5 Lokale Nachrichten »Marianiſche Jünglings⸗Sodalität. Der ungünſtigen Zeit zufolge muß unſere General- verſammlung nochmals verſchoben werden u. findet uun beſtimmt am 24. ds. Mts. ſtatt. Wir bitten die Mitglieder heute ſchon ſich dieſen Abend frei zu halten. * Radfahrer Perein„Eintracht“. Auſeren Mitgliedern zur Kenntnis, daß der für Sonntag beſchloſſene Kappenabend umſtändehalber am Samstag abend ſtattfindet. * Club der Gemütlichen 1915. Am Sonntag Abend hielt der Club der Gemütlichen im Lokal zum Anker ſeine diesjährige Schlußſitzung ab. Unter den Klängen der Hauskapelle rückte der Elferrat der C. d. G., der Elferrat der fröh— lich Pfalz und der großen Karnevalsgeſellſchaft Heidelberg zwiſchen der Spalier bildende Ranzen⸗ garde Mannheim auf zum Podium. Nach beider⸗ ſeitiger Begrüßung der Karnevalsgeſellſchaften er⸗ öffnete der Präſident die Sitzung mit dem Motto: „Geld häma wie Hei, awa Hei hämer kons“, und pflanzte die Stimmung in die Herzen der anweſen— den Närrinnen und Narren. Nachdem die Vereins- humoriſten Konrad Martin u. Oskar Berg öfters die Bütte betreten haben, kam auch der Vize⸗Präſident Apel und Spindler, Mannheim, zur Geltung. Alles in allem, es war eine gut ver— laufene Schlußſitzung, die mit einem kräftigen Hu— mor in die Herzen der Anweſenden einſchlug. Es iſt zu begrüßeu, daß der C. d. G. den Karneval in Viernheim im Rahmen des Erlaubten hoch hält und die Griesgrämer in dieſer troſtloſen Zeit in Witz, Ulk und Humor aufrüttelt. Allen die im überfüllten Anker an der Sitzung teilnahmen, wird dieſer ſchöne Karneval 1931 in Viernheim in ſteter Erinnerung bleiben. Ahoi! K. M. Zehn Jahre Zentralverband der Arbeitsinvaliden Ortsgruppe Viernheim. Zur Feier des zehnjährigen Beſtehens der Ortsgruppe Viernheim im Zentralverband der Ar— beitsinvaliden und Witwen Deutſchlands hatte der Vorſtand in Verbindung mit der Gauleitung die Mitglieder nebſt Angehörigen in den feſtlich ge— ſchmückten Saal„Zum Karpfen“ eingeladen. Die Feier war außerordentlich gut beſucht und waren ca 700 Perſonen anweſend, die gleich- zeitig damit Zeugnis ablegten von dem Solidaritäts- gefühl, das die Alten und ſchon im Alltagskampf müde Gewordenen immer noch beherrſcht. Eingeleitet wurde die Feier durch den Man- dolinenklub Viernheim, der auch im weiteren Verlauf der Veranſtaltung weſentlich mit zur Ver— ſchönerung der Feier beitrug. Ebenſo hatte ſich der Volkschor, ſowie der Frauenchor von Viernheim zur Verfügung geſtellt, die es auch ver— ſtanden, den Teilnehmern einige Stunden der Freude zu bereiten. Nachdem der Volkschor das der Feier ange— * 10 an gen Haanlcep Neben qer Haupfpos: paßte Lied„Das iſt der Tag des Herrn“ in win derbarer Weiſe zum Vortrag gebracht hatte, begrüßte der Vorſitzende der Ortsgruppe, Herr Nikolaus Adler, die erſchienenen Kollegen und Gäſte, unter denen neben verſchiedenen Vertretern von auswär⸗ tigen Ortsgruppen, auch Herr Bürgermeiſter Lamberth und vom Reichsbund der Kriegsbeſchä⸗ digten, Herr L. Neff, anweſend waren. Die Feſtanſprache hielt der Gauleiter Jaxt. Er zeigte in markanter Weiſe den mächtigen Auf⸗ ſtieg der Organiſation und deren Einfluß, die be⸗ ſonders in Verbeſſerungen der Sozialgeſetzgebung und der Fürſorgegeſetzgebung unter Mitwirkung der Organiſation erreicht wurden, und wies aber auch darauf hin, was noch zu tun bleibt, um jedem im Arbeitskampf alt und grau gewordenen Menſchen eine ſorgenfreie Exiſtenz zu ermöglichen. Die Er⸗ füllung dieſes Zieles iſt umſo näher, je ſchneller es gelingt, auch den letzten Rentenempfänger der Organiſation zuzuführen. Die beſte Gewähr für die Forderungen der Organiſation erblickte der Redner im gemeinſamen Vorgehen mit den Ge— werkſchaften und der Sozialdemokratiſchen Partei, weil nur mit Unterſtützung aller an der Sozialgeſetzgebung intereſſierter Kreiſe mit Erfolg gearbeitet werden kann. Mehr als ſeither muß deshalb das Band der Solidarität und der Ge— meinſchaft zwiſchen den Gewerkſchaften, der Sozial- demokratiſchen Partei und der Organiſation der Arbeitsinvaliden, geflochten werden, um durch ge— meinſchaftlichen Kampf auch den Arbeitsopfern eine ausreichende Exiſtenz zu verſchaffen. Zur Ehrung der verſtorbenen Kolleginnen u. Kollegen erhoben ſich die Anweſenden zu einem kurzen Gedenken von ihren Plätzen, wobei der Mandolinenklub in ſehr ſtimmungsvoller Weiſe das Lied:„Ich hatt' einen Kameraden“ vortrug. Still und ſchlicht, aber umſo ergreifender für alle An— weſenden war die Totenehrung. Am Schluß ſeiner Ausführungen zeigte der Referent die gewaltigen Schwierigkeiten, die ſich im Laufe dieſes Jahres durch die geſpannte Finanz— lage des Reiches ergeben werden und wies in ein— dringlicher Weiſe darauf hin, daß es jetzt in erſter Linie gilt, das in 40jährigem zähem Kampf von der Arbeiterſchaft Errungene, zu erhalten. Mehr denn je ſind reaktionäre Kreiſe am Werk, die So⸗ zialgeſetzgebung zu zerſchlagen und ſo auch den Ar— beitsopfern den letzten Glauben an die Meunſchheit und Gerechtigkeit zu nehmen. Stärkung der Orga- niſation, Gewinnung neuer Mitglieder und feſtes Zuſammenhalten, ſei deshalb für die nächſte Zeit Pflicht all derer, die ſchon ſeit Jahren der Orga— niſation die Treue halten. Nach weiteren Geſangs- und Muſikvorträgen folgte das der Feier angepaßte Singſpiel„Greis und Kind“, das vom Lokalwirt und deſſen Tochter in ſchöner Weiſe vorgetragen wurde. Des weiteren trugen zur Verſchönerung der Feier, Frl. Hanf, ſowie die 10 und 14jährigen Kinder des 2. Vorſitzenden Herrn Mandel, mit dem der Be— deutung des Tages würdigen Prolog, bei. Ernſt mahnten die Kinder, daß auch die Alten ihrem Ver— band viel zu verdanken haben, und daß ſie ſich enger zuſammenſchließen ſollen, um ſo durch das Band der Gemeinſchaft mit dazu beitragen, die Be. ſtrebungen des Verbandes mit Erfolg durchzuführen. Hierauf nahm Gauleiter Jaxt die Ehrung der Jubilare vor, wobei er durch Ueberreichung eines kleinen Geſchenkes auch in tiefgründiger Weiſe den Dank der Organiſation ausſprach. ö Bei der Feier galt es aber auch für den ſeit⸗ herigen Vorſitzenden Abſchied zu nehmen von ſeiner ſeitherigen Tätigkeit in der Ortsgruppe, da ihn jetzt die Organiſation an eine verantwortungsvollere Stelle, als Bezirksleiter in Gießen, ſtellt Den Dank für die Ehrung ſprach im Anſchluß in tief⸗ bewegten Worten der Kollege Mandel aus und gelobte, auch für die Zukunft ſeine ganze Kraft einzuſetzen, um die Verbandsbewegung vorwärts zu treiben. Herr Bürgermeiſter Lamberth, ſowie der Vertreter des Reichsbundes, Herr Neff, wieſen ebenfalls in ſehr eindrucksvollen Worten auf die Bedeutung der Organiſation und ihre geleiſtete Ar- beit hin, wobei ſie gleichzeitig auch die der Organi⸗ ſation noch Fernſtehenden aufforderten, der Organi- ſation beizutreten, damit es endlich den gemein⸗ ſamen Beſtrebungen gelingt, die Arbeitsinvaliden aus der Fürſorge herauszunehmen und ihnen eine Rente zu verſchaffen, die ſie freimacht von dem Gefühl der Betreuung durch die Fürſorge. Im zweiten Teil der Veranſtaliung kam ein reichhaltiges buntes Programm zur Durchführung, das von Mitgliedern des Verbandes, des Volks⸗ chors und des Mandolinen⸗Klubs beſtritten wurde, und das die zahlreich erſchienenen weißhaarigen Gäſte aufs Beſte unterhielt, denen das Feſt ein wenig Freude und Sonnenſchein in ihrem ſicher ſchweren und entbehrungsreichen Lebensabend gebracht hat. Am Schluß der Feier ergriff Gauleiter Jaxt nochmals das Wort, um mit tiefempfundenen Wor⸗ ten allen Mitwirkenden, unter anderem auch den Helferinnen, die die Bewirtung mit Kuchen und Kaffee in reichlichem Ausmaß und zur ſehr großen Zufriedenheit aller Anweſenden durchführten, ſeinen Dank auszuſprechen. Mit dem Gelbbnis, auch für die Zukunft alles zu tun, um die Organiſation und auch die Ortsgruppe Viernheim weiter auszubauen, ſchloß der Redner unter ſtürmiſchem Beifall ſeine ſehr eindrucksvollen Ausführungen. f Amtlicher Teil Bekanntmachung. Nachtrag zur Polizeiverordnung vom 24. Oktober 1912, betreffend die Bekämpfung anſteckender Krankheiten. Auf Grund des Art. 64 des Geſetzes, betr. die innere Verwaltung und die Vertretung der Kreiſe und Provinzen vom 8. Juli 1911 wird mit Zuſtimmung des Kreisausſchuſſes und mit Ge— nehmigung des Miniſters ern Januar 1931 zu Nr M. d. J. 2 472 zur Po⸗ lizeiverord ung vom 24. Oktober 1912 folgender Nachtrag erlaſſen: Hinter 8 10 wird felgende Beſtimmung als § 10a eingefügt: a 8 10a. In Krankenhäuſern iſt das Küchenperſonal bei ſeinem Eintritt auf Typhus und Paratyphus, das Kinderpflegeperſonal auf Diphterie bakteriologiſch zu unterſuchen Die Unterſuchungen ſind nach Jahres⸗ friſt zu wiederholen. Es ſind darüber fortlaufende Liſten zu führen, die dem Kreisgeſundheitsamt auf Verlangen vorzulegen ſind. II Dieſer Nachtrag tritt mit der Veröffentlichung im Amtsverkündigungsblatt in Kraft. Heppenheim, den 8. Januar 1931. Heſſ. Kreisamt Heppenheim. gez. Pfeiffer. Vorſtehenden Nachtrag zur Polizeiverordnung betr. die Bekämpfung anſteckender Krankheiten bringen wir hiermit zur Kenntnis. Viernheim, den 9. Februar 1931. Heſſ. Polizeiamt: Ludwig. Lekanntmachung Betr.: Vortag über Braugerſtenbau. Die Landwirtſchaftskammer veranſtaltet heute Dienstag, abends 7¼ Uhr im Gaſthaus z. Engel ein Vortragsabend, in dem Herr Dr. Finger über das Thema„Braugerſtenbau“ ſprechen wird. Nach Mitteilung des Landwirtſchaftsamts Heppenheim ſoll am gleichen Abend noch ein zweiter Vortrag über den Spargelbau von Landwirtſchaftsrat Dr. Görlach folgen. Wir laden alle Intereſſenten zu dieſen Vorträgen ein. Viernheim, den 9. Februar. 1931 Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim: Lamberth. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Säuger ⸗Einheit. Dienstag abend 8 ¼ Uhr Sing- ſtunde.— Beſorgt euch rechtzeitig Maskenkarten. Der Vorſtand. G.⸗V.„Liederkranz“. Heute Dienstag abend Elferratsſitzung im Fürſten Alexander. D. V. Verein für Sport- und Körperpflege 1896 Unſere Uebungsſtunden finden wie folgt ſtatt: Mittwoch und Samstag: Ringen, Stemmen und Boxen; Montag und Freitag: Jiu Jitſu; Diens⸗ tag Turnerinen. D. Übungsleiter. Reichsbauner Schwarz-Rot-Gold. Mittwoch abend ½8 Uhr Uebungsſtunde für Schutzſportler Möge jeder Kamerad pünktl. und in Sport erſcheinen. Die tech Leitung. Fur! mal im Jahr zu solchen preisen! von Jalcenstoffen, Vooutlnen, Wasohstofken, Wollmussellne, Klelcer-u. Mantelstotfen Morgen Mittwoch Neste Reste von Herrenstoffen unvergleichlich billig! Bekanmmachung. Betr.: Maskenbälle. Unter Bezugnahme auf unſere Bekanntmachung vom 19. ds. Mts. machen wir darauf aufmerkſam, daß auch bei Maskenbällen ſämtliche Teilnehmer — Mitglieder nicht ansgeſchloſſen— im Beſitze eines ordnungsmäßig verſteuerten Ausweiſes(Mas- kenkarte, Eintrittskarte uſw.) ſein müſſen. Wir werden ſämtliche Veranſtaltungen in die— ſer Hinſicht überwachen laſſen. Jedem Teilnehmer, der bei einer vergnügungsſteuerpflichtigen Beranſtal— tung einen unverſteuerten Ausweis erhält und dieſen bei der Bürgermeiſterei abliefert, erhält den gezahlten Eintrittspreis erſtattet. Dieſe Maßnahme iſt notwendig, um Steuerhinterziehungen ſtrafbar zu ahnden. Viernheim, den 2. Februar 1931. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth Kathol. Arheiter⸗Verein. Donnerstag, den 12. Februar, abends 8 Uhr, im Kettelerſälchen Schulungs⸗Abend Thema: Arbeitsloſenfrage. Erſcheinen iſt dringend erwünſcht. Der Präſes. Bauernverein Wir haufen: on. 200 Zt. gutes Roggenstroh rel Stastabahnhof, V'nelim per Ztr. RM.. 40 Anmeldungen bei Lagerhalter A. Brechtel. teils weit unter der Hälfte zur Nälfte und zwei Drittel des regulären Preises feste von Weig- und Baumwoflwaren aller Art mit hohem Preisnachlaft. W eee. N N N N r n 5 n N N 1 Fir die Iſommunion wünschen Sie einen Anzug, der Ihren Jungen vornehm ſeleidet, tadellos Silat und Sie auch durdi Qualitdt und Preiswrdiglteit zufrieden stelli. Bleyle-Anzüge aind unerreidit in Gute, Sitz u. Halt- Harkeil. Verlangen Sie den Sonder- vrospexi mit den ermdſigten preisen Kobert Steiert Weinheimerſtraße 62. Mist 4 Fuhren und ein Einlegschwein abzugeben. Von wem, ſagt die Exp. d. Bl. Reife Einladung. Zu dem am Dienstag Abend 8 Uhr im Gaſthaus zum Engel von der Landwirtſchafts-Kammer Darmſtadt veranſtaltenden Vortrage laden wir unſere Landwirte und Intereſſenten höflichſt ein. Referent Dr. Görlach, Heppenheim Referent Dr. Finger, Darmſtadt. Die Vertrauensmänner: M. Mandel 7. über Spargelbau und Braugerſtenbau N. Gutperle 4. fcnscheine zu verkaufen Jakeh Heek 7. Alicenſtraße 9 — Pianos Kauf eu Miete Lud wWigskafen a. Rh. Ka ser-Wilh.-Str. 7. Wurslabschlag! Hausmacher Wurst (Leber und Grieben) Pfd. 30 Pfg. Schweinemetzgerei Jakob Friedel Bis marckſtraße. Schlafzimmer gebraucht, jedoch in guter Verfaſſung, beſt. aus: 1 großen Klei⸗ derſchrank, 2 Bettſtellen, 2 Nachttiſche,( Waſch⸗ kommode mit Spiegelauf⸗ ſatz, 2 Stühlen komplett für Mk. 135.— zu ver⸗ kaufen. Das Zimmer ha⸗ ben wir aus guter Fami⸗ lie in Zahlung genommen und geben es deshalb ganz billig ab. Landes, Mannheim⸗Lindenhof, Bellenſtraße 2(Alte Oel⸗ fabrik). 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Eigte umſtrittene Aeuſſerung des holländiſchen 5 Generalſtabschefs. 7548 0 enb. Ainſterdam, 11. Febr.(Eigene Meldung.) Me holländiſche Preſſe beſchäftigt ſich eingehend aulit einer vom holländiſchen Generalſtabschef Ge⸗ nrraleutnant Seyffardt vor einigen Tagen abge⸗ kaebenen Erklärung über Hollands Stellungnahme zum belgiſchen Aufrüſtungsprogramm. In ihr ſagte Generalleutnant Seyſſardt wörtlich: f„Die Möglichtelt eines deutſchen Angriffs auf Belgien und Frankreich durch unſer Land hindurch wird(aßgeſehen von der Frage, ob in dieſer Hinſicht nicht außerhalb unſerer Gren⸗ zen manchmal allzu peſſimiſtiſchen Auffaſſun.⸗ gen gehuldigt wird) durch die neuen militäri⸗ ſchen Verſtärkungen Belgfens nach meiner An⸗ ſicht eher verringert als erhöht. 0 „utrechiſch Tagblad“, das durch die bekannte Ut rechter Dokumentenpublikation hervorgetreten iſt, ſchreibt hierzu in einem Leitartikel, daß es die Erklärung für außerordentlich bedenklich halte. Die Auslaſſung des Generals Seyffardt ſei des. halb in hohem Maße gefährlich, weil ſie gegenüber Ländern, die zur Zeit zwar nicht die ſtarke Macht bejſüßen, wie der franzöſiſch⸗belgiſche Block, die ſie aber in Zukunft wieder erhalten würden, un⸗ gerecht und beleidigend ſei. Die Un⸗ terſtellung, daß Deutſchland in einem neuen Kriege die holländiſche Neutralität, die es im Welt⸗ kriege ſorgfältig reſpektiert habe, verletzen werde, ſei höchſt unpaſſend und in einer offiziel leu Erklärung des Generals Seyffardt voll Was berechtige Ge⸗ lommen unzuläſſig. neral Seyffardt dazu, Deutſchland zu beſchuldi⸗ gen und gleichzeitig die Annahme, daß Belgien, das bereits mehrere Annexionsverſuche auf ſei⸗ nem Gewiſſen habe, die holländiſche Neutralität werletzen werde, als völlig abwegig zur Seite zu fuellen? Das Blatt nehme an, daß Holland zur Zeit weder von Oſten noch von Süden Gefahr drohe; aber wenn eine holländiſche Heeresauto⸗ rität, die mit der Verteidigung Hollands betraut 85 ausſchließlich aufgrund einer vermeintlichen Reutralitätsverletzung vonſeiten des entwaffneten Deutſchland die belgiſchen Befeſtigungen als im holländiſchen Intereſſe liegend erkläre, dann be⸗ deute das nicht weniger als die Preisgabe der holländiſchen Neutralität and den Anſchluß au den franzöſiſch⸗bel⸗ giſchen Block. Werde die Kammer dies bil⸗ ligen! Oder mache ſich der Abrüſtungseifer in Holland dahin geltend, daß man ſich unter dem Stillſchweigen von Regierung, Parlament und Wreſſe durch den Generalſtab in den müchligſten ilitartsmus Eurovas einverleihen laſſe? Die Aingeſtellte in Handel und Büro Zur Berufswahl. 10 Mieder neigt ſich ein letztes Schuljahr dem Ende zu, wieder werden in kurzer Zeit Töchter und Söhne ſich der Berufsausbildung zuwen⸗ den. Erfreulicherweiſe betrachten es heute die wetſten Eltern als ſelbſtverſtändlich, auch den Töchtern eine berufliche Ausbildung zu ver⸗ ſchaffen. Nicht leicht iſt die Wahl, alle Frauen⸗ e leiden an Ueberfüllung und die Mög⸗ lichkeiten des Vorwärtskommens find ungewiß. Umſomehr muß im Vordergrunde der Erwä⸗ gungen ſtehen: wozu iſt Eignung und Luſt u. ebe vorhanden? Auch für den Beruf der An⸗ geſtellten in Handel und Büro muß eine be⸗ ſtimmte Veranlagung vorliegen. Nur wer die Eignung zu ſelbſtändigem Arbeiten und den Willen zur Weiterbildung in ſich trägt, neben ernſtem Intereſſe und praktiſchem Können, 7 bei dem heutigen Ueberangebot von Ar⸗ ö werden, verlangen eine vorausgegangene tründliche Fachausbildung, wie ſie eine drei⸗ rige Lehrzeit mit gleichzeitigem Beſuch der fsſchule, oder aber zum mindeſten zwei⸗ rige Beſuch einer Handelsſchule vermittelt. dicht genug kann davor gewarnt werden, eine kröfriſtige Ausbildung in Maſchinenſchreiben Stenographie als genügende Grundlage 4 1 N aber ganz anders.... arbeiterverband einberufenen Verſammlungen der dbwaren äußerſt ſtark beſucht. 40 Prozent zugemutet worden. beitskräften ſeinen Platz behaupten können. Die Anforderungen, welche in dieſem Beruf geſtellt er Zeitung(Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) 8 bel Wicberholung Die einſpaltige Petit bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Mittwoch, den I. Februar 1931 3 anzuſehen. Dem heute wachſenden Tempo un Arbeftemaß wird auf die Dauer nicht ſtandhal⸗ ten können, wer nicht genug gerüſtet iſt. Wer darum Rat in beruflichen Fragen ſucht, wende ſich an das Berufsamt oder an die zuſtändige Berufsorganiſation, den Verband der weiblichen Handels⸗ und Büroangeſtellten E. V., Worms, Carmeliterſtraße 6. Leichter it es, einer falſchen Berufswahl vorzubeugen, al; den einmal begangenen Fehler wieder gut zu machen. Der genannte Verband gibt bekannt, daß er auf Wunſch jederzeit Auskunft erteilt über die beruflichen Ausſichten für weibliche Ange⸗ ſtellte in Handel und Büro, insbeſondere auch 90 die Ausbildungswege, die zu beſchreiten nd. Hundertlauſend Briefe an Hindenburg Glücwünſche und Autographenjäger. Der Reichspräſident von Hindenburg iſt, ganz! abgeſehen von der amtlichen Tätigkeit, die ihn ſtets von neuem mit den vielfältigen Problemen des Staates und ſeiner Bürger in Verbindung bringt, zugleich ein Landesvater im wahrſten Sinne des Wortes, dem täglich Tauſende ſeiner Landeskinder ihre eigenen Sorgen und Wünſche durch Zriefe übermitteln. Nichts zeigt deutlicher die enge Ver⸗ bundenheit des Reichspräſidenten mit allen Schich⸗ ten des Volkes, als der Poſteingang von jährlich hunderttauſend Briefen. ö Einen großen Prozentſatz aller Briefſchreiber Verhältniſſe ſind die Bitten den die Kinder, die meiſt ſpontan, oft aus beſon derem Anlaß, wie etwa der Rheinlandreiſe, dem Reichspräſidenten ſchreiben. Auch aus dem kürz— lichen Empfang der 800 Schulkinder hat ſich eine lebhafte Korreſpondenz entwickelt. Ein Junge ſchreibt zum Geburtstag:„Lieber Onkel Feldmar— ſchall! Zu Ihrem 83. Geburtstag, den Sie ja morgen haben, wünſche ich Ihnen viel Glück und einen Haufen Geld. Weiter weiß ich nichts zu ſchreiben, aber vielleicht ſchicken Sie mir ein Bild nit Anterſchrift. Ich habe nämlich ſchon eins vom Hauptmann Köhl. Viele Grüße Dein Hans“. Die Briefe von Autogrammjägern, die täglich zu Dutzenden eingehen, in großer Zahl beſonders aus Amerika, oft durch Einſendung von Alben mit der Bitte um Eintragung, werden grundſätzlich nicht erfüllt. Selbſtloſer ſind die Briefe mancher amerikaniſcher Kinder, in den es z. B. heißt:„Ich leſe ſoeben, daß Sie... getan haben, und ich nuß ſagen, Sie ſind all right!“ Eine Folge der ſchwierigen wirtſchaftlichen um Hilfe in größter Not. Leider ſind die Mittel, die dem Reichspräſi- denten zur Verfügung ſtehen, ſehr gering, ſo daß wohl nur in ganz beſonderen Fällen direkt geholfen werden kann, obwohl natürlich jeder Fall genau geprüft wird. Andere ſenden lange Expoſes mit Vorſchlägen verſchiedenſter Art„zur Rettung des Vaterlandes“ unter Darlegung von Wirtſchafts— problemen ein. Alte Veteranen ſchreiben an Hin— denburtz,„den großen Heerführer“, Handwerker an Hindenburg, den„Ehrenobermeiſter des deutſchen Handwerks“, andere an den„Ehrenbürger ihrer Stadt“, unzählige andere nur, um ihr Vertrauen zum greiſen Landesvater zu bekunden. Montags iſt der Tag der Poſtkarten.„Auf ſtil— zer Waldeshöh' gedenken wir des Vaters unſeres ſchönen Vaterlandes“ iſt ein wiederkehrender Satz auf den Poſtlarten vom Sonntaasausflug. und es Ein Attentat auf den Cohntarif Zum Scheitern der Verhandlungen in Ruhrort⸗Meiderich Das Scheitern der Verhandlungen über die Fortführung des Hüttenbetriebes Ruhrort-Meide⸗ rich gibt. wie vorausgeſehen, dex Unternehmer⸗ preſſe und ihrer mehr oder weniger gefälligen Gefolgſchaft Veranlaſſung, über die Gewerlſchaften und deren Haltung herzufallen. Dieſe Voraus- ſage war nicht nur deshalb nicht ſchwierig, weil ſie aus früheren Erfahrungen hergeleitet werden konnte, ſondern weil ſich dieſe Aktion ofſenſicht⸗ lich gegen die Gewerkſchaften richtet. Die Arbei⸗ terſchaft iſt jedoch intelligent genug, um zu er⸗ kennen, wann die Politik der Gewerkſchaften für ſie nachteilig werden würde. Wie wenig ſtarr die Haltung des hier auch in Frage kommenden chriſtlichen Metallarbeiterverbandes iſt, zeigt ſchon der Fall des Stahlwerkes Becker. Bei der Hütte Ruhrort⸗Meiderich liegen die Verhältniſſe Die vom Chriſtlichen Metall⸗ der Hütte Ruhrort⸗Meiderich Die Mitglieder ſtel⸗ len ſich geſchloſſen hinter ihre Führer. Die Ar⸗ beiter wiſſen, daß es trotz aller Rechenkunſtſtücke der Werksleitung um ihre und aller an⸗ deren Arbeiter Exiſtenz geht. Und der Ange⸗ ſtelltenſchaft iſt teilweiſe ein Gehaltsabzug von Wie ſehr erregte ſich die Beamtenſchaft, als ihre Gehälter um 6 Prozent gekürzt wurden. Es iſt bei gutem Willen ſehr wohl begreiflich, daß die Arbeitnehmerſchaft gegen eine Einkommenskürzung von 20—40 Pro⸗ zent Front macht, zumal die Stillegung ſich auch ohne Lohnkürzung vermeiden läßt. Der Ver— handlungsführer des chriſtlichen Metallarbeiter⸗ verbandes Bezirksleiter Burgartz erklärte in einer Verſammlung folgendes. Der Vorſitzende des Arbeitsamts Duisburg-Ham born, Ober⸗ regierungsrat Weinbrenner habe einen akzeptablen Vorſchlag gemacht. Die Erwerbs— loſenunterſtützung für 6000 Mann würde im Falle der Betriebseinſtellung im Monat 600 000 Mark in Anſpruch nehmen. 20 Prozent Lohnſenkung macht 240000 Mark aus. Es ergibt ſich daraus eine Einſparung von 360000 Mark. Rechnet man die 6.5 Prozent Erwerbsloſenbeiträge hinzu, die bei der Stillegung des Werkes der Arbeitsloſen— verſicherung entgehen, dann würde mit einem Ueberſchuß von etwa 180000 Mark gegenüber Werksangehörigen 600 000 Mark Arbeitsloſenunterſtützung die Auf⸗ rechterhaltung des Werkes geſichert ſein. Von die⸗ ſer„Subventions“politik will jedoch Generaldirek⸗ tur Vögler, da er abſolut die Lühne herunter⸗ drücken will, unter Anwendung brutaler Mittel, nichts wiſſen. Uns aber kommt es nicht auch auf den Namen an, ſondern darauf, daß der Be⸗ trieb weiter läuft. Wenn man auf den Wein⸗ brenner'ſchen Vorſchlag nicht eingeht, dann läßt man ſich vom böſen Willeu leiten. Inzwiſchen iſt es bis in die letzte Arbeiterhütite bekannt geworden, daß der Leiter des Konzerns, Generaldirektor Vögler, ein Jahresgehalt von 400 000 Mark beziehe. Direktor Poensgen ſoll nicht unter 50 000 Mark arbeiten. Wer unter ſolchen Umſtänden bei den Arbeitern für einen 20prozentigen Lohnabbau Verſtänbnis zu finden hufft, wird eine gewaltige Selbſttäuſchung erleben, Immer noch große Bewerber⸗ bewegung auf dem kaufmänniſchen Stellenmarkt Nach den Beobachtungen der Kaufmänniſchen Stellen vermittlung des DHV. hielt der werberzugang auch im Januar 1931 an. Trotz⸗ dem erſt im Februar die Kündigungen zum Quartalstermin zu erwarten ſind, überſtieg die Zahl des Bewerberzugangs bereits im Januar die des Vormonats. Stärker beteiligt ſind das Baugewerbe, die Metall- u. die Textilinduſtrie. Die aus Anlaß der neuen Tabakſteuererhöhung zunächſt vorſorglich ausgeſprochenen Kündigun⸗ gen führten im Januar in zahlreichen Fällen zu Entlaſſungen. Die Einſtellung von Aushil⸗ fen für die Inventurausverkäuſe und Jahres⸗ abſchlußarbeiien war gering. Eine große Be⸗ unruhigung des kaufmänniſchen Stellenmarktes verurſachen immer noch die zum Zwecke der Ab⸗ änderung der Anſtellungsbedingungen ausge⸗ ſprochenen Maſſen⸗ und Einzelkündigungen. Sie führten entgegen den urſprünglichen Ver⸗ einbarungen angeſichts der unklaren Wirt⸗ ſchaftslage oft zu Entlaſſungen. Nach Lage der Verhältniſſe barf es als kleiner Lichtſtrahl gel— ten, daß wenigſtens die Zahl der erteilten Be— ſetzungsauſträge und erzielten Vermittlungen ſeit etwa drei Monaten nicht weiter zurückge⸗ gangen iſt. Im Januar iſt ſogar eine gering— fügige Beſſerung eingetreten. In ihrer Rela— tivität iſt ſie aber ſcheinbar zu unbedeutend, um aus ihr ernſte Anzeichen beginnender Beſſerunß deuten zu können. Die ſchwierige Lage des kaufmänniſchen Stel⸗ lenmarktes kennzeichnet die von der kaufmänni⸗ chen Stellenvermittlung des Do V. errechnete ndrangsziffer(Bewerber auf eine neu gemel⸗ dete Stelle): 34,7 im Januar 1931 gegenüber 39,6, im Dezember und 135 im Januar 1930. Be— eile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., f 0 nnahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor- mittags 8 u r, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden 5 eee 48. Jahrgang wird in Deutſchland lem Schutzenſeſt, keine Fah- nenweihe, keine Einweihung eines Kriegerdenkmals, keine größere Vereinsfeier ohne ein Huldigungs- telegramm an den Reichspräſidenten vergehen. Außerordentlich zahlreich ſind die Einladungen zu Veranſtaltungen aller Art, ſehr häufig von ſtu- dentiſchen Vereinigungen, von Städten oder Ani- verſitäten, deren Ehrenbürger oder Ehrenſenator Hindenburg iſt. ——— ligen Kreuzzug entziehen. Die zahlreichen Einladungen zu Theater- oder Kinovorſtellungen hat der Reichs- präſident dagegen ſtets grundſätzlich abgelehnt, da ein Beſuch aller Vorſtellungen nicht möglich iſt und Hindenburg niemanden bevorzugen will. Zu Tauſenden zählen die Gedichte, Bilder, Blu nien, handgeſchnitzten Arbeiten und anderen Gegen- ſtände, die ſtändig im Palais des Reichspräſiden— len abgegeben werden, und niche geringer iſt die Zahl der Kompoſitionen, beſonders Märſche, die dem Reichspräſidenten gewidmet ſind. Zu einer Dochflut verſtärken ſich ſolche Sendungen natürlich zu den Feſttagen, wie zu Weihnachten und am Ge- durtstag, an dem in dieſem Jahr allein 5000 Tele- zramme aus aller Welt eintrafen, aber auch an Tagen eines ſchweren Anglücks, wie bei den letzten Hrubenkataſtrophen. dbb e Nuntius Orſenigs über die Caritas Papſtkrönungsſeier in Berlin. Bei einer am Samstag von der klatholiſchen Aktion Berlin veranſtalteten Kundgebung anläß⸗ lich der 9. Wiederkehr des Tages der Papſtkrö— nung Pius 11. ſprach der Apoſtoliſche Nuntius Orſenigo zum erſten Mal öffentlich vor den Ber⸗ liner Katholiken in der bis auf den letzten Platz beſetzten Phüharmonie. „Liebe gegen alle und von allen“ war der Leit— gedanke ſeiner Ausführungen. Wie Pius 11. aus warmer Liebe zur Menſchheit bei jedwedem öffent— lichen Unglück eines Volkes zu Hilfe gekommen ſei, ſo müſſe die Caritas Chriſti als die Tochter des Glaubens ſtets die Tugend jedes Chriſten ſein. In Vergangenheit und Gegenwart habe über der Wiege bedeutſamer Wohlſahrtseinrich— tungen die katholiſche Fahne geweht. Wie das Elend kenne auch die wahre Caritas keinen Un— terſchied der Partei oder Konſeſſion. „Wo immer ein leidendes Menſchenkind ſeufzt, da gibt es für alle eine Pflicht zu erfüllen. In der ſchweren Stunde. die alle Nationen gegen— wärtig durchleben, müſſen wir es als eine per— ſönliche Ehrenſache empfinden, daß wir uns in dieſem edlen Wettſtreit der Liebe gegen die Lei— denden, ſoweit es uns möglich iſt, in die vorder— ſten Reihen ſtellen. Wir müſſen wie unter einem perſönlichen Gewiſſensvorwurf leiden, ſo oft die Tageschronit uns von Opfern erzählt, die dem Elend oder dem nerventbienden Kampf ums Da— ſein unterlegen ſind. Es muß als eine Pflicht betrachtet werden, ſich in die Armen einzufühlen, unter ihren Aengſten und Sorgen mitzuleiden, und ſofort dorthin zu Hilfe zu eilen, wo die Not am größten iſt. Niemand darf ſich dieſem hei- Selbſt wenn wir dem Leidenden keine materielle Gabe zu geben hätten, bleibt immer noch etwas Koſtbares, das wir in das Herz eines Betrübten legen können, die Lie— bestat eines guten Wortes, eines freundlichen Blickes, einer brüderlichen Teilnahme. Und wenn auch alle individuelle Liebestätigkeit erfüllt wäre, ſo bliebe immer noch für alle die Liebe zum Va— terland, der gemeinſamen Mutter, die zwar alle lieben, aber ein jeder auf ſeine Art und in der Meinung, daß dieſe Art die beſte iſt. Es bleibt noch die Liebestat wenigſtens des Gebetes für die ganze Welt, der es ſo ſehr noch an Frieden und Sicherheit, an Sittlichkeit und Glauben ge— bricht.“ Von der„Liebe gegen alle und von allen“ werde, ſo ſchloß der Nuntius, den Armen Hilſe in der Not, die Reichen würden helfende Werkzeuge der göttlichen Vorſehung, das Vaterland beſitze in der Caritas ein Unterpfand neuen Aufſtiegs und in der Welt werde der Sinn für Gerechtig⸗ leit und Liebe die den Völkerfrieden bedrohenden Gegenſätze verſöhnen. Stürmiſcher Beifall dankte dem Nuntius für deine warmherzigen Warte. Der Millionär und Philantrop James Cooper ertrunken. wtb Windſor,(Ontario), 11. Febr. Nach Meldungen des von Newyork nach Europa fah⸗ renden deutſchen Dampfers„Deutſchland“ iſt der Millionär und Philantroyph James Cooper, der „an Bord des Schiffes befand, am Sonntag ius Meer gefallen und ertrunken. Er hatte in den brei letzten Jahren den größten Teil des Jahres in Europa verbracht und war im Be⸗ griff, nach Europa zurückzukehren, als ihn der Tud ereilte. Spitzengehälter in dern deutſchen Wirtſchaft Zahlen die zu denken geben— Wo bleibt die ſoziale Verantwortung? Dr. Ludwig Glaſer⸗ Wien ſchreibt u. a. in der„Schöneren Zukunft“: Der Unſug der zu vielen Rieſengehälter iſt im Rahmen einer Geſamtwiriſchaft durchaus nicht. wie viele glauben,„verhältnismäßig bedeutungs⸗ los“. Die Zahl der leitenden Angeſtellten in Deutſchland mit einem Durchſchnittsgehalt von 16 000 Mark beträgt rund 100 000; ihre jährliche Geſamt⸗Gehaltsſumme von 1640 Millionen Mark iſt größer als die Aufwendungen für alle Beam⸗ ten in Reich Ländern und Gemeinden. Der An⸗ teil der Rieſengehälter an dieſer Endſumme iſt hoch. Die„Fränkiſche Tagespoſt', Nürnberg, führt in ihrer Nummer vom 20 11. 30 eine Reihe von Beiſpielen für Spitzengehälter in der deutſchen Wirtſchaft an. Danach beziehen: ein Generaldirek⸗ tor des Ruhr⸗Montantruſts mindeſtens 400 000 Mark jährlich, ein Generaldirektor des Siemens⸗ Konzerns mehr als 250000 Mark, ein Vorſtands⸗ mitglied der Deutſchen Bank 350 000 Mark, die Direktoren desſelben Inſtituts 100 000 Mark. die Prokuriſten bis zu 60 000 Mark, der General⸗ direktor der oſtelbiſchen Braunkohle A. G. 250 000 Mark,. ein Generaldirektor der rheiniſch⸗weſtfäli⸗ ſchen Induſtrie 650 000 Mark, die Direktoren des⸗ ſelben Unternehmens 216 000— 240 000 Mark, ein Direktor des Röhrenverbandes 110000 Mark, ein Direktor des Emelka-Konzerns 75000 Mark(pä⸗ ter wurde der Gehalt auf 60 000 Mark herabge⸗ ſetzt.) Der Generaldirektor d. Hamburg-Amerika⸗ Linie erhält 600 000 Mk., ein Direktor der J. G. Farben 500 000 Mark, ein Direktor der Krupp A. G. 120 000 Mark, ein Direktor der Prager Eiſeninduſtrie 304000 Mark. Ein Generaldirek⸗ tor der Reichsbank wird mit 340 000 Mark be⸗ dacht, die Direktoren mit 180 000 Mark. Beim Inag⸗Konzern ſoll der Generaldirektor 400 000 Mark Jahresgehalt und außerdem 175000 Mark Gratifikationen erhalten. ein Direktor 94000 Mark. ein anderer Direktor 86000 Mark, ein drit⸗ ter 70000 Mark, ein beim ſelben Unternehmen tätiger Kommerzienrat 100 000 Mark uſw. Bei den Vereinigten Textilwerken ſoll ein Direktor anfänglich bis zu einer Million Mark, ſpäter allerdings„nur“ mehr 180 000 Mark bezogen ha⸗ ben, bzw. beziehen. Ein anderer Direktor desſel⸗ ben Unternehmens, der 100 000 Mark Jahresge⸗ alt und 25000 Mark Steuerentſchädiaung er— hielt, hat auf dem Klagewege Anſpruch auf 24000 Mark Gehalt als Vorſtandsmitglied. 15000 Mark Gratifikationen und 20 000 Mark Aufwandsent⸗ ſchädigung erhoben.— Auch bei der Reichs ⸗ bahngeſellſchaft ſind die Gehälter hoch ge⸗ nug. Der Generaldirektor erhält 98 000 Mark Jahresgehalt und 24000 Mark Repräſentations⸗ zulage, zuſammen 122000 Mark, ſein Stellver⸗ treter 66 000 Mark Gehalt und 12000 Mark Re⸗ präſentationszulage, zuſammen 78000 Mark, die ſieben Vorſtandsmitglieder der Direktionen ſamt Repräſentationszulaaen 51000, bezw. 60 000 Mk. 9 Abteilungsleiter 26500. bezw. 27 000 Mark. 29 Präſidenten bei den Reichshahndirektionen 21 400 bis 29 800 Mark. 62 Reichsbahndirektoren 17 850 bis 21689 Mark uſw Natürlich ſind dieſe Angaben nicht vollſtändig. Aber ſchon dieſe lückenhafte Zuſammenſtellung be⸗ weiſt, daß es ſich bei den Rieſengehältern nicht um Einzelerſcheinungen handelt. Ein energiſcher Abbau dieſer Bezüge, ſofern ihre Höle ſachlich unberechtigt iſt, wäre daher ein wichtiger und notwendiger Beſtandteil jener Sparmaßnahmen. ßie dazu mithelfen fal⸗ len, die deutſche Wirtſchaft wieder auf die Beine zu bringen. Aber man hat bedauerlicherweiſe bis heute noch nicht viel von einer ſolchen wirklich einſchneidenden Abbauaktion vernommen. Um ſo mehr aber iſt heute die Rede von der Noſwendigkeit, die Er⸗ zeugunaskoſten in der Induſtrie durch Vermin⸗ derung der Arbeiterlöhne herabzuſetzen! Wird hier nicht mit doppeltem Maß gemeſſen? Muß die Beibehaltung der Spitzengehälter bei dem gleichzeitigen Beſtreben, die Arbei⸗ ter und Angeſtelltenlöhne zu vermindern. nicht aufreizend u. revolutionierend wirken? Zugegeben, daß in manchen Induſtrien ein ge⸗ miſſex, Gannahhau untmendig. gber er darf nicht vor den Direktionskanzleien Halt machen! Selbſt dann, wenn der Abbau der Spitzengehälter rein rechnungsmäßig kein gro⸗ ßes Ergebnis bringen ſollte, iſt er notwendig: als Beispiel ſozialen Verantwortungsbewußt⸗ ſeins und einſichtiger Opferwilligkeit. Gerade jene, die ſich gern Wirtſchafts, führer“ nennen, ſind berufen, auf Grund eben ihrer Führerſtellung ein ſolches Beiſpiel zu geben. Leider iſt dieſe Einſicht in den Kreiſen der deutſchen Wirtſchaft vielfach nicht ſo lebendig, wie es wünſchenswert wäre. Vor kurzem erſt mußte z. B. der bekannte Wirtſchaftspolitiker Fried in der Monatsſchrift„Tat“ berichten die leitenden Herren der Berliner AEG. hätten einen ihrer Kollegen daran verhindert, durch einen freiwilligen Gehaltsabbau ſeinerſeits den Abbau vieler Angeſtellten ſeiner Abteilung überflüſſig zu machen. Dieſe Unterdrückung einer menſchlichen Tat. dieſes ſtarrſinnige Ver⸗ halten iſt in der Gegenwartslage unſerer Wirt⸗ ſchaft und unſerer Geſellſchaft unverantwort⸗ lich, ein erſchütterndens Beiſpiel für die Kurz⸗ ſichtigkeit gewiſſer kapitaliſtiſcher Wirtſchafts⸗ führer, die revolutionierender wirken kann als die gefährlichſte bolſchewiſtiſche Propaganda. Vermiſchtes Vorſchläge Gandhis für die Weiterführung des Unabhängigkeitskampfes. wtb. Allahabad, 10. Febr.(Reuter.) Der erſte Tag der Schradda(Hinduzeremonie nach Hugenberg contra Brüning Eine Erklärung hugenbergs zur Reichs kanzlerrede enb. Berlin, 10. Febr.(Eigene Meldung.) Die Preſſeſtelle der Deutſchen Volks-Partei ver⸗ öffentlicht eine Antwort des Vorſitzenden der Deutſchnationalen Volkspartei, Hugenberg, an Reichskanzler Brüning. in der es u. a. heißt: „In einer durch WTB verbreiteten Mittei⸗ lung läßt Herr Reichskanzler Brüning erklären, daß er den von ihm behaupteten Inhalt einer im Jahre 1927 zwiſchen uns ſtattgefundenen Un⸗ terredung durch Zeugennachweis bekräftigen kön⸗ ne. Er hält alſo die in der Reichstagsſitzung vom 6. Februar aufgeſtellten Behauptungen aufrecht. Ich ſtelle nunmehr folgendes feſt: 1. Herr Brüning befindet ſich mit ſeiner Aeu⸗ ßerung über den Inhalt der Unterredung durch⸗ weg im Irrtum. 2. Es ſchwebt ihn offenbar eine Beſprechung vor, die 1927 in der Wohnung des damaligen deutſchnationalen Abgeordneten Trevlranus zwiſchen dieſem, Herrn Brüning und mir ſtatt⸗ gefunden hat. 3. Dieſe auf meinen Wunſch durch Herrn Treviranus veranlaßte Beſprechung diente dem Zwecke, Herrn Brüning für eine durchgreifende ſchnelle Zurückdämmung der drohenden Agrar⸗ not und insbeſondere für gewiſſe ſchon damals von mir vertretene Entſchuldungsvorſchläge zu gewinnen. Nicht Herr Brüning hat mir, ſondern ich habe Herrn Brüning Vorſchläge gemacht, bie er übrigens damals im weſentlichen zuſtimmend aufnahm Nehru fällt auf nächſte Gandhi ſchlägt vor, an dieſem Tage beit ruhen zu laſſen; die Nation möge e lübde ablegen, ſich noch mehr der Sache zu weihen, die dem Pandit am Herzen gelegen und für die er gelebt habe. Weiter regt Gandhi an, ein allgemeines Faſten, Umzüge mit na⸗ tionalen Flaggen und Verſammlungen abzu⸗ halten, in denen, abgeſehen von einem Ge⸗ lübde in dem obenerwähnten Sinne völliges Schweigen beobachtet werden ſoll. Als geeig⸗ netes Mittel zu dem genannten Ziel bezeich⸗ net Gandhi die friedliche Sperre von Alkohol⸗ und Rauſchgifthandlungen und von Läden, die ausländiſches Tuch verkaufen. Geſtellungsbeſehl an Fliegermajor Franco. wtb Paris, 10. Febr. Nach einer im „Petit“ veröffentlichten Agentur⸗Meldung aus Madrid enthält das Amtsblatt die Aufforde⸗ rung an den ehemaligen Fliegermajor Franco, ſich binnen 30 Tagen einem Miliärgericht in Madrid zu ſtellen. Die Einbrecher mit dem Diplomatenauto verhaftet. witb Berlin, 10. Febr. Die Diebeskolonne die wie gemeldet, in der Nacht zum Sonntag den Kraftwagen eines Attaches der ſpaniſchen Botichaff ſtahl, und ſpäter einen Einbruch in ein Radiogeſchäft in Berlin⸗Wilmersdorf ver⸗ übte, iſt von der Polizei ermittelt und feſtge⸗ nommen worden. Der 20 Jahre alte Walther Koſchatzky war bei dem Einbruch von dem La⸗ deninhaber abgeſchoſſen und ernſtlich verletzt worden und mußte von ſeinem Komplizen in das Krankenhaus am Friedrichshain ge⸗ ſchafft werden. wo er geſtern von der Polizei ermittelt wurde. Zwei Mittäter konnten ge⸗ 4. Die gleichen Vorſchläge habe ich in jener Zeit u. a. dem damaligen Reichsfinanzminiſter Köhler, der grundſätzlich lebhaft zuſtimmte, aber nicht zur Tat kam, dem Abg. Horlacher, der ſie wegen eines Einzelpunktes ablehnte, ferner wie⸗ derholt aber vergeblich dem damaligen deutſch⸗ nationalen Reichsernährungsminiſter Schiele gemacht. In dem Notprogramm vom Frühjahr 1928 ſind lediglich ein paar kleine Teilſtücke mei⸗ ner Vorſchläge in unzureichender Weiſe ver⸗ wirklicht. 5. Weder der Gedanke, zunächſt die Reparati⸗ onsfrage zu löſen, noch der Zuſammenbruch des Kabinetts hat die Verwirklichung der von mir, nicht von Herrn Bräning gemachten Vorſchläge verhindert, ſondern die mangelnde Tatkraft der gleichen Kräfte, die heute dem Reichskanzler na⸗ heſtehen, Es iſt nie in Frage gekommen, auch nicht in der fraglichen Unterredung, daß meiner⸗ ſeits die Zurückſtellung irgendwelcher Hilfsmaß⸗ nahmen für die Landwirtſchaft hinter die Repa⸗ rationsfrage gewünſcht oder vortvetan worden wäre, die übrigens eine der Haupturſachen der landwirtſchaftlichen Not iſt. Herr Brüning hat öffentlich erklärt, daß er für ſeine Behauptun⸗ gen den Zeugenbeweis antreten wolle. Der ein⸗ zige Zeuge dieſer Unterhaltung iſt Herr Trevi⸗ ranus. Ich hatte beim Leſen der Behauptung des Reichskanzlers zugleich den Eindruck, daß ar der Vater der in der Erinnerung des Reichs⸗ kanzlers angerichteten Verwirrung ſei. f Ich bitte nunmehr um den Antriſt des ele nommen werden. Es handelt ſich d vier um junge Burſchen von wenig mehr als 20 Jahren. f 1 Hausſuchung bei nationalſozialiſtiſchen SA. Führern. wtb. München, 10. Febr. Wie der„Völkiſche Beobachter“ meldet, nahmen Polizeibeamte in der Wohnung des Hauptmanns a. D. Riſter eine Hausſuchung vor. tet Gleichzeitig wurde auch in din Dienſträu⸗ men des a. D. Schneidhuber, eine Hausſuchung vorge⸗ nommen. Der herbeigerufene Reichstagsabge⸗ ordnete Heines proteſtierte dagegen mit dem Hinweis, daß Major Schneidhuber heute von einer Schreibtiſche verſiegelt. Abends gegen 6 Uhr wurden von der Polizei die verſchiedenen Schränke geöff⸗ net. Auch dagegen proteſtierte Abg. Heines im Namen und Auftrag der Reichsleitung der NSDAP. Eine polizeiliche Meldung über die Hausſuchung liegt noch nicht vor. Riſter wurde verhaf⸗ „Oſaf“⸗Stellvertreter⸗Süd, Major Dienſtreiſe zurückkehren würde. und Schränke Die wurden darauf, Antonius Raab aus Amerika zurückgekehrt. enb. Kaſſel, 10. Febr.(Eigene Meldung!) Antonius Naab, der Gründer der Raab⸗ Katzenſtein⸗Werke in Kaſſel und ſpätere Ge⸗ ſchäftsführer der duſtrie GmbH. Krefeld, iſt aus Amerika nach Deutſchland zurückgekehrt, daß er nicht nach Amerika ge lüchtet ſei und ſich keinerlei Unredlichkeiten habe zuſchulden kommen laſſen. Rheiniſchen Luftfahrtin⸗ um nachzuweiſen, Der Schiffszuſammenſtoß bei Kobe. witb. Tokio 10. Febr. Nach den letzten Mel⸗ dungen über den Untergang der Dampffähre, die nach einem Zuſammenſtoß mit dem fran⸗ zöſiſchen Paſſagierdampfer des Hafens von Kobe ſank, werden 69 Per⸗ ſonen vermißt. Der Zuſammenſtoß ereignete ſich bei ſchwerem Schneeſturm, vollkommen verſperrte. „Porthos“ unweit der die Sicht Soziales Erneutes Eingreifen des Reichsarbeitsminiſie⸗ riums in den Tarifſtreit des Holzgewerbes. enb. Berlin, 10. Febr.(Eigene Meldung.) Wie wir von zuſtändiger Stelle der Holzin⸗ duſtrie erfahren, hat das Reichsarbeitsminiſte⸗ rium in dem Tariſſtreit des Holzgewerbes,. nach⸗ dem in der vorigen Woche ergebnisloſe Ver⸗ handlungen ſtattgefunden hatten, die Parteien erneut zu Verhandlungen auf Donnerstag, den 12. Februar, in das Reichsarbeitsminiſterium gelaben. Es wird damit gerechnet. daß nun⸗ mehr ein endgültiger Abſchluß dieſes ſich be⸗ reits über Monate erſtreckenden Tarifſtreites zu erwarten iſt. Entlaſſung von weiteren tauſend Bergleuten auf Zeche„Friedrich der Große“. witb. Herne, 10. Febr. Die Verwaltung der Zeche„Friedrich der Große“ hat infolge Abſatzmangels zum 1. März die Entlaſſung von tauſend Bergarbeitern und 40 Beamten beantragt. Durch dieſe und die in der letzten Zeit vorgenommenen Entlaſſungen iſt die etwa 4000 Mann betragende Belegſchaft inzwiſchen aui etwa 1500 Mann irücgegangen. Varna. Noman von Max von Weißenthurn. 21. Fortſetzung. e „Ich war in Stillwater“, ziehend. „In Stillwater!“ wiederholte er, mit fei⸗ ſchendem Blick ſie meſſend.„Auch ich war dort denn— zürnen Sie mir nicht, wenn ich Ihnen bekenne, daß ich bereits in aller Frühe zurück⸗ gekehrt bin, in der Abſicht, Sie zu ſehen. Ich wußte, daß Sie nach Stillwater gegangen ſeien gelingen würde, Ihnen auf dem Heimwege zu begeg⸗ nen. Sie müſſen nämlich wiſſen, daß ich Ihnen und dachte, daß es mir vielleicht etwas ganz Beſonderes zu ſagen habe!“ Sie traten eben auf eine Lichtung, von der aus ſich dem Auge eine entzückende Fernſicht bot. Eine Moosbank lud zum Träumen ein. Gottfried lehnte ſein Gewehr gegen einen Baum. Dann forderte er das junge Mädchen auf, Platz zu nehmen, und fühlend, wie ihre Knie zitterten, gehorchte ſie ihm wider Willen. „Ich verſuchte, Sie hier am Wege zu ſpre⸗ chen“, fuhr er, neben ihr ſtehen bleibend, fort, „weil es mir in neuerer Zeit außerordentlich ſchwer gelingt, Ihrer nur für einen Augen⸗ blick habhaft zu werden. Umſonſt jedoch legte ich den weiten Weg nach Stillwater zurück. Sie hatten ihre Geſchwiſter bereits verlaſſen. So blieb mir nichts übrig, als den Verſuch zu machen, über Nichtwege Ih zuvorzukom⸗ men, weil ich eine Frage an Sie zu richten habe, die mit auf der Seele brennt und deren Beantwortung für mich keinen Auſſchub mehr duldet— eine Frage. die mir aft wie anwortete ſie, mit einigem Zwang ihre Hand der ſeinen ent⸗ hellſte Wahnſinn erſcheint, wenn Sie ſo fremd mir gegenüberſtehen, und von deren Entſchei⸗ dung doch alles für mich abhängt,— ja, alles Lebensmut, Glück und Seligkeit,— die Frage: Varna, liebſt du mich, wie ich dich liebe? Kannſt du mich lieben fürs Leben, wie ich dich liebe als für mich das einzige Weib auf Er⸗ den?“ 17. Kapitel. Die Antwort. Für Sekunden hatte Varna das Gefühl, als wandle ſie eine unſagbare Schwäche an; dann aber ſchnellte ſie jäh empor, doch nur, um ſaſt gleichzeitig auf die Moosbank zurück⸗ zuſinken. Zu Gottfrieds unverkennbarem Ver⸗ druß trat ſein Vetter Ledward plötzlich hinter einer zaumgruppe hervor, um ſich mit ruhi⸗ ger Sicherheit den beiden zu nähern. „Ich habe die Ehre, allſeits guten Tag zu wünſchen!“ ſprach er, anſcheinend vollkommen unbefangen und dennoch mit einem unſag⸗ baren Spott.„Ich rate Ihnen, Fräulein Leslie, Ihren Platz auf der feuchten Moos⸗ bank aufzugeben, wenn Sie ſich keine Er⸗ kältung zuziehen wollen.“ Seine Worte hatten den berechneten Er⸗ folg; Varna ergriff die Gelegenheit zur Flucht. g „Ich danke Ihnen für die freundliche Warnung“, ſprach ſie, ſich erhebend.„Es iſt höchſte Zeit, daß ich nachhauſe komme; die Gräfin wird bereits eingetroffen ſein.“ fragt“, beeilte Ledward ſich, zu verſichern. 0 erde Sie becleitenke riet Gott. „Ja, und ſie hat ſchon nach Ihnen ge⸗ lebhaft, auf das junge Mädchen zuſchreitend. Varna aber trat ſtolz und kalt zurück. „Ich danke; ich ziehe es vor, allein zu ge⸗ hen!“ entgegnete ſie in faſt beleidigender Ab⸗ lehnung, um ſich dann haſtig zu entfernen. Sie war kaum außer Hörweite, als Led⸗ ward laut auflachte.— „Nun, was gibt es denn?“ fragte Gott⸗ fried unwillig ſich ihm zuwendend. „Nichts, ich muß nur über die Vornehm⸗ heit dieſes Mädchens lachen!“ ſchüttelte Led⸗ ward ſich.„Womit haſt du ſie denn ſo maßlos beleidigt? Was in aller Welt ſagteſt du ihr nur, wenn man fragen darf?“ „Das werde ich dir mitteilen, nachdem ich ihre Antwort erhalten habe, vorher nicht.“ Ledward ſattelte gewandt ſchnell um: „Kehrſt du nach Hauſe zurück oder ſetzeſt du deinen Spaziergang weiter fort?— Ich für meine Perſon verabſcheue dies kalte Wetter!“ „Und ich habe es gern und werde noch einen tüchtigen Marſch unternehmen!“ rief Gott⸗ fried, indem er nach ſeinem Gewehr griff und ſich, ſeinen Worten getreu, auf den Weg machte, ohne Ledward auch nur zu beachten. Ledwards Geſicht klärte ſich auf, während er dem Schloſſe zu ſchritt, wo er ſich gerade⸗ wegs nach Varnas Zimmer begab und an der Tür pochte. Er erhielt keine Antwort und Tür ein. trat folglich ein; das Gemach war leer, aber . Stimme aber klang im Widerſpruch damit völlig ruhig, als ſie ihn fragte, ob man ihrer im Salon benötige. „Ich komme nicht als Bote mit irgend einem Auftrag. Ich möchte im Gegenteil mit Ihnen einige Augenblicke über eine Angelegenheit ſprechen, welche Sie einzig und allein betrifft. Sie ſind in Stillwater geweſen?“ Erſtaunt vernahm ſie ſeine Frage. „Ja, ich war bei meinen Geſchwiſtern“, erwiderte ſie. „Ah, dann haben Sie zweifellos die Grä⸗ fin Saint Maure geſehen oder von ihr Kunde erhalten?“ Varna ſah zu ihm empor und es ſkieg ihr das Blut in die Wangen; ſie erinnerte ſich Frau Herryots Worte, daß Ledward Hulme ihre Geſchichte kenne. „Sie ſprechen— Sie ſprechen nicht von der Gräfin Saint Maure hier im Hauſe?“ fragte ſie zaghaft. „Ganz und gar nicht. Ich rede von der Dame, welche ſich Frau Herryot nennt und die die Gattin meines Vetters Gottfried ik“ Alle Farbe wich aus Varnas Zügen. 79 „Sie wiſſen, daß Frau Herryot mir ihr Ge⸗ heimnis, wie ſie es nannte, anvertraute?“ ch weiß es, ja. Denn ich ſelbſt riet ihr, es Ihnen zu ſagen, weil ich es um Ihrek⸗ willen ſo am beſten hielt.“ a „Um meinetwillen?“ foſt gleichzeitig mit ihm trat Varna durch die Ge Sorlehung sols. gen g ö an der Obermoſel rannte morgens im Halb⸗ dunkel ein junger Mann, der auf einem Mo⸗ torrad ſaß, und zu ſeiner Arbeitsſtelle in Nathringen wollte, eine Frau an, als dieſe dicht vor ihm plötzlich mit ihrem Handkarren nach rechts auswich. Beide ſtürzten und wur⸗ den ſchwer verletzt. Sie lagen ſtundenlang hilf⸗ los auf der Straße in der Kälte, bis Paſſa⸗ giere eines vorüberfahrenden Eiſenbahnzuges vom Fenſter aus die Verunglückten liegen ſahen, auf der nächſten Station Meldung er⸗ ſtatteten und ſo ihre Einlieferung ins Kran⸗ kenhaus bewirkten. Der Unfall wurde dadurch verurſacht, daß ein entgegenkommendes Auto, das nicht abgeblendet hatte, die Frau ſo blen⸗ dete, daß dieſe in der Verwirrung nicht mehr wußte, was ſie tun ſolle. Otterbach, 10. Febr.(Tot aufgefunden.) Der etwa 70⸗jähr. Landwirt Jakob Schmitt 1. wurde geſtern in einem Abzugsgraben feiner Wieſe tot aufgefunden. Man nimmt an, daß der alte Mann von einem öfters auftreten⸗ Unwohlſein befallen wurde, mit dem Ober⸗ körper in den Graben fiel und erſtickte. Bad Dürkheim, 10. Febr.(Erinnerung an das Ende der Separatiſtenherrſchaft.) Der Befreiung des Bezirksamtes von Separa⸗ tiſtenherrſchaft im Jahre 1924 wird nach einem Beſchluß der Wirtſchaftsverbände und Vereine in einer Gedenkfeier zum erſten Male am kommenden Freitag nachmittag gedacht. Die Gedenkrede wird Juſtizrat Baumann⸗Franken⸗ thal halten, der während des Separatismus Bürgermeiſter von Dürkheim war und die organiſatoriſchen Arbeiten für den Abwehr— kampf leitete. Gleichzeitig wird die Maßnahme der bayriſchen Staatsregierung auf Auf⸗ löſung des Bezirksamtes durch einen weiteren ſtedner entſprechend gewürdigt werden. ö Dillenburg, 10. Febr.(Vorſicht beim Um⸗ gang mit Waffen.) Ein 16⸗jähriger junger Mann aus Hörbach führte auf dem Wege zur Arbeitsſtätte einen Teſching mit. Auf bisher noch ungeklärte Weiſe entlud ſich plötzlich die Waffe und die Kugel drang dem Bedauerns⸗ werten durch den Hals in den Kopf, hinter den Augen ſtecken blieb. verletzte liegt in ſehr Krankenhaus. Bellheim, 9. Febr.(In die Transmiſſion geraten.) Am Samstag nachmittag wurde der 14 Jahre alte Sohn Willy der Sägewerks⸗ beſitzerin Deſchler von der Transmiſſion er⸗ ſaßt und mehrere Male herumgeſchleudert. Schließlich blieb er auf dem Lagerblock mit ſchweren Verletzungen liegen. Er wurde ſofort ins Diakoniſſenkrankenhaus nach Speyer ver⸗ bracht. Es beſteht keine Lebensgefahr. Der Verletzte erlitt einen Bein⸗ und einen Knö⸗ chelhruch. Neuſtadt a. d. H., 9. Febr. jagd.) Die Schneelandſchaft iſt für die Wild⸗ ſchweinjagd günſtig. Ein hieſiger Büchſenma⸗ cher hat im Gemeindewald Diedesfeld einen ſtattlichen Keiler erlegt. Im Bereich des Forſt— amts Elmſtein ſind zwei Schwarzkittel zur Strecke gebracht worden. Landſtuhl, 9. Febr.(In Freiheit geſetzt.) Der im Zuſammenhang mit den Separatiſten⸗ verhaftungen feſtgenommene Kaufmann Lu⸗ dolf Koch iſt heute vormittag wieder auf freien Fuß geſetzt worden, da das beſtehende Ver⸗ dachtsmaterial nicht ausreicht. Ilgesheim, 9. Febr.(Zum Mord bei Ilgesheim.) Die Ermittelungen in der Mord⸗ ſache an dem Feldhüter und Polizeidiener Gravius ſind vorläufig zu einem Abſchluß ge⸗ kommen. Der Täter iſt mit ſeinen unter dem Verdacht der Anſtiftung ſtehenden Eltern nach Koblenz überführt worden. Schmittweiler, 10. Febr.(Rodelunfall.) Die Tochter des Landwirts Michael Müller, Helene, brach beim Rodeln den Fuß und mußte ärztliche Hilfe in Anſpruch nehmen. Webenheim, 10. Febr.(Beim Holzfällen verunglückt.) Der jugendliche Arbeiter G. Schäffler zog ſich beim Holzfällen ſo ſchwere Verletzungen zu, daß man an ſeinem Aufkom⸗ men zweifelt. f Oberbexbach, 10. Febr.(Reuiger Dieb.) Dem Metzger Pütz ging dieſer Tage eine Geldſendung ohne Angabe des Abſenders zu, die als Ausgleich für die vor einiger Zeit in der Metzgerei bei einem Einbruch entwendeten Wurſtwaren verwendet werden ſollte. Bruchmühlbach, 10. Febr.(Gemeine Tat.) Bei verſchiedenen Einwohnern am hieſigen Ort wurden größere Mengen Wurſt und Eier nebſt einigen Hühnern geſtohlen. Die wo ſie Der Schwer— 1 0 Burſchen haben die Hühner lebendig ver⸗ kannt. Die Gendarmerie hat die Angelegen⸗ Aalb Kathreiner, d ſcumedtt uunder ynl- und Sie Haren ſcbunæ- Geli dabei. 5 Praxis der Kurpfuſcher und modernen Heilapo⸗ ſtel tun ließen, haben in Frankreich große Beach⸗ tung gefunden und eine Distuſſion ausgelöſt. Die Ausſagen von angeblich geheilten Kranten, heilt die vor Gericht zugunſten der angetlagten Quack ſalber ausſagten, werden beſonders unter die Lupe genommen.„Die Behandlungsmethoden müſſen Einbildung, die Kranke Mehrere Prozeſſe, die einen Einblick in die ernſtem Zuſtand im (Schwarzwald ⸗ Paris ſollte ohne Kampf geräumt werden Der Sieg war unſer, wenn Die ſogenannte Schlacht heute noch ein ungelöſtes Rätſel— Die Wahrheit über den Rückzug Aus einem demnächſt im Verlag Tyrolia (Innsbruck-Wien⸗München) erſcheinen⸗ den Memorienbuch v. Clemont Deltour, einem Vertrauten des Kriegsminiſters Meſſimy und Kriegsrichter beim 1. Kriegsgericht in Paris, geben wir als Vorabdruck jene Stelle wieder, in der Deltour als Augenzeuge über die ſoge— nannte Marneſchlacht berichtet. Der Be— richt iſt gerade jetzt, da der Tod des Marſchalls Joffre Anlaß gab, die Wahr— heit über jene Ereigniſſe aufzuhellen, beſonders aktuell. „Am 26. Auguſt erfuhr die franzöſiſche Be— völkerung gleichzeitig mit der Nachricht von der Flucht der Regierung, die unmittelbare Nähe der Deutſchen an der nördlichen Zone der Bannmeile. Die deutſchen Fernpatrouillen ſtanden auf 20 Kilometer von der Porte de Vincennes. Alles ſagte ſich, daß wir einer Be— lagerung ſeitens der Deutſchen entgegengingen und die geſamte Bevölkerung ſträubte ſich ge— gen dieſen Gedanken. Wir Eingeweihte wußten aber noch mehr.. Unauffällig und in kleinen Detachements wurde die geſamte Pariſer Gar— niſon, etwa 150 000 Mann, nach Fontainebleau 45 Kilometer ſüdlich von Paris überführt. Eine Scheinbeſatzung von kaum 10000 Mann blieb in Paris, ſei es um den Feind zu täu— ſchen, ſei es, um der Bevölkerung die wahren Abſichten des Militärgouverneurs Gallieni zu verhüllen. Dieſe Abſichten waren völlig klar: Paris ſollte ohne Kampf geräumt werden.“ Weittragende politiſche Erwägungen haben Poincare veranlaßt, dahin zu drängen, daß Paris den Deutſchen ohne Kampf übergeben werde. Die Bordeauxer Regierung hatte alles In- tereſſe an der eheſten Beſetzung von Paris. Ein beſetztes Paris konnte keine Gegenregierung aufſtellen, keine Kommune proklamieren, wäh— rend im freien Paris zur Zeit der Flucht der Regierung nicht vorausgeſehen werden konnte, was eintreten dürfte. Die politiſchen Bedenken haben Poincare zu jenem Gipfel der Schande veranlaßt, der die Hauptſtadt preisgab, um ſich vor ihr zu ſchützen.“ „Seit dieſen Tagen bis auf heute frage ich mich, warum die Deutſchen in Paris nicht ein— marſchierten? Waren ſie von der militäriſchen Entblößung Paris' nicht unterrichtet? Warum iſt die Armee des Generals on Kluck Ende Auguſt in das entblößte Pa⸗ eis nicht einmarſchiert?“ Wucht in gerader Linie aus Belgien bis auf die Tore von Paris vordrang. 20 Kilometer von Paris blieb ſie plötzlich ſtehen, während die vor einer Belagerung zitternde Bevölke— rung ſie ſtündlich gleichſam als Erlöſer erwar— tete. Flankenbedohung? Verſpätung im Muni— tionsnachſchub oder dergleichen? Konnte von Kluck dieſen Umſtände aufhalten, in die Haupt⸗ ſtadt einzurücken, wenn er von der Lage der— ſelben Kenntnis gehabt hätte? Vier Ulanen mit der weißen Fahne und der Aufforderung zur Uebergabe von Paris hätten genügt, um Herr der Haupt⸗ ſtadt zu weden, der Krieg wäre entſchieden bald nachher been— det und der ganzen Weltgeſchichte ein anderer Lauf zuteil geworden, als den wir ſeither er⸗ lebten.“ „Heute noch, 17 Jahre nach den Vongän— gen, konnte ich von keiner Seite eine genü— gende Aufklärung über das plötzliche Abrücken der Armee Klucks von der Marne erhalten. Wenn von über die Entblößung der Hauptſtadt und die Intentionen des Militär— gouverneurs völlig im Unklaren war, ſo hatte dieſer letztere ſeine um ſo verläßlicheren Spione, die ihm von der unerwarteten Abſchwenkung der Deutſchen Nachricht gaben. Da wagte das Genie Gallienis das große Va⸗Ban-ſue⸗Spiel: Entgegen den Befehlen des Oberkommandos und der in Bordeaux tagenden Regierung ließ er die in Fontainebleau feſtgelegte Garniſon von 150000 Mann in Eilmärſchen heranrücken. In der Nacht vom 4. auf den 5. September ſah ich die endloſen Züge der Armee dom Fenſter meines Klubs am Boulevard Poiſſongiere vor— überziehen. Ich verſtand ſofort, worum es ſich bandelte. Gallieni überrumpelte die üherraſchten Deutſchen an der Marne, die auf die Verantwortung dea vom deutſchen Faupiquartier in Kreuznach bevollmächtigten Olerſtlenenants Henſch den Nükzeig antraten. ahne daß ein zwingender Grund? lag 7 2 5 Kluck bierzu vor— Vie ſogenannte Schlacht an der Marue bleibt bis beute noch ein ungelöſtes Ratſel. Daß die Franzoſen ſelbſt den dortigen Vor— gängen nicht die ungeheure Tragweite beima— ßen, die ſich ſpäter herausſtellten, beweiſt der Umſtand, daß das Wort„Sieg“ erſt mehrere Monate ſpäter ausgeſprochen wurde. Die hei— lige Genoveva, Schutzpatronin von Paris, ſo „Tatſache iſt, daß die Armee von Kluck gleich einem Pfeil mit ungeheurer Schnelligkeit und hieß es allgeme'n, habe die Deutſchen an der Marne in Verwirrung gebracht und Paris ge⸗ rettet.“ Aktuelle Weltwochenſchau N 15 A N 1 CAH NEU Oben: Im Reichstag ſtolz Herr Brüning ſpricht: „Den 48 er brauch ich nicht!“ Unten: Der Wahlſpruch unſrer Zeit heißt„Schnell!“ Den Weltrekord errang Campell. Den Maxe man verhaftet hat, Der Boxkampf findet trotzdem ſtatt. Gekrönt jetzt wurde in Paris, Miß Frankreich zur Europa Miß. Viebzucht zu ge anziehung doch gut gewesen ſein, fonſt hatten ſie keine Hel⸗ jung herbeiführen können!“, ſo meinten wee Harmloſen. Dieſe Folgerung iſt völlig abwegig Jede beliebige Behandlunsmethode kann, wie eine franzöſiſche mediziniſche Zeitſchriſt ausſührt, mehr oder weniger nachhaltige Beſſerung zur Folge haben, wenn nur der Patient Vertrauen zur Behandlung hat, und wenn dadurch eine Art von Nervenreaktion ausgelöſt wird, welche die organiſche Widerſtandskraft oft genug in gerade⸗ zu wunderbarer Weiſe verſtärkt. Die Zeitſchriſt zitiert dazu einen humoriſtiſch gehaltenen Bericht, den ein franzöſiſcher Arzt. Dr. Mathieu, mitzutei⸗ len weiß. Vor einigen Jahren hatte Dr. Mathien den Beweis für die Beeinfluſſung erbracht, die eine einfache ſubkutane Einſpritzung eines Kubik⸗ zenumeters Salzwaſſer, dem man zu dieſem Zweck den geheimnisvollen Namen„Antiphymoſe“ bei⸗ gelegt hatte, auf die Langenſchwindſüchtigen des Andralhoſpitals hervorbrachte. Die Einſpritzun⸗ gen wurden in regelmäßigem Turnus fünf bis ſechs Tage lang hintereinander vorgenommen. Man hatte ſelbſtverſtändlich Sorge getragen, den Patienten die„Antiphymoſe“ als eine aufſehen⸗ erregende Neuentdeckung anzupreiſen. Die Kran— ken wurden einer peinlich genauen Beobachtung unlerzogen, u. alltäglich wurden die Ergebniſſe d gezeichnet. Dieſe Ergebniſſe übertrafen alle C vartungen. Nach einigen Tagen konnte man die Wiederbelebung des Appetits feſtſtellen. zu— gleich eine Abnahme des Huſtenreizes, des Aus w. fs, der Nachtſchweiße, ja ſelbſt der tuberkulö⸗ ſen Symptome. Dieſer Befund war überdies von einer Gewichtszunahme begleitet, die zwi— ſche 1500 Gramm und 3 Kilogramm ſchwankte. Alle Symptome kehrten aber wieder, ſobald die E! pritzungen eingeſtellt wurden Es bleibt nur zu, edauern. daß es noch immer allzuviele Leute gibt, die geneigt ſind, ihr Vertrauen den verſchie— denen„Antiphymoſen“ zu ſchenken, die ihnen von Quackſalbern aller Gattungen angeprieſen werden Eden Ant coſti Das Reich des Schokoladenkönigs im St.Lorenz⸗ Golf. Im Jahre 1895 hatte der bekannte franzö⸗ ſiſche Schokoladenfabrikant Menier, der ſich ein ausſichtsreiches Jagdterrain ſichern wollte, kur— zerhand die zur kanadiſchen Provinz Quebec ge— hörende Inſel Anticoſti im St. Lorenz-Golf an⸗ gekauft. Mit ihren 8400 akm iſt die Inſel etwas größer als Korſika. Menier begnügte ſich nicht damit, ſeinen Beſitz als Jagdgrund zu benutzen, ſondern brachte es fertig, das Terrain, das beim Ankauf eine Wüſtenei geweſen war, aus eigenen Mitteln zu einer blähenden Kolonie umzugeſtal⸗ ten. Zu dieſem Zweck wurden die verſchiedenſten Tierarten heimiſch gemacht, Häfen. Eiſenbahn⸗ linien, eine Flotte. Hotels, Kirchen und Schulen geſchaffen. Kurz, Menier tat alles, um das Land zu ziviliſieren, ohne ihm indeſſen ſeinen ur⸗ ſprünglichen Charakter zu nehmen. Die Inſel ſt heute ein Eden, das Reiſeziel vieler reicher Amerikaner, die voller Entzücken zurückkehren. Dank ihrer Lage hat die Inſel Anticoſti, die Kanada vorgelagert iſt und in der Nähe von Neufundland liegt, eine Wichtigkeit erlangt, die erſt in neuerer Zeit richtig erkannt wurde. Als 4535 der franzöſiſche Reiſende Cartier im St. Lorenz-Golf ankerte und im Namen des Königs von Frankreich von dem verlaſſenen Lande Be ſitz nahm, entdeckte er die Inſel, die ſpäter ſei— nem Begleiter Sire de Joliet als Lehen gegeben wurde. Sie blieb zwei Jahrhunderte lang in Beſitz der Familie Joliet und wurde dann von den letzten Erben an eine kanadiſche Geſellſchaft verkauft. Aber auch dieſe tat nichts für das Land, ſodaß die Inſel ſchließlich zur öffentlichen Verſteigerung kam, in der ſie, da niemand bot, Menier für billiges Geld erſtand. Das Klima der Inſel iſt vorzüglich, wenn auch die Winter— temperaturen hohe Kältegrade erreichen. Anti⸗ coſti iſt daher ein unvergleichliches Terrain für den Winterſport und bietet einem Multimilli⸗ onär daneben die denkbar beſte Gelegenheit, ſei— nem Jagdvergnügen zu huldigen. Aber Menier hatte einen höheren Ehrgecz. Er war ſich bewußt, daß ihm der Beſitz eines Landes, das ſo reich an fiſchreichen Gewäſſern, Seen, Urwäldern und fruchtbaren Aeckern iſt, Pflichten und Verantwortung auferlege. Zu— nächſt ging er daran. den leichteren Zugang zur Inſel durch Anlegung von Landungsplätzen zu ſichern und in der Umgebung des Haupthafens, der den Namen„Port Menier“ führt, Seen auszutrocknen, eine Normalſpurbahn zu bauen, die 45 Kilometer weit ins Innere führt, Straßen anzulegen und Hunderte von Quadratkilometern zu entwäſſern, um ſie der Landwirtſchaft und der nen. Zur Ausführung die— ſes Programms war ſelbſtverſtändlich die Her von geeigneten Arbeitskräften not— wendig. Menier wählte ſein Perſonal unter Franzoſen oder franzöſiſchen Kanadiern und brachte auf dieſe Weiſe eine Kylonie zuſammen die heute rund tauſend Köpfe zählt. Zur Auf⸗ nahme der Bevölkerung wurben überall Häuſer und Wohnungen geſchaffen und für die Beſucher die ſich bald einſtellten, ein Hotel gebaut. Spä⸗ ter wurde eine Flotte gebaut, als eine ſtändige' Verbindung mit Quebee und Kanada unum-, gänglich notwendig geworden war. Aber auch die geiſtigen Bedürfniſſe der Bevölkerung wur— den nicht vernachläſſigt. Es entſtanden Schulen, eine Kirche, ein Theater, ein Kino und ein Or⸗ cheſter. Verwaltungsrechtlich bildet das Recht des Grundherrn der Ausgangspunkt der geſetz— lichen Gewalt des Inſelkönigreiches. Während der Abweſenheit des Grundherrn führt ein Stellvertreter als Gouverneur die Geſchäfte, unterſtützt von einigen Gehilfen, die ſozuſagen als Reſſortminiſter des Staates ihres Amtes walten. Die Polizeigewalt wird durch einen ka⸗ nadiſchen Polizeiwachtmeiſter und durch ſeine Untergebenen vertreten, die als Feldhüter Dienſt tun. Sie haben das Recht, jeden, der ſich gegen die Geſetze vergeht oder als unerwünſchter Frie⸗ densſtörer gilt, feſtzunehmen und ins Gefängnis zu bringen, denn auch Anticoſti hat ein Gefäng⸗ nis. Dort verbleibt der Uebeltäter, bis er zur endgültigen Beſtrafung der zuſtändigen kanadi⸗ ſchen Behörde übergeben wird.