Giernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Viernheimer Er 4 01 täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,50 Mk. Sonntags latt„Sterne und B umen“, 1010 ins Haus e zen, ale den: wöchentl. das achtſeitige illustrierte albjährli ch einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ !klalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fernſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Ar. 1 , eitung (Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Die Neujahrsempfänge beim 5 Reichspräſidenten Reichswehr zieht auf— Diplomatenempfang— Gröner ſpricht beim Empfang der Reichsregierung n Hindenburgs mahnruf zur Einigkeit wib. Verlin, 1. Jan.(Amtlich.) Anläßlich des Neujahrsſiages fanden beim Reichspräſidenten von Hindenburg heute die üblichen Empfänge ſtatt Um 10.45 Uhr zog die Wache mit Muſik, von Brandenburger Tor kommend, über die Lin⸗ den und die Wilhelmſtraße zum Haus des Reichs⸗ präſidenten, an deſſen Portal der Reichspräſident die Meldung entgegennahm. Um 12 Uhr wurde das diplomatiſche Korps erwartet. Die Chefs der beim Reich beglaubigten fremden diplomati⸗ ſchen Vertreter, denen eine im Ehrenhof des Reichspräſidenten⸗Hauſes aufgeſtellte Abteilung Reichswehr bei ihrem Eintreffen militäriſche Ehrenbezeugungen erwies, verſammelten ſich in dem großen Saal des Reichspräſidenten⸗Hauſes. Der apoſtoliſche Nuntius, Monſignore N Orſenigo, brachte als Doyen des diplomatiſchen Korps deſ⸗ en Glückwünſche in einer Anſprache zum Aus⸗ ruck. Der Nuntius erklärte u. a.: Hoſſen wir, daß auch dieſe wirtſchaftliche Not ein Antrieb werde, zu neuen ernſtgemeinten Ver⸗ ſuchen, um dieſe innigere Einigung der Geiſter und Herzen, dieſe gegenſeitige herzliche Verſtän⸗ digung unter den Nationen zu erreichen, die allein feſte Gewähr bietet für eine geſicherte Frei⸗ * heit und Ruhe in allen Ländern und einen tat⸗ ſächlichen dauernden Frieden unter den Völkern. Reichspräſident von Hindenburg erklärte in ſeiner Erwiderung: Mit ſteigernder Spannung erwartet das deutſche Volk, daß die internationale Zuſammenarbeit ſich im kommen⸗ den Jahre als wirkſam genug erweiſt, um das deutſche Volk vor weiteren ſchmerzlichen Enttäu⸗ ſchungen zu bewahren. Der Ausgleich der ſtarken Intereſſen⸗Gegenſätze, die allenthalben das poli⸗ 19 57 wirtſchaftliche und ſoziale Schickſal der Völker bedrohen, kann nicht von den einzelnen Ländern, kann nicht in Vereinzelung vollzogen werden. Zuſammenarbeit aller, Zuſammenfaſ⸗ ſung aller voſitiven Kräfte zur Ueberwindung der Kriſe, zur Beſeitigung der Hinderniſſe für den Fortſchritt der Menſchheit iſt die große Frie⸗ densaufgabe, an der Deutſchland mitzuwirken entſchloſſen iſt.“ Um 12.30 Uhr fand der Empfang der Reichsregierung ebenfalls im großen Saale des Reichspräſiden⸗ tenhauſes ſtatt. In Vertretung des beurlaubten „Reichskanzlers begrüßte namens der erſchienenen Reichsminiſter und Staatsſekretäre des Reiches, Reichswehrminiſter Dr. h. e. Dr. ing. e. J. Groener den Reichspräſidenten mit einer Anſprache, worin er u. a. erklärte: Schwer empfindet es das deut⸗ ſche Volk, daß der Grundſatz der Gleichberechti⸗ gung, auf, die unſer Volk einen ſelbſtverſtänd⸗ lichen Anſpruch hat, noch nicht gewährleiſtet iſt. Noch immer iſt die feierlich übernommene Ver⸗ pflichtung auf Abrüſtung durch die anderen Mächte nicht in die Wirklichkeit umgeſetzt. und noch immer muß ſich Deutſchland in ſeiner Si⸗ cherheit bedroht fühlen. Auch hier wird es Auf⸗ gabe der Reichsregierung ſein, die ich gerade in meiner Eigenſchaft als Reichswehrminiſter zu unterſtreichen die Pflicht habe, mit allem Nach⸗ druck dafür einzutreten, daß der Grundſatz glei⸗ cher Sicherheit für alle Völker, ohne den eine wahre Befriedung unmöglich iſt, ſich durchſetzt. Innerpolitiſch wurden die Arbeiten der Reichs⸗ regierung, die in den Notvperordnungen des Sommers ihren vorläufigen Abſchluß fanden, durch die Neuwahlen zum Reichstag unterbrochen. Nach den Wahlen, deren Ausgang für alle Welt ſichtbar den auf dem deutſchen Volke laſtenden wirtſchaftlichen und ſeeliſchen Druck zeigte, ſind ſie mit erneuter Kraft in Angriff genommen und im letzten Moment des vergangenen Jahres einen kräftigen Schritt weitergeführt worden. Die Reichsregierung mußte auf einen Aus⸗ gleich der Spannungen innerhalb des Wirt⸗ ſchaftslebens hinarbeiten. Mit beſonderem Dank wird es das deutſche Volk anerkennen, daß Sie, hochverehrter Herr Reichspräſident, im dbollen Bewußtſein ihrer hohen Verantwortung ſich ent⸗ ſchloſſen haben, die Notverordnungen zu erlaſſen. Wir hoffen, daß die Auswirkungen dieſer Maß⸗ nahmen dazu beitragen werden, nicht nur das Staatsgefüge zu feſtigen, ſondern auch der pri⸗ vaten Wirtſchaft, die unter den Auswirkungen der Weltkriſe beſonders ſchwer leidet, neuen Auftrieb zu geben.“ Der Reichspräſident erwiderte darauf u. a.: Mit voller Zuſtimmung entnehme ich aus Ihren Worten, daß die Reichsregierung ſich der ernſten Lage bewußt iſt, wie ſie ſich infolge der tiefgehenden Aenderung der weltwirtſchaftlichen Verhältniſſe ſeit der Zeit entwickelt hat, als wir uns aus den von Ihnen hervorgehobenen Grün⸗ den zur Annahme des Neuen Planes entſchloſſen haben. Auch ich halte es für die vornehnſte Auf⸗ Friedensrede Muſſolinis Die Schrecken des Krieges— Für Abrüſtung und Reviſion 1 der Verträge 1 wth. Rom, 2. Jan. Die Botſchaft, die Muſ⸗ ſolini am geſtrigen Neujahrsabend über den Rundfunk an die Vereinigten Staaten gerichtet hat, iſt ein ſtarkes Bekenntnis zum Friedens⸗ willen Muſſolinis. Muſſolini ſprach zunächſt von der großen Bedeutung der Vereinigten Staaten. Der Weltkrieg, ſo erklärte er, wäre nicht gewonnen worden, hätten die Vereinig⸗ ten Staaten nicht ihr gewaltiges Gewicht in die Wagſchale geworfen und ohne ihre Mitarbeit könne heute die Welt aus der Nachkriegskriſe nicht heraus. Für die Rückkehr zum Wohlſtand ſei ihre Hilfe nötig. Muſſolini wandte ſich dann gegen die wilden Gerüchte, die in dem Faſchismus eine Gefahr für den Frieden ſehen wollen. Weder er noch ſeine Regier 2 Der Tod würde nicht nur an der Front wüten, ſondern die ganze Bevölkerung wäre ohne die Möglichteit eines wirk⸗ ſame s der Todesgefahr aus Italien wird niemals, wie ich wiederholen will, die Initiative zum Krieg ergreifen. Es braucht Frieden. 5 Eine zweite Friedenskundgebung Muſſolinis. wib. London, 2. Jan.„Daily Mail“ ver⸗ öffentlicht eine Unterredung ihres Sonderbe⸗ richterſtatters in Rom mit Muſſolini, in deren Verlauf der italieniſche Regierungschef er⸗ klärte: Die Lage der internationalen Angele⸗ genheiten in Europa iſt ſehr geſpannt. Die Ur⸗ ſache liegt in der großen Ungleichheit der Rü⸗ ſtungen. Die vorhandene militäriſche Vorherr⸗ ſchaft einer Gruppe von Staaten macht die no⸗ minelle Gleichberechtigung innerhalb des Völ⸗ kerbundes zu einem Trug. Ich weiß, daß die franzöſiſche Nation nicht angriffsluſtig iſt. Aber die militäriſche Hegemonie, die ſie in Europa geſchaffen hat, hält den geſamten Kontinent in Gärung. i Neben der Verminderung der Rüſtungen iſt die Reviſion der Friedensverträge notwendig, um Europa ein Gefühl der Sicherheit wiederzugeben. gabe der Reichsregierung, ſich mit ganzer Kraft dafür einzuſetzen, daß die ſittlichen und ſozialen Lebensgrundlagen des deutſchen Volkes nicht er— ſchüttert werden. Mit Ihnen bin ich ferner der Anſicht, daß die Durchführung der allgemeinen Abrüſtung nicht nur ein Gebot internationaler Gerech⸗ tigkeit Deutſchland gegenüber, ſondern auch das ſicherſte Mittel zu einer wirklichen Befriedung der Welt iſt und daher mit allen Kräften angeſtrebt werden muß. Ich bin mit Ihnen überzeugt, daß die in den letzten Monaten von uns gemeinſam begon⸗ nenen finanziellen und wirtſchaftlichen Maß— nahmen eine ſeſte Grundlage geben, auf der wir unſeren Kampf gegen die wirtſchaftliche Not ent⸗ ſchloſſen weiterführen wollen. Vor einem Jahre habe ich an dieſer Stelle der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der Geiſt der Einigkeit im deutſchen Volke ſich feſtigen und zum Zuſammenſchluß al⸗ ler ſchaffenden Kräfte führen möge. Dieſer Wunſch hat ſich leider nicht erfüllt. Wir müſſen endlich aus dem Durcheinander der Gefühle und dem Widerſtreit der eigenen Intereſſen den Aus⸗ weg finden. Aus dem eigenſinnigen Streit um politiſche Programme und um ſelbſtiſche Vorteile müſſen wir uns emporheben zu gemeinſamer praktiſcher Arbeit für das Geſamtwolk. Um 12.50 Uhr empfing der Reichspräſident den Reichstagspräſidenten Loebe, der ihm die Glückwünſche des Reichstages zum neuen Jahre überbrachte. Der Reichspräſident dankte u. erwiderte mit aufrichtigen Wünſchen für eine erſprießliche Arbeit des Reichstages im neuen Jahre. Sodann empfing der Reichspräſident eine A b⸗ ordnung des Reichsrats, beſtehend aus dem preußiſchen Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten. Dr. med. vet. h. c. Stei⸗ ger,dem braunſchweigiſchen Bevollmächtigten zum Reichsrat, außerordentlichen Geſandten und be⸗ vollmächtigten Miniſter, Exzellenz Boden, dem wüttembergiſchen Bevollmächtigten zum Reichs⸗ rat, Geſandten Dr. Bosler, ſowie dem thüringi⸗ ſchen Reichsrats bevollmächtigten. Miniſter Dr. Münzel, der ihm die Glückwäünſche des Reichs⸗ rates übermittelte. Die Glückwünſche der Wehr⸗ macht überbrachten anſchließend Dr. h. c. Dr. ing. e. h. Groener, General der Infanterie Haſſe für den beurlaubten Chef der Heeresleitung ſo⸗ wie der Chef der Marineleitung, Admiral Rae⸗ der. Glückwünſche brachten ferner für die Haupt⸗ verwaltung der Deutſchen Reichsbahngeſellſchaft Generaldirektor Dr. ing. Dorpmüller. Dr. fur. Weirauch, ſowie Staatsſekretär z. D. Dr. ing. Kumbier und anſchließend für das Reichsbank⸗ direktorium, Reichsbankpräſident Dr. Luther.— Vor dem Hauſe des Reichspräſidenten in der Wilhelmſtraße hatte ſich eine größere Menſchen— menge angeſammelt. Der Reichspräſident trat nach Beendigung der Empfänge auf den Balkon und wurde von der Menge mit ſtürmiſchen Hoch⸗ rufen begrüßt. Neujahrsempfang bei der heſſiſchen Regierung Darmſtadt, 1. Jan. Beim Neujahrsempfang der heſſiſchen Regierung hielt Staatspräſident Dr. Adelung eine Anſprache, die von den ſchweren wirtſchaftlichen und politiſchen Erſchüt⸗ terungen des vergangenen Jahres ausging und Heſſens Sorge um die Behebung der Beſatzungs⸗ ſchäden hervorhebend zu der Feſtſtellung kam. daß der Youngplan nicht das letzte Wort zu den friedlichen Vereinbarungen zur Abwicklung des Weltkrieges und zur dauernden Befriedung der Nationen ſein könne und dürfe. Im neuen Jahre müßten wir alle in zäher Energie und mit unbeirrbarem Willen jeden Fatalismus abwehren und zuſammenſtehen in Beſonnenheit zu gemeinſamer Arbeit. Von allen ſeien Opfer zu bringen und Opfer zu fordern. Es gelte, die Schäden des Krieges und der In⸗ flationsjahre zu überwinden. Es müſſe Ver⸗ ſtändnis gefordert werden für die ſchwern Auf⸗ gaben der Gegenwart, die ſich nicht erfüllen lie⸗ ßen durch Kataſtrophenparolen und politiſches ang 48. Jahrg e eee Kraſtmeiertum, Diktaturgerede und Bedrohung, ſondern nur durch ernſtes und entſchloſſenes Zu⸗ ſammenwirken aller Volkskräfte auf dem Boden unſeres demokratiſchen Staatsweſens, das vom Verantwortungsbewußtſein der Geſamtheit ge— tragen werde. Der Staatspräſident gab zum Schluß ſeiner feſten Ueberzeugung Ausdruck, daß die Kräfte des demokratiſchen Volkswillens auch im kommenden Jahre ſtark genug ſein würden, alle Erſchütterungen zu überwinden und Deutſch⸗ land und damit auch dem Heſſenlande die Bahn freizumachen zu ſteter und gedeihlicher Vorwärts⸗ entwicklung. Wirtſchaft und Arbeitsloſigkeit Von unſerem ſozialpolitiſchen Mitarbeiter. Wir leſen in dem letzten Bericht der Reichs— anſtalt für Arbeitsloſenverſicherung, daß wir faſt vier Millionen Arbeitsloſe in Deutſchland haben. Eine erſchreckende Zahl. Aber wenn wir ſie nachdenklich prüfen, dazu die Arbeitsmarktlage der vergangenen Monate mit der des Vorjahres vergleichen in demſelben Zeitabſchnitt, dann finden wir, daß die Arbeitsloſigkeit in den erſten Dezemberwochen des vergangenen Jahres wohl ſtetig zunahm, doch nicht in dem Maße, wie es im Dezember des vergangenen Jahres der Fall geweſen iſt. Vier Millionen Arbeitsloſe! Welche Sorgen, welche Nöte, welche gewaltigen Aufgaben für die Wirtſchafts⸗ und Sozialpolitit ſtecken nicht hinter dieſer kalten, grauſamen Ziffer. Aber ſie einzelbetrachtet, gibt uns doch nicht das Bild, das aufzuzeigen iſt, wenn wir die Wirtſchafts⸗ und Sozialverhältniſſe richtig ſehen würden. Wir müſſen uns ſtets vor Augen halten, daß Herbſt und Winter in jedem Jahre die Arbeits⸗ loſenziffer erheblich unſteigen laſſen, denn das ſind Zeiten ausgeſprochener Hemmungen und Schwierigkeiten für die Wirtſchaft in ihrer Ge— ſamtheit. Dieſe vier Millionen Arbeitsloſen, welche jetzt die Tabellen füllen, gehören zum größ⸗ ten Teil den ſogenannten Unſtändig⸗ Beſchäftigten an, wozu hauptſächlich Vau⸗ arbeiter, die Arbeiter auf den Reedereien, die Aushilfskellner, Aushilfsdienſtperſonal u. a. zu rechnen ſind. elne von dieſen Gruppen werden ſofort wieder in den Arbeitsloſentabellen gelöſcht, wenn ſich die Konjunktur beſſert, die in dieſem Falle nicht immer von der Jahreszeit abhängig iſt. Für die Geſamtbeurteilung wichtig und ausſchlaggebend bleibt allein, daß die Zahl jener Arbeitsloſen, für die kaum eine Möglich⸗ keit der Arbeitsbeſchaffung beſteht, relativ ge⸗ ring iſt. Reichsarbeitsminiſter Dr. Stegerwald hat dieſer Tage in einer großangelegten Rede über das Arbeitsloſenproblem die Entwicklung der Verhältniſſe vorausgeſagt. Er wies daraufhin, daß das jetzige Anſteigen der Arbeitsloſigkeit keineswegs über den Rahmen deſſen hinaus⸗ geht, was er ſchon früher berechnet hat. Es ſind unvermeidliche Zwangsverhältniſſe aus⸗ ſchlaggebend geweſen, die auch mindeſtens bis Ende Februar ein weiteres, wenn auch lang⸗ ſames Anſteigen der Kurve der Arbeitsloſigkeit bringen werden. Aber es wäre falſch, wenn man hier von einer Verſchlimmerung der Arbeitsmarktlage und auch einer Verſchärfung der Wirtſchaftskriſe ſprechen wollte, weil nur natürliche Saiſonentwicklungen hier ausſchlag⸗ gebend find, genau wie in den früheren Jahren. Wir müſſen uns gerade bei der Prüfung der Arbeitsloſenfrage im beſonderen Maße freihalten von optimiſtiſchen Beurteilungen, noch mehr aber von peſſimiſtiſchen. Unſere Lage iſt keineswegs hoffnungslos, Im Gegen⸗ teil. Viel verſprechende Anfänge zur Geſun⸗ dung ſind da. Regierung und Parteien haben nun die große Pflicht, ihrerſeits alles zu tun, um die Wirtſchaft geſunden zu laſſen, dadurch die Arbeitsloſigkeit zu beheben, was nur dann von Dauererfolg ſein wird, wenn es gelingt, das Arbeitsbeſchaffungsprogramm auf Jahre hinaus auszubauen und zu verwirklichen. 1 f ns- kurz ein eine der arbe len- den 100 Alber len, ele⸗ Letzte Radiomeldungen Telegrammwechſel des Reichspräſidenten mit fremden Staatsoberhäuptern. Berlin, 2. Jan. Anläßlich des Jahres⸗ wechſels hat der Herr Reichspräſident mit den Königen von Bulgarien, Dänemark, Norwegen, Rumänien und Schweden, ſowie mit dem Reichsverweſer von Horthy und dem Bundes⸗ präſidenten Miklas telegraphiſch Glückwünſche uusgetauſcht. Schwere Meſſerſtechereien in der Sylveſter⸗ nacht. 1 Eſſen, 2. Jan. In der Sylveſternacht kam es in verſchiedenen Städten des Induſtriege⸗ biets, ſo in Eſſen, Alten⸗Eſſen, Bottrop und Gelſenkirchen zu ſchweren Auseinanderſetzungen. Insgeſamt erlitten etwa 9 Perſonen meiſt durch Meſſerſtiche, mehr oder minder gefährliche Ver⸗ letzungen. Exploſionsunglück bei einer Sylveſterfeier. Sieben Verletzte. Dortmund, 2. Jan. In einem Schreib⸗ warengeſchäft explodierten während der Syl⸗ veſterfeier, die in einem Zimmer hinter dem Laden ſtattfand, ein größerer Vorrat an Feu⸗ erwerkskörpern. Sieben Perſonen wurden ver⸗ letzt, davon zwei lebensgefährlich. Das Innere der beiden Räume wurde vollkommen zerſtört. Der Bergarbeiterſtreik in Südwales. London, 2. Jan. Von dem vorgeſtern abend angeordneten Streik im Bergbau von Südwales werden über 140 000 Bergleute be⸗ troffen. Da der Schlichtungsausſchuß erſt am Samstag zuſammentritt, wird die Arbeitsein⸗ ſtellung mindeſtens drei Tage dauern. Der Se⸗ kretär des Bergarbeiterverbandes erklärte, es beſtehe große Gefahr, daß ſich die Streikbewe⸗ gung ausdehne, wenn nicht bald eine Einigung erzielt werde. Freiher von Maltzahn⸗Grubenhagen von ſeinem Gutsſchäfer erſtochen. Schwerin, 2. Jan. Der Rittergutsbeſitzer Freiherr von Maltzahn auf Schloß Grubenha⸗ gen bei Milchin, der einer altangeſeſſenen meck⸗ lenburgiſchen Adelsſamilie angehört, iſt geſtern mittag von dem Gutsſchäfer Jakobi nach einem heftigen Wortwechſel mit dem Meſſer angegrif⸗ ſen und durch mehrere Stiche in Hals und Rük⸗ ken ſo ſchwer verletzt worden, daß er nach we⸗ nigen Minuten verſtarb. Jakobi feuerte, als er verhaftet werden ſollte, auf die Gendarmen mehrere Schüſſe ab, die jedoch ihr Ziel verfehl⸗ ten. Er wurde überwältigt und ins Gefängnis nach Güfteow transportiert. Lohnſchiedsſpruch für die heſſiſchen Privateiſenbahnen. Darmſtadt, 1. Jan. Die Süddeutſche Eiſenbahngeſellſchaft hatte für die Privateiſen⸗ bahnen in Heſſen einen Lohnabbau um 8—10 Pfg. pro Stunde für alle Orts⸗ und Lohnklaſ⸗ n beantragt. Hes weiteren ſollte die Kinder⸗ zulgge vollſtändig in Wegfall kommen und die Kraftfahrzulage von 14 auf 10 Pfg. herabgeſetzt werden. Der Schlichtungsausſchuß hat jetzt ei⸗ nen Schiedsſpruch gefällt, nach dem in allen Orts⸗ und Lohnklaſſen ab 16. Januar 1931 eine Kürzung vnn 4 Pfg. pro Stunde eintritt. Die Zulagen de gegenwärtigen Lohnabkommene bleiben beſte Vie neuen Lohnſätze ſollen bis zum 30. Sep er 1931 bei monatlicher Kün⸗ bigungsfriſt Gün eit haben. Schwesker Gerlinde Roman von Anny Wothe. (Nachdruck verboten.) (41. Fortſetzung.) Sölve hatte ihr dann unter Tränen den Brautkranz auf die Locken gedrückt, und Schwe⸗ ſter Gerlinde hatte ihr den wallenden Braut- ſchleier am Kranz befeſtigt. Wie ein Opfer⸗ lamm hatte Winifred alles mit ſich geſchehen laſſen. Wartend ſtand ſie dann in ihrem Zimmer und horchte auf das Wagengeraſſel, das näher und näher zu kommen ſchien, um ſich dann wieder zu überzeugen, daß ſie ſich getäuſcht. Er ließ lange auf ſich warten, ihr Ver⸗ lobter. Wenn er gar nicht käme? Einen Augen⸗ blick durchzuckte dieſer Gedanke die blaſſe Braut wie ein Schlag, dann aber lächelte ſie hochmütig: Er ſollte es wagen! a Und dann fühlte ſie den Kuß der Groß⸗ mama auf ihrer Stirn und den eiskalten Händedruck des Vaters, hörte Bodderſens Worte, der von Liebe ſprach, der Liebe, die nicht aufhörte, die ewig war. Dann war auch das vorbei. Auch das Feſt⸗ mahl ging vorüber, an dem heute der kleine Kranke mit einem verängſtigten, nachdenklichen Geſicht teilnahm. Winifred hatte es wohl be⸗ merkt, daß die Hand des Jungen ſich oft leiſe in die von Schweſter Gerlinde ſtahl, als ſuche er bei ihr Schutz und Halt. Und wieder wallte der Groll gegen die Pflegerin im Herzen der jungen Braut auf. Ihr Teuerſtes mußte ſie Schweſter Gerlinde Brand und pan Wührend einer Theateraufführung bricht Feuer aus.— Brandſtiftun.g?, Unterwittaghauſen(A, Tauberbiſchofsheim), 30. Dez. Am Sonntag abend gegen 10 Uhr brach in der großen Scheune des Löwenwirts Viktor Sennert Feuer aus, während im Saale des Gaſthauſes eine gutbeſuchte Thegteraufführung der Jungbauernſchaft ſtattfand. Der Zuſchauer bemächtigte ſich begreiflicherweiſe eine Pa nit, die zum Glück nicht von nennenswerten Unfäl⸗ len begleitet war. Der Brand ſelbſt konnte dank dem energiſchen Eingreifen der Einwohuerſchaft und Feuerwehren der Umgegend, auch aus dem Baperiſchen, auf ſeinen Herd beſchränkt werden. Immerhin ſind außer dem Gebäude beträchtliche Futtervorräte ein Raub der Flammen geworden, die von verſchiedenen— leider nicht verſicherten — Einwohnern in der Scheune gelagert worden waren. Da es drei Tage hintereinander in der Gegend gebrannt hat, ſo in Gaubüttelbrunn und in Giebelſtadt, wird Brandſtiſtung vermutet. Raubüberfälle ohne Ende Betrübliches Zeichen der Seit Zum Raubüberfall in Mainz. Mainz, 31. Dez. Von der den Bankräubern in Mainz in die Hände gefallenen Summe von 90 000 Mark beſtehen 20000 Mark aus neuen Hundertmark-Reichsbanknoten, 10000 Mark aus älteren Zwanzigmarſcheinen. Der übrige Betrag ſetzt ſich aus verſchiebenen Geldſorten zuſammen. Der von den Tätern benutzte Wagen iſt eine dunkelblau lackierte Mercedes-Benz-Limouſine mit ſchwarzen Kotflügeln und Linksſteuerung. Die Innenpolſterung iſt grau. Der Wagen iſt am 28. Dezember einem Kaufmann in Wuppertal geſtohlen worden. Im Wagen befanden ſich die Ausweispapiere der Firma Köhler u. Bovenkanp in Barmen-Wuppertal. N Die Täter haben die Beamten der Volksbank offenbar ſchon in der Reichsbank beobachtet, als ſie Geld abhoben, ſind ihnen dann im Auto ge⸗ folgt und haben den Streich an einer wen'ger belebten Stelle in der Nähe des Gerichtsgebäubes ausgeſährt. Der eine der Täter ſprang aus dem Wagen und bemächtigte ſich der Aktenmappe mit dem Gelde, während der zweite am Steuer des Autos ſaß. Als ein Paſſant auf den Räuber losgehen wollte, gab der am Steuer iitzende Komplize einen Schuß ab. Die entſtandene gugen⸗ blickliche Verwirrung benutzten die Verbrecher, das Weite zu ſuchen. Ueber die Perſönlichkeit der Täter iſt noch nichts bekannt. Noch ein Raubüberfall in Mainz. Mainz, 31. Dez. Ein weiterer Raubüberfall in der Nähe der Reichsbank hat ſich geſtern rüh ereignet. Als ein Lehrling aus dem Reichsbank⸗ gebäude trat, gab ein Mann einen Schuß auf den Lehrling ab, entriß ihm die Mappe mit meh⸗ reren Tauſend Mark und flüchtete in einem Au⸗ to. Die Polizei iſt auf der Suche nach dem Täter, Raubüberfall in Ungſtein. 55 Ungſtein, 31. Dez. Der in den 30er Jahren ſtehende Verſicherungsagent Ernſt von hier wur⸗ de in der Nacht zum Sonntag inmitten les Or⸗ tes Ungſtein von mehreren Burſchen angefallen und bewußtlos geſchlagen. Die in ſeinem Beſitz befindliche Brieftaſche, die eine Geldſumme von 297 Mark enthielt, wurde ihm geraubt. Während über den Verbleib des Geldes und der Brieftaſche noch nichts feſtſteht, konnten die Tä⸗ ter gefaßt und dem Amtsgerichtsgefängnis zuge⸗ führt werben. Es handelt ſich um drei junge Burſchen im Alter von 20 bis 21 Jahren, den Kaufmann Hans Zeck, Karl Bergner und Joh. Koch, alle aus Unsoſtein. Wie feſtgeſtellt werden konnte, hat der Ueberfallene vorher in einer Wirtſchaft in Ungſtein mit ihnen zuſammenge— ſeſſen, ohne bemerkt zu haben, daß er„äter von ihnen überfallen werden ſollte. Die Gelder, die in ſeinem Beſitz waren, ſtammten aus Verſiche⸗ rungsbeiträgen einer Privatkrankenkaſſe, die er tags zuvor eingezogen hatte. Die Verhafteten leugnen, die Tat ausgeſährt zu haben Generalſtabschef Guillaumat, der ehemalige Oberkommandierende der Rheinlandtruppen, verläßt die Pariſer Klinik, in der Marſchall Joffre ſeit Tagen mit dem Tode ringt. hier laſſen und ohnmächtig dulden, daß die Liebe des kranken Kindes ihr mehr und mehr entglitt, wie auch Sölve ſich immer mehr von ihr wandte. Winifred hätte laut aufſchluchzen mögen, während Dr. Berting in launiger Rede das Glück der Ehe und der Liebe pries. Am meiſten aber empörte ſie, wie Söder⸗ borg ſie behandelte. Nicht etwa, daß er es an Aufmerkſamkeit ihr gegenüber fehlen ließ, nein, er war der zuvorkommendſte, liebenswür⸗ digſte Bräutigam, den man ſich denken konnte. Aber in ſeinen braunen Augen züngelten fun⸗ kelnde Lichter wie gleißende Schlangen. Die erregten Winifred ſo, daß ſie Mühe hatte, ihre Haltung wenigſtens äußerlich zu bewah⸗ ren. Machte Söderborg ſich vielleicht über ſie luſtig? Ihr Geſicht wurde immer hochmütiger und der rote Mund ſchloß ſich immer eiſiger. Nur wenn ſie Schweſter Gerlindes ſanft forſchenden Blicken begegnete, wurde die junge Braut etwa unſicher. Wie Scham ſtieg es dann plötzlich in ihr empor. Sie hätte dann am liebſten die Hand Schweſter Gerlindes ergrif⸗ fen und ſie gebeten: „Führe mich! Halte mich! verſinke. Daß ich werde wie du.“ Auch daß Frau Inge, die ſie in ihrer Art gern hatte, heute nicht bei ihr war, tat Wini⸗ fred weh. Wenn ſie es ſich auch nicht einge⸗ ſtehen mochte. Mit ihrem Vater hatte ſie noch kein Mort geſprochen. Wie eine ſchwarze Wand ſtand der Tag zwiſchen ihnen, an den Winifred nur mit Grauen dachte. Und jetzt, da das Mahl ſchon zu Ende ging, Daß ich nicht % neuen St Kinz zur Ausgle 400 die e Er auf 60, der Gewerß und der Kapitalſt fg. vorſa⸗ hen, und die ein Mehraufkommen von 267 000 RM. ergeben ſollten, ſtanden geſtern vor dem Plenum einer hierfür in letzter Stunde einbe⸗ rufenen Stadtratsſitzung. Die neuen Steuerſätze ſollten— bei einer eventuellen Annahme dieſer Vorſchläge und nach miniſterieller Genehmigung — bei Feſtſetzung der Ausſchlagſätze für 1931 noch Berückſichtigung finden. Nach 210 ſtündiger Aus⸗ ſprache, an der ſich die Fraktionsführer aller Parteien beteiligten, ſprachen ſich die Sozialde⸗ mokraten, Demokraten und Evangeliſche Volls⸗ gemeinſchaft für und das Zentrum, Notgemein⸗ ſchaft, Bürgerliche Rechtspartei und Kommuni⸗ ſten gegen die neue Steuervorlage aus. Bei na⸗ mentlicher Abſtimmung mit Einſchluß der ſieben Mitglieder der Verwaltung ergab ſich Stimmen⸗ gleichheit bei insgeſamt 68 Stimmberechtigten, ſo⸗ daß die Vorlage abgelehnt gilt. Gießen, 31. Dez. Einſchränkung des Gießener Straßen bahn betrie bes, Nachdem der Gießener Siadtrat in ſeiner jüng⸗ ſten Sitzung Einſchränkungsnaßnahmen im Gießener Straßenbahnbetrieb wegen allzu gro⸗ ßen Fehlbetrages bei dieſem ſtädtiſchen Unter⸗ nehmen zugeſtimmt hatte, ſoll jetzt vom neuen Jahr ab ein Teil des Straßenbahnnetzes bis auf weiteres außer Betrieb geſetzt werden und zu⸗ gleich der Früh⸗ und Spätverkehr auf dem gan⸗ zen Streckennetz in Fortfall kommen. Man er⸗ hofft dadurch eine Erſparnis, die wenigſtens eine teilweiſe Minderung des Fehlbetrages und da⸗ mit der ſtädtiſchen Zuſchußleiſtung zur Folge ha⸗ ben wird. Kalbach, 31. Dez. Durch explodierendes Benzin verbrannt. Einem jungen Mäd⸗ chen, das mit den Reinigen von Kleidern be⸗ ſchäftigt war, entfiel die Benzinflaſche, die explo⸗ dierte. Durch die brennende Flüſſigkeit wurden die Kleider des Mädchens in Brand geſetzt. Mit ſchweren Brandwunden wurde das Mädchen in ein Frankfurter Krankenhaus gebracht, wo es in lebensgefährlichem Zuſtande darniederliegt. Bingen, 31. Dez. Vermißt. Seit 22. Dez. wird der 53jährige Schleifer Thomas Leybecker von hier vermißt. Da gegen ihn eine Anzeige erſtattet wurde, nimmt man an, daß er den Tod im Rhein geſucht und gefunden hat. Ingelheim, 31. Dez. Ein Geſchäft, das geht. Die Chem. Fabrik C. H. Boehringer Sohn Ingelheim iſt zur Zeit bis zur Grenze ih⸗ rer Leiſtungsfähigkeit beſchäftigt. Es wird in 3 Schichten Tag und Nacht gearbeitet. Die Fa⸗ brik ſtellt drei neue Mittel her, die einen rieſi⸗ gen Abſatz finden. Dabei iſt ein neues Heilmit⸗ tel gegen Aſth ma. Mannheim, 31. Dez. Vom Mot o rad niedergefahren. Auf der Landſtraße Viern⸗ heim Käfertal wurde geſtern nachmittag ein 24 Jahre alter lediger Kaufmann von einem 27 Jahre alten Motorradfahrer angefahren. Der Verletzte wurde mit einer Gehirnerſchütterung in bedenklichem Zuſtande in das Krankenhaus überführt. 0 Sabi 31. Dez. Beide Beine ab⸗ gefahren. Heute nacht 115 Uhr wurde im Rangierbahnhof Lud wigshaſen⸗Rhein, der 52 Jahre alte verheiratete Rangiergehilſe Paul Schlick von Lingenfeld unter einer Wagenabtei⸗ lung tot aufgefunden. Die beiden Beine waren am Oberſchenkel abgefahren. Der Hergang iſt noch nicht geklärt, da Augenzeugen fehlen. Rheingönnheim, 30. Dez. Tödlicher Ver⸗ kehrsunfall. In der Kaiſer⸗Allee verun⸗ glückte geſtern abend 5 Uhr der mit dem Fahrrad fahrende 26 Jahre alte Maurer Willi Noll, Hauptſtraße 11 bier wohnhaft. Er erlitt eine ſtand plötzlich ihr Vater auf und ſchlug hell an ſein Glas. a Sie ſah das Befremden in dem Antlitz der Großmutter, obwohl es doch ſo natürlich war, daß der Vater jetzt ſprach— ſah den rätſel⸗ haft geſpannten Ausdruck in Schweſter Gerlin⸗ des Geſicht. Und eine plötzliche Angſt packte Winifred, daß ihr Vater jetzt hier ſagen könnte, wie fremd ſie ſeinem Herzen war. Graf Hark wandte ſich zu dem Bräutigam. „Mein lieber Dirck! Du, der meinem Her⸗ zen ſeit Jahren ſo nahe ſteht, der mir immer Freund im wahrſten Sinne des Wortes ge— weſen, du haſt meine Tochter Winifred Dir zum Weibe erwählt. Ich, der ich eine ſo hohe Auffaſſung von der Ehe habe, möchte dir heute als Vater und Freund ſagen: Du gehſt einen gefahrvollen Weg! Abgründe, die im Gemüte liegen, ſind oft ſchlimmer, als die an ſchrof⸗ fen Bergwänden dahinführen. In jeder Men⸗ ſchenbruſt aber gibt es Höhen und Tiefen. Wohl dem, der mit Güte und Nachſicht Brücken über die Abgründe ſchlagen kann, der mit vertrauender Liebe all das Harte und Böſe meiſtern kann, das nun einmal in uns Men⸗ ſchenkindern wohnt. Eine große, eine heilige Aufgabe fällt dir zu. Das Gute und Schöne aus einem jungen Menſchenherzen heraufzuholen, Schätze zu ho⸗ len, die in jeder Menſchenbruſt verborgen ruhen, wenn auch viel ſchwerere Arbeit dazu gehört, die Goldkörner ans Tageslicht zu för · dern. Möchteſt Du den Weg finden, der zu die⸗ ſen Schätzen führt und möchte mein Kind bald erkennen, daß nicht jeder Mann, wie du, ein Schatzgräber ſein kann— daß ihr das Ge⸗ ſchick einen Auserwählten zuführte, auf deſſen Wohl ich trinke, wie auf das ſeiner jungen Gattin, die heute das Vaterhaus verläßt, um ſich ſelbſt ein Haus zu bauen, will's Gott, ein Haus, worin die Liebe wohnt.“ Hell klangen die Glaäſen aneinander. ö Winifreb ſah in den Augen ihres Vater. ein ſo eigenes Licht, als ſen Slas an das ihre klang. Se wußte ſelber nicht, was ſie eigent⸗ lich in ſeiner Rede ſo crichuntert hatte, das wieder und wieder an ch: Herz klopfte. Ihr war zumute, als müſſe ſie ſeine Hände ergrei⸗ fen und küſſen. Sie wüßte es ſelber nicht, wo⸗ her ihr die Weichheit kam— vielleicht, weil er ſie geſchont hatte.— 5 Aber Trotz 110 Eigenſinn ſchloſſen ihr den Mund und der alte Groll ſtieg wieder wie ein Schreckgeſpenſt in ihr empor. f Ihre Mutter! Warum ſprach ntemand von ihrer Mutter hier? Auch der Paſtor, der ſo viele ſchöne Dinge bei Tiſch redete, gedachte mit keinem Wort ihrer Mutter. 5 Nicht mal, daß ſie ſo früh hatte ſterben müſſen, wurde erwähnt, und doch geſchah alles, was ſie hier erduldete, nur aus Liebe zu der toten Mutter — die eine Ausgeſtoßene war— die ſie hatte vergeſſen ſollen und die doch in ihrer Erinne⸗ rung lebte, mit einem Glorienſchein um das ſchöne Haupt, ihre Mutter, die Heilige, der die robuſte Gewalttätigkeit ihres Vaters zum Verderben wurde. Trud wußte es beſtimmt, und wenn ſie es ihr auch nicht deutlich geſagt hatte— aus verbiſſenen Andeutungen der Alten wußte ſie genau: ihr Vater war ſchult, daß ſie keine Mutter hatten.— (Fortſetzung folgt.) hirnerſch 5 abe ge⸗ rt, wo er heute vormittag ſtarb. Noll, der ge Zeit arbeitslos war und erſt ſeit drei Wo⸗ i chen wieder Beſchäftigung hatte, hinterläßt eine Frau mit drei Kindern. Speyer, 30. Dez.(17000 Mark Weih⸗ nachtsgaben.) Das Pfälziſche Lehrerwaiſenſtift brachte an Weihnachten an 237 Waiſen den Betrag von 13 195 Mark zur Verteilung. Aus der Krebs⸗Stiftung konnten weitere 4 200 Mk. verteilt werden. Kleinbockenheim 30, Dez. Erſchoſſen auf gefunden. Geſtern gegen Abend wurde der G4jährige verheiratete Landwirt Ludwig Schütt⸗ helm in ſeinem Keller tot aufgefunden. Er hatte ſeinem Leben durch Erſchießen ein Enbe geſetzt. Edenkoben, 31. Dez. Unglück im Walde. Bei Arbeiten im Walde wurde der 29 Jahre alte Waldarbeiter Karl Schubert 2 aus Dernbach im Stadtwald von einem Holzblock ſo ſchwer am Kopfe getroffen, daß er blutüberſtrömt zuſam⸗ menbrach und ins Krankenhaus eingeliefert wer⸗ den mußte. Der Verunglückte iſt Vater von fünf Kindern. Pirmaſens, 30. Dez.(Einbrecher an der Ar⸗ beit) In der vergangenen Nacht zwiſchen und 4 Uhr wurde in das Möbelgeſchäft Riehmer in der Moltkeſtraße 5 ein Einbruch verübt und Decken, Vorhänge und Federn im Werte von ca. 600 RM geſtohlen. Die Diebe wurden von einer Nachbarsfrau bemerkt, die Riehmer durch Zu⸗ rufe verſtändigte, worauf die Einbrecher die Flucht ergriffen. Die Polizei verhaftete gegen halb 4 Uhr morgens in der Sandgaſſe einen Handwerksburſchen, welcher der Beteiligung an der Tat dringend verdächtig iſt. Blieskaſtel(Saar), 31. Dez. Tödlicher Abſturz. Bei Tüncherarbeiten in der Malz⸗ fabrik Barth ſtürzte der Tüncher Guſtav Mayer aus großer Höhe ab und war ſofort tot. Wolfſtein, 31. Dez. Streit um den Strom⸗ preis. Zwiſchen dem Stadtrat und dem Elek⸗ trizitätswerksbeſitzer K. Vogt iſt ein Streit we— gen der Strompreiſe ausgebrochen, der wohl ein gerichtliches Nachſpiel haben dürfte. Vogt verlangt eine Erhöhung der Preiſe, was der Stadtrat in Zeichen des Abbaues für ungerechtfertigt hält. Blieskaſtel, 30. Dez.(Als Leiche wieder⸗ gefunden.) Seit September war die etwa 20 Jahre alte Sch. ſpurlos verſchwunden; alle Nachforſchungen waren ergebnislos. Junge Leute, die Holz ſammelten, fanden nun die Leiche der Sch. Frauenberg in der Blies auf. Cokale Nachrichten * Fylveſter und Neujahr. Sylveſter und Neujahr ſind hier ohne Störung der öffentlichen Ordnung ruhig verlaufen.— Der Polizeibericht meldet ebenſo nichts was gegen Geſetz verſtoßen hätte.— Am Neujahrstag gaben der Männerge⸗ ſangverein und die Sängereinheit ihre üblichen Neujahrskonzerte, die bei gutem Beſuch ſehr ſchön verliefen.— Obwohl es am Neujahrstag zwiſchen⸗ durch regnete, war der Verkehr auf den Straßen und in den Lokalen lebhaft. Die Schwelle des neuen Jahres iſt überſchritten, hoffen wir, daß die Wünſche im neuen Jahr Erfüllung finden. * Erhebung einer Zierſtener. Die Intereſſenten ſeien auch an dieſer Stelle auf die heutige Bekanntmachung aufmerkſam gemacht. * Germania Friedrichsfeld auf dem Waldſportplatz. Am kommenden Sonntag gaſtieren die Friedrichsfelder Germanen auf dem Viernheimer Waldſportplatz und werden dieſe die⸗ ſesmal alles verſuchen, den Grünen die Punkte zu entreißen. Die Schwarzweißen ſind z. Zt. in Hochform. Am letzten Sonntag gewannen ſie mit einem Bombenreſultat von 9:2 gegen Weinheim. Alſo iſt ein raſſiger Kampf zu erwarten. Bei die⸗ ſer Gelegenheit teilen wir der hieſigen Sportswelt mit, daß die Behörde der Sp.⸗Vgg. das 0:0 Spiel gegen Feudenheim als gewonnen und für Feuden⸗ heim verloren angerechnet wird. Der Spieler Spieler Fuchs wird 3 Monate disqualifiziert. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Kaniuchen⸗ und Geflügelzuchtverein 1916. Sams⸗ tag, den 3. Januar, abends 8 Uhr, im Vereins⸗ lokal Mitgkieder⸗Verſammlung. Es wird darauf aufmerkſam gemacht, daß diejenigen Geflügelzüch⸗ ter, welche die Gau⸗Ausſtellung mit Tieren be⸗ ſchickt hatten, Futter in Empfang nehmen können (2½ Kg. Packungen, Preis nach Vereinbarung). Um zahlreiches Erſcheinen bittet Der Vorſtand. Geſangverein„Flora“. Freitag abend, den 2. 1. Singſtunde um 7 Uhr die Bäſſe um 8 Uhr die Tenöre. Der Vorſtand. Chriſtl. Gewerkſchaftskartell.(Centralverband chriſtl. Tabakarbeiker). Die Tabakarbeiter Viern⸗ heims werden zu der an Freitag, den 2. Januar 1931, nachm. 3 Uhr, im Gaſthaus zum Löwen ſtattfindenden Verſammlung eingeladen. Wir hoffen auf vollzähliges Erſcheinen. Der Vorſtand: Zorn. Geſang⸗Verein„Süngertrene“. Sonntag, den 4. Januar vormittags 9 Uhr Theaterprobe nachm. 1 Uhr Singſtunde es darf keiner fehlen. Der Präſident. Klub der Gemütlichen 1915. Sonntag, den 4. 1. 31, abends 8 Uhr gemütliches Beiſammen⸗ ſein im Helhen Mind. Der Vorſand. Sport⸗Inſerate Unter dieſer Rubrik erſcheinen die Pauſchal⸗ Inſerate der ſporttreibenden Vereine. Deuiſche Jugendkraft Viernheim. Sonntag, 4. 1. 1931 Fußball: 2,30 Uhr Großes Freundſchaftstreffen Viernheim 1.— Waldhof 1. A⸗Klaſſe 1,00 Viernheim 1. Pr.— Bensheim 1. 1.15 Lorſch 2.— Viernheim 2. B. Klaſſe 1,00 Heppenheim 2.— Viernheim jr. 12,00 Heppenheim Igd.— Piernh. Igd. 3 Handball- Freundſchaftsſpiele in Ladenburg. 2,15 Ladenburg 1.— Viernheim 1. M. 1,00 Ladenburg Jugend— Viernheim 3: Die Spiele finden auf den Plätzen der erſt⸗ genannten Vereine ſtatt. Freitag Abend Spielerverſammlung in der Harmonie. Es ladet freundlichſt ein. Die Sportleitung. Turngenoſſenſchaft 1893 Sonntag, 4. Januar auf unſerem Platze Entſcheidungsſpiel Hemsbach 1.— Weinheim 1. Beginn 3 Uhr. Vorſpiel Viernheim 2.— Weinheim 2. Anfang 2 Uhr. Alle Hand- ballfreunde ſind zu dieſem Treffen herzlichſt eingeladen. Die Leitung. NB. Heute abend Zuſammenkunft der 2. M. auf dem Sportplatz. Steuertermin⸗Kalender für den Monat Januar 1931. 5. Lohnſteuer für die Zeit vom 16.— 31. Dezem- ber, ſowie Abgabe der Beſcheinigung über die Geſamtſumme der im Monat Dezember ein— behaltenen Lohnſteuerbeträge. Keine Schonfriſt. Umſatzſteuer⸗Voranmeldung und Vorauszahlung für das 4. Kalender⸗Vierteljahr 1930. Schon⸗ friſt bis 15. Januar 1931. Einkommenſteuer⸗Vorauszahlung(ausgenommen Landwirte) für das 4. Kalender ⸗Vierteljahr 1930 in Höhe von einem Viertel der im letz- ten Steuerbeſcheid feſtgeſetzten Steuerſchuld. Keine Schonfriſt. 10. Körperſchaftsſteuer⸗Vorauszahlung für das 4. Kalender⸗Vierteljahr 1930 in Höhe von einem Viertel der im letzten Steuerbeſcheid feſtge⸗ ſetzten Steuerſchuld. Keine Schonfriſt. wtb. Berlin, 31. Dez. Nach einem Rückblick auf das alte Jahr erklärt Reichskanzler Dr. Brüning u. a.: So ſtehen wir an der Schwelle zwiſchen dem alten und dem neuen Jahre wie Männer, die von ſchwerer, gar nicht äſthetiſcher Arbeit kommen und die Spuren davon an ſich tragen, und die wiſſen, daß ſie morgen wieder Jo herangehen müſſen, weil das Werk ja noch längſt nicht fertig iſt, ja die wiſſen, daß es überhaupt nie fertig wird, weil Politik eine Seite des Lebens iſt und alſo auch dauert, ſo— lange es Leben gibt. Aber wie echte Werkleute die einmal ein Werk begonnen haben, es frei⸗ willig nicht bei der halben Sache bewenden laſ— ſen, ſo werden wir auch von der Geſtaltung un— ſerer Verhältniſſe zum Beſſeren. zu Höherem nicht ablaſſen, ſolange Leben und Kraft in uns ſitzt. Leben und Kraft aber haben wir, das hat uns das Ringen des Volkes im ablaufenden Jahre bewieſen. Freilich muß die Kraft diſzipliniert ſein, ſoll ſie aufbauen und nicht zerſtören. Das gilt äber— all von ihr, aber wenn ich an der Schwelle zum neuen Jahre uns allen und mir politiſch et— was ganz Tiefes und Großes wünſchen darf, daun iſt es dieſes: Möge unſer Volk in ſeiner Geſamtheit, alſo in allen Schichten Berufen und Ständen und Lebensaltern zunehmen in der Fähigkeit und Geſchicktheit, ſeine großen Anlagen und unerſchüöpflichen Kräfte richtig zu behandeln und einzuſetzen— beſonders im Politiſchen— möge es alſo einſehen, daß alle praktiſche Po⸗ litik Aufbau iſt daß aber alles Aufbauen nicht darin beſteht, daß alles zugleich getan wird, 1 0 daß ein Stein ſich auf dem andern ügt. ö an „ wtb Berlin, 31. Dez. Zum Jahreswechſel er⸗ läßt der Reichspräſident folgenden an die Wehr⸗ macht gerichteten Aufruf: An die Wehrmacht! Am 1. Januar 1931 be⸗ ſteht die Reichswehr ein Jahrzehnt in der Form, wie ſie der Vertrages von Verſailles beſtüömmte. In Zeiten tiefſter vaterländiſcher Not wurde ſie unter meinem Amtsvorgänger geſchaffen. Trotz aller ihr auferlegten Feſſeln hat ſich die Wehrmacht als Hort des äußeren und inneren Friedens, als eine Klammer des Reiches und als ſeſte Stütze hes Staates erwieſen. Das ihr zu treuen Händen übergebene Erbe der alten Ar⸗ 10. 2, Teilbetrag Zuſchlag zur Einkommenſteuer für Pflichtige mit mehr als 8000 RM. ſowie Zuſchlag zur Einkommenſteuer für Ledige nach dem Zuſchlagsbeſcheid. Keine Schonfriſt. 20. Lohnſteuer für die Zeit vom 1.—15. Januar 1931, ſofern der Lohnſteuerabzug den Betrag von 200 RM. überſteigt. Keine Schonfriſt. Bekanntmachung. Betr.: Die Erhebung einer Bierſteuer in der Ge⸗ meinde Viernheim. Auf Grund des Art. 3 Abſ. 2 des Ausfüh- rungsgeſetzes zu dem zweiten Abſchnitt der Verord⸗ nung des Reichspräſidenten zur Behebung finan- zieller, wirtſchaftlicher und ſozialer Notſtände vom 26. Juli 1930(R. G. Bl. J. S. 311) vom 11. Dezem⸗ ber 1930(Reg. Bl. S. 311) wird für den Gemar- kungsbezirkder Gemeinde Viernheim die Gemeinde⸗ bierſteuer eingeführt. Als Ortsſatzung für die Gemeindebierſteuer gilt die von dem Miniſter des Innern herausgegebene Muſterſatzung mit den ſich aus der Verordnung des Reichspräſidenten vom 26. Juli 1930 ergebenden Aenderungen. Ihr Wort- laut kann in der Zeit vom 3.— 16. Januar 1931 auf der Bürgermeiſterei eingeſehen werden.(Die Ortsſatzung tritt am 1. Januar 1931 in Kraft. Die tritt außer Kraft mit dem Beginne des Monats, der auf die(rechts wirkſame) Beſchlußfaſſung des Ge— meinderats über die Realſteuerſätze für das nächſte Rechnungsjahr oder deren Feſtſetzung durch die Auf— ſichtsbehörde folgt. Heppenheim, den 30. Dezember 1930. Heſſ. Kreisamt Heppenheim gez. Pfeiffer. Die vorſtehende Bekanntmachung bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntnis und machen auf die vom 3. bis 16. Januar 1931 bei uns zur Einſicht der Intereſſenten offen liegende Ortsſatz⸗ ung aufmerkſam. Viernheim, den 2. Januar 1931. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Neparauren an Fahrrädern und Mähmaschinen werden prompt, reell und billig ausgeführt Mikolaus Effler. Lamberth Neujahrsgedanken 1031 von Keichskanzler Dr. Brüning Zerſtören geht viel raſcher als Aufbauen, geht — ſozuſagen— gleichzeitiger und ohne beſondere Geſchicklichkeit. Mag ſein, daß deswegen ſoviele dafür ſind, daß zunächſt einmal zerſtört wird. Lernen wir ſchätzen, was wir haben. ſuchen wir, es zu erhalten und zu verbeſſern. Dazu gehört mehr Mut als zum Zerſtören. Aber dazu gehört! auch noch anderes, nämlich: Fleiß. Ausdauer, Geduld, immer erneutes Prüſen und Wägen ohne Haß und Neid(denn ſie machen blind) und ſtetige Arbeit, die geringe Dinge auch daun ge⸗ ring nimmt, wenn ſie ſich wichtig geben und wichtige Dinge wichtig nimmt, auch wenn ſie kaum auffallen. Und lernen wir Maß halten nicht nur im politiſchen Selbſt, ſondern auch in den Forderungen an unſere Politik. Sie kann viel, aber ſie kann die Menſchen nicht glücklich machen. Es drängt mich, gerade heute dieſe Tatſachen und die Grenzen jeder Politik hervorzuheben um vor Illuſionen zu warnen, ihnen folgt die Enttäuſchung, der Enttäuſchung aber allzuoft nur das Verſagen im Bereiche des ſonſt Mög— lichen. Sodann aber meine ich. daß jeder die in ihm ruhenden Kräfte umſobeſſer zur Wirkung bringen wird, je mehr er erkennt, wie er dazu beitragen kann zum Gelingen in dem großen Geſchehen, das wir Politik nennen. Die Aufgaben, die dieſe uns ſtellt, ſind nicht neu; wir haben ſie ja auch nur einen Angenhlick — gleichſam wie Außenſtehende— im Feühſchein des neuen Jahres betrachtet. Wir begrüßen die— ſes Jahr als Männer mit Erfahrung und Hoff— nung und wenden uns morgen wieder dem un— vollendeten Werke zu. Erlaß des Reichspräſidenten die Wehrmacht mee und Marine hat ſie gut verwaltet. Ich danke der Wehrmacht für die Arbeit dieſes Jahrzehnts und entbiete ihr meine herzlichſten Wünſche zum neuen Jahre. Möge ſie weiterhin ihre Ehre daran ſetzen, in Gehorſam und treuer Pflichterfüllung dem Vaterlande zu dienen. Berlin, 31. Dezember 1930 Der Reichspräſident gez. von Hindenburg. Der Reichswehrminiſter gez. Groener.“ Erdbeben und Sturmflut in der Südſee wib Sydney, 31. Dez. Nach einem Funkſpruch des Dampfers„Duris“ hat ein Erdbeben, das von einer etwa zweieinhalb Meter hohen Sturm, flut begleitet war, am Weihnachtsabend die in der Südſee liegenden Inſeln nördlich von Neu⸗ Guinea erſchüttert. Auf den zu ihnen gehören⸗ den Avin⸗Inſeln wurden Häuſer und Vieh ins Meer geriſſen. g / Sprengſtoffattentat in i Gotha witb. Gotha, 2. Jan. In der Sylveſter⸗ nacht kurz vor 24 Uhr verübten bisher unbe⸗ kannte Täter in der Hünersdorfſtraße 2, in der ſich die Geſchäftsſtelle der NSDAP., Ortsgrup⸗ pe Gotha, befindet, ein Sprengſtoffattentat. Die Täter haben nach der polizeilichen Darſtellung eine in einem 63 em. langen Stahlrohr unter⸗ gebrachte Sprengladung unter der Haustür hindurchgeſchoben und durch eine Zündſchnur zur Exploſion gebracht. Die Sprengladung war mit einem Papierpfropſen abgedichtet, der, wie die Polizei ſeſtſtellte, aus Teilen der kommuni⸗ ſtiſchen Illuſtrierten Arbeiterzeitung beſtand. Durch die Exploſion iſt nur geringer Sachſcha⸗ den entſtanden; es wurden nur die Zwiſchen⸗ tür aus dem Rahmen geriſſen und eine Anzahl Fenſterſcheiben zertrümmert. Eine Frau, die zur kritiſchen Zeit gerade die Treppe herunter⸗ kam, wurde durch Glasſplitter leicht verletzt, da ſie ſich glücklicherweiſe noch nicht im Hausflur befand. Die Handlung trägt, wie erklärt wird, offenbar politiſchen Charakter. Der Tat drin⸗ gend verdächtig ſind drei Burſchen, nach denen Nachforſchungen angeſtellt werden. wieder ein Raubüberfall auf ö eine Stations kaſſe wib Köln, 2. Jan. Auf die Eiſenbahnſtations— kaſſe Horrem bei Köln wurde geſtern abend kurz nach 8 Uhr von zwei unbekannten Burſchen ein ſchwerer Raubüberfall verübt. Während der eine vor dem Schalterraum Schmiere ſtand, ſchlug der andere, der ſein Geſicht durch ſchwarze Farbe unkenntlich gemacht hatte, mit einer Schienen— laſche das Schalterfenſter ein und ſtieg in den Kaſſenraum, wo er die Tageskaſſe mit etwa 400 bis 500 Mark Inhalt an ſich riß. Der Räuber gab auf den hinzukomnmenden Schalterbeamten, der ſich in einem hinter dem Schalterraum gele— genen Nebenzimmer aufgehalten hatte, einen Schuß ab, der jedoch fehl ging, und flüchtete dann zuſammen mit ſeinem Komplizen. Obgleich die Verfolgung ſofort aufgenomnen wurde, konnten die Räuber, die während der Flucht noch mehrmals Schüſſe abgaben, ohne jedoch zu tref— fen, unerkannt mit der Beute in den benachbarten Wald entkommen. Falſchmeldung über macht, Die Abnahme ſeiner Kräfte ſei erſichtlich. Marſchall Joffre Paris, 1. Jan. Heute mittag verbreitete ſich in Paris die Falſchmeldung, daß Marſchall Joffre geſtorben ſei. Auf dieſe Nachricht hin fuhren der Präſident der Republik, Doumergue, der Mini— ſterpräſident Steeg, der Juſtizminiſter Cherin. ſowie Außenminiſter Briand ſofort vor dem Krankenhauſe vor, um der Gattin des Marſchalls ihr Beileid auszuſprechen. Glücklicherweiſe konnten ſie dahin verſtändigt werden, daß die Todesmeldung falſch war. Das letzte ärztliche Kommunique, das heute nachmit— tag kurz vor 3 Uhr gegeben wurde, teilt mit, daß der Marſchall„ſanft ruhe“; Herztätigkeit und Puls ſeien außerordentlich ſchwach. Vorüberge— hend verfalle der Kranke in todesähnliche Ohn— um immer wieder daraus zu erwachen. Schießereien der Sylveſternacht Zwei Todesopfer. en Lerlin, 2. Jan.(Eig. Meldung). Der Po⸗ lizeip. dent teilt mit: In den Morgenſtunden des 1. Januar ent⸗— ſtand vor dem Hauſe Hufeland-Straße 31 eine bpolitiſche Schlägerei zwiſchen Angehörigen der NeSDap und des Reichsbanners, bei welcher 2 Angehörige des Reichsbanners, der Angeſtellte Willi Schneider aus der Hufelandſtraßee 31 und der Bankbeamte Herbert Graf aus der Hufeland— ſtraße 35 durch mehrere Schüſſe getötet wurden. Die ſofort angeſtellten Ermittlungen nach den Tätern haben bislang noch zu keinem Ergebnis geführt. Von den beiden Opfern hat Schneider einen Bauchſchuß, Graf einen Kopfſchuß erhalten. Beide ſind tödlich verletzt nach dem Krankenhaus am Friedrichshain geſchafft worden und dort ver— ſtorben. Der Reichskanzler an den Reichspräſidenten wtb. Berlin, 1. Jan. Reichskanzler Dr. Brü⸗ ning, der ſich zurzeit in Badenweiler aufhält, hat an den Reichspräſidenten zum Jahreswechſel fol— gendes Telegramm gerichtet: „Zum Jahreswechſel darf ich Sie, hochgeehr⸗ ter Herr Reichspräſident, bitten, meinen ehrerbie⸗ tigſten Glück⸗ und Segenswunſch entgegenzuneh— men. Ich weiß mich eins mit dem deutſchen Volke, das Ihrer am Neujahrstage in Verehrung gedenkt. Möge es Ihnen vergönnt ſein, auch im neuen Jahre als Vorbild treueſter Pflichterfül⸗ lung dem deutſchen Volke in ſchwerer Zeit auf dem Wege zur Einigkeit und zum Aufſtieg voran⸗ zuſchreiten. 155 N ne b̃ez. Dr. Brüning, Reichskanzler.“