MANNHEIM Sonntag, den 20. Juli 1930 nachm. 15 Uhr Goes schwimmen usw. Elnlrittsgrels: Stehplatz RM.. 50, Wassersbörllasl an Hoca rang Waserrutschbahn/ Schifferstechen/ Wellen- reiten/ Eimer- Paddeln/ Kanu-Rennen/ Wett- Aufstieg des Freiballons„Mannheim“. Festplatz: Linkes Neckarufer oberhalb der Ebertbrücke — Haltestelle der Straßenbahn. R ESTAURATIONS BETRIEB Sitzplatz RM. 1.— Vorkehrs-Verein ſfannneim e. U. e Orisausschug ſHannazeim für Leidesünungen und qupeuopege. Beſtellungen auf Gurken per 100 1,25 Mk, jede Größe nimmt entgegen Fritz Busalt Gambrinushalle Foſt neuer Aaagerwagen zu verkaufen. ussenslp. l. ll haruerobeg neu, preisw. abzugeben. ede * Bekanntmachung. Betr.: Verſteigerung von Gras und Pflaumen. Am Donnerstag, den 17. Juli 1930, vor- mittags 11 Uhr, werden im Sitzungsſaale des Rat— hauſes das Gras vom Schwarzengraben Nr. 4, Bannholzgraben Nr. 16, 29 und 30, Graben zwi— ſchen alten und neuen Weidſtücken, Ohmet vom Landgraben Nr. 1— 10, ſowie ein Los Pflaumen zwiſchen 3. und 4. Gewann Oberbruchweide an die Meiſtbietenden öffentlich verſteigert. Viernheim, den 15. Juli 1930. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Dankſagung. Nun ſchläft die teure, liebe Heimgegangene, unter grünem Raſen, bedeckt von Blumen, die ſie ſo ſehr liebte, der Auferſtehung entgegenſehend. Herzinnigen Dank den Barmherzigen Schweſtern für ihre aufopfernde Pflege und der hohen Geiſtlichkeit für ihren troſtreichen Beiſtand. Ebenſo innigen Dank für die zahlreichen Beweiſe der aufrichtigen Anteilnahme an meinem herben Verluſte. Viernheim, den 14. Juli 1930. Einmach⸗ und Salat⸗Gurken 100 Stück 1.20 Mark. Neue Kartoffeln verſchiedene Sorten Hühnerfutter Lehensmitteinaus Feier Noschauer „Zum Reſbſtock“. cgagaggaggaggagggaggggggagngggggggagaggagaggaggg Papierabfälle zum Feueranzünden kann unentgeltlich abgeholt werden. Säcke mitbringen Ojernheimer Anzeiger agg d. 7 „Grünes Haus“, in 1 Pfund Einheits- 9 Gläber abgefüllt ſchwein zu haben bei zu verkaufen. 1 Frhschauer Nounauser Sfr. 28. 1 Läufer- Dlöfeffönl 2 2.20 Mͤæk. Künderstraße 8 Bekanntmachung. Betr.: Den Verkauf von Flaſchenbier. Wir ſehen uns veranlaßt, die Flaſchenbier⸗ händler wiederholt darauf hinzuweiſen, daß der Verkauf von Flaſchenbier lediglich von 7 Uhr bis 19 Uhr während der allgemeinen Verkaufszeit ge⸗ ſtattet iſt. An Sonn- und Feiertagen iſt jeglicher Verkauf ſtreng verboten. Ebeuſo iſt es den Flaſchenbierverkäufern gänzlich unterſagt, Fla⸗ ſcheubier zum numittelbaren Genuß au Ort und Stelle abzugeben. Im letzteren Falle wer— wir wir gegen Zuwiderhandelnde außer der Ver- anzeigung die Entziehung der Erlaubnis zum Fla— ſchenbierverkauf beim Kreisamt beantragen. Unſere Beamten haben ſtrenge Weiſung, Zu— widerhandlungen unnachſichtig zur Anzeige zu bringen. Viernheim, den 5. Juli 1930. Heſſiſches Polizeiamt. Ludwig. Bauern- Verein. Hochprozentige Dünger am Lager: Amoniak, Kali, Super⸗ phosphat, Kalkſtickſtoff, Thomasmehl u. Kainit, LeunaNatron-Kalkſalpeter, Kaliamoniakfuper⸗ phosphat 5/8 /8, Nitrophoska, Harnſtoff und ſchwefelſ. Kali. Billige Futter artikel: Futtermehl, Kleie, Keime hell, Soyaſchrot, Malztreber, Schnitzel, Hafer- und Gerſten— ſchrot, Maisſchrot, Oelkuchen. Hühnerfutter: Mais, Weizen, Gerſte, Ohama Miſchfutter. Saatmais Pfd. 16 Pf. Eine Gruppe der Rettungsmannſchaften, die trotz heldenmütiger Aufopferung 162 ihrer 11 5 Kameraden nicht mehr lebend zu bergen vermochten. Die eꝛslen Otiginalbilclen der Sꝛubenſtalaskꝛonſie uon. Neuode Die Angehörigen der eingefahrenen Bergleute warten am Zecheneingang auf die Nach: richt Gerettet oder.. Malaga — — Schreiber — Rathausſtr. 50— Lorſcherſtraße 8 Fö1. Holl. Buller end 90.“ Schöne schwere Eier 10 Stück 1— 1.10 1.25 Weiterer Abschlag 20 Proz. Hg. Stangenkäse viertelreife schnittfeste Ware Pfd. 32 ½ Pfd. 8 3 ld Schwelzerhäse eu. 35 Apfelwein Liter 35 Pfg. ohne Krug Meigwein offen Liter 65 3 Rotwein offen Liter 70 50% Rabatt Hdusstanganren kauft man am besten da, wo sie her- gestelſt werden Schwenniggen, die größte Uhrenstadt der Welt, bietet Innen die Gelegenheit, direkt vom Herstellungsort zu kaufen. Wir ge- wühren Ihnen: 10 Jahre schriftliche Garantie. Lieferung: Franko Haus. Jede Uhr wird jährſich einmal durch unseren Fachmann kostenlos nachge- prüft. Angenehme Teilzahlung. Ueberzeugen Sie sich bitte selbst und verlangen Sie heute noch per Postkarte die Zusendung unseres Katalogs. Tausunfon g mn. h. Sehwenniggen am Neckar(Schwarzwald) Alleenstraße 17. 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Im Reichstag wur⸗ de heute nach längerer Debatte Artikel 1 der Deckungsvorlage bei Stimmenthaltung der Sozialdemokraten gegen die Stimmen der Deutſchnationalen, Kommuniſten und Nationalſozialiſten angenommen. Die Be⸗ ratung geht am Mittwoch, 3 Uhr, weiter. Auf der Tagesordnung der Dienstagsſitzung des Reichstages ſtand heute als erſter Punkt der Ausſchußbericht ſowie Anträge zur Bergwerks- lataſtrophe von Neurode. Auf Antrag des Abg. Drewitz(WP.) wird die Tagesordnung dahin ergänzt, daß mit der Tagesordnung der wirt— ſchaftsparteiliche Antrag auf Auflöſung des Reichstags verbunden wird. Zur Neuroder Ka— taſtrophe empfiehlt der Ausſchuß einen Antrag, der die Regierung erſucht, mit größter Beſchleu— nigung die Urſachen des Unglücks feſtzuſtellen und alle Maßnahmen zu ergreiſen, um Kataſtro— phen dieſer Art zu verhindern. In einer Aus⸗ ſchußentſchließung wird die Reichsregierung er— ſucht, aus Anlaß der Grubenkataſtrophe in Neu— rode ſoſort bis zu einer Million Mark zur Un— lerſtützung der Hinterbliebenen und zur Behe— bung der Not der Bergarbeiter des Waldenbur— ger Bezirks zur Verfügung zu ſtellen. Der Aus— ſchußantrag und die Ausſchußentſchließung wur— den nach kurzer Debatte angenommen. Es ſolgt die zweite Beratung des Weingeſetzes, das in zweiter und dritter Beratung einſtimmig angenommen wird. Nunmehr folgt die zweite Beratung der Deckungsvorlage. Dazu iſt von den Kommuniſten ein Mißtrauens— antrag gegen das Reichskabinett eingegangen. Reichskanzler Brüning erklärt, er wolle zu dieſer Vorlage keine lange Rede halten, denn das Volk verlange eine ſchnelle Entſcheidung und keine weiteren Reden. Ueber dein Volk laſte ein dunkler Druck und ein Gefühl der Unſicherheit, das ungeheuer hemmend und belaſtend wirke für die Wiederankurbelung der Wirtſchaft. Das Volk habe im Lande ein ſtarkes Verſtändnis dafür(Zuruf links: daß Sie ver- ſchwinden müſſen!), daß die Regierung vor einer ungeheuer ſchwierigen Aufgabe ſtehe. Es handelt ſich nicht um eine vorübergehende konjunkturelle Depreſſion, ſondern einen völligen Wandel der Wirtſchaft, eine Preis- revolution auf allen Gebieten der Wirtſchaft. Wir haben keinen Grund zu einem ſchranken⸗ loſenqeſſimismus, benn für die beſondere Struk- zur der Wiutſchaft bedeutet die Preisſenkung leinen Abſtieg, ſondern den Beginn des Wieder⸗ aufſtiegs. Wenn die Reichsregierung nicht alle Maßnahmen ergriffen hätte, um dieſen Wieder- aufſtieg zu ermöglichen, dann hätte ſie ihre Pflicht gröblich verletzt. Die Vorausſetzung für die Durchführung aller dieſer Maßnahmen und auch für die Durchführung der von der Regie⸗ rung vorgeſchlagenen Refogmen iſt aber, daß vorher das Defizit des Reichsetats gedeckt wird. Dazu gibt es keine anderen Möglichkeiten mehr als die von der Regierung votrgeſchlagenen. (Lebhafter Widerſpruch links). Der Ausſchuß hat das ja dadurch anerkannt. daß er dem Artikel 1 der Regie lungsvorlage zugeſtimmt hat.(Unruhe und Gelächter links). Wir können keine Oſthilfe gewähren, wir können die Arbeitsloſenverſiche⸗ rung nicht ſanieren, wenn das Defizit nicht ge⸗ deckt iſt.(Lebhafte Zuſtimmung.) Was wir jetzt machen, iſt nichts weiter als Aufrüumungsarbeit. Dieſe Arbeit iſt not- wendig, wenn wir im Herbſt zu der gro⸗ ßen Reform unſerer Finanzen kommen wollen. die vor allem eine weſentliche Senkung der Aus- gaben auf allen Gebieten bringen ſoll.(Zuruf der Kommuniſten: Auf Koſten der Arbeiter!). Wir kommen nicht weiter, wenn jedes Jahr von wechſelnder Mehrheit die Grundgedanken der Fi⸗ nangpolitik geändert werden. Wir brauchen eine Politik auf lange Sicht nach einheitlichem Plane. Es iſt eine große Stunde für das deutſche Volk und für den Reichstag gekommen(Zuruf bei den Kommuniſten: Die Stunde des Bankerotts.) Soll es nicht möglich ſein, durch das Parlament die Deckung zu beſchließen— das muß ich gleich heute in dieſer Stunde erklären—, ſo wird die Reichsregierung im Intreſſe der Demokratie von allen verfaſſungsmäßigen Mitteln Ge brauch machen, die notwendig ſind zur Abdeckung des Defizits des Reichshaushalts(lebhafter Beifall bei der Mitte). Mit den Stimmen der Regierungsparteien wird der Vertagungsantrag angenommen. Nach Wiedereröffnung der Sitzung wird ein kommuniſtiſcher Antrag auf Vornahme einer Genenaldebatte abgelehnt und der Vorſchlag Eſſer mit der Aenderung angnommen, daß für die Ausſprache über den Artikel 1 eine halb- ſtündige Redezeit zugelaſſen wird. Abg. Keil S) erklärt, die Regierung Brü⸗ ning befinde ſich in einer Sackgaſſe, aus der es nur einen Ausweg gebe. nämlich den Rücktritt. Dieſen Ausweg ſcheine das Kabinett aber nicht zu finden. Die Annahme eines Artikels 1 im Ausſchuß darf der Reichskanzler nicht als Zu- ſtiamung deuten. Wir haben uns dabei der Stimme enthalten, weil wir uns die Entſchei⸗ dung für die Schlußabſtimmung vorbehalten wollten. Wir werden auch im Plenum die glei— che Stellung einnehmen wie im Ausſchuß. Wenn wir bei der Abſtimmung über den Artikel 1 uns der Stimme enthalten wer- den ſo geſchieht das nur zu dem Zwecke, daß andere Parteien eine Ueberlegungs⸗ pauſe erhalten. Abg. Föhr(Z) ſtimmt der Deckungsvorlage zu. Abg. Neubauer(K) bezeichnet die Voulage als den Anfang der Diktatur. Der volksparteiliche Abgeordnete Scholz erklärt, die Vorlage habe bei der Volkspartei leb hafte Bedenken herworgerufen, beſonders wegen der einſeitigen Belaſtung eines Berufsſtandes und wegen der Erhöhung der Einkommenſteuer. Die Fraktion wünſche vor allem eine Senkung der Ausgaben und eine Wiedererweckung den Selbſtverantworlichkeit der Gemeinden in finan⸗ zieller Beziehung. N een eee Zeitung Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige 9 8 koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., nnahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— viernheimer Anzeiger (Biernheimer Bürger-Ztg.— Viernh. Volksblatt) mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Plaßvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Abg. Mollath(WP ken zu. Eine Inkraftſetzung der Deckungsvorlage und des Oſthilfegeſetzes hält die Wirtſchaftspar⸗ tei nur dann für tragbar, wenn gleichzeitig durch Auflöſung des Reichstags das deutſche Volk zu endgültiger Entſcheidung berufen wird. Abg. Mayer(D) gibt für die demokratiſche Fraktion eine Erklärung ab, in der es heißt: Wir betrachten das ganze geſetzgeberiſche Werk als eine Teilrefonm, die unverzüglich weiterzu— führen iſt vor allem durch die Sanierung der Ge— meindefinanzen und die übrige Vereinfachung und Verbindung des Verwaltungsaufbaues in Reich und Ländern. Wir glauben, daß wir nicht mit den Dekungsvorlagen einverſtanden ſind. Das deutſche Volk erwartet vom Reichstag einen Entſchluß. 4. Die Verhandlungen mit der Sozialdemokratie Berlin, 15. Juli. Heute abend hat eine Beſprechung zwiſchen dem Reichskanzler Brü⸗ ning und dem früheren Reichskanzler Hermann Müller ſowie dem Vorſitzenden der ſozialdemo⸗ kratiſchen Neichstagsfraktion, Dr. Breitſcheid. über die politiſche Lage ſtattgefunden. Die An⸗ terredung hatte das Ergebnis, daß der Reichs⸗ kanzler Dr. Brüning ſich bereit erklärte, die Führer der in der Regierung vertretenen Par⸗ teien zu bitten, noch einmal untereinander in des Kanzlers Abweſenheit darüber zu beraten, ob auf ſozialpolitiſchem Gebiet den Sozialdemo⸗ kraten Konzeſſionen gemacht werden könnten. Die Parteiführer ſollen dem Reichskanzler über ihre Anſichten und die Möglichkeiten ſolcher Konzeſſionen Bericht erſtatten und es ſollen dann morgen noch einmal Verhandlungen mit den Vertretern der ſozialdemokratiſchen Frak⸗ tion ſtattfinden. Hindenburg ſagt Preußen ab Der Reichspräſident bleibt wegen Stahlhelmoerbots den rheiniſchen Befreiungsfeiern fern Berlin, 15. Juli. Reichspräſident von Hin-⸗ denburg hat an den preußiſchen Miniſterpräſi— denten Dr. Braun ein Schreiben gerichtet mit ſolgendem Wortlaut: Sehr geehrter Herr Miniſterpräſident! Ihre Einladung zur Teilnahme an der Be⸗ freiungsſeier der preußiſchen Staatsregierung in Koblenz am 22. Juli habe ich durch ein Schreiben vom 5. Juli angenommen. Meine Zuſage erſolgte unter der Vorausſetzung, daß das Verbot des Stahlhelms, Bund der Frontſoldaten, im Rhein⸗ land und Weſtfalen, das ich, wie Sie wiſſen, nach eingehender Prüfung des Tatbeſtandes als unbe— rechtigt und dem Sinne des Geſetzes zuwiderlau— ſend bezeichnen muß, bis dahin aufgehoben ſei und auch dieſer Verband der alten Frontſoldaten an den Befreiungsſeiern teilnehmen könnte. Sie haben auch die Aufhebung dieſes Verbotes, für die ſich auch die Reichsregierung inzwiſchen ver— wandt hat, wiederholt in Ausſicht geſtellt. Statt deſſen hat der preußiſche Miniſter des Innern in ſeinem dem Herrn Reichskanzler abſchriftlich über⸗ mittelten Schreiben vom 16. Juli 1930 dem Stahl⸗ helm für die Wiederzulaſſung im Rheinlande und Weſtſalen Bedingungen geſtellt, aus deren For- mulierung ich entnehmen muß, daß Sie und das preußiſche Staatsminiſterium meinem von der Reichsregierung unterſtützten Wunſch nicht Zu eutſprechen geſonnen ſind. Damit ſchließen Sie den Stahlhelm, Bund der Frontſoldaten, von der Teilnahme an den Rheinlandbefreiungsſeiern aus und machen es den in dieſer Organiſation vereinigten alten Frontkämpfern unmöglich, in geſchloſſener Formation ſich zu beteiligen wie alle anderen Verbände bei allen Veranſtaltungen, die aus Anlaß der Räumung ſtattfinden, zugelaſſen ſind und in großer Zahl auftreten. Dieſe ungleich⸗ mäßige Behandlung iſt für mich unerträglich, Ich kann es mit meiner verfſaſſungsmäßigen Pflicht zur Unparteilichkeit nicht vereinbaren, an Befreiungsſeiern teilzunehmen, von denen ein Teil von Staatsbürgern durch ein meiner Auf— faſſung nach nicht begründetes Verbot dieſer Or— ganiſation ausgeſchloſſen iſt Ich habe mich daher zu meinem Bedauern ent ſchließen müſſen, meine Ihnen unter dem 5. Juli übermittelte Zuſage zur Teilnahme an der preu— ßiſchen Befreiungsfeier in Koblenz rückgängig zu machen. Aus dem gleichen Grunde habe ich auch meine in Verbindung mit der Reiſe nach Koblenz geplanten Beſuche in Trier, Aachen und Wies baden ſolange verſchoben, als die vorerwähnten Gründe beſtehen. Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hoch achtung gez. v. Hindenburg Braun iſt überraſcht Auch Brüning wußte von nichts. Berlin, 15. Juli. Der preußiſche Miniſterprä ſident Braun hat heute nachmittag in Verſolg des Schreibens des Reichspräſidenten die Vertre ter der Preſſe zu einer Konferenz einge laden, wobei er, ausgehend von den hiſtoriſchen Zuſammenhängen. die ſeinerzeit ſowohl die Reichs⸗ als auch die preußiſche Staatsregierung zu dem Verbot in Rheinland-Weſtſalen veran laßten, ſich mit dem Schreiben des Reichspräſiden— ten im einzelnen auseinanderſetzte. Der Miniſterpräſident ſchilderte dabei dor allem die Vorgänge in den letzten Tagen und ver⸗ las ſodaun das Schreiben, das geſtern an den Stahlhelm abgeſandt worden war. In dem Schreiben forderte er die beiden Führer der Stahl⸗ helmleitung zur Unterzeichnung einer Erklärung auf, die folgende Zuſagen enthielt: 1. nicht mehr beſtreiten zu wollen, daß das Verbot auf Rechts⸗ grundlagen beruhe; 2. die Verſicherung, ſich in Zukunft der Abhaltung jeglicher militäriſcher Uebungen zu enthalten und 3. die Gewährleiſtung dafür, daß an die Spitze der Landesverbände eine Antwort zuſenden können. T ee n Jahrgang ſtimmt dem Beden-; ſolche Perſonen geſtellt werden, die ſich ſtrikte an die Vereinbarungen halten würden. Nun ſei heute der Brief des Reichspräſidenten an ihn gelangt, noch ehe der Stahlhelm ihm hätte Das preußiſche Staatsminiſterium werde noch beute abend den Reichspräſidenten darauf aufmertſam machen, daß ſeinerzeit ſowohl Reichs- wie Staatsregierung überzeugt geweſen wären, daß das Stahlhelmver— bot erlaſſen werden müſſe. In dieſem Schreiben werde von ſeiten der preußiſchen Staatsregie- rung die Hoffnung ausgeſprochen, daß der Reichs- präſident jetzt noch einmal das ganze Problem überprüfen möge. Zum Schluß dieſer Preſſekonſerenz traf auch das Antwortſchreiben der Stahl⸗ helmleitung an den bpreußiſchen Miniſter⸗ präſidenten ein, in dem die Bundesleitung mit⸗ teilt, daß ſie nicht in der Lage ſei, den Wort⸗ laut der ihr vorgelegten Erklärung zu unterzeich⸗ nen Der Miniſterpräſident wies darauf hin, daß diefer Brief wohl als Verhandlungsbaſis ge⸗ eignet geweſen wäre, wenn nun nicht inzwi⸗ ſchen das Schreiben des Reichspräſidenten ein⸗ getroffen wäre. Hinſichtlich der bevorſtehenden Feiern betonte Miniſterpräſident Braun, daß morgen erwogen werden ſolle, ob es nun zur Abhaltung der Befreiungsfeiern kommen ſolle, da dieſelben doch nur im Zusammenhang mit der Rheinlandreiſe des Keichspräſidenten ge⸗ plant geweſen waren. Der Reichskanzler hat erklärt, daß er von dem Wortlaut des Schreibens erſt durch das Woljfſſche Telegraphenbureau Kenntnis erhalten habe. Von dem Bureau des Reichspräſidenten war Dr. Brüning vorher nicht unterrichtet worden. Blutige Unruhen in Aegypten Polizei ſchießt auf Demonſtranten.— 14 Tote. London, 15. Juli. In Alexandria iſt es heute anläßlich eines Generalſtreiks als Pro— teſt gegen das Vorgehen der Regierung in Manſurah und zugunſten des früheren Pre— mierminiſters und Führers der Wafdpartei, [Nahas Paſcha, zu ſchweren Unruhen gekom— men. Nach den bisher vorliegenden Meldungen begannen die Demonſtranten beim Marſch durch die Straßen die Schaufenſter einzuwer— fen und die Polizei mit einem Hagel von Steinen zu überſchütten. Sie führten in der Prozeſſion ein Bildnis des früheren Premier- miniſters Naha Paſcha mit, dem begeiſterte Ovationen dargebracht wurden. Ein Laſtauto der Polizei wurde auf der Straße aufgegriffen und umgeworfen, ſo daß ſich die Polizei zurück— ziehen mußte. Um Herr der Lage zu werden, feuerte die Polizei von dem Dach des Gerichts— hofes aus in die Menge. Wie ſpäter offiziell bekannt gegeben wurde, wurden bei der Schie— zerei 14 Perſonen getötet. Darunter befinden ſich 8 Europäer. 250 Perſonen wurden verwun— det und zwar eine größere Anzahl ſchwer. Nach den letzten Meldungen wird die Lage ſtündlich ernſter. Die Straßen der Stadt ſind mit zertrümmertem Glas und Steinen über⸗ ſät. Die Europäer flüchteten ſich in die Börde der Stadt, während die Polizei auf dem Dach des Gerichtsgebäudes Deckung ſuchte und von dort das Feuer auf die Maſſe eröffnete. Für England hat die Tatſache, daß auch ein Italiener in Alexandria ſein Leben verloren hat, eine beſondere Bedeutung. da die italiemiſche Regierung in den letzten Jahren wiederholt in ſchwebende engliſch-ägyptiſche Verhandlungen mit dem Hinweis eingegriffen hat, daß ſie, wenn England nicht weitgehend den Schutz der Euro⸗ päer in Aegypten garantieren könne, jede Ver- letzung der Perſon oder des Eigentums eines Italieners zum Anlaß einer Intervention ma- chen werde. Es wird der engliſchen Regierung natn wohl nichts audeles übrig bleiben, als ſelbſt in den ägyptiſchen Werfaſſerngskönflikt zum Schutze der Euro ſreifen. wird es wirklich billiger? Ein brennendes Problem.— Deutſchland muß wieder konkurrenzfähig werden.— Preisabbau und Sparſamkeit der * Wenn der Laie, deſſen Blick ſich einmal in den Handelsteil der Tageszeitungen ver— irrt, dort den Preisſturz der Rohſtoffe in ein⸗ zelnen Tabellen verzeichnet findet, ſo fragt er ſich nicht ohne Berechtigung, warum wird es denn bei uns nicht billiger? Warum iſt alles teuer, teuer: Schuhe, Wäſche, Anzüge? Liegt es am Dawes— liegt es denn am Voung⸗ Plan? Liegt es an den vielen Beamten oder etwa am Zwiſchenhandel? Es ſind viele und bittere Fragen, die ſich jedem Einzelnen, der mit den Sorgen des täglichen Lebens zu kämpfen hat, immer wieder aufdrängen. Warum können wir nicht dem internatio⸗ nalen Preisabbau, der immer größere Aus⸗ maße anzunehmen ſcheint, folgen. So ſind im Laufe der beiden letzten Jahre gefallen: Roggen von 288 auf 165, Zucker von 16 auf 7, Kupfer von 74 auf 56, Rohwolle von 167 auf 76. Dieſer Preisrückgang der wichtigſten Standardartikel des Weltmarktes ſtellt keineswegs eine durch beſondere Markt— umſtände hervorgerufene Einzelerſcheinung dar, ſondern iſt der Ausfluß einer ſeit Jah— ren anhaltenden rückläufigen Tendenz des Preisniveaus in allen Ländern. Dieſe Ent⸗ wicklung ſpiegelt ſich denn auch in der Geſtal— tung der für die verſchiedenen Länder er— rechneten Großhandelsindexe im Verlauf eines Jahres von 130 auf 115, in Frankreich von 101 auf 90 geſunken. Während ſich alſo der internationale Markt der rückgängigen Kon⸗ junktur anzupaſſen verſtanden hat, ſind in Deutſchland die Preiſe viel ſtarrer geblieben. Hier haben nur die Agrarerzeugniſſe und die induſtriellen Rohſtoffe den Preisabbau mitge⸗ macht, während die Fertigerzeugniſſe dem Abbau kaum gefolgt ſind. Der Laie hat alſo ſchon recht: es iſt nicht billiger geworden bei uns. Warum nicht? And iſt es denn nicht möglich, daß auch bei uns die Preiſe ſinken. Das ſind die beiden Fragen, die ſich heute wohl jeder Menſch in Deutſchland vorlegt. Die erſte Frage, warum iſt es noch immer nicht billiger geworden, beantwortet ſich ver⸗ hältnismäßig leicht. Der Grund dafür, daß ſich unſere Preiſe auf ſolcher Höhe halten, liegt im weſentlichen darin, daß die Selbſtkoſten, vor allem Steu en, Soziallaſten, Löhne und Gehälter, bei uns ſtarr ſind und ein für allemal feſi⸗ liegen, während ſie in anderen Ländern den weltwirtſchaftlichen Notwendigkeiten in höherem Grade angepaßt ſind. Am wettbewerbsfähig auf dem Weltmarkt zu ſein, müſſen wir unſere Selbſtkoſten und als⸗ dann die Preiſe ſenken. An den Selbſtkoſten find es nun aber in erſter Linie Löhne und Gehälter, die geſenkt werden müſſen, ſchon aus dem Grunde, weil z. B. bei unſeren Aus⸗ fuhrinduſtrien der Anteil der Löhne an den Geſamtkoſten 70 bis 75 Prozent beträgt. Man wird entgegnen, die Preiſe der Fertigprodukte könnten auch ohne Herabſetzung der Löhne deshalb herabgeſetzt werden, weil die Preiſe vieler Rohſtoffe gleichfalls geſunken ſeien. Das iſt richtig, gilt aber nur für Induſtrien, die mit ausländiſchen, verbilligten Rohſtoffen ar⸗ beiten, während unſere eigentlichen Grund⸗ ſtoffinduſtrien, die ſich auf heimiſche, alſo nicht verbilligte Rohſtoffe ſtützen, wie Eiſen⸗ und Verwaltung müſſen Hand in Hand gehen! duſtrie, wohl ſchwerlich ohne neue Senkung der Löhne die notwendige Ermäßigung der Preiſe erreichen werden. Der Grundſatz ſtarrer Tarif⸗ löhne und ſtarrer Kartellpreiſe darf nicht überſpannt werden, und es muß eine gewiſſe Elaſtizität erhalten bleiben, da die Wechſel⸗ lagen der Konjunktur eine gewiſſe Beweglich⸗ keit aller Koſtenelemente der Wirtſchaft erfor⸗ dern. Wir produzieren eben in Deutſchland zu teuer, als daß wir unſere Erzeugniſſe in dem Maße, wie es unſere Zins⸗ und vor allem unſere Tributverpflichtungen dem Ausland gegenüber fordern, auf dem Welt⸗ markte abſetzen könnten. Demzufolge ſinkt die deutſche Ausfuhr von Fertigwaren immer mehr, während auf der anderen Seite die Einfuhr an ſolchen Waren. für die Deutſchland eigene ausreichende Produk— tion hat, außerordentlich geſtiegen iſt. So hat ſich dem Frieden gegenüber unſere Einfuhr an Butter vervierfacht, an Käſe verdreifacht, an Eiern verdoppelt. Die erſte Urſache dieſer geradezu erſchwerenden Entwicklung unſeres Außenhandels liegt darin, daß Deutſchland durch ſeine Meiſtbegünſtigungsklauſel die in⸗ dividuellen Bedürfniſſe eines Austauſchge— ſchäfts auf gleichberechtigter Grundlage zu we— nig berückſichtigt. Dazu kommt noch die Schutz zollpolitik des Auslandes; während das Aus⸗ land ſeine Produktion mit Einfuhrzöllen von durchſchnittlich 25 Prozent(teilweiſe über 40 Prozent) ſchützt, legt Deutſchland auf die Ein— fuhr nur 10 bis 15 Prozent Zoll. Dieſe un⸗ verſtändliche Politik hat— um ein beſonders anſchauliches Beiſpiel zu geben— u. a. dahin geführt, daß die 5 Länder Argentinien, Kana⸗ da, Ver. Staaten, Auſtralien und Britiſch⸗ Indien im Jahre 1929 für 3774 Millionen Mark Waren nach Deutſchland einführten, aber nur für 1751 Millionen Mark von uns bezo⸗ gen. Neben einer Aenderung des Zollſyſtems wird es vor allem darauf ankommen, für die deutſche Ein⸗ und Ausfuhr ſolche Län⸗ der zuſammenzuführen, die ſich gegenſeitig ergänzen und die deshalb mit uns die Warenaustauſchpolitik betreiben können, die für uns notwendig iſt. Eine derartige Methode iſt aber natürlich nur dann anwendbar, wenn die deutſche Er⸗ zeugung Anreiz zum Bezug deutſcher Waren bietet. Leider ift das nur noch zum Teil der Fall, da das deutſche Preisniveau den Anſchluß an das Weltmarktpreisniveau in weitem Grade verloren zu haben ſcheint. Dieſer Ausſchluß Deutſchlands vom Welt⸗ markt, zu dem noch die Einſchrumpfung des inneren Marktes kommt— beſonders der Landwirt kann ja nicht mehr kaufen wie früher— läßt die Arbeitsloſigkeit anſteigen. Die Unterſtützung der Arbeitsloſen fordert Geldmittel: dieſe werden vom Staate in Ge— ſtalt immer neuer Steuern aufgebracht, die die Wirtſchaft zahlen muß und durch die ſich deren Selbſtkoſten erhöhen. Es iſt die Geſchichte non der Schlange, die ſich in den Schwanz beißt. Es hilft eben nichts, wir müſſen billiger wer— den. Erfreulicherweiſe hat man nun bei uns mit dieſer Auflockerung der bisher ſtarren Preiſe und Löhne den Anfang gemacht. Richter(Deutſchl!). In Hamburg tagt zurzeit der vierte Kongreß Kohleninduſtrie, Kalibergbau, chemiſche In— Schachſpieler teilnimmt. Daneben wird auch die Der vierte Weltſchachkongreß Oben links: Blick in den Kongreßſaal während des Turniers Deutſchland. England. Die Povtraits von unten links nach oben rechts: Tartafower. ein Länderkampf zwiſchen 20 Nationen verbun den an dem eine lange Reihe der bekannteſten Weltmeſſterin Vera Sämiſch(Deutſchl.). des Weltſchachbunbes. Menſchik, Mit dem Kongreß iſt Damenweſtme ſterſchaft ausgetragen wis öffentlichen Die nordweſtliche Eiſeninduſtrie hat ſich be⸗ reit erklärt, bei gleichzeitiger Verminderung der übertariflichen Löhne um etwa 7 Prozent eine Herabſetzung der Eiſenpreiſe um 10 Pro⸗ zent durchzuführen. Damit iſt zuerſt im Deutſch⸗ land der Nachkriegszeit das Prinzip der ſtar⸗ ren Löhne und der ſtarren Preiſe durchbro⸗ chen, das uns bisher vom Weltmarkte abge⸗ ſchnitten und zu einer immer größeren Au⸗⸗ dehnung der Arbeitsloſigkeit geführt hat, und der Weg für den allgemeinen Prehabbau, den wir alle herbeiſehnen, freigemacht Wir wollen hoffen, daß dieſe Welle des Preis⸗ abbaues nun durch ganz Deutſchland geht. Der Lohnabbau darf dabei natürlich nur Mittel zum Zweck ſein, f man ſoll nicht glauben, mit ihm ein Univerſal⸗ rezept zur Heilung aller Wirtſchaftsnöte gefun⸗ den zu haben.(Aber der Bann iſt doch gebro⸗ chen, wir ſehen, wo ein Wille, da iſt auch ein Weg.) Natürlich können Unternehmer und Ge⸗ werkſchaften den Preisabbau allein nicht ſchafſen: ſie bedürfen dazu der Hilſe einer Regierung, die durch rückhaltloſe Sparſam⸗ keit auf allen Gebieten auch das Ihrige zum Preisabbau beiträgt. Die Eiſeninduſtrie iſt trotz der verhältnismäßig geringen Eiſenpreiſe(der Index ſteht auf 128,2) vorangegangen: nun müſſen andere Induſtrien, deren Indexziffer weſentlich höher iſt, ja, wie bei einzelnen Teilen der Bauſtoff⸗ induſtrie 206 Prozent erreicht, folgen. Den Preisſenkungen des Stahlwerkverbandes ſind ſämtliche übrigen Eiſenverbände gefolgt. Der Verein Deutſchex Tafelglasfabriken hat die Preiſe für Bauglas zur Verbilligung der Bau⸗ materialen und zugleich für Hartglas zur Förderung des Gemüſebaues um 12 Prozent herabgeſetzt. Der Verband Deutſcher Wagen⸗ federwerte hat die Verkaufspreiſe ſeines Haupterzeugniſſes fühlbar ermäßigt. Die Reichsbahn hat ſich davon überzeugen laſſen, daß eine Tariferhöhung zur Abdeckung ihrer Betriebsverluſte unter den gegenwärtigen Ver⸗ hältniſſen unter allen Umſtänden vermieden werden muß. Zwiſchen den Spitzenverbänden der Banken, Sparkaſſen und Genoſſenſchaften finden Verhandlungen über die Senkung des Zinsniveaus ſtatt, die durch die neueſte Sen⸗ kung des Reichsbankdiskontes auf vier Prozent leinen ſo niedrigen Satz haben wir zum erſten⸗ mal wieder ſeit dem Juli 1914) neue Nahrung erhält. Die verſchiedenſten Verbände, insbeſon⸗ dere der Reichsbund des Texrtileinzelhandels haben ſich zu Preisſenkungen bereit erklör“, eine Bereitwilligkeit, die angeſichts des mit Steuern überlaſteten Einzelhandels doppelte Anerkennung verdient. Beſonders ſcheint ſich der Preisabbau im Rheinlande durchzuſetzen, wo die Gaſtſtätten und Theater vieler Städte mit Preisermäßigungen von 50 bis 70 Pro- zent vorangegangen find. Hoffentlich folgen möglichſt viele andere Induſtrien und Ge⸗ werbe dieſem Beiſpiel, damit ſich der Preis- abbau auch in den Kleinhandelspreiſen aus⸗ wirkt. Es wird billiger, es muß billiger werde Schatten der Schuld. Roman von Guſtav Rehfeld. Urheberrecht durch Heroldverlag Homburg-Saar. (17. Fortſetzung.) Es war gegen Ende des Juni. Helene gab ih⸗ ren beiden Zöglingen eine Lektion in der franzö⸗ ſiſchen Sprache. Karla war wie gewöhnlich nicht bei der Sache und überſetzte fortwährend falſch, ſo daß die junge Lehrerin gezwungen war, ſie zu tadeln, was aber in mildeſter, ſchonendſter Weiſe geſchah. Trotzdem fühlte Karla ſich dadurch verletzt, lehnte ſich trotzig in ihren Stuhl zurück, und ſah recht unkindlich finſter vor ſich hin, ohne der mehrmaligen Aufforderung ihrer Erzieherin ihren Fehler zu verbeſſern, Folge zu leiſten. a Theodor betrachtete ſeine Schweſter mißbilli— gend und ſagte endlich kopfſchüttelnd zu Helene, die ratlos auf die Widerſpenſtige blickte:„Iſt die aber wieder ungezogen! Wiſſen Sie was, Fräulein,— Schläge müßte ſie bekommen, das gehörte ihr.“ 5 „Du dummer Junge“, rief Karla heftig, ihren Bruder bitterböſe anſehend,„daß nur du nicht Schläge bekommſt! Das ſollte ſich Fräulein Fel⸗ ſen nur unterſtehen! Ich würde es ſofort Mama ſagen, und dann würde ſie ohne Gnade fortge— jagt! Mama hat überhaupt erſt neulich zu Lucy geſagt: ſie könne Fräuleins glatte, langweilige Viſage nicht mehr ausſtehen, und ſie würde ſie nächſtens entlaſſen!“ „Aber Karla“, ſagte Helene, tief erblaßt,„wo⸗ mit habe ich das verdient, daß du ſo häßlich ge⸗ gen mich biſt? Ich will doch nur dein Beſtes! Und Franzöſiſch mußt du doch lernen!“ „Weshalb muß ich das? Das ſehe ich gar nicht ein! Meine Mama kann auch nicht franzö⸗ ſiſch und iſt eine ſo vornehme, reiche Dame! Und pa viel Geld. Wozu ſoll ich mich da unnötig pla⸗ gen? Denken Sie etwa, ich müßte auch einmal Gouvernante werden wie Sie? Das brauche ich nicht!“ 1 5 „Karla, Kenntniſſe ſind nie überflüſſig,— ſie ſind ſogar unerläßlich zum Fortkommen im Le⸗ ben! Das wirſt du auch einſehen, wenn du erſt verſtändiger geworden biſt! Namentlich iſt es die Kenntnis der franzöſiſchen Sprache, die von je⸗ dermann gefordert wird, der nur einigermaßen auf Bildung Anſpruch machen will!“ 15 „Dann meinen Sie wohl, meine Mama ſei nicht gebildet, weil ſie das alberne Franzöſiſch nicht ſpricht? Sie ſind aber nett! Das werde ich iht ſagen!“ N f „Aber, Karla, das iſt mir gar nicht eingefal⸗ len, derartiges zu behaupten! Schämſt du dich nicht, meinen Worten eine ſolche mir gänzlich fernliegende Deutung zu geben? Jetzt wirſt du endlich den Satz richtig überſetzen!“ 5 „Fällt mir ja gar nicht ein!“ rief Karla ſtör⸗ riſch.„Ich ſehe nicht ein, weshalb ich mich mit ſo unnützem Zeug quälen ſoll. Lieber gehe ich in den Garten!“ g Und ſie erhob ſich und ging, den Kopf hoch⸗ mütig zurückwerfend, hinaus. i Helene ſah ihr wie verſteinert nach. „Laſſen Sie das unartige Mädchen gehen,— Fräulein“, tröſtete der gutmütige Theodor, der mit ſichtlichem Unwillen den Vorgang verfolgt hatte, die Erzieherin,„nun ſind wir doch allein, das iſt viel ſchöner!“ ö 195 Helene ſetzte mit dem Knaben die Unterrichts- ſtunde fort. f Kaum war die Stunde beendet, als Lina er⸗ ſchien und ſie ſofort zur gnädigen Frau beſchied. Mit hochklopfendem Herzen begab ſich Helene nach dem Salon, woſelbſt die Konſulin und Luey. erſtere wie gewöhnlich in einem Roman leſend, letztere in Modejournalen blätternd, auf, Schau⸗ kelſtühlen ſich wiegten, während Karla mit trotzi⸗ ich bin auch reich! Ich bekomme von meinem Pa⸗ gem Geſicht neben ihrer Mutter ſtand. „Ich habe Sie rufen laſſen, Fräulein— Fel⸗ ſen,“ begann die„Gnädige“ in ſchleppendem Tone, das an der Tür ſtehengebliebene junge Mädchen aus halbgeſchloſſenen Augen hochmütig anblinzend,„um Sie wegen einiger Aeußerun⸗ gen zur Rede zu ſtellen, die Sie ſich vor Karla erlaubt haben!“ 8 „Ich bin in der Tat geſpannt, gnädige Frau,“ ſagte Helene feſt,„was Karla, die ſich äußerſt ungebührlich benommen und dann ohne meine Erlaubnis die Stunde verlaſſen hat, vorgebracht haben kann, um ihr unverantwortliches Beneh⸗ men zu entſchuldigen!“ Die Konſulin richtete ſich auf und maß Helene voll kalter Verachtung von oben bis unten.„Das ſollen Sie ſofort hören, was mir das Kind un⸗ ter Tränen— verſtehen Sie, unter Tränen— geklagt hat! Hernach erwarte ich von Ihnen eine Aufklärung darüber! Zuerſt haben Sie das Kind in unverantwortlicher Weiſe mit der fran⸗ zöſiſchen Sprache gequält und auf ſeine ſchüch⸗ terne Einwendung, daß es die betreffende Regel noch nicht völlig begriffen habe, geſagt, das müſſe es lernen, ſonſt bekomme es Prügel! Es iſt unerhört, ich bin außer mir, ich bin vollſtän⸗ dig konſterniert,— ich begreife Ihre bodenloſe Frechheit nicht, Fräulein, daß Sie ſich erdreiſten können, mein Kind ſchlagen zu wollen!—— Nein, ſchweigen Sie! Vexteidigen Sie ſich nicht eher, als bis Sie die volle Anklage vernommen haben!— Meine Karla, ein artiges, folgſames Kind, das immer die Freude, der Stolz ſeiner Lehrerinnen war, ſchlagen zu wollen! Em— pörend!— Nachdem dann das arme Kind wei⸗ nend geklagt, es könne doch nichts dafür, daß es die Regel noch nicht begriffen habe, und ſich irr⸗ tümlich, mein Fräulein, hören Sie wohl!— dar⸗ auf berufen, ſeine Mama verſtehe dieſelbe auch nicht— da haben Sie ſich die Bemerkung er⸗ laubt: wer das nicht verſtehe, ſei ganz ungebil⸗ det und werde von jedermann verachtet! Als hierauf das Kind ſeine Mama in rührender Weiſe in Schutz genommen, haben Sie es aber— mals in empörender Weiſe geſcholten und durch Drohungen in Furcht zu ſetzen geſucht!— Ich muß Ihnen geſtehen, Fräulein, ich bin ſprachlos, faſſungslos! Sie wollen eine Lehrerin ſein und verſtehen nicht, einem ſo begabten, willigen Kinde, wie meine Karla es iſt, eine franzöſiſche Regel beizubringen? Sie ſchmähen in des Kin⸗ des Gegenwart ſeine Eltern— Ihre Herrſchaft — und mißhandeln es, weil es dieſelben in Schutz zu nehmen wagt? Das iſt eine unerhörte — Frechheit, daß Sie es wiſſen! Ich bin ge⸗ ſpannt, was Sie zu Ihrer Rechtfertigung vor⸗ bringen werden! Reden Sie jetzt! Abe ſo reden Sie doch! Ich erwarte, daß Sie ſich E. lich entſchuldigen!“ Helene hatte allgemach ihre Ruhe zum Teil wiedergefunden, da ſie ſich ſagte, daß es hier heiße, den Kopf oben zu behalten und ſich ener⸗ giſch zu verteidigen. „Vor allen Dingen, gnädige Frau“, begann ſie,„habe ich zu erwidern, daß alles, was Sie mir ſoeben zum Vorwurf gemacht haben, von Karla erlogen iſt. Ich bin wahrhaft erſchrocken und betrübt, daß ein Kind ſolche Lügen erſinnen kann, und mehr noch darüber, daß ihr dieſelben geglaubt werden. Geſtatten Sie, daß ich Ihnen den Hergang der Sache ſo erzähle, wie ſie ſic wirklich zugetragen hat!“ Und nun trug ſie der mit geſchloſſenen Augen und ironiſchem Lächeln im Schaukelſtuhl ſi“ wiegenden Dame den Vorfall vor, wie derſelbe ſich abgeſpielt hatte. Sie ſchloß mit den Worten: „So hat es ſich zugetragen, gnädige Frau! Fragen Sie Theodor, der es Ihnen beſtätigen wird. Ich erſuche Sie nun, Karla ſowohl für ihre Lügen, als auch für das böswillige Verlaf⸗ ſen der Unterrichtsſtunde ſtreng zu beſtrafen!“ „Mama,“ kreiſchte Karla, ſich an ihre Mutter drängend, auf,„das iſt alles nicht wahr, glaube ihr nicht,— ſie lügt!“ (Fortſetzung folgt.) Lokale Nachrichten Ein Waſſerſportfeſt in Maunheim. Am Sonntag, den 20. Juli, findet in Mannheim auf dem Neckar oberhalb der Friedrich Ebertbrücke ein großes Waſſerſportfeſt ſtatt. Als ein Feſt auf und im Waſſer ſoll die Veranſtaltung für den Waſſerſport werben und den Beſuchern einige ge⸗ nußreiche Stunden durch Vorführung der vielſeitigen Bewegungs- und Betätigungs möglichkeiten, die das naſſe Element bietet, vermitteln. Einige Nummern aus dem großen Programm: Vorführung ver⸗ ſchiedener Schwimmarten, Waſſerrutſchbahn, Wellen- reiten hinter Motorbooten, Eimer-Paddeln, Kanadier⸗ Kentern, Rettungsvorführungen, Waſſerballſpiel, Schifferſtechen, Kanu⸗Polo, Springen von der Ebert— brücke, Tauziehen auf dem Waſſer uſw. Eine Reihe humoriſtiſcher Darbietungen, zum Teil höchſt zeit- gemäßer Art, illuſtrieren die Waſſer⸗Komik. Schließ- lich wird der Freiballon„Mannheim“ vom Feſt— platz am Neckarufer aus aufſteigen.— Die Ver- anſtaltung beginnt um 3 Uhr nachmittags und dürfte überall großes Intereſſe finden. Letzte Stunde. Da liegen nun die Wälder In guter Ruh, Vom Himmel kommt die Dämmrung Und deckt ſie zu. Wo wir im Lichte wandelten Iſts ſtill und leer, Es ſingt in allen Bäumen Kein Vogel mehr. Wird dann die letzte Stunde Des Tags verwehn, Dann ſollen unſre Seelen auch heimwärts gehn. Erlöſt von Welt und Wirren So leuchten ſie Und können nimmen irren Und weinen nie. Willy Lieſer Mit dem Riedſonderzug zum Domjubiläum nach Speyer. Als am Sonntagmorgen mit dem erſten Mor. genſchein die Läden vor den Fenſtern geöffnet wurden,„ſchüttete“ es, nicht etwa aus Gießkan⸗ nen, ſondern aus Bütten u. Eimern. Wirklich keine ſchönen Ausſichten, Und doch ſtanden um 7.40 Uhr ca. 250 Lampertheimer auf dem Bahnſteig und warteten auf den Sonderzug nach Speyer. der aus dem Ried ſchon einige Hundert Teilneh— mer brachte. Kunz vor 9 Uhr Ankunft in Lußhof. Ueber den Rhein grüßt der Kaiſerdom. Nach 20 Minuten miſchen ſich die Riedpilger unter die 10 600 köpfige Menge. die ſich vor dem Dom ſtaut. Einigen gelingt es noch, in den Dom zu ſchlüp— fen, der die Gläubigen kaum faſſen kann. Am Hochaltar ein unvergeßliches Bild: ca. 15 B ſchöſe und Aebte in prunkvollen Gewändern. Davor, in Generalsuniform. Kronprinz Ruprecht von Bay— ern. Im Chor: Vertreter der bayer. Regierung, darunter Miniſterpräſident Dr. Held. Wir kom⸗ men noch ſo zeitig. um die euchariſtiſche Predigt des Herrn Prälaten P. Placidus Glogger, Abt von St. Stephan in Augsburg zu höben. Leider meint es die großzügige Lautſprechaulage inner. halb des Domes zu gut. vielen iſt durch die ſich ſchneidenden Schallwellen, d'e Predigt vollkom men unverſtändlich. Dafür iſt es vor dem Dom beſſer: jedes Wort. jeder Ton klar und weithin verſtändlich. Auch der Regen hat aufgehört und ſo ſteht die andän ti Wenge fanscy) Über 2 Sto der herrlichen Meſſe in E-moll von Bruckner. Kue nach 17 Uhr ziehen die Kirchenfürſten zwi— ſchen einem Spalier unzähliger Fahnen vom Dom zum biſchöflichen Palais. Als hinter den Biſchöfen, Kronprinz Ruprecht aus dem Dom tritt, brachen de Pfälzer in begeiſterte Hochrufe aus. Aber die Riedmägen meldeten ſich auch all- mählich zum Wont. Durch das herrlich geſchmückte Speyer fragte man ſich durch zur„Fidelia“(man⸗ cher fragte auch„Fidelio“ oder„ idelitas“), was iumerhen nicht einfach war, weil die meiſten Speyerer an dieſem Tag überhaupt keine Speyerer waren. Als man endlich ankam. war das Lokal bis hintenan voll. Diejenigen Lampertheimer, die noch ein Plätzchen gefunden hatten, grüßten freudig(eben weil ſie einen Platz hatten.) Und dann begann das Warten. Aber Alle wurden geſpeiſt, die Letzten beſſer als die Erſten, denn das war ſchon ſo ähnlich bei der Bwtvermehrung Jeſu. Manche aber, u. dazu ge— hört der„Chroniſt“ ebenfalls, wanderten aus u. fanden an der Peripherie von Speyer das wo— rauf die Gäſte des Fidelia warten mußten! Pünktlich um 2.30 Uhr wurde durch Boller— ſchüſſe bekannt gegeben, daß ſich die Prozeſſion vom Dom aus in Bewegung geſetzt hatte. Der 25 Kilometer lange Prozeſſionsweg war dicht mit Gläubigen umſäumt,(man rechnet 60 bis 70 000 Menſchen). Die Lautſprecheranlage, die Gebete und Orgelſpiele vom Dom aus auf den ganzen Weg übertrug, wurde in Tätigkeit oe— ſetzt und in ganz Speyer wurden gleichzeitig dieſelben Lieder geſungen und die Gebete ge— ſprochen. In feierlichem Zuge näherte ſich bald die Spitze, eine Gruppe der von der Landes⸗ polizei geſtellten Ehrenwache. Dahinter die kath. Jugendverbände mit vielen Fahnen dad Hunderten Wimpeln. Sodann in langem Zug ca. 250 bis 300 Aboednungen mit Fahnen der verſchiedenſten Vereine. Da can reihten ſich die Fahnen und Aboronungen der akadem. Verbindungen in bollem Wichs. In kleinem Zwiſchenraum folgte der lange Zug der Gelſt⸗ lichkeit, ern Orden⸗braden, dann Geiſtliche 120 das Domkapitel. E⸗ folgte, getragen von Patres des Miſſionskonoiktes von St. Guido, der Schein mit Reliquien des hl. Guido, die in das wiedererſtandene Hutdoſtift überführt wurden. Sodann folgten, zahlreichen Aehte und Biſchöfe, darunter Kardinal Faulhaber, Vor dem Himmel mit dem Allerheiligſten, ſchritt Exkronprinz Ruprecht von Bayern, in Generalsuniform mit dem Marſchallſtab. Den Schluß bildeten die Ehrengäſte, darunter Mit— glieder der bayeriſchen Regierung. Nachdem die Prozeſſion am St. Guidoſtift eingetroffen war, ſetzte in der Uebertragung vom Dom eine kurze Pauſe ein. Der Abmarſch vom St. Guidoſtift wurde wieder durch Böllexr⸗ ſchüſſe bekannt gegeben und Gebet und Geſaug ſetzte wieder ein. Die Uebertragung durch Lautſprecher war eine techniſche Großtat. Oe einheitliche Form des Geſangs, die dadurch gewährleiſtet wurde, war von überwältigender Wirkung. Auf dem gleichen Wege zog die Prozeſſion wieder zum Dom zurück und jeder war ſo in der Lage, 2 mal das herrliche far— benprächtige Bild auf ſich wirken zu laſſey. Unvergeßliche Eindrücke nahmen die Pilger mit. Gegen 5 Uhr löſte ſich nach und nach die Menge der Gläubigen aus dem Spalier aid zerſtreute ſich in den Nebenſtraßen. Rieſi zer Verkehr in Gaſſen und auf Plätzen. Kurz nach der Rückkehr zum Dome ſammelten ſich die Vereine vor dem biſchöflichen Palais, wo eine patriotiſche Kundgebung ſtattfand. Nach einem Lied ergriff der Staatsarchipdirektor Dr. Albert Pfeiffer das Wort zu einer glänzenden Feſtrede. Die Würdenträger zeig— en ſich während der Feier auf dem Baltoa, bejubelt von der unüberſehbaren Menge. Bök— lerſchüſſe krachten bei dem Hoch auf den deus— ſchen Kaiſerdom und das Vaterland. Mit em Deutſchlandlied ſchloß die Feier. Im Anſchluß daran hatte jeder Feſtteilnehmer Gelegenheit aus dem inhaltsreichen Domnapf nach Belieben köſtlichen Wein zu ſchleckern, allerdings blieb den braven Riedpilgern letzterer Genuß vor— enthalten, denn die Zeit verlangte, daß man ſich auf den Weg nach Lußhof machte, wo ge— gen 6.30 Uhr der Sonderzug wieder abgehen ſollte. In Schwärmen marſchierte die bunte Geſellſchaft über den Rhein und lebhaft erzäh— lend nahm man die Plätze im Zug ein. Pünktlich fuhr der Zug ab und als noch letzt⸗ malig Abſchiedsblicke zum Kaiſerdom herüber— geſchickt wurden, bemerkte man auf dem ein— ſamen Bahnſteig 4 winkende Geſtalten. Wie ſich dann ſpäter herausſtellte, war es der Herr „Generalvikar“ von Hüttenfeld mit 3 che— treuen. Sie konnten ſich halt nicht von den Herrlichkeiten trennen und hatten der Reichs— bahn größeres Entgegenkommen zugetraut. Gegen 7.30 Uhr hatte nach flotter Fahrt der Sonderzug die Heimat wieder erreicht. Neben erheblicher Müdigkeit brachten die Pilger aber die ſchönſten Erinnerungen mit. Wir wollen nun anſchließend eine Liſte der bei dem euchariſtiſchen Kongreß anweſend n Ehrengäſte folgen laſſen. Man ſah: Den päpſtlichen Legaten, Kardinal won Faulhaber-München, Erzbiſchofß von Hauck— Vamberg, die Weihbiſchöfe Fritz von Freiburg, Fiſcher von Rottenburg und Ernſt Seydl von Wien, Biſchof Felix von Ou von Paſſau, Bi— ſchof Petrus von Luxemburg, Biſchof Mat— thias Ehrenfried von Würzburg, Biſchof Hugo von Mainz, Erzabt Raphael Walzer bon Beuron, Prälat Placidus Glogger OSB. Abt von St. Stephan-Augsburg, Graf Abalbert v. Neipperg, Abt zu Stift Neuburg, Abt Korbi nian Hoſmeiſter v. vikar Eberle von Augsburg, Dr. Erwin Frei herr von Aretin, Freiherr Langwerth von Simmern als Verttenter des Deutſchen Reiches, Miniſterpräſibenr Dr. Held von Bayern. In⸗ nenminiſter Dr. Stützel, Kultusminiſter Dr. Goldenberger, Juſtizminiſter Dr. Gürtner, Staatsſekretär Funke vom Arbeitsminiſterium, der frühere Kronprinz Rupprecht von Bayern als Vertreter des Hauſes Wittelsbach, Erz— herzog Eugen von Oeſterreich als Vertreter des Hauſes Habsburg, Landtagspräſident Dr. Stang als Vertreter des Landtages, Miniſte— rialdirektor Hotz als Vertreter der Reichspoſt, Staatsſekretär Neumayer, Landesfinanzamts⸗ präſident Prugger, Archivdirektor Dr. Glas— ſchröter-München, Geheimrat Herder-Freiburg, Freiherr von Cramer Klett, Regierungspräſt— dent Dr. Pfülf, Ludwigshafen, Miniſter Koßmann von der Saarregierung, Eiſenbahnpräſident Nicklaus⸗ Saarbrücken, Klara Gräfin Mahuſchka Greif⸗ fenclau, Baron von Guttenberg-Deidesheim, mebrere Univerſitätsprofeſſoren und ſonſtige Vertreter der Wiſſenſchaft ö Reichsbahnpräſident Happ⸗ Metten, Prälat General- Der Voranſchlag 1930 vor den Gemeinderat Kommt die gierſtener?— Reine Gas- und Strompreis Erhöhung! Keine Steuererhöhung! Zur Voranſchlagsberatung, die geſtern Abend ſtattfand, war das Plenum bis auf den Herrn Beigeordneten Roos vollzählig erſchienen. Den Vorſitz führte Herr Bürgermeiſter Lamberth; das Protokoll Herr Verw.-Inſp. Alter. Weiter war Herr Gemeinderechner Winkenbach anweſend Der Zuhörerraum war ſchwach beſetzt. Herr Bürgermeiſter Lamberth eröffnete die Sitzung, begrüßte die Erſchienenen und dankte für ihr Erſcheinen. Sodann gedachte er in ſchmerzbe— wegten Worten den Opfern der Arbeit bei dem Grubenunglück in Neurode. Den Toten gilt unſere ſtumme Ehrerbietung; den Hinterbliebenen unſere herzinnige Anteilnahme. Durch Erheben von den Sitzen wurde der Toten ehrend gedacht. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab es eine Geſchäftsordnungsdebatte über die Vorkomm— niſſe in der letzten Sitzung, wobei von verſchiedenen Seiten Erklärungen abgegeben wurden, um den Standpunkt des Einzelnen zu rechtfertigen. Vor Beginn der Beratung gab Herr Bür— germeiſter einen kurzen Ueberblick über den Voran— ſchlag. Er bezeichnet ihn als ein Spiegelbild der ungünſtigen Wirtſchaftslage. Das Jahr 1930 iſt ein Kriſenjahr, deſſen Grundübel in der Erwerbs— loſigkeit liegt. Der Wohlfahrtsetat iſt um ca. 85000 Mark geſtiegen. Keine Ausgaben ohne Deckung iſt oberſter Grundſatz. Den Bürgern dür— fen nicht mehr Steuern abgenommen werden, als ſie im Hinblick der Erhaltung ihrer Wirtſchaft tra— gen können. Die Viernheimer Bürger können mit dem Voranſchlag, der keine Steuererhöhung und keine Erhöhung der wirtſchaftlichen Produkte vor— ſieht, zufrieden ſein. Die Einnahmen betragen 258 732,27 Mk.; die Ausgaben 556 732,27 Mk. Das Defizit von 298000 Mk. ſoll gedeckt werden durch 100000 Mark, die die Gas- und Elektrizi— tätsverſorgungsanlage erbringen. 25000 Mark follen durch die Bierſteuer aufgebracht werden und 25000 Mark werden aus vorhandenen Mitteln (Rechnungsreſt) genommen. Die reſtlichen 148000 Mark, der gleiche Betrag wie im Vorjahre, wird umgelegt. Die Einführung der Bierſteuer auf die durch das Miniſterium gedrängt wird, ergäbe eine Erhöhung von 1 Pfg. pro Glas Bier. Wenn nicht Bierſteuer, ſo müßte der Gas- und Strompreis erhöht werden.— Hierauf wurde der Voranſchlag bis zu Poſ. 35 durchberaten. Bei Poſ. Steuer- werte ſoll feſtgeſtellt werden, warum ſich das ge— werbliche Anlage- und Betriebskapital um einhalb Million erhöht.— Einem Antrag auf Herabſetzung der Mahngebühren, die jährlich 3000 Mark er— bringen, auf einen Einheitsſatz von 10 Pfg. kann wegen geſetzl. Beſt. nicht ſtattgegeben werden.— Das Reiſegeld ſür die Ortsvorſtandsmitglieder wurde auf 10 Mark pro Tag erhöht.— Die all- gemeine Haftpflicht ſoll einer Reviſion unterzogen werden.— Zu Art. 22: Allgemeine Verwaltung ſtellt Herr G.-R. Schneider den Antrag, daß alle Gemeinde-Beamten mit einem Gehalt von 3 bis 5000 Mark 5 Prozent und mit über 5000 Mark 10 Prozent Notopfer bringen ſollen. Der hier einzuſparende Betrag ſoll auf Konto Wohlfahrts- empfänger geſchrieben werden. Eine geſetzl. Hand- habe iſt hierzu nicht vorhanden. Es ſoll mit den Beamten in dieſem Sinne eine Beſprechung geführt werden, worüber Auskunft erteilt wird.— Der Freiwilligen Sanitätskolonne, ſowie dem Arbeiter— Samariterbund werden jährlich 100 Mark Unter— ſtützung bewilligt.— Der Betrag für Kinder- ſpeiſungen ſoll erhöht werden; hierüber wird die Fürſorgekommiſſion befinden. Die Herren Aerzte beziehen jährlich 600 Mk. für Behandlung der Ortsarmen. Auch dem 4. Arzt, Herrn Dr. Kienle, wird dieſer Betrag bewilligt, jedoch wird zugleich eine Sondervergütung für Be— handlung der Ausgeſteuerten abgelehnt.— Die Ausgaben für Schulbedürfniſſe und Unterrichtsge⸗ rätſchaften werden von 5245 Mk. auf 3000 Mk. herabgeſetzt.— Für 45 Lehrſtellen an den hieſigen Schulen muß die Gemeinde à 200 Mk. zuſammen 9000 Mk. ſeit dieſem Jahre bezahlen. Es soll ver- ſucht werden, aus einem zur Verfügung ſtehenden Ausgleichsfond des Staates von 50000 Mk. hier- für etwas zu erhalten.— Bezüglich des Dachre- parieren an der Goetheſchule ſoll ein Voranſchlag gemacht werden.— Die Straßenbeleuchtung koſtet 9000 Mk. Es ſoll verſucht werden, dieſe Koſten herabzudrücken.— Ein Antrag auf Erhöhung der Kanalgebühren wird der Finanz-Kommiſſion über⸗ wieſen.— Hiermit war die Sitzung gegen ½12 Uhr beendet. Fortſetzung und Weiterberatung des Voranſchlags morgen Donnerstag Abend um 8 Uhr. Bekanntmachung. Betreffend: Die Kontrolle der luſtbarkeitsſteuer- pflichtigen Veranſtaltungen. Zum Zwecke der beſſeren Kontrolle der luſtbarkeitsſteuerpflichtigen Veranſtaltungen machen wir darauf aufmerkſam, daß wir jedem, der bei einer derartigen Veranſtaltung einen unverſteuerten Ausweis(Eintrittskarte, Tanzbändel pp) erhält und dieſe bei uns Zimmer 23 unter Namhaftmach ung des betr. Veranſtalters abliefert, den doppelten Eintrittspreis erſtatten. Das Zentral-Theater fällt nunmehr gleichfalls unter dieſe Maßnahme. Als verſteuert gilt ein Ausweis, wenn auf ihm ein Stempel„Vergnügungsſteuer verſteuert“ und das Bürgermeiſtereiſiegel ſichtbar iſt. Betr.: Abgabe von Koks. Die Kokspreiſe werden ab ſofort wie folgt ermäßigt: Koks J 60% 0 mm für große Zentral— heizungen 1.90 Rm. ab Gaswerk; 2.05 Rm. frei Haus pro Zentner.— Koks II 40/0 mm für mittlere Zentralheizungen 2.— Rm. ab Gaswerk: 2.15 Rm. frei Haus.— Koks III 20/0 mm für kleinere Zentralheizungen und Füllöfen 1.90 Rm. ab Gaswerk; 2.05 Rm. frei Haus. Bei Mengen von mehr als 200 Zentnern gewähren wir einen Rabatt von 3—5 Prozent. Die Preiſe gelten bis Ende Auguſt l. Is 9 Viernheim, den 15. Juli Heſſ. Bürgermeiſterei. 1930. Lamberth. F. e Uereins-Anzeiger Unter dieſer Rubrik wird Vergnügungsanzeigen keine Aufnahme gewährt Reichsbanuer Schwarz-Rot-Gold. Diejenigen Kameraden die am Samstag nach Mainz zu der Befreiungsfeier fahren, werden gebeten am Mitt⸗ woch um 29 Uhr abends zu Kamerad Nikolaus Martin zu kommen.— N. B. Die Schutzſport⸗ verſammlung fällt dieſen Freitag aus. Die techn. Leitung. Tagesnachrichten. Angetrunkener beſchießt ein Lokal. enb Verlin, 15. Juli. In Taleuſee(Kr. Oſte rode) hat ſich, nach einer Meldung des 25. kalanzeigers eine ſchwere Bluttat ereignet. Ein Mann namens Oswal Jorczuk verfuchte in an⸗ getrunkenem Zuſtand nachts in eine Gaſtwirt⸗ ſchaſt einzudringen. Als der Wirt ihm den Zutritt verweigerte, bedrohte der Mann ihn mit dem Revolver. Schließlich begab ſich Jorczil in ſein der Gaſtwirtſchaft gegenüberliegendes Haus und eröffnete von dort aus ein regelrech⸗ tes Feuer auf das Gaſthaus. Jorczuk gab etwa 40 Schuß auf das Gaſthaus ab. Ein Gaſt wurde durch einen Schuß ſo ſchwer verletzt, daß er kurze Zeit darauf ſtarb. Aeaucrodle Die Reihe der 99 Särge in der Gruft auf dem Friedhof von Hausdorf,