haben ſich bemüht, dem Zentrum den Rang abzulaufen. Aber ſchließ⸗ lich darf man abſchließend ſagen, daß alle Par⸗ teien ihre Verdienſte haben, daß aher dem Zen⸗ trum, das den erſten Anſtoß gegeben hat, im Kampf um die Erhaltung des Kölner Domes. was Initiative, Eifer und Entſchlußfähigkeit anlangt, unbedingt die Palme zugefallen iſt. Durch ſeinen Einfluß und dank der Unter⸗ ſtützung der übrigen Parteien des Landtags iſt nunmehr die einmalige Summe von hunderttau⸗ ſend Mart, die ſchon der preußiſche Staat von ſich aus eingeſetzt hatte, zu einer dauernden vorläufigen Leiſtung des Staates zur Er⸗ haltung der Kathedrale geworden. Das iſt an „gemeſſen an den großen Bauaufgaben, eine verhältnismäßig geringe Summe, aber durch die Genehmiaung der Lotterie und ihre Ausgeſtaltung hat ſich Preußen ein neues Verdienſt geſchaffen und weitere Baugelder flüſſig gemacht. Außer⸗ dem gibt noch das Reich, geben Stadt und robinz, geben Private, ſodaß man mit einer geſamten Bauſumme von jährlich 10 55 einer halben Million rechnen ann. Dieſe wird vorerſt genügen, um die Bautätig⸗ leit in viel größerem Umfange als bisher anzu⸗ ſetzen. Während man ſich bisher darauf beſchrän⸗ ken mußte, immer an einzelnen Teilen des ge⸗ waltigen Bauwerkes zu arbeiten, und dadurch an anderen Stellen die Arbeit wieder liegen blieb, obwohl ſie dringend notwendig geweſen wäre, wird ſich nunmehr mit viel größerer Schnelligkeit an dem er, geſpannt wie ſich dieſer Stubenhocker u. Feigling aus der Schlinge ziehen würde. Müller erwog das Frivole, ja Verwerfliche dieſes Spieles; aber er zögerte nicht, ergriff die Semmel und ſprach:„Wo befehlen Herr Graf den Standort?“ uiid an der verblüfften Tiſchgeſellſchaft vorbei, den einen ſcharf ins Auge faſſend, der halblaut die Bemerkung hingeworfen hatte: „Der kann ja das Pulver nicht vertragen!“— ſtellte er ſich an die Lanaſeite des Saales bin und rief: Bitte, Herr Graf!“ indem er ihm das Ziel hochhielt. Graff Harrach, vom Ernſt der Wendung ernüchtert, lud ſorafältig die vom Diener herbeigebrachten Piſtolen: es überkam ͤhr aber mit erhobenem Arm die ganze Ruhe unt Sicherheit ſeiner ausgezeichneten Schießkunf er klemmte die Scherbe ins Auge, zielte ſe kundenlang und ſchoß die Semmel mitter durch. Gelaſſen bückte ſich der Hauptmann, hob das gefallene Semmelſtück auf und brachtete eingehend das kleine Loch, das die Kugel hin— eingeſchlagen hatte. Dann ſchritt er, während die Tafelrunde ſeinem kaltblütigen Verhalten laut und lärmend Beifall zollte, zum Piſto⸗ lenkaſten, nahm die zweite Piſtole heran und. ſich vor dem Kommandanten verneigend, ſprach er: Meine Bewunderung vor dieſem Meiſterſchuß iſt ſo groß, daß ich das Ding unbedingt auch einmal verſuchen muß. Sie werden mir den gleichen Dienſt nicht verſagen, Herr Graf! Bitte halten Sie auch einmal nit die Semmel als Ziel!“ Jetzt war Beſtürzung auf allen Mienen zu leſen: Graf Harrach, wenn er ſich keine Blöße geben wollte, mußte dem Verlangen willfabren nach dem alten Wort: Wurſt wider Wurſt! Als er aber an der Stelle des Hauptmanns ſtand, und Müller mit unſicher ſchwankender Hand eine Ewigkeit lang zielte, da mag er in ſeinem Herzen neben manchem Stoßgebetlein den Schwur getan haben, nie mehr ſo teufliſche Spiele anzuregen, wenn er — mit heiler Haut davon käme! Von dieſer Zeit an nannte ihn keiner mehr Feigling. Man ließ ihn in Ruhe, und der Komandeur kühlte ſeine hitzige Jugend in der Freundſchaft eines beſonnenen, pflichtbe⸗ wußten Mannes. Arme Mutter. Ich ſehe nichts als kahle Mauerwände Und einen ſchmalen, blauen Himmelsſtrich. Ich nähe, nähe, nähe, und die Hände Sind wund und voller Blaſen. Jeder Stich Brennt in den Augen, die nach Grün ſich ſehnen, Nach einer ſonnigen Wieſeneinſamkeit. Ich möchte mich an mooſige Stämme lehnen, Doch unſere Frohn heißt: keine, keine Zeit! Und doch— ich habe einen Himmelsgarten: Den Myrtenſtock aus Mutters Totenkranz. Der füllt mir Jahr um Jahr mit ſeinem 5 zarten, Sternweißen Bluſt die Stube ganz mit Glanz. Was ich an Schönheit auf der Erde habe, Schließt mir die blanke, duftige Krone ein. Vielleicht auch lehrt ſie mich die ſüße Gabe, So dankbar in der Sonne froh zu ſein. Mein Kind, dir will ich meinen Garten 5 ſchenken,, Ich hab ja nur den lieben Myrtenbaum. Ich hab ja nur mein hoffnungsſtarkes Denken Und meinen armen, grünen Schönheitstraum, Mag denn das Elendkerzlein meines Lebens Im ind verlöſchen, eh dichs, Kind, verſehrt. Dann waren alle Opfer picht vergebens, Wenn es dich nur die Sonne lieben lehrt. Ilſe Franke, ——— m— Ein Arzt Heutt 2 Blätter(8 Seiten) acht, im September 1916 ſeine dritte Ehefrau vorſützlicherſchoſſen zu haben, wurde der in Cre zröhrsdorf bei Weſenſtein wohnhafte Sani⸗ tätsrat Dr. Böhme feſtgenommen und der Staatsanwoltſchaſt Dresden zugeführt. Zu dem Fal erfährt di:„Voſſ. Ztg.“ noch folgendes: Die erſte Frau des Beſchuldigten erkrankte und ſtarb ziemlich plötzlich. Die hinterlaſſene Tochter erbte von der Mutter 70000 Mark, die Dr. Böhme ver⸗ waltete. aber während ſeiner zweiten Ehe teil⸗ weiſe verbrauchte, ſo daß ſeine Tochter ihn we⸗ gen der Mitgift erſt verklagen mußte. Auch die zweite Ehe war ganz unglücklich und wurde ſchließlich geſchieden. Während der plötzlichen Erkrankung der erſten Frau hatte ſie zu Angehö⸗ rigen wiederholt geäußert, daß ihr der Mann zu vie! Gift verabreiche. Der zweiten Ehe waren zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, ent⸗ ſproſſen. Der Knabe erſtickte eines Tages. Es kam der Verdacht auf, daß der Sanitätsrat dem Knaben die Naſe zugehalten hat. In ganz kur— zer Zeit hatte Dr. Böhme auch das Vermögen der zweiten Frau, rund 20000 Mark durchge⸗ bracht. Nach der Scheidung der zweiten Ehe ſah ſich Dr. Böhme, der ſo gut wie keine Praxis aus⸗ übte, nach einer dritten Gattin um, die er auch durch ein Heiratsinſerat bekam. Auch dieſe Ehe war ſehr unglücklich und in ganz kurzer Zeit hatte er auch hier wieder ziemlich das ganze Ver— mögen der Frau durchgebracht. Die Frau drohte mehrmals mit Eheſcheidung. Der Sanitätsrat wußte ſie aber immer wieder zurückzugewinnen. Für den 22. September 1916 hatte er mit dem Neviervorſtand einen ſogenannten Jagdgang ver— abredet. Frau Böhme ſollte auf dem Jagdgang dabei ſein. Der nichts ahnende Revierförſter holte die Frau dazu ab. Als ſich der Förſter von dem Ehepaar trennte und einen Seitenweg ein— ſchlug, ertönte, kaum daß er 50 Schritte fort war. ein Schuß und er ſah den Sanitätsrat und deſſen Frau am Boden liegen. In der Unterſuchung er⸗ klärte der Sanitätsrat damals, ihm ſei ein Schnürſenke! aufgegangen, habe geſchleift und er ſei zu Fall gekommen, wobei ſich ſein Gewehr ent⸗ laden habe. Die geſamte Schrotladung war der Frau in das Geſicht gegangen und dieſe auf der Stelle getötet worden. Es konnte damals Dr. Böhme nichts weiter nachgewieſen werden, doch ſich Rin⸗ Da,— als manchem ſchon leiſe das Haan zu Berge zu ſteigen begann, ſetzte der Haupt— und ſagte lä chelnd:„Nein, ich wills bleiben laſſen! Vor, 0 Ich danke, Heri Graf!“— und ſetzte ſich ſtill auf ſeinen Pla- mann plötzlich die Piſtole ab beiſchießen wäre Unalück. als Gattenmörder. Aus Dresden wird berichtet: gier vorgenommen. e 2 2 e ed f* 1 7* U 9* N ö 9 4 77 S Ne 15 0 O ee 0 7 0 1 9 Ned d ce 5 5 Eine auſ⸗ ehenerregende Verhaftung wurde am Samstag Unter dem dringenden Ver— N 4 Eine Biber- Farm. lu Michigan, Nordamerika, existiert eine Reihe von Biberfarmen, die enorme Ausdehnung haben und in denen insgesamt bis zu 200 00% helle im Jahre gewonnen werden. 2 die Baufolge an den einzelnen Teilen des Domes abſpielen. Dadurch wird es möglich, die Witte— rungsſchäden, die ſich über das ganze Bauwerk bereits erſtrecken, viel wirkungsvoller zu bekäm— pfen, als bisher. Aber ſelbſt einen verhältnis⸗ mäßig ſchnellen Fortgang der Arbeiten vorausge— ſetzt, wird die urſprünglich eingeſetzte Zeit zur Vollendung kaum ausreichen. Rechneten die maß⸗ gebenden Regierungsſtellen urſprünglich mit etwa ſechs Jahren Bauzeit, ſo ſpricht man jetzt bereits von 10 bis 12 Jahren, alſo beinahe das Doppelte. Und wir hezweifeln noch, ob die angeſetzte Summe ausreichen wird, die man zunächſt einmal auf 6 Millionen veranſchlagt hat. Aber ſei dem, wie es ſei, die Zukunft dieſes erhabenſten Zeugen aus der mittelalterlichen Ver— gangenheit iſt für immer geſichert. Er wird noch ſernen Geſchlechtern den leuchtenden Beweis da— für gben, daß auch in den ſchwerſten Zeiten deut⸗ ſcher und preußiſcher Finanznot die Opſerwillia⸗ keit nicht erlahmte, und daß man auch damals bereit war, ſelbſt das äußerſte herzug ben, um ein kulturelles Bauwerk der deutſchen Vergangen— heit der Nachwelt zu erhalten, das an Kühnheit und Größe ſeinesgleichen auf Erden nicht findet. und das in den nationalen Anſchauungen des deutſchen Volkes eine Rolle ſpielt, die es über jedes andere Bauwerk unſeres Volkes weit hin— aushebt. Vom Weſen des Roten Kreuzes. Das Rote Kreuz— im Krieg und für den Krieg entſtanden— hat ſeit Jahrzehnten Auſ⸗ gaben des Friedens durchgeführt und ihnen ein eigenes Gepräge gegeben. Seit⸗ dem Rudolph Virchow vor der Internationalen Konferenz vom Roten Kreuz in Berlin 1869 die Forderung aufſtellte, Friedensarbeiten zu leiſten, um den Anforderungen gewachſen zu ſein, die ein Krieg ſtellen würde, haben die Organiſa⸗ tionen vom Roten Kreuz in Deutſchland eine Aufgabe nach der anderen übernommen. Es war eine folgegerechte Entwicklung, wenn die Männe rorganiſationen, alſo die Sanitäts⸗ kolonnen uſw., die für Krankenpflege und Verwundetentransport im Kriege geſchaffen wa⸗ ren, den täglichen Rettungsdienſt, die erſte Hilfe bei Unfällen und Kataſtrophen, den Krankentrans⸗ port in Stadt und Land übernahmen und damit D Ortsbewohner und die Verwandten res Verbrechen nicht für ausgeſchloſſen. tätsrat Dr. Böhme leitete gungsklagen gegen derartige Gerüchte ein, Tat zu überführen. Beſinnliches. Nur wer tiefſter Einſamkeit fähig iſt, der iſt auch tiefſter Liebe fähig. * Fanatismus iſt der unſelige Baſtard von Idealismus und Haß. * den Triebe unerbittlich beſchneiden. E Die Glücklichen mißtrauen einander; die Unglücklichen verſtehen einander. 1 Frieden heißt: Welt in ſich tragen. Es gibt einen Urkeim der Kindlichkeit in jeder Seele, ohne den auch der reife Mann ein Unmenſch wäre. Kleine Alltagsfehler und Liebe zerſtört wie große Laſter. den. Die Schweſterſchaften vom Roten Kreuz konnten Erfahrung und Uebung nur erwer— ben, menn ſie in Friedenszeiten die Krankenpflege erlernten und fortbildeten. So entſtanden immer neue„tntterhäuſer vom Roten Kreuz, mit Krankenanſtalten und Heilſtätten verbunden, die eine Eigenbedentung für die Krankenverſorg— ung in Friedenszeiten erlangten. Die Frauenvereine Kreuz hatten urſprünglich Hilfskräfte für die Krankenpflege im Kriege zu ſtellen. Es war aber ſelbſtverſtändlich, daß dieſer Frauenarbeit ſich unmerklich neue Ziele eröffne— ten. Die Gewinnung von Krankenſchweſtern führte zur Einrichtung von Gemeindekrankenpfle— geſtationen, die ein Grundpfeiler jeder Wohl- ſahrtsarbeit auf dem Lande geworden ſind. Die vor 30 Jahren zum erſtenmal lebendig empfun⸗ dene Sorge um den Geburtenrückgang ſtellte die Forderung nach verſtärkter Säuglingsfürſorge, die eine Lieblingsaufgabe der Frauenvereine vom Roten Kreuz wurde und ſeit dem Jahre 1905 etwa eine oeganiſatoriſch planmäßige Ausgeſtaltung erhielt. Seit den Entdeckungen Robert Kochs fand die Tubertuloſefürſorge zunächſt durch Gründung von Heilſtätten, ſpäter durch Schaffung von Fürſorgeſtellen bei den Männer- und Frauenver⸗ einen vom Roten Kreuz Eingang. Aehnlich ging es mit anderen Arbeitsgebieten, vorwiegend der Geſundheitsfürſorge, wie der Mitarbeit am Seu— chenſchutz durch Schaffung von Vorräten trans- portabler Krankenbaracken und Ausbildung von K. zdesinſektoren, ſo daß vor dem Beginn des Weltkrieges ein weitgeſpanntes Netz wohl⸗ fahrtspflegeriſcher Arbeit geſchaffen wer, das um ihrer ſelbſt willen beſtand. Die ur⸗ ſprängliche Aufgabe des Roten Kreuzes die Lei⸗ den im Kriege zu lindern, trat zurück und wurde vielleicht ſogar gelegentlich vergeſſen. Welche Auf⸗ gaben der Krieg ſtellte an Pflege der Verwunde⸗ ten Kranken, an Hilſe für die Gefangenen von Curopa bis zum fernſten Aſien, an Fürſorge für Flüchtlinge aus aller Welt, an Notſtandsmaß⸗ nahmen auf ſozialem Gebiet, iſt bekannt. Nach Kriegsende ſchien das Rote Kreuz vielen, die ſeine Entwicklung vor dem Kriege nicht kann⸗ ten, über“ iſſig geworden zu ſein. So ging es in Deutſchland, ſo ging es in der ganzen Welt. Der Gedanke an einen Krieg ſchied ja auf abſehbare Zeit aus. Die ſchlimmen Jahre vom Roten allein die Aufgabe, ein wichtiges Glied in der Krankenfürſorge wur⸗ brachten 1 Wirken. hen 2 andere Antwort. Nicht nur die unmittelbaren Kriegsfolgen, Früchtlingselend, innere und äu⸗ ßere Unruhen, ſtellten ihre Forderungen. Die täglich wachſende Not forderte einfach die An⸗ ſpannung aller Kräfte heraus, die im Roten Kreuz organiſiert waren. Selbſtverſtändlich ſtand das“ Rote Kreuz hier nicht allein auf dem Plan; es hat vielmehr in gleichem Abwehrkampf gegen Hunger und Inflationselend mit anderen Verbän⸗ den und Kräften zuſammengewirkt. Es kam ihm damals jedoch zuſtatten, daß das Deutſche Rote Kreuz als Glied der Weltgemeinſchaſt des Roten Kreuzes der Mittler gewaltiger Hilfeleiſtungen werden konnte. Heute ift das Deritſche Rote Kreuz wieder, an⸗ knüpfend an die Traditionen der Vorkriegszeit, einer der großen Verbände, der in der Arbeit an der Geſundung und Wohlfahrt des deutſchen Vol⸗ kes ſteht, mit den Rechten und Pflichten der Welt⸗ gemeinſchaft, die das gemeinſame Abzeichen trägt. Dieſe Weltgemeinſchaft, die ihre oberſte In⸗ ſtanz im Schiedsrichteramt des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Genf erblickt und ſich zugleich eine gemeinſame Arbeitsſtätte in der Liga der Geſellſchaften vom Reuten Kreuz in Paris geſchaffen hat, berührt nicht den nationalen Charakter des Deutſchen Roten Kreuzes, deſſen Eigenleben unangetaſtet bleibt. Das Rote Kreuz iſt nicht paziſiſtiſch; denn es iſt nicht ſeines Amtes, in die Politik der Völker einzugreifen, es iſt vielmehr ſeine Aufgabe, die Leiden der Welt, in Krieg und Frieden, woher ſie auch immer kommen mögen, zu lindern. Das Rote Kreuz iſt aber auch keine Kriegsor⸗ ganiſation; denn es hat keinen Krieg vorzuberei⸗ ten, ſondern nur überall in der Welt gerüſtet zu ſein, die Wunden und Leiden des Krieges in der Gefolgſchaft der Heere zu heilen. Die oberſte Pflicht des Roten Kreuzes iſt Neu⸗ tralität. Unter ſeinem Zeichen eee Ge⸗ genſätze von Stand, Partei und Beken Das hohe Ideal der Neutralität, das dem Gründer des Roten Kreuzes, Henry Dunant, vor mehr als 60 Jahren auf dem blutigen Schlachtfeld von Solferino aufleuchtete, hat ſeine Kraft in ſechs Jahrzehnten, am mächtigſten in den Prüfungen des Weltkrieges, bewährt. Das Rote Kreuz bietet Raum für alle und wendet an jeden, welcher Konſeſſion oder Weltanſchaunng er auch angehören möge. Von jedem wird erwartet der Einſatz des Beſten, Tlef⸗ ſten und Edelſten, das er beſitzt, zu praktiſchem der Frau zweifelten an dem Unfall und hielten ein ſchwe⸗ Sani⸗ wiederholt Beleidi⸗ gelang es, ihn endlich jetzt nach 10 Jahren der Das ſicherſte Kennzeichen, daß dir rei werden: Wenn wir uns die Ranken und wil⸗ das Gleichgewicht der haben mehr Glück