5 „ Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. Köb dat frei 19 5 Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeltige illuſtrierte iernheimer (Sternheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Viernh eim er 8 eitung 588— onntagsblatt„Sterne und Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim rnſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin. Geſchüftsſtelle Rathausſtr. N Neulahrsempfänge beim Reichspräsienten Hindenburg mahnt! Berlin, 1. Jan. Aus Anlaß des Neujahrs⸗ lages fanden auch in dieſem Jahre bei Reichs— präſident von Hindenburg die üblichen Empfänge jtatit. Um 12 Uhr mittags empfing der Reichs— pr„ent die Cheſs der fremden diplomatiſchen Vertrerungen, denen eine im bhrenhof des Reichspräſidentenhauſes aufgeftellte Abteilung Reichswehr militäriſche Ehrenbezeugungen er— wies. Der franzöſiſche Botſchafter de Margerie bre hte als rangälteſter Botſchafter die Glück— wünſche des diplomatiſchen Korps zum Ausdruck. Als Jin zen des geradezu heroiſchen Eifers, mi: welche zer hervorragende Vertreter kands. ate der Völker ſich trotz drückender Kranthenn ſo lebhaft dauernden Suchens nach friedlichen Vereinbarungen und Löſungen ge— widmet habe, wünſche das diplomatiſche Korps die Gefühle der Trauer heute erneun zum Aus— druck zu bringen. Heute, wo an der Se,welle des neunen Jahres die Löſung ſo vieler Fragen ge— ſucht werde, die für den Wiederaufbau der Welt und ihre glückliche Weitetentwicklung auf den Bahnen der Eintracht, Gerechtigkeit end allge— meinen Wohlfahrt von hoher Bedeutung ſeien, vereinige das diplomatiſche Korps ſich odor der ehrwürdigen Perſon des Reichspräſidenten in berechtigten, durch keine Schwierigkeiten zu er⸗ ſchüllernden Hoffnungen. Der Reichspräſident dankte dem Bolſchafter für die Glückwünſche und für das Gedenken an Dr. Streſenann. Das deutſche Volk hege die Zuverſicht, daß die Arbeit des letzten Jahres mit Erfolg im neuen fortge— ſetzt werden möge, Deutſchland könne ſeine Auf— gabe im Kreiſe der Nationen tur dann erfüllen, wenn es politiſche Freiheit und wirtſchaftliche Entfaltungsmöglichkeit habe. Die Ruhe und Si— cherheit der Welt, die wir alle wünſchen, habe politiſche Gleichberechtiguna und wirtſchaftliche Geſundheit aller Staaten zur Vorausſetzung. In der Hoffnung, daß dieſes Ziel erreicht werde. ſprach den diplomatiſchen Vertretern im Namen des Deutſchen Reiches und im eigenen Namen der Reichspräſident aufrichtigſte und herzlichſte Neujahrswünſche aus. Im Anſchluß vdaran empfing der Reichspräſi— en den Reichskanzler, die Reichsminiſter und Staatsſekretäre der Reichsregierung. Der Reichskanzler bot dem Reichspräſidenten die Glückwünſche der Reichsregierung. Mit dem deutſchen Volle, ſo führte er aus,„hoffe die Reichsregterung, daß auch im neuen Jahr dem Reichspräſidenten Ge— ſundheit und Wohlergehen beſchieden ſein möge.“ Der Reichskanzler ſtizzierte dann dis politiſchen Arbeiten des vergangenen Jahres und die bevor— ſtehenden der nächſten Zukunft. Die Erledigung dieſer Aufgaben werde nach Abſchluß der Haager Verhandlungen die vordringlichſte Sorge der Reichsregierung ſein. Der Reichspräſident dankte dem Reichskanzler für die Glückwünſche und er⸗ widerte ſie mit den beſten Wünſchen für den Er—⸗ ſolg der Arbeit. „Wenn alle die ſchweren Fragen ſo gelöſt werden ſollen“, ſo führte der Reichspräſident aus. „wie es das Wohl unſeres Vaterlandes und die Verantwortung für deſſen Zukunſt fordern, dann müſſen Parteigeiſt und Intereſſenpolitik hinter die großen vaterländiſchen Geſichtspunkte zurück⸗ geſtellt werden, und die Lebensfragen unſeres Volkes alle Deutſchen zu einer breiten einheit- lichen Front zuſammenſchließen. Ich ſpreche daher in dieſer Stunde erneut die Mahnung aus, daß hoch über den Parteien das Vaterland ſtehen muß. Um 1 Uhr brachte der Reichstagspräſident dem Reichspräſidenten die Glückwünſche des Reichstags dar. Anſchließend erſchien eine Ab⸗ ordnung des Reichsrates, die die Glückwünſche des Reichs rates ausſprach. Die Glückwünſche der Wehrmacht überbrachte Reichswehrminiſter h. c. Groener, die der Reichs⸗ bahn Generaldirektor Dr. h. e. Dorpmüller. Für 11 e eee ſprach Reichsbankprä⸗ ent Dr. 4 5 Schacht ee eee* Nenſahrsempfünge bei der heſſiſchen Staats egierur Dar, 6 I. 6 Jun. Beim Neujahrsempfang * 2 0 Regierung hielt Staatspräſident Deutſch⸗ „Hoch über den Parteien das Vaterland!“ Dr. Adelung eine Anſprache, in der er unter Hinweis auf die Hauptereigniſſe im neuen Jahr, die zu erwartende Räumung der Mainzer Zone. ausführte: „Mit der erſehnten Freiheit wird endlich der ſchwere wirtſchaftliche und ſeeliſche Druck beſei⸗ tigt, der faſt 12 Jahre lang auf großen Gebieten und Bepölkerungsteilen unſeres Landes laſtete. Aber es wird ſich dann auch noch klarer und eindringlicher als bisher erkennen laſſen, welche ſchwere Schäden und Verheerungen die jahre⸗ lange fremde Beſatzung mit ihren Vergewalti— gungen und Hemmungen der Wirtſchaft des Landes zugefügt hat. Bei der Aufrichtung und Wiedererſtellung bedürfen wir der weitgehend— ſten Mithilfe des geſamten deutſchen Volkes, für das die beſetzten Gebiete gelitten habn. Wir er⸗ warten beſtimmt, daß das Reich ſich dieſer Pflich— ten ſtets bewußt bleiben wird. Die Not, unter deren Zeichen der Jahres— wechſel ſtehe, laſſe ſich nur überwinden, wenn auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Le⸗ bens ſtrengſte Sparſamkeit und Einſchränkung erfolge. Die heſſiſche Regierung werde mit aller Energie ein Sparprogramm verfolgen, von dem ſie hoffe, daß es geeignet ſei die Geſunderhal⸗ tung des Staates beſonders zu gewährleiſten und über die Tage der Not hinwegzuhelfen. Da⸗ zu bedürfe es aber der Mitwirkung und des Ver— ſtändniſſes aller. Die Opfer, die bei den Spar- maßnahmen von der Allgemeinheit unnd der Be⸗ rg (Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Nfg. bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden 5 e ee ee 2 1930 N anuar 2.3 N 3 23 amtenſchaft verlangt würden, ſeien ſinnvoll. Ih⸗ re Abſicht ſei nicht zu ſchädigen, ſondern zu er— halten.“ Der Staatspräſident ſchloß:„Aus der. trotz ſtärkſter äußeren und inneren Bedrängnis in der Nachkriegszeit durchgeführten Aufbauarbeit in in Reich und Ländern, müſſen und bürfen alle Volksgenoſſen den Optimismus ſchövſen, daß wir auch alle weiteren Widerſtände überwinden kön— nen, wenn der Geiſt der Solidarität und des Selbſtvertrauens im Volk lebendig bleibt.“ Deutſchland und Oeſterreich. Reichspräſident von Hindenburg und Bundespräſident Micklas wechſelten aus An— laß des Jahreswechſels herzliche Glückwunſch— telegramme. Neujahrsempfang beim Wiener Geſandten. Wien, 1. Jan. Wie alljährlich empfing auch heute der deutſche Geſandte Graf u. Gräfin Lerchenfeld die Vertreter der reichsdeutſchen Vereine in Wien, deren Neujahrswünſche der erſte Vorſitzende der Arbeitsgemeinſchaft der deutſchen Vereine und Verbände in Oeſter— reich, Hofrat Cluß, in längerer Anſprache zum Ausdruck brachte. Nenjahrsompfang bei Doumergue. Paris, 2. Jan. Bei dem Neujahrsempfang des diplomatiſchen Korps durch Präſident Dou— mergue im Elyſee brachte als Doyen der apo⸗ ſtoliſche Nuntius Aſgr. Maglione die Glück— wünſche des diplomatiſchen Korps zum Aus— druck. Die Liquidierung des ruſſiſch⸗ chineſiſchen Konflikts Alle Verhafteten freigelaſſen Moskau, 2. agentur der Sowjetunion teilt mit: Nach einer Meldung des ſowjetruſſiſchen Konſulats in Charbin ſind ſämtliche von den chineſiſchen Vehörden während des Konfliktes wegen der Oſtchinabahn verhafteten Sowjetbürger am 31. Dezember freigelaſſen worden. Die Sowjetbehörden haben die Weiſung er⸗ teilt, alle verhafteten chineſiſchen Bürger und die internierten chineſiſchen Soldaten und Offiziere ſofort auf freien Fuß zu ſetzen. Der ſomjetruſſiſche Direktor der Oſtchina⸗ bahn, Rudy, und ſein Stellvertreter Denis⸗ off, haben ihre Amtstätigkeit in Charbin auf⸗ genommen. In der erſten Verwaltungsſitzung wurden die ſowjetruſſiſchen Leiter und ſtellver⸗ tretenden Leiter der verſchiedenen Eiſenbahn⸗ dienſte wieder in ihre Aemter eingeſetzt. Neueſte Telegramme Der Bruder des Papſtes geſtorben. Rom, 1. Jan. In der Nacht zum 1. Januar verſtarb plötzlich Graf Fermo Ratti, der Bruder des Papſtes. Der Graf war vor zwei Tagen er⸗ krankt, ſeine Frau und ſein Sohn weilten am Krankenlager. Auf die Nachricht von ſeinem Hinſcheiben eilten ſofort Abgeſandte des Vati⸗ lans an das Totenbett. Blutige Ausſchreitungen in der Silveſter⸗ nacht. Bernkaſtel, 2. Jan. In der Silveſternacht ſangen vier junge Leute auf dem Marktplatz. Zwiſchen ihnen und dem hinzukommenden Nacht⸗ wächter entſtand ein Wortwechſel, in deſſen Ver⸗ lauf der Wächter einem jungen Mann in den Kopf ſchoß. Der Getroffene ſtarb bald darauf. Eſſen, 2. Jan. In der Silveſternacht kam es in verſchiedenen Stadtteilen zu Schlägereien, wobei 15 Perſonen, und zwar zwei durch Schüſſe. drei durch Schlagwerkzeuge und zehn durch Meſ⸗ ſerſtiche ſchwer verletzt wurden. Bei vier Perſo⸗ nen beſteht Lebensgefahr. Die Polizei konnte fünf der Täter verhaften, Hamborn, 2. Jan. Der 31jührige Berg⸗ mann Franz Schwarz, ſein Bruder und ſein Jan. Die Telegraphen-] Schwager gerieten in der Silveſtergacht mit an⸗ deren Perſonen in Streit. wobei Franz Schwarz ſo ſchwere Meſſerſtiche erlitt, daß er auf dem Transport zum Krantenhaus ſtarb. Unter dem Verdacht der Täterſchaft wurden drei Arbeiter verhaftet. Bei derſchiedenen Schlägereien wurden drei Perſonen ſchwer, davon eine lebensgefähr⸗ lich, verletzt. 72 Todesopfer Schottland Pailſey, 1. Jan. Nach einer offiziellen Mitteilung ſind der Brandkataſtrophe im Glen⸗ Lichtſpieltheater 72 Menſchen zum Opfer ge⸗ fallen. Als das Feuer ausbrach, ſtürzten die in dem Kino weilenden Kinder nach der Hinter⸗ treppe. Einige fielen im Gedränge zu Voden, hunderte rannten in wilder Angſt über ſie hinweg. Wie es ſcheint, ſind die meiſten Opfer dadurch zu Tode gekommen, als ſie erdrückt oder niedergetreten wurden. Es waren erſchüt⸗ ternde Szenen, als viele Mütter auf die Nach⸗ richt von dem Brand herbeieilten und in wil⸗ der Verzweiflung ihre Kinder zu retten ſuch⸗ ten. Erſchütternd war auch das Wild am Krankenhaus, wo Wagen auf Wagen mit Toten und Verletzten eintraf. Der Brandmeiſter Wilſon bezeichnet die Brandkataſtrophe als ſchrecklichſtes Ereignis ſeines Lebens. Er betonte, daß die Feuerwehr zwei Minuten nach dem Alarm an der Brand⸗ ſtelle eingetroffen ſei. Das ganze Gebäude war in dichte Rauchwolken gehüllt. Zivilperſonen riefen ihnen zu:„Setzt Eure Nauchhelme auf, man kann in den Rauch nicht hinein.“ Als aber ſeine Leute hörten, daß Kinder in Ge⸗ fahr ſeien, warteten ſie nicht erſt auf die Nauch⸗ helme, ſondern machten ſich an ihr Rettungs⸗ werk. Ein Feuerwehrmann, der in das bren⸗ nende Gebäude eingedrungen war, erzählte, daß er eine ſeſte Maſſe von Menſchenleibern vorfand. Die verzweifelten Kinder faßten die Feuerwehrleute bei ihren Nöcken und dieſe griffen, ſoviel ſie nur greiſen konnten, und eilten mit ihnen ins Freie. In der Nähe der Ausgänge lagen, in dichter Menge zuſammen⸗ geballt, die Lebenden und die Toten. N 9 Das neue Jahr Ein Wort an alte und junge *Das neue Jahr hat nun ſeine Pforten aufgetan. Das alte Jahr liegt hinter uns. Schwer laſtet es auf dem deutſchen Volke. Der Kampf um unſere Befreiung iſt in ein gewichtiges Stadium getreten. Entſcheidun⸗ gen, noch nicht die letzten, reifen heras, aber Entſcheidungen., die uns auf Jahre hin binden. — Unſer ſtaatliches Leben iſt in eine nunmehr offen liegende Kriſe getreten. Trägt das Syſtem die Schuld oder die Menſchen, die es handhaben? Beide.— Spannungen durchzucken unſere Wirtſchaft. Die Zahl der Arbeitsloſen ſteigt. Fragen einer wirt⸗ ſchaftlichen Umorientierung werden aufgewor— fen. Heute, zehn Jahre nach der Revolution, beſonders von der wirtſchafts führenden Seite aus. Der Sozialismus ſchweigt. Die kommuniſtiſche Linke ſchäumt auf. Wir treten in eine Periode deutſcher Ge⸗ ſchichte ein, in der es ſich entſcheiden muß, ob chriſtliches Denken, eine auf chriſtlichem Erbgut fußende, lebendige und ſchöpferiſche, chriſtlich⸗deutſche Volkskultur oder chriſtentumsentfremdeter. traditions⸗ loſer, rein irdiſch reformiſtiſcher Geiſt, eine Weltanſchauung individnaliſtiſch beſtimmter Diesſeitskultur, das Eeſicht der Zeit geſtaltet. Die Auseinanderſetzung mit dieſen Fragen löſt neue Bewegungen aus. Deren Wellen ſchlagen bis in die Reihen der Parteien. Auf der Rechten haben jüngere Kräfte eine alte Partei verlaſſen. Die Entwicklung der Dinge bleibt abzuwarten. So liegt das alte Jahr hinter uns. Das neue reißt die Tore auf und öffnet weit das Feld der Hoffnungen und Wünſche. Hoffnungen und Wünſche ſind eitel, führen zu Illuſionen und Enttäuſchungen, wenn ſie nicht getragen werden von Kräften und Strömungen, die bereits in der Zeit liegen und zum Durchbruch drängen. Darum die Frage nach den Aufbaukräften unſerer Zeit, nach den Elementen wahrer deutſcher Volkspolitik. Sie ſind da. Doch über⸗ ſchüttet und überwuchert von einem Intereſſen⸗ tum und einer Selbſtſucht, die in materieller Not ihre reſtloſe Klärung nicht findet, die vielmehr auf innere Schwäche und Mangel an Kraft und Mut. ſich über ſich ſelbſt hinaus— zuheben, ſchließen läßt. Wer ſich für die kommende Politik bilden mill, muß das Ich ſeiner ſelbſt und ſeiner Klaſſe überwunden haben. Er muß wieder Werte in ſich tragen und ſich an ihnen orientieren, die über ihn hinausragen, in denen und aus denen er lebt, ohne die er zu ſein aufhört: Familie, Volk, Staat. Wer dieſe in einem politiſchen Denken und Handeln nicht voranſtellt, wird niemals Träger eines kom⸗ menden Deutſchland werden. Wir müſſen vor ihnen wiederum eine Verpflichtung ſpüren, und der muß als Volksfeind angeſehen wer⸗ den, der ſich an ihnen verſündigt. Politiſche Perſönlichkeit kann nur der heißen, der zu dienen bereit iſt. Ob wir die Welt weiter bringen, danach ſollten wir weniger fragen; daß wir unſere Pflicht getan und der über uns ſtehenden Gemeinſchaft unſeren Dienſt geſchenkt haben, das muß unſere Sorge ſein. Dieſes Denken bahnt ſich an. And daß eine Generation heranwächſt, die zu dienen und zu opfern bereit iſt, das iſt ein Lichtſtrahl, der hell in das neue Jahr hineinleuchtet. Wir haben in den letzten Jahren die Zahl überſchätzt. Wir haben geglaubt, unſeren Staat auf dem Machtverhältnis der Zahlen aufbauen zu ön⸗ nen. Wir erkennen heute, daß das ein Irrtum war. Die kommende Zeit wird nicht in Zahlen und äußeren Machtverhältniſſen denken, ſon⸗ dern in Kräften. Dieſe Entwicklung leuchtet hell auf. Große Parteien, mächtig an Mit⸗ gliederzahl, treten auf dem politiſchen Kampf⸗ feld zurück; junge, kräftige und lebendige Bewegungen reißen die Menſchen an ſich. Der Kampf der nächſten Jahre wird ein Kampf um Ideen ſein. Da muß unſere Jugend auf der Hut ſein, ihr Bild von Volk und Staat, von einer dem gan⸗ zen Volke dienenden Wirtſchaft, von Familie, Heim und Boden, von lebendiger und ſchaf⸗ fender chriſtlich deutſcher Volkskultur klar und ſcharf umriſſen herauszuarbeiten und in den Kampf der Geiſter hineinzuwerfen. Wir kön⸗ nen uns freuen, daß unſere Jugend die Zeit des überſpitzten Grübelns hinter ſich hat, ſich wieder zueinander findet und gefeſtigt und innerlich geordnet auf dem Marſch iſt. Auch das iſt eine Hoffnung auf das neue Jahr. Wir haben zehn Jahre am Volksſtaat ge— baut. Es ſollte ein Staat der Freiheit werden. Wer unter Freiheit das Ledigſein von Bindun— gen verſtand, wird heute bitter enttäuſcht da— ſtehn. Wir wurden immer mehr Menſchen der Organiſation und ihrer Feſſeln. Die Perſön— lichkeit ging zurück, die frei und verantwor— tungsvoll ſchaffende; an ihre Stelle trat das Geſetz und die Verordnung. Das öffentliche Leben wurde unperſönlicher und damit kraft— loſer und eintöniger. Mir ſcheint, es mird Zeit, das Moment der Perſönlichkeit in unſerem politiſchen Leben wieder zur Geltung zu bringen. Perſönlichkeit, die aus innerer Verpflichtung ſtrebt und ſchafft. Perſönlichkeit, die ſo durch ihre Leiſtung das Recht auf Führung im Kleinen und im Großen erwirbt. Ein Volks— ſtaat, der dieſes Führerrecht der Beſten aus formal demokratiſchen Gründen ablehnt, wird der Auflöſung anheimfallen. Die kommende Zeit in Deutſchland wird ſich an dienſtbe reiten Führerperſönlichkeiten orientieren und nicht an weſenloſen Programmen und Doktrinen. Und dieſe Perſönlichkeiten werden neue Kräfte auslöſen und zur Geſtaltung bringen. Was uns auch das Jahr 1930 bringen mag. ſo lange ein deutſches Geſchlecht heranwächſt, das dem Kampf der Geiſter nicht ausweicht, das der Gemeinſchaft zu dienen bereit iſt, das in der Gefolgſchaft voltsne»ebundener and lauterer Führerperſönlichkeiten eine Freiheit ſieht, ſo lauge weiſt der Zeiger der deutſchen Uhr noch auf eine unvollendete Zukunft. Ausland Franzöſiſcher Miniſterrat über die Haager Vorbereitungsarbeiten. witb Paris, 31. Dez.(Radio). Heute vormittag fand unter dem Vorſitz des Präſidenten der Re— publit ein Miniſterrat ſtatt. Nach dem amtlichen Kommunique gab Miniſterpräſident Tardieu ei— nbigen Bericht über die Studien und die zur Vorbereitung, der 2. enz dienten und teilte die Ergeb— er Vorbereitungsarbeiten mit. Der Mi— iachdem Außenminiſter Briand, der ö der Arbeitsminiſter das Wort ergriffen hatten, die franzöſiſche Stellung— nahme einmütig gebitligt, die in allen Punkten den f echen, die der Miniſter— präſident und der Außenminiſter bei 2 verſchie— denen Gelegenheiten in der vergangenen Woche von der Kammer habe billigen laſſen. Außen- miniſter Briand berichtete dann über die außen— politiſche Lage und die Beſprechungen im Hin— blick auf die kommenden Verhandlungen. Ma— rineminiſter Leygues gab bekannt, daß aufgrund einer früheren Entſcheidung des Miniſterrates im Einvernehmen mit dem Kolonialminiſter franzöſiſche Flottenabteilungen bei den Antillen und zn der Weſtküſte von Afrika im indiſchen Ozean und im Stillen Ozean ſtationiert werden ſollen. N G00 Einerſeits ein Manlo, * Seitdem Hilferding in den„Schacht“ gefal⸗ len iſt, kam die Debatte über die Einflußnahme Schacht's auf die allgemein, wie auf die wirt⸗ ſchaftspolitiſchen Fragen nicht zur Ruhe. Nun hat ſie mit der Entſcheidung, daß Schacht weder als Delegierter, noch als Sachverſtändiger nach dem Haag geht, einen gewiſſen Abſchluß gefun⸗ den. An ſich hätte man es durchaus begrüßen müſſen, wenn Schacht ſich zur Haager Konferenz begeben und mit eigener Verantwortung dasje— nige zu verwirklichen geſucht hätte, was er als Fehler und Unterlaſſungen der Politik der Reichs⸗ regierung in ſeinem bekannten Memorandum anzuſtreichen verſuchte. Er hätte eigentlich von ſich aus Gelegenheit nehmen müſſen, um in un⸗ mittelbaren Verhandlungen mit den Repara— tionsgläubigern ſeine Auffaſſungen durchzuſetzen, wobei übrigens bemerkt ſei, daß vieles von dem, was Schacht ſeiner Zeit kritiſierte. ia aus der unvollkommenen Formulierung herrührte, die mit der Unterſchrift und der Verantwortung Schacht's damals in Paris zuwege kam. Was Schacht damals nicht hat erreichen und durch— ſetzen können, überließ er zur Beordnung der Reichsregierung, um ſie nachher freilich dafür, daß ſie die Fehler und Mängel nicht vollends gutmachen konnte, in aller Oeffentlichkeit, vor dem ganzen In- und Ausland, anzugreifen. Es ſpricht recht wenig zu Gunſten Schacht's, daß er trotz der klaren Sachlage eigenſinnig an den For— derungen ſeines Memorandums kleben bleibt und die Erfüllung dieſer Forderungen zur Vor— ausſetzung ſeiner eigenen Teilnahme an der Haa— ger Konferenz macht. Es wäre eigentlich auch ſeine moraliſche Verpflichtung geweſen, nach dem Haag zu gehen, um dort, nachdem er die Reichs— regierung durch den von ihm ausgeübten Druck zu einer Aenderung ihres Finanzprogramms und zur Bereitſtellung eines Tilgungsfonds von nahezu, Milliarde gezwungen hatte, ſeinen Einfluß dahin geltend zu machen. daß der Reichs— regierung die Möglichkeiten beſchafft werden, ohne Schaden für Volk und Wirtſchaft dieſen An— ſprüchen genügen zu können. Die Nichtdelegierung Schacht's nach dem Haag zeigt aller Welt, daß die Meinungsverſchieden⸗ heiten zwiſchen Kabinett und Neichsbankprä⸗ ſident über die Regelung der Reparations⸗ fragen auch noch weiter beſtehen. Dieſe nun⸗ mehr wieder öffentlich bekundete Tatſache werd die Stellung unſerer Delegierten im Haag ganz gewiß nicht erleichtern. Nun gehn aber die Differenzen zwiſchen Kabi— nett und Reichsbankpräſidenten nicht allein auf die reparationss-politiſchen Fragen, ſondern auch ohne Scha audererleits eim Geib z auf die grundſätzlichen Fragen der Finanzreform zurück. Und was dieſe Seite des Falles angeht, ſo müßte man ſich ſchon mehr auf die Seite des Reichsbankpräſidenten ſchlagen, wenn er etwa die Forderungen erhoben haben würde, daß, be⸗ vor die mit dem Young-Plan zuſammenhängen⸗ den Dinge endgültig beordnet würden, nun auch die Grundzüge einer den nationalen finanz⸗ u. wirtſchaftspolitiſchen Intereſſen des Reiches ge⸗ recht werdenden Finanz⸗ und Steuerreform feſt⸗ gelegt werden. Das kürzlich verkündete Finanz⸗ programm der Reichsregierung iſt ja durch die zwiſchenzeitliche Entwicklung der Dinge überholt. Sehr ins Gewicht fallende Anſprüche werden nun auch von bayeriſcher Seite erhoben und richtunggebend hierf. ſind die Preſſedarlegungen, die dieſer Tage der Vorſitzende der Landesvor⸗ ſtandſchaft der Bayeriſchen Volkspartei gemacht hat und die ſtarke Aufmerkſamkeit im Lager der Parteien gefunden haben. Wir ſind tatſächlich noch nicht ſo weit, generell von einer Senkung der Steuerlaſten zu ſprechen, ſolange wir nicht einmal wiſſen, wie und auf welche Weiſe wir die dringlichſten Anforderungen erfüllen können, die ſich trotz vorübergehender Exleichterungen des Moung-Plans, angeſichts der Notwendigkeit der Sanierung der Kaſſenlage und der Balancierung des Reichshaushalts ergeben. Daß Schacht nicht nach dem Haag geht, iſt einerſeits ein Manko, andererſeits ein Gewinn. Ein Manko inſofern, als Schacht ſelbſt die nicht zuletzt von ihm verſchuldeten Unklarheiten in den Nebenabmachungen zum Poung-Plan zu be— ſeitigen hätte verſuchen müſſen, ein Gewinn in⸗ ſofern, als eine klare Verantwortlichkeit aufge— zeigt wird, nachdem ſich das Syſten! der ſoge⸗ nannten„unabhängigen Sachverſtändigen“ nicht bewährt hat. In dieſer Eigenſchaft hat nämlich Schacht ſeiner Zeit in Paris ſelbſt große Politik zu machen verſucht. Das Ergebnis war ein gro— ßes Fiasko. Und wer weiß, ob nicht manches ſich beſſer geſtaltet haben würde, wenn nicht wieder— erwachtes Mißtrauen den gegneriſchen Wider— ſtand geſtärkt hätte. Schacht mag ein guter Finanzfachmaun ſein, er iſt aber ein ſchlechter Politiker. Und bei der Regelung der Dinge, die jetzt zur Debatte geſtellt werden, ſtehen ja nicht in erſter Linie finanz-, ſondern politiſche, kulturelle Schick— ſalsfragen der Nation zur Entſcheidung. Fragen alſo, die man ſicherlich nicht allein nach Bank— und Börſen-Uſancen bemeſſen kann. Eine diplomatiſche Rangfrage Wer wird Doyen des Berliner diplomatiſchen Korps? Berlin, 31. Dez. Wie die Telegraphenunion erfährt, hat vor einigen Tagen in der fran— lin akkreditierten Diplomaten ſtattgefunden über die Frage des Nachfolgers des Nuntius Pacelli als Doyen des di— plomatiſchen Korps. Wie verlautet, haben ſich von den 36 anweſenden Diplomaten etwa 30 dafür ausgeſprochen, daß er neue Nuntius wieder der Doyen werden möge; dagegen ſoll ſowohl vom türkiſchen Botſchafter als auch von dem ruſſiſchen Geſchäftsträger der ruſſiſche Bot— ſchafter Kreſtinſki als Doyen vorgeſchlagen worden ſein, ein Vorſchlag, der nur eine Min— derheit fand.— Die Reutermeldung, daß ein Verteter der deutſchen Regierung den neuen Nuntius als Doyen vorgeſchlagen habe, ent— ſpricht nicht den Tatſachen, noch iſt es richtig, daß die Beſprechung auf Anregung der deut⸗ ſchen Regierung oder des Auswärtigen Amtes erfolgt iſt. Bei dem alljährlich ſtattfindenden Neu⸗ jahrsempfang beim Reichspräſidenten wird am 1. Januar vorausſichtlich der fran⸗ zöſiſche Botſchafter de Margerie als dienſi⸗ älteſter Botſchafter in Berlin die Neujahrs⸗ anſproche halten, da Botſchafter Kreſtinſki zur⸗ zeit von Berlin abweſend iſt.. eee Stroh vor dem Hauſe aufgehäuft. VVV 7700 K Uns Nah uud Ferd. Neuſtadt a. d. H., 31. Dez. Motorrab⸗ uſammenſtoß. Geſtern abend 10.30 Uhr fee auf der Staatsſtraße Neuſtadt Landau n der Nähe von Diedesfeld der Sattler Jakob lein von Neuſtadt und der Weinkommiſſſonär Bolfgang Orth aus Kirrweiler mit ihren Motor⸗ dern zuſammen. Orth wurde ſo ſchwer verletzt, aß er bewußtlos ins ſtädtiſche Krankenhaus ge⸗ ſvacht werden mußte. Er ſchwebt in Lebensge⸗ ahr. Klein iſt nur unweſentlich verletzt. Die Ur⸗ ache des Zuſammenſtoßes iſt nicht geklärt. Ludwigshafen, 31. Dez. Selbſtmord. (Beſtern Nachmittag wurde eine ledige 36 Jahre 65 Stütze in dem Heizkeller eines Hauſes in er Bismarckſtraße tot aufgefunden. Wie ſeſtge⸗ ſtellt, hat das Mädchen durch Einnehmen von giftigen Chemikalien Selbſtmord verübt. Die Leiche wurde in die Leichenhalle verbracht. Ludwigshafen, 31. Dez. In die Blies ge⸗ gangen? Geſtern Vormittag zwiſchen 8 und 9 Uhr wurden an der Blies im Stadtteil Mun⸗ denheim, ein Damenmantel und eine Damen⸗ handtaſche gefunden. In der Handtaſche befand ſich ein Brief eines 16 Jahre alten Mädchens von Mundenheim, worin ſie ihren Eltern mit⸗ die daß ſie ſich in der Blies ertränkt habe. Die Leiche konnte bis jetzt noch nicht gefunden werden. Untereſchbach(Amt Villingen), 31. Dezember. Schadenfeuer. Geſtern Nachmittag gegen 4 Uhr brach auf dem benachbarten Hofe hinter Hölzern Feuer aus, das das Wohn- und Oeko⸗ nomiegebäude des Landwirts Gaßner in kurzer Zeit in Aſche legte. Der Beſitzer, der mit Dve— ſchen beſchäftigt war, hatte das ausgedroſchene In dieſem Haufen brach aus noch ungeklärter Urſache das Feuer aus, das ſo ſchnell auf das Oekonomie— gebäude übergriff, daß kaum noch das Vieh ge— rettet werden konnte. Auch aus dem Wohnge⸗ bäude konnte nur noch wenig Inventar in Si—⸗ cherheit gebracht werden. Die am Brandplatz erſchienene Motorſpritze konnte infolge Waſſer— mangels nichts ausrichten. Der Schaden iſt ſehr jroß, der Beſitzer ſoll ſchlecht verſichert ſein. Fortſetzung des ungariſche n Giftmordprozeſſes Die Angeklagte Cſabai, die bei der Aburteilung der zweiten Gruppe der Giftmiſcherinnen von Tiſzakürt und Nagyrey zu 15 Jahren ſchweren Kerkers verurteilt wurde. Das Spiel unter der Maske. Originalroman von Lola Stein. (36. Fortſetzung.) Evelyn ſah nicht ſo ſchön aus wie noch vor wenigen Tagen. Die heftigen Aufregungen der letzten Zeit, die ſchlafloſen tränenreichen Nächte hatten Spuren in ihr junges Geſicht gegraben, die Augen leuchteten nicht mehr in dem alten ſtrahlenden Glanz. Sie machte, ein wenig verſchüchtert, nicht mehr die ganz große Dame, nicht mehr die ſelbſt— ſichere Evelyn Catlin früherer Tage, keinen überwältigenden Eindruck auf den anſpruchsvol— len Mann vom Film. Er fand ihre Figur wohl vollendet, ihr Ge— ſicht reizend. Aber es ſchien ihm zu ernſt. Es gelang ihr auch nicht, die verſchiedenartigſten Ausdrucksmöglichkeiten, die er bon ihr forderte, in ihre Züge zu legen, auf Befehl zu lächeln, zu lachen, zu weinen, Schmerz oder Freude, Luſt und Qual zu zeigen. Sie gab ſich alle erdenkliche Mühe, aber ohne Erfolg. „Ganz talentlos“, entſchied der Regiſſeur ach— ſelzuckend.„Was fällt Ihnen ein, Erkner, meine Zeit in Anſpruch zu nehmen, für eine ausſichts⸗ loſe Sache!“ Er ſprach ſehr unfreundlich, und Erkner machte ſich ganz klein, ſtand verlegen und traurig vor dem Gewaltigen und wagte nicht, etwas zu erwidern. Er zog Evelyn mit ſich fort.„Ich habe Ihnen ja gleich geſagt, daß ich ohne Begabung bin,“ meinte ſie müde. „Das ſchadet nichts. Es gibt bei uns viele Möglichkeiten. Jetzt bringe ich Sie zum Chef für die Komparſerie, der wird anders ſprechen. 4 755 Statiſtinnen ſind immer bei uns be⸗ iebt. Irgend etwas in Evelyn bäumte ſich auf. Ich will nicht!“ wollte ſie rufen. Das nicht!“— Aber ſie dachte an ihre geringen Mittel, an die dunkle Zukunft und ſchwieg. 1 Sie wurde engagiert. Als Edel-Komparſin. Eventuell würde man ihr hier und da auch eine kleine Rolle anvertrauen, meinte der zweite Re— giſſeur, mit dem ſie ſprach und der um vieles freundlicher, aber auch nicht ſo mächtig war wie der erſte. Der Verdienſt war nicht ſchlecht, wenn ſie dauernd Beſchäftigung fand. Aber man ſagte ihr gleich, daß ſie oft tagelang ohne Arbeit ſein würde. Dann konnte es wieder glücken, daß man ſie wochenlang gebrauchte. Sie ſagte ſchließlich zu allem ja, verſprach alles, was man von ihr wollte. Fühlte ſich von dem neuen Leben grenzenlos enttäuſcht. Be⸗ mühte ſich aber, tapfer zu ſein und fragte ſich immer wieder: Was habe ich denn eigentlich erwartet? Was will ich denn? Habe ich nicht Grund, zufrieden zu ſein, daß ich überhaupt eine Erwerbsmöglichkeit finde?“ 5 Sie fuhr nach Berlin zurück.„Auf Wieder⸗ ſehen heute abend!“ rief Max Erkener ihr in kameradſchaftlichem Ton zu. Er war ihr unſym⸗ pathiſch. Aber ſie mußte ihm ja dankbar ſein für ſeine Hilfe und quälte ein Lächeln auf ihre müden Züge. 21. Einer der alten Diener, die auf der Verlo⸗ bungsgeſellſchaft auf Golden Air ſervierten, murmelte, als er der vom Tanze erhitzten Braut ein eisgekühltes Getränk bot, plötzlich mit Bobby Milligans vertrauter Stimme: „Liebe Dorothy, ich muß dich ſprechen!“ „Geh auf dein Zimmer“, ſagte der Bediente wieder ſehr leiſe und beinahe ohne die Lippen zu bewegen,„ich folge dir.“ Sie wollte auffahren, widerſprechen, er merkte es, gebot:„Mach kein Aufſehen! Wenn du einen Eklat vermeiden willſt, ſo tu, was ich dir ſagte!! Wenige Minuten ſpäter ſtanden ſich die künf⸗ tige Herrin von Golden Air und der Mann in Bediententracht mit kurzgehaltenem, weißen Bart, der ihm ein würdiges Ausſehen verlieh, in Dorothys Wohnzimmer gegenüber. „Ich weiß nicht mehr, was ich denken und ſagen ſoll', rief das junge Mädchen zitternd. „Einmal näherſt du dich mir als junger Gärt⸗ nerburſche, dann als Diener! Inzwiſchen ver⸗ führſt du mich zu der wahnſinnigſten Tat mei⸗ nes ganzen Lebens, die mich beinahe meine Zu⸗ kunft als Lady Carlington gekoſtet hätte! Was für ein Menſch biſt du eigentlich?“ „Ein geſchickter Detektiv“, erwiderte Bobby Milligan lächelnd.„und im übrigen der Mann, den du liebſt, ſüße Dorothy!“ ö „Den ich einmal geliebt habe, willſt du ſagen. In einer ſehr lange zurückliegenden Zeit! Jetzt liebe ich Lord Carlington.“ „Du biſt ſeine Braut, aber mich liebſt bu.— Dorothy! Ich habe es ſo deutlich an deinen Küſ⸗ ſen geſpürt, du brauchſt mir nichts zu geſtehen und nichts zu verbergen.“ „Und wenn es ſo wäre— ich ſage nicht, daß es ſo iſt!— auch dann dürfteſt du mir nicht meine Kreiſe ſtören!“ g „Ich will dir ſagen, wie ich dich liebe, Doro⸗ thy! Darum, nur darum habe ich verſucht, mich unter einer anderen Maske hier einzuſchleichen. Ich habe dich ſchon den ganzen Tag beobachtet. So wie du ſieht keine glückliche Braut aus! Und ſchließlich wollteſt du ja doch nur Dorothy Car⸗ lington werden, weil du glaubteſt, daß wir beide für immer auseinander ſeien. Ich, Dorothy, habe das nie geglaubt! Aber du haſt nicht gewartet, bis ich zu dir zurückgekehrt bin!“ „Ich habe lange genug auf dich gewartet!— Was ſoll dieſe Unterredung, Bobby? Sie hat keinen Zweck! Wenn einer käme...“ „So wirſt du ſagen, daß dir plötzlich ſchlecht geworden ſei und du mir einen Auftrag geben wollteſt. Auf einen Diener achtet niemand in dieſem Schloß. Dorothy, ich mußte dich doch einmal ſprechen. Morgen verlaſſe ich England. Die Spur des Mannes, den zu verfolgen ich hierher gekommen bin, weiſt in die Schweiz. Auch Evelyn Catlin ſcheint ins Ausland gega ſein. Sie iſt nicht mehr bier.“ „Iſt ſie denn überhaupt hier geweſen?“? Er lachte.„Du warſt ſo freundlich, Dorothy, mir ihre Spur zu verraten! Erſchrick doch nicht ſo! Aus deinen Worten, die mir zwar nichts verraten ſollten, habe ich entnommen, unter welchem Namen und wo Evelyn Catlin lebt.— Aber nun iſt ſie mir wieder entwiſcht. Warum weinſt du, Dorothy?“ „Weil ich ſo viel Unheil anrichtete“, ſtöhnte verzweifelt das junge Mädchen.„Evelyn warf mir vor, unſere Freundſchaft verraten zu haben. Und nun ſehe ich aus deinen Worten, daß es wirklich ſo war. Aber ſie iſt fort, du wirſt ſie nicht finden.“ n „Jetzt werde ich ſie finden. Doch die andere Sache drängt mehr. Ich wollte dir ſagen, Doro⸗ thy, ehe ich dich verlaſſe, daß ich, wenn ich meine beiden Aufgaben erfüllt haben werde, ein ge⸗ machter Mann bin, daß ich dann vor deinen Vater hintreten kann und vor meinen, daß ſie mich beide dann wieder aufnehmen merden als Sohn und als Schwiegerſohn.“ g „Als Sohn vielleicht, Bobby! Was aber heißt Schwiegerſohn? Du vergißt, daß ich inzwiſchen Lady Carlington ſein werde.“ „Ich bin gekommen, dich zu bitten, Dorothy, dir dieſe Heirat noch zu überlegen. Du biſt nicht glücklich, ich weiß es. Auch Lord Carlington ſieht nicht überwältigend ſelig aus. Verlobt iſt noch nicht verheiratet, Dorothy! Schiebe die Hochzeit auf! Warte noch eine Weile, einige Monate.— Gib mir die Möglichkeit, dir zu beweiſen, daß ich ein anderer, ein neuer Menſch geworden bin! Laß mich noch einmal um dich werben, Dorothy, ſtoß mich nicht von dir!“. „Du biſt wahnſinnig“, Stimme zitterte. (Fortſetzung folgt.) ſagte ſie, aber Mainz, 31. Dez. Schwerer Unfall in Mainz. In Biſchofsheim geriet beim Zuſam⸗ menkuppeln zweier Wagen der 45 Jahre alte ver⸗ heiratete Rangierarbeiter Otto Naumann aus Königſtädten zwiſchen die Puffer und erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Karlsruhe, 31. Dez. Schauſpielerin verunglückt. Während der Fidelio-Auffüh⸗ rung im Landestheater ſtürzte am zweiten Feier⸗ tag kurz vor der Verwandlung im zweiten Akt die Darſtellerin Fine Reich-Döriſch eine dunkle Treppe hinab. Sie zog ſich einen Bruch des Wa— denbeins zu. Die Vorſtellung wurde mit Erſatz weitergeſpielt. St. Ingbert, 31. Dez. St. Ingbert ſucht einen Bürgermeiſter. Die Stadt St. Ingbert hat die Stelle eines rechtskundigen Bür— germelſters zur Beſetzung ausgeſchrieben. Bis zum heuligen letzten Meldetermin haben ſich 24 Bewerber gemeldet, trotzdem in St. Ingbert die Verhämniſſe infolge des Sparkaſſenſkandals nicht beſonders günſtig liegen. Unter den Bewerbern befinden ſich auch ſolche aus der Pfalz und aus Bayern. Mannheim, 31. Dez. Tödlich verbrüht. Am Montag vormittag ſiel ein vierjähriger Bube in der elterlichen Wohnung bei der Pfingſtberg— Siedlung in ein Gefäß mit heißem Waſſer. Das Kind erlitt ſchwere Brandwunden und wurde ins Krankenhaus geſchafft, wo es noch am Abend geſtorben iſt. Pforzheim, 31. Dez. Opfer des Sturms. Der ſchwere Sturm. der über der Pforzheimer Umgebung wütete, hat ein Menſchenkeben gefor— dert. Auf einem Spaziergang wurde die 46“ jährige Ehefrau Nothurft durch einen herabſtür— zen den Aſt ſo unglücklich getroffen, daß ſie ins Krankenhaus verbracht werden mußte. Sie iſt dort ihrer Verletzung erlegen. Pforzheim, 31. Krupp mit dem Meſſer.— Ein Toter. Nachts gerieten hier drei junge Leute mit einem älteren Mann in einen Wortwechſel. Der 46jährige Gärtner Grötzinger zog plötzlich M und ſtach Dez. das Meſſer einen der jungen Leute in den Hals, und zwar ſo unglücklich, daß die Schlagader getroffen wurde. Der Verletzte ſtarb alsbald. In ſeiner Wohnung wurde der Meſſerſtecher verhaſtet. Die Wetterlage Wetterlage. Mittleres Norddeutſchland: Teils heiter, teils wolkig, ohne weſentliche Nieder— ſchläge, etwas kühler als bisher weſtliche Winde. Uebriges Deutſchland: Im Nordoſten und Süden vorwiegend bewölkt mit Niederſchlägen, im übri— gen Reiche Beruhigung des Wetters mit etwas Abkühlung. 9 4 2 Bunte Zeitung. Die Glackengießerei blieb eines der wenigen„unſthandwerke, die heute noch ihre Erzeugniſſe im gleichen Arbeits— tempo wie ehedem u. auf die alte Art und Weiſe herſtellen. Die Glocke iſt weder Maſchinenprodukt noch Maſſenfabrikat geworden Serſuche, die uralte Herſtellungsweiſe in er Lehmform durch die Sandform zu erſetzen, ſcheiterten an der ftdurchläſſigkeit des Sandes. So blieb es bei dem Zeitaufwand von ſechs bis icht Wochen f“ ein mittlere? Geläute und auch beute noch fen. gemauert in der Erden ſteht die Form aus Lehm gebrannt“. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre ſchu— fen für die etwa 50 deutſchen Glockengießer eine ſchwierige, Wirtſchaftslage, die peſonders jene in den Grenz- und Beſetzungsgebieten trifſt, da die alten Abſatzgebiete Elſaß-Lothringen und das Saargebiet, ebenſo der Auslandsmarkt ent⸗ zielen. Die ſeit achtzig Jahren beſtehende urch die Kaiſerglocke des Kölner Domes 1 kannt gewordene Frankenthaler Glockengießerei Andreas Hamm Sohn lieferte vor dem Kriege bis in die deutſchen Oſtgrenzgebiete hinein, nach der Schweiz und vereinzelt an Leutſche Miſſio— nen nach China und Oſtafrika. Der Erſatz der zu Kanonengut eingeſchmolzenen Kirchenglocken brachte eine Zeitlang beſſere Beſchäftigung. Von den im Kriege eingeſchmolzenen Glocken dürf— ten heute noch etwa 25 Prozent zu erſetzen ſein, aber auch die die Kirchengemeinden treffende Geldknappheit verhindert Beſtellungen. Manche neue Kirche läßt man aus dieſem Grunde vor— erſt noch ohne Geläute, ja es gibt Kirchenneu— bauten, bei denen ſogar der Ausvau des ganzen Turmes auf ſpätere Zeiten verſchoben wurde. und Afghaniſtan und die deutſche Luftfahrt. Die vom Junkers⸗Flugzeugſührer Walter Kothe in Berlin und Deſſau gehaltenen Vorträge über die Flüge nach Kabul und die Erlebniſſe im Lande Aman Ullahs haben in letzter Zeit abermals die Aufmerkſamkeit der deutſchen Luft— fahrtkreiſe auf Afghaniſtan gelenkt. Wie wir in dieſem Zuſammenhange hören, erfolgte vor eini— gen Tagen bei den Junkers-Werken der Beſuch des Hofminiſters Achmed Schah Khan, eines Ver— wandten des jetzigen Königs von Afghaniſtan und bisherigen Geſandten in Paris. Er benutzte den kurzen Aufenthalt in Deutſchland, um ge⸗ meinſam mit dem afghaniſchen Geſandten in Berlin die Junkers-Werke zu beſichtigen und der Möglichkeit einer Wiederaufnahme der Zu— ſammenarbeit Ausdruck zu geben, ſobald die po⸗ 1 Verhältniſſe eine Befriedigung erfahren aben. Merkwürdiges Teſtament. Der kürzlich verſtorbene Ehrenbürger von Preußiſch⸗Roſengarth(Kr. Marienburg) Heinrich Wiebe, hat ein eigenartiges Teſtament hinter⸗ laſſen. Es iſt auf ein Brett geſchrieben und lau⸗ tet:„Es iſt mein Wunſch, daß dieſe Bretter der- einſt, wenn mein Sterbeſtündchen geſchlagen hat, zu meinem Sarge Verwendung finden. Die Eiche, von der dieſe Bretter geſchnitten ſind, habe ich eigenhändig aus einer Eichel gepflanzt am 24. Oktober 1883, als unſer guter Vater ein Jahr tot war. Gefällt wurde dieſe Eiche am 11. Januar 1923.“ Der Wunſch des Verſtorvenen wurde er⸗ füllt. Seine Eiche, die er entſtehen, leben und ſterben ſah, gibt ihm ſeine letzte Wohnung. Modetorheiten. Der Begriff„Mode“ bezieht ſich bekanntlich nicht nur auf die Kleidung, ſondern auch auf die Behandlung des Körpers, z. B. Haarfärben, Schminken, Pudern uſw. Heute wollen wir einer beſonders ouffallenden „Mode“- oder beſſer„Modetorheit“, einige Worte widmen. Es handelt ſich um die Behandlung der „Wimpern“. Es gibt Frauen, die die Natur mit beſonders langen, ſeidigen Wimpern begabt hat, Wimpern, die den Augen etwas Träumeriſches verleihen. Aber nicht jede Frau iſt ſo glücklich. möchte es aber in dieſer Beziehung gern ſein. Da kommt ihr die„Mode“, wie in ſo vielen Fäl— len, zu Hilfe und ſchenkt ihr'ünſtliche Wimpern Man kann ſich alſo heute von vielen Friſeuren lange Wimpern anfertigen und auf die Augen— lider aufkleben laſſen, und zwar ſo gut, daß man es kaum ſehen kann. Aber nicht genug daß man ſie auf den Augenlidern bejeftigen kann! In Wien zieht Ihnen ein Arzt auf operativem Wege künſt⸗ liche Wimpern in die Lider ein. Vierzehn Tage muß dann die Patientin mit verbundenen Augen liegen, ehe ſie ſich der erſtaunten Mitwelt mit den neuen, traumhaften, ſeidigen Wimpern zei— gen kann! Was tut man eben nicht alles, wenn man ſich der Gebieterin„Mode“ bedingungslos ergeben hat! Eine Modetorheit mehr!„Verbeſſert die Natur“, iſt die neue Parole! Ausland Herriot legt ſein Amt nieder witb Lyon, 31. Dez.(Radio). In Lyon ſind zwiſchen dem Bürgermeiſter Herriot und der ſozialdemokratiſchen Fraktion in der Stadtver— ordnetenverſammlung ſchwere Meinungsver— ſchiedenheiten entſtanden. Die Sozialdemokra— ten bilden die ſtärkſte Fraktion im Stadtrat von Lyon. Als der Vorſtand der Stadtverord— netenverſammlung geſtern über eine neue An- leihe beriet, erhoben ſchwere Angriffe die Sozialdemokraten lich unter Proteſt den Sitzungsſaal, klärte, daß er angeſichts der Oppoſition der Sozialdemokraten ſein Amt als Bürgermeiſter niederlegen werde. Eigenartige Ortsnamen. Daß es Ortſchaften gibt, deren einem einzigen Buchſtaben beſteht, chem kaum glaubhaft erſcheinen. Und doch gibt es, ſoweit bekannt, drei Ortſchaften dieſer Art Die erſte iſt die kleine Ortſchaft A fin Schweden, die zweite die Stadt U in der chineſiſchen Pro— vinz No-Nau und die dritte das Dörfchen Y weſtlich St. Quentin in Frankreich. Auch gab es früher einen Meeresarm, deſſen Namen aus einem Buchſtaben beſtand, und zoar Y in der Provinz Nord-Holland. Es eine Anzahl Gewäſſer, die den Namen Aa(d. h Waſſer) ſüh ren, z. B. eine im nördlichen Frankreich, zwei in den Niederfanden, drei in Weſtſalen, vier in der Schweiz. eins in Kurland und eins in Livland. Wenig bekannt dürfte es auch ſein, daß die drer Geſchlechtswörter Der Die Das in der Geogra— phie exiſtieren. Es gibt nämlich eine Stadt am Nil namens„Der“, in Frankreich eine ſolche na mens„Die“ und im Perſiſchen Goif eine Inſel aa „ Dads. Namen aus dürfte man— 101 gidt Eine Maus legt eine Stadt dunkel. In Deſſau kroch eine Maus in einen Bezirks— transformator. Sie geriet in eine Sammelſchiene und verurſachte Kurzſchluß. Mehrere Stadtteile von Deſſau ſowie einige Nachbargemeinden lagen infolgedeſſen ſtundenlang im Dunkeln. 5 gefunden wurden. Der Feßgenomutene i gegen die Amtsführung des Bürgermeiſters Herriot. Herriot verließ ſchließ⸗ und er⸗ Deutſchnationale neu gun mum inn Woher? Warum? Wohin? Ich kam, Weils alſo Gottes Geiſt für recht erkannte, Ich leb, Am dem durch Arbeit meinen Dank zu ſagen. Ich geh, Sobald ich meine Schuld hab abgetragen. Ulf Uweſon. Wa eeeelddhkagggdnaaaaggggagaaggancg Aus aller Welt Mißglücktet Raubüberfall. wib Stettin. 31. Dez. Padio). Im Lohnhüro der Elektrizitätswerke in der Schulzenſtraße er⸗ ſchien heute vormittug ein junger Manit und gab auf einen der Beamten einen Schuß ab der ie⸗ doch fehlging. Der Täter flüchtete und entkam. Auf der Treppe ſtellten die Angeſtellten, die die Verfolgung aufgenommen hotten. einen zweiten jungen Mann, bei dem eine Piſtole mit Muni⸗ tion und Werkzeuge z 7 ind Knebeln wurde tin feſtgeſtellt. Der zweite Täter ist vis nicht ermittelt worden. Erbeutet hat er Die älteren Angeſtellten an die Reichsregierung Schon vor zwei Jahren hat ſich der Reichs arbeitsminiſter in einer amtlichen Denkſchrift mit der Not der älteren Angeſtellten beſchäftigen müſſen. Die Reichsregierung nahm aber von ge⸗ ö ken und nicht zu kalt. hoffte, daß ſich die Einſicht in die Notwendigkeit ſetzlichen Hilfsmaßnahmen noch Abſtand, weil ſie einer zuverläſſigen und eingearbeiteten Angeſtell⸗ tenſchaft verſtärken würde. Die Reichsregiezung hoffte auf eine Beſſerung der Verhältniſſe, aber dieſe Hoffnung hat ſich nicht erfüllt. Im Gegen⸗ recht gut amüſierte. teil, die Notlage der ſtellenloſen älteren Ange- ſtellten iſt zuſehends größer geworden. Während ſeine Denkſchrift herausgab, Statiſtik 168 561 arbeitſuchende Angeſtellte ge— zählt wurden, betrug Ende Oktober 1929 die Zahl und Theatergeſellſchaft 1928 führte nochmals das erfolgreiche Weihnachtsſchauſpiel„Zwei rote Roſen“ auf und hatte wieder recht guten Beſuch. Die der arbeitſuchenden Angeſtellten 231613, alſo 63052 mehr. Auch der Anteil der ſtellenloſen älteren Angeſtellten an der Geſamtzahl der ar⸗ beitſuchenden Angeſtellten iſt geſtiegen. Von dieſer Sachlage ausgehend, hat ſich der Handlungsgehilfen-Verband jetzt nochmals an die Reichsregierung mit der Bitte gewandt, nunmehr die Initiative Schutze der älteren Angeſtellten zu ergreifen. Nachdem alle Verſuche zu freier Verſtändigung geſcheitert ſind, muß jetzt auf geſetzlicher Grund— lage den Betrieben, die nur wenig älteres Per— ſonal beſchäftigen, die Verpflichtung zur Be— ſchäftigung einer größeren Zahl älterer Ange— ſtellter auferlegt werden. Der DHV. will aber, daß dieſe Maßnahmen ſoweit als möglich in Zu— ſammenarbeit mit den Arbeitgebern durchgeführt werden. Darum ſoll die Wiederunterbringung der ſtellenloſen älteren Angeſtellten in erſter Li— nie Aufgabe paritätiſcher Ausſchüſſe der Vertre— ter der Arbeitgeber- und Angeſtelltenorganiſa⸗ tionen ſein. Es muß ſelbſtverſtändlich zugleich eine Inſtanz vorgeſehen werden, die den Betrie— ben, die ſich der Beſchäftigungsverpflichtung ent⸗ ziehen, die zwangsweiſe Einſtellung älterer An— geſtellte auferlegen kann. Des weiteren fordert DHV. zum Schutze der älteren Angeſtellten einen Ausbau der Kündigungsfriſten, der den Angeſtellten zugute kömmen ſoll, die nach 15jäh⸗ riger, 20jähriger und noch längerer Zugehörig— keit in einem Betriebe entlaſſen werden. Im übrigen ſoll den zur Entlaſſung kommenden An— geſtellten der Uebergang in eine neue Stellung durch ein Abkehrgeld erleichert werden, das noch der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu ſtaffeln ist. Du Zum Beginn der Hagger Konferenz Die deutſchen rechts: Dr. Curtius. Reichsfinanzminiſter, Von links nach Moldenhauer, Dr. Wirth, Miniſter für die beſetzten Gebiete. Dr. 725 Hauptdelegierten: Reichsaußenminiſter Robert Delegationsführer), Prof. Schmidt, Reichswirtſchaftsminiſter, Von links nach rechts: Sachverſtändiger: Bankier Dr. Melchior. 2 149 F ee Die politiſchen Mit⸗ arbeiter Staatsſekretär Pünder, Staatsſekretär v. Schubert. Am 3. Januar beginnt die zweite Haager Konferenz, auf der die Mächte die auheren Durch⸗ führungsbeſtimmungen des Poungplans beraten werden. Aufführung klappte wieder tadellos. Nundfunl⸗Programm Frankfurt. Freitag, 3. Januar. 66,0 Uhr: Wetterdienſt, Morgengymnaſtit; 12.00: Börſen⸗, Nachrichten-, Wetter⸗ und Waſſer⸗ ſtandsdienſt. 12.15: Tſchechiſche Muſik(Schall, platten). 12.55: Nauener Zeitzeichen. 13.15: Wer bekonzert(Schallplatten). 15.00: Wirtſchaftsfunk 15.15: Jugendſtunde(Leitung: Mittelſchulrektol K. Wehrhan). 15.45: Wirtſchaftsfunk. 16.00: Konzert. Leitung: Kapellmeiſter Reinhold Mer⸗ ten. Darauf: Alte Tanzmuſik. Anſchl. Wirt⸗ ſchaftsfunk. 1805: Dr. Köbener:„Rückblick und Ausblick auf die Wirtſchaftslage Deutſchlands beim Jahreswechſel.“ 18.35—21.00: Uebertragung von Stuttgart. 21.00: Internationaler Abend Anſchl.: Uebertragung von Stuttgart. Lokale Hachrichten Der erſte Tag im neuen Jahr Das neue Jahr iſt angekommen. Jubelnd, mit Glockenklang, Muſik, Schießen und frohen Rufen wurde es empfangen. Das„Proſt Neujahr“ und Händeſchütteln wollte nicht aufhören. Vom Kirchturm ertönte um 12 Uhr als Abſchied vom alten und als Gruß ans neue Jahr Beethovens Choral„Die Himmel rühmen“ und das„Te Deum“ weihevoll geſpielt durch die Vereinigte Feuerwehr⸗ kapelle, früher Hanf-Blank. Auf der Straße war reger Betrieb. Ueberall hörte man Schießen, frohe Proſt Neujahr⸗Rufe und mehr lautes als ſchönes Singen. Doch gegen 2 Uhr war der Haupttrubel herum. Die vielen Feiertage haben Groß- und Kleingeld knapp gemacht. Das Wetter in der Neu- jahrsnacht war recht ſchön. Es war angenehm, trok⸗ Am Neujahrstage ſelbſt war es auf der Straße auch recht lebhaft. In verſchiedenen Lokalen war Tanz, wobei ſich die tanzfreudige Jugend am Nachmittag und am Abend Die beiden großen Geſang— vereine„Männergeſang-Verein“ u.„Sänger⸗Einheit“ hielten im Engel bezw. im Freiſchütz ihre traditio- vor zwei Jahren, als der Reichsarbeitsminiſter nelle Neujahrsunterhaltung ab wobei die Säle dicht nach der amtlichen beſetzt wacen. Die gebotene Unterhaltung war wie immer erſtklaſſig. Es war ein Abend in trauter Runde bei froher Sängerſchar.— Die Operetten Die Beſucher hatten wieder einen ſtimmungsvollen Abend ver— bracht..— Die beiden Kinos hatten zu Beginn 1 des neuen Jahres erſtklaſſige Programme und dem- en entſprechend volle Häuſer. Das Wetter war zwar trüb, doch war der Tag regenfrei.— Das neue Jahr liegt in undurchdringlichem Dunkel vor uns. Was wird es der Allgemeinheit, was wird es jedem Einzelnen bringen? Sicherlich wieder Gutes und Böſes wie es des Lebens wechſelvolles Spiel bedingt. Hoffen und wünſchen wir, daß es uns recht viel Gutes und Angenehmes bringen möge. *Standesamtliches vom gahre i929 Im Jahre 1929 wurden in unſerer Gemeinde 254 kleine Erdenbürger zur Welt gebracht; im Jahre 1928 waren es 300. Sterbefälle ſind 135 zu verzeichnen, während es 1928 nur 91 waren. In den heiligen Eheſtand getreten ſind 99 Paare; 1928 waren es 113. Bevölkerungszuwachs 1929 119; 1928= 209. Aus dieſen Zahlen iſt zu erſehen, daß das Jahr 1929 ſchlechter war als das Jahr 1928.— 46 Kinder ſind weniger auf die Welt gekommen und 44 Perſonen ſind mehr geſtorben, ſodaß alſo gegenüber 1928 ein minus im Bevölkerungszuwachs von 90 Perſonen iſt. Auch war der Heiratsmarkt 1928 beſſer, denn da haben 14 Perſonen mehr geheiratet. Ob der Ge— burtenrückgang; Verminderung der Heiratsluſt als Gradmeſſer der wirtſchaftlichen Verſchlechterung be— trachtet werden darf? Sicherlich iſt dieſes zum großen Teil daran ſchuld. * Teben und Tad im Dezember. Im Monat Dezember ſind in unſerer Gemeinde 15 Kinder zur Welt gekommen. 7 Perſonen ſind ge⸗ ſtorben. 4 Paare haben geheiratet. Waldſportplatz. Freitag Abend 8 Uhr: Hallentraining 1. Mann- ſchaft in Sport. Bitte alles pünktl. Erſcheinen. Sonntag, 1. M. Beſuch des Hungaria-(MT) Spieles in Mannheim Stadion. Abfahrt 12,16 Uhr OCG. Die Sportleitung. Steuerterminkalender für den Monat Januar 1930. 5. Januar: Lohnſteuer für die Zeit vom 16. bis 31. Dezember 1929 ſowie Abgabe der Be— ſcheinigung über die Geſamtſumme der im Monat Dezember einbehaltenen Lohnſteuer⸗ beträge. Keine Schonfriſt. 10. Januar: Umſatzſteuer⸗-Voranmeldung und Vor⸗ auszahlung für das 4. Kalendervierteljahr 1929. Schonfriſt bis zum 15. Januar 1930. 10. Januar: Einkommenſteuer-Vorauszahlung(aus- genommen Landwirte) für das 4. Kalender- viertelſahr 1929 in Höhe von einem Viertel der im letzten Steuerbeſcheid feſtgeſetzten Steuerſchuld. Keine Schonfriſt. 10. Januar: Körperſchaftsſteuervorauszahlung für das 4. Kalendervierteljahr 1929 in Höhe von einem Viertel der im letzten Steuerbeſcheid feſtgeſetzten Steuerſchuld. Keine Schonfriſt. 20. Januar: Lohnſteuer für die Zeit vom 1. bis 15. Januar 1930, ſofern der Lohnſteuerab⸗ zug den Betrag von 200 RM. überſteigt. Keine Schonfriſt. 1 4. 4 — e