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Im Hotel Fürſtenhof kam es geſtern abend in Anweſenheit zahlreicher Zivilperſo⸗ nen zwiſchen einem Reichswehrſoldaten und einem Offizier zu einem peinlichen Zwiſchen⸗ fall. Der Offizier hatte, um kein unnötiges Auf⸗ ehen zu erregen, abſichtlich darüber hinwegge⸗ ſehen, daß ihn der Soldat nicht grüßte. Nun⸗ mehr trat der Soldat an den Offizier in reſpekt⸗ loſer Haltung heran und verſuchte unter dem Rufe:„Heil Moskau“ tätlich zu werden. Meh⸗ rere Perſonen ſprangen hinzu und verſu ten, den Soldaten zu überwältigen. Es gelang ihm jedoch, aus dem Hotel ins Freie zu gelangen, wo er erſt nach längerer Verfigung burch a Wer etwas zu kaufen etwas zu verkaufen eine Stelle ſucht eine Stelle z. vergeb. hat etwas zu mieten ſucht etwas zu vermieten hat Vertreter: de 1 inſeriert a. erfolgreichſten im Hieran. Anzůelger Rechtsſtreit um das Beamten⸗ notopfer Eine Kage des Berliner Senatspräſidenten Dr. Grützner gegen den Fiskus. enb. Berlin, 12. Jan.(Eigene Meldung.) Die Reichshilfe der Beamten, das ſog. Notopfer, das durch die Notverordnung vom 25. Juni vor. Is. in Geſtalt eines beſtimmten Gehaltsabzuges auf⸗ erlegt wurde, bildet den Gegenſtand einer Klage, die der Seuatspräſident am Oberverwaltungsge— richt, Dr. Grützner, gegen den preußiſchen Fiskus angeſtrengt hat. Dieſe Klage, die heute vor der 4. Zivilkammer des hieſigen Landgerichts 1 zur Ver⸗ handlung ſtand, iſt an ſich eine Bagatellſache. Der Wert des Streitgegenſtandes beträgt nur etwa 50 Mark, welchen Betrag Dr. Grützner als Ge— haltsempfänger mit der Begründung einklagt, daß er ihm widerrechtlich von ſeinem Monatsge⸗ halt abgezogen worden ſei. Der Klage kommt eine prinzipielle Bedeutung zu, da Dr. Grützner das Widerrechtliche darin ſieht, daß dieſer Abzug aufgrund der Notverordnung erfolgte, die er für geſetzlich unzuläſſig hält. Art. 48 der Reichsver⸗ faſſung, mit deſſen Hilſe das Notopfer erlaſſen wurde, zähle nur, meint Dr. Grützner, ganz be⸗ ſtimmte Grundſätze auf, die im Wege der Not⸗ verordnung außer Kraft geſetzt wurden. Die Reichshilſe ſtelle ſich in Form eines Gehaltsab⸗ zuges als eine Verletzung der Beamtenrechte im Sinne des Art. 129 der Reichsverfaſſung dar, der in Art. 48 nicht erwähnt werde. Selbſt wenn man Böſe Beiſpiele Freiburg, 13. Jan. In der Nacht zum 8. Januar wurde in der Umgebung des Haupr⸗ bahnhofs ein älterer Schriftſetzer von vier zu⸗ nächſt unbekannten Rowdys überfallen, mit Stockſchlägen und Fußtritten übel zugerichtet. Wie jetzt bekannt wird, gelang es einigen Kraftwagenführern, die dem Angefallenen zu Hilfe eilten, einen der Prügelhelden zu ergret⸗ fen und dem Bahnhofsſchutzmann zu überge⸗ ben. Der Feſtgenommene weigerte ſich beharr⸗ lich ſeinen Namen anzugeben, weshalb er vom Rotrufkommando abgeholt und auf die Haupt⸗ wache verbracht wurde, dort ſtellte ſich nach langem Verhör heraus, daß der Feſtgenomme⸗ ne Angehöriger der Freiburger Schutzmann⸗ ſchaft war. Schließlich geſtand er, daß auch die Gießen, 12. Jan. Vor einigen Tagen ſtieg in Poliziſten als Rowdies Falſches Grafenpaar auf„Reiſen“ Flugzeug als Lockvogel.— Die Frau„Gräfin“ ſelbſt ins Garn gegangen. mehrere Straßen feſtgenommen werden konnte. Das Reichswehrkommando hat eine Unler⸗ ſuchung eingeleitet. Aus Nah und Fern br. Aus dem Odenwald, 13. Jan.(Humor des Steuerzahlers.) Die mißlichen Verhältniſſe, die zurzeit für die Landwirtſchaft und die Ge⸗ werbebetriebe in ſteuerlicher Hinſicht vorliegen, zeigt folgendes der Tragikomit nicht entbehren⸗ de Vorkommnis: Einem muſikliebenden kleinen Wein vertilgt. In ihrem Alkoholübermut wuß⸗ Landwirt und Gewerbetreibenden wurden vom ten ſie nichts beſſeres zu tun, als einen ihnen Finanzamt Fürth Steuerbeſcheide zugeſandt. völlig unbekannten harmloſen Mann, der von In Anbetracht ſeiner Zahlungsunfähigkeit ſeiner Arbeitsſtätte kam, meuchlings zu über: mußte er Einſpruch erheben, und er tat dies fallen. Der Bericht über dieſen höchſt eigen⸗ damit ab, daß er ſeinen Einſpruch— in No⸗ artigen Vorgaug wurde der Staatsanwalt ten begründete. Der betreffende Beamte ließ ſchaft übergeben und auf ſchnellſtem Wege beim ſich durch einen muſikkundigen Kollegen die Miniſterium des Innern penſionsloſe Dienſt- Note in Worte überſetzen, welches Reſultat hier entlaſſung gegen die vier beantragt. wiedergegeben werden ſoll:„Ich weiß nicht was ſoll es bedeuten—. Ein Zeichen der Zelt und der erſchöpften Steuerlaſt der kleinen Landwirte und Gewerbetreibenden. drei anderen zur Polizei gehörten, einer ſogar als Oberwachtmeiſter, der von der Gendarme⸗ rie in den ſtaatlichen Polizeidienſt übernom⸗ men worden war. Die vier Poliziſten die dienſtfrei waren, hatten in Zivil mehrere Wirtſchaften beſucht und Unmengen Bier und Wetterbericht. Die Weſtſtrömung, die unter ſtarkem Barometerfall gegen die Kaltluſtmaſſen von Beruf Muſiker, 26 Jahre alt und ſtammt Mitteleuropas vordrang, brachte bis in den die Reichshilfe als reine Steuer betrachte, würde ſie wegen Verſtoßes gegen Art. 134 nichtig ſein. Auch dieſer Artikel ſei in Art. 48 nicht erwähnt. Der Fiskus ſteht demgegenüber auf dem Stand⸗ punkt, daß der Rechtsſveg unzuläſſig ſei, weil es ſich bei der Reichshilſe um eine reine Steuer handle, auf die lediglich die Beſtimmungen der Reichsabgabeordnung Anwendung zu finden hät⸗ ten. Art. 129 der Reichsverfaſſung regele auch nur die Beziehungen zwiſchen Staat und Beam⸗ ten, ſowie das beamtenxechtliche Verhältnis des Staatsbürgers zum Staate, dem ein Beamter ö . Auch weil die Belaſtung wie jeder Steuerzahler gegenüber ſtehe. Art. 134 ſei nicht verletzt, eines Standes mit einer Steuer nicht gegen die Reichs verfaſſung verſtoße. un Beſoldungsgeſetz die Aenderung der durch Reichsgeſetz vorbehalten ſei. „ e Selbſt wenn aber die Reichshilfe keine Steuer darſtellen ſollte, lönne eine Verletzung des Art. 129 nicht vorliegen, we! Bezüge g einem hieſigen Fremdenheim ein junges Paar ab, das ſich Graf und Gräfin von Schlieffen nannte. Das gräfliche Paar machte einen ſehr guten Ein⸗ druck, der ſich noch verſtärkte, als für den Herrn Grafen ein Flugzeug aus Düſſeldorf mit der Bahn ankam, das lt.„M. J.“ zum Gießener Flughafen verbracht wurde, weil der Herr Graf dort eine Fliegerſchule errichten wollte. Mittler⸗ weile machte der Herr Graf allerlei Einkäufe, be⸗ zahlte aber nicht ſofort, ſondern ließ auf⸗ ſchreiben, und auch in dem Fremdenheim ent⸗ ſtand eine unbeglichene Rechnung. Bald hatte auch die Polizei Intereſſe für das gräfliche Paar, und ſie ermittelte, daß es ſich um einen falſchen Grafen und eine ebenſo imitierte Gräfin han⸗ delte. Der wirkliche, echte Graf Schlieffen wohnte nichtsahnend in Eifenach, ſein Namensnutznießer aber heißt in Wirklichkeit Siegfried Franke, iſt tenen aus Kiel. Er hatte ſich als Graf Schlieffen ſei⸗ ner Begleiterin, einer jungen Dentiſtin aus Je⸗ richow, vorgeſtellt, dieſe bewogen, ihre gutge⸗ hende Dentiſtenpraxis zu verkaufen, ihm das Geld dafür auszuhändigen und mit ihm als „Frau Gräfin“ auf die Reiſe zu gehen. Von den Praxisgeld wurde daun in Düſſeldorf das Flugzeug gekauft und hierauf beglückte das Pärchen Gießen. Die junge Frau hatte keinerlei Ahnung, daß ſie einem Schwindler ins Garn gegangen war. Da ſie völlig ohne Mittel daſteht, mußte zu von der Behörde zunächſt in einem Heim unterge⸗ bracht werden, der falſche Graf Schliefſen aber kam ins Gefängnis, weil ſich die Polizeſ jetzt für die bisherige Laufbahn dieſes luſtigen Muſikan⸗ näher intereſſiert. Nordteil unſeres Bezirks Regenfälle. Auch heute früh ſetzten ſich die Niederſchläge als Schneefälle bis an die Lahn und im Vogelsberg fort, und auch die ſüdlich der Taunuslinie beobachtete Aufheiterung wird wieder verſchwinden. Das über Frankreich entſtandene Tiefdruckgebiet wird nun aber weiter nach Südoſten wandern, ſo daß bei uns wieder öſtliche Luftzufuhr vor⸗ herrſchend ſein wird und der Froſt, wenn auch zunächſt in leichterer Form, bleibt. In großen Höhen über die kalte Oſtſtrömung aufgleitende wärmere Luft wird dabei vielfach leichte Schnee⸗ goki dis beben olkig bis bedeckt, vielfach Neigung zu leich⸗ ten Schneefällen, bei öſtlichen Winden Tempera⸗ turen unter Null und wiede gehend. Bei (Ciernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) —— jernheimer Anzeiger Viernh eimer Zeitung eee eee eee i täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1 k. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illuſtrierte Sonntags latt„Sterne und Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fernſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Donnerstag, den ns Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden 9 — 15. 5 ne 3 9 2 Dietrichs Ankündigungen im Haushaltsausſch Keine neuen Steuern im Jahre 1931— Erhöhung des Defizits um weitere 100 Millionen— Cangfriſtige Kredite zur Deckung des Deſizits Berlin. 14. Jan. Die Rede, mit der Reichs⸗ finanzminiſter Dr. Dietrich heute die Beratung des Haushaltsplanes für 1931⸗32 vor dem Haushaltsausſchuß eingeleitet hat,(An anderer Stelle im Auszug wiedergegeben. Red.) kündigt die logiſche Fortführung der Politik an, die mit dem Finanz⸗ und Wirtſchaftsplan der Reichsregierung eingeſchlagen wurde. Dieſer Plan baſierte auf drei Grundgedanken: 1. Keine neue Steuern in dem ſchwer⸗ belaſteten Jahr der wirtſchaflichen Depreſſion und keine weiteren Gehaltskürzungen 2. Deckung der neben den normalen Ein⸗ nahmen erſordberlichen 900 Millionen durch langfriſtige Kredite und 3. Verteilung der Laſten für die jetzige Fi⸗ nanz⸗ und Wirtſchaftskriſe auf die drei näch⸗ ſten, wie man erwartet, beſſeren Jahre durch geſetliche Feſtlezung eines dreijährigen Sanie⸗ rungs⸗ und Schuldentilgungsplanes. Die Sa⸗ nierungs⸗ und Tilgungsſätze ſind vom Reichstag angenommen worden oder durch Notverord⸗ nung in Kraft geſetzt worden. Für 500 Millio⸗ nen, alſo den größeren Teil der erforderlichen Summe, konnte man einen langfriſtigen Ame⸗ rika⸗Kredit aufnehmen; für den Reſt ſtanden innerdeutſche Kredite in Form des Verkaufs von Schatzwechſeln mit langen Tilgungsfriſten zur Verfügung. Die Berechnungen des Reichsfinanzminiſters haben ſich nun im weſentlichen erfüllt, aber es ſcheint, daß in den letzten drei Monaten des bis zum 31. März laufenden Rechnungsiahres ein weiterer Fehlbetrag von 100 Millionen ent⸗ ſtehen wird, ſo daß man über die normalen Einnahmen hinaus insgeſamt eine Milliarde NM. brauchen würde, von der neun Zehntel durch außer⸗ u. innerdeutſche Kredite abgedeckt ſind. während ein Zehntel noch fehlt. Entſprechend dem früher verkündeten Grund⸗ ſatz: keine neuen ſteuerlichen Laſten in dem Jahr der Wirtſchaftsdepreſſion ſoll auch dieſes letzte Zehntel nicht durch Steuern, ſondern im Notfalle eventuell durch Kredite beſchafft wer⸗ den. Das Haushaltsjahr 1930-31 iſt alſo ge⸗ ſichert, ohne daß ſofortige neue Belaſtungen eutſtehen. Die Aufnahme der Dietrich⸗Rede Was wird die Vollspartei tun? enb. Berlin, 14. Jan.(Eigene Meldung.) Die Rede, die der Reichsfinanzminiſter heute im Haushaltsausſchuß des Reichstags gehalten hat, inn von der Oeffentlichkeit nicht überall ganz rich⸗ lig verſtanden worden. So wird in den großen Ueberſchriften der Berliner Abendblätter der Nachdruck zum Teil auf die Feſtſtellung gelegt, daß der Fehlbetrag von Herrn Dietrich jetzt mit einer Milliarde beziffert wird. Das weſentliche liegt aber darin, daß die Verſchlechterung der Finanzlage etwa 100 Millionen ausmacht. Dabei wird überſehen, daß in der Milliarde der alte, längſt bekannte Fehlbetrag enthalten iſt, für deſ⸗ ſen Abdeckung durch den Schuldentilgungsplan Vorſorge getroſſen iſt. Er ſtellt gewiſſermaßen eine Fortſetzung der Lex Schacht dar und ſieht bekanntlich vor, daß für drei Jahre jedesmal 420 Millionen für dieſen Zweck in den Reichshaus⸗ Etatrechtlich hat die Ab⸗ halt eingeſetzt werden. deckung dieſes Defizits erſt 1932 zu erfolgen. Um einer mißverſtändlichen Auffaſſung zu begegnen, hat der Reichsfinanzminiſter ſich denn auch heute abend veranlaßt geſehen, die Dinge in einer halb⸗ amtlichen Mitteilung richtig zu ſtellen. Von beſonderem Intereſſe iſt nun, wie ſich die Deutſche Volkspartei zu der Auffaſſung des Miniſters Dietrich ſtellt, daß weſentliche Ab⸗ ſtriche im neuen Etat kaum noch möglich ſind. Die Volkspgrtei ſieht in der Erfüllung ihrer For⸗ derung weiterer Abſtriche von 300 bie 350 Mil⸗ lionen die entſcheidende Vorausſetzung für die ortſetzung ihres bisherigen Verhältniſſes zur eichsregierung. Wir glauben zu wiſſen, daß der Vertreter der Deutſchen Volkspartei, Abg. Dr. Cremer, der für morgen früh im Hauptaus⸗ 5 als erſter Redner angeſetzt iſt, an dieſe erung erinnern und erklären wird, daß ſeine raktſon, wenn ihrem Verlangen nicht Rechnung getragen wird, keine Möglichkeit ſieht, die parla⸗ mentariſche Verabſchiedung des Etats poſitiv zu unterſtützen. Damit würde die Wahrſcheinlich⸗ keit zunehmen, daß der Reichsetat ſchließlich doch durch Notverordnung in Kraft geſetzt werden muß. Wie die Deutſche Volkspartei ſich dann zu einem Antrag auf Aufhebung der Notverordnung ſtellen würde, läßt ſich heute natürlich noch nicht ſagen. In unterrichteten Kreiſen läufig doch immer noch damit, daß es gelingen wird, eine Verſtändigung herbeizuführen, die den Wünſchen der Deutſchen Volkspartei Pech⸗ nung trägt. Im Augenblick kann man den mor⸗ gigen Erklärungen Dr. Cremers jedenfalls mit Intereſſe entgegen ſehen. rechnet man vor⸗ Uniformverbot für Baden Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Karlsruhe, 14. Jan. Das badiſche Staats⸗ miniſterium erläßt folgende Verordnung: Auf Grund des Artikels 48 Abſatz 4 der Verfaſſung des Deutſchen Reiches wird folgendes verord⸗ net: Das Tragen von Parteiuniformen und Bundestrachten, einheitlicher Kleidung politi⸗ ſcher Verbände und Organiſationen, wird für den Bereich des Freiſtaates Baden bis 1. April 1931 verboten. Die Verordnung tritt mit ſo⸗ fortiger Wirkung in Kraft. Tagesnachrichten Der Zwiſchenfall in Münſter. Berlin, 14. Jan. Der Auftritt zwiſchen einem Reichswehrſoldaten und einem Reichswehroffi⸗ zier in Münſter, über den die Zeitungen be⸗ richten, har ſich, wie wir aus Kreiſen des Reichswehrminiſteriums erfahren, etwas an⸗ ders abgeſpielt, als urſprünglich gemeldet wurde. In der Nacht vom 12. zum 13. Januar traf ein Offizier auf der Straße einen ſchwer betrunkenen Soldaten Es gelang dem Offizier nur mit Hilfe eines Unteroffiziers, den Mann zur Wache zu bringen. Wenn auch der Soldat den Offizier beſchimpfte, ſo iſt es doch nicht zu⸗ treffend, daß er„Heil Moskau!“ gerufen hat. Der Betreffende iſt wegen ſeines Vergehens diſziplinariſch ſchwer beſtraft und friſtlos ent⸗ laſſen worden. 5 Die Beſprechungen bei der Oſtreiſe. wtb Berlin, 14. Dez. Eine Meldung aus Bres⸗ lau eines Spätabendblattes vom 13. Januar ds. Irs. verſucht die Oſtreiſe des Reichskanzlers als „parteipolitiſche Agitationsreiſe“ abzuſtempeln und bringt als Beweis dafür die Mitteilung, daß beim Empfang im Oberpräſidium in Bres⸗ lau kein Vertreter der Univerſität, der Hochſchu⸗ len und der evangeliſchen Kirche geladen gewe⸗ ſen ſei. Die Vorbereitung für die offiziellen Beſpre— chungen lagen in der Hand der Herren Ober— präſidenten, denen der Wunſch des Herrn Reichs— kanzlers äbermittelt war. Vertreter aller Schich⸗ ten der Bevölkerung ſehen und ſprechen zu kön⸗ nen und außer offiziellen Berufsvertretern auch andere Perſönlichkeiten zu bitten. Dieſem Wun— ſche iſt im weiteſten Umfange Rechnung getragen worgen, ſodaß auch bei den Empfängen in den Kreiſen ſtets Vertreter der chriſtlichen Konfeſſi— onen anweſend waren und ins Geſpräch eogen werden konnten. Finanzausſchuß des Heſſiſchen Candtags Kinderzuſchläge für 14—21⸗Jährige werden wieder eingeführt. Darmſtadt, 14, Jan. des Finanzausſchuſſes des Landtages wurde zu— genommen. Von Bedeutung war dabei die Er⸗ klärung des Miniſters für Arbeit und Wirt⸗ ſchaft, daß er ſich genötigt ſehe, nun in Berlin für die Feſtſetzung von Produzenten⸗Mindeſt⸗ preiſen und Konſumenten⸗Höchſtpreiſen bei Milch) einzutreten, weil leider auf gütlichem Wege in der Frage der Preisabbau nicht mehr weitergekommen ſei. Es träge eingetreten, die ſich mit der Wiederher⸗ g faßt. Der Beſchluß war ſeinerzeit gegen die Ab— ſicht der Regierung gefaßt worden, und die Wiederaufrollung der Angelegenheit wurde da⸗ durch herbeigeführt, daß ſchon damals die Parteivertreter der Meinung waren, daß man dieſen Abbau der Kinderzuſchläge nicht aufrecht erhalten könne, wenn die Reichsregierung den Beamten weitere Opfer zumute. Das t durch den 6% igen Gehaltsabbau inzwiſchen geſchehen. Angenommen wurde mit ſieben gegen fünf Stimmen der Antrag, wonach für Kinder über 16 Jahre bis zum vollendeten 21. Jahre mit Wirkung vom 1. Februar 1931 bie Kinderzu— ſchläge im allgemeinen in Höhe der Reichsſätze wieder eingeführt werden. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis wurde ein Zuſatzantrag an⸗ genommen, der ausſpricht, daß denjenigen Er— ziehungsberechtigten, die ſeither für drei und mehr Kinder erhöhte Bezüge erhielten, dieſe für ihre Perſon belaſſen werden. Weiter wurde mit neun gegen drei Stimmen noch ein Autrag an— genommen, wonach die Kinderzuſchläge für Kin— der über 16 Jahre nur inſoweit gewährt werden als ſich die Aufwendung für die Berufsaushil— dung nachweiſen laßt. Senkung der Eiſenpreiſe Gültig für alle Abſchlüſſe ab 1. Januar Düſſeldorf, 14. Jan. Die Eiſen⸗ induſtrie verbreitet eine längere Erklärung, aus der ſich ergibt, daß für alle ab 1. Jan. 1931 getätigten Abſchlüſſe eine Ermäßigung der Eiſenpreiſe um durchſchnittlich 11.50 bis 12.00 RMk. eintritt. 0550 Düſſeldorf, 14. Jan. In der von der Eiſen⸗ induſtrie verbreiteten Erklärung über die Sen⸗ kung der Eiſenpreiſe wird u. a. geſagt: „In der Erkenntnis, daß die geſamte deut⸗ ſche Wirtſchaft ſich in einer Selbſtkoſtenkriſe befindet und das deutſche Preisniniveau in ſeiner Geſamtheit unhaltbar iſt, hatte die Eiſeninduſtrie im Juni des vergangenen Jah⸗ res ihre Preiſe über das Ausmaß der erſpar⸗ ten Lohn⸗ und Gehaltsbeträge hinaus ermä⸗ ßigt und ein ſichtbares Zeichen zum Preisabbau auf breiter Front gegeben. Erſt als einige Zeit ſpäter ſich auch die Reichsregierung für einen allgemeinen Preisabbau einſetzte, begannen an anderen Stellen ebenfalls die Selbſtkoſten im Preis nachzugeben. Ausmaß und Wirkung der bisherigen Preisſenkungen konnten um deswil⸗ len nicht allen Erwartungen gerecht werden, weil die von der Oeffentlichkeit beſtimmten Unkoſtenfaktoren faſt ausnahmslos unverän⸗ dert blieben oder ſogar geſtiegen find. Das gilt für Werktarife wie auch für Soziallaſten und Frachten. Damit wurde der Eiſeninduſtrie die⸗ jenige Entlaſtung ihrer Selbſtkoſten vorent⸗ halten, die für die angeſtrebte Eiſenpreisſen⸗ kung erforderlich war. Wenn die Eiſeninduſtrie ſich jetzt dennoch entſchließt, innerhalb eines halben Jahres ihre Preiſe zum zweiten Male, und zwar in einem erheblichen Ausmaße zu ermäßigen, ſo geſchieht das aus der Erwägung heraus, preislich das Möglichſte zur Wiederbe⸗ lebung der Wirtſchaft zu tun. Die Eiſenpreis⸗ ſenkung iſt gültig für alle Abſchlüſſe ab 1. Jan. 1931. Es folgt ſodann eine Aufzählung der Preis⸗ ermäßigungen für Eiſen, Bleche und Walz⸗ draht, aus denen ſich einſchließlich der Nachläſſe auf die Ueberpreiſe ein Preisabbau um durch⸗ ſchnittlich 11.50 bis 12.00 RMk. ergibt. In der heutigen Sitzung; nächſt ein Antrag des Abg. Dr. Werner für die ö Förderung der Landwirtſchaft beraten und an- (3. B. Preisfeſtſetzung der wurde dann in die Beratung einer Anzahl An⸗ ſtellung der im Sommer durch Landtagsbeſchluß beſeitigten Kinderzulage für 16—21⸗Jährige be⸗ Zum Tode des Abg. Herold * Mit Karl Herold iſt der Beſten einer dahin— gegangen. Karl Herold wurde am 20. Juni 184“ auf Haus Loevelinkloe bei Münſter in Weſtſalen geboren. Er beſuchte das Gymnaſium in Mün⸗ ſter, ſtudierte in Halle Landwirtſchaft und be— wirtſchaftete ſein Gut. Er ging ganz in ſeinem Beruf auf und widmete ſeine zähe Kraft mit bei⸗ ſpielloſer Hingebung den Sorgen der landwirt— ſchaftlichen Bevölkerung. Dem immer tätigen Mann wuchſen Aemter und Würden in großer Zahl und Bedeutung zu. Er war Mitglied des Weſtfäliſchen Provinziallandtages, des Kreistages, der Amts⸗ und Gemeindevertretung, Ehrendirek⸗ tor des Meiereiverbandes für Weſtfalen, Lippe und Waldeck und des Landwirtſchaftlichen Hanpt⸗ vereins für den Regierungsbezirk Münſter, Di⸗ rektor des Landwirtſchaftlichen Vereins für den Kreis Münſter, Vorſtandsmitglied der Landwirt— ſchaftskammer für die Provinz Weſtſalen und des Deutſchen Vereins für ländlich« Wohlſahrts⸗ und Heimalpflege. Die Weſtfäliſche Zentrums⸗ partei ehrte in ihm einen verdienſtvollen, lang— jährigen Vorſitzenden; auch dem Volksverein für das katholiſche Deutſchland gehörte er ſeit vielen Jahren an. Noch eine lange Reihe von Ehren— ämtern wäre aufzuzählen, in denen dieſer aus— gezeichnete Mann durch ſeine Arbeitskraft und durch ſeinen Namen als erſte Autorität zu wer— ten war. Das ganze Leben Herolds war Arbeit und immer wieder Arbeit. Im Jahre 1889 wurde Karl Herold zum erſtenmal ins preußiſche Abge ordnetenhaus gewählt. Im Jahre 1903 aber hat der Wahlkreis Ahaus-Steinfurt, die er im preu⸗ ßiſchen Abgeordnetenhauſe vertrat. ihn auch in. den Reichstag gewählt. Seit mehr denn vierzig Jahren war er Parlamentarier, von dem zu ſa— gen iſt, daß ſein Rat und ſeine Tat ganz unge⸗ wöhnlich zu ſchätzen waren. Die Nachricht vom Tode Herolds wird das ganze katholiſche Deutſch— land und die ganze Zentrumspartei tief bewegen. Wir möchten zudem glauben, daß darüber hin— aus im geſamten deutſchen Volk, das Herold noch vor kurzem bei Eröffnung des neuen Reichstags als Alterspräſidenten geſehen hat, aufrichtige Teilnahme herrſcht. Mit Herold ſinkt eine mächtige Stütze der lebendigen Tradition der Zentrumspartei ins Grab, ein Mann, der wahrhaft ehrfurchtgebietend die Heldenzeit der Partei mit der neuen ſturmbewegten Zeit ver— band und die jüngere Generation weiſe lenkte. Aber auch ein echter deutſcher Patriot iſt dahin⸗ gegangen. Dieſe Charaktergeſtalt im wahrſten Sinne des Wortes wird jetzt in der deutſchen Oeffentlichkeit ſchmerzlich vermißt werden, ein Beiſpiel, ein Vorbild. Immer ragte Herold aus der Maſſe auf; noch in der Weimarer National⸗ verſammlung war ſein Bart mit denen von Grö⸗ ber und Graf Poſadowſky Augenpunkt. Gröber iſt Karl Herold vorangegangen. Der äußere Herold iſt unſeren Blicken entſchwunden; der in⸗ nere, der geiſtige Herold, wird bei uns fortleben, ſolange es eine Zentrumspartei gibt. N. i. p. Beiſetzung des Abgeordneten Herold. Münſter, 14. Jan. Die Beiſetzung des Abg. Herold findet am Sonnabend morgen 9 Uhr auf dem Friedhof in Amelsbueren ſtatt. Frau Drießen⸗Bocholt ſoll als Nachfolgerin Dr. Herolds in den Reichstag und Fabrikant Hermann Thiele⸗Buende in den Landtag ein⸗ ziehen. Deutſchland und Polen in Genf * In einigen Tagen beginnt in Genf die von aller Welt mit ſtarker Spannung erwar⸗ tete Minderheiten⸗Auseinanderſetzung zwiſchen Deutſchland und Polen. Urſache und Grund⸗ lage dieſer deutſch⸗volniſchen Auseinander⸗ ſetzungen ſind die uneryorten Uebergriffe, die fich die Polen während der letzten Wahlen ge— gen die deutſche Minderheit herausgenommen haben und die anklagenden Denkſchriften, die das Deutſche Reich wegen dieſer, allen Ver⸗ trägen hohnſprechenden Vorkommniſſe an den Völkerbundsrat gerichtet hat. Den Polen ſcheint nun die Situation, der ſie ſich in Genf in Bälde gegenüber ſte⸗ hen werden, nicht ganz geheuer zu er⸗ ſcheinen. Sie werben Bundesgenoſſen gegen Deutſchland und die klaren deutſchen Argumente werden von Warſchau aus in ſehr durchſichtiger Ab— ſicht zu mißkreditieren geſucht. Zunächſt einmal hielt der polniſche Außen— miniſter Zaleski vor dem Auswärtigen Sejm— ausſchuß eine Rede, in der er die Tatſachen in einer Art und Weiſe zu verdrehn ſuchte, daß dem objektiven Beobachter der Dinge die Haare zu Berg ſtehen konnten. Das Beſte in dieſer Hinſicht aber iſt die polniſche Denkſchrift an den Völkerbund, die die Noten der deutſchen Reichs- regierung widerlegen und entkräften ſoll. Ihr Inhalt iſt jetzt in großen Umriſſen bekannt geworden, und zwar hat Warſchau ſelbſt dieſe Veröffentlichung vorgenommen. Und dieſe kurze Inhaltsangabe allein genügt, um die polniſchen Argumente reſtlos ad abſurdum führen zu können. Die polniſche Politik verſucht da zunächſt, der deutſchen Aktion politiſche Tendenzen zu unterſchieben, ſo etwa, als ob die Minderheitenfrage an ſich Deutſchland nur ein Mittel zum Zweck ſei, zum Zweck nämlich der Bekämpfung alles Polniſchen. Die Lächerlichkeit einer ſolchen Unterſtellung ergibt ſich von ſelbſt, ähnlich, wie die der ande⸗ ren polniſchen Behauptung, daß die polniſche Minderheit in Deutſchland ſo furchtbar ſchlecht behandelt worden ſei und noch werde, daß dies der eigentliche Anlaß für die Ausſchreitungen gelegentlich der polniſchen Wahlen geweſen ſek. Per die kaum zählbaren Zwiſchenfälle mit der polniſchen Minderheit in Deutſchland, inſon⸗ derheit aber die Beläſtigung einer polniſchen Theatergruppe in Schleſien, und das ſcharſe Durchgreifen der deutſchen Behörden gegen dle Schuldigen kennt, der wird eine ſolche polni⸗ ſche Behauptung ohne weiteres als das ſeſt⸗ ſtellen können, was ſie iſt: Schwindel! Wenn weiter die polniſche Denkſchrift be⸗ hauptet, die Wahlzwiſchenfälle in Polen ſeien, wenigſtens auch ſoweit die Minderheiten in Frage kämen, garnichts anderes als das, was ſich auch bei deutſchen Wahlen ſchon ereignet habe, ſo zeugt dies, gelinde geſprochen, von einer geradezu kläglichen Verkennung der tat— ſächlichen Verhältniſſe. Da man aber von ge⸗ bildeten Staatsmännern und Politikern, auch wenn ſie in Warſchau ſitzen, annehmen muß., daß ſie dieſe Dinge in ihren Urſachen ſowohl als auch in ihren Auswirkungen ſehr wohl zu unterſcheiden wiſſen, bleibt auch für dieſe Be⸗ hauptung der Denkſchrift nichts anderes mög⸗ lich, als die Feſtſtellung, daß ſie eine glatte Verdrehung der Tatſachen iſt, dazu beſtimmt, den Vertretern der in Genf beratenden Nationen Sand in die Augen zu ſtreuen. Es kann unſerer Völkerbundsratsdelegation bei den kommenden Auseinanderſetzungen nicht ſchwer fallen, die polniſchen Machinationen zu durchkreuzen und die„Feſtſtellungen“ der Denk⸗ ſchrift Zalefkis in ihrer ganzen Haltloſigkei and Unwahrheit aufzuzeigen. b Spanien befeſtigt ſeine Nüſten Großer Auftrag Spaniens zur Lieferung von Küſtenverteidigungsgeſchützen. wib London, 14. Jan. Die ſpaniſche Regierung hat, wie„Daily Telegraph“ meldet, bei der Fa. Vickers⸗Armſtrong eine Anzahl Küſtenverteidi⸗ gungsgeſchütze beſtellt, die ein Ke und eine Länge von 20 m haben de ſein werden, ihre 17 Zentner ſchweren Geſchoſſe ungefähr 35 Kilometer weit zu tragen. Jedes Geſckütz wird für ſich allein in einem ſtarken Panzerturm einmontiert ſein. Die Geſchütze ſol⸗ len zur Verſtärkung des ſchon vorhandenen Ma⸗ terials von El Ferrol, Cadix und Cartage a verwandt werden, während andere auf den Ba⸗ leariſchen Inſeln Auſſtellung finden werden die als eine der ſtrategiſchen Schlüſſelſtellungen im Mittelmeer gelten. Die genaue Höhe des Wertes der Beſtellungen iſt nicht bekannt, doch verlau⸗ tet, daß jedes Geſchütz mit Panzerturm minde⸗ 165 80 000 Pfund Sterling, 1 600 000 Mark ko⸗ et. Etatrede des Reichsfinanzminiſters 1930 faſt 1 Milliarde Fehlbetrag.— „Keine Steuern auf Vorrat ſchaffen, ſondern die aller⸗ letzten Streichungsmöglichkeiten ausnutzen“.—„Mehr Sparſamkeit bei den Kommunen!“ Heute vormittag begann der Haushalts⸗ ausſchuß des Reichstages mit der Etatberatung. Reichsfinanzminiſter Dr. Dietrich leitete die Verhandlungen mit einer großangelegten Rede ein. in der er zunächſt darauf hinwies, daß der 900 Millionen Mk. betragende Fehl⸗ betrag des laufenden Haushaltsfahres ſich aus 300 Millionen Mk. Mehrausgaben und 600 Millionen Mk. Einnahmenausfällen zuſam⸗ menſetze. Die Mehrausgaben reſultierten ausſchl. aus der Arbeitsloſenfürſorge, doch ſei das eine Höchſtſumme, die wohl kaum künftig überſchritten werde. Der geſamte Steuerausfall werde nach nochmaliger Schätzung 980 Millionen Mk. be⸗ tragen, die ſich zu 255 Mill. Mk. auf die Län⸗ der, zu 125 Mill. Mk. auf die Knappſchafts⸗ u. Invalidenverſicherung und zu 600 Mill. Me. auf das Reich verteilten. Tatſächlich aufgekom⸗ men ſeien vom 1. 4 1930 bis zum 30. 11 1930 bei den Beſitz⸗ und Verkehrsſteuern 4270 Mil⸗ lionen, bei Zöllen und laufenden Abgaben 2050 Millionen, zuſammen alſo 6320 Millionen Mk. Bei dieſen Schätzungen müſſe noch in Be— tracht gezogen werden, daß das Reich bis um 05 Mill. Mk. mehr Einnahmeausfälle haben önne. Der Geſamtfehlbetrag 1930 werde ins⸗ geſamt eine Milliarde nicht überſteigen, der Fehlbetrag des außerordentlichen Haus⸗ halts zudem 330 Millionen Mk betragen. Der Kaſſenbedarf des Reiches der Ende März 1931 rund 1780 Millionen Mk ſein werde, könne durch die normalen Deckungsmit⸗ tel, die Begebung von Schatzanweiſungen und den im Dezember genehmigten Ueberbrük⸗ kungskredit von 530 Millionen abgedeckt werden. Entſcheidend ſei die Frange ob der Haus⸗ halt 1931 auf geſicherter Grundlage beruhe. Zwar ſei er durch die bekannten Maßnahmen feſter fundiert, doch werde in den geſchätzten Steuereinnahmen eine Gefahrenquelle vermutet. Ungünſtigenfalls würde der Steuerausfall gegen⸗ über dem Soll 200 bis 300 Millionen betragen, aber bei der noch unüberſichtlichen Wirtſchafts⸗ lage halte er, der Miniſter, es nicht für richtig, dieſen möglichen Fehl⸗ betrag jetzt ſchon durch Steuererhöhungen zu decken. Steuern auf Vorra zu ſchafſen wäre gerade das Verkehrteſte. Viel beſſer würde es ſein, wenn ſich weitere Streichun gs möglichheite naus⸗ nutzen laßan könnten, die der Mipiſer im Laufe ſeiner Ausführungen andeutete. Die Ueberwei⸗ ſungen an die Länder, die Kriegslaſten, Reichs⸗ ſchuld, Penſionen und Perſonalbezüge müßten hierbei aber ausſcheiden, wie auch die Ausgaben für die Kriegsbeſchädigten die Sozialverſicherung und die Kriſenfürſorge. Es blieben alſo nur die Wehrausgaben und die rund 40 Millionen Mk. ſonſtigen Ausgaben für eventuelle Kürzungen übrig. Vom Erfolg der Maßnahmen zur Ankur⸗ belung der Wirtſchaft hänge es ab, ob der im Haushaltsplan zum Ausdruck kommende gemäßigte Optimismus gerechtfertigt ſei. Die rund 600 000 Wohlfahrtserwerbsloſen bilde⸗ ten weiter eine Gefahrenquelle für die öffent⸗ lichen Haushalte. Die Gemeinden müßten trotz der neuen Einnahmequellen noch ſtärler ſparen, bei unverſchulbeten Schwierigkeiten aber die Län⸗ der eingreifen. Der Miniſter kündigte an, daß er in den nächſten Tagen einen Ergänzungsetat vorlegen werde, der hauptſächlich die vom Reichs⸗ rat vorgenommenen Globalabſtriche auf die ein⸗ zelnen Titel verteile. Der Perſonalbeſtand der Miniſterien ſolle um 10 Prozent gekürzt werden. Zum Schuß betonte Dr. Dietrich nochmals die Abhängigkeit des Haushalts von der Wirtſchaftslage, hauptſächlich der im Innern. Mit Gewaltmitteln laſſe ſich dieſe Wirtſchaftsdepreſſion aber nicht bekämpfen. 5 Vor der Rede des Reichsfinanzminiſters hatte der Ausſchuß den Arbeitsplan für die Etat⸗ beratung feſtgelegt. Die finanzvolitiſche Aus⸗ ſprache wird am Mittwoch und Donnerstag er⸗ folgen, das Referat über den Haushalt des Wirtſchaftsminiſteriums hat für den ausgeſchie⸗ denen Abg. Feder(NS) deſſen Fraktionskollege Reinhardt übernommen. Die Ausſprache leitete Abg. Hergt (DN) mit einer Kritik der Ausführungen des Miniſters ein. In ihnen ſei die Tendenz des Niederganges der deutſchen Wirtſchaft nicht ent⸗ halten, was bei ihrem unmittelbaren Zuſam⸗ menhang mit den Mounglaſten umſo be⸗ dauerlicher ſei.— Der Redner wandte ſich entſchieden gegen die Schlußfolgerungen des Miniſters. Ungeheuerlich ſei die Verſchlechterung des Reichsvermödensſtandes; trotzdem betonte die Regierung den Auslande gegenüber in keiner Weiſe dieſe Tatſache. Auch der kommnniſtſſche Redner Dr. Neu⸗ bauer begzrichnete den finanziellen und wirt⸗ ſchaftlichen Niedergang Deutſchlands als eine Kataſtrophe. Die zur Linderung angewandten Mittelchen ſeien vollig unzureichend, die Preis- abhauaktion ſei goſcheitert. Verhandlungen über Luftverkehrsſrage Berlin, 14. Jan. Am 15. und 16. Janua finden in München zwiſchen den Vertretern der deutſchen, öſterreichiſchen und italieniſchen zivilen Luftfahrtbehörden Verhandlungen über gemeinſame Luftverkehrsfragen, insbeſondere über den Ausbau des die drei Länder berüh⸗ renden Luftſtreckennetzes und Flugſicherungs⸗ dienſtes ſtatt Ein Bruder des Schmugglerkönigs Jack Diamond berhuſꝛet. Innsbruck, 14. Jan. Der ameritaniſche Staatsangehörige John Diamond wurde in Steinach am Brenner feſtgenommen und der hieſigen Landespolizei übergeben, da er von den amerikaniſchen Behörden wegen einer beim Alkoholſchmuggel angeblich begangenen Gewalt⸗ tat geſucht wird. Diamond, der vorgibt, der Bruder des amerikaniſchen Alkoholſchmuggler⸗ königs zu ſein, hat vor einigen Wochen Amerita verlaſſen und Frankreich, Deutſchland und Oeſterreich bereiſt. Von Wien aus hatte er ſich nach Innsbruck zegeben, um über den Bren⸗ ner nach Italien„ reiſen. Er gibt ohne wer⸗ teres zu. Alkoholſchmuggler zu ſein. Sollten die amerikaniſchen Behörden ſeine Auslieferung nicht fordern, ſo wird er über die öſterreichiſche Grenze abgeſchoben werden. Aenderung der deutſch⸗franzöſiſchen Ueberein⸗ kommen über den Warenaustauſch mit dem Snargebiet. wib Paris, 14. Jan. Die franzöſiſche Regie⸗ rung hat in der Kammer einen Geſetzentwurf eingebracht durch den ein Briefmechſel gebilligt werden ſoll, der das zwiſchen Deutſchland und Frankreich über den Warenaustauſch des Saar⸗ gebietes mit dem deutſchen Zollgebiet zu tref⸗ fende Abkommen vom 23. Februar 1928 in ge⸗ wiſſen Punkten abändert und ergänzt. Die Ab⸗ änderungen bezieben ſich vor allem auf die Aus⸗ fuhr von ſaarländiſchem Mehl. Für die Einfuhr von ſaarlänküſchem Mehl nach Deutſchland ſollen die Einfuhrzölle erhöbt werden. um die Propor⸗ tion»aihen dieſem Zollſatz und den Zöllen für die Einfuhr von anderen Ländern zu wahren. Die Aenderungen beziehen ſich ferner auch auf die Aus⸗ und Einfuhr von Zement, die Ausfuhr von Benzol und die Einfuhr von gewalzten guß⸗ eiſernen Zylindern uſw. Ouſtric will nicht vor dem parlamentariſchen Unterſuchungsausſchuß ausſagen. Paris, 14. Jan. Wie der„Matin“ berichtet, habe der parlamentariſche Unterſuchungsaus⸗ ſchuß. der ſich mit dem Fall Ouſtric beſchäftigt, den Wunſch geäußert den Bankier Ouſt ric ſelbſt zu verhören. Dieſer habe daraufhin an den Anterſuchungsrichter einen Brief für den parlamentariſchen Unterſuchungsausſchuß über⸗ reichen laſſen, in dem er ſich weigert vor dem Anterſuchungsausſchuß zu erſcheinen, da er„ur vor dem Unterſuchungsrichter auszuſagen habe. Der Anterſuchungsrichter ſelbſt weigerte ſich dieſen Brief an den parlamentariſchen Unter⸗ ſuchungsausſchuß weiterzuleiten, um keine Kok⸗ liſion zwiſchen der gerichtlichen und parlamen⸗ tariſchen Unterſuchung aufkommen zu laſſen. Ouſtric habe darauf jedoch durch einen ſeiner Verteidiger den Inhalt des Briefes dem Vor⸗ ſitzenden des parlamentariſchen Unterſuchungs⸗ ausſchuſſes direkt zuſtellen laſſen. — Vier Exdeputierte zu Geſängnis verurteitt. Warſchau, 14. Jan. Der Prozeß gegen dle der kommuniſtiſchen Verſchwörung angeklagten ehemaligen Abgeordneten der Weiß⸗ruſſiſchen Bauern⸗ und Arbeiterpartei iſt zu Ende ge⸗ gangen. Das Gericht hat die vier Abgeordneten zu je 8 Jahren Gefängnis verurteilt. 0 h 0 Schwester Gerlinde Roman von Anny Wothe. (Nachdruck verboten.) 61. Fortſetzung. Graf Hark hatte das Fenſter geöffnet. Still und feierlich lag die weiße Welt im Sternen⸗ gefunkel. Von dem kleinen Frieſendorf klangen die Weihnachtsglocken herüber, und ganz fern gleißte wie ein ſchimmerndes Kleinod im Sil⸗ berlicht des Mondes Hallig Hooge. Gerade über dem kleinen Eiland ſtand ein leuchtender Stern. Das Leben auf der Borſumburg hatte jetzt ein ganz anderes Geſicht wie früher, und doch konnte Hark von Borſum⸗Gött den dumpfen Druck nicht los werden, der all ſein Tun und Denken hemmte. Wenn auch ſein Herz von tiefer Glückſeligkeit erfüllt war, daß er ſeine Kinder wieder hatte, daß ſelbſt die ſtörriſche Winifred faſt alle Tage allein oder mit ihrem Mann zu ihm herüberkam und ſeine Geſell⸗ ſchaft ſuchte, wenn auch Sölve ſo lieb und an⸗ ſchmiegend war und Klaus täglich Fortſchritte in ſeiner Geneſung machte— ein wehes Schmerzgefühl wollte doch nicht von ihm wei⸗ chen. War es immer doch die ſchreckliche Ver⸗ gangenheit, die er nie völlig würde abſchütteln können, die wohl immer als Schatten in ſei⸗ nem Leben blieb, was ihn ſo quälte? Er grü⸗ belte fortgeſetzt darüber nach, dann aber wußte er es: den Gedanken konnte er nicht ertragen, daß er Schweſter Gerlinde bald miſſen ſollte, dieſe Gewißheit war's, die ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Nur wenig ie neue Pflege⸗ g rin würde Schweſter Gerlindes Stelle einneh⸗ men. Die Oberin des Schweſternhauſes, dem Gerlinde angehörte, hatte den Erſatz berczts angekündigt. Schweſter Gerlinde ſollte, wie die Oberin ſchrieb, erſt in irgend einem Kurort ſich einige Wochen erholen, bevor ſie eine neue Pflege antrat. Hark hatte das ganz beſtimmte Gefühl, daß Schweſter Gerlinde, wenn ſie gewollt und bei ihrer Oberin entſpechende Schritte getan, noch hätte bleiben können. Sie wollte alſo nicht bleiben. Ein wilder Aufruhr war in ſeinem In⸗ nern. Er fand nicht Ruhe und Raſt, nicht mal ſeine Spielſtunden mit Klaus konnten die wir⸗ ren Gedanken in ſeiner Bruſt beſchwichtigen. Jeden Tag nahm er ſich vor, mit Schweſter Gerlinde ein offenes Wort zu reden, aber wenn er ihr dann gegenüberſtand und in ihr ruhiges, wie er meinte, jetzt viel ernſteres Ant⸗ litz ſah, da verging ihm gründlich aller Mut. Eines Tages hatte er eine längere Unterre⸗ dung mit ſeiner Mutter. Die alte Frau hatte rotgeränderte Augen, als er von ihr ging. Sie nickte ihm aber auf⸗ munternd zu, als er ſich an der Tür noch ein⸗ mal zu ihr zurückwandte. b Noch an demſelben Tage ſchrieb er an die Diakoniſſin: „Liebe Schweſter Gerlinde! Sie werden erſtaunt ſein, dieſe Zeilen von mir zu erhalten, wo ich doch alle Tage Gele⸗ genheit habe, Sie zu ſprechen. Aber ich fürchte, Sie würden mich nicht zu Ende reden laſſen, wenn ich Ihnen meines Herzens Sehnen offen⸗ bare und was ich Sie fragen möchte Ich liebe Sie, Schwe rlir ſen es längſt. Ich las es in Ihren Augen, wenn Ihr Blick beſorgt und forſchend auf mir ruhte. Immer glaubte ich dann, daß auch ich Ihnen nicht gleichgültig ſei. Es iſt vielleicht vermeſſen von mir, daß ich zwanzig Jahre mehr zähle als Sie, zu glauben, daß Ihr jun⸗ ges Herz ſich mir zuneigt. Aber ich weiß, daß Sie, liebe Schweſter, durch eine ernſte Lebens⸗ ſchule gegangen ſind, und daß Sie trotz Ihres ſonnigen Gemüts und jugendlichen Frohſinns, wie keine andere geſchaffen ſind, einem ſchwer⸗ geprüften Manne die Lebensgefährtin zu ſein, die in Treue zu ihm hält in guten und böſe⸗ Tagen. Werden Sie meine Frau, Schweſter Ger⸗ linde!— Kein Gelöbnis bindet Sie an den Beruf, den Sie ſo freudig mit Hintanſetzung Ihres eigenen Ichs ſo ſelbſtlos ausüben. Sie brau⸗ chen ja darum Ihren liebgewordenen Pflichten nicht zu entſagen. Um die Borſumburg herum, in den Frieſendörfern und auf den einſamen Halligen im Meer, da gibt es überall zu pfle⸗ gen und zu helfen. Laſſen Sie uns gemeinſam anderen Gutes tun. Laſſen Sie mich Ihr Weg⸗ genoſſe ſein, im Leben und im Sterben. Gern möchte ich Ihnen noch von meiner Liebe reden, von meiner tiefen, großen, leiden⸗ ſchaftlichen Liebe, die mein Herz, das ſo lange einſam war, wie ein Sturmwind durchſchüttert, aber es dünkt mich faſt wie eine Entweihung, ſolange Sie, Gerlinde, noch die Schweſternhau⸗ be tragen. Erlöſen Sie mich bald durch ein paar Worte. Immer Ihr getreuer Hark von Borſum⸗Gött.“ mach und las den Brief, den ihr die Trud mit einem ſeltſamen, verkniffenen Geſicht gebracht. Draußen raſten die erſten Frühlingsſtürme um die Burg und peitſchten die Meereswellen zu ungebändigter Wildheit. Seidig ſchimmerten ſchon die Knoſpen der Weiden. Wie Frühlings⸗ ahnen ging es durch die Welt. Nur Schweſtar Gerlinde ſaß müde, den Kopf tief über den Brief gebeugt, und eine Träne nach der ande⸗ ren fiel auf das Briefblatt mit dem Wappen der Borſumer. Zuerſt, als ſie den Brief in Händen hielt, da hatte ſie einen Augenblick hell aufgejauch Lachend und weinend hatte ſie ſich die we Schweſternhaube vom Haupte geriſſen, und dunkle Lockenfülle hatte in feſſelloſer Freih: ſie faſt übermütig umkoſt. Dann aber war plötzlich tief erſchreckt zuſammengeſunken. Met ſchweren Füßen war ſie aufgeſtanden, langſam hatte ſie die weiße Haube vom Boden aufge⸗ nommen, ſorglich hatte ſie das mißhandelte Zeichen ihrer Würde geglättet und dann die 1 wieder feſt um das junge Haupt gebun⸗ en. 5 „Meine geliebte Haube“, flüſterte ſie,„du Schutzwehr in allen Nöten, du Schirm und Halt in allem Schmerz meines Lebens, dir wollte ich untreu werden? Pfui, ſchäme dich, Gerlin⸗ de“, tadelte ſie ſich dann ſelbſt mit einem we⸗ hen Lächeln um den Mund, und dann ſchritt ſie zu ihrem Schreibtiſch, und ohne die Feder abzuſetzen ſchrieb ſie in großen, ſteilen Buch⸗ ſtaben ihre Antwort: Gortſetzung folgt.) ſcherin von Unoarn hingerichtet Frau Kardos(stehend) bei einer ihrer letzten Ausſagen vor Gericht. Der große Giftmiſcherinnenprozeß von Ungarn fand ſein Ende mit der Hinrichtung der Anſtif⸗ terin, Marie Kardos, die ihren Sohn und ihren Ehemann vergiftet hatte. 9 Gerichtszeitung Binningen, 13. Jan. Ein Denkzettel. Am 24. März 1930 iſt bei der Staatsanwaltſchaft in Zweibrücken ein anonymer Brief eingelaufen, der das Datum 27. Februar trug. In dieſem Brief wird der Kirchendiener Jakob Weber in Luthers⸗ brunn beſchuldigt, ein Nebengebäude des Schul⸗ hauſes in Luthersbrunn angezündet zu haben. Weiter heißt es in die Brief, es ſei traurig, baß man Weber noch herumlaufen laſſe uſw. Weber erſtattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Bei den Nochforſchungen fiel der Verdacht auf den heutigen Angeklagten Wilhelm Schneider, geb. 1893, verh., Händler in Vinninen. Er hatte ſich auch um die ausgeſchriebene Kirchendienerſtelle beworben, ſie jedoch nicht erhalten. In der Vor⸗ unterſuchung leugnete er, der Briefſchreiber zu ſein. Es wurden dadurch umfangreiche Erhebun⸗ gen nötig, die einwandfrei den Beweis erbrach⸗ ten, daß als Täter nur der Angeklagte in Frage kommen kann. In der geſtrigen Sitzung vor dem Amtsgericht Pirmaſens gab er endlich zu, den Brief geſchrieben zu haben. Als Grund gab er an, er habe geglaubt, durch ſeine Anzeige würde ein Verfahren gegen Weber eingeleitet werden, daß dadurch die Stelle des Kirchendieners frei und er dann die Stelle erhalten würde. Wegen eines Vergehens der üblen Nachrede wurde er zu zwei Monaten Gefängnis und den erheblichen Koſten verurteilt. 2 Welterbericht. In ganz Deutſchland herrſcht weiterhin leichter Froſt und vielfach kommt es au Schneeſällen. Da zunächſt von Weſten her Druckanſtieg vordringt, können wir auf ergiebige Schneefälle nicht mehr rechnen. Bei wieder auf⸗ klarendem Himmel wird aber der Froſt wieder erheblich. anziehen. Auf dem nördlichen Atlantik iſt inzwiſchen ein neuer kräftiger Warmluftvor⸗ ſtoß im Gange. Mildes Abführmiſtel. porn. ch. BRAUN Schweizerpillen Schachrel, Ak- 50 ILE g Lokales Schützt die Tiere! Der Sachverſtändige für Vogelſchutz in Bayern hat unlängſt in einem Pfälzer Blatte mit beweglichen Worten die Pfäl⸗ zer Bevölkerung zum Kampfe gegen das Weg⸗ fangen und Abſchießen nützlicher, geſetzlich ge— ſchützter Vögel aufgerufen. Auch in anderen Städten beſteht aller Grund, ſich gegen die un⸗ ſinnige Schießerei auf Vögel und Katzen, die Sport zu werden droht, mit allem Nachdruck zu wenden. Zumeiſt ſind es Burſchen in ganz un⸗ reifem Alter, die ſich ihre Zeit anſcheinend nicht beſſer vertreiben können als dadurch, daß ſie mit Flobert- und Luſidruckgewehren alles, was ih— nen ins Geſicht kommt, anſchießen und minde⸗ ſtens grauſam quälen, wenn die Tiere nicht ſo— fort den Tod erleiden. Daß bei dieſer Schießerei auch Kinder und Erwachſene ernſtlich gefährdet ſind, iſt mit ein Grund, dieſe Unart als höchſt bedenklich zu verwerfen. Unverſtändlich iſt nur, daß die Eltern ſolcher Jugens nicht Bedenken tragen, ihren Angehörigen ein Gewehr, und ſei es auch nur ein Luftdruckgewehr, zum Spielen zu überlaſſen. Tragen ſie doch die Verantwortung und die zivilrechtliche Haftpflicht, wenn aus der Spielerei ein ernſtlicher Unglücksfall entſteht.— Alle verſtändig denkenden und mitkühlenden Menſchen werden gebeten, der unvernünftigen Schießerei bei jeder ſich bietenden Gelegenheit entſchieden entgegenzutreten, eventuell der Poli— zei ſofort Anzeige zu erſtatten. Pou der Zentrumspartei. Den Mitgliedern des Ortsausſchuſſes zur gefl. Kenntnis, daß die für heute abend angeſetzte Sitzung im Kettelerſälchen umſtändehalber ausfällt. * Holzverſteigerung Morgen Freitag, den 16. Jan. Vorm. 8½ Uhr wird im Freiſchütz durch das hieſige Forſtamt verſchiedene Sorten Brenn- u. Nutzholz verſteigert. Wir machen die Intereſſenten hierauf aufmerkſam. * Samariter-Kolonne. Nachdem das Geſchäftsjahr 1930 abgelaufen war, fand am Sonntag, den 11. 1. 31 unſere diesjährige Gene- ralverſammlung ſtatt. Der Vorſitzende eröffnete um ½3 Uhr die Verſammlung, welche ſich eines guten Beſuches erfreuen konnte. Aus dem Jahres- bericht war zu erſehen, daß die Kolonne trotz wirt- ſchaftlicher Notlage ihr Verſprechen im Dienſte der Nächſtenliebe hoch hielt. Es wurden 55 Kranken- transporte ausgeführt. Weibliche Perſonen 35; männliche 20. Dienſt bei Vereinsfeſtlichkeiten und Sport 28 mal, dazu wurden benötigt 111 Männer und 9 Frauen. Geſamtdienſt 414 Stunden. Bei Sport-, Haus- und Straßen⸗Unfällen wurden 244 Perſonen erſte Hilfe geleiſtet. Oeffentliche Uebun⸗ gen 1. Bei Punkt Kaſſenbericht war zu erſehen, daß trotz der enormen Auslagen die die Kolonne durch ihre Hilfeleiſtung hatte, dank der Opferwillig⸗ keit der Gemeinde-Behörde, der Einwohnerſchaft und der uns unterſtützenden Vereinen, noch ein ganz ſchöner Kaſſenbeſtand zu verzeichnen war. Da die Kolonne von Jahr zu Jahr Mitglieder-Zuwachs zu verzeichnen hat, iſt ein Beweis, daß wir über⸗ all guten Anklang gefunden haben. Beſonders möchten wir noch auf unſere Kurs⸗Abende in Krankenpflege und erſte Hilfeleiſtung hinweiſen, welche jeden Montag, abends 8 Uhr in der Goethe— Schule ſtattfinden. J. H. Filmſchau M. T. Filmpalaſt. Reichsarbeitsminiſter über 8 218: Am 16. Januar 1930 erklärte der Reichsarbeitsminiſter Rudolf Wiſſell gelegentlich einer großen Kundge— bung gegen den 8 218 im Gebäude des Reichs- wirtſchaftsrates folgendes:„Die gegenwärtige ſtraf⸗ rechtliche Behandlung der Abtreibung hat eine völlig unhaltbare, innerlich unwahre Lage geſchaffen... Dem Arzt muß das Recht, die Abtreibung vorzu⸗ nehmen, auch dann eingeräumt werden, wenn für die Frau aus ſozialen Gründen die Unmöglichkeit vorliegt, geſunde Kinder aufzuziehen und als Mutter ſelbſt geſund zu bleiben...“ Dieſen Standpunkt verficht auch das berühmte Theaterſtück„Cyankali“ von Dr. med. Friedrich Wolf, nach dem jetzt durch die Atlantis Film G. m. b. H. ein gleichnamiger Sprechfilm gedreht wurde, der im Reich ſeine Stim— me erheben ſoll für die Abſchaffung oder mindeſtens für die Reform dieſes furchtbarſten aller Paragra⸗ phen. Der Sprechfilm„Cyankali“ erſcheint ab heute im U. T. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder- u. Generalverſammlungen u.Singſtunden Mäunergeſang Verein. Donnerstag Abend 8 Uhr Singſtunde für 2. Baß halb 9 Uhr alle Stim⸗ men. Der Präſident. G.⸗V.⸗„Flora“. ſtunde für Bäſſe. Freitag, Abend 7 Uhr Sing— 8 Uhr für Tenöre. Der Vorſtand. G.⸗V.„Sängerbund.“ abend 8 Uhr Singſtunde. Der Vorſtand. Geſang⸗Verein„Sängertrene“. Samstag Abend um 8 Uhr Zuſammenkunft der Sänger zwecks Darbringung eines Ständchens Sonntag vormittag um 10 Uhr Singſtuude. Kein Sänger fehle. Der Vorſtand. Verein der Hundefreunde. Der Verein der Hunde— freunde und die Ortsgruppe für Deutſche Schäfer⸗ hunde halten am Freitag, den 16. Januar abends 8 Uhr in Vereinslokal eine Vorſtandsſitzung ab. Tagesordnung wird im Lokal bekanntgegeben. Dain dieſer Sitzung beiderſeitige wichtige Angelegen— heiten beſprochen werden müſſen, wird vollzäh— liges Erſcheinen der Vorſtandsmitglieder erwartet Der Vorſtand. Chriſtl. Metallarbeiterverband, Ortsgr. Viernheim, Sonntag, den 18. Januar, nachmittags ½2 Uhr halten wir im Gaſthaus zum Löwen unſere dies- jährige Generalverſammlung ab. Es zählt zur Ehrenpflicht aller Mitglieder, ſich einzufinden. Der Vorſtand: Reichsbund der Kriegsbeſchädigten, ehem. Kriegs- teilnehmer und Kriegerhinterbliebenen, Ortsgr. Viernheim. Sonntag, den 18. Januar l. Is., nachmittags 3 Uhr, im Karpfen(Ebertſälchen! Generalverſammlung. Tagesordnung: 1. Jahres- bericht, 2. Kaſſenbericht, 3. Entlaſtung und Neu⸗ wahl des Vorſtandes, 4. Verſchiedenes. Voll⸗ zähliges und pünktliches Erſcheinen aller Mit- glieder erwartet Der Vorſtand. Radfahrer⸗Verein„Eintracht“. Sonntag, den 18. Januar mittags 3 Uhr im Gaſthaus zum „Neuen Bahnhof“ bei Mitglied Mich. Falter- mann Vorſtandsſitzung. Die Vorſtandsmitglieder werden mit dem Erſuchen um vollzähliges Er— ſcheinen, freundlichſt eingeladen. D. Vorſitzende. Chriſtl. Fabrikarbeiterverband. Sonntag, den 18. Januar, nachm. 1 Uhr findet im Gaſthaus zum„halben Mond“ eine dringende Vorſtands- ſitzung ſtatt. Hierbei hat auch der Jugendvor— ſtand zu erſcheinen. Der Wichtigkeit wegen, bitte ich um pünktliches und reſtloſes Erſcheinen. Müller. Freitag * 0 ee 7 7 h Fa Neno ue. lee Nu Der Stolz der Eltern Die Tausende von Altesten zeigen, daß es sich bei Scott um ein besonderes Stärkungs- mittel handelt. Millionen Flaschen werden in den Kulturländern mit bestem Erfolg verbraucht. Scott ist kein chemisches Produl., sondern enthält die natürlichen Nährstoſſe, in leicht assimilierbarer Form. Verlange nur Original Scott in allen Apotheken und Drogerien. Depots: Apotheke Weitzel Ratnaus-Drogerie Moskopp Sport⸗Inſerate Unter dieſer Rubrik erſcheinen die Pauſchal⸗ Inſerate der ſporttreibenden Vereine. Sportogg. Amicitia 09 E. V. Sonntag, den 18. Januar 1931 Waldſport platz: Großes Ligaverbandsſpiel V. f. T. u. R. Feudenheim 1. gegen Sportvgg. Amicitia 09 1. Beginn halb 3 Uhr; vorher unt. Mannſch. 3. Mannſch. 11 Uhr und 2. Mannſch. halb 1 Uhr. Jugendſpiele werden am Freitag Abend im Lokal bekanntgegeben. Unſeren ſämtlichen Spielern wird bekanntge⸗ geben, ſich im Laufe der nächſten Woche beim Sportarzt koſtenlos unterſuchen zu laſſen. Diejenigen, die ſich hierfür intereſſieren wer⸗ den am Freitag Abend 8 Uhr in das Lokal gebeten. Am Freitag Abend 8 Uhr Spiel- ausſchuß im Lokal. Die Sportleitnung. Gebetzeiten der jüd. Gemeinde 17. Jan. 28. Tewes Sabbat⸗Anfang 4,35 Uhr 5 Morgen 8,30 Uhr 15 Nachm. 3,30 Uhr „ Abend 5,45„ Wochentag⸗Abend 6,30„ „ Morgen 7,00„ Roſch⸗Chodeſch Rch'wat iſt Montag. Morgen Freitag vorm. von 8 Uhr ab la hausgemachte Fleisch U. Wurst zu haben bei Joh. Gg. Dewald Bertholdus Pfenninghſtr. 6 CTTTFTGTCTTTTTTTGTTTVTTVTTTTVTTTVTVVVTVTVTTV* ee ee 3— 1 8 Schwester Gerlinde Roman von Anny Wothe. (Nachdruck verboten.) 62. Fortſetzung. „Sehr geehrter Herr Graf! Es würde eine Lüge ſein, wenn ich Ihnen ſage, daß mich Ihr ehrender Antrag überraſcht hat. Nein,— ich habe ihn kommen ſehen. Und dies iſt auch der Grund, daß ich— da mich nun hier niemand mehr wirklich braucht— jetzt die Borſumburg verlaſſe. Ich ſchäme mich nicht, einzugeſtehen, daß es mir ſchwer, ſehr ſchwer fällt— zu ſcheiden. Nicht nur von Ihrer ver⸗ ehrten Frau Mutter, von Ihren Kindern, de⸗ ren Liebe ich mir zu erringen vermochte, es tut mir auch weh, Sie allein laſſen zu müſ⸗ ſen, der ſoeben erſt, wenn ich ſo ſagen darf, aus dunkler Grabesnacht zu einem neuen Leben erſtanden. Ich kann aber nicht anders! Di kann nicht fahnenflüchtig werden. Mein Beruf, der mir, der kaum den Kin⸗ derſchuhen Entwachſenen, Schutzloſen, Verwai⸗ ſten ſoviel gegeben, der fordert mich— ich darf ihm nicht mit Untreue lohnen. Seien Sie ver⸗ ſichert, daß ich Ihrer immer in herzlicher Freundſchaft und Dankbarkeit gedenken werde, und machen Sie mir das Scheiden, das ſo tahe iſt, nicht allzu ſchwer. 5 e Schweſter Gerlinde.“ Die Trud übermittelte Schweſter Gerlindes Antwort dem Grafen. Feierlich legte ſie ihm den Brief auf den Schreibtiſch. Er erkannte in demſelben Augenblick ſein Schickſal. Als er ſich endlich dazu verſtand, den Brief zu leſen, da war ihm, als ſei rings um ihn her die Welt verſunken. Ein paarmal ſtöhnte er tief und ſchmerzlich. Dann aber ſprang er leidenſchaftlich erregt auf und das Briefblatt zornig zuſammenballend, rief er faſt laut: „Auge in Auge ſoll ſie mir Rede ſtehen, Auge in Auge ſoll ſie mir ſagen, ob ihre Blicke mir logen. Ich weiß, ſie liebt mich. Auch ihr Herz verlangt nach dem meinen. Was wäre das aber für eine Liebe, die nicht Opfer brin⸗ gen kann? Einem Menſchen alles zu ſein, ſein Himmel, ſeine Welt, ſein Leben, iſt vielleicht doch noch mehr wert, als der Allgemeinheit zu nützen.“ Stolz erhob er ſein Haupt. „Ich werde dich doch noch erringen, Gerlin— de“, ſprach er langſam vor ſich hin, und in ſei— ne Augen kam ein Leuchten.„Wenn du mich liebſt, biſt du auch mein!“ Er kam heute nicht zur Abendmahlzeit in den Speiſeſaal, was er in letzter Zeit ſonſt im⸗ mer regelmäßig tat, ſondern fuhr in dem brau⸗ ſenden Frühlingsſturm hinaus aufs Meer. Der Wind heulte in dem Takelwerk ſeines Bootes. Zu Bergen wuchſen die Wogen, aber ſein klares, graues Auge ſah hell und zuver⸗ ſichtlich in die Weite, und mit nerviger Fauſt packte er das Segel. Und während er mutig borwärts ſchaute, kamen ihm die Worte in den Sinn, die er noch geſtern zu Schweſter Gerlin⸗ de geſprochen: Das Land, das da hinten ſtill verſinkt War ſchläfrig und verdroſſen; Das neue, das uns morgen winkfnt Hält Zaubergold umfloſſen. 8 Ueber die Weide ſtrich der Lenzwind, und über dem Eichenkamp, dicht vor dem kleinen Frieſendorf mit den niederen roten Häuſern, deren graugrüne Dächer wie weiche Sammet— kappen leuchten, lag die Sonne. Im Eichenkamp war es ſtill und heimlich. Die großen Zimmer in ihrer altväteriſchen Pracht, voll behaglicher Eleganz, hatten etwas Feudales und doch Urgemütliches. Ganz ſo, wie es zu dem Beſitzer des Eichenkamps paßte. Söderborg war ein ſtrenger und gerechter Herr, aber auch gütig und unwiderſtehlich lie— benswürdig. Und wenn er lachte, gingen ſeine Leute für ihn durchs Feuer. Winifred hieß das„ſich gemein machen“. Sie ging durch das Haus wie ein verwunſche— nes Feenkind, das nur als flüchtiger Gaſt hier weilte. Sie brachte jetzt oft ganze Tage auf der Borſumburg zu. Sie konnte es oft kaum erwar— ten, ihr Vaterhaus wiederzuſehen. Manchmal jagte ſie noch am ſpäten Abend auf ihrem Rappen über die Heide, oder ſie ritt ſchon am frühen Morgen herüber, um den Tag auf der Borſumburg zu verleben. Dirck ließ VMinifred ruhig gewähren. Aber er kam tagtäglich ganz ſelbſtverſtändlich, ſie heimzuholen. Um ihrem Vaterhauſe zu entfliehen, war ſie Söderborgs Frau geworden. Und jetzt ſuch— te ſie ihr Vaterhaus, weil ihr das Haus ihres Mannes unerträglich geworden, ein blanker Käfig, in dem er ſie, trotz aller ſcheinbaren Freiheit, gefeſſelt hielt. Nein, nicht nur darum kam ſie in die Bor⸗ ſumburg. Ihr Herz zog ſie auch zu den Ihren, beſonders aber zu ihrem Vater, der es ver— ſtand, tauſend feine Dinge in ihrem Herzen wachzurufen, die bisher in ihrer jungen Seele verkümmert waren. Dann machte es ihr auch Freude, an Sölves Ausſteuer mit Hand anzu⸗ legen, alles auszuſuchen und zu beraten. Oft ſpürte Winifred dann wohl ein heißes Weh in der Bruſt. Wie wenig Intereſſe hatte ſie für ihre eigene Ausſteuer gehabt. Endlich aber war es Schweſter Gerlinde, die ſie mächtig anzog. Immer ſand ſie Gerlin— de bei dem kleinen Bruder. Oft ſchritt ſie auch Arm in Arm mit Schwe— ſter Gerlinde in ernſten Geſpächen über die Heide oder den Strand entlang. Auch auf Hal⸗— lig Hooge waren ſie ſchon verſchiedene Male zufammen eingekehrt, um den pausbackigen Jungen zu bewundern, der im Paſtorenhauſe eingerückt war. Lächelnd hatte ſie den Stolz und das Glück der Eltern mit angeſehen. Aber ein leiſes Weh wollte ſie doch beſchleichen, wenn ſie ſich ſagte: „Du wirſt nie ein Kind dein eigen nennen, du wirſt immer einſam ſein.“ Bei den Wanderungen mit Schweſter Ger— linde durch die frühlingsduftende Welt fiel manches Goldkörnlein in Winifreds Seele.— Schweſter Gerlinde verſtand es ſo meiſterlich, das trotzige Weſen der jungen Frau unmerklich auf ſanfte Bahnen zu lenken, ihr ſtürmiſches Gemüt zu zügeln. Aber die Abreiſe der Schwe— ſter rückte immer näher, und Winifred war es als müſſe mit dieſem Zeitpunkt alles um ſie her verſinken. Mit Dirck hatte ſie gar keine Fühlung. Es kränkte ſie auch, daß er ſich nicht die geringſte Mühe gab, ſie zu erobern. Immer dieſes freundliche Gleichmaß von Liebenswürdigkeit. das ihr ſo zuwider war. Auch Aufmerkſamkei⸗ ten aller Art blieb er nicht ſchuldig. Er ließ ihr auch jeden Willen— ſcheinbar— aber Wi⸗ nifred empfand doch ſeine ſtarke Hand wie eine unerhörte Beſchränkung ihrer perſönlichen Rechte. (Fortſetzung ſolgt.)