(Siernheimer Tageblatt— Biernheimer Nachrichten) Er 180 Ut fre täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertatze.— 85 15 ins Haus ape— Pratisbeila en: wbchentl. das achtſeitige illuſtrierte umen“, halbjähr rlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim iger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Sohn latt„Sterne und B Ffernſprecher 117— Telegramme: An Ar. 279 Die Freiheit des Rheins Als erſte Auswirkung der Haager Konferenz haben im Laufe des 30. November die letzten Beſatzungstruppen die zweite Rheinlandzone verlaſſen. In dem bekannten Notenwechſel zwi⸗ ſchen Regierungen der Beſatzungsmächte und der deutſchen Regierung vom 30. Auguſt 1929 wurde feſtgeſtellt, daß„die Zurückziehung der belgiſchen und britiſchen Truppen innerhalb einer Friſt von drei Monaten, gerechnet vom Beginn der Räumungsoperationen an, voll⸗ ſtändig durchgeführt ſein wird“, ferner daß „die franzöſiſchen Truppen die zweite Zone innerhalb derſelben Friſt räumen werden“. Die Beſatzungsmächte ſind dann unter ſich über⸗ eingekommen, als letzten Räumungstermin für die zweite Zone den 30. November feſtzuſetzen. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde als Zeichen der Beendigung der Be⸗ ſetzung der zweiten Zone die franzöſiſche Trico⸗ lore auf Ehrenbreitſtein niedergeholt. Voraus⸗ ſetzung bleibt hierfür, daß der Beſchluß der Botſchafterkonferenz auf Freigabe der zweiten Zone gefaßt und der deutſchen Regierung mit- geteilt worden iſt. Erſt mit dieſer Mitteilung gilt die zweite Zone als endgültig frei, und zwar nach den Beſtimmungen des Artikels 431 des Verſailler Vertrages. Es iſt verſtändlich, wenn durch die Bevölke— rung der freiwerdenden Zone eine Gefühl des Glückes, der Freude und Genugtuung geht, daß endlich die Stunde der Freiheit für ſie geſchlagen hat. Dieſes Glücksempfinden und das Gefühl „endlich frei auf deutſchem Boden“, vermag nur die Bevölkerung zu verſtehen, die 11 volle ſchwere Jahre dieſe Beſatzungslaſten mit allen ihren Opfern an perſönlicher Freiheit, wirt⸗ ſchaftlicher, ſeeliſcher, politiſcher und kultureller Not, an Geſundheit und Leben ertragen hat. Es iſt deshalb verſtändlich, wenn bei dem Volksbegehren die jetzt von der Beſatzung frei werdenden Bezirke Köln⸗Aachen und Koblenz⸗ Trier den gerinaſten Prozentſatz an Eintra— gungen aufzuweiſen haben. Die Bevölkerung hat zu Furchtbares unter dem Peſatzunasregime durchmachen müſſen, als daß ſie ihre nahe Frei— heit durch irgendwelche Demonſtration ver zögert ſeben will, Wenn man das richtig zu be— greifen ſich bemüßt, dann muß man nicht nur die letzten zwei Beſatzungsjahre ſich ins Ge— dächtnis zurückrufen, ſondern jene furchtbare Zeit des Ruhrkrieges mit der Seyaratiſtengeißel wie ſie kaum ein Kulturvolk in neuerer Zeit durchmachen mußte. Es iſt in den letzten Jahren, die außen⸗ politiſch faſt reſtlos der Befreiung des Rhein⸗ landes und des Saargebiets gewidmet waren, oft davon die Rede geweſen, daß Deutſchland für die Räumung keine neuen Opfer bringen dürfe und bringen wolle, da ſich die Zurück⸗ ziehung der Beſatzungsarmeen aus dem er⸗ wähnten Artikel 431 zwangsläufig ergebe. Die Bevölkerung des beſetzten Gebietes hat ſelbſt oft und deutlich dieſe Forderung erhoben und es dadurch der Reichsregierung erleichtert, das Näumungsverlangen auf der Grundlage des Vertragsrechtes immer wieder zu erheben. Wie in vielen anderen Fragen, ſo haben auch in der Räumungsfrage nicht deutſches Recht, ſon⸗ dern alliierte Intereſſen den Ausſchlag gegeben. Das ganze Verhalten Frankreichs in der Beſetzungsfrage zeigte deutlich den Einfluß des ſoeben verſtorbenen Vaters des Ver⸗ ſaillers Diktats, Clemenceaus, das er ſo zu geſtalten trachtete, um es als Mittel zur dauernden Veſetzung des Rheinlandes in der Hand zu haben. Die mit dem Verſailler Vertrag von Frankreich bezweckte Politik gegen Deutſchland hat ſich erſt mit dem Abſchluß des Locarnopaktes all⸗ mählich geändert. Die Befreiung des Rheinlandes iſt zum großen Teile das Verdienſt des verſtorbenen viernheimer Anzeiger Viernh eimer Zeitung Bezugspreis monatl. Die gefreinngs feier Reichsaußenminiſters Guſtav Streſemann. Schritt für Schritt hat er die franzöſiſche Theſe erſchüttert, ſodaß ſchließlich Briand ſelbſt ſie aufgeben und zugeben mußte, daß Frankreich die Räumungsfrage zu einem Handelsgeſchäft zu machen wünſche. Die Behandlung der Räu⸗ mungsfrage iſt ſomit kein Ruhmesblatt für die Beſatzungsmächte. Erſt im Zuſammenhang mit der Neuregelung des Reparationsproblems haben ſie ſich dazu verſtanden, beſtimmte Zu⸗ ſicherungen für die vollſtändige und endliche Räumung zu geben. Die Tatſache, daß Frankreich ſeine Truppen in der dritten Zone noch bis zum Sommer kommenden Jahres zurückbehalten will, hat das ihre dazu getan, um in der rheiniſchen Bepölkerung ein bitteres Gefühl zurückzu⸗ laſſen. Das darf nicht hindern, den Tag der Befreiung der zweiten Zone am Rhein mit Freude und Genugtuung zu begrüßen, denn deutſcher Baden iſt der Freiheit zurückgegeben worden, Freibeitsglocken am Rhein mögen Mahnglocken ſein für deutſche Freiheit, für deutſches Vor— wärtsſtreben! Die 2. Zone iſt frei! Die Räumung von Koblenz. wtb. Koblenz. 30. Nov.(Radio.) Nach dem Niederholen der franzöſiſchen Flagge auf dem Ehrenbreitſtein marſchierten die Truppen nach dem Moſel-Güterbahnhof. wo ſie in die bereit- ſtehenden Züge verladen wurden. Um 12.55 Uhr ſetzte ſich der Truppentransport nach Metz in Be— wegung. Später folgte eine Autokolonne von 60 Wagen auf dem Wege nach Mainz. Der Ab— marſch der franzöſiſchen Truppen vollzog ſich in voller Ruhe. Es waren außer Preſſevertretern und Photographen nur wenige Neugierige zuge— gen. Außerkraftſetzuna der Ordonnanzen in der zweiten Zone Die zweite Zone offiziell freigegeben! Koblenz, 30. Nov. Nach einer ſoeben ſoeben eingegangenen Mitteilung des Reichs— kommiſſars hat der franzöſiſche Außenminiſter Briand dem Reichskommiſſar mitgeteilt, daß die zweite Zone freigegeben worden ſei. Dieſe Meldung iſt auch von General Guillaumat in Mainz beſtätigt worden. A* Aachen, 30. Nov. Wie vom Oberbürger⸗ meiſter der Stadt Aachen mitgeteilt wird. iſt beim Reichskommiſſar Freiherrn von Sim⸗ mern aus Paris die Mitteilung eingegangen, daß für die zweite Zone die Ordonnanzen außer Kraft geſetzt werden. Wia Lie Hie Veſreiungsſeier am Deutſchen Eik Koblenz, 1. Dez. Als um Mitternacht das Abfeuern einer Signalgranate auf dem Neuendorfer Ufer und das Aufleuchten der großen Feuer an Rhein und Moſel, ſtimmungs⸗ voll begleitet von dem feierlichen Geläut ſämtlicher Glocken, den Beginn der Befreiungs⸗ ſtunde verkündeten, da entblößten ſich viele Häupter. Lautloſe Stille trat ein und in tiefem drei Minuten dauerndem Schweigen durch⸗ wanderten die Gedanken der Verſammelten noch einmal die ſchwere Zeit des Krieges und die nicht minder ſchweren Jahre der Beſetzung. Wuchtig und eindrucksvoll wie ein Dankgebet drang dann die erſte Strophe des Liedes „Großer Gott, wir loben Dich“, zum nächt⸗ lichen Himmel empor und wieder trat Schwei⸗ gen ein, als Oberbürgermeiſter Dr. Ruſſell das Wort zu ſeiner Befreiungsanſprache nahm. Nach der mit ſtürmiſchem Beifall aufgenom⸗ menen Rede wurde begeiſtert das Deutſchland⸗ lied geſungen. „ eee Anzeigenpreiſe: Anſprache des Oberbürgermeiſters von Koblenz. 1 witb. Koblenz, 30. Nov.(Radio.) Der Ober— bürgermeiſter führte bei der Feier am Deutſchen Eck aus: Die Feuerprobe haben wir beſtanden, und leuchtenden Auges treten wir vor unſere Volksgenoſſen. Aber ein bitterer Wermuts— tropfen fällt in den vollen Freudenbecher, weil unſere Brüder von Oberrhein, Moſel und der Saar immer noch nicht in die Einheit des deut— ſchen Vaterlandes zurückgekehrt ſind Denen ſen— den wir, die wir ſolange gleiches Leid erduldet, in dieſer unſerer glücklichſten Stunde einen be— ſonders innigen Gruß. Der Oberbürgermeiſter ſprach dann ſeine Freude über den Beſuch des Reichsminiſters von Guerard und des preußiſchen Miniſters Dr. Becker aus. Er gab der Genug—⸗ tuung darüber Ausdruck. daß die Bevölkerung elf Jahre lang in der Verteidigung deutſcher Art ohne Unterſchied des Standes und des Alters zuſammengeſtanden hat, und gedachte in Weh— mut der vielen Opfer dieſer böſen Zeit. Er ſchloß mit der Mahnung. die Reihen zu ſchließen und der Zukunft trotz aller Schickſalsſchläge vertrauens— voll ins Auge zu ſchauen. Reichsminiſter von Guerard Rednerpult, um mit weit⸗ Stunde trat nun an das ſchallender Stimme der Größe dieſer zu huldigen. Freudenfeuer leuchten von den Höhen, und immer mächtiger drängt das Volk herbei. In⸗ zwiſchen iſt auch die Schutzpolizei mit klingen⸗ dem Spiel in Koblenz einmarſchiert. Jubelnde Freude heißt ſie willkommen. Nach der Rede Miniſter von Guerards verlas Oberpräſident Dr. Fuchs ein Tele— gramm des Reichspräſidenten und der Reichs— regierung, in dem der Bevölkerung der zweiten Zone für ihre lange Ausdauer unter den Laſten der Beſatzung Dank und die Hoffnung ausgeſprochen wird. daß auch bald den Brü— dern der dritten Zone die Stunde der Be— freiung ſchlagen wird. Beethovens„Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ vorgetragen von etwa 700 Sän— gern des Mittelrheiniſchen Sängerbundes, beſchloß die würdig verlaufene Feier. Der zweite Tag in Koblenz Koblenz. 1. Dez. Der zweite Tag der Frei— heit begann mit Feſtgottesdienſt und einem Zug der Koblenzer Feuerwehr durch die Stadt als Erſatz für den Einzug der Schupo, die ſchon am Samstag eingetroffen und durch den Ober— bürgermeiſter empfangen worden war und be— reits zur Regelung des Verkehrs in der Nacht eingeſetzt wurde. Der Mittelrheiniſche Sänger— bund und verſchiedene Muſikkapellen gaben an drei Plätzen der Stadt öffentliche Konzerte und um 12.30 Uhr begann in der dichtgefüllten Stadthalle der große akademiſche Feſtakt. den das verſtärkte ſtädtiſche Orcheſter unter der trefflichen Leitung des Muſikdirektors Overhoff mit der Leonoren-Ouvertüre einleitete und an dem die Spitzen der Behörden, darunter auch der Weihbiſchof aus Trier teilnahmen. In ſeiner Feſtrede gab Oberhürgermeiſter Ruſſell in kurzen Strichen ein Bild der hinter uns liegenden ſchweren Zeit und mahnte wie⸗ derum zur Einigkeit und zum treuen Zuſam⸗ menhalten. Dann überbrachte der preußiſche Kultusmi⸗ niſter Dr. Becker die Grüße der preußiſchen Staatsregierung an die Bevölkerung der befrei⸗ ten Zone der er für ihre treue deutſche Geſin⸗ nung dankte Oberpräſident Dr. Fuchs dankte für die große Ehrung, die ihm durch die Verleihung des Eh⸗ renbürgerrechts der Stadt Koblenz zuteil ge⸗ worden iſt und mahnte ebenfalls zum treuen Zuſammenhalten, damit wir das beſetzte Gebiet wieder als vollwertiges Glied in das deutſche Freiheitshaus einfügen können. Mit dem Chor aus den Meiſterſingern ſchloß dieſe kurze und erhebende Feier. Dann gings zum Schloßplatz, über dem Bonner Flug⸗ Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor- mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Plagvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jeboch eine Gewähr nicht übernommen werden (Viernheimer Bürger-⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) n am Rhein zeuge mit der Aufſchrift„Koblenz iſt freil“ kreiſten und auf dem 5000 Brieftauben aufge⸗ laſſen wurden. Hier ſtieg noch das Niederländi⸗ ſche Dankgebet gen Himmel und die Feuerwehr zog vor dem Schloſſe an den Spitzen der Be⸗ hörden vorbei. Nachmittags fand wieder Kon— zert ſtatt. Eine Aufführung von„Wilhelm Tell“ 11 Stadttheater beſchloß den letzten Befreiungs— tag.— Die Befreiungsfeier in Aachen Aachen, 1. Dez. Die Befreiungsfeier wurde mit einer Rede des Oberbürgermeiſters eröff— net. Danach ertönte das Deutſchlandlied und die Tauſende fielen begeiſtert ein. Als die letzten Töne verhallt waren, ergriff der Reichsminiſter für die beſetzten Gebiete. Dr. Wirth, das Wort, um im Namen der Reichsregierung die Aache— ner Betölkerung zu ihrer endlichen Befreiung von fremdem Joch zu beglückwünſchen und der ſchweren Jahre der Beſatzung zu gedenken, die die Aachener Bevölkerung durchgemacht hat. ihr im Namen des deutſchen Volkes zu danken für ihr treues Aushalten, das der glorreichen Vergangenheit der alten Kaiſerſtadt Aachen würdig war. Nach Dr. Wirth ſprach der ſter für Wohlfahrt. Hirtſiefer. men der preußiſchen wunſch und Dank preußiſche Mini— um auch im Na— Staatsregierung Glück— zu überbringen. Mit einem Hoch auf das deutſche Vaterland ſchloß er ſeine Anſprache. Nochmals ertönte das Deutſchland— lied. Dann wurde von einem Männerchor unter ergriffenem Schweigen der Menge geſungen: „Wir treten zu Beten“ Oberbürgermeiſter Rom— bach gedachte dann Dr. Streſemann, der ſeine ganze Kraft für die Befreiung des Rheinlandes eingeſetzt hat. Offizielle Befreiungsfeier in Aachen. Aachen, 1. Dez. Die Stadt Aachen hatte ihre Gäſte, die Spitzen der weltlichen und kirchlichen Behörden und der Bürgerſchaft, auf Sonntag mittag zu einem Feſtakt in das Stadttheater eingeladen. Redner waren Oberbürgermeiſter Dr. Rombach, Reichsminiſter Dr. Wirth, außerdem war der preußiſche Wohlfahrtsmini— ſter Dr. Hirtſiefer anweſend. Der Feſtakt wurde durch Lautſprecher auf die öffentlichen Plätze übertragen, um den Tauſenden, die keinen Einlaß gefunden hatten, die Anteilnahme zu ermöglichen. Den ganzen Tag bewegten ſich freudig geſtimmte Men— ſchenmaſſen durch die Straßen. Flieger kreuz⸗ ten über der Stadt und am Abend wieder⸗ holten die Schüler und Schülerinnen der Lehr⸗ anſtalten den Fackelzug, den die Vereine der Stadt in der Befreiungsnacht veranſtaltet hatten. Der Abend ſah die ganze Stadt in feſt⸗ licher Beleuchtung. In Düren, Jülich und den anderen be- freiten Städten fanden ähnliche Befreiungs⸗ feiern ſtatt. In Düren ſprach Miniſter Hirt⸗ ſiefer namens der Staatsregierung. Kundgebung des Oberpräſidenten. Der Oberpräſident der Rheinprovinz, Dr. Fuchs, hat aus Anlaß der Befreiung des Rheinlandes eine Kundgebung erlaſſen, in der er die Brüder der 3. Zone und an der Saar grüßt, der Reichsregierung für das Befreiungs⸗ werk Dank und der Bevölkerung für die wür⸗ dige Haltung Anerkennung ausſpricht. Telegrammwechſel aus Anlaß der Befreiung. Oberpräſident Dr. Fuchs und Reichspräſi⸗ dent von Hindenburg haben aus Anlaß der Befreiungsſtunde Telegramme gewechſelt. An den Oberpräſidenten telegraphierte u a. wei⸗ terhin Reichskanzler Müller, der preußiſche Miniſterpräſident Dr. Braun ſowie Heſſens Staatspräſident Adelung. Deutſcher Reichstag Auf der Tagesordnung ſteht die 2. Leſung des aus dem Volksbegehren hervorgegangenen„Frei— heitsgeſetzes“. f a Abg. Frau Lehmann(Dnatl.) verteidigt das Verhalten des Reichsausſchuſſes für das Volksbegehren und die hinter ihm ſtehenden Par— teien gegen die geſtrige Rede des Miniſters Cur⸗ tius. Seit dem Abſchluß des Vertrages von Ver— ſailles habe noch kein politiſches Thema ſolche An⸗ teilnahme des Volkes hervorgerufen, wie das Volksbegehren. Zahlenmäßig ſei der ganze Um— fang der Bewegung noch nicht zu erfaſſen, man ſtehe erſt am Anfang der Bewegung. In dieſem Jahre bei der 10jährigen Wiederkehr des Diktats von Verſailles haben wir ſchmerzlich eine Kund— gebung der Regierung gegen die Kriegsſchuld— lüge vermißt.(Beifall bei den Deutſchnationalen.) Abg. Hugenberg(Dnatl.), der am Schluß der Rede der dnatl. Rednerin den Saal betritt, wird von der Linken mit lauten„Ah!“-Rufen und mit Lachen begrüßt. Abg. Frhr. von Kardorff(DV.): Ich gabe das Gefühl, daß das Volksbegehren ſich in orſter Linie gerichtet hat gegen unſeren verewig— ten Führer Dr. Streſemann, in zweiter Linie egen die Deutſche Volkspartei. Wir ſind grund— ätzlich Gegner des Volksbegehrens in ſolchen zußenpolitiſchen Fragen. Wir halten Ihre Ak— on(nach rechts) für ein Spiel mit dem Feuer. zas würden Sie dazu ſagen, wenn Volksbe— ehren eingeleiten werden über die Streichung oher Offizierspenſionen oder über die Konfis— tion aller Vermögen über 50000 Mark? Wir atten erwartet, daß der Abg. Hugenberg ſelbſt s Wort nehmen würde. Seine Zeitungen ha— in ihn doch mit Bismarck verglichen(Geläch— r). Bismarck war kein guter Redner, aber er dete doch, weil er dem Parlament immer etwas ſagen hatte. Die Männer des Volksbegehrens üßten von vornherein wiſſen, daß ſie damit eine arheit nicht erzielen konnten. Dieſes Volks— gehren diente nur dem Zwecke der Verwirrung id Verhetzung. Es hat die Parteien und die Regierung in eine ſchiefe Lage gebracht. Abg. Stöhr(Ntu.): Das wollten wir ja gerade!) Wir waren gezwungen, das Volksbegehren zu be— kämpfen und dadurch konnte der Anſchein erweckt werden, als wenn wir es nicht abwarten könn— ten, den YWoungplan anzunehmen. Wir kennen die vielen Mängel des Youngplanes, aber wi. wiſſen auch, daß er immer noch Erleichterungen bringt gegenüber dem Dawesplan, der nur mit Hilfe der Deutſchnationalen angenommen werden konnte. Es iſt durchaus gerechtfertigt, daß auch ſpätere Generationen einen Teil mittragen von den unerhörten Kriegslaſten, die der heutigen Generation auferlegt worden ſind.(Lärm bei den Nationalſozialiſten.) Der§ 4 des Volksbe⸗ gehrens hat uns aufs tiefſte gekränkt und verletzt. Wir haben den Mord an Erzberger und Rathenau erlebt. Wir wiſſen, welche furchtbaren Folgen es haben kann, wenn man den Vorwurf des Landesverrats gegen Staatsmänner vor ur— teilsloſen verhetzten jungen Leuten erhebt.(Leb— hafte Zuſtimmung.) Wenn heute die 2. Zone des beſetzten Rheinlandes befreit iſt, und wenn der nächſt die 3. Zone befreit wird, dann werden un— ſere befreiten Landsleute an Dr. Streſemann denken und nicht an Dr. Hugenberg.(Lebh. Bei— fall.) Dr. Hugenberg hat in Kaſſel dauernd da— von geſprochen, daß er eine antimarxiſtiſche Front bilden wolle. Sein Bundesgenoſſe Dr. Göbbels hat aber im Lokalanzeiger geſchrieben, die Na— tionalſozialiſten würden jeweilig mit den Marxiſten zuſammenſtimmen. Dr. Hugenberg hat es durch ſeine Aktion unmöglich gemacht, daß ſich in den nächſten Jahren eine bürgerliche Ein— heitsfront gegen den Marxismus bilden kann. Meine Herren Sozialdemokraten, wenn Sie nur eine Spur von Dankbarkeitsgefühl haben, dann müſſen ſie ſammeln, um Ihrem wirkſamſten Fö derer Dr. Hugenberg ein Denkmal zu ſetzen. (Große Heiterkeit.) Sollten Sie bei der Denk— malsweihe wegen des Geſchäftsreduers in Verle— Das Spiel unter der Maske. Driginalroman von Lola Stein. (13. Fortſetzung.) Sie hatte ja Recht— dieſer James Whitlock paßte— wenn man ehrlich ſein wollte— nicht für das blühende, junge, ſtrahlend ſchöne Ge— ſchöpf. Er war doppelt ſo alt wie ſie, ein nüch— terner, trockener Menſch der Arbeit, ein Mann der Energie, des Geſchäfts, der Zahlen und Be— rechnungen. Er war verliebt in Evelyn, heiß, leidenſchaftlich verliebt. Aber er würde niemals Verſtändnis für ihre ſehnſüchtige, ſchwärmeriſche Seele, für ihre ganze Lebenseinſtellung gehabt haben. Bis geſtern hatte Eduard Catlin auch auf dieſe Dinge kein Gewicht gelegt. Eben ſchloß man aus hundertlei Rückſichten. Er hatte nichts gegen Liebesheiraten, er hatte nichts gegen Oli— ver Gordon gehabt. Aber als dieſe Affäre ſo tragiſch endete und James Whitlock als Freier auf der Bildfläche erſchien, da hatte er keine Be— denken gekannt, ſeine kindiunge Tochter, die in keiner Weiſe zu dieſem Mann paßte, ihm zu ver— heiraten. Merkwürdig, wie ſehr Evelyns Flucht ihn ver— ändert hatte. Seltſam, wie viele Gedanken heute auf ihn einſtürmten, die er nie zuvor gekannt hatte. Unbegreiflich, wie der törichte, unbedachte Schritt eines jungen Geſchöpfes einen alten, er— probten, unbeirrbaren Buſineßman ſo aus allen Fugen zu bringen vermochte. Und das Allermerkwürdigſte ſchien ihm, daß es jetzt nicht einmal mehr der Skandal war, der ihn ſchreckte und bedrückte, daß es vielmehr in weit höherem Maße die Tatſache war, daß Evelyn gegangen, daß ſie ihn verlaſſen hatte, die ihn ſo völlig zu Boden warf. „Was gedenken Sie jetzt zu tun, Catlin?“ riß 2 ihn die Stimme ſeines genheit ſein, ſo ſtelle ich mich gerne zur Verfü⸗ gung.(Erneute große Heiterkeit.) Auf der an⸗ deren Seite können wir nicht verſchweigen, daß die Regierung mit ihrer Methode des Kampfes gegen das Volksbegehren das Gegenteil des ge— wollten Zweckes erreicht hat. Reichsinnenminiſter Severing geht zunächſt auf die Rede des Abg. v. Kardorff ein. Der Re⸗ gierung, ſo erklärt der Miniſter, war bis zum Ab⸗ ſchluß der Haager Verhandlungen der Mund geſchloſſen, während ihre Gegner ſchon im Juli mit der Aktion beginnen konnten. Die ganze Ak- tion des Volksbegehrens diente nicht außenpoli— tiſchen Zwecken, ſondern ſie war gerichtet gegen das Beſtehen der Republik, gegen die Weimarer Verfaſſung. Von dem Größenwahn der Natio— nalſozialiſten wurden auch die Deutſchnationalen angeſteckt. In der Agitation für das Volksbe— gehren und im§ 4 des Volksbegerens ſelbſt wer— den die Miniſter, die Parlamentsbeſchlüſſe aus— führen, als„Landesverräter“ gebrandmarkt und mit Zuchthaus bedroht. Wenn man verlangt, daß die ſo„Gebrandmarkten“ ſich eine ſolche Be— ſchimpſung durch ihre Beamten gefallen laſſen, ſo Heißt das von ihnen eine zu große Doſis Selbst. „ leugnung und Lammesgeduld verlangen. Nein, ich kann nur an der Erklärung feſthalten, daß die Beamten die ausdrücklich ſich mit dem Inhalt des§ 4 identidizieren, im Dienſte der Republik keinen Platz haben ſollen.(Händeklatſchen bei Sozialiſten und Demokraten.) Herr Hugenberg hat weder im Reichstag noch im Rundfunk über das Volksbegehren geſprochen. Er übt ſein Amt des Generalſchatzmeiſters ſeiner Partet und Be— wegung aus nach dem Leitwort:„Und willſt Du nicht mein Bruder ſein, ſo ſtelle ich die Zahlung ein! Die Nationalſozialiſten müſſen lernen, daß marktſchreieriſche Reklame keine Baſis für poli— tiſche Bedeutung iſt. In einem Hitlerbuch hieß es, das deutſche Volk beſtehe zu einem Drittel au Helden, zu einem Drittel aus Verrätern und zu einem Drittel aus Feiglingen. Jetzt wird von den Nationalſozialiſten geſchrieben, das Volksbe— gehren habe gezeigt, daß ein Zehntel der Deut— ſchen aus„anſtändigen Leuten“ beſteht. Das iſt lach natſoz. Auffaſſung quantitativ und qualita⸗ tiv aus dem Drittel Helden geworden. Am 2. Dezember, am Tage des Volksentſcheids, ſollte jeder zu Hauſe bleiben um mit Herrn Hugenberg abzurechnen. Wer aber durch Terror gezwungen wird, an der Abſtimmung teilzunehmen, der mache einen Strich durch den Stimmzettel, zu— gleich einen Strich durch die Rechnung des Herrn Hugenberg. Das deutſche Volk muß am 22. De- zember zum Ausdruck bringen, daß es in der Re— publik nicht Verhältniſſe haben will, wie in einer deutſchen Oſtbank.(Beifall.) Abg. Dr. Breitſcheid(Soz.) erklärt, die Deutſchnationalen hätten kein Recht, ſich über Terror gegen die Beamten zu beklagen, denn ſie ſeien Nachfahren jener alten Konſervativen, die den Terror gegen wirtſchaftlich Abhängige zum politiſchen Prinzip erhoben hätten. Noch heute werde in Pommern und anderen agrariſchen Ge— bieten politiſcher Terror von den Deutſchnatio— nalen getrieben. Beim Volksbegehren ſei das deutlich in die Erſcheinung getreten. Die Theſe von der Alleinſchuld Deutſchlands am Weltkrieg iſt von uns immer mit größter Entſchiedenheit bekämpft worden. Es iſt aber einfach nicht wahr, daß die deutſche Reparationsbelaſtung mit der Kriegsſchuldtheſe begründet ſei und daß wir ohne dieſe Theſe nichts zu zahlen hätten. Wenn heute am Rhein Befreiungsfeiern ſtattfinden können, ſo verdanken wir das der Außenpolitik, die im Hugenberg'ſchen Volksbegehren als landesverrä— teriſch bezeichnet wird. Wir ſind ſtolz darauf. daß wir gemeinſam mit Streſemann dieſe Po. tik getrieben haben. Diejenigen Deutſchnationa— len Abgeordneten, die 1924 für den Dawesplan geſtimmt haben, werden uns erklären müſſen, warum ſie heute etwas als landesverräteriſch ver— folgen wollen, was ſie damals ſelbſt getan haben. Die Spekulation des Herrn Hugenberg auf die vermeintliche Dummheit des deutſchen Volkes iſt feh“geſchlagen. Das deutſchte Volk folat nicht den eee eee eee Zerſtörern der Nation, nicht den Zerſtörern des Gedankens von der Förderung des europäiſchen Friedens. Abg. raf Reventlow(NS.) erinnert an das Ergebnis der letzten Komunalwahlen, die be⸗ wieſen hätten, daß die Nationalſozialiſten im ſtärkſten Fortſchritt begriffen ſeien. Von einer Kriegsſchuldfrage ſei keine Rede, es gebe nur eine Kriegsſchuldlüge. Solange die jetzigen Machthaber regierten, kämen wir aus dem Zu⸗ ſtande des Landesverrates überhaupt nicht her— aus.(Beifall bei den Nationalſozialiſten.) Abg. Stöcker(Kom.): Ein naiver Betrach— ter der heutigen Debatte könnte auß die Mei— nung kommen, als ob große Differenzen zwi— ſchen Regierungsparteien und Deutſchnationalen herrſchten. In Wahrheit aber ſind ſie ſich über die Grundlagen der Außenpolitik einig. Der Red— ner erhält wegen Entgleiſungen gegen Hinden— burg zwei Ordnungsrufe. Stöcker fortfahrend: Wenn die Deutſchna— tionalen an die Macht kämen, würden ſie dieſelbe Politik treiben wie die jetzige Regierung. Der Vollsentſcheid des reaktionären Hugenberg ſei als niederträchtiger Volksbetrug abzulehnen, (Beifall bei den Kommuniſten), der nur zur fa— ſchiſtiſchen Diktatur führen ſolle. Abg. Ehlermann(Dem.): Es iſt ein eigen artiger Zufall, daß Hugenbergs Kataſtrophenpoli— tik an dem Tage verteidigt wurde, an dem in der zweiten Zone Schwarz-Rot-Gold an Stelle der Trikolore hochgeht. Die größte Schwächung der ſog.„Volksbewegung“ aber liegt in der Tat— ſache. daß der Mann, der ſeinen Namen für das Volksbegehren hergab, nicht den Mut dazu hatte, es vor dem Reichstag ſelbſt zu vertreten. Viel— leicht liegt das daran, daß Hugenberg poli— tͤſch nicht mehr ernſt zu nehmen iſt (Sehr wahr links.) Ebenſo ideen- und geiſtlos wie die auswörtigen ſind die inneren Ziele des Plebiszits. Der Poungplan iſt beſſer als der Dawesplan, darf aber nicht das letzte Wort des Neparationsproblems ſein. Abg. Dr Everling(Ont.) meint, die ſcharfe Kritik an Hugenberg beweiſe nur die große Be— deutung Heugenbergs. Unter großer Unruhe führte der Redner dann zahlreiche Fälle an, in denen nach ſeiner Anſicht die Wähler durch unzuläſſige Maßnahmen von der Einzeichnung abgehalten worden ſeien. Ein Gemeindevorſteher habe beiſpielsweiſe den Bau⸗ ern, die ſich einzeichnen wollten, geſagt:„Ihr ſeid ja blödſinnig!“(Große Heiterkeit.) Reichskanz⸗ ler Müller habe beim Reichspräſidenten mit falſcher Information eine Erklärung gegen den § 4 des Volksbegehrens extrahiert und dieſe nur für das Kabinett beſtimmte Erklärung durch eine Indiskretion der Offentlichkeit übermittelt. Damit iſt die allgemeine Ausſprache geſchloſſen. Ueber den 8 1 des Freiheitsgeſetzes wird na⸗ mentlich abgeſtimmt. Die Abſtimmung ergibt die Ablehnung des§ 1, (Zurückweiſung des Kriegsſchuldanerkenntniſſes) mit 318 gegen 82 Stimmen der Deutſchnationalen, Nationalſozialiſten u. Chriſtlich-nationalen Bau— ernpartei bei vier Stimmenthaltungen. Präſident Löbe teilt mit, daß von den Na— tionalſozialiſten auch für die weiteren drei Pa— ragraphen namentliche Abſtimmung beantragt worden ſei. Abg. Eſſer(3Ztr.) beantragt, jetzt die Sitzung zu vertagen, da die rheiniſchen Abgeordneten das Bedürfnis hätten, an den rheiniſchen Befreiungs— feiern teilzunehmen. Präſident Löbe bittet, jetzt nicht zu vertagen. Das Haus werde es den rheiniſchen Abgeordne— ten nicht verübeln, wenn ſie die Sitzung ver— laſſen. Abg. Eſſer(3Ztr.) zieht Antrag zurück. Für die namentliche Abſtimmung über den § 2 erheben ſich Deutſchnationale und National— ſozialiſten, die für die Unterſtützung erforderliche Zahl von 50 wird aber nicht erreicht. 5 daraufhin ſeinen CC trachtungen. „Was kann ich tun, Whitlock?“. „Die Polizei alarmieren. Detektivbüros in Bewegung ſetzen. Evelyn muß ja zu finden ſein.“ „Wenn ſie ſich nicht finden laſſen will?“ Und er dachte an die wenigen kurzen Worte, die ſie ihm hinterlaſſen und die er heute morgen ge— funden hatte. „Da es mir unmöglich iſt, mein James Whit⸗ lock gegebenes Wort zu halten, wie Du es von mir verlangſt, darf ich nicht länger Deine Wohl⸗ taten annehmen, die ich zwanzig Jahre empfing, ohne davon zu wiſſen. Ich danke Dir für alles, was Du für mich getan haſt, aber ich verlaſſe Dein Haus, das ich nach unſerer Unterredung nicht mehr als meine Heimat empfinde. Suche mich nicht, denn ich will mich nicht finden laſſen. Evely«.“ Viele, viele Male hatte Edward Catlin dieſe kurzen, dürftigen Zeilen geleſen. Wieder und wieder bereut, daß er ſich geſtern hatte hinreißen laſſen. daß Evelyn das Geheimnis ihrer Geburt von ihm erfahren hatte. Ohne dies Wiſſen wäre ſie niemals gegangen. Sie hätte getrotzt, ihren Willen dem ſeinen entgegengeſent und ſich ſchließ⸗ lich behauptet. Nun ſchien ihr die Flucht die einzige Rettung zu ſein. „Wollen Sie Ihre Tochter denn kampflos ziehen laſſen, Catlin?“ fragte James Whitlock erregt.„Ich verſtehe Sie nicht. Ich erkenne Sie ja gar nicht wieder! Was iſt denn nur mit Ihnen? Wo iſt Ihre Energie?“ „Ich weiß nicht, ob ſie hier richtig am Platz iſt,“ verſetzte Catlin mit trübem Lächeln.„Eve⸗ lyn hat mir geſchrieben, daß ſie ſich nicht finden laſſen will.“ „Und damit wollen Sie ſich ohne weiteres zu⸗ frieden geben?“ „Das nicht. Ich werde nach ihr ſuchen. Aber ich möchte alles tun, um den großen Skandal in der Oeffentlichkeit zu vermeiden.“ 8 e 1 3 9 1 F 3 EEC Gaſtes aus ſeinen Be— § 2(Aufhebung der Artitel 231, 429 und 430 des Verſailler Vertrags) wird abgelehnt in einfacher Abſtimmung gegen die Deutſchnatio⸗ nalen, Chriſtlich⸗nationale Bauernpartei und Nationalſozialiſten. § 3 verlangt die Ablehnung des Poungplanes. Abg. Dr. Preyer(Int.) wendet ſich gegen die Rundfunkreden der Miniſter, in denen die Folgen des Poungplanes falſch dargeſtellt wor— den ſeien. 8 3 wird in namentlicher Abſtimmung mit 312 gegen 80 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Abg. Everling(Int.) erklärt, es ſei in⸗ zwiſchen mitgeteilt worden, daß der Reichspräſi⸗ dent dem Reichskanzler Müller die Ermächtigung erteilt habe, ſeine Aeußerung gegen den§ 4 nicht nur dem Kabinett, ſondern auch der Oeffentlich— keit mitzuteilen. Abg. Everling nimmt darauf— hin ſeine vorige Erklärung zurück. § 4, der die Landesverratsſtrafandrohung enthält, wird in namentlicher Abſtimmung mit 312 gegen 60 Stimmen abgelehnt. Der letzte§ 5, der von der Inkraftſetzung der Vorlage ſpricht, wird in einfacher Ab⸗ ſtimmung abgelehnt. Die namentliche Abſtimmung über Einleitung und Ueberſchrift ergibt die Ablehnung mit 307 gegen 78 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Präſident Lö be: Da ſämtliche Teile abgelehnt ſind, iſt das Geſetz in der zweiten Leſung erledigt. Ich reiche es der Regierung zurück, damit 5 die Volksabſtimmung darüber vornimmt. Hierauf werden auch die Anträge der Deutſch— zationalen und Nationalſozialiſten auf Aende— rung des Termins für den Volksentſcheid abge lehnt. Es bleibt alſo der 22. Dezember 1929 als Termin beſtehen. Das Haus vertagt ſich auf Montag 3 Uhr Auf ner Tagesordnung ſtehen kleinere Vorlagen. Aus Nah und Fern Mannheim 30. Nov.(Selbſtmordver⸗ ü uch.) Am Freitag abend ſpielte ſich in einer Wohnung in der Rheinhäuſerſtraße ein aufre— gender Vorfall ab. Ein 49jähriger Heizer zer⸗ trümmerte die Gaslampen und den Gasherd. ſchloß ſich ein und öffnete den Gashahn in der Küche. Dann legte er ſich in dem angrenzenden Schlafzimmer in ſein Bett und wartete auf den Tod. Seine in einem Nebenraum weilende Ehefrau wurde durch den Gasgeruch aufmerk— ſam und ſtellte den Haupthahn ab. Durch die herbeigerufene Polizei wurde die verſchloſſene Küchentür geöffnet, ſodaß es möglich war die Fenſter zu öffnen, um das Gas abziehen zu laſ⸗ ſen. Bei dem Lebensmüden war glücklicherweiſe noch keine weſentliche Vergiftung eingetreten. Der Grund zur Tat ſcheint in nervöſen Stö— rungen zu liegen. Mannheim, 30. Nov.(Ein neuer Raub⸗ uberfall.) Die Raubüberfälle in Mannheim nehmen in erſchreckendem Maße zu. Am Freitag abend kurz nach 8 Uhr wurde auf der Wald— ſtraße in Waldhof die Leiterin einer Verkaufs⸗ filiale von zwei Burſchen angehalten. Während einer einen Schreckſchuß abgab, raubte der an— dere die am Fahrrad befeſtigte Aktentaſche ber Ueberfallenen. Die Täter ſind entkommen. Mainz. 30. November.(Wegen Kugel⸗ ſammelns verurteilt.) Die Arbeiter K. und W. Geſchwill aus Speyer fuhren am 16. November hier her um im Glauben, die Fran— zoſen ſeien abgezogen. auf den Gonſenheimer Schießſtand Kugeln zu ſammeln. Nachdem ſie über Nacht zwanzig Kilo Kugeln gefunden hat— ten, wurden ſie am anderen Morgen von der franzöſiſchen Gendarmerie am hieſigen Bahn— hof verhaftet. Beide erklärten, durch Arbeitslo— ſigkeit in äußerſter Not gehandelt zu haben. Senatspräſident Dr. Führ beantragte eine mil⸗ de Strafe und erſuchte, dieſe als durch die Uu⸗ terſuchunasbaft nerhüßt au erklären Was Re „Das wird Ihnen, glaube ich, nicht gelingen, Catlin.“ „Ich darf nicht auf Ihre Verſchwiegenheit in dieſem Falle rechnen, Whitlock?“ „Auf meine Verſchwiegenheit?“ Der nüchterne Mann bebte vor Erregung am ganzen Körper. „Sie vergeſſen, daß ich der Schwerbeleidigte bin. Daß Ihre Tochter mich verſchmähte, und wahr— ſcheinlich irgendein anderer Mann hinter dieſer ganzen tollen Geſchichte ſteckt. Das iſt die einzige Erklärung.“ „Das iſt ausgeſchloſſen, Whitlock!“ „Nichts iſt ausgeſchloſſen bei einem Mädchen, wie Evelyn es iſt. Wir haben ſie ja beide nicht richtig gekannt. Oder wollen Sie vielleicht auch jetzt noch behaupten, Ihre Tochter zu kennen? Vor einigen Monaten wollte ſie meine Frau wer⸗ den, jetzt plötzlich erklärt ſie, mich nicht heiraten zu können. Wenn da kein Mann im Spiel iſt..“ „Ich ſage Ihnen noch einmal, daß das aus⸗ geſchloſſen iſt! Evelyn hätte mir eine Andeutung gemacht. Nur weil ich auf der Ehe mit Ihnen beſtand, iſt ſie gegangen. Ich bitte Sie, Whitlock, den Standal nicht unnütz zu vergrößern, indem Sie Evelyns Flucht überall herumerzählen. Ich bitte, Sie, auch zu bedenken, daß Sie Ihre eigene Perſon damit der Klatſchſucht, der Senſations⸗ gier preisgeben.“ „Das kommt darauf an, wie man dieſe Sache anſieht, und wie man ſie erzählt, Catlin. Meine Braut läuft mir vier Tage vor der Hochzeit da⸗ von, und Sie verlangen von mir Stillſchweigen fordern wohl noch gar, daß ich erzählen ſoll, ich ſelbſt hätte den Aufſchub unſerer Hochzeit aus irgendwelchen Gründen verlangt, und Sie hät⸗ ten Evelyn aus Geſundheitsrückſichten auf Rei⸗ ſen geſchickt, wie?“ N „Das wäre natürlich am beſten, Whitlock. Für alle Teile.“ 1 55 „Nicht für mich,“ widerſprach der füngere Mann eiſig.„Für eine ſolche Ritterlichkeit, wie Sie ſie von mir verlangen, fehlt mir das Ver⸗ ſtändnis, muß ich offen geſtehen. Leben Sie wohl, Catlin, ich glaube, wir beide haben uns nichts mehr zu ſagen.“ Gdward Catlin erhob ſich mit ſeinem Gaſt. Er wußte nun, daß James Whitlock keine Rückſicht und keine Schonung üben, daß er ihn und ſein Haus unbarmherzig dem Skandal überliefern würde und daß auch die geſchäftliche Verbindung zwiſchen den beiden Firmen nicht zuſtande kam. Aber er war innerlich ſo zermürbt und zer⸗ ſchlagen von den Geſchehniſſen, daß er ſelbſt in dieſem Augenblick, als ihm das alles klar wurde, keinen Zorn und keinen Groll auf Evelyn empfand. Nur eine tiefe Traurigkeit, eine bo⸗ denloſe Leere. Und maßloſe Reue über das, was er geſtern zu Evelyn geſagt hatte. „Und Sie meinen wirklich, ich ſolle die Po⸗ liz ei „Wenn meine Tochter mir davongelaufen wäre, würde ich die ganze Welt in Bewegung ſetzen, Catlin, um ihren Aufenkhabt zu erfahren und ſie vor weiteren Dummheiten zu behüten. Aber Sie müſſen ja ſelbſt am beſten wiſſen, was in dieſem Fall das Richtige iſt. Leben Sie wohl.“ Edward Catlin verließ ſein Arbeitszimmer, ſtieg hinauf in Evelyns Reich. In ihrem Schlaf⸗ zimmer ſaß die Zofe Mary mit verweintem Ge⸗ ſicht. Er runzelte die Stirn, er mochte keine unfrohen Mienen ſehen. Aber taten nicht allo im Hauſe ſo, als ob einer geſtorben ſei? Die Dienerſchaft ſchlich auf Zehen umher und wagte nicht, ihn anzuſehen, die Hunde lagen traurig in einer Ecke und wollten nicht freſſen. Ei i entſetzliche Stimmung herrſchte. „ 5(Jortſetzung folgt.) 1 7 7 zu ſehen. Das Ergebnis wird uns als reſtlos zufriedenſtellend bezeichnet und wird dazu füh⸗ ren, daß Gernsbach als erſte ſüddeutſche Stadt die Elektrizität nicht nur für Beleuchtung und ſtraft, ſondern auch für Kochzwecke einführt. Mannheim, 30. Nov. Urteil im Han⸗ dels bankprozeß. Am heutigen zweiten Verhandlungstag des Prozeſſes wegen des Zu⸗ ſammenbruches der Rhein. Handelsbank wurde der ehemalige Direktor der Bank, Fritzel, wegen zweier Vergehen gegen§ 312 des HGB. zu ſechs Monaten Gefängnis verurteilt. Pirmaſens, 30. Nov. Die Arbeitsmarkt- zuge in Pirmaſens. Die Arbeitsmarktlage hat ſich gegenüber dem Vormonat erheblich ver— ſchlechtert. Die Zahl der Arbeitsloſen hat ſich von 6577 auf 7323 erhöht. Der Rückgang iſt hauptſächlich durch die Verſchlechterung der Ar— beitsmarktlage im Baugewerbe veranlaßt. Auch in der Schuhinduſtrie iſt die Lage nicht hoff— nungsvoll. Schaidt, 30. Nov. Beim Holzhauen verunglückt. Bei Holzarbeiten im nahen Bienwald wurde der Waldarbeiter Karl Vollmer aus Kandel ſchwer verletzt. Er war gerade da— m—Leſchäftigt, einen Baum freizulegen, als ein gefällter Baum umfiel und ihn zwiſchen 0 ichte und eine Eiche einklemmte. Man hau, rund drei Stunden zu tun, bis man den Schwerverletzten aus ſeiner fürchterlichen Lage befreit hatte. Er wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen nach Landau ins Krankenhaus überführt. Cokale Hachrichten * Vom Sonntag. Der erſte Sonntag im Chriſtmonat, der erſte Adventsſonntag, wurde in unſerer Gemeinde ſtill und ruhig verbracht. Doppelt angenehm wurde die Ruhe nach dem Ge— trubel der Kirchweihe empfunden.— Vormittags regnete es leicht. Der Nachmittag war glücklicher— weiſe regenfrei und ſomit hatte man Gelegenheit, einen kleinen Sonntagsſpaziergang zu machen. Gegen Abend ſetzte wiederum der Regen ein.— Der Kaninchen- und Geflügelzuchtverein hielt im Kaiſerhof eine große Schau ab, die bei ausgezeich- netem Tiermaterial, gut beſucht war.— Die Licht ſpielhäuſer waren überfüllt, was bei der Qualität der gezeigten Filme zu verſtehen iſt. Heute Mon- tag ſind nochmals Vorſtellungen. „Ein Laſtauto verbraunt. Am Frei⸗ nachm. geriet auf der Lorſcherſtraße kurz vor dem Friedhof ein Laſtwagen in Flammen, wobei der Führerſitz vollſtändig ausbrannte. Herr Georg Wunder, Mechanikermeiſter mußte die Zündkerzen am Motor mit Gewalt entfernen, da derſelbe nicht abgeſtellt werden konnte. Der Sohn des Fracht— fuhrmanns Sander, der Mitglied der Freiw. Feuer— wehr iſt, beteiligte ſich hervorragend an den Löſch— arbeiten, die mittels Sand und Waſſer vorgenom— men wurden. Der Kraftwagen gehört einer Mann— heimer Firma, auf deren Veranlaſſung der Wagen auch abgeſchleppt wurde. 8 * Ein Freiballon trieb geſtern Sonntag Vormittag in etwa 300 Meter Höhe über unſerm Ort. Der Ballon trug die Aufſchrift„Mannheim“ und hatte Kurs nach der Bergftraße. * Der Polizeibericht der letzten Woche meldet nur 1 Anzeige u. zwar wegen Ruheſtörung. „gie kommen und ſie gehen. Im Monat November ſind in unſerer Gemeinde 13 Kinder zur Welt gebracht worden. Intereſſant iſt die Feſtſtellung, daß dieſe 13 Geburten in die Zeit vom 1.— 15. Nov. fallen, während in der 2. Hälfte des November keine Geburt vorkam. 14 Tage keine Geburt in einem ſo großen Ort wie Viernheim iſt eine Seltenheit.— Geſtorben ſind 6 Perſonen, weiter iſt eine Todgeburt zu verzeichnen. Bevölkerungszuwachs 7.— 14 Paare ſchloſſen den Bund für's Leben. * m Central⸗Lilm⸗Palaſt zeigt man heute nochmals das erſtklaſſige Sonntagsprogramm, das ſich jeder anſehen ſollte. *SFarraſaui kommt doch nach Mann⸗ heim. Von der Preſſeleitung kommt die Mit teilung, daß das vierwöchige Mannheimer Gaſtſpiel nun doch ſtattfindet. Die erſte Vorſtellung wird am 1. Weihnachtsfeiertag ſtattfinden. Filmſchau Ein 4 Millionen-Rieſenſilm „Der Graf von Monte Chriſto“ Die Höchſtleiſtung ſeit Beſtehen der Filminduſtrie. Der Unternehmer, Herr Wamſer vom hieſigen U.⸗T.-Filmpalaſt bringt ſeit Donnerstag ſchon der Welt größtes und gigantigſtes Standart⸗Spitzenwerk zur Aufführung„Der Graf von Monte Chriſto“ nach dem in der ganzen Welt bekannten Meiſter⸗ Roman von Alexander Dumas. Allein hunderte und abermals hunderte von Viernheim haben die⸗ ſen größten Roman der Welt ſchon geleſen und hunderte ſahen ſchon dieſes Rieſenwerk. Auch Sie müſſen heute Montag den vier Millionen-Rieſen⸗ film beſuchen. Das Meiſterwerk wurde zum Tages⸗ geſpräch Viernheims. Ein Beweis, daß der größte Film des Jahres nur„Der Graf von Monte Chriſto“ ſein kann und kein einziger Film das Rieſenwerk zu übertreffen vermag. Das beſtätigt der Maſſenbeſuch. Heute iſt die letzte Gelegenheit den vier Milionen⸗Film zu ſehen. Kommen Sie frühzeitig, ſichern Sie ſich Plätze. Der Andrang wird nochmals groß werden. Heute Montagabend Auf, hinein ins führende Theater Viernheims. Be reiungon Rhein ande! Glocken klingen in der Nacht An das Rheinland Von R. Stein Du Land mit ſtarkem Herzen, Du Volk in deutſchem Sein, Geſtählt in Kampf und Schmerzen, Du hielteſt Wacht am Rhein! Die Glockenſtimmen ſchallen Durch Nacht und Sternenſchein, Die Ketten ſind gefallen Und frei iſt unſer Rhein! Dein Deutſchland grüßt aufs neue Dich Kämpfer in der Not. Der Dank ſei unſre Treue: „Vereint bis in den Tod!“ * Nach unſäglichem Leiden, nach bitterſter Not und nach tiefſter Verlaſſenheit kehrt ein Kind an die Mutterbruſt zurück. Nicht mehr ſchallt der Tritt fremder Heere im rheiniſcher Gau, nicht mehr klingen Bajonette und Säb. und nicht mehr hört man fremden Laut in deutſchem Land. Das Rheinland iſt frei! Ueber ein Jahrzehnt haben Land und Volk in auf— opfernder Treue bewieſen, daß feſte Bande Stamm und Eigenart des deutſchen Volkes umſchließen, Bande, die von Liebe geknüpft dem Schwert und dem Haß wiederſtanden. Nicht Gewalt und nicht Lockung haben ver— mocht, die Treue dieſes Volksſchlages, in dem die Lebenskraft mächtig pulſiert, zu erſchüttern oder zu brechen. Allen Anfeindungen zum Trotz hat ſich in jahrelangem Kampf die einheitliche undurchdringliche Front der Abwehr fremde; Gelüſte auf deutſches Land nur ſeſter un' ſtarrer geſchloſſen. Schwere, allzuſchwere Zeiten waren es, di das Rheinland überwinden mußte. Viele tiefe Wunden wurden geſchlagen, und viele Narben haben ſich noch nicht geſchloſſen und ſind noc nicht verblaßt. Es wird der milden gütigen Hand der Mutter bedürfen, um dieſe ehrenvol len Wunden ganz zu ſchließen und den koſtba ren Lebensſtrom eines kerndeutſchen Volkstei les wieder in die rechten Wege zu leiten zu Nutz und Frommen unſeres Vaterlandes. Heute wehen die Fahnen von Turm zu surm, von Haus zu Haus im Rheinland, wie im deutſchen Mutterland und künden von Freude und Glück über die endliche langerſehn— te und ſchwer erkämpfte Wiederkehr des ſchö— nen Landes am Rhein in den Schoß des deut⸗ ſchen Mutterlandes. In die Freude miſcht ſich das tiefe Gefühl heißen Dankes gegenüber die— ſen aufrechten Menſchen, die in beiſpielloſer Treue ohne Murren ausgeharrt haben, bi die Stunde der Befreiung ſchlug. Heißer Dan auch denen gegenüber, die dieſen Tag nicht mehr erleben durften„ſondern gefallen ſind im Kampf um das glühend erſtrebte Ziel. Dieſen Dank dem Rheinland gegenüber kön— nen wir nicht beſſer ausdrücken als in dem feierlichen Gelöbnis: Wir bleiben Dir treu bis in den Tod!— In dieſem Zeichen wollen wir beim Klang der Glocken die Häupter ent— blößen, wenn wir ſie im Rundfunk hören und einem Schickſal dankbar ſein, das uns dieſen Tag erleben ließ. Ein Wermutstropfen fällt in dieſen Becher der Freude, der drückende Gedanke, daß noch viele deutſche Brüder unter dem Joch der Be— ſatzung ſtehen. Hoffen wir, daß bald auch der letzte Winkel unſeres ſchönen Va⸗ terlandes frei ſein wird und daß bald auch die Freiheits-Glocken läuten mögen über Heſſen und Pfalz! Berſammlungsbericht der Jungbanern. Betr.: Die Abſatzfrage der Milch. Am Samstag abend tagte eine Verſammlung einzelner Milchproduzenten. Die Verſammlung leitete Herr Dr. Thoma von der Abſatzgenoſſen— ſchaft Darmſtadt. Herr Dr. Thoma behandelte in erſter Linie die örtlichen Verhältniſſe und deſſen Abſatzmöglichkeit. In ſeinen Ausführungen bahnte er ein beſtimmtes Ziel. Ganz beſonders arbeitete er auf die Notwendigkeit einer Genoſſenſchaft, welche den Milchproduzenten ſowie den Konſumenten we— ſentliche Hilfe leiſtet. Zur richtiggehenden Förde⸗ rung hat er Folgendes vorgeſchlagen: Sämtliche Bauern Viernheims müſſen ſich an dieſer Sache beteiligen. Iſt dies zum Teil möglich, ſo errichte man im Sinne der Genoſſenſchaft mitten im Dorfe eine kleine Sammelſtelle mit einer Tiefkühlanlage. Von da aus ſoll nun die Milch untergebracht werden. Dieſes ſoll nun folgendermaßen vonſtatten gehen: Es iſt Pflicht und klarſehend, daß vor allen Dingen die Herren Milchhändler in gütiger, vertrauender, entgegenkommender Weiſe intereſſiert werden. Grund- ſätzlich falſch iſt es, eigenartig oder rückſichtslos mit den Händlern zu verhandeln. Dieſe Aufgabe ſoll zu einer Arbeitsgemeinſchaft führen. Räder müſſen 0 in Räder greifen. Herr Dr. Thoma ſtellte die Sache zur Diskuſſion. Herr Heinrich Reinhard ergriff das Wort, er erörterte eingehend mit Herrn Dr. Thoma die notwendigſten Kernfragen zur Er— richtung einer ſolchen Anlage. Bei dieſer klaren Verſtändigung entpuppte ſich eine weitere lebhafte Diskuſſion. Zum Worte kamen Herr Ed. Winkler, Joſeph Ecker, Hans Winkler, Peter Belz uſw. Es wurde ein ſchriftlicher Beſchluß gefaßt, daß ſich eine weitere Entwicklung geftaltet. Auch verpflichten ſich die Herren Milchproduzenten, eine reine, ſaubere, gute, fetthaltige Milch an die Genoſſenſchaft zu liefern. Dieſes bietet gleichzeitig den Herren Milch— händlern eins ſichere Exiſtenz, alſo Konkurrenz iſt machtlos. Um dieſes aufrecht zu erhalten, ſtellen wir uns unter die Führung unſeres geehrten Herrn Veterinärarzt Dr. Seigel, welcher in liebenswürdiger Weiſe ſich bereit erklärt hat, mit voller Kraft an der beruflichen Kriſis mitzuarbeiten. Es liegt nun im Intereſſe ſämtlicher Milchproduzenten, ſich an dieſer verantwortungsvollen Aufgabe zu beteiligen, und der nächſten Verſammlung Folge zu leiſten, zu welcher ſämtliche Milchproduzenten eingeladen werden. Um ¼12 Uhr wurde nach ſehr gutem Verlauf die Verſammlung von gegebener Seite ge— ſchloſſen. A. Sch. * Steuerterminkalender für den Monat Dezember 1929. 5. Dezember: Lohnſteuer für die Zeit vom 16. bis 30. November, ſowie Abgabe der Be— ſcheinigung über die Geſamtſumme der im Monat November einbehaltenen Lohnſteuer— beträge. Keine Schonfriſt. 20. Dezember: Lohnſteuer für die Zeit vom 1. bis 15. Dezember, ſofern der Lohnſteuerab— zug den Betrag von 200 Mk. überſteigt. Keine Schonfriſt. 27. Dezember: 5. Ziel Landesſteuer nach dem Vorauszahlungsbeſcheid üher heſſ. Staats- ſteuern für das Rechnungsjahr 1929. Schon— friſt bis 4. Januar 1930. Vereins⸗Anzeiger Odenwaldklub.(Ortsgruppe Viernheim). Mittwoch, den 4. Dezember Klubabend. Der Vorſtand. Verein der Jundefreunnde. Dienstag, den 3. Dez., abends 8 Uhr Monatsverſammlung Vereinslokal. Wegen der ſehr wichtigen Monats- verſammlung der letzten vor der Generalper— ſammlung, werden die Mitglieder gebeten, zahl— reich zu erſcheinen. Diejenigen Mitglieder, die unſere Sportzeitung Paß⸗-Auf im Jahre 1930 beſtellen wollen, haben dieſes in der Verſamm— lung dem Schriftführer mitzuteilen, damit in der Lieferung keine Verzögerung einteitt. Der Vorſtand. Club der Geflügelzüchter 1916. Unſere Monatsverſammlung findet am Donnerstag, den 5. Dez., abends 8 Uhr im Lokal zum goldenen Stern ſtatt. Zahlreichen Beſuch erwartet Der Vorſtand. Waldſportplatz. Sportvereinigung ſiegt mit 3 Mannſchaften gegen Weinheim 14:4! 1. M. gewinnt nach überlegenem Spiel 411 2. M. 4:2, 3. M. 621. Mit kompletter Mannſchaft ſpielten heute die Grünen, wodurch wieder im Sturm ein friſcher Zug zum Tore wehte. Weinheim wollte wieder gewinnen, aber es blieb auch nur dabei, während ſie die Platzbeſitzer von Beginn an einſchnürten. Trotzdem gelang den Gäſten wieder das erſte Tor aus einem Gedränge. Ein fein getretener Elfer ergab den Ausgleich und der L. A. ſchaffte bis Halbzeit durch energiſches Dazwiſchenfahren das 2:1. Nach der Pauſe verteidigte Weinheim oft mit 9 Mann, aber es half alles nichts, es wurden dem ſonſt glänzend ſpielenden Gäſtehüter noch zwei feine Bälle ins Netz befördert. Alles in allem: Die Grünen waren wieder glänzend in Fahrt, aber: ſie ſollten noch eifriger ſpielen und ſchneller laufen, dadurch den Ball ſchneller vom Fuß geben. Gegen die heutige Leiſtung wars Spiel der Gäſte als mäßig zu bezeichnen, zu all ihrem Eifer ſind ſie techniſch unentwickelt. Bravo ihr Grünen, ſo weiter noch die paar Spiele! Die 2. und 3. M. ſiegten ebenfalls in glän⸗ zendem Spurt, wodurch der Name Viernheim wieder insgeſamt über Weinheim geſtellt worden iſt. Trainings- u. Vereins abende der Sport- Fg. Amicitia 03 Waldsporinlatz mit Vereinshaus Dienstag Abend 8 Uhr: Vollſitzung des Verwal— tungsausſchuſſes im Lokal, alle Herren wollen pünktlich erſcheinen. Donnerstag Abend 8 Uhr: Jugendſpieler-Pflicht⸗ ſitzung im Lokal, alle Jugendſpieler müſſen er— ſcheinen. Freitag Abend 8 Uhr: Hallentraining 1. Mſchft. mit Erſatzleuten, jeder Spieler muß pünktlich in Sport erſcheinen. Freitag Abend 9 Uhr: Svielerzuſammenkunft für alle 3 aktiven Mannſchaften, wobei alle Spieler zu erſcheinen haben. Sonntag ſpielfrei. Abfahrt 1,16 Uhr OEG. zum Spiel Südfrankreich—Mannheim-Ludwigshafen im Mannheimer Stadion. Die Sportleitung. Sport u. Spiel Waldſportplatz. In überzeugender Manier wurde geſtern an Weinheim Revanche genommen. Mit überragendem techn. Können wurden die Weinheimer eingeklam— mert und mußten ſich eine 4:1 Niederlage gefallen laſſen.— Da Phönix gegen Friedrichsfeld verlor ziert Viernheim die Tabellenſpitze und hat nunmehr begründete Ausſicht auf die Meiſterſchaft. Die Reſultate: Phönix— Friedrichsfeld 0·3 Heddesheim— Feudenheim 3.0 Rheinau— 1913 Mannheim 5.0 Kreis Unterbaden Tabellenſtand am 1. Dez. Vereine Sp. gew. un. vl. Tore P. Viernheim 10 8 1 28:9 17 Friedrichsfeld 10 36:16 Phönix Mannheim 10 31:14 Heddesheim 10 22:18 Feudenheim 9 25:13 Weinheim 10 24:38 Käfertal 9 13:20 Rheinau 10 19:41 1913 Mannheim 10 11:36 —— 8———— O= 2 u —— e O eee —— Q Gruppe Rhein VfR. Mannheim— 08 Mannheim 413, Waldhof— Phönix Ludwigshafen 3:0, Sp Mundenheim— Sp.-Vg. Sandhofen 3.1 Neckarau FC. Rohrbach 8:0. *. DI K.⸗Sport Ockenheim 1.— Viernheim 1. Lorſch 2.— Viernheim Privat * Turner⸗Handball Sandhofen 1.— Viernheim 1. 0:1 Viernheim 2.— Feudenheim 1. 0:10 5 Weinheimer Schweinemarkt. Zugeführt: 157 Stück Verkauft: 148 Stück Milchſchweine das Stück 22— 35 Mk. Läufer das Stück von 36—55 Mk. Vom Düſſeldorfer Mörder noch keine Spur Die Düſſeldorfer Mörderſuche geht unter Ein— ſetzung aller perſonellen und techniſchen Hilfs— mittel,, weiter, ohne daß lt.„N. B.L.“ bis zur Stunde ein nennenswerter Fortſchritt zu erzielen war, es ſei denn, daß man die zunehmende Entlaſtung der Kriminalpolizei von den zahllo— ſen irrigen Spuren ſchon als einen Erfolg bu— chen will. So iſt wenigſtens die Kraft der Be— amten für die ſyſtematiſche Arbeit frei gewor— den. Noch immer laufen natürlich Ausſagen ein, die eine Fahndung erforderlich machen, ſo zum Beiſpiel war in den letzten Tagen die Rede von ner neuen Mörderpoſtkarte an das Düſſeldorfer Blatt,„Der Mittag“, die ein neues Grab einer Leiche bei Neuß ſkizzierte. Alle Nochforſchungen die ſich daran knüpften, waren ergebnislos. Es handelt ſich um einen groben Unfug. Nach wie vor ſetzt man die größten Hoffnungen auf die Möglichkeit, die Amateurphotographen von Stin— termühle ausfindig zu machen. In einem neuen Ortstermin, in dem man die Situation vom 11. Auguſt mit Genauigkeit rekonſtruierte, hat ſich ergeben, daß der Begleiter der Marie Hahn unbedingt und zwar mit dem Geſicht auf der Platte ſein muß. Merkwürdigerweiſe hat ſich von den vielen Amateurphotographen, die in Frage kommen, noch keiner gemeldet. Des weiteren forſcht man ſyſtematiſch nach 1 den von den Opfern des Mörders vermißten Gegenſtänden und Kleidern. Wenn auch der Tä⸗ ter kein Raubmörder iſt, ſo lann man doch an⸗ nehmen, daß er auf den einen oder den ande⸗ ren Gegenſtand ſo viel Wert legte, daß er ihn zurückhielt oder verkaufte. In dieſer Richtung bewegen ſich die Nachforſchungen bei den Alt⸗ händlern. Auch die Schaufel, die man in der Nähe des Leichengrabs von Papendell fand und zunächſt einem harmloſen Bauarbeiter zuſchrieb, der in der Nähe in einer Scheune gearbeitet hatte, hat inzwiſchen wieder erhöhtes Intereſſe gewonnen. Die Schaufel gehört jenem Arbeiter nicht. Der Beſitzer iſt noch nicht gefunden. Die berühmte Papierſpur, das Stückchen Zei⸗ tungsmakulatur, das eine Rotationsmaſchine be⸗ reits durchlaufen hatte, hat ein eigenartiges Schickſal. Bald ſcheint es, als ob man die Ma⸗ ſchine gefunden hätte. Dann aber verflüchtigt ſich alles Greifbare wieder. Schließlich durch⸗ forſcht man den großen Perſonenkreis des Dir⸗ nen⸗ und Zuhältertums in der Ann daß mehrere Opfer dort einzureihen ſi olge der ungeheuerlichen Inanſpruchnahme der Düſ⸗ ſeldorfer Kriminalpolizei hatte man eine Zeit⸗ lang dieſe Welt weniger ſorgfältig aufs Korn nehmen können. Dies wird jetzt ſyſtematiſch nach⸗ geholt.