1 iernheimer Anzeige Viernheimer Zeitung Er. Neuenacker im Kl. Bruchfeld Nr. 10 Großbruchfeld 1. Gew. Nr. 38 Ich Fee zur Vierruthen Nr. 67 Gr. lange Theilung Nr. 47 Guts chels Bekanntmachung. Betr.: Verſteigerung der Allmendgrundſtücke. Am Mittwoch, den 5. März 1930, vorm. 11 Uhr, werden im Sitzungsſaale des Nathauſes nachſtehende Allmendgrundſtücke verſteigert: berlück 10. Gew. Nr. 35 Kl. lange Theilung Nr. 13 , e Krottenwieſe(Acker) Nr. 106 Alter Garten 2. Gew. Nr. 26 Oberbruchweide 4. Gew. Nr. 13 Kleinbruchfeld 2. Gew. Nr. 7 Allmenfeld 2. Gew. Nr. 41 Groß ⸗Bruchfeld 2. Gew. Nr. 23 8 6 Kleiner Neuenacker im Groß⸗Bruchfeld Nr. 88 Schloth Nr. 46 und 106 Viernheim, den 1. März 1930. Allmenfeld 1. Gew. Nr. 29 5 17 1 Heſſ. Bürgermeiſterei: Lamberth. Bekanntmachung. Dreiruthen Nr. 65 Vierruthen Nr. 11 Mittl. Lange Theilung Nr. 28 Se 90 Nr. 116 Betr.: Eirnichtung von Steuerſprechtagen. Oberbruchweide 5. Gew. Nr. 15 Der nächſte Sprechtag des Finanzamts Heppen⸗ e heim wird am Dienstag, den II. März 1930 auf dem hieſigen Rathauſe ſtattfinden. Diejenigen Steuerpflichtigen, die on dieſem Tage vorſprechen Herzlichen Dank gagen WIr all denen, die uns bei unserer Sammlung durch Gaben jeglicher Art unterstützten. Dieſen Haubenſprechappa⸗ rat, ſchw. geb., modernes Holzgehäuſe, Schnecken⸗ werk für gr. Schallplatten, Ganzmetalltonführung uſw. erhalten Sie als Leſer für nur Nmk. 8.60, wenn Sie das Inſerat bis zum 15. März an mich einſenden. H. Jalknsndt, Nüre berg 414 Schwabacherſtr. 92 Garantie: Bei Nichtgefallen Umtauſch od. Geld zurück Gi ruheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Für die Erwerbslosen j ber Frörhsosan-Ausssnuu. S täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl b ö Anzei eiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 P ie ile 6 j onn⸗ 1 prei⸗ natl. 0 zeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg. 1,50 Mk. frei ins Haus bebe eee en: wöchentl. das achtſeitige illustrierte 0 0 23 bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen bor Sonntagsblatt„Sterne und Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger N Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes recher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt J en w rt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Oberlück 6. Gew. Nr. 21 „ 8. Gew. Nr. 15 Alter Garten 2. Gew. Nr. 33 or i erden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimint vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Brunnenacker 1. Gew. Nr. 14 Kleine Striethen Nr. 30 Winterskiſte Nr. 17 Großbruchfeld 2. Gew. Nr. 5 Kleiner Neuenacker im Gr. Bruchfeld Nr. 98 Allmen Nr. 36 1 e 5 Große Lange Theilung Nr. 55 Mittlere lange Theilung Nr. 89 Krottenwieſe(Acker) Nr. 7 Oberbruchweide 3. Gew. Nr. 30 Oberlück 10. Gew. Nr. 3 1 11. 17 70 38 Alter Garten 1. Gew. Nr. 36 Sandgaben Nr. 31 Kleinbruchfeld 2. Gew. Nr. 16 Großbruchfeld 1. Gew. Nr. 34 Gr. Neuenäcker im Großbruchfeld Nr. Kl. 77„ Nothfeld 1. Gew. Nr. 3 Vierruthen Nr. 45 Große Lange Theilung Nr. 4 Kleine„ 1„ 26 Krottenwieſe Wieſe Nr. 61 Oberbruchweide 6. Gew. Nr. 12 6 21 77 5 Oberlück 7. Gew. Nr. 14 * 13. 1 1 87 Alter Garten Nr. 7 Sandgaben Nr. 20 Kleinbruchfeld 1. Gew. Nr. 3 Kl. Neuenäcker im Kl. Bruchfeld Nr. 44 Großbruchfeld 1. Gew. Nr. 17 Allmen Nr. 71 Allmen Nr. 145 Allmenfeld 1. Gew. Nr. 9 Große Lange Theilung Nr. 51 Kleine„ 5„ 7 Krottenwieſe Wieſe Nr. 31 Oberbruchweide 2. Gew. Nr. 7 Am Kirchenweg linls Nr. 1 Oberlück 6. Gew. 35 Schloth Nr. 68, 83, 105, 133. Oberlück 7. Gew. Nr. 33 % e e Alter Garten 1. Gew. Nr. 31 Lange Striehten Nr. 1 Sandgaben Nr. 79 Winterskiſte Nr. 15 Kl. Neuenacker im Großbruchfeld Nr. 7 Almen Nr. 53 Almenfeld 2. Gew. Nr. 30 Vierruthen Nr. 39 Große lange Theilung Nr. 5 Krottenwieſe(Acker) Nr. 111 Oberbruchweide 1. Gew. Nr. 4 Großbruchfeld 2. Gew. Nr. 55 Oberlück 4. Gew. Nr. 19 71 12.** 1 Alter Garten 1. Gew. Nr. 11 Brunnenacker 3. Gew. Nr. 6 wollen, müſſen ſich bis ſpäteſtens Donnerstag, den 6. März 1930, mittags 12 Uhr bei uns anmel⸗ den und genau angeben, in welcher Sache die Be⸗ ſprechung mit dem Finanzamt gewünſcht wird. Später Anmeldende können auf Erledigung ihrer Steuerangelegenheit nicht rechnen. Betr.: Vergebung der Almoſenſärge. Die Liefernng der Almoſenſärge ſoll im öffentl. Wettbewerb vergeben werden. Die Bedingungen liegen auf dem Baubürs offen, woſelbſt auch die Angebotsformulare erhält- lich ſind. Angebote ſind verſchloſſen und mit entſpr. Aufſchrift verſehen bis Freitag, den 7. d. Mts, vorm. 10 Uhr auf dem Baubüro einzureichen. Die Eröffnung der Angebote findet im Bei- ſein etwa erſchienener Bieter ſtatt. Zuſchlagsfriſt 14 Tage. Viernheim, den 1. März 1930. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. nnn miu cee flaslhaus Zum Rebstock Montag, den 3. März, abends 8,11 Uhr großer wozu närrischt einladet Peter oschaner u. Frau ummmmummimummtumn men mnntg ita rf mttinti kant Gratis erhält jeder Leser die broschierte Werbe- ausgabe des neuesten Kriegs werkes An Osten mends Heuss DIE PRESSE SCHREIBT: Ein Buch, das den Krieg zeigt mit seinen Grausamkeiten, Drangsalen usw. Ein erschütterndes Dokument. einfach in seiner Sprache, die volle Wahrheit ohne Schminke schildernd. Das Buch sollte gerade unserer Jugend in die Hand gedrückt werden. Ein Buch, das alle lesen sollten. Unkostenbeitrag 30 Pfg. Schreiben Sie so- Wundmummmndt achaggagganggann U — fort an Sanitas- Verlag, Zirndorf-Nürnberg zu verkaufen. Vertreter J7ͤĩ]ðxVu Pf Berliner Bilderbogen mer rin ins Vergnügen!— Eine neue Zeit für die Berliner Luxusbetriebe bricht an.— Der Retter aus dem Ausland.— Der Berliner Him⸗ mel voller Geigen.— Auf der anderen Seite die ernſten ſozialen Probleme der Arbeitsloſenfrage. Das„geiſtige Proletariat.“ Von unſerem beſonderen Berliner Mitarbeiter. Vor einigen Wochen war es doch noch ſo, als ob im Berliner Vergnügungsgewerbe der Pleite- geier ſein Neſt aufgeſchlagen hat. Man hörte von Zuſammenbrüchen, verſchiedene Betriebe wurden geſchloſſen. in den Generalverſammlungen herrſchte Katzenjammerſtimmung, man ſah die luxuriöſen Neugründungen in der Hochflut der Pleite davonſchwimmen. Die Inhaber der Aktien überlegten ſich ſchon, wie ſie wenigſtens mit einem naſſen und trocke⸗ den Auge aus den Affären kämen. Mit einem Schlage änderte ſich das Bild. Vorläufig rur Außerlich. Man ſchränkte ein. Das Exotiſche ſollte verſchwinden. Mit deutſchen Genüſſen ig Alko- bol und Magenlabſalen ſollte ſaniert. ſollte der Berliner wieder in dieſe Vergnügun zsela dl: ſe⸗ ments gelockt werden. Ueberall(tien plötzlich bprediger auf, die erklärten. daß ſich Berlin en folchen Luxus mit Amerikan⸗Bars mit A kertrleben ausgeſtatteten Caſees. Bete'ebe mit ETiſchtelefonen und Kabarettabteilungen nicht Anger mehr leiſten könnte. e war aber eine verfehlte Spekulation. denn ſoweit iſt die Einen Acker (Erbſtand) Von wem, ſagt der Verlag. zum Vertrieb von Holz⸗ rollo, Jalouſien u. Selbſt⸗ roller⸗Rollos geſucht. Hohe Proviſion! Hermann nlesel, Neurode i. Eulengeb., Schließfach 36 SSS SSS wieder übernommen habe. Bur la Hausmacher wurst U. Fiesschwaen zu verabreichen, bitte ich, mich in meinem Unternehmen unter⸗ fiatzen zu wollen und bitte um geneigten Zuſpruch. S DSS SSS ed Seschäftsübernahme u. Empfehlung. 1 5 Meiner altverehrten Kundſchaft und Gönnern zur Kennt⸗ nis, daß ich von heute an meine Metzgerei Das Beſtreben, meiner Kundſchaft In aller Hochachtung Frau Harl Bertsche. Spogg. Amieitia im Lokal: Faſtnacht Dienstag Mittag 2,71 Uhr auf dem Schottländ. Fußballakrobaten E. U.— Waldsportplatz 5 8 Dienstag Abend 8,11 Uhr für alle unſere Mitglieder! Sportplatz im Wald: Afrikan. Nationalmannſchaft— Die Senſation des Tages! Ganz Vieruheim trifft ſich bei dieſem Clou. zeichnen P empfehle: Monogramme Schablonen Festone(Verzierungen) Pinsel, Farben u. Farbenschalen J. Schweikart Papier- handlg. — Tausslandunpen kauft man am besten da, wo sie hergestellt werden. Schwen- ningen, die größte Uhrenstadt der Welt, bietet lnnen Gelegen; heit, direkt vom Herstellungs- ort zu kaufen. N S SSS Se Wir gewähren Ihnen: 10 Jahre schriftliche Garantie Lieferung: Franko Haus. Jede Uhr wird jährlich ein- mal durch unseren Fach- mann kostenlos nachgeprüft. Angenehme Teilzahlung. Ueberzeugen Sie sich bitte selbst und verlangen Sie heute noch per Postkarte die ktostenlose Zusen- dung unseres Katalogs. Hausunren ü in. B. l. Schwenningen am Herkar(Schwarzwald) Alleenstr. 17. Jetzt müſſen Sie Ihr lut reinigen. Sie benötigen keine teuren Kuren, welche Ihnen Hauſierer aufhängen, ſondern verwenden Sie Waldflora Kräuterpulverkur Nr. 0 bei Rheuma, Adernverkalkung, Geſchwüren, Blut, reinigung. ¼ Packung 1.70/ Packung 3.— Rathaus⸗Drogerie P. Moskopp nicht vorgeſchritten. Da kam das Schreckuelpenſt in Geſtalt eines Beſchluſſes des Volkswirtſchaft⸗ lichen Ausſchuſſes des Reichstags, der allen Lo- kalinhabern, aber auch den kleinen, einen pani⸗ ſchen Schrecken in die Hoſen jagte. In Zukunft nur noch ein Lokal auf je 400 Deutſche! Man fürchtete den Hereinbruch dunkler Zeiten. Vor⸗ läufig iſt nur der Schrecken aber Tatſache. Dafür fand ſich ein Retter aus der Not für das Vergnügungsgewerbe in Berlin. Es war zwar ein Ausländer. aber warum ſoll man nicht dieſe Hilfe nehmen. wenn dadurch die Pleite- ſothen gemildert werden. Und dieſer Retter will nicht nur die Betriebe ſanieren. Nein er gedenkt ſie ſogar noch auszubauen. Denn er hat in Ita⸗ lien, in Südfrankreich ſchon ſo reiche Erfahrun⸗ gen geſammelt. daß er glaubt. auch den ver⸗ wöhnteſten Berlinern noch neue Genüſſe ver ſchaffen und die dadurch in der Treue zu dieſen Gotrumeniabetrieben halten zu können. Gleichzeitig wurden die Berliner von der Nachricht überraſcht. daß nun endlich auch der nicht gerade ſchöne Bretſerzaun am Potsdamer Platz, hinter dem einmal ein franzöſtſches Wa⸗ renhaus errichtet werden ſollte, in Bälde ver⸗ ſchwinden wird. Denn Berlin hat doch nach An⸗ ſicht 0 0 A 105 1 unge 15 neue Kinos. Hotels oder Vergnügungsſtätten. Der waſchechte Berliner bent allerdings 9 75 rüber. Er freut ſich nur, wenn die 127 rovinzler recht viel Geld in der Reichskaupt⸗ adt freiwillig oder unfreiwillig hängen laſſen. rnunft leider doch noch An diefer Ecke des Potsdamer Platzes— nun halte man einen Augenblick die Luft an— ſoll Bo ein neunſtöckiges Caſeehaus errichtet werden. Im neunten Stockwerk hängt dann ganz beſtimmt der Berliner Himmel voller Geigen. Und wie dieſes Cafeehaus eingerichtet werden ſoll!„Nur“ 25 Millionen ſollen die Kleinigkeiten des neuen Luxusbetriebes koſten. Die Pläneſchmieder träu⸗ men jetzt ſchon von gewaltigen finanziellen Er. folgen. Es berührt ſie dabei garnicht. daß im engeren wie weiteren Umkreiſe des Potsdamer Platzes ſchon Dutzende gleicher Betriebe beſte⸗ hen, allerdings kein neunſtöckiges Cafeehaus. Na wir ſind geſpannt darauf, wie dieſe Sa⸗ nierung in der Zukunft ausſehen wird. Wenn Solches von Berlin im Lande drau⸗ ßen bekannt wird, braucht man ſich wirklich nicht zit wundern, daß man nur zu gerne pon de Sündenbabel ſpricht. Aber das iſt nur die gleis⸗ neriſche Scheinſeite der Reichshauptſtadt. Im übrigen hat Berlin größte Sorgen und Nöte. Bis hinein in die kleinſten Kreiſe der Bevölke⸗ rung. Die ernſteſten ſozialen Probleme ſtehen hier zur Diskuſſion. Sie können nicht gelöſt werden, weil kein Geld da iſt. weil dafür ſich nie ein Retter des Auslandes bereitfinden wird ſeine Gelder zu edlen wohltätigen Zwecken noch viel nutzbringender anzulegen, als wie in den Luxus- betrieben, die nut einer beſtimmten und nicht immer der beſten Schicht des Volkes dienen. Wir haben vor kurzem beim Vermittlungsamt für Angehörige geiſtiger Berufe einige Stunden verweilt und dort feſtſtellen müſſen, daß Aerzte, Juriſten. 9 Bibliothekare. Geologen, iter, bildende Künſtler erſcheinen. 1400 be. allein wegen einer vorübergehenden Unter- ſtützung an die Türe klopfen, ſondern die wieder unterkommen wollen in ihrem Berufe oder Be⸗ ratung ſuchen. wie ſie ſich in der heutigen Zeit am beſten beruflich umſtellen können. Es ſind harte Menſchenſchickſale. Männer ſahen wir dort, die in der Wiſſenſchaft einen großen Namen ha⸗ ben. Sprachenkundige aller Art, welche heute froh ſind, in beſtimmten Büros gegen geringes Enkgelt Brſefe überſetzen zu dürfen. Speßialſſten. die Bahnbrechendes ſchufen. und nun froh ſind. ſoviel zu verdienen. daß ſie ſich weniaſtens ein warmes Eſſen am Tag leiſten können. Das größte Ueberangebot beſteht bei den diplomierten Kauf⸗ leuten und Volkswirten für die kaum ein Unter⸗ 1 gefunden werden kann. Dagegen ſind zur Zeit Rechtsanwälte und beſonders Fachärzte noch geſucht. Aber die Tüchtiaſten haben oft nicht die Mittel. um das teure Studium bewältigen zit können. f 15 06 Das find bitere Erlebniſſe der geiſtigen Zen⸗ tren der Reichshauptſtadt. Meiſt Männet in mittleren und ſchon alten Jahrgängen die dazu noch den Kampf der Jugend gegen das Alter auszukoſten haben. Es ſind Lebensprobleme der gei 155 Arbeiter, welche Reichs. Staats. und Stadtbehörden in unſerer Zeit erſt recht zu einer baldigen erfolgverſprechenden Löſung geradezu zwingen, wollen wir neben einem leider feſtzu⸗ ſtellenden moraliſchen und ſittlichen Niedergang. nicht auch noch einen geiſtigen über Deutſchland herein brechen laſſen. 1 e 1 Ein ernſtes Wort an den Herrn Reichsminiſter für Ernährung und Landwirtſchaft. Berlin, 8. Febr. 1930. „Sehr geehrter Herr Reichsminiſter! Die Entvicklung der letzten Monate hat un⸗ wiberleglich dargetan, daß die bisherigen Be⸗ ſchlüſſe der geſetzgebenden Körperſchaften und de von der Reichsregierung getroffenen Maß. nahmen nicht nur keine Beſſerung der Lage der Landwirtſchaft herbeigeführt baben, ſondern ſo. gar eine weitere weſentliche Verſchärfung der Agrarkriſe nicht aufzuhalten vermochten. Wir haben immer wieder nachdrücklich darauf hinge⸗ wieſen, daß die Haupturſache für dieſe verhäng⸗ nisvolle Entwicklung in der zeitlich verſpäteten Durchführung und in der Unvollſtändigkeit der getroffenen Hilfsmaßnahmen liegt. Wenn, um nur einiges hervorzuheben, die Kündigung des ſchwediſchen Handelsvertrages früher oder die Erhöhung des Futtergerſtenzolles zu dem von uns angeſtrebten Zeitpunkte und in der von uns vertretenen Form erfolgt wäre, die die Ge⸗ fahr einer umfangreichen Voreindeckung weit gehend ausſchloß, ſo hätte dies zweifellos eine Verbeſſerung der geſamten Lage bewirkt. In dieſem Augenblicke der höchſten Not be abſichtigen wir jedoch nicht, nur rückſchauende Kritik zu üben. Wir enthalten uns daher auch weiterer Ausführungen über andere getroffene Maßnahmen, ſondern verweiſen erneut für die einzelnen Gebiete auf die dringlichſten Maßnah men, deren weitere Hinausſchiebung unter den gegenwärtigen Umſtänden weniger denn ie ver antwortet werden könnte. Weizen. Der gegenwärtige Preisſtand beträgt 120 des Vorkriegspreiſes. Die unvollſtändige uni wenig entſchiedene Art der Durchführung de Vermahlungszwanges während der erſten Mo nate nach der Ernte hat unleugbar umfangreich Voreindeckungen ermöglicht und damit den Ein tritt der Wirkung des Vermahlungsgeſetzes zeit lich hinausgeſchoben. Umſomehr muß nach de inzwiſchen vorliegenden Erfahrungen verlang werden, daß nicht vorzeitig eine Lockerung de Vermahlungszwanges eintritt und daß die For führung einer eingehenden Kontrolle gewäl; leiſtet wird Roggen. Die Preiſe liegen gegenwärtig 2 v. H. un Vorkriegshöhe. Nachdem durch die verſpäte Einführung des erhöhten Futtergerſtenzolle und in Verbindung hiermit durch eine umfang reiche Voreinfuhr. die von uns vorausgeſagt Abſchwächung der Wirkung dieſer Maßnahm tatſächlich eingetreten iſt, iſt ihre Ergänzun zurch eine Droſſelung der Maiseinfuhr umſ: dringlicher geworden. Wir erwarten, daß d. Regierung alle geeigneten Schritte in dieſe Hinſicht unverzüglich einleitet Daneben dürfen Magazinierung und Exportförderung einſchließ lich der Erhöhung des Einfuhrſcheinwertes nich vernachläſſigt werden. Die bisherigen Verhand lungen mit Polen erſcheinen nur dann als ge rechtfertigt wenn es gelingt, bis zum 10. Febr ds. Is. tatſächlich zu einem endgültigen Abkom men mit Polen zu gelangen, das die deutſche Intereſſen voll wahrt. Wenn auch alle geeigne ten Maßnahmen zur Förderung des Roggen verzehrs nachdrückliche Unterſtützung verdienen ſo werden ſie doch in ihrer Wirkung hinter de angedeuteten anderen Maßnahmen erheblich rückbleiben. N Braugerſte. Der Preis der Brangerſte ſteht gegenwärtit auf 9095 v. H. des Vorkrieasſtandes. Eine Hb berbewertung des Einfuhrſcheines und eine Er⸗ weiterung des Kontingents für die Einfuhr⸗ ſcheine mit erhöhtem Wert erſcheint unerläßlich. Hafer. Der gegenwärtige Preis beträgt 80 v. H. des Vorkriegsſtandes. Auch hier iſt die ſofortige Hin⸗ aufſetzung des Einfuhrſcheinwertes auf die volle Zollhöhe zur Förderung des Exportes und bamit 4 des Binnenmarktes dringend ge⸗ Kartoffeln. S e e mit unſere re om 15. Zunen überndg teten eirgeenden Werſcaee ſer dafliche organ ſetertſche Man ben Dienstag, Förderung des Kartoffelabſatzes ſind leider nicht berwirklicht worden. Wir erlauben uns daher. erneut auf die Dringlichkeit ſolcher Maßnahmen hinzuweiſen. Rinder. Die Preiſe für Kühe liegen um 80— 85 v. H. der Vorkriegsweiſe. Nur durch eine Droſſelung der überflüſſigen Einfuhren kann hier eine durch— greifende Abhilfe geſchaffen werden. Es muß be— fürchtet werden, daß die trotz der verhäng— nisvollen Preisentwicklung Schweden kürzlich gemachten neuen Konzeſſionen ſich in be— denklicher Weiſe auswirken werden. Leider ſind die in dem neu geſchaffenen 8 4 des Reichsvieh— ſeuchengeſetzes der Reichsregierung an die Hand gegebenen Vollmachten bisher unbenutzt geblie ben. Gerade auf die Bedeutung dieſer Vollmach ten haben Sie, Herr Reichsminiſter. vor den ein— ſchlägigen Beſchlüſſen der geſetzgebenden Körper ſchaften hingewieſen. Umſo notwendiger erſcheint 28, auch tatſächlich von dieſen Vollmachten Ge— brauch zu machen. Milch und Molkereierzeugniſſe. Die Milchpreiſe liegen z. T. unter Vorkriegs— ſtand. Die Butterpreiſe betragen etwa 120 v. H des Vorkriegsſtandes. Eine nachhaltige Verbeſſe⸗ rung wird auf dem Gebiete der Milchwirtſchaft nur dann erhofft werden können. wenn der wirtſchaftspolitiſche Schutz den deutſchen Molke reierzeugniſſen gleichmäßig und in angemeſſenem Verhältnis zuteil wird. In dieſer Richtung hat das von der Reichsregierung abgeſchloſſene Zu— ſatzabkommen zum deutſch finniſchen Handelsver— trag in den Kreiſen der milcherzengenden. und milchverarbeitenden Landwirte mit Recht die ernſteſten Bedenken hervorgerufen. Die in dieſem Abkommen vorgeſehene weitgehende Bindung des Butterzolles und vor allem die vorgeſehene Bin— müßte zu einer Aushöhlung des Butterzolles und zu einem Wirrwarr auf dem Gebiete der Milch— wirtſchaft führen. Wir halten nach wie vor dieſes Zuſatzabkommen für untragbar und richten er- neut die dringende Bitte an Sie, ſich mit Nach—⸗ Zeithen der Zeit Bau- und Wohnungsweſen. Vor mehreren Wochen noch hieß es, daß die für das Jahr 1931 in Berlin geplante„Deutſche Bauausſtellung“ wegen der allgemeinen wirt ſchaftlichen Verhältniſſe nicht ausgeführt werden ſollte. Man kann über die Notwendigkeit von Ausſtellungen insgeſamt verſchiedener Anſicht ſein. Ebenſo aber auch über die einer Bauaus ſtellung. Denn der große Teil der Bevölkerung iſt unter dem Eindruck der Jetztverhältniſſe leich zu dem Urteil zu bringen, daß eine ſolche Bau ausſtellung nur große Summen verſchlingt, aber in der Praxis doch nicht geeignet iſt, dem Woh nungselend zu ſteuern und gangbare Wege für die Beſſerung des Wohnungsmarktes aufzuze! gen. Das iſt aber auch nicht der Zweck dieſer Bau ausſtellung. Sondern ſie will die grundlegende geiſtige und wirkſchaftliche Wandlung unſere! Zeit im Bau und Wohnungsweſen ſichtbar ma⸗ chen, den Baugedanken in das Volk tragen, neuen Bauwillen, neue Baugeſinnung, neue und ver— beſſerte Bautechniken und Bauformen fördern und damit gleichzeitig werbend und abſatzſtei gernd, wie erzieheriſch, belebend und anregend, wirken. Und ſo will die Deutſche Bauausſtellung in die Zukunft weiſen. Organiſation, Programm und Idee der großen 1931 nun doch ſtattfinden⸗ den Bauausſtellung in Berlin liegen feſt. Sie wird als ein umfaſſendes Forſchungsinſtitut be⸗ trachtet werden müſſen, als eine Art Bauſchule für Intereſſenten, für den Fachmann wie für die Allgemeinheit, den Staat wie die Kommune, die Induſtrie wie die geſamte Wirtſchaft. Nicht in der Theorie, ſondern in der praktiſchen Beleh⸗ rung Darſtellung und Aufklärung. Werbend für den neuen Baugedanken, fördernd für die Wirt- ſchaft, helfend den Freunden des Eigenbaus. dung der unverhältnismäßig niedrigen Käſezölle „Tropiſches Wachstum“. Die Strahlenforſchung macht in neueſter Zeit gewaltige Fortſchritte. Auf allen Gebieten. Jetzt druck für neue Verhandlungen und im Falle der Erfolgloſigkeit ſolcher Verhandlungen innerhalb einer kurz bemeſſenen Friſt für eine Kündigung des deutſch⸗finniſchen Handelsvertrages einzuſet— zen, damit die deutſche Landwirtſchaft nunmehr endlich in den Genuß des vor mehr als 7 Mona— ten beſchloſſenen erhöhten Butterzolles gelangt. Wir wollen uns heute verſagen, auf weitere Die Samen ohne Strahlenwirkung erwieſen das dringliche Maßnahmne für andere Zweige der landwirtſchaftlichen Erzeugung, wie für den Zut. kerrüben-, Wein⸗, Obſt-, Gemüſe⸗, Tabakbau und anderes einzugehen, behalten uns die aber für die nächſte Zeit vor. Zum Schluß möchten wir unſerer größten Beſorgnis darüber Ausdruck geben, daß ein wei. teres Geſchehenlaſſen die leider fortſchreitende Radikaliſierung in der Landwirtſchaft fördert und es den beſonnenen Elementen immer erſchwert, ſich dieſen Tendenzen entgegenzuſtellen. Die wei— tere Verſchärfung der landwirtſchaftlichen Lage müßte ob die Wirtſchaft es mill oder nicht, schließlich dazu führen, daß monopolartige Rege- lungen mit Hilfe des Staates mvermeidlich werden, gegen die gerade Sie, Herr Miniſter, im- mer die ſtärkſten grundſätzlichen Bedenken geän⸗ ßert haben. Mit vorzüglicher Hochachtung (gez.:) Brandes,(gez.:) Schiele,(gez.:) Hermes, (gez.:) Fehr.“ mc Internationa Von links nach rechts: Gunar G unarſon, wordene norwegiſche Romanſchriftſteller, weilte werden wir wieder durch ein neues Wunder des Phyſikers Fritz Hildebrand überraſcht, der die Strahlenwirkung auf das Pflanzenwachstum er- probt hat in ſeinem eigens dafür errichteten La. boratorium. Er hat Samen in den ſonſt ziemlich unfruchtbaren märkiſchen Sandboden geſät, Boh- nen, Kohlrabi, Kohl, wie überhaupt Pflanzen, die bedeutungsvoll ſind für die menſchliche Er⸗ nährung. Dann begann er mit ſeinen Verſuchen. übliche Wachstum, die beſtrahlten dagegen eine ſtaunenswerte Schnelligkeit. Die Zeit bis zur Ernte wurde erheblich verkürzt, das Fruchtgebilde beträchtlich vergrößert. Und ſo glaubt der kühne Forſcher es mit der Zeit dahin bringen zu kön- nen, daß ſowohl für Nahrungsmittel wie für Rohſtoffe für die Induſtrie durch ſeine Strah- lungsergebniſſe ſich ganz gewaltige Mengen er— zielen laſſen werden und zwar nicht einmal, ſon— dern mindeſtens zweimal im Jahre. Vorläufig ein Verſuch. Aber wir haben ſchon andere Wun⸗ der erlebt, ſodaß auch eine ſolche Möglichkeit nicht ohne weiteres in das Reich der Fabel ver— ſetzt zu werden braucht. Das Analphabetentum Schon bei der Aushebung zum Heer im Welt- trieg wurde feſtgeſtellt, daß 25 Prozent der ame— rikaniſchen Soldaten nicht leſen und ſchreiben können. Man hat ſeit dieſer Zeit in Amerika ver— ſchledentlich Derſuche gemach! den allgemeinen der beſonders in den letzten Jahren bekanntge⸗ als Gaſt des Pen⸗Klubs in Berlin.— M. Anderſen⸗Nexö der däniſche Schriftſteller, Verfaſſer des großen ſozialen Romans„Pelle. der Eroberer“. und von„Stine Menſchkind“. trifft zu einem Beſuch in der Reichshauptſtadt ein.— Jules Romain, der franzöſiſche Dra matiker, Autor des„Diktator“, wird im Berliner ebemaligen Herrenbaus über die„Aufgaben der Geiſtigen“ ſprechen. 8 Bilbungsſtandard zu heben. Aver die Verſuche blieben erſolglos. Es iſt merkwürdig, daß ge— rade in dem reichen Amerika der Bildungsdrang ſo gering iſt, während zum Beiſpiel in Rußland. das vor der Revolution die meiſten Analbphabe— ten beſaß, eine weſentliche Beſſerung eingetreten iſt. In Amerika gibt es heute noch 5½ Millio⸗ nen Kinder im Alter bis zu 10 Jahren, die we— der leſen noch ſchrziben können. Außerdem kön— nen 3½ Millionen erwachſener Nordamerikaner nicht leſen und ſchreiben. Man ſchätzt die wirt- ſchaftlichen Verluſte, die die Vereinigten Staaten durch dieſe Analphabeten haben, auf eine Mil⸗ liarde Dollar. Glück und Ende eine⸗ Hochſtaplers Vom Obſthändler zum Grafen und Schloßhändler und zurück bis ins Zuchthaus. Vor dem Schöffengericht in Wien ſteht zur Zeit ein Mann, der ſein Leben lang ein Abenteurer größten Stils, vielleicht ſo— gar der größte Hochſtapler unſerer Zeit war: Arthur Graf zu Leiningen-Weſterburg. recte Arthur Liſchke. Das„Echo vom Niederrhein“ berichtet über Liſchkes aben⸗ leuerliche Laufbahn, die anmutet, wie ein ſpannender Kriminalroman. 38 Jahre iſt er alt, elegant, gepflegt, ſehr ſicher und weltmänniſch. Angeſangen hat der Graf Leiningen-Weſtervurg als—— nun, ſagen wir vorſichrig, als Heereslieſerant. Sohn eines Obſthändlers aus Teiſchen in Böhmen, witterte er 1914 die große Konzunktur, die Chance zum Anfang eines Lebens, das von ſeinem bisheri— gen in dem kleinen Obſtladen ſo verſchieden ſein ſollte, wie ſchwarz auf weiß. Obſt⸗, Gemüſe- und ſpater auch Konſerveulieſerungen an das Heer machten ihn zum ſchwerreichen Mann, ohne daß er aber Raffte-Allüren annahm, ſondern— ſich zu „Höherem“ geboren führend— ſtändig an ſich und ſeiner Bildung arbeitelie. Der Zuſammen— bruch kam und mit ehm der Ausverkauf nder Do⸗ nau⸗Monarchie, Herr Liſchte brach nicht zuſam⸗ men. Sein Geld lag auf Leviſenkonten im Aus— land, die jede Entwertung verhinderten. Wohl aber ſah er, daß auch mii Revolution und Infla⸗ tion verdient werden kann, wenn man ſkrupellos genug iſt, ſein Glück aufzubauen auf dem Un⸗ glück anderer. Als großer Mann ſuchte er den für ſich paſſenden Rahmen und ſand ahn ſchließ— lich in dem entzückenden Schloß Poppendorf bei Graz, das er kaufte. Gutsbeſitzer ſein iſt ſchön... Adliger Gutsbeſitzer ſein iſt beſſer. ſagte ſich Herr Liſchke, ging hin und ließ ſich von der verarmten Gräfin Hermine Leiningen-Weſterburg(die kümmerlich ihr Leben als Klavierlehrerin friſteie) gegen eine runde Sumzue in bar adoptieren. Aus dem klet⸗ nen Obſthändler in Tetſchen war ein Graf ge— worden, ein richtiger, ſeudaler Graf mit Schloß und Gut——— Lange dauerte das Glück nicht. Die Erzieherin ſeines Sohnes erſchien eines Tages in ſeinem vornehmen Arbeitszimmer und verkündete ihm, daß ſie einen Skandal erregen werde, wenn Herr Liſchke ſich nicht entſchließen könne, die Brief⸗ taſche zu zücken. Dies war jedoch nicht ganz ein⸗ ſach. Denn Reiſen, Spielen und koſtſpielige Liebhabereien hatten bereits ein beträchtliches Loch in das Vermögen des Herrn Obſthändlers a. D. gefreſſen. Trotzdem aber fand er einen Ausweg: Er kaufte einen verbummelten Ariſto⸗ kraten in Graz, den Grafen Roderich Auerſperg, dem er Schulden bezahlte und der als Gegen— leiſtung ſich verpflichten mußte, beſagte Erzlehe⸗ rin zu heiraten. Was auch geſchah. Graf Lei⸗ ningen-Weſterburg hatte eine Zeitlang Ruhe. Dann aber erſchien plötzlich der Graf Auerſperg, hielt die Hand auf und verlangte Schmiergelder, da er natürlich längſt ſeine„Mitgift“ durchge⸗ bracht hatte. Liſchke zahlte, nicht gern, aber doch in bar. Und er zahlte ſo große Summen, daß ihm eines Tages die Luſt ausging und er den Graſen Roderich kurzerhand zum Hauſe hinaus⸗ warf. Mit dem Erfolg, daß Auerſperg durch eine andere Tür wieder hereinkam und zu der Grä— fin lief, der er eine wüſte Szene machte. Es folgten Skandal, Scheidungsprozeß, Unter⸗ haltungsklage, Konkurs. Der 150pferdige Luxus- wagen wurde verſteigert, das Gut kam unter den Hammer, der(bisher unbegrenzte) Kredit wurde geſperrt und die echten Graſen Leiningen⸗Weſter⸗ burg ſtrengten eine Klage an und erreichten zum Schluß auch tatfüchlich, daß der Adoptivvertrag Liſchtes mit der Gräfin Hermine für ungültig erklärt wurde.„ a Aus dem feudalen Grafen wurde wieder ein lleiner, häßlicher Herr Liſchke. Alſo geſchehen im Fahre 1927.— 1928 tauchte der Graf Leiningen wieder auf. Scheinbar hatte er die Pleite ausgezeichnet über⸗ ſtanden. In Begleitung eines Priwaiſetretärs fuhr er in einem rieſigen Kraftwagen eines Ta⸗ ges zu den Beſitzern eines Guies Groß-Kainach in der Steiermark, den Stungarter Kaufleuten Blum, vor und erklärt mit ſeſter Stimme, er wolle ihre öſterreichiſchen Beſitzungen kaufen. Die Stultgarter gingen auch tatſächlich auf die— ſes Angebot ein und waren bereit, ihm Groß⸗ Kainach zu überlaſſen. Preis: 560 000 Schilling (800 000 Mark)!!! 300 000 Schilling Anzahlung bei Uebernahme, ein ganz klares Geſchäft alſo, das nur einen Haten hatte: der Käufer beſaß nichts außer, Schulden. Alſo ging er hin und verkaufte— bevor der Kaufvertrag wegen des Gutes überhaupt in Kraft getreten war!— kurzerhand den geſamten Holzbeſtand von Groß— Kainbach für 550 000 Schilling, zahrbar ſoſort. Beinahe wäre dieſes Geſchäft auch wirklich zuſtande gekommen, wenn nicht im letzten Mo⸗ ment ein Beauftragter der Holzkäuſer ſeſtgeſtell! hätte, daß der Wald weder Liſchke noch den Blums gehörte, ſondern längſt ſchon in einem Abholzvertrag in andere Hände übergegangen war. Worauf nafürlich eine Betrugsanzeige er— ſolgte, deren Erledigung der jamoſe Graf Lei— ingen jedoch nicht abwartele, ſondern ſchleunigſt verreiſte. Anfang 1929 tauchte er wieder in Wien auf, wo er in dem vornehmſten Hotel eine Zimmer— flucht für ſich mietete. Mit friſchen Kräften ging er von neuem an die Arbeit, ließ ſich Brief— löpſe mit dem Aufdruck„Rechisanwall Dr. Bär, Wien“ drucken und ſchrieb auf dieſen an die Viktoria-Verſicherung in Wien, daß er beauftragt ſei, für den Graſen Leiningen-Weſterburg eine Lebensverſicherung in Höhe von 100600 Dollar abzuſchtießen. Für dieſes glänzende Geſchäft zahlte die Viktoria dem Herrn Rechtsanwalt eine Proviſion von 1000 Dollar, die der Graf Lei— ningen ſelbſtverſtändlich in kürzeſter Friſt um die Ecke brachte, ohne auch nur im entfernteſten daran zu denken, die Verſicherungsprämien zu zahlen. Als ſo die leicht verdienten 4500 Mark ſchon nach kurzer Zeit zu Ende waren, trat„Rechts— anwalt Dr. Bär, Wien“, an die Verſicherungs— geſellſchaft Phönix heran, der er diesmal mit— leilte, daß Graf Leiningen ſich mit 110000 Dol— lar verſichern wollte. Ein ſolch enormer Ver— ſicherungsabſchtuß war ſeit Jahrzehnten nicht mehr durch die Bücher der Phönix gegangen und klugerweiſe ſchickte ſie einen Bevollmächtigten nach Wien, der den Grafen Leiningen wovon er denn eigentlich die Prämie in Höhe von ungefähr 60000 Mark pro Jahr jemals be— zahlen wolle. entgegnete Liſchke hochnäſig, daß er gerade dabei ſei, eine rieſige Aktiengeſellſchaft zu gründen, deren Präſidenmſer werde. Dann ſeien 60 000 Mart jährlich natürlich nur ein Pappenſtiel für ihn. Der Bevollmächtigte der Phönix hörte ſich ſeine Rede wohlwollend an, ſchültelte den Kopf und reiſte ab, ohne das Geſchäft mit dieſem merkwürdigen Kunden abgeſchloſſen zu haben. Inzwiſchen waren aber auch die letzten 10 Schilling des Grafen alle geworden; der Hotelier drohte, ihn wegen Betrugs anzuzeigen, wenn er nicht ſoſorm ſeine Rechnung bezahle, der Schnei— der, dem er für etwa 46000 Schilling Ware ent— lockt hatte, drohte ebenſalls mit einer Anzeige, die Modegeſchäfte, die die Gräfin Auerſperg um rund 50 000 Schilling geſchädigt hatte, wollten auch endlich einmal Geld ſehen. Eine Tal mußte alſo endlich einmal geſchehen. Und da er nie tange gefſackelt halte, wandte er ſich jetzt an einen Geldverleſher, dem er gefälſchte Papiere vorlegte, aus denen hervorgehen ſollte, daß ihm eine Erbſchaft von 75 Wüillionen Mark zugefallen ſei. Der Mann war tatſächtich dumm genug, Liſchte auf ſeine Phanlaſieprodukte hin Das Geheimnis einer Nacht Roman von G. Rehfeld (39. Fortſetzung). „O, ich danke Ihnen, ich banke Ihnen!“ rief Ilſe glücklich aus. „Es bleibt alſo noch der Major a. D. von Höhne und Otto Hanff! Was ich für dieſe bei⸗ den tun kann, iſt etwas ähnliches. Sie wiſſen vielleicht, daß Herr Hanff Fuhrwerksbeſitzer iſt. Da er ſeinerzeit nicht die nötigen Mittel beſaß, Wagen u. Pferde anzuſchaffen, ſtellte er Wech⸗ ſel aus über eine bedeutende Summe. Dieſe Wechſel befinden ſich in meinen Händen und waren vor acht Tagen fällig. Der arme Hanff konnte nicht zahlen, die Alzepte wurden pro— teſtiert, und nun ſteht ihm das'raurige Ce— ſchick bevor, ſein Hab und Gut gerichtlich ver⸗ kauft zu ſehen. Schon war der Gerichtsvoll— zieher beauftragt, die Siegel anzulegen, da erfuhr ich, daß Sie ſich für ihn intereſſieren. Beruhigen Sie ſich. Heute werde ich veranlaſſen, daß man das Verfahren einſtellt. Ich werde die Wechſel pro— longieren und bin ſicher, daß er binnen kurzem zu zahlen imſtande ſein wird. Dann iſt alſo auch Hanffs Angelegenheit— hoffentlich zu Ihrer Zufriedenbeit— geordnet!“ „Aber wie ſoll ich Ihnen für als dies dan⸗ ken. Herr Haydamm!“ ſtammelte Ilſe tief aufatmend. „Nun bleibt nur noch der alte Major!“ fuhr beſcheiden lächelnd der„Menſchenfreund, ſort. „Der würdige Herr iſt ein Freund der Pferde und Hanffs. der ihn oft genug um Rat angeht. Wenn Hanffs Geſchöft im Schwunge iſt,— u. das kann unmöglich ausbleiben,— dann praucht er einen Geſchöftsführer. Da haben Sie die Verſorgung für den alten Herrn!“ fragte, TTTCCCcCCCCC VVVVVVVTVTVVVTVTVVTVTVTVTTTTTTTTTTbTTT 15 000 Schilling zu borgen. Und ſchließlich lockte er noch einem Rechtsanwalt 55 000 Schilling aus 155 Taſche, ſo daß er wieder einigermaßen flott ar. Die Mühlen der Juſtiz in Oeſterreich mahlen langſam. Im Falle Liſchke haben ſie aber we⸗ nigſtens ſicher gemahlt. Auch dieſen elevanten und gewandten Hochſtapler ereilte vor kurzem ſein Schickſal: er wurde verhaftet, als er unter dem Deckmantel eines Hauptmanns a. D. einem Bauern einen Ochſen abkaufen wollte, für den er einen gefälſchien Wechſel in Zahlung zu ge⸗ ben gedachte. Der Polizei war ein glänzender Fang geglückt: Der monatelang vergeblich ge— ſuchte und ſteckbrieflich verfolgte Hochſtapler Liſchke war ihr in die Netze gegangen. Nun ſtehr Graf Arthur Leiningen-Weſterburg vor dem Schöſſengericht in Wien. Er heißt wie— der Arthur Liſchke und iſt nichts weiter als ein Hochſtapler, der die wenig erfreuliche Ausſicht hat, mindeſtens 15 Jahre ſeines Lebens im Zuchthaus zu verbringen. Die intereſſante Seite Die Zeitung iſt ein Heimgarten, in dem aller- lei luſtige und ſeltſame und manchmal auch ver. dächtige Pflanzen wurzeln, die Lorbeeren der Tagesberühmtheit, die Nieswurz der Kritik, der Wermut der Konkursnachrichten, die Brenneſſel der Gerichtsberichte, die Kamillen heilſamer Be— lehrung, das Labkraut des Romans und der No— velle. die mancherlei Nüſſe der Rätſelecke, der Ritterſporn der Kriegsberichte, die Tollkirſche der Verbrechen und ſo fort. Wir nehmen die Zeitung zur Hand und genießen dieſe und jene Pflanze nach Duft oder Farbe oder Geſchmack laſſen uns unterrichten, warnen, unterhalten, belehren. Wobei wir meiſt vergeſſen, daß ein wichtiger Teil dieſes Gartens, ja oft genug ſeine„inter— eſſante Seite“ der Anzeigenteil iſt. Der Obenhin— Leſer zwar hält ihn für den Kehrichtplatz des Zeitungsgartens, aber wer den Anzeigenteil auf— merkſam und nachdenklich zu leſen weiß, der fin- det in dieſem Garteneckchen maäncherle Unterhalt— ſames und Werwolles, das gewiſſermaßen im Telegrammſtil geſchrieben iſt und Wort für Wort in ſeiner Bedeutung überlegt ſein will. Nicht, daß man nur das Süßholz der Stelldich— ein-Inſerate, den Storchſchnabel der Verlobungs— Heirats. und Geburtsanzeigen. das Hexenkraut der Neunmalweisheit Horoſkope und ſo) ſer— viert erhält; auch manches Beſinnliche ſteht dort zu leſen von hilflos jungen Müttern, die ihr Kind verſchenken, ja verkaufen wollen, von ein— ſamen Menſchen. die ſich einen Gefährten erſeh— nen, von Geld. und ſonſtigen Nöten, von Schatz— gräbern. die nichts weiter als— Arbeit ſuchen. Und all das ſteht friedlich beieinander wie in einem Küchengarten, aus dem jeder rupft, was 5 1 0 21 ba Ein Monokel ins Auge geklemmt, er braucht. Wenn ich eine Weile durch die wohlgeordneten Beete der Zeitungsſpalten geſchritten bin, muß ich immer ein nachdenklich-lächelndes Stündchen auf der„intereſſanten Seite“ zubringen, die viel mehr zu erzählen weiß als man glaubt. 2 86 1. 4 N—— 4 aN Sei fes entgegemommend Wenn du dich in einer Suellung befindeſt. die dir Gelegenheit gibt, einen gewiſſen Einfluß auf andere auszuüben, ſo ſei entgegenkommend. Bringt dir jemand ein Anliegen vor, ſo denke nicht engherzig an deine eigenen Intereſſen. Lerne es. dich in des anderen Lage hineinzuver— ſetzen, und ſei gütig und edel.„Alles. das euch die Leute tun ſollen, das tut ihnen auch!“ Kommt jemand an deine Tür, und du biſt wirklich nicht in der Lage, ihm helfen zu kön— nen, ſo weiſe ihn nicht kalt und ſchroff ab. Sage ihm ein warmes. teilnehmendes Wort. Der gute Wille iſt mehr wert als eine ungern vollbrachte Tat. Ein verſtändnisvoller Blick. ein brauchbarer Rat, vollbringen oft größere Wunder als klin— gende Münzen. Und iſt das Bewußtſein, ein Verkehrs angegeben, r N düſteres, verlaſſenes Gemüt aufgehellt zu haben, nicht ein ſchöner Lohn. Auch im gewöhnlichen Leben zeitigt ein freundliches Entgegenkommen ſchöne Früchte. Gerade die Höflichkeit und Hilfsbereitſchaft gegen Fremde. Unbekannte wirkt ehr wohltuend. Sie hinterläßt ſteis einen guten Eindruck und ver. rät den gebildeten Menſchen. Anſer Plauet Es gibt nicht viele abſolute Wahrheiten. Zu dieſen wenigen gehört jedoch die Erkennt⸗ nis, daß die Erde eine Kugel iſt, und ſich drehen kann. Die Entdeckung dieſer Wahr⸗ heiten iſt ſicherlich nicht einfach geweſen und ich ſtelle mir vor, daß es viel ſchwerer war ſie zu finden, wie beiſpielsweiſe die Relativitäts⸗ theorie, die wenn ſie richtig iſt, ja auch neue Raumvorſtellungen in ſich birgt. Hier ſteht ſie vor mir, die kleine Erde, das Abbild unſeres Planeten, auf dem wir unſer Daſein mit mehr oder weniger Glück zubringen können. Schön blau ſind die Ozeane und kar⸗ benbunt die Kontinente, wohlgeordnet nach all den Völkern, denen die einzelnen Parzellen der Erde gehören, und wenn wir wollen, ſo dreht ſich auch dieſe kleine Erde auf meinem Schreibtiſch. Ich habe immer gefunden, daß ein Globus. der Inbegriff alles deſſen iſt, was ein Men⸗ ſchenherz ſich wünſchen kann. Er erfüllt den Raum mit Gelehrheit, er verkündet ein welt⸗ weiſes Wiſſen deſſen, dem er gehört. Und nicht allein das, er ſchmückt auch und gibt dem Be⸗ trachter mancherlei intereſſante Aufſchlüſſe über Geſchichte und Politik. Gewiß, wie grauſam es auf dieſer Erde manchmal zugeht, und was für ein Menſchen⸗ und Tierparadies ſie wiederum iſt, das ſagt uns die kleine Erde auf dem Schreibtiſch aller— dings nicht. Es fehlt ihr der lebendige Odem. der von der Natur ausgeht und den die Wiſ⸗ ſenſchaft ſo häufig tötet. Iſt das wahr? Nicht ganz! Es gibt neuer— dings einen Globus, es iſt der, der vor mir ſteht, den man dieſen Vorwurf nicht machen kann. Wir finden nämlich hier wie auf keinem anderen Globus die Einwirkung der menſch— lichen Arbeit auf die Geſtaltung des Weltbil— des plaſtiſch vorgeführt. Da iſt die Dichte des da finden wir die Orte. wo es Eiſen, Kautſchuck, Getreide, Wolle gibt und vieles mehr. Doch nun kommt die Haupt— ſache: Dieſem Globus liegt ein Buch bei, das unſerer kleinen Erde vor uns wieder das Leben zurückgibt. Das Buch von Dr. Peterſen „Erde und Menſch“ weiß in ſo hübſchem Plau— derton von den Geſchicken zu erzählen, die unſer alter Planet hat durchmachen müſſen, bis er ſich der lebenden Generation in ſeiner heutigen Geſtalt zeigte, daß es nichts intereſſantes und amüſanteres gibt als die Lektüre dieſes Buches, angeſichts des Globus. Haben wir Phantaſie der in Form gebrach— ten Gedanken genug, ſo belebt ſich dieſe kleine Erde. Winzig klein liegt der geiſtesgewaltigſte, der europäiſche Kontinent vor uns, der zu— gleich bunteſte von allen Kontinenten. Im engen Raum ſtoßen ſich hier die Völker. Europa iſt wirklich zu klein für dieſe Meſſe. In ſeiner Mitte liegt Deutſchland. Ach, es iſt keine Freude, die Karte des Reiches zu betrachten. Müßte nicht unſer Vaterland g ößer ſein für alle Stammeskinder? Und müſſen wir Deutſchen nicht heraus aus unſerer Heimat, in der es ſo ſehr an Raum VVCCPCPFPCPCFPCPCFPFPCPFPFPCPFPCPFPCGPCGcCCPGCGGGPPP—G—P—P—P——P——PPPPPPPPPccccccccccccccc Ozean, die alle Völker der Erde verbinden, d die gewaltigſten Heerſtraßen geworden ſind, die kein Menſchenhirn je Kraft gehabt hätte zu erdenken? Unſere Schiffe durchpflügen die Fluten, unſer iſt die Erde mit all ihren Kon⸗ tinenten. Nichts trennt uns von Afrika, Amo⸗ rika, Auſtralien oder dem gewaltigen Konti⸗ nent tiefſter Gedanken und Weisheit. Seltſam wie klar das alles wird, angeſichts dieſer kleinen kunſtvoll zuſammengeleimten Erde, die manches Geheimnis in ſich birgt. Ja wüßte wohl, was man einem Menſchen, der ſich hinaus ſehnt in den weiten Raum, in einer guten Stunde ſchenken könnte. Man ſchenke ihm unſere Erde, mit ihren bunten Kontinenten und ihren blauen Ozeanen. Columbus war der erſte, der von der Vorausſetzung der Erde als Kugelform ausging und ſeine kühne Entdecker⸗ fahrt unternahm. Columbus⸗Erdglobus hat deshalb dre Verlag eingedenk dieſer Tat die kleine Erde genannt, die vor mir ſteht, und die außerdem die Bezeichnung Nr. 29 trägt. Vom Trinken Der Urtyp der Säufer.—„Freut Euch.“— Auch Frauen trinken. Wir wiſſen alle, daß unſere Urgroßväter und deren Vorfahren einen guten Schluck Wein nicht verachteten.„Die alten Deutſchen tranken noch eins“, ſo heißt es in einem unſerer Trinklieder, und unſere Vorſtellung ſieht jene Vorfahren in Tierſelle gehüllt auf Bärenhäuten liegen und aus mächtigen Hörnern trinken. Es iſt aber falſch, die alien Deutſchen als die Trinker an- ſehen zu wollen. Die Urtyps der Säufer weiſt uns die Geſchichte bei den Skythen nach, die ent⸗ gegen den in ſüdlichen Gegenden lebenden Grie— chen und Römern den Wein ungemiſcht tranken, denen demzufoige auch des Lebens unge miſchte Freude umſomehr zuteil wurde. Erſt al⸗ mählich drang die Gewohnheit des Genuſſes un- gemiſchten Weines nach dem Süden, zu Römern und Griechen vor. Aber man hatte auch da ein kleines Mittelchen, ſich gegen allzuarge Ueber- rumpelung durch den Weinteufel zu ſchützen, und zwar die bekannten, die Stirn kühlenden Eſeu— kränze. 5 Ueberall dort, wo es Menſchen gibt u. gege- ben hat, iſt immer getrunken worden. Auch von den alten Aegyptern wiſſen wir, daß ſie tüchtige Trinker waren. Sie ſtellten bei ihren Trinkgela— gen ſogar einen Sarg mit einem nachgeuhmten Leichnam zur Schau. Es ſollte das eine Mah nung zur feuchten Fröhlichkeit ſein, ähnlich der in unſerem Trintliede:„Freut Euch, ſolang noch das Lämpchen glüht...“ Intereſſant iſt die Gewohnheit der früheren Perſer, wichtige Ent— ſcheidungen erſt nach einer Beratung in dor Trunkenheit und in der darauffolgenden Nüch— ternheit zu treffen. Hatte nämlich die Beratung in der Trunkenheit und die in der Nüchternheit das gleiche Ergebnis, ſo glaubte man eine richtige Entſcheidung gefunden zu haben. Im übrigen haben ſich bei allen Völkern und zu den verſchie— denen Zeiten verſchiedene Trinkſitien ausgebil- det, allen gemeinſam aber iſt wohl das ſoge— nannte Zutrinken, bei den alten Römern„graece more bibere“ geheißen. Daß auch Frauen trinken, iſt kein Geheimnis, ja im Mittelalter gab es ſogar Frauen, die als Säuferinnen angeſprochen werden konnten. Lei— der ſoll es die auch heute noch geben... Wie ſteht es um die Wirtſchalle Von einem unſerer wirtſchaftspolitiſchen Mit- arbeiter. Die Hoffnungen, welche die Wirtſchaft auf die Beſſerung der Konjunktur in den erſten Mo- naten des neuen Jahres ſetzte, haben ſich, wie man nun leider feſtſtellen muß. nicht erfüllt. fehlt, und müſſen wir nicht hinaus über 55 eee eee eee Ilſe erhob ſich und reichte Haydamm die Hand. „Herr Haydanun,“ ſagte ſie gerührt,„ich werde Ihnen das nie vergeſſen!“ „Mein Fräulein“, erwiderte der Freund eorg Simmersdorfs verbindlich,„es enügt mir, zu wiſſen, daß Sie zufrieden ſind. Ihre Anerkennung iſt mein ſchönſter Lohn!“ Der Nachmittag verfloß in der angenehmſten Weiſe. Als Haydamm ſich zurückgezogen hatie, ſagte die Kommerzienrätin: Ich hätte niemals geglaubt, daß hinter dieſem roten, gemeinen Geſicht und unter dieſem kahlen Schädel ſo viel Edelmut, ſo viel Zartgefühl ſteckten!“ *.* d Am andern Tage begab ſich Ilſe zu Anni Lube, die ihre Stelle in der Leipzigerſtraße aufgegeben hatte, weil ſie ihr zu wenig eintrug, und teilte ihr mit, was zur Beſſerung ihrer Lage geſchehen werde. Zugleich beſtellte ſie das junge Mädchen in das Büro ihres Bruders, woſelbſt Paul Fiedler ſich am Nachmittag zur Verabredung alles Weiteren einfinden wollte. Der hagere Mann mit dem glatten, aus⸗ drucksloſen Bedientengeſicht und den biſſigen falſchen Augen gefiel Anni in keiner Weiſe. Da ſie aber in ihrer Lage nicht das Recht hatte, wähleriſch zu ſein, beſchloß ſie, ihr Miß⸗ trauen aufzugeben und auf die ihr gemachten Vorſchläge einzugehen. Als ſie den Bankpalaſt verließ, traf ſie den Major und Hanff, die ſoeben eintraten. Sie blieb ſtehen und teilte ihnen den Vorſchlag welcher ihr gemacht worden war, mit, worauf der alte Herr in die Worte ausbrach: „Er iſt alſo doch ein rechtſchaffener Gurſche, dieſer Simmersdorf! Wir hatten ihn falſch beurteilt!“ Der Major und Hauff wurden gleichzeitig vorgelaſſen. Sie ſahen ſich mit der größten Liebenswürdigkeit empfangen und in die Pläne Georgs und Haydamms eingeweiht. Als ſie hinaus waren, pochte es an die Tür des Zimmers und gleich darauf ſteckte Ilſe den anmutigen Kopf herein. „Ich will nicht ſtören,“ rief ſie,„ich wollte nur wiſſen, wie die Sachen ſtehen!“ Haydamm verneigte ſich reſpecktvoll.„Alles iſt Ihren Wünſchen gemäß geordnet, gnädiges Fräufein!“ „Anni Lube?“ „Wird Goſchäftsführerin bei Herrn Paul Niedler, erhält dort ein auskkmmliches Gehalt später Tantiemen. und freie Wohnung, ſo daß ſie ihre Großmutter. bei ſich haben kann!“ „Und Herr Hanff?“ „Ihm werden die Wechſel geſtundet; er kann bezahlen menn es ihm paßt!“ „lind der Major?“ „Mird ſein Aſſocie!“ „Dann habe ich nur noch zu danken, Herr Handamm!“ ſaate Ilſe bewegt.„Ich tue es hiermit! Jeht will ich nicht länger ſtören!“ Sie nickte lächelnd und vorſchwand. Haydamm aber bemerkte in ſpöttiſchem Tone zu dem jungen Bankier:„Eigentlich gebührt uns der Tugendyrejs. Geora!“ Der ſethtere ſan ihn feſt an dann fraate or für:: MNgrum hat dit eigenlich die Nechſel dieſos Dummfoyfes von Hauff angekauft. da du doch wiſſen mufteſt. daß er nicht ꝛahſon fann? Denn ich vermag an einen Aft der Großmut deinerſeits nicht recht zu glauben!“ Dieſer lächelte verſchmitzt, doch ſagte er nichts weiter. ** „Mama, ſaate Ie noch an demſelben Tage zu der Hpmmersſenrztin.„wie möre es. menn wir ſo pad als möglich nach Ferst ahne“ ſten? Ich ſehne mich nach Landluft!“ „Und deine Freunde hier?“ 1 „O,— für ſie iſt ja nun geſorgt.— Dank Herrn Haymann, der wirklich eine Seele von einem Menſchen iſt!“ Die Kommerzienrätin war ſofort bereit, Ilſes Wunſch zu erfüllen. Noch an demſelben Tage begannen die Vorbereitungen zur Reiſe. Ehe Ilſe Berlin verließ, hatte noch Anwi Lube, Hanff und den Major geſehen, welche ihr innig dankten, daß ſie ſie vom Ruin gerettet habe; wußten ſie doch, daß ſie ihr alles ver ſchuldeten. Und Ilſe hatte hoffnungsfreudis geſagt: „Es ift das alles mein Bruder kann, was Sie verloren!“ Anni hatte ſich voll Nut und Hoffnungen an die Arbeit gemacht. Das Geſchäft war nur klein und ſchlecht aſſortiert, ſo daß ſie nur we⸗ nig verwöhnte und unbemittelte Kunden zu be⸗ friedigen vermochte. Dazu bildete alles ein Wirrwarr, in dem nicht die geringſte Ordnung herrſchte. Ihr Prinzipal ſchien ſich wenig da⸗ rum gekümmert zu haben. Sie begann damit den herrſchenden Zuſtand zu beſeitigen, die unbedeutenden Vorräte beſſer aufzubauen und dem Laden ein ſauberes, anheimelndes Ge⸗ präge zu verleihen. Die von Fiedler angekündigten Neuanſchaf⸗ fungen kamen nicht. Und die fünftauſend Mark die Haydamm ihm zu leihen ſich bereit erkläet hatte,— durfte ſie das noch als Ernſt auffaf⸗ ſen? Entſchieden war es gut, wenn ſie ſich in bezug auf ihren Chef recht vorſah! Paul Fiedler ließ ſich nur mittags und abends ſehen, um von dem erzielten Erlöſe Kenninis zu nehmen. Stets war er zufrieden, nie ſagte er ſeiner ſchönen Verkäuferin ein böſoes Wort. Und als der Monat zu Ende war, zahlte er ihr pünktlich die ausbedungenen hundert Mark. f ö Gortſetzung folgt.) nur m wel en! Sobald erſtattet er Ihnen alles, Die Arbeitsloſenziffer iſt weit über das ſat⸗ ſonübliche Maß hinaus vorgeſchritten, und wenn ſich gegenwärtig, durch die Witterung begründet, hie und da einige Erleichterungen zeigen, ſo kann doch nicht bavon die Rede ſein, daß eine grundlegende Aenderung der Entwicklungsten⸗ denz angehoben habe. Aber auch die allgemeinbetrieblichen Verhält- niſſe, wie ſie ſich in den erſten zwei Monaten des Jahres geſtaltet haben, ſind alles andere als befriedigend. Aus den amtlichen Wirtſſchafts- berichten, beſonders aber aus den Ausführungen, wie ſie bei den verſchiedenartigſten Generalver⸗ ſammlungen der letzten Zeit gemacht worden ſind, ſpricht nach wie vor dunkler Peſſimismus. Zwar muß man gerade bei Generalverſamm- lungsberichten unterſcheiden und differenzieren, es wird manches nicht ohne Tendenz geſagt, aber im großen iſt tatſächlich die gegenwärtige Situ⸗ ation bedrückend und niederdrückend. Eine Wirtſchaft, die jeden vierten Induſtrie⸗ arbeiter arbeitslos und welche für viele Produktionsſtätten überhaupt keine Be⸗ ſchäftigung ſieht iſt ernſtlich krank. Jetzt rächt ſich bitter jenes unſelige Pumpen ausländiſchen Geldes in den letzten zwei Jahren. Unbekümmert um die letzten Auswerkungen und vor allem um die Notwendigkeit, nicht allein die ſehr drückenden Zins⸗ und Speſenbelaſtungen aufzubringen, ſondern auch eines Tages für die Rückzahlungen gerüſtet zu ſein, hat man damals Gelder aufgenommen, nur um der Not der Stunde zu entgehen. Jetzt werden die harten Verpflichtungen zur Realität. Und da bei der all— gemein ſchlechten Wireſchaftslage aus eigener Kraft die Schulden nicht abgetragen werden kön- nen, da aber von außen her materielle Erleich— terungen gegenwärtig nur ſehr ſchwer oder über- haupt nicht zu erlangen ſind, ſo bleibt nichts anderes übrig, als zu ſcharfeinſchneidenden Be— ſchränkungen überzugehen. Dazu geſellen ſich dann, wie immer in ſolchen Kriſenzeiten, finan— zielle Zufammenbrüche, und es iſt tragiſch zu ſe⸗ hen, wie von ſolchem wirtſchaftlichen Unglück ge⸗ rade in letzter Zeit wieder Formen erfaßt wer— den, die ſchon ein Menſchenalter und noch län- ger beſtehen und ſich eines großen Anſehens und eines guten kaufmänniſchen Rufes erfreuen. Die Grundurſache des gegenwärtigen Zu- ſtandes liegt aber doch letzten Endes darin, daß wir im Reiche bezüglich unſerer geſamten Wirtſchafts⸗, Finanz- und Steuerpolitik noch keinen feſten Boden gewinnen konnten. Ehe das nicht der Fall iſt, wird auch die Wirt⸗ schaft nicht zu einer klaren und weitſichtigen Dis- poſition kommen können. An ſich wären die Vor— ausſetzungen für eine Beſſerung der Wirtſchafts— Uage durchaus gegeben, wenn wir nur über den notwendigen Rückhalt dadurch verfügten, daß mit den Möglichkeiten einer Kapitalneubildung auch die Sicherung einer Rente für die Arbeit gewähr- leiſtet werde. Die Wirtſchaft hat ſchwere Opfer im letzten Jahrzehnt bringen müſſen und ſie wird auch weiterhin drückend belaſtet werden. Aber dieſe Laſten wiegen letzten Endes gering gegenüber einer Wirtſchaftspolitik. die der Arbeit den verdienten und gerechten Lohn nicht mehr zukommen laſſen kann oder gar das nicht mehr will. Hier iſt der Hebel anzuſetzen, und hier hat auch die Aufgabe der verantwortlichen Inſtanzen in Politik, Parlament und Winlſchaft zu be— ginnen. Frankfurt a. M., 2. März. Ein Hofgut für nur 14000 Mark. In Obertiefenbach (Heſſen⸗Naſſau) wurde ein Hofgut mit 82 Mor⸗ gen Land zu dem billigen Preis von 14000 Mark verlauft. Es iſt das ein Beweis dafür, in welch hartem Exiſtenzkampf ſich heute die Landwirt— ſchaft befindet. Uſingen(Taunus), 2. März. Die vergeſ—⸗ ſene Beerdigung. Dieſer Tage ſollte hier die Beerdigung einer alten Frau ſtattfinden. Ein zahlreiches Trauergeſolge hatte ſich am Trauer— haus eingefunden. Um 15 Uhr ſollte die Beſtat— tung vor ſich gehen. Der Totenwagen fuhr nicht vor, die Totenglocken ſchwiegen. Betrofſen ſahen ſich die Trauernden an, als der Pfarrer mit ſei— nen Meßdienern erſchien. Da ſchickte man zum Rathaus, damit endlich unter Klang der Glocken die Beerdigung ſtattfinden könne Dort aber war die Beerdigung vergeſſen worden. Das Grab war noch nicht geſchauſelt. Zwei Tage ſpäter erſt konnte die Tote ihre letzte Rubſtatt finden. Lahr, 2. März. Tödlicher Sturz. Der 50 Jahre alte Landwirt Wilhelm Vieſer ſtürzte geſtern vormittag als er am Dach ſeiner Scheune Ziegel ſtecken wollte, kopfüber in die Tenne ab Er erlitt einen Schädelbruch und war ſofort tot. NRundfunk⸗Pragramm Frankfurt. Mittwoch, den 5. März. 6.30 Wetter, Gymnaſtik, 11.15 Schulfunk, 12.00 Nachrichten, 13.15 Schallplattenkonzert, 15.15 Jugendſtunde, 16.00 Konzert des Rund⸗ funkorcheſters, 18.00„Rundfunkreportage“, 18.35 Uebertragung von Stuttgart, 19.30 Zeit⸗ berichte, 20.10 Meſſe As⸗Dur, 21.00 Uebertra⸗ gung von Stuttgart, 22.15 Nachrichtendienſt. r Stuttgart. Mittwoch, den 5. März. 6.45 Morgengymnaſtik, 10.00 Schallplatten⸗ konzert, 11.00 Nachrichten, 12.00 Promenaden⸗ konzert, 13.00 Schallplattenkonzert, 13.30 Wet⸗ ter⸗ und Nachrichendienſt, Schallplattenkonzert. 15.15 Uebertragung von Frankfurt, 15.45 Brief⸗ markenſtunde, 16.00 Uebertragung von Frank⸗ furt, 17.45 Wetter und Landwirtſchaft, 18.05 Vortrag, 18.35„Menſchenfreunde: Wilhelm Löhe“, 19.00 Zeit, 19.05„Jugoſlawien“, 19.30 Uebertragung aus Frankfurt, 21.00„Elga“, 22.15 Uebertragung von Frankfurt, anſchlie⸗ zend:„Grundſätzliches zur Morgengymnaſtik“. 1 Moldenhauer verhandelt Berlin, 4. März. Die durch die Ver⸗ tagung der Entſcheidung im Reichskabinett gewonnene! Friſt wird eifrig für Ver⸗ ſtändigungsverſuche unter den Regierungs⸗ parteien benutzt. Reichsfſnanzminſter Dr Moldenhauer verhandelt laut„B. T.“ mit volksparteilichen Politilern. Nach Anſicht des Blattes mehren ſich neuerdings die An⸗ zeichen dafür, daß gerade führende wirt⸗ ſchaftliche Kreiſe, die der Volkspartei nahe⸗ ſtehen, ihren Einfluß dafür in die Wagſchale werfen, daß die DVP. nicht alle Möglich⸗ keiten zur Verſtändigung verbaut. Die Hoffnung auf eine Verſtändigung ſei jedenfalls nach wie vor vorhanden. Der„Vorwärts“ und auch andere Blät⸗ ter ſind der Meinung, daß aller Voraus⸗ ſicht nach auch der Dienstag noch keine Ent⸗ ſcheidung bringen wird; dieſe dürfte viel⸗ mehr erſt für den Mittwoch zu erwarten ſein. Schon daraus ergebe ſich, daß ſich alle Teile des Kabinetts des ungeheuren Ern⸗ ſtes der Situation bewußt ſeien, und daß ein Beſchluß, der auf einen Zuſammenbruch der bisherigen Regierungspolitik hinaus⸗ gehe, nicht leichten Herzens gefaßt werden dürfe. Für die Sozialdemokratiſche Partei könne ſich, ſo bemerkt das ſozialdemokratiſche Zentralorgan, die Möglichkeit ergeben, die Wührerrolle, die ihr in der Koalition dank ihrer Stärke zukomme, doch etwas mehr als bisher zu betonen. Müſſe an das Zentrum der Appell gerichtet werden, daß es die Er⸗ ledigung der Noung⸗Geſetze unter allen Umſtänden zulaſſe, ſo müſſe ebenſo auch von der Volkspartei gefordert werden. daß ſie ſich von dem Druck der hinter ihr ſtehen⸗ den Wirtſchaftskreiſe befreie und dem Ge⸗ danken eines Opfers auch der Beſitzenden Rechnung trage. Vertaote Kriſe? * Die Reichsregierung trat Montag vormit— tag zu einer Miniſterbeſprechung zuſammen. Da— bei wurden alle Steuer- und Deckungsfragen be— handelt, ohne daß man zu einem Beſchluß ge— kommen wäre. Die Verhandlungen ſollen am Dienstag nachmittag 4 Uhr fortgeſetzt werden. In der Zwiſchenzeit ſollen innerhalb der einzel— nen Fraktionen Verſuche unternommen werden, die Gegenſätze zu überbrücken. In den Beratun— gen am Samstag und Sonntag hat die Deutſche Volkspartei bekanntlich den Grundſatz aufge— ſtellt, daß die Regierung die zwingende Pflicht habe, ihr mehrfach gegebenes Wort einzulöſen⸗ endlich Ordnung in die Reichsfinanzen zu brin— gen und ihre Sanierung mit allen Mitteln zu betreiben. Eine ſolche Reformarbeit könne nicht damit begonnen werden daß man an ihren An— fang eine neue direkte Steuer ſetzt, die beſtimmte Kreiſe der Wirtſchaft und der Steuerzahler ein— ſeitig belaſte. Das von den Sozialdemokraten und den Gewerkſchaften geforderte ſogenannie Notopfer ſei als einſeitige Sonderſteuer anzu— ſehen, die zudem die notwendige Reform der Arbeitsloſenverſicherung verhindere. Vom Mainzer Noſenmontag Mainz, 4. März. Auch der iſt wieder vorüber und es geht mit Eile auf den Aſchermittwoch zu. Diesmal hielt der Mainzer Roſenmontags— zug der Welt den Narrenſpiegel vor und der Humor mit der bekännten Zäre im Knopfloch ſuchte auch den Nöten unſerer Zeit ein Narren— geſicht abzugewinnen. Die Hunderttauſende, die — von nah und fern mit Dampf-, Benzin- und Stahlroß herbeigeſtrömt— ſich in den Luft— ſchlangendurchzuckten Seraßſen drängten, ließen ſich die behagliche Märzſonne auf den Buckel brennen, und den Bonbon- Blumen und Oran— genregen gefallen, der aus dem ſtundenlangen Feſtzug heraus unter die Menge fiel. Mehr als 100 ulkige Nummern zogen am Zuſchauer vor— über mit einem Zuge, in dem jeder Klepper erſter bis ltzter Ordnung mobiliſiert war. U. a. fuhr eine humorvolle Darſtellung des vorjäh— rigen Karnevals„mit 26 Grad Kälte“ vorüber. an einer übergroßen ſchwarzrotgoldenen Frucht nagten ebenſo rieſige Weſpen(„Die ſchlechteſten Früchte ſind es nicht... uſw.), der„letzte echte Mainzer Käſe“ in Trauerhut und Flor weinte über den Ausſterbeetat und in den Trichter der Eingemeindungsmühle warf man perſonifizierte Gemeinden. Einigen„Wechſelreitern“ folgte ein zum Mettgeſtell umgeſtalleter Wagen, in dem der Pleitealb den Schlummernden zu grauen Sorgen weckte. Daß das Finanzamt, die Reichs⸗ bahn. die Theaterfrage und der Mainzer Stadt. rat hergenommen wurden verſteht ſich von ſelbſt und daneben fanden noch viele Mainzer Schmer- zen luſtige Kritik. Ueber all dem Ulk vergaß man faſt. daß Mainz beſetzt iſt, hätten nicht Mainzer Säuglinge im Steckkiſſen den Furor Die ſtädtiſchen Kehrmaſchinen, die den Zug begleiteten, vermochten nicht die gewaltigen Mengen Buntpapiers zu bewältigen, die Gaſt⸗ ſtätren nur mit Mübe den in Durſt umgeictz⸗ ten Humor und die durch So derzuge ver⸗ ſtäfkte Ne gsbahn den ſtaltſen Veckehr hin und zurück Nur der Verkehrelchutzmann wurde e ner Aufgabe gerecht und weder während des Zuges noch in dem anſchließenden Gedränge das bis zum Abend durch die Straßen wogte, Verzicht auf Notopfer? Etatiferung der Arbeitsloſenverſicherung? Unter dieſen Umſtänden wird der Gedanke einmaliger allgemeiner(nicht auf einen Berufs⸗ ſtand beſchränkter) Zuſchläge zur Einkommen⸗ ſteuer auſs neue erörtert, die im nächſten Steuer⸗ jahr angerechnet werden ſollen. Außerdem iſt jetzt die von den Demokraten unterſtützte For— derung der Deutſchen Volkspartei auch innerhalb des Kabinetts in den Vordergrund getreten, die Steuerſenkung für das Jahr 1931 ſchon jetzt feſt⸗ zulegen. Die Sozialdemokratie macht demgegen⸗ über geltend, dies hieße durch ein einmaliges Opfer, das außerdem gutgeſchrieben werden ſoll, eine dauernde Laſtenſenkung erkaufen. Es ſteht alſo theoretiſch auf dem alten Fleck. f In der Montagmorgen-Preſſe war einmütig zum Ausdruck gekommen, daß eine Ka— binettskriſe unvermeidlich und der Rücktritt Mol— denhauers zwingend ſei, nachdem er mit ſeiner Auffaſſung über die Finanzierung nicht durchge— drungen ſei. Der Verlauf der Montag-Beſpre— chungen hat dieſer Auffaſſung nicht recht gegeben. Alle Spekulationen auf die erweiterte Weimarer Koalition d. h. mit Unterſtützung der Baveriſchen Volkspartei ſind fragwürdig. oder gar hinfällig geworden. Eine Entſcheidung hierüber iſt nicht vor Dienstag zu erwarten, da die Leitung der Bayeriſchen Volkspartei erſt am Dienstag in München zuſammentritt. In parlamentariſchen Kreiſen war man der Meinung, daß die Bayeriſche Volkspartei ſich nicht an der Weimarer Konlitinn beteiligen wi de, falls dieſe Frabe akut werden ſollte. Durch einen ſolchen Beſchluß mürde die ge— fumte Liquidation wmahrſcheinlich meſentlich vereinfacht, da die reine Weimarer Kyalition noch un wahrſcheinlicher ſein dürfte, als mit 8 Unlerſtützung der Bayeriſchen Vyürfspartei. Im allgemeinen iſt man am Montag in Berli— ner parſamentariſchen Kreiſen geneigt anzuneh— men, daß man erſt die Erſediaung der zweiten und dritten Leſung der Vounaageſetze verſuchen will. bevor man auf eine endgültige Klärung der Finanz- und Steuerfragen drängt. Man glaubt in dieſem Falle nicht daß ſich das Zen— trum der Befreiung des Rheinlandes durch Ab— lehnung der Pounggeſetze widerſetzen würde. Die Jallwaffenſtillſtands⸗ Konferenz Genf, 4. März. Seit der durch die franzöſiſche Abſehnung des europäiſchen Zollwaffenſtillſtan— des bedinaten Stockung in den Arbeiten der Noll— konferenz finden fortgeſent Beratungen der Prä— ſidjaſßüros mit den Vorſikenden der verſchiede— nen Unterausſchüſſeo den führenden Dolegatiyns— führern und den hier anweſenden Mitgliedern des Wirtſchaftskomitees ſtatt. um zu einer gang— baren Löſung zu gelangen. Nach dem gegenwär— tigen Stand der Beſprechungen. die auch am Montag eifrig fortaeſetzt wurden, wird in unter⸗ richteten Kreiſen erklärt, daß auf keinen Fall eine Vorſchlechterung, ſondern eher eine Verbeſſerung der Lage eingetreten ſein, wenn auch ein endgül— tiges Urteil nicht abgegeben werden könne. Nach dem Geſamtbild der Meinungen, das jetzt vorliegt, handelt es ſich darum für die all— gemeinen Grundlinien, die ſich für die Löſungs— möglichkeiten ergeben haben, einen konkreten Plan zu ſchaſſen, der eine gewiſſe Stabiliſierung der Verhältniſſe gewährleiſten würde. de brauchten die über die Stadt verteilten Sani— tätsmannſchaften in Aktion zu treten. In unſerer Zeit find die Biſſen ſchmal, da will man ſie wenigſtens von buntem Teller eſſen! Der Kölner Poſenmonfnaszug Köln, 4. März. Schon in den geſtriagen Vormittagsſtunden entfaltete ſich hier ben ſchönſtem Frübiahrswetter ein lebhafter Ver— kehr in den Straßen. In vielen Zügen trafen zahlreiche Auswärtige ein, um den Roſen— montagszug zu ſehen Gegen 1.30 Uhr ſetzte ſich der Zug unter den Klängen karnevaliſtiſcher Schlager in Bewegung. Eine Stunde dauerte es, bis der aus 25 Magen, zaßlreichen Muſik⸗ korps. Neitergruppen, vielen Gruppen zu Fuß, und Bagagewagen gebildete Zug mit der letz— fen Gruppe den Neumarkt verlaſſen hatte. Eine unzählige Menichenmenge umſäumte die Plätze und Straßen der Innenſtadt, durch die Prinz Karneval mit dem großen närriſchen Gefolge ſeinen Weg nahm. In dem originel— len Zug, dem die Idee„Die Welt im Jahre 2000“ zu Grunde ſag, wurden allerhand kom— munalvs'diſche Fragen in humoriſtiſcher Peiſe dargeſtellt. i Ae bee Atti Le Wiederbeginn der deutſch⸗- öſtereichiſchen Strafrechtskonferenz. witb Wien, 3. März. Heute vormittag trat in Parlament wieder die deutſch- öſtereichiſche Strafrechtskonferenz zuſammen, an der Mit glieder des Strafrechtsaasſchußes des Deutſchen Reichstages und des vom öſtereichiſchen Natio— Arat zur Vorbereitung des Strafgeſetzes ein— geſetzten Sonderausſchußes teilnahmen. Nack Begrüßungsanſprache des Obmannes des öſte reichiſchen Sonderausſchußes. Dr. Waber. und des öſterereichiſchen Juſtizminiſters, Dr. Slama, übernahm der Führer der deutſchen Delegation, Geheimrat Dr. Kahl, mit einigen Dankesworten den Vorſitz, worauf die Konferenz in die ſach⸗ lichen Beratungen eintrat. ziemlich! Aus aller Welt Ein Metzger will ſeinen Lehrling ſchlachten. Berlin, 2. März. Am Freitag nachmittag ſpielte ſich, wie die„Voſſiſche Zeitung“ berichtet, in Bernau ein unheimlicher Vorfall ab. Ein Schlächtermeiſter S. forderte ſeinen 15 jährigen Lehrling auf, mit ihm in den Schlachtraum zu kommen. Dann verſchloß er die Tür und be— gann die Schlachtmeſſer zu ſchleifen und bereit zulegen. Der Lehrling half ihm nichtsahnend bei der Arbeit. Plötzlich griff der Meiſter nach einem Strick, um den Jungen an den Schlacht- bock zu binden. Erſt jetzt wurde ſich der Lehr- ling darüber klar, daß er ſelbſt dem Meiſter als Schlachtopfer dienen ſollte. Laut um Hilfe ru— end verſuchte er aus dem Raum zu fliehen. Der Geſelle des Schlächters, der durch den Lärm auf⸗ merkſam geworden war, brach die verſchloſſene Tür zu dem Schlachtraum mit Gewalt auf und es gelang ihm, den Irrſinnigen zu Boden zu werfen und ihm dadurch, daß er den Arm brach. das Schlachtmeſſer zu entwinden. Der Schläch⸗ ter wurde ſofort der Provinzial-Irrenanſtalt Elberswalde zugeführt. Ausſchreitungen auf einem franzöſiſchen Rennplatz. Aehnlich dem Beiſpiel von Stennes proteſtierte am Sonntag das Mar— ſeiller Rennpublikum gegen eig Urteil des Schiedsrichters. Bei einem Rennen war der Favorit. der zwei Hürden umgangen hatte, aus⸗ geſchloſſen worden. Das Publikum überrannte die polizeiliche Abſperrungskette. drang in das Rennfeld ein und ſteckte, nach Pariſer Muſter, ein Feuer an, nachdem es die Varrieren und Hürden dazu zuſammengetragen hatte. Erſt ge⸗ gen Abend konnte die Polizei die Menge vom Braubplatz vertreiben und die Feuerwehr abs dann die Löſcharbeiten aufnehmen. Lokale Hachrichten » Konferenz-Verlegung. Umſtändehal⸗ ber muß die auf Samstag, den 8. 3. 30 ange- ſetzte Konferenz um 8 Tage verſchoben werden auf Samstag, den 15. März 1930 am gleichen Ort zur ſelben Zeit. * Der Kappenabend der Sänger Einheit hatte ſich eines überaus zahlreichen Be⸗ ſuches zu erfreuen. Unter den Klängen der Kapelle Schneider ⸗Schmitt hielt der kl. Rat ſeinen Einzug in dem feſtlich geſchmückten Freiſchützſaale, woran ſich eine Polonaiſe anſchloß. Unter Führung des närriſchen Polizeidieners Babylon zog alsdann der hohe Rat geſchloſſen zum Komiteetiſch auf der Bühne, von wo aus der Narrenpräſident K. Zöller ſeine Feſtrede hielt. Hieran reihten ſich dann zwiſchen den einzelnen Tänzen, verſchiedene humor. Vorträge und Büttenreden an, die beifällig aufge- nommen wurden. Jedoch blieben die Glanznummern des Abends: die 12 Zylinderhüte unter Lonas Leitung, das Einheitsballett— Ballettmſtr. M. Koob mit ſeinen Girls, und die lebende Orgel— Hans Brückmann mit ſeinem Enſemble. Die Be- ſteigung der Bütte durch Hebevorrichtung löſte immer großen Beifall aus. Zwei Vereinsclowns, Nazi und Spogel verſtanden es gut, die Darbie— tungen durch ihre üblichen Fineſſen zu ergänzen. Dank dem Vergnügungskommiſſar Jakob Neudörfer mit ſeinem Stabe, dem auch diesmal 3 Damen an- gehörten, für die gut gelungene Unterhaltung. Waris 3. März. Waldſportplatz. Vereins- und Trainingsabende der Sportygg. Amicitia 09 e. V., Waldſportplatz mit eigenem Vereinshaus und Cafe-⸗Reſtaurant. Donnerstag abend halb 6 Uhr: Training der 1. M. auf dem Platze in Sport unter Leitung des Sportlehrers, alle Spieler haben dazu pünktlich zu erſcheinen. Freitag abend 8 Uhr: Jugendleiter Sitzung und Pflichtverſammlung aller Jugendspieler. Halb 9 Uhr: Spielausſchuß- Sitzung mit Zuſammen⸗- kunft des Vorſtandes. Die Trainings werden wie folgt ab März feſtgelegt: Mittwochs ab halb 6 Uhr: 2. u. 3. M. Freitags ab halb 6 Uhr: alle Jugendmannſchaften. Dienstags u. Donnerstags: 1. M. m. beſtimmten Erſatzleuten Pflichttraining in Sport unter Leitung unſeres Sportlehrers. Anordnungen desſelben auf dem Platze ſind ſtrengſtens ein- zuhalten. Die Sportleitung. FE Uereins-Anzeiger Unter dieſer Rubrik wird Vergnügungsanzeigen keine Aufnahme gewährt a Club der Geflügelzüchter 1926. Wir halten am Donnerstag, den 6. März, abends 8 Uhr im Lokal z. Gold. Stern unſere 2. Ver- ſammlung ab. Die Tagesordnung wird daſelbſt bekannt gegeben und es iſt notwendig, daß alle Mitglieder anweſend ſind. Eiitegetermin iſt der 10. März, wo möglich bei der Verſammlung melden. Der Vorſtand. Verein für port u. Körperpflege 1896. Die regelmäßigen Uebungsſtunden finden wieder Mittwochs und Samstags ſtatt. Um pünktliches und vollzähliges Erſcheinen der Aktivität bittet Der Uebungsleiter. — ee r 9 ö D 5— 5