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Die Beamten proteſtieren vor allem gegen die Einſeitigkeit und den unſozialen Ch rrakter der heſchloſſenen Reichshilfe und betonen, iß duich das neue Ausgabenſenkungsgeſetz die den Be— amten in der Reichsverfiſſung gewährleiſteten Garantien erſchüttert werden Deutſche Beamtenbund bringt hinfiſchtlich der geplanten Sparmaßnahmen eine ganze Reihe von Beden— ken zum Ausdruck. Tagesnachrichten Schweres Unwetter über Frankfurt a. M. witb Frankfurt a. M., 14. Juni. Ueber Frank, furt a. M. entlud ſich in den ſpäten Nachmit— tagſtunden des Freitag ein heftiges Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen. Innerhalb we— niger Minuten waren die Straßen überflutet und jeglicher Verkehr lahmgelegt. Der Blitz ſchlug an verſchiedenen Stellen der Stadt ein, ohne jedoch zu zünden. Perſonen ſind nicht zu Schaden gekommen. Lediglich der Waſſer. und ſonſtige Schaden ſoll, wie bisher feſtgeſtellt werden konnte. ziemlich bedeutend ſein. Ein⸗ zelne Stadtteile waren in d. Abendſtunden eine Zeitlang ohne Licht⸗ und Kraftſtrom. Der Die letzten Tage der Beſetzung Stimmungsbild eines franzöſiſchen Journaliſten. Unter dieſem Titel läßt ſich der Pariſer ſayriſche„Canard Echaine“ von ſeinem nach Mainz entſandten Sonderberichterſtatter be— richten: In einigen Tagen werden die Rheinufer nicht mehr unſere lieben blauen Uniſormen ſehen. Man kann ohne Uebertreibung ſagen, daß wir uns an einem Wendepunkt der Geſchichte befinden. Das Rheinland iſt voller Freude. Ich bin heute mor— gen in Mainz ſpazieren gegangen und mein Franzoſenherz blutete, als ich auf allen Geſich— tern, denen ich begegnete, eine tückiſche und heuch— leriſche Freude las. Eine tiefe Erſchütterung bemächtigte ſich mei— ner beim Anblick der Kaſernen, die morgen leer ſein werden. Am Gitter der Caſteinau-Kaſerne war die Schildwache bereits im Begriffe, melan— choliſch ihr Bündel zu ſchnüren. Ich wiſchte eine Träne ab, die an Wimpern perlte... Auf der großen Bleiche ging ein Hauptmann des Bekleidungsmagazins vor dem deutſchen dienſthabenden Poliziſten mit traurigem Geſichte auf und ab. Jedesmal ſalutierte der Schupo militäriſch. Wenn man bedenkt, daß wir dies nicht mehr ſehen werden. Es iſt fürchterlich! In der Nähe des Stadtparks, vor den präch— tigen Villen, die die Familien unſerer Offiziere bewohnten, iſt das Schauſpiel noch peinvoller. Man zieht aus, man packt die Koffer, man pflückt die letzten Blumen im Garten. Und hohnvoll betrachten die künftigen Bewohner dieſer Villen die Szene mit Frechheit. Sie ſehen ſo glücklich aus! Welche Unverſchämtheit! Als ob ſie nicht ſchon die Gewohnheit hätten, ſeit zwölf Jahren im Hotel zu wohnen, nachdem man ſie aus ihrem Hauſe rausgeſchmiſſen hat. In der Rheinallee begegnete ich dem auf einer Bank ſitzenden Sonderberichterſtatter des„Ma— tin“, der beim Durchleſen ſeines ſoeben verfaß— ten Artikels heiße Tränen vergoß. Wir drückten einay ner wortlos die Hand, denn keiner von uns fand uusdrücke für unſere Erregung. Die Verzweiflung der franzöſiſchen Soldaten iſt unermeßlich.„Bedenken Sie doch“, vertraute mir ein Artilleriſt an,„gerade in dem Augenblick, wo man die ſteife Kappe wieder einführt, müſſen wir dieſes Land verlaſſen.“ „Und dann“, ſagte mir ein Korporal,„waren wir glücklich. Wenigſtens hatten wir den An— ſchein, zu etwas gut zu ſein. Wir hielten die Wache am deutſchen Rhein und traten hier als Eroberer auf. Aber wie werden wir in den franzöſiſchen Garniſonen ausſehen? In Toul, Bar⸗le⸗Duc, Epinal, Langres, Chalons? Hier zählte der Aufenthalt für die Beförderung als halber Feldzug. während wir in Frankreich vege— tieren werden. Ich ſpreche nicht für mich, denn ich habe bereits einen Grad. Aber die anderen, die Untergebenen? Oh, wie traurig iſt dies alles...“ Man ſpürt in der Bevölkerung die Freude, welche bereit iſt, auszubrechen. Die bengaliſchen Feuer ſind vorbereitet und die Fahnen werden aus den Käſten hervorgeholt. Am 1. Juli wird das ganze Rheinland ſeine wiedergewonnene Freiheit mit koloſſalen Feſten ſeiern. Ach, ich bin zu aufgeregt, ich kann nicht wei⸗ ter... meine Feder zittert.... Neben mit ſchluchzt der Sonderberichterſtatter des„Matin“ verzweifelt. Aber das iſt noch gar nichts. Wenn meinen Sie erſt den des„Echo de Paris“ fehen könnten“ Untererhebſtelle. Die Gewerbe-Pateute für 1930 können an den Zahltagen dieſer Woche abgeholt werden. Der Preis von 2 Mark iſt ſofort zu entrichten. Das 1. Ziel Heſſ. Staatsſteuern 1930 kann dieſe Woche noch ohne Mahnkoſten bezahlt werden. Das 2. Ziel iſt bis zum 25. Juni fällig. Die noch in großer Zahl vorhandenen Ab— fuhrſcheine der letzten Holzverſteigerungen werden nach Ablauf dieſer Woche in Beitreibung genommen. Die entſtehenden Koſten haben ſich die Säumigen ſelbſt zuzuſchreiben. Kirchner. ee ee e ee. I. A V 2 ſſſchgggenmmagaag Morgen Sonntag findet in den unteren Räumen des Gaſthauſes „zum Schützenhof“ eine grosse Blumenschau ſtatt, wozu alle Intereſſenten und alle Intereſſenten des Obſt- und Garten- baues herzlichſt eingeladen ſind. Eintritt frei! e Zambens enen atser lniatnnnuatuehnununuutnt Morgen Sonntag Nachmittag Tanz. Es ladet höflichſt ein Die Kapelle: Gärtuner⸗Seibert Der Wirt: Karl Lamberth. ur Skflbeineauizucnt empfehle ich billigſt: 1a Futterhaferflocken Futterkalk„Viehmaſt“ Mais⸗ und Gerſtenſchrot Futtermehl, Kleie Schnitzel, Fiſchmehl Knochenmehl uſw. Joh. Val. Hofmann 2. Empfehle: Prima glanzheller Apfelwein Ltr. 50 Pfg. Malaga Fl. 1.30 Mk. Wermut Fl. 1.50 Mk. Weißwein— Rotwein— Liköre. Lebensmittelhaus 0 e N 2 0 0 . 7 NN Zum Rebſtock. Peter Roschauer Ein ſchönes Aanmer an einzelne Perſon ſofort zu vermieten. Von wem, Weiße Leghorn Kücken zu verkanfen. ſagt der Verlag. Bürftädterſte. 36. ue un 4e lee 2. Blatt zum Vviernheimer Anzeiger e ben Entſcheidende Beſchlüſſe des Reichskabinetts Berlin, 13. Juni. Das Reichskabinett hat in ſeiner erſten Sitzung nach der Pfingſtpauſe unter dem Vorſitz des Reichs⸗ lanzlers zunächſt den Geſetzentwurf über die Reſorm der Krankenverſicherung ver⸗ abſchiedet und dann die letzte Leſung jener Vorlagen vorgenommen, die zur Deckung des Etatdefizits dienen ſollen, alſo auch des Geſetzentwurfes über das Notopfer, der von den Beamten und Feſtbeſoldeten 4 Prozent ihres Roheinkommens als „Reichshilfe“ fordert. Der Verlauf der geſtrigen Kabinettsſitzung. wtb. Berlin, 14. Juni. Bei Beginn der ge— ſtrigen Sitzung des Reichskabinetts ſprach Reichskanzler Dr. Brüning dem anweſenden Reichsbankpräſidenten Dr. Luther den Dank der Regierung für die außerordentliche Umſicht dus, mit der er und ſeine Mitarbeiter die ſchwierigen Verhandlungen bei Abſchluß der auf Grund des Haager Abkemmens getätigten Anleihe geführt haben. Der Reichsfinanzminiſter trug alsdann die auf Grund der letzten Kabinertsbeſchlüſſe ſor— muerte Begründung der Dedlungsvorlage vor, der das Reichsbakinett einmütig zu— ſtimmte. Die Begründung hat die Aufgabe, das Deckungsprogramm der Reichsregierung für die geſamte Oeffentlichkeit in den Rahmen des großen Programms der Reichsregierung einzufügen. Ziel der Vorlage iſt die Ueberwin— dung der Arbeitsloſigkeit, die Wiederherſtel⸗ lung der Rentabiltät der Landwirtſchaft und die Sanierung der Finanzen. Die Arbeits⸗ loſigkeit iſt nur ein Symptom der ſchweren wirtſchaftlichen Depreſſion. Die Reichsregierung iſt der feſten Ueberzeugung, daß durch ihre Maßnahmen, obwohl die Arbeitsloſigkeit zum Teil durch eine ſchwere Weltkriſe bedingt iſt, dieſe in erheblichem Umfange gemildert werden kann. Zu dieſem Zwecke iſt das große Arbeits- beſchaffungsprogramm aufgeſtellt, das im we— ſentlichen in der Erteilung von Aufträgen der Reichsbahn und Reichspoſt und in einer ſtarken Belebung des Baumarktes beſteht. Auch die Maßnahmen auf dem Gebiete der Agrarpolitil und der Oſthilfe dienen dazu, Arbeit und Brot zu ſchaffen und damit die Gefahr der Arbeits— loſigkeit zu verringern. Vorausſetzung iſt die Möglichkeit der Aufbringung der Mittel, die Herſtellung und Erhaltung des Gleichgewichts im Haushalt. Die Schwierigkeiten können je— doch nur überwunden werden, wenn es ge— lingt, alle Produktionskoſten und Preiſe rabzuſetzen und ſo zu einem generell niedri— zen Preisniveau zu kommen. Bei dieſer Poli— tik iſt die Reichsregierung auf die Einſicht und die tätige Mithilfe der Beteiligten an— gewieſen. Dabei wird ſie ihre eigene Hilfe nicht verſagen, die ſie zur Verbindlichkeitser⸗ klärung für die Gruppe Nordweſt der Eiſen⸗ induſtrie und Stahlinduſtrie geführt hat. Nur zuf dieſem Wege wird es möglich ſein, zu Pro⸗ duktionsbedingungen zu kommen, die zu einer dauernden Verbeſſerung der Arbeitsmarktlage führen können. Das Reichskabinett verabſchiedete ein Ge⸗ ſetz zur Erzielung von Erſparniſſen bei Reich, Ländern und Gemeinden. In dieſem Geſetz find auch Beſtimmungen enthalten, die die Mißverhältniſſe zwiſchen den Per⸗ ſonalausgaben der Gemeinden und denen von Reich und Ländern beſeitigen können. Das Reichskabinett beſchäftigte ſich dann mit den übrigen geſetzgeberiſchen Maßnahmen, die der Reichsfinanzminiſter zum Ziele der Verwal— tungsvereinfachung und Erſparnis getrofſen hat. Auf Vorſchlag des Reichsſinanzminiſters ſollen dieſe einzelnen geſetzgeberiſchen Maßnahmen in einen größeren umſaſſenden Rahmen hineinge— ſtellt werden, der nach dem Ergebnis der bevor— ſtehenden Sitzung des Verfaſſungsausſchuſſes der Länderkonferenz feſtgelegt werden ſoll. Das Reichskabinett kam in Uebereinſtimmung mit den Reichsfinanzminiſter zu dem Ergebnis, daß nur durch Einbeziehung aller öffentlichen Körperſchaf— ten nach einem einheitlichen Plan in Gemein— ſchaft mit den Ländern eine bedeutende Erſpar⸗ nis und Vereinfachung der Verwaltung erzielt werden kann. Das Reichskabinett beſchloß dann, um die Verwaltungsvereinfachung vorzubereiten. für die Dauer des Etatjahres von der Beſetzung freiwerdender Planſtellen in den Miniſterien und in ſolchen Gebieten der Außen⸗ verwaltung Abſtand zu nehmen, die im Rahmen, des bereits beſchloſſenen Vereinfachungspro⸗ gramms in Zukunft wegfallen. Entſprechend der Notwendigkeit, zu einer Vereinfachung der ge⸗ ſamten Lebensführung zu kommen, beſchloß das Reichskabinett, auf 20 Prozent der den Reichs⸗ miniſterien für Zwecke der Repräſentation zur Verfügung ſtehenden Haushaltsmittel zu verzich⸗ ten. Dieſe e umfaſſende Reſorm könne aber ausreichende parnis nur auf lange Sicht bringen, während die Not der Zeit und die Durchfübruna das Mroromms der Reichsreale⸗ zung entſchloſſenes und ſoſortiges Handeln erfor— dert. Deshalb hält die Reichsregierung ſeſt an der Notwendigkeit der ſofortigen Erledigung des Geſetzes zur Reform der Arbeitsloſenverſiche⸗ rung, der Deckungsvorlage und des Entwurfs einer Reform der Krankenverſicherung, der heute vom Reichskabinett verabſchiedet wurde. Dieſer Entwurf bezweckt den Ausgleich der vor— übergehenden Belaſtung, die durch Erhöhung der Beiträge in der Arbeitsloſen-Verſicherung eintre— ten. Das Reichskabinett iſt ſich ſchlüſſig gewor⸗ den, dem Reichstag Abſtriche am Reichsetat im einzelnen zu unterbreiten. Auch dieſe Erſpar⸗ niſſe können nach Lage der Dinge zur Zeit nur geringfügig ſein. wenn an den größten Ausgabe— poſten, den Perſonalkoſten, vorbeigegangen wird. Für dieſe Erſparniſſe ſind zur Zeit keine anderen Wege möglich als die vom Reichskabinett beſchloſ— ſene Reichshilſe der Feſtbeſoldeten. Auch die in geſicherier Lebensſtellung Befindlichen müſſen der Not der Zeit ein Opfer bringen, wenn auch von den Arbeitnehmern Opfer gefordert werden. An— dere Wege wie z. B. ein allgemeiner Zuſchlag zu Einkommenſteuer, haben eine ſchwere Bela— ſtung der Produktion im Gefolge. Die Reichsregierng beſitzt ſo im Ganzen ein einheitliches. Programm an dem ſie nach wie vor feſthält, da ſie der Ueberzeugung iſt, daß nur ſeine konſequente Durchführung die Rettung aus ſchwe— rer Not bringen kann und bringen wird Die Sozialdemokratie gegen die Deckungs vorſchläge der Regierung. enb. Berlin. 4 Juni.(Eigene Meldung.) Der Vorſtand der Sozialdemokratiſchen Reichstags— fraktion beſprach am Freitag in mehrſtündiger Sitzung die politiſche Lage und erörterte nament— lich die Vorſchläge, die das Reichskabinett zur Abdeckung des Defizits ausgearbeitet hat. Es beſtand, wie der„Vorwärts“ meldet, Einmütig— keit darüber, daß die Regierungsprojekte in ihrer gegenwärtigen Faſſung für die Sozialdemokratie nicht annehmbar ſein werden. Es beſtehen leb— hafte Bedenken gegen den Verſuch, die Beſeiti— gung des Fehlbetrages der Arbeitsloſenverſiche— rungsanſtalt durch eine einſeitige Belaſtung der Beamten und der feſtangeſtellten Privatbeamten zu erreichen. Die alte ſozialdemokratiſche An- regung, zur Sanierung der Arbeitsloſenverſiche— rung die höheren Einkommen ganz allgemein durch entſprechende Zuſchläge heranzuziehen. wurde aufs neue in den Vordergrund geſtellt. Die endgültige Entſcheidng über dieſe Ange— legenheit ſowie über den ganzen Komplex der mit der Wirtſchafts- und Finanzlage zuſammen— hängenden Fragen werden der Reichstagsfral— tion vorbehalten, die am kommenden Montag zu— ſammentritt. N Ausland Annahme des Entwaffnungsgeſetzes im öſterreichiſchen Nationalrat. mib. Wien, 13. Juni. Nationalrat nahm in zweiter Leſung nach längerer, teil— weiſe lebhafter Debatte mit 86 gegen 72 Stitn⸗ men das ſogenannte Entwaffnungsgeſetz an. Die ſozialdemokratiſchen Abänderungsanträge wurden abgelehnt. Die dritte Leſung findet am Dienstag ſtatt. Der Politiſche Gedanken zum Wochenende Außenpolitiſche Umſchau.— Italien im Die Kampffront gegen Frankreich.— — König Carol 2.— Vor dem Beginn * Die innerpolitiſchen Sorgen und Nöte bringen es mit ſich, daß wir oftmals der Außen— politik nicht das gebührende Intereſſe zuwen— den. Das iſt zu verſtehen, muß aber als Fehler gewertet werden. Denn wir befinden und in Eu— ropa inmitten eines Umgeſtaltungsprozeſſes. Eine neue Mächtegruppierung geht an. Die während des Krieges geſchloſſene Front der ehe— maligen Feindbundmächte beginnt ſich auffällig zu lockern. England ſteht heute ſchon in einem erheblichen Gegenſatz zu Frankreich, auf der an— deren Seite beginnt eine umfaſſendere Annähe— rung Großbritanniens an die Vereinigten Staa— ten. Doch wird die geſamte europäiſche Politik am maßgebendſten beeinflußt durch den franzöſiſch— italieniſchen Gegenſatz. Hier ſind es weniger großpolitiſche Fragen, welche den franzöſiſch— italieniſchen Streit heraufbeſchworen haben, iſt es weniger die durch die ſogenannten Frie— densverträge neugeſchaffene internationale Lage der beiden Länder, ſondern es handelt ſich in der Hauptſache um die ureigenſten Lebensfragen Italiens ebenſo wie Frankreichs. Aus den Reden Muſſolinis wie Grandis haben wir die Zielſetzung der italieniſchen Po— litik kennen gelernt. Sie konzentriert ſich in politiſcher und wirtſchaftlicher Hinſicht auf das Mittelmeer. Italien muß Gelegenheit ſchaffen, infolge ſeiner ſtetig wachſenden Bevölkerungs— ziffer, ſein Menſchenmaterial unterzubringen, darüber hinaus auch ſeine Grenzen zu ſichern und nicht zuletzt wirtſchaftliche Ausdehnungs— möglichkeiten zu erzielen. Und da beginnt ſchon der Kampf gegen Frankreich. Es iſt bekannt, daß auch Frankreich ſein Auge auf das Mittelmeer geworfen hat. Es befürchtet einen Preſtigeverluſt und ſucht deshalb jede andere Macht, die ebenfalls am Mittelmeer in— tereſſiert iſt, zurückzudrängen. Um dieſes Ziel zu erreichen, ſchließt es hinter dem Rücken Ita— liens unbedenklich Sonderverträge mit weiteren Staaten ab, die nur wieder dem Zweck dienen ſollen, ſich militäriſch wie diplomatiſch gegen alle Zukunftsmöglichkeiten zu rüſten. Das iſt für Italien Veranlaſſung geweſen, ſeine politiſche Front gegen Frankreich zu ſtel— len. Es dreht ſich bekanntlich darum, daß Frank— reich zuerſt auch heute noch trotz des Briand— ſchen Memorandums von dem Pan-Europa Sicherheit verlangt, dann erſt Schiedsgericht und Abrüſtung. Wir Deutſche haben ſchon im- mer dagegen den Standpunkt vertreten, dem ſich jetzt auch Italien angeſchloſſen hat, daß wir eine Sicherung des europäiſchen Friedens nur darin erblicken können, wenn die Staaten erſt abrüſten, ſich dann den Schiebsgerichten anſchlie— ßen und durch ſie die eigentliche Sicherheit der Nationen garantiert iſt. Dieſes Ziel iſt aber nur zu erreichen, wenn, wie ſelbſt Muſſolini wieberum mit Unterſtüt— zung des deutſchen Standpunktes erklärt hat, die verſchiedenen Friedensverträge einer Revi— ſion unterzogen werden. weil auf keinen Fall die durch die Zwangsdiktate geſchaffenen euro⸗ päiſchen Zuſtände mit der dauernden Niederhal- tung der ſogenannten beſiegten Mächte verewigt werden dürfen. Gerade dieſe Erklärungen des italieniſchen Duce gewinnen größte Bedeutung, weil durch ſie für alle Welt klar zum Ausdruck gebracht worden iſt, daß es Staaten gibt, die nicht in ihrem jetzigen Zuſtand bleiben können. Wir verkennen abſolut nicht, daß auch Italien bei ſeiner politiſchen Einſtellung zuerſt nur an ſich denkt, und dann vielleicht an ſeinen Bundesgenoſſen, vor allem an Ungarn. Aber europäiſchen politiſchen Intereſſenſtreit.— Polen und der Neuhöfener Zwiſchenfall. der Reichstagskämpfe. wenn ſchon einmal eine Reviſion eines Frie— denvertrages vorgenommen wird, dann wird ihr zwangsläufig auch die Reviſion der anderen Zwangsdiktate folgen müſſen. Der Neuhöfener Zwiſchenfall hat zu einem umfangreichen Notenwechſel zwiſchen Deutſch— land und Polen geführt. Es fällt einem in der Tat ſchwer, über die polniſche Note mit ihren Auslegekünſten keine Satire zu ſchreiben. Dabei muß doch Polen zugeben, daß auf feine Grenz— beamten die alleinige Schuld an dem Zwiſchen— fall fällt, daß polniſche Beamte die deutſche Grenze überſchritten und das Blutvergießen verurſacht haben. Natürlich ſpielen hier die Spionageabſichten beider Länder eine gewiſſe Rolle. Aber man wird es uns zugeſtehen müſ— ſen, daß wir mit vollem Recht beſorgt ſind um das Schickſal unſerer Oſtprovinzen, da Polen keinen Tag und keine Stunde vorübergehen läßt, wo es nicht mit irgendwelchen Schikanen gegen Deutſchland arbeitet und den Frieben ſtört. Es werden ſich jetzt die ordentlichen Ge— richte auch noch mit dem Zwiſchenfall zu beſchäf— tigen haben, da der angebliche deutſche Spion Fude, der aber abſolut kein deutſcher Spion war, ſondern der richtige Typ des unterdrückten Deutſchen in Polen, wegen Landesverrats unter Anklage geſtellt wurde. Im übrigen zeigen dieſe wiederholten Zwi— ſchenfälle, daß Polen noch keineswegs die ehrliche Abſicht hat, zu einer friedlichen Verſtändigung mit Deutſchland zu gelangen. Es iſt von einem Größenwahn befallen, der immer zu politiſchen Fehlern führen muß, weil es ſich des beſonderen Schutzes Frankreichs erfreut und es ihm des— halb gleichgültig iſt, ob die ihm benachbarten Staaten ſich gegen die polniſche Polink auflehnen oder nicht. — Die größte Ueberraſchung in der Außenpolitik bedeutet wohl die Rückkehr Carols nach Rumä— nien. Wer allerdings die rumäniſchen Verhält- niſſe in der letzten Zeit aufmerkſam ſtubierte. konnte ahnen, daß ſich bald etwas ereignen mußte. Denn ſchon immer ſtand die Nationale Bauernpaxtei, die im November 1928 unter ih— rem Führer Maniu ans Ruder kam, auf Seiten des legitimen Kronerben Carol. Vorübergehend war es ja den Liberalen gelungen, ihn zu einem Verzicht auf den Königsthron zu zwingen, zu— rückzuführen auf das Betreiben der Königin— witwe Maria. Die plötzliche Rückkehr Carols, der Jubel, mit dem er empfangen wurde, laſſen nicht nur auf einen Umſchwung der Stimmung im rumäni⸗ ſchen Volke ſchließen, ſondern auch auf eine ſorgfältige Vorbereitung. Jetzt iſt Carol ein volkstümlicher König geworden, deſſen politiſche Taten abzuwarten ſind. An der rumäniſchen Außenpolitik wird ſich allerdings wenig ändern. Carol iſt ein beſonderer Freund Frankreichs und Rumäniens und gehört zur Kleinen Entente. Wir haben um deswillen an der zukünftigen Entwicklung Rumäniens ein großes außenpoli— tiſches Intereſſe, weil dort die Minderheiten- frage mit an erſter Stelle ſteht. Rund achtmal⸗ hunderttauſend Deutſche leben in Rumänien und über ein Drittel der Bevölkerung iſt mit Einſchluß der Deutſchen fremder Nationalität. 0 In der deutſchen Innenpolitik ſtehen wir am Vorabend ſchwerer parlamentariſcher Kämpfe um das Deckungs und Sanierungsprogramm des Reichskabinetis, das jetzt ſchon in der Oel. Tr. TTT... fentlichkeit heftig umſtritten iſt. Viel Zeit bleibt dem Reichstag nach ſeinem Zuſammentritt am 16. Juni nicht mehr übrig für ſeine Beratun⸗ gen über die geplanten Regierungsmaßnahmen. Denn zum 1. Juli ſoll alles unter Dach und Fach gebracht werden. Wir halten das für drin⸗ gend notwendig, weil wir uns von einer Ver- längerung des Notetats, der am 30. Juni ab- läuft, nichts verſprechen können. So ſteht dem Reichstag eine arbeitsreiche Sommertagung bevor. Er muß den Etat, die Deckumgsvorlagen, die Sanierung der Arbeits- loſenverſicherung und noch verſchiedene andere nebenſächliche, aber doch auch wichtige Geſetzes⸗ vorlagen verabſchieden. Er hat Beſchlüſſe von äußerſter Tragweite zu treffen, nicht nur für die Finanzen, beſonders für die Wirtſchaft und aber auch für diejenigen Volkskreiſe, welche von den bekannten Regierungsmaßnahmen am mei⸗ ſten betroffen werden. Es wird hart auf hart im Reichstag gehen. Aber ſchließlich wird ſich die Regierung durchzuſetzen vermögen, weil keine Partei andere gangbare Wege bislang aufzu— weiſen vermochte, wie wir der Schwierigkeiten Herr werden ſollen, wie eine Geſundung der Finanzen ermöglicht und ein ausgeglichener Etat verabſchieden werden kann. Und eines ſteht feſt: dieſer Reichstag fürchtet ganz beſtimmt Neuwahlen. Deshalb wird man letzten Endes lieber die eine oder andere bittere Pille ſchluk— ken, und damit der Regierung die Gelegenheit geben, nach Verabſchiedung dieſer Geſetze ſofort mit den Vorarbeiten für das große Finanz. und Wirtſchaftsreformwerk zu beginnen. Vermiſchtes Vier Kinder verbrannt. wih. Natibor, 13. Juni. In Stalitz bei Rauden brannte das Wohnhaus des Gruben⸗ arbeiters Kiſchr bis auf die Grandmauern nie— der. Dabei fanden vier Kinder in den Flam⸗ men den Tod, während die Frau und zwei weitere Kinder mit ſchweren Verletzungen in das Krankenhaus eingeliefert werden mußten. Man vermutet Brandſtiftung. Todesurteil gegen Ao mmuniſten. weib. Warſchau, 13 Junj. In Lemberg wurden drei jugendliche Kommuniſten wegen Verbreitung kommuniſtiſcher Flugſchriften zum Tode verurteill Das Ger.cht erfannte in ſei⸗ nem Urteil auf das Verbrechen des Hoch- und Staatsverrats. Der ſozialiſtiſche„Robotnit“ meint, daß ein zolches Urteil in Polen noch echt gefällt wur⸗ de Das Blatt bezwe felt, ck ſich derartiges außer in Sowjetrußland noch zutragen könne. Befriedigendes Zeichnungsergebnis. wib. Berlin, 13. Juni. Aufgrund einer Um⸗ frage des WTB.⸗Handelsbienſes bei den maß⸗ gebenden Zeichnungsſtellen cuf die 36 Millio⸗ nen Neichsmark der'niernatignalen 5% proz. Anleihe des Deutſchen Reiches von 1930 kann aufgrund der bis jetzt vorliegenden Zeichnungs⸗ ergebniſſe zumindeſt mit einer vollen Unter— bringung des aufgelegten Betrages gerechnet werden.— Ein endgültiger Veberblick iſt bei den mehr als 500 Zeichnungsſtellen nich: Samstag zu erwarten Die Cage in Rumänien Prinzeſſin Helene zur Königin van Rumänjen proklamiert. Bukareſt, 13. Juni. König Carol hat geſtern abend ein Dekret unterzeichnet, durch das Prin⸗ zeſſin Helene zur Königin von Rumänien pro— klamiert wird. Die Unterzeichnung des Dekrets erfolgte noch vor den Ankunft der Königin— Mutter in Bukareſt. Bukareſt, 13. Juni. Königin- Mutter Maria iſt um 4.20 Uhr im Nordbahnhof eingetroffen. Sie wurbe von König Carol. dem Prinzen Nikolaus, dem Thronfolger Michael, der Ex— königin Eliſabeth von Griechenland, ſämtlichen Mitgliedern der deutſchen Geſandtſchaft am Bahnhof erwartet. Prinzeſſin Helene war nicht erſchienen. Die Königin-Mutter ſchien tief ge— rührt. Sie konnte ihre Freude nicht verbergen, als ſie ihre beiden Söhne. den König und den Prinzen Nikolaus, umarmte. Manjiu erneut mit der Kabinettsbilbung beauftragt. wib Bulareſt, 13. Juni. Der König hat heute mittag den früheren Miniſterpräſidenten Manin mit der Regierungsbildung betraut. Maniu hat, mitgeteilt. daß er vom König den Auftrag ex- halten habe, eine Regierung zu bilden. Er wird ſeine Kabinettsliſte morgen dem König unter- breiten. Fährunglück in Rumänien Zehn Tote. wib. Bukareſt, 13. Juni. Bei Tirgu Jin im Zaim⸗Tal iſt bei der Eröffnung des neuen Fährbetriebes über den Iſil⸗Fluß die Fähre mitten im Fluß untergegangen, da anſtatt der vorgeſchriebenen 30, 55 Perſonen befördert wurden. 45 Menſchen konnten ſich durch Schwimmen retten, zehn Fahrgäſte fanden den Tod in den Wellen. Ergebniſſe der lerſtmaligen) Reichs⸗Milchprodutionsſtatiſtik flür geſſen geſſen unter dem Neithsdurchſchnitt, im ganzen an viertletzter Stelle der deutſchen Länder. Erſtmals im Jahre 1929 iſt im ganzen deut⸗ ſchen Reich eine Milchproduktionsſtatiſtik durchgeführt worden, entſprechend der Bedeu⸗ tung der Milch als Vollnahrungsmittel und einer wichtigen Einnahmequelle der Land⸗ wirtſchaft. Die Brutto⸗Milcherträge je Kuh im Durch⸗ ſchnitt des Kalenderjahres wurden feſtgeſtellt, einmal bei den ausſchließlich zur Milchgewin⸗ nung gehaltenen Milchkühen und zweitens bei den Zugkühen, den Milch- und Arbeitskühen. Bei den Milchkühen iſt wieder zu unterſcheiden zwiſchen den unter Leiſtungskontrolle ſtehenden Milchkühen, die zur Erreichung einer beſon⸗ ders hohen und gleichmäßigen Milchergiebig⸗ keit einer ſtändigen von Organen der Kon⸗ trollvereine ausgeübten Kontrolle über die Höhe und den Fettgehalt ihrer Milchleiſtungen im Verhältnis zum Futteraufwand unter⸗ ſtellt ſind, und den ſonſtigen nicht unter Kon⸗ trolle ſtehenden Milchkühen, die nicht zur Ar⸗ beit verwendet werden, und die den Haupt⸗ teil des deutſchen Milchkuhbeſtandes bilden. In Heſſen ergab ſich bei den 1133 unter Leiſtungskontrolle ſtehenden Milch⸗ kühen für die Kuh ein Brutto⸗Jahresmilch⸗ ertrag von 3 069 Litern. Im Durchſchnitt des ganzen deutſchen Reiches war der Jahresmilch— ertrag bei dieſen kontrollierten, ausſchließlich zur Milchgewinnung verwendeten Kühen, für die Kuh 3 473 Liter. Heſſen liegt alſo unter dem Reichsdurchſchnitt und zwar unter den Ländern Bayern, Württemberg, Baden, Sach⸗ ſen, den beiden Mecklenburg, Anhalt, Thürin⸗ gen, Hamburg. Einen höheren Jahresmilcher⸗ trag bei den unter Leiſtungskontrolle ſtehen⸗ den Kühen wie in Heſſen finden wir z. B. in Sachſen, Preußen, Baden, den beiden Mecklenburg, Braunſchweig, Oldenburg u. a. Heſſen nimmt hier den fünftniederſten Platz der ſiebzehn deutſchen Länder ein. Bei nicht kontrollierten ausſchließlich zur Milchgewinnung verwendeten 99 139 Milch⸗ kühen in Heſſen haben wir einen Brutto⸗Jah⸗ resmilchertrag je Kuh von 2257 Litern, ge⸗ genüber 2 299 Litern im Durchſchnitt des deut— ſchen Reiches bei dieſer Klaſſe der Kühe. Mit Heſſen bewegen ſich hier Bayern, Württem— berg, Baden, Thüringen unter dem Reichs⸗ durchſchnitt. Heſſen wird im Jahresmilchertrag der nicht unter Leiſtungskontrolle ſtehenden Milchkühe übertroffen z. B. von den Ländern Baden, Sachſen, Preußen, den beiden Mecclen⸗ burg, Oldenburg, Braunſchweig und anderen und ſteht an viertniedeſter Stelle der deut— ſchen Länder. Die 72 358 zur Milchgewinnung und Ar⸗ beit als Zugtiere in Heſſen verwendeten Zug— kühe erbrachten je Kuh einen Brutto⸗Jahres⸗ milchertrag von 1545 Litern, dem ein der— artiger Jahresmilchertrag von 1591 im Durch⸗ ſchnitt des ganzen deutſchen Reiches gegen— überſteht. Unter dieſem Durchſchnitt be— finden ſich außer Heſſen noch Bayern, Hamburg, Württemberg, Mecklenburg-Strelitz; über Heſſen ſtehen z. B. Preußen, Sachſen, Württemberg, Baden, Thüringen, Mecklen⸗ burg⸗Schwerin, Oldenburg, Braunſchweig, Anhalt u. a. Heſſen befindet ſich hier an viert⸗ letztem Platz der deutſchen Länder. Im Durchſchnitt aller bisher genannten 172657 Milchkühen Heſſens ſtellt ſich der durchſchnittliche Jahresmilchertrag auf 1964 Liter, gegen 2 220 Liter für das ganze deutſche Reich. Unter dieſem Reichsdurchſchnitt tref⸗ fen wir neben Heſſen noch die Tänder Bayern, Württemberg, Baden, Thüringen. Dagegen iſt der durchſchnittliche Jahresmilchertrag im Mittelpunkt ſämtlicher Kühe höher als in Heſ⸗ ſen bei den Ländern Preußen, Sachſen, Thü⸗ ringen, Hamburg, den beiden Mecklenburg, Ol⸗ denburg, Braunſchweig, Anhalt, Bremen, Lip⸗ pe, Lübeck, Schaumburg⸗Lippe. In dieſem Ge— ſamt⸗Durchſchnittsertrag aller Milchkühe kommt Heſſen an viertletzter Stelle der deutſchen Län⸗ der. Der Geſamt⸗Milchertrag in Heſſen belief ſich im letzten Kalenderjahr auf 339 056 000 Ltr. unter 21033 049 000 Litern im ganzen deut⸗ ſchen Reich. g.— 9 1 Arbeitsloſenverſicherung und ländliches Geſinde. Verſchiedene Beſchwerden geben uns Veran⸗ laſſung zu dem Hinweis, daß durch die Abände— rung der Arbeitsloſenverſicherung vom 12. Okto⸗ ber vorigen Jahres(R. G. Bl. S. 162) in den Vor⸗ ausſetzungen für die Befreiung des ländlichen Ge⸗ ſindes von der Arbeitsloſenverſicherung einige Abänderungen eingetreten ſind, die in der Pra⸗ xis ſehr wohl beachtet werden müſſen. Nach wie vor iſt gemäߧ 72 des Geſetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitsloſenverſiche rung (AAV) eine Beſchäftigung des ländlichen Ge⸗ ſindes grundſätzlich verſicherungsfrei, wenn fol⸗ gende drei Vorausſetzungen gegeben ſind: 1. Es muß ſich um eine land- oder forſtwirt⸗ ſchaftliche Beſchäftigung handeln, d. h. eine ſolche, die ihrem beruflichen Weſen nach der Land- oder Forſtwirtſchaft angehört. 2. Der Arbeitnehmer muß zu den im§ 165 Abſ. 1 Nr. 1 der Reichsverſicherungsordnung be⸗ zeichneten Perſonen gehören(Arbeiter, Gehilfen, Geſellen, Lehrlinge, Dienſtboten). Hierzu gehören nicht Volontäre, Praktikanten, Eleven und Ver⸗ walter. Sie können Verſicherungsfreiheit als ländliches Geſinde in der Regel nicht in Anſpruch nehmen, da ſie nicht zum ländlichen Geſinde zäh⸗ len, ſondern dieſem gegenüber eine beſondere Stellung einnehmen. Iſt ein Lehrvertrag nicht abgeſchloſſen, ſo empfehlen wir, die Bezeichnung Eleve nicht zu verwenden, ſondern nach Möglich⸗ keit die Berufsbezeichnung landwirtſchaftlicher Arbeiter oder Dienſtbote zu wählen. 3. Der Arbeitnehmer muß in die häusliche Ge— meinſchaft des Arbeitgebers oder ſeines Stell⸗ vertreter aufgenommen ſein. Dies iſt dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer von ſeinem Arbeit⸗ geber oder deſſen Stellvertreter Wohnung und volle Beköſtigung erhält. Werden Arbeitnehmer, die nicht berufsmäßig der Land- und Forſtwirt⸗ ſchaft angehören, wie z. B. arbeitsloſe Induſtrie⸗ arbeiter, vorübergehend als ländliches Geſinde be⸗ ſchäftigt, ſo ſind dieſelben nach einer Verordnung des Verwaltungsrats der Reichsanſtalt vom 1. 11. v. Is. von der Arbeitsloſenverſicherung be⸗ freit,„wenn ſie in Stellen beſchäftigt ſind, die nur während eines Zeitraumes von weniger als 36 Wochen innerhalb eines Kalenderjahres beſetzt zu ſein pflegen“. Zu beachten bleibt ſchließlich, daß die Be⸗ freiung des ländlichen Geſindes. falls die darge— legten Befreiungsvorausſetzungen erfüllt ſind, im Gegenſatz zur früheren Regelung ohne weiteres gegeben, d. h. von keiner Beſreiungsanzeige ab⸗ hängig iſt. Jedoch iſt den Arbeitgebern in ihrem eigenen Intereſſe dringend anzuraten, bei der Einſtellung unverzüglich eine ſolche Befreiungs— anzeige zugleich mit der vorgeſchriebenen Anmel⸗ dung zur Krankenkaſſe zu erſtatten, da ſie ſonſt ihre Beitragsanteile Gälfte des Beitrags) gemäß 5 1434 zahlen müſſen, und zwar bis zum Ende der Kalenderwoche, in der die Befreiungsanzeige bei der Krankenverſicherung formgerecht eingeht. Die Beſtimmungen über das Einreichen der Befreiungsanzeigen gelten auch in all den Fällen, in denen die Befreiung von der Verſicherung aus ſonſtigen Gründen(Vorhandenſein eines land⸗ oder forſtwirtſchaftlichen Mindeſtbeſitzes, ſchrift⸗ licher Jahresarbeitsvertrag, ſchriftlicher Arbeits⸗ vertrag auf unbeſtimmte Zeit bei ſechsmonatiger Kündigungsfriſt, ſchriftlicher Lehrvertrag auf min⸗ deſtens 2 Jahre) gegeben iſt. Sie muß angeb. für welches Beſchäftigungsverhältnis, für welche Dauer und aus welchem Grunde die Verſiche⸗ rungsfreiheit eintreten ſoll. Sind die Voraus⸗ ſetzungen der Verſicherungsfreiheit nicht gegeben, ſo hat die Krankenkaſſe dies dem Arbeitgeber mitzuteilen mit der Maßgabe, daß die Entſcheidung des Verſicherungsamtes(Beſchlußausſchuß) ange⸗ rufen werden kann. Gegen die Entſcheidung des Verſicherungsamtes iſt die Beſchwerde an das Oberverſicherungsamt(Beſchlußkammer) zuläſſig, das endgültig entſcheidet. D. Wahrſcheinlich. Irgendein Mathematiker hat die Wahrſchein⸗ lichkeits rechnung eingeführt, hat dadurch Tauſen⸗ den und Abertauſenden höherer Schüler eine ſchier unermeßliche Freude bereitet und iſt be⸗ rühmt geworden, ſehr berühmt; und ich verdiene geradezu Schläge dafür, daß ich ſeinen Namen ſchon wieder vergeſſen habe. Wahrſcheinlichkeits⸗ rechnung iſt etwas Prachtvolles. Wir können z. B. genau ausrechnen, wieviel Augen wir mit drei Würfen beim Würfeln wahrſcheinlich erzielen werden. Iſt das nicht großartig? Können wir, wenn wir die Wahrſcheinlichkeitsrechnung beherr⸗ ſchen, nicht mit Sicherheit bei Glücksſpielen man- cher Art wahrſcheinlich viel Geld verdienen? Wenn wir verlieren, was dann? O bitte ſehr, den Glauben an die Wiſſenſchaft verlieren wir dann noch lange nicht; im Gegenteil: wir ſtau⸗ nen darüber, daß die Richtigkeit eines anderen Lehrſatzes der Wiſſenſchaft ſich herausgeſtellt hat, nämlich des Lehrſatzes: Keine Regel ohne Aus⸗ nahme. Freilich: manchmal kann man ſich furchtbar ärgern über...— Paßt mal auf: Neulich ſprach mein Meyer III zu mir: „Geſchätzter Knabe, ich komme heute abend höchſtwahrſcheinlich in meine Stammkneipe. Wirſt du dort ſein?“ „Beſtimmt“, antwortete ich. Und ich war da. Eigentlich hatte ich ja in die Nachbarſtadt fahren und mir dort den neueſten Janningsfilm anſehen wollen. Aber wenn mein lieber Freund Meyer III Wert darauf legt, mit mir einen Abend zu verbringen, ſo weiß ich das ſo ſehr zu ſchätzen, daß ich Jannings Jannings ſein laſſe— was nicht heißen ſoll, daß Jannings nicht mehr Januings wäre, wenn ich ihn mir an⸗ geſehen hätte. Ich war in der Kneipe, Meyer III aber nicht. Höchſtwahrſcheinlich, allerhöchſtwahrſcheinlich ſage ich ihm Grobheiten, wenn ich ihn wiederſehe. Der beſtbezahlte Kapellmeiſter. Die Leitung der Staatsoper in Moskau hat dieſer Tage durch einen Vertragsabſchluß den Beweis zu erbringen verſucht, daß die alte zari— ſtiſche Ueberlieſerung der ruſſiſchen Oper noch lange nicht tot iſt. Noch immer hat die ruſſiſche Staatsoper das größte Orcheſter ſämtlicher Staatsopernhäuſer der Erde mit einer Kopfzahl von 120 Mann; die Geſamtbelegſchaft der Oper beträgt rund 1000 Köpfe. Und jetzt hat ſich Mos⸗ kau einen Kapellmeiſter verſchrieben, der viel- leicht nicht an Kenntniſſen und Muſikverſtändn aber beſtimmt an Einkommen ſeine Kollegen in anderen Hauptſtädten bei weitem übertrifft. Es handelt ſich um den Engländer Albert Coates, der ſchon vor dem Kriege an der Petersburger Oper als Albert Karlowitſch tätig war. Er be⸗ kommt das fürſtliche Jahresgehalt von 100 000 Goldrubeln, alſo über 200 000 Reichsmark,— Bei beſcheidenen Anſprüchen ſoll ſichs damit leben laſſen, dünkt uns. und glauben damit delt zu haben. ßige Kleidung auf einen ſelbſtändigen, ſtrom ausgeſetzt. leider machen Leute! a Von Dr. V. Hähnlein ⸗Dresden. „Kleider machen Leute“, ſo denken die Men⸗ ſchen, ſparen ſich das Geld für eine„ſtandesge⸗ mäße, moderne“ Kleidung am Munde ab, zwän⸗ gen ſich in die unbequemſten Marterinſtrumente hervorragend praktiſch gehan⸗ Viel vernünftiger wäre es, ſie ſagten ſich„Kleider machen Menſchen“, d. h. in ſeeliſcher Beziehung läßt eine einfache, zweckmä⸗ energi⸗ ſchen Charakter ſchließen, und in körperlicher Hinſicht geſtattet eine derartige Gewandung ein geſundes, unbehindertes Ausleben aller Kräfte. Glücklicherweiſe hat die Damenmode der letz⸗ ten Jahre neben der Schönheit auch in einiger⸗ maßen ausreichender Weiſe den geſundheitlichen Wert des Kleides berückſichtigt. Das Korſett, der ſteiſe Halskragen, die langen Aermel, die allzu weiten Röcke gehören hoffentlich auf Nimmer⸗ wiederſehen der Vergangenheit an. Farbe und Stoffarten geſtatten heute der Frau einen ver⸗ nünftigen Wechſel zwiſchen Sommer⸗ und Win⸗ ter-, Haus⸗ und Straßenkleidern. Die Beine werden durch meiſt hauchdünne Strümpfe und luftdurchläſſige Schlüpfer, der Oberkörper durch den offenen Halsausſchnitt dem friſchen Luft⸗ Eine ſolche Mode kann vom Standpunkt des Arztes nur unterſtützt werden. Es iſt nicht richtig, daß die Damen heute im allgemeinen zu leicht bekleidet gehen, denn die Gewohnheit hat ſie gegen den Witterungswechſel abgehärtet und Erkältungskrankheiten kommen daher beim weiblichen Geſchlecht viel ſeltener vor, als früher. Am ſchlimmſten iſt es noch mit der Form des Schuhwerkes beſtellt; hier müßte durch die Einführung niedriger Abſätze und einer dem Fuße angepaßten Form noch Wandel geſchaffen werden. Troſtlos dagegen ſteht es um die Männerklei⸗ dung. Hier kann man eigentlich nur von Uni⸗ formen reden, die keinerlei Eigenart aufkommen laſſen und die gleiche unzweckmäßige Anhäufung Unterhaltung wie für ernſte Arbeit, vorſchreiben. von Stoffmaſſen für jede Jahreszeit, für frohe Die Kleidung eines Mannes iſt um das Viel⸗ fache ſchwerer, als diejenige der Frau; die Beine ſind bis zu den Füßen hinunter förmlich wat⸗ tiert, Hals und Bruſt in enge Stärkepanzer ein⸗ gezwängt— das iſt das ſtarke, abgehärtete Ge⸗ schlecht! Wir müſſen zu einer abwechslungsreichen Kleidung kommen; Form, Farbe und Stoff des Gewandes ſoll dem Zwecke entſprechen, zu dem es getragen wird. Ein Handarbeiter muß anders angezogen ſein, als der Büchermenſch; der Som⸗ mer verlangt Wärmeſchutz, der Winter Kälteſchutz von unſerer Kleidung. Die Arbeitstracht ſei ernſt und zweckmäßig, die Feſttracht heiter und farbig Der Mann ſollte zeigen können, daß auch er ein Bein beſitzt und nicht zwei Ofenröhren; es be— darf keineswegs eines Stehkragens als Halsab⸗ ſchluß um ſeine Würde nach außen kundzugeben, vielmehr ſollte ſich die Männerwelt für ihre Kleidung den Spruch des„Reichsausſchuſſes für hygieniſche Volksbelehrung“ zu eigen machen. „Warum denn Rock und hohen Kragen, ſtatt Blu⸗ ſenhemd und Strohhut tragey?“ Ä ͤ ͤ.— ö Roman aus dem Leben von„. Urheberrecht durch Heroldverlag Homburg⸗Saar. (58. Fortſetzung.) 90 5 Johanna war gekommen, um von dem Grabe des Vaters Abſchied zu nehmen, bevor ſie ihre Rückreiſe nach Riga antrat. Sie befand ſich eben⸗ falls erſt kurze Zeit auf dem Friedhof und muß⸗ be wohl von einem andern Einang aus das Grab aufgeſucht haben. Sie verrichtete ein ſtummes Gebet, dann ſtand ſie auf, ordnete ein wenig die Kränze, die das Grab bedeckten, und ging bei dieſer Be⸗ ſchäftigung um dasſelbe herum. Nachdem ſie am Kopfende des Grabes ſte⸗ hend, mit geſenktem Haupte, gefalteten Händen ein letztes Gebet geſprochen hatte, beugte ſie ſich zu einem der Kränze nieder, küßte ihn und brach ein paar verwelkte Blüten davon los, um ſie als Andenken zu ſich zu ſtecken; dann nickte ſie nach dem Grabe hinunter, ihre Augen füllten ſich mit Tränen und ganz leiſe kamen die Worte über ihre Lippen:„Lebe wohl, du Lieber, Teu⸗ rer, lebe wohl für ewig!“ Erich hörte die Worte und aufs neue durch⸗ ſchauerte ihn ein unſagbares Weh. Er hatte das Gefühl, als ſeien dieſe Worte zu ihm geſprochen, als bedeuteten ſie auch für ihn einen ewigen Abſchied. Johanna war gegangen; noch einige Male hatte ſie ſich umgedreht, als wollte ſie das Bild des Graves ganz und voll als letzte Erinnerung in ſich aufnehmen, dann war ſie im Wege hin⸗ ter den breiten, ſchwerbeladenen Tannen ver⸗ ſchwunden. Vorſichtig und ſchen wagte ſich Erich erſt jetzt aus dem Verſteck hervor, und nachdem er ſich überzeugt, daß Johanna auch wirklich ihren Weg der Kumpf ums düch. fortſetzte, ſank er an der Stelle des Grabes nie— der, wo Johanna vorhin gekniet, und preßte ſeinen Mund auf den Kranz, den Johanna vor— hin geküßt hatte. 30. d Marlow, Elfriedes Vetter, hatte ſich in aller Stille mit ſeiner Jugendliebe Leon— tine, der verwitweten Frau von Prangenbeim, verlobt und man gedachte allen Ernſtes im kom⸗ menden Mai eine Doppelhochzeit zu feiern. Denn gleichzeitig mit Bernhards und Leontines Trauung ſollte die Trauung Erichs und Elfrie— des ſtattfinden. Es war das beſonders ein Lieblingsplan des alten Wohlertſen, der an die Schwere der Krank⸗ heit ſeiner Tochter nicht glauben wollte. Und wenn Elfriede ihn wiederholt darauf hinwies, daß ſie niemals würde heiraten können, dann lächelte er nur dazu. Er vertraute ſo feſt auf die Güte des Schickſals und meinte, daß das Leben ihm die Genugtuung ſchuldig ſei, ſeine Tochter glücklich zu ſehen, zumal Erich allem Anſchein nach kein innigeres Verlangen trug, als Elfriede die Seine nennen zu können. Er war während ihrer langen Krankheit von rührendſter, innigſter Aufmerkſamkeit geweſen, war jeden Tag mit einer Handvoll friſcher, duf— tender Blumen am Bette Elfriedes erſchienen und hatte ihr ſtundenlang Geſellſchaft geleiſtet. Für ſein ſonſt ſtilles, abgeſchiedenes, wortkarges und ſcheues Weſen hatte man ja die beſte Er⸗ klärung. Der Schmerz, das Mitleid mit ſeiner Braut machten ihn ſo ſtill und menſchenfeind. Es wußte ja niemand, was in ſeinem Herzen vorging; nur Elfriede ſah es mit ihren klugen, durch das Leiden geſchärften Sinnen; ſie ſah es, ſchwieg und litt. Es war wie ein ſtummer, verzweifelter Kampf, wenn die beiden allein waren; keiner wollte dem andern ſeine Gedanken verraten, um ſich gegenſeitig nicht weh zu tun, beide litten Bernhard gleichmäßig unter dieſer Anſtrengung der Ner— ven, unter dieſer Seelenqual. Seitdem eine vorübergehende Beſſerung es Elfriede geſtattet hatte, das Bett zu verlaſſen, trug ſie ſich mit einem Plan. Sie wollte, bevor ſie aus der Welt ging, eine gute Tat vollbringen, eine Tat, die dem Geliebten ihrer Seele ſeine Ruhe zurückgeben ſollte, und jetzt ſann ſie viel darüber nach und zerbrach ſich ihr feines Köpf— chen, wie ſie dieſe Sache einfädeln konnte, ohne daß man ihre Abſicht merkte. Sie hatte eine innige Freundſchaft mit Gert⸗ rud, Erichs Schweſter, geſchloſſen. Gertrud hat— te ihretwegen die Rückkehr nach England aufge⸗ geben und war während ihrer Krankheit ihr treueſter und beſter Kamerad geworden. Unter dem Vorwand nun, etwas von Erichs Leben zu erfahren, forſchte ſie die muntere Gert⸗ rud aus und ließ ſich von ihr über Johanna er⸗ zählen. Und Gertrud, die bekanntlich einſt die Jugendgeſpielin Johannas geweſen war, er⸗ zählte gern und viel von dem jungen Mädchen. Sie hatte wohl eine Ahnung gebabt, daß ihr Bruder zu Johanna eine Zuneigung gehegt hat⸗ te, aber nach ihrer Ueberzeugung war das eine Sache, die ſchon lange der Vergangenheit ange— hörte. Schließlich aber war Elfriede daran gelegen, Johannas gegenwärtige Adreſſe zu erfahren, und ſie gebrauchte allerhand Vorwände, als ſie Gertrud die Bitte vortrug, ſich doch danach zu erkundigen. Es war ja bekannt, daß Johanna einſtmals bei dem Brande der Fabrik Erich vor dem ſiche⸗ ren Flammen⸗Tode gerettet hatte, und Elfriede benutzte dies. „Mein Gewiſſen treibt mich, dem Mädchen meine Dankbarkeit zu bezeugen“, ſagte ſie, in ihrem Lehnſtuhl zurückgelehnt und Gertruds blonden Kopf der ſich zärtlich an ihre Knie ſchmiegte, ſtreichelnd.„Wer weiß wie es ihr gebt! Sie iſt aus Hamburg verſchwunden, niemand weiß, wohin. Vielleicht befindet ſie ſich im Elend, während ich, die ich ihr all mein Glück verdanke, hier im Reichtum und Ueberfluß ſitze!“ Gertrud konnte ſich zwar dieſes ſeltſame, ſchwärmeriſche Intereſſe Elfriedes für Johanna nicht recht erklären; um der geliebten Freundin aber gefällig zu ſein, entſchloß ſie ſich, alle nur irgendmöglichen Erkundigungen einzuziehen. Ihren Bruder durfte ſie nicht fragen, das hatte Elfriede ihr direkt verboten, alſo ging ſie eines Nachmittags nach St. Pauli hinaus, um in der einſtmaligen Wohnung Johannas Nach⸗ frage zu halten. Sie fand zwar das ihr noch als Kind be⸗ kannte Haus mit Leichtigkeit wieder, aber in demſelben konnte niemand ihr Auskunft geben. Die Wohnung, in der einſt Johannſens gewohnt hatten war von vollſtändig fremden Leuten be⸗ wohnt, die von dem Verbleib ihrer Vorgänger keine Ahnung hatten, und die frühere Nachbarin Johannas— Frau Böhlke— war ebenfalls ſeit kurzem umgezogen; man wußte nicht genau wo⸗ hin, und ſo mußte Gertrud unverrichteter Sache heimkehren. Elfriede aber gab ſich mit dieſem negativen Reſultat nicht zufrieden; ſie überlegte mit Ger⸗ trud hin und her, und ſchließlich kam man auf den Gedanken, daß von den alten Fabrikarbei⸗ tern oder den früheren Kameraden gewiß der eine oder der andere wiſſen würde, wo der ein⸗ 0 Werkmeiſter mit ſeiner Tochter geblieben ſei.— So faßte Gertrud denn, um Elfriede zu Wil⸗ len zu ſein, den Entſchluß, ſich perſönlich nach der Werft zu begeben und dort Erkundigungen einzuziehen. (Fortſetzung folgt. — Kreuz und quer Schuſter bleib bei deinem Leiſten.— Verhäng⸗ nisvollen Schauſpielerandrang.— Eine Wette Ein echter„Schlüſſel⸗ und ihre Folgen. roman“. Gine verhängnisvolle Wette ſchloß vor eini ger Zeit ein biederer Berliner Bäckermeiſter ab, der in ſeinen Mußeſtunden einen ungebändig⸗ 6 ig Er iſt ak⸗ tives Mitglied verſchiebener Dilettantenvereine übt zuhauſe eifrig Poſen, kauft ſich Poſtkarien ten Drang zur Schauſpielerei hat. prominenter Schauſpieler, um es ihnen dann auf der Bühne gleich tun zu können. Aber dieſe Leidenſchaft für Schauſpielere gereichte ihm eines Tages zum In fröhlicher Tafelrunde ſaß er Freunden und Kollegen zuſammen. mit der Bäcker eine Reihe von Gaſtrollen Beſten gegeben hatte, machte ihm ein Manr aus der Runde den Vorſchlag, ſein Licht ein. mal öffentlich leuchten zu laſſen. Dieſer beſagte Freund hatte einen Bruder mit bem er ſich nicht beſonders gut ſtand. Und den Beſuch eines dieſer Bruder erwartete Vetters aus Hamburg, den er ſchon ſeit zwe Jahrzehnten nicht mehr geſehen hatte. Vetter ſolle unbändig reich ſein. genannten Bruders einzuſchmugglen. ex entdeckt, muß er ſelber 50 Mark bezahlen Die Wette wurde mit Handſchlag abgeſchloſſen und extra feierlich begoſſen. Dann ſchritt man zur Tat. längſt erwartet hatte. Jubel wurde er begrüßt und zu Tiſch geleitet. Solang ſpielte der Bäckermeiſter ſeine ganz gut. Da kamen aber peinliche ewand— ſchaftliche Fragen. Auch iſt man ganz erſtaunt, 7 8 daß der Hamburger Vetter ſo ganz anders aus— ſah, als wie man ihn von den Photographien her kannte. Doch woze iſt man Schauſpieler im Nebenberuf? Auch dieſe Klippe wurde um- ſchifft. Denn die Zeit von zwanzig Jahren kann doch jedem Menſchen ein völlig veräuder— tes Ausſehen verſchaffen. Während des Eſſens beſitzt der Bruder die unverſtändliche Tattloſigkeit, den nach ſeinem Kinde Friedrich zu fragen. natürlich von der Exiſtenz eines ſolchen Kindes gar nichts bekannt. Schnell kopiert er Max Pal— lenberg und erklärt mit Stolz, daß es dem Klei⸗ nen recht gut gehe und er prächtig gedeihe. Da meinte aber der Vetter, das wäre doch ein biß— chen zu viel geſagt, denn der„Kleine“ ſei doch ſchon mindeſtens 25 Jahre alt. Doch ſchlagfertig erwidert der Bäckermeiſter, daß das nun immer noch der Koſename für den Jungen gebieben ſei. Doch das Unglück ſchreitet ſchnell. Beim näch⸗ ſten fröhlichen Umtrunk klopft es an die Tür und es erſcheint mit fröhlich lachendem Geſicht ein dicker älterer Herr. Alles iſt entſetzt über den Eindringling. Der Hausherr geht auf ihn zu und ſtellt ihn zur Rede, wie er die Frechheit ha⸗ ben könne, einfach hier hereinzulaufen. Der ſcheinbare Fremde— man wird ſchon erkennen, um wen es ſich handelt, bricht in ein ſchallendes Gelächter aus und meint:„Da ſchlägt es doch dreizehn, kennſt Du mich wirklich nicht mehr?“ Ueber die weiteren Exeigniſſe hüllen wir den Mantel der chriſtlichen Nächſtenliebe. Wir wol— len nur verraten. daß es anſtändig klatſchte, daß mit Vehemenz die Tür aufflog und der Pſeudo— vetter in hohem Bogen auf der Straße landete Im übrigen gab es dann noch ein gerichtliche Nachſpiel, eine heitere Fortſetzung der Szene in Moabit. Doch konnte ſich das Gerich! von der Betrugsabſicht des unglücklichen Schauſpielers alias Bäckermeiſters nicht überzeugen und ſprack ihn frei, zumal er ſchon beſtraft genug geweſen iſt. Offen blieb nur die Frage, wer nachträglich die 50 Mark Wettgeld bezahlt hat. 22 ** „Wer jährt mit mir im Auto durch die Auen?“ Eine große ſenſationelle Aufregung herrſchte in den letzten Tagen am Kurfürſtendamm in Ber— lin. Der Uneingeweihte wußte gar nicht, was er mit den Tauſenden und Abertauſenden von Men— ſchen anfangen ſollte, die hier unermüblich Sihlange ſtanden, wie in der Zeit der Butter- Fleiſch⸗ und Brotkarten unſeligen Andenkens. Dabei war die Sache höchſt einfach. Ein neuer Reklametrick einer Automobilfirma. Sie hatte dort eine größere Ausſtellung ihrer neueſten und modernſten Fabrikate. Eine kleine blaue Limou— ſine aber konnte von jedem Straßenpaſſanten mühelos gewonnen werden, wenn, ja wenn.. Das war das große Rätſel. Es wurden in den Reſtaurants, Kaffees, Kaufhäuſern, auch auf der Straße ab und zu kleine Zauberſchlüſſel ver— teilt, mit denen die Limouſine zu öffnen war oder auch nicht. Man hätte oft meinen können, die Welt ginge unter, ſo groß war der Andrang derer, die ihr Glück verſuchten. Alles wegen der klei— nen blauen Limouſine, Die Tage vergingen, die Stunden zerrannen. Und noch immer lockte die kleine blaue Limou⸗ ſine. Niemand hatte den Zauberſchlüſſel gefun⸗ den. Erſt als ſchon die Friſt beinahe abgelaufen war, knapp zehn Minuten vor der letzten Mög— lichkeit, kam noch eine Dame,— hier ſprachen natürlich böſe Zungen ſoſort wieder von Schie⸗ bung— trat auf das kleine Auto zu, ſteckte den Schlüſſel ins Schloß und ſiehe, die Türe öffnete ſich. Freudeſtrahlend beſtieg die Dame die kleine blaue Limouſine. Fahren konnte ſie noch nicht. Doch ſie ließ das ſo mühelos erworbene Auto in eine Garage bringen und iſt nun eifrig dabei, ſich den Führerſchein zu erwerben, um dann hin⸗ auszufahren in die grüne Freiheit. Das war der kleine und doch ſo große Roman Verderben. ſeinen Als genü— gend Alkoholmengen verkonſumiert waren, als zum Dieſer 6 1 Der Bäcker bekam die Aufgabe zugeteilt, ſich als Beſagter Hamburger reicher Vetter in die Familie des 6 l Wenn ihm ſein Plan gelingt, erhält er 50 Mark, wird f 5 Der Bäckermei— ſter kleidet ſich um und erſchien in jener Fa— milie als Hamburger Geldvetter. die ihn ſchon Mit großem Hallo und Rolle Pſeudovetter Dem iſt · i 1 i Martin Luther mit dem Schwan 15 an die Augsburgiſche Konfeſſion. 2 bensbekenntniſſes bildet. ein Jubiläumsblatt von 1530 zur Erinnerung e Am 2 Juni beginnen die Feſtlichkeiten zur Feier des 400 jährigen Jubiläums dem Reichstag zu Augsburg von Philipp Melanchthon dem Kaiſer überreicht wurde und Vlick auf —. e 10 e 9. d. geiſtige Vater d. Augsburgiſchen der Augsb urgiſchen Konſeſſion, die im Jahre 530 auf ſei tdem die Grundlage des evangeliſchen Glau⸗ Philipp Melanchthon 4 Konfeſſion. Rundfunk Programm 5 Südweſtdeutſche Gruppe. Frankfurt a. M.— Kaſſel. Sonntag, 15. Juni. 07.00 Uhr: Uebertragung von der Norddeut— ſchen Gruppe; 08.15: Morgenfeier der Evangel. Landeskirche Kaſſel; 10.00: Erziehung und Bit⸗ dung; 10.30: Elternſtunde; 11.00: Konzert; 12.00: Albert Ehrenſtein:„Aus meinem Leben“; 12.20: Lily S. Krug:„China“; 12.40: Uebertragung der Zielfahrt des Heſſ. Automobilklubs Darmſtadt; 13.00: Landwirtſchaftsdienſt; 13,10:„Moderne Frauendichtung“!; 14.00: Uebertragung von Süddeutſchen Gruppe; 15.00: Stunde des Lan— des; 15.30: Stadt und Land; 16.00: Konzert des Rundſunkorcheſters;: 18.00:„Heſſenland“; 18.30: Preſſedienſt; 19.00: Uebertragung vom Deutſch⸗ landſender; 19.25: Sportdienſt; 19.30: Uebertra— gung von der Süddeutſchen Gruppe; 20.15: Kon⸗ zert; 21.45: Uebertragung von der Süddeutſchen Gruppe; 22.15: Nachrichten-, Sport- und Wetter— dienſt; 22.45: Uebertragung von der Süddeutſchen Gruppe. Montag, 16. Juni. 5 06.00 Uhr: Uebertragung von der Süddeur⸗ ſchen Gruppe; 06.30: Morgengymnaſtik; Anſchl.: Zeitangabe, Wetterbericht; 07.30: Schubert-Kon⸗ zert; 08.30: Haus wirtſchaftliche Mitteilungen; 11.15: Werbekonzert; 12.00: Zeitangabe, Wirt⸗ ſchaftsmeldungen; 12.10: Reiſewetterbericht; 12.15: Wetterbericht; 12.20: Konzert; 12.55: Nauener Zeitzeichen; 13.00: Schallplattenkonzert; 14.00: Werbekonzert; 14.40: Nachrichtendienſt; 14.50: Zeitangabe, Wirtſchaftsmeldungen; 15.50: Gieße— er Wetterbericht; 16.00: Konzert; 17.45: Wirt- ſchaftsmeldungen; 18.05:„Moſelland und Moſel— wein“; 13.35:„Die Soziologie im gegenwärtigen Frankreich“; 19.05: Engliſcher Sprachunterricht; 19.30: Uebertragung von der Süddeutſchen Gruppe; 20.45: Trierer Abend; 22.15: Martin Raſchke lieſt aus eigenen Werken; 22.40: Nach- richten-, Sport- und Wetterdienſt; 23.00: Exoti⸗ ſche Klaviermuſit. N 3 Süddeutſche Gruppe. Stutt 15 11 Stuttgart— Freiburg. Sonntag, 15. Juni. 11 57 1 der Nor Morgengymnaſtik; 11.15: Konzert; 13.00: Kleines Kapitel Geburtstag von Walter v. hr: Uebertragung von Gruppe; 08.15: Morgenſeier; Promenadenkonzert; Külhollſche 12.00: Zeit; Molo; un ): Jun 1 1 9 N ö 1 eines Zauberſchlüſſels 1 13.40 Schallplatten; Jugendſtunde; 15.00: Heimat“; Uebertragung von der deutſchen Gruppe; 18.00:„Unſentimentale 's Süddeutſchen nach Berlin“; 18.30: J. 8 Ungerer lieſt aus eigenen Werken; 19.00: Zeitangabe, Sportfunk; 19.30: Unterhaltungskon— zert; 20.15: Uebertragung von der Südweſtdeut— ſchen Gruppe; 21.45: Kabarett-Vorträge; 22.15: Nachrichten, Sport; 22.45: Tanz- und Unter— haltungsmuſit. i Montag, 16. Juni. 06.00 Uhr: Morgengymnaſtik; 06.30: Uebe gung von der Südweſtdeutſchen Gruppe; 10.00: Schallplattenkonzert, Werbenachrichten; 11.00: Nachrichtendienſt; 12.00: Wetterbericht; 12.15: Be— liebte Inſtrumente; 12.55: Nauener Zeitzeichen; 13.00: Schallplattenkonzert; 13.30: Wetter- und Nachrichtendienſt; 15.30: Blumenſtunde; 16.00: Uebertragung von der Südweſtdeutſchen Gruppe; 17.45: Zeitangabe, Wetterbericht, Landwirtſchaſts— nachrichten; 18.05:„Spaniſches Bilderbuch“; 18.35: Uebertragung von der Südweſtdeutſchen Gruppe; 19.00: Zeitangabe; 19.05: Uebertragung von der Südweſtdeutſchen Gruppe; 19.30:„John D. erobert die Welt“, ein Hörſpiel; 20.45: Ueber⸗ tragung aus Trier; 22.15: Uebertragung von der Südweſtdeutſchen Gruppe; 22.40: Nachrichen; 23.00: Uebertragung von der Südweſtdeutſchen Gruppe; 00.30: Frauenterzelie. rira⸗ 1 Die Herzogin Von Odo Paſch. Ich habe mal von einem Manne gehört, der mit einer Herzogin Knicker ſpielen wollte; er wollte mit ihr am Boden liegen und im Sande ſpielen. Es war das eine groteske Vorſtellung, die ihm aber Freude machte. Denn die Wirklich⸗ keit war ja anders,— was ihn ſchmerzlich be— wegte. So wurde er zum Satyriker. Aber wieviel reſultierte aus der eingebilde— ten Furcht, als wenn eine Herzogin nicht auch im Sande ſpielen könnte. Der Satpriker ſah ſte immer in ihrer Hoheit aufrecht und mit dem Hermelin bekleidet Dieſes Abſtandsgefühl war ein eingebildetes, von dem er ſich nur befreien konnte durch ein witziges Wort, eine groteske Umkehrung dieſer landläufigen Vorſtellung einer Hoheit im Hermelin. N Am Potsdamer Platz, vor einem bekannten Kaffee. wo im Sommer die Blumenhändler ſtehen, ſah ich jüngſt auch eine Herzogin. die einſt über große Beſitztümer in der Krim verfügte Sie trug keinen Hermelin, ſondern eine gebatikte luſe, wie ſie einmal modern war, und bot den Vorübergehenden Blumen an. Wie ſie das tat, in jener einzigartigen Weiſe, die viel vom Kinde hatte, das im Sande ſpielt, und dennoch nichts von einer Hoheit vermiſſen ließ, war gewiß in⸗ tereſſant zu ſehen. Intereſſanter jedoch waren die, Menſchen zu beobachten. denen ſie Blumen anbon. Das erſte war: daß die meiſten ſtutzten, ihre Haltung verloren.—— Vor dieſer Blumen— verkäuferin!— Und das war eine Fehlrechnung bei ihr. ö Trotzdem: Dieſes in ſeiner Mehrheit bla— ſierte Publikum war in ſeiner Schüchternheit nicht imſtande, anzuhalten, in die Taſche zu grei— ſen und von ihr ein paar Veilchen zu erſtehen. Sei ſtutzten, der Geſichtsausdruck wandelte ſich jäh aus einem Erſtaunen in Verlegenheit, um dann ſchnell weiterzuhaſten, aber nach einigen Schritten wieder innezuhalten und nach dieſer ſeltſamen Erſcheinung einer Blumenverkäuferin, die mit ſolchem Charme und ſolcher Hoheit Blu— men jeilbot, von ſicherem Port aus in Neugierde Ausſchau zu halten. Ich ſah das, und mir ſiel wieder jener Mann i einer Herzogin Knicker ſpielen wollte. „ daß er jetzt geſtorben iſt Erſt, wenn man die Misch mit Kathreiner gemiſcht trinkt, wird ſie richtig verdaut! ... wieder ein Grund mehr. immer Kathreiner zu trinken! Der Kleingärtner im Juni. 7 1 Für den Kleingärtner gibt es im Juni arbeitsreiche, aber auch eine an reiche Zeit. Beſonders das Gemüſe zu beaufſichtigen. muß man fleißig gießen damit Boden nicht verkruſten und das Wachstum hindert. Zu dicht ſtehende Saaten ſind auszudünnen. Bohnen bekommen jetzt Stangen und mit der Spargelernte muß man bis Ende Juni Schluß machen. Auf bereits ab— geerntete Beete pflanzt man etwa um die Mitie des Monats ſpäte Sorten von Weiß und Roi. kohl. wie überhaupt alle Kohlſorten Zum Pflanzen ſuche man nicht die ſonnigſten Tage aus. Spätkartoffeln werden gehäufelt. Die Obſt- bäume werden ſorglich behandelt. Man gieß des öfteren und ziehe dabei einen Graben um den Baum. Verdünnter Dünger ſchadet nichts. Bei Spalierobſt achte man auf gutes Wachstum und binde an, wo es nötig iſt. Im Blumengar⸗ ten wird man alles Abgeblühte beſeitigen; her— abhängende Stauden ſind hochzubinden und zu befeſtigen. eine Erntefreuden iſt jetzt ſehr regenarm, ſo und die Hacke rühren, 15 Wird der Juni der * 2 n 2 Spiele im Freie! Wenn man jetzt hinausſährt in die Wälbie und Felder, dann wird man nicht ſelten auf Gruppen junger Leute ſtoßen, die ſich am Spiel recht und ſchlecht vergnügen. Sie finden ſich ſchnell zuſammen, ſchließen bald Freundſchaft miteinander und treiben ihre Spiele im Freien. Es iſt dies alles ſo harmlos und einfach, ſo we⸗ nig kompliziert, was ſie ſpielen, daß man glaubt, die Kleinſten oder Kleinen ſpielen. Aber da⸗ rauf kommt es ja auch gar nicht an. Man will ja beim Spiel hier draußen in Gottes freier Na— tur nur luſtig und ausgelaſſen ſein, ſich ein biß⸗ chen austoben. Spiele, die großes Kopfzerbre— chen machen, liebt man nicht; ſo ſchlicht und ein⸗ ſach wie möglich. Man lacht und freut ſich da⸗ rüber, glaubt faſt ſelber wieder ein Kind gewor- den zu ſein und nette Erinnerungen an die ver⸗ gangene Kindheit verbinden ſich mit dem Spiel. Ganze Familiengeſellſchaften beteitigen ſich an dieſen Spielen. Völkerball und Kaiſer, König, Edelmann rufen nicht ſelten wahre Heiterkeits— ſtürme hervor, und wenn beim Spielen jemand auf die Naſe fällt und auf den grünen Teppich zu liegen kommt, dann freut man ſich erſt recht und hänſelt und neckt. Und keiner iſt ſich böſe, keiner zürnt dem Anderen. Hier iſt mal eine Ge— legenheit, wo aller Haß und alle Zwietracht ver— flogen ſind. Die freie Natur wirkt alſo unter den Menſchen unbedingt ausgleichend, weil ſie ſo er— haben über allen Dingen der Welt ſteht, daß ſich alles darauf konzentriert und von den perſön— ichen Zwiſtigkeiten abgelentt wird. Auch die Wandervereine pflegen dieſen Brauch. Sie ma⸗ hen ebenfalls ihre Spiele im Freien, ſingen und zollführen ihre Volkstänze und ſind da daußen nunter und fidel. Sich einander im fröhlichen Spiel draußen in der Natur zu finden, das iſt chte und wahre Volksgemeinſchaft. Der Salon— nenſch mag ſich im allgemeinen darunter nichts vorſtellen können, aber der, der viel wandert und die Dörfer und Städte durchſtreift, der kennt dieſe Art von Volksgemeinſchaft, die ihm noch im ſpä— en Alter eine dauernde Erinnerung bleiben vird. D. Prima prima! Früher bin ich immer der Meinung geweſen, 18 8 gäbe nicht nur gute Weine, ſondern auch hlechte, nicht nur vortreffliche Filme, ſondern uch höchſt kitſchige. nicht nur hervorragende stoffe, ſondern auch miſerable, nicht nur ſchöne äuſer, ſondern auch ſcheußliche, geradezu entſetz— iche. Heute müßte ich eigentlich glauben, daß ie Minderwertigkeit vollſtändig verſchwunden »i, und daß alles, alles den Stempel der Voll— ommenheit trage, jener Vollkommenheit, von der hon die Alten ſagten:„O für eine Voll— ommenheit!“ Alles, was ich oder ein anderer aufen ſoll, wird als„prima prima“ angeboten. Ich war mal ſehr leichtgläubig und hätte darauf ſchwören mögen, daß jede Gänſeleberpaſtete, auch die zu achtzig Pfennig das Pfund, aſſächliche Gänſeleber enthalte, und daß der Tabat aller Vierpfennigzigaretten das Licht der Welt in Ma— zedonien erblickt habe, und daß man mit einem Füllfederhalter zu einer Mark zwanzig Jahre und länger ſchreiben könne, und daß jeder drimi⸗ nalroman zu einem Groſchen eine unglaubliche Spannung herbeizaubere. Aber ich habe Hun— derte von Enttäuſchungen erlebt. Vor etwa kaum einem Jahr z. B. bin ich an einer Kneipe vorbeigekommen, an der ein Schild hing mit der Inſchrift:„Hier ſpielt die ſabelhafte Salonkapelle„Igo Nitſchitſchewo“, und ich bin hineingegangen. Was die Muſici von ſich gaben, war einſach verheerend. Ein Kerl, der angeblich ein zweiter Caruſo war, krähte ſo, wie ein Schim⸗ panſe krähen würde. Ein andermal lotſte mich ein Mann den ich auf einer Reiſe kennengelernt hatte ſein Speiſehaus, in dem, wie er mir ſagte en herrliches Beeſſteak zu nur einer Mark und zwanzig gereicht wurde. Daß ich nicht mit beiden Füßen ausgetreten habe nicht habe wiehern müſſen verſtehe ich heute noch nicht. vas * t 5