Lokale Nachrichten Hezirkstagung der kath. Arbei⸗ tervereine. Am Sonntag, den 21. Juni 1931 findet die Bezirkstagung der kath. Arbeitervereine des Bezirkes Worms in Gernsheim im Gaſthaus zum deutſchen Haus am Bahnhof ſtatt. Die Be- zirksverſammlung beginnt nochmittags 3 Uhr. Herr Landtagsabgeordneter Weſp, Darmſtadt wird referieren über das Thema:„Wo ſtehen wir, wo— hin gehen wir.“ Die Mitglieder unſerer Vereine, ſowie deren Angehörigen und auch Freunde unſerer Bewegung ſind herzlichſt zu dieſer Verſammlung eingeladen. Der Verſammlung geht nachmittags 2 ½ Uhr eine„Vorſtändekonferenz“ voraus, wozu wir die einzelnen Vereine und Sektionen um Ent— ſendung von Vertretern bitten. *Neichsarbeiterſporttag am 5. Juli. Den Vereinen zur Kenntnis, daß der R. A. S. T. am 5. Juli abgehalten wird. Man vermeide Doppelveranſtaltung. Das Mürchen von der Fahrradſteuer. Seit kurzem geht im Publikum das Gerücht von einer unmittelbar bevorſtehenden Fahrradſteuer. Wir haben uns an zuſtändiger Stelle erkundigt und auch in Berlin erfahren, daß keine derartige Steuer beabſichtigt iſt. Auch in Heſſen iſt keine derartige Steuer geplant, ganz zu ſchweigen da— von, daß von einer Fahrradſteuer in der neuen Notverordnung mit keinem Wort die Rebe iſt. Es dürfte ſich deshalb empfehlen, derartigen tendenziöſen Nachrichten energiſch en'gegenzu— treten. Proteſt gegen die Notver⸗ ordnung. Es wird geſchrieben: General von Deimling tritt aus Proteſt gegen die Notverordnung dem Reichsbund der Kriegs⸗ beſchädigten bei. Am 6. und 7. Juni l. Is. hat in Baden- Baden der 9. Gautag des Gaues Baden ſtattge⸗ funden. Die Empörung über die durch die Not- verordnung der Reichsregierung diktierten Maß- nahmen beherrſchte die ganzen Verhandlungen. Der Proteſt kam beſonders in einer am Sonntagmittag einberufenen großen Kundgebung zum Ausdruck. Wieder waren mehr als 5000 Kriegsopfer er- ſchienen. Als Referenten waren der Bundesvor⸗ ſitzende Pfändner und General Deimling vorgeſehen. Von Deimling ſollte erſt nur über die Gefahr eines künftigen Luftkrieges und die Notwendigkeit der Abrüſtung ſprechen. Unter toſendem Beifall der 5000 erklärte er, daß er als Proteſt gegen die neue Notverordnung vor Beginn der Verſamm— lung ſeinen Eintritt in den Reichsbund vollzogen habe. Die Verſammlung nahm nach dem Referat Pfändners eine Entſchließung an, in der ſie der Empörung und dem Proteſt der Kriegsopfer gegen die Notverordnung Ausdruck gibt. In der Ent- ſchließung wird vom Reichstag die umgehende Auf— hebung aller einſchränkenden Maßnahmen verlangt— Für die hieſige Ortsgruppe findet am Mitt⸗ woch, den 24. Juni l. Is. im Eichbaum eine all gemeine Mitgliederverſammlung ſtatt, in welcher Kamerad Neff ein eingehendes Referat über die neuen Geſetzesänderungen und die ſoziale Lage der Kriegsopfer halten wird. Hierauf ſeien die Mit⸗ glieder beſonders hingewieſen. N. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Turnerbund. Donnerstag Abend ½d8 Uhr ſämt⸗ liche Trommler und Pfeifer auf dem Sportplatz. Vollzähliges Erſcheinen wird erwartet Der Turnausſchuß. Verein für Sport u. Körperpflege 1896. Donners⸗ tag Abend halb 9 Uhr Vorſtandsſitzung beim 1. Vorſitzenden. Wegen dem bevorſtehenden Feſt am 18.— 19. Juli iſt es Pflicht eines jeden Vorſtandsmitgliedes pünktlich zu erſcheinen. Reichsbanner Schwarz⸗Rot⸗Gold. Donnerstag ab 6 Uhr Training der Schutzſportler auf dem Platz. Freitag Abend 9 Uhr Verſamm⸗ lung der Aktivität insbeſondere aller Jungkameraden betr. Beteiligung an der Sonnwendfeier am Samstag abend in Ob.-Fl., dortſelbſt Gründung einer Ortsgruppe. Alles nähere in der Verſamm⸗- lung. Pünktlich erſcheinen. Die techn. Leitung. Mänuuer⸗Geſangverein. Donnerstag Abend 8 ½ Uhr Singſtunde. Pünktliches Erſcheinen. Der Präfident. Radfahrer⸗Berein„Eintracht“. Samstag, den 20. Juni abends halb 9 Uhr im Vereinslokal zur Vorſtadt Mitgliederverſammlung. Zu recht zahlreichem Beſuche ladet freundlichſt ein. D. V. N. B. Nach der Verſammlung gemütliches Bei- ſammenſein bei einem Faſſe Freibier. D. O. G.-V. Sängerbund. Freitag Abend halb 9 Uhr Singſtunde. Der Vorſtand. Danksagung. Für die vielen Beweise herzlicher Anteilnahme bei dem schmerzlichen Verluste unserer lieben, guten Mutter, Großmutter, Urgroßmutter, Schwiegermutter, Schwester, Schwägerin und Tante, Frau Maria Bugert geb. Wunderle ferner für das zahlreiche Geleite zur letzten Ruhestätte und für die vielen Kranz- und Blumenspenden sagen wir hierdurch herzlichen Dank. Besonders innigen Dank der hochw. Geistlichkeit für den trostreichen Beistand, den ehrw. barmh. Schwestern für die iebevolle aufopfernde Pflege, sowie den Stiftern von Seelenmeßen. Viernheim, den 18. Juni 1931. Die tieftrauernden Hinterbliebenen. 8.——— — 8 15 8 —————— 5B3ůZ—ÿ;; ̃..,.. .————— —— — Am Sonntag, den 21. Juni 1931, vormittags halb 6 Uhr findet eine Uebung der Freiw. Feuerwehr u. der Pflichtmannſchaft des Jahrganges 1907 LV. ſtatt. Signal 5 Uhr. Wer von der Pflichmannſchaft unentſchuldigt fehlt wird zur Anzeige gebracht. Muſik und Spielleute haben anzutreten. Viernheim, den 17. Juni 1931. Das Kommando: Kempf. cuerwehr⸗Aebung la. leichte Stahlhacken Sensen, Rechen, Siellkannen zwiſche feld- und Gartengeräte Drahigeflechtojed. Art kaufen Sle äuferst billig bei Auab Honk. Wünkendach Wasserstrae 25([Palz] Gpak⸗ U. Weihnachtshaſſe 1 Freitag, den 19. Juni abends 8 ¼ Uhr im Gaſthaus zum„Kaiſerhof“ bei Mich. Froſchauer Miiglieder⸗Verſammlung. ö Tages-Ordnung: „Berichterſtattung über den gewonnenen Prozeß gegen 5 den früheren Vorſtand durch Herrn Rechtsanwalt Lö ſch. 2. Verſchiedenes. Die Mitglieder werden dringend wie höflich er⸗ ſucht zu dieſer„wichtigen Verſammlung“, da dies die letzte ift, vollzählig zu erſcheinen. Kein Trinkzwang. Der Vorſtand. Bauern- Verein Konkurrenzlos in Preis und nalität ſind unſere Futtermittel um Lager: Gerſte und Haferſchrot,— Erdnuß und Palmkuchen für lungvien: Fate Beazree, Maisflocken, Milchana, gew. Futterkalke, Salinen⸗Viehſalze Hünnerfutter: Gere, Weizen Gerſte, Mais und Miſchfutter. NB. Alle Düngerſorten noch vorrätig Harn⸗ Kopfſalat Lauch⸗, und Pellerieſetzlinge zu verkaufen Ludwigstraße 18. H l eee eee F erleinstes Tatel b box. Nba Rathausſtraße 50 Lorſcherſtraße 8 Zur Turnerbund. Freitag abend halb 9 Uhr Spieler⸗ verſammlung. Anbetracht des am Sonntag ſtatt⸗ findenden Entſcheidungsſpieles in Hockenheim bitte ich um vollzähliges Erſcheinen, beſonders der 1. Mannſchaft. Der Spielwart. Geſangverein„Flora“. Freitag Abend 8 Uhr Singſtunde. Um vollzähliges und pünktliches Erſcheinen bittet Der Vorſitzende. Heute Donnerstag Abend 7 Uhr D. T. Fauſtball ſpiel Mannſchaft der Lehrer— Turnerbund. Sonntag Nachmittag 4,15 Uhr in Hockenheim Tg. Oftersheim— Turnerbund Viernheim. End⸗ ſpiel in der Jahnrunde 1931. Abfahrt wird im Lokal bekannt gegeben. Die Leitung. läng punkt 9 Uhr im Karpfenſaal T. G.(ohne Trinkzwang.) Tagesordnung Heßheim(Pfalz.) Die Leitung. Freitag abend Sportlerverſamm-⸗ Wochenplan der Gp. Bag. Amteltia 09 E 8. Heute Abend Tr. der 1. Mannſchaft. 8 Freitag 7 Uhr Tr. der Schülermannſch. halb 9„ Spielausſchußſitzung im Lokal zum goldenen Stern. Vorſchau für Sonntag: Großes Freundſchaftsſpiel auf dem Waldſportplatz Amicitia 09 Viernheim—„Olympia“ Lorſch Bezirksliga Bezirksliga Anfang 4,30 Uhr. eee e enen IS TSE SMATTER zu beziehen durch: die Buchhandlung. einplente guess bol 1 Einen n, Panplatz Liter 5570 181. Tafel! Liter 951,05 1,20 ca. 500 qm gegen bar zu kaufen geſucht. 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Juni 1931, verſteigere ich in Viernheim, teilweiſe im Verſteige rungslokal und teilweiſe an Ort und Stelle öffent- lich, zwangsweiſe, meiſtbietend gegen Barzahlung: Mobilien, Eiurichtungs⸗ und Gebrauchsgegen⸗ ſtände aller Art, darunter insbeſondere: 1 Büffet, 1 Credenz, 1 Vertikov, 1 Waren⸗ ſchrauk, ferner 2 Grammophone, 1 Klavier, 1 Bohrmaſchine, 1 Partie Textilwaren wie Kleiderſtoffe, Koltern u. ſ. w., 1 Pferd, 1 Rind, mehrere Schweine u. a. Zuſammenkunft der Steigkiebhaber nachmittags 2 Uhr im Gaſthaus zum Pflug, Weinheimerſtraße. Lampertheim, den 18. Juni 1931. Köhler Gerichtsvollzieher in Lampertheim. Bekanntmachung. Betr.: Zuckerſteuer. Zucker(Rüben⸗, Stärke- und Rohrzucker uſw.) der ſich am 16. Juni 1931 im freien Verkehr, d. h. außerhalb eines Herſtellungsbetriebes, eines Ausfuhrlagers oder eines Zollagers befindet, unter- liegt einer Nachſteuer in Höhe von 10.50 Mark für 100 Kg. Wer am 16. Juni 1931 im freien Verkehr be ⸗ findlichen Zucker im Beſitz oder Gewahrſam hat, iſt verpflichtet, ihn bis zum 23. Juni 1931 dem Zoll amt Viernheim unter Angabe der Gattung, der Menge und des Aufbewahrungsortes ſchriftlich oder in einer von der Zollſtelle aufzunehmenden Ver⸗ handlung anzumelden. Zucker, der ſich am 8. Juni unterwegs befindet, iſt vom Empfänger an⸗ zumelden, ſobald er in deſſen Beſitz gelangt iſt. Mengen bis zu 100 Kg Eigengewicht bleiben von der Nachſteuer befreit und ſind auch nicht an⸗ zumelden. Beſinden ſich mehr als 100 Kg. in dem Beſitz eines Nachſteuerpflichtigen, ſo iſt der geſamte bei ihm vorhandene Vorrat nachzuverſteuern. Viernheim, den 16 Juni 1931. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. J. V. Roos. Hedderich Kainit u. nigtölten Kalkſtickſtoff * Eheiſnan Adler z. Traube Düngerhandlung. tet Gelegenheit, viernheimerfinzeiger 9 9 0 (Viernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Viernh eimer Zeitung(Viernheimer Bürger-Ztg.— Viernh. Volksblatt) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,50 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeſtige illuſtrierte Sonntagsblatt„Sterne und Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fernſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Ar. 140 5 Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor— mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Der engliſche Gegenbeſuch in Berlin macdonald und Henderſon kommen am 17. Juli— Stimſon wird am 21. Juli erwartet Fortſetzung der freimütigen Kusſprache London, 18. Juni. Wie Reuter er⸗ fährt, werden Premierminiſter Macdo⸗ nald und Außenminiſter Henderſon am 17. Juli zu ihrem Gegenbeſuch in Berlin eintreffen. Berlin, 18. Juni. Von unterrichteter Seite wird uns die Londoner Meldung über den Berliner Beſuch Macdonalds und Henderſons beſtätigt, und zwar ſind für den Aufethalt drei Tage, der 17., der 18. und der 19. Juli vorge⸗ ſehen. Die engliſchen Gäſte dürften alſo vor⸗ ausſichtlich Freitag früh in Berlin eintreffen und am darauffolgenden Sonntag Abend oder Montag früh zurückreiſen. In Berliner politi⸗ ſchen Kreiſen wird es begrüßt, daß der Beſuch, den man in der Oeffentlichkeit vielfach erſt im Herbſt für möglich hielt, nun doch ſchon erfol⸗ gen ſoll und daß daran nicht nur der engliſche Außenminiſter, ſondern auch Macdonald haupt⸗ beteiligt ſein wird. Ebenſo wie vor dem Beſuch der deutſchen Miniſter in England muß auch heute davor gewarnt werden, von der neuen Zuſammenkunft außergewöhnliche Ergebniſſe zu erwarten. Das Berliner Beiſammenſein iſt das natürliche Gegenſtück zu Chequers. Es bie⸗ die dort begonnene freund⸗ ſchaftliche und freimütige Ausſprache ſchon nach ſechs Wochen fortzuſetzen. Sie wird ſo zwang⸗ los ſein wie damals und alle Fragen umfaſſen, die die beiden Länder und ihr Verhältnis zu dem übrigen Europa berühren. Es iſt ſelbſtver⸗ ſtändlich, daß man ſich dabei auch darüber aus⸗ ſprechen wird, wie ſich die Situation ſeit Che⸗ quers entwickelt hat. * enb Berlin, 19. Juni. Die Deutſche Allge⸗ meine Zeitung begrüßt die Nachricht, daß der Kanzlerbeſuch in Chequers von den Herren Mac Donald und Henderſon ſchon an 17. Juli in Berlin erwidert werden ſoll. Die Beſchleunigung des Gegenbeſuches erklärt ſich— nach Anſicht dez Blattes— aus der Zuſpitzung der Tributfrage und der Unmöglichkeit für Deutſchland(trotz he⸗ roiſcher Anſtrengungen, ſeiner finanzieller Schwierigkeiten balb Herr zu werden, ſoſern es die unmoraliſchen und unerträglichen Kriegstri⸗ bute weiter bezahlen muß. Das Transſer⸗Mora⸗ torium bringe uns keinerlei weſentliche Entla⸗ ſtung, außer in rein pſychologiſcher Hinſicht. Ein großer bonſtruktiver und ſchöpferiſcher Plan zur Sanierung der Welt ſoi nötig, und das Britiſche Reich habe daran ein ebenſo großes Intereſſe wie die anderen Induſtrieſtaaten. Der einzige Wunſch der ſich an den Berliner Beſuch der britiſchen Miniſter knüpfen laſſe ſei der, daß ſie ſich per⸗ ſönlich von der Lage der Dinge in Deutſchland überzeugen mögen, um daraus ihre Schliiſſe zu ziehen. Es ſei jetzt kurz vor 12, und wenn Eng⸗ land, das für den friedlichen Wiederaufbau Eu⸗ ropas eintrete, das Gebot der Stunde richt er⸗ kenne, werde ſich der überall vorhandene Peſſi⸗ mismus noch ſteigern, und niemand könne das Ende abſehen. Das Blatt vermutet, daß lebhafte Bemühungen unternammen wer⸗ den, um auch eine deutſch⸗franzöſiſche Aus⸗ ſprache herbeizuführen. obwohl ihr negati⸗ ves Ergebnis von vornherein feſtſtehen dürfte. Viel nötiger ſei ein Geſprüch mit Nom, Es müſſe gehandelt werden, che es zu ſpät ſei, gehandelt deutſcherſeits durch den Beweis, daß uns zu tun faſt nichts mehr übrig bleibe. Die„Germania“ ſchreibt: Der Beſuch der ho⸗ engliſchen Gäſte wird im ganzen deutſchen mit dem Geſeihl aufrichtiger Freundſchaft begrüßt werden. Es erübrigt ſich, darauf hinzu⸗ iſen, daß dem engliſchen Beſuch über das Ge⸗ Üiſchaftliche hinaus auch eine nicht geriuge po⸗ che Bedeutung zukommt. Steatsfekretüt Stimſon am 21. Juti in Berlin. enb Berlin, 18. Juni. Wie wir erfahren. wird der amerſtaniſche Staatsſekretär Stimſon, ber befanntlich eine große Europareiſe zu machen be⸗ abſichtigt, am 21. Juli in Berlin eintreffen. Er Wird vorher Nom und Paris beſuchen und dann von Berlin. ahren. Das Datum eines Berliner Beſuches iſt beſonders itereſſant im Zuſammenhang mit dem der neuen Zuſam⸗ menkunft der deutſchen und der engliſchen Staatsmänner. Stimſon wird alſo ſchon zwei Tage nach dem Beſuch Mac Donalds und Hen⸗ derſons in Berlin weilen, und es wird bereits möglich ſein, in den Beſprechungen mit ihm die Ergebniſſe der deutſch⸗engliſchen Ausſprache zu verwerten. Es erſcheint beſonders bemerkenswert, daß die Schldenfrage mit den Verretern der bei⸗ den Staaten bereits zu einem ſo frühen Zeit⸗ punkt ſtattfindet, umſomehr, als man in Berli⸗ ner politiſchen Kreiſen für Mitte Auguſt die Ein⸗ leitung der Aktion der Reichregierung in der Reparationsfrage erwartet. Gegen die Ueberwucherung des öffentlichen Cebens Kampf um die Wirtſchaſtsfreiheit— Hanſabund und Notverordnung Berlin, 19. Juni. Der Hanſabund für Ge⸗ werbe, Handel und Induſtrie veranſtaltete ge⸗ ſtern abend im Großen Feſtſaal von Kroll eine Kundgebung, zu der eine große Anzahl von Vertretern der Länder, zahlreiche Abgeordnete des Reichstages und des Landtages, Vertreter der Reichs⸗, Staats⸗ und ſtädtiſchen Behörden, ſowie der Wirtſchaft und der Preſſe erſchienen waren. Die Eröffnungsanſprache hielt der Präſident Dr. Hermann Fiſcher, M.d. R. Er hatte ſeinen Ausführungen die Grundparole„Wirtſchafts⸗ freiheit gegen Wirtſchaftsnot“ zugrunde gelegt und knüpfte damit bewußt an die Traditionen des Bundes an, der 1909 gegründet worden iſt, um, wie der Redner erklärte, den Geſetzen der Marktwirtſchaft wieder Geltung zu verſchaffen. Er müſſe ſich verwahren, daß dieſem Kampfe egoiſtiſche Motive unterſtellt ſeien. Nicht um das Wohl des Unternehmers allein, erklärte Fiſcher, werde er geführt, ſondern um das des Volksganzen, darum, daß der Wille des Ver⸗ brauchers aus den ſtaatlichen Schranken losge⸗ löſt werde, um wiederum frei und ungebunden die Preis⸗ und Wirtſchaftsgeſtaltung regulieren zu können. Denn damit, ſo ſagte der Redner, erweiſe ſich der ſcheinbare Kampf um Unternehmer⸗ intereſſen als die mahre nationale, ſoziale und kulturelle Miſſion der heutigen Zeit und darüber hinaus als ein Kampf um die endgültige Ueberwindung der Welt⸗ mirtſchaftskriſe. Gegen die Politik erhob er in dieſem Zuſam⸗ menhang die jetzt ſo häufige Beſchuldigung, ſie habe ein Jahrzehnt lang die willkürliche Verla⸗ gerung wirtſchaftlicher Kräfte erzwungen, ein Porgang, der ſich mit unerbittlicher Zwanas⸗ ſäufigkeit in allen Wirtſchaften unter allen Pölkern räche und rächen müſſe. Nicht unter Freiheit der Wirtſchaft litten alle, ſondern unter der Uebermucherung des öffentlichen Le⸗ bens und der Wirtſchaftsvolitik mit Kollektiv⸗ gebilden. Kamuf um die Wirtſchaftsfreiheit, ſo ſchloß er ſeine Ausführungen, in dieſer Stunde ſei daher, zu tiefſt gedeutet. Kampf um natio⸗ nale und internationale Freiheit. Hierauf ſprach der Direktor des Hanſabundes, Moſich, über das Thema„Was wir fordern“. Er führte u. a. aus, daß die letzte Notverordnung der Reichsregierung nicht in der Lage ſei, die Not unſerer Finanzen und die ſozialen Schwie⸗ rigkeiten zu überwinden. Es gelte, gezogene Grenzen für die Wirtſchaftsmöglichkeit jeder ge⸗ genwärtigen Reichsregierung zu erkennen und daraus die Folgerung zu ziehen, daß dieſe Grenzen zu ändern ſeien. Der Redner betonte, daß der Reichsregierung die unmittelbare Ver⸗ antwortung nicht abgenommen werden könne. Eines der Irrtümer, der die Reichsregierung unterliege, beſtehe darin, daß ſie die Weltwirt⸗ ſchaftskriſe als Urſache der deutſchen Wirtſchafts⸗ not anſehe. Ein anderer Grundirrtum, ſo er⸗ klärte der Redner, beſtehe in der Steigerung oder auch nur in der Beibehaltung des Steuer— druckes, um die Finauaen in Ordnung zu brin- n— Das Verſiegen der Steuerquellen würde ſich heute in einem erheblich ſchnelleren Tempo vollziehen, als der Abbau der . öffentlichen Ausgaben. Weiter könne inan nicht alles Heil von der Be⸗ ſeitigung der Reparationen erwarten. Wohl be⸗ ſtehe kein Zweifel darüber, daß der moraliſche Ausgangspunkt der Reparationsforderungen ab⸗ zulehnen ſei, doch ſei eine endgültige Geſundung nur dann zu erreichen, wenn die Ordnung vor⸗ her im eigenen Hauſe hergeſtellt werde, damit wir den Reparationsgläubigern nicht auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ſeien. Um die öffentlichen Finanzen in Ordnung zu bringen. müſſe eine Erweiterung des Ausgabenabbaues in einem Maße gefordert werden, daß er dem Einnahmeſchwund zu vorkomme und darüber hinaus eine ſtarke Senkung beſonders drückender Steuern er⸗ mügliche. Der Ausgabenabbau in Reich, Ländern und Ge meinden müſſe erwa 20 Proz. des aus Steuern zu deckenden Zuſchußbedarfs der öffentlichen Hand oder 12 bis 15 Proz, der Geſamtheit der öffent- lichen Ausgaben umfaſſen. Ein„Unmöglich“, ſo betonte der Redner, dürfe und könne es hier nicht geben. Eine Senkung bezw. Beſeitigung der Ge— werbe⸗ und Vermögensſteuer und der Hauszins⸗ ſteuer müßte angeſtrebt werden. Um die minde⸗ ſtens zwei Milliarden RM u betragenden ſchwe⸗ benden Schulden der öffentlichen Hand zu ver⸗ ringern, miſſe an eine Subßbanzveräußerung Rieſenfeuer an der Moſel Ein Dutzend wohnhäuſer in Uerzig eingeäſchert 12 winzerfamilien obdachlos »Bernkaſtel, 18. Juni. In dem be⸗ kaunten Weinort Uerzig an der Moſel brach heute nachmittag gegen 17 Uhr Großfeuer aus. Bisher ſind etwa ein Dutzend Wohnhänſer eingeäſchert, alte Fachwerkhänſer, die zum Teil unter Denkmalſchutz ſtehen. Der Schaden iſt be⸗ trüchtlich, die Bewohner waren zum Teil nur ganz gering verſichert. Auch die Kir⸗ che des Ortes fing im Dachſtuhl Feuer, doch konnte hier der Brand rechtzeitig gelõ ſcht werden. Bernkaſtel, 19. Juni. Zu der Feuersbrunſt in dem Moſelort Uerzig wird noch mitgeteilt, daß der Brand geſtern nachmittag gegen 4 Uhr entſtand und, begünſtigt durch den ſtarken Weſt⸗ wind mit unheimlicher Geſchwindigkeit um ſich griff. Neun Häuſer brannten vollſtändig nieder, ein zehntes wurde ſchwer beſchädigt. 12 Fami⸗ lien, zumeiſt Winzer, ſind obdachlos geworden und haben faſt ihr ganzes Hab und Gut ver⸗ loten. Den Feuerwehren aus 12 umliegenden Ortſchaften und der Berufsfeuerwehr aus Trier gelang es, nach etwa vierſtündigen Bemühun⸗ gen, den Brand einzukreiſen, über deſſen Ur⸗ A bisher noch nichts feſtgeſtellt werden F det ebe 48. Jahrgang der öffentlichen Hand gegangen werden. Endlich trat der Redner für Aufhebung der allgemeinen Verbindlichkeit und der Unabdingbarkeit der Tarifverträge ein. um den Lohn den Marktver— hältniſſen anpaſſen zu können. Zum Schluſſe erklärte er, daß es ſich bei ſei⸗ nen Ausführungen nicht um Intereſſenpolitik handele, ſondern es läge die Pflicht des Staats⸗ bürgers vor, um einen neuen Wirtſchaftsauf— ſchwung zu kämpfen. Tagung der Stahlinduſtriellen enb. Berlin, 18. Juni. Auf der Tagung des Vereins Deutſcher Eiſen- und Stahlindu⸗ ſtrieller, die geſtern hier ſtattfand, betonte der Vorſitzende, Dr. ing. Poenſgen, daß die deut⸗ ſchen Wirtſchaftsverhältniſſe unmöglich allein durch innere Maßnahmen geſunden könnten. Die Laſten der deutſchen Notverordnung müß— ten auf die Dauer die deutſche Wirtſchaft zu⸗ grunde richten. Politiſche Auslandskrebite könn⸗ ten Deutſchland nicht helfen. Es brauche Ent⸗ laſtung der Produktion u. Förderung der eige— nen Kapitalbildung. Darum gehe die allge— meine Forderung des deutſchen Volkes, an der keine Regierung vorübergehen könne, auf einen weſentlichen und radikalen Abbau der Tribute. Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Schaffung eines größeren Wirtſchaftsrau— mes verwies der Redner zum Schluß auf den Plan einer deutſch⸗öſterreichiſchen Zollunion, der in einem Verbande privater Induſtrie— Intereſſen weiter erörtert werden könne. Zur Einleitung dieſer Erörterung hielt das ge— ſchäftsführende Hauptvorſtanosmitglied Dr. Reichert ein eingehendes Referat über den Ein- fluß des alten deutſchen Zollvereins auf die Eiſenwirtſchaft, während der frühere öſter— reichiſche Geſandte in Berlin, Miniſter a. D. Dr. Riedl, die Hauptfragen der geplanten deutſch⸗öſterreichiſchen Zollunion näher er— örterte. Er bezeichnete die Zollunion mit Deutſchland als den einzigen für Oeſterreich möglichen Auswegs aus ſeiner gegenwärtigen unhaltbaren Lage. Die Beſprechungen Mellons London, 18. Juni. Schatzſekretär Mellon hatte heute weitere Feſprechungen mit Macdo⸗ nald und Henderſon. Weiter wird gemeldet: Die heutige Unter— redung Mellons mit Macdonald und Henderſon dauerte eine Stunde. Ihr wohnte auch Monta⸗ gue Norman bei. Obwohl man verſichert, daß ſie einen unoffiziellen Charakter getrage habe, glaubt man allgemein, daß Mellon die Repa⸗ rationen, die Kriegsſchulden und die allgemei— ne finanzielle Lage beſprach. . 7 „Do X“ in Bahia wib. Natal, 18. Juni. Das Flugſchiff„Do&“ iſt heute früh 5.30 Uhr nach Bahia geſtartet. *** Bahia, 18. Juni.„Do. X“ diſt hier um 12.55 Uhr gelandet. Tagesnachrichten Deutſche Golddiskontbank. wib. Berlin, 18. Juni. Der Minoeſtſatz der deutſchen Golddiskontbank beträgt vom 18. Juni 1931 ab ſechs Prozent. Beſichtigungsreiſe des Reichsverkehrs⸗ miniſters. wtb. Berlin, 18. Juni. Zur Beſichtigung von Bauten im Gebiete des Mittellandkanals begab ſich Reichsverkehrsminiſter v. Guerard am 17. Juni nach Hannover. Von hier aus wurden unter Teilnahme des Oberpräfidenten Nofke von Hannover die Hindenburgſchleuſe bei Anderten ſowie die Häfen der Stadt Hildesheim und der Ilſeder Hütte beſichtigt. Dann folgte der Beſuch der noch im Bau befindlichen Strecke des Kanals bei Braunſchweig und des Gelän⸗ des, auf dem die Stadt Braunſchweig ſoeben mit dem Bau ihres Kanalhafens angefangen hat. Abends fand zu Ehren des Reichsverkehrs⸗ miniſters eine Zuſammenkunft ſtatt. 8 CTT e eee ee N A KNückixitt des aldenbuꝛgiocflen Nabinelts Dr. Caſſebohm, Miniſterpräſident von Oldenburg, iſt mit ſei⸗ nem Kabinett zurückgetreten. nachdem der Landtag einen Mißtrauensantrag gegen ihn annahm. Schüſſe der Tſcheka Von N. Jurſchewitſch. „Nein, Sie brauchen ſich um den Gefangenen keine Sorgen zu machen. Ich rechne räglich mit ſeiner Entlaſſung, denn es liegt abſolut kein be— laſtendes Material vor.“— So lautete der teleſoniſche Beſcheid, den wir vom Unterſuchungsrichter der„Deijabinſkaja“ (berüchtigtes Tſchekageſängnis in St. Petersburg) erhielten. Trotzdem zitterten wir um das Wohl unſeres—„Konterrevolutionärs“, der nun ſchon über zwei Monate im Geſängnis ſchmachtete. „Konterrevolutionär“, hieß es, als man ihn ver— haftete. Unter dieſer Bezeichnung pflegt ſich der geſittete Bürger einen Menſchen vorzuſtellen, der mit Bomben, Chiffrierdokumenten und At— tentaten die beſtehende Staatsform zu unterwüh— len oder gar zu ſtürzen ſucht. Im heutigen Ruß— land aber ſind Sie ſchon Konterrevolutionär, wenn Sie das Pech hatten, von angeſehenen oder gar wohlhabenden Cltern auf dieſer Welt empfangen worden zu ſein. Wehe Ihnen, wenn Sie ſich außer dieſem„Delikt“ noch einer ande— ren Straftat ſchuldig gemacht und z. B. die Hee— reslaufbahn eingeſchlagen haben und gar noch in einem vornehmen Regiment Dienſt getan ha— ben. So nämlich war es in dem Falle, von dem ich Ihnen erzählen will.“ Den Namen des Betrefſenden will ich Ihnen aus Rückſicht auf die noch lebenden Angehörigen des„Konterrevolutionärs“ nicht nennen. Er war Soldat, ſchlug ſich im Kriege tapfer, wurde ver— ſchüttet und mit einem Nervenleiden als Inva— lide aus dem Heeresdienſt entlaſſen. Später kam die Umwälzung. Auf die Zarenregierung folgte das Regime Kerenſkis, dieſer wieder mußte den Bolſchewiſten den Platz räumen.— Eines Tages wurde hart an die Türe des Invaliden geklopft. Draußen ſtand ein Auto der Tſcheka. Er mußte von den Seinen Abſchied nehmen. Nur mit einem Kopfkiſſen und der Zahnbürſte bewaffnet. beſtieg er— noch unter luſtigen Bemerkungen das Auto, in dem feſten Glauben, ſehr bald die Haltloſigkeit des Haftbeſehls zu beweiſen. Ja, im Hinausgehen meinte er ſcherzhaft zu ſeiner Frau, daß er gar nicht ungern die Erholungs— reiſe antrete; denn nun würde er wenigſtens für einige Tage den täglichen Sorgen enthoben ſein. Schon über zwei Monate waren ſeit dem An— tritt der„Erholungsreiſe“ vergangen. Unſere Sorge um den Vehafteten ſtieg von Tag zu Tag, um ſo mehr, als ſeine an einer ſchweren Grippe erkrankte Schweſter in ihren Fieberviſionen dau— ernd die Hinrichtung ihres Bruders ſah. De S 172 n eee JZuſtand der Kranken verſchlimmerte ſich unauf⸗ haltſam. Schließlich verweigerte ſie jede Nah⸗ rung mit den Worten:„Seht Ihr denn nicht. wie mein Bruder erſchoſſen wird. Es wäre eine Sünde, wenn ich jetzt noch eſſen wollte.“— Nach einigen Tagen verſtummte die Kranke für immer. — Wir beſchloſſen, dieſe Trauerbotſchaſt dem Gefangenen nicht zu vermitteln, da er ja nach ſeiner Entlaſſung noch früh genug vom Tode feiner Lieblingsſchweſter erfahren mußte, Wegen„Verdunkelungsgefahr“ war es kei⸗ nem von uns geſtattet, den„Staatsverbrecher“ im Gefängnis zu beſuchen.„Großherzig“ hatte man uns lediglich erlaubt, telefoniſch Erkundi⸗ gungen über ihn einzuziehen. Hiervon machten wir natürlich regen Gebrauch und erhielten im— mer wieder die beruhigende Antwort, daß„nach Erledigung der üblichen Formalitäten“() die Freilaſſung bald erfolgen werde.— Wie eine Granate ſchlug es daher bei uns ein, als plötz⸗ lich auf unſere übliche Frage der Beſcheid erteilt wurde, wir dürften nicht mehr anrufen, da die Unterſuchung einem anderen Dezernenten über— wieſen ſei, der ſich weigere, Auskunft zu geben, Es vergingen bange ſieben Tage, vierzehn Tage ——— da, am 19. Tag endlich wurde bei uns an die Haustür geplopft, ein älterer Herr trat ein und ſtellte ſich verlegen als Kommiſſar vor, der die Unterſuchung gegen den Verhafteten ge— führt hatte. Aus ſeinem nervös zuckenden Ge— ſicht war nicht ſchwer zu erraten, daß er mit einer Hiobsotſchaft zu uns gekommen war. Er ſprach ſtockend, langſam, wiederholte ſich oft, als wenn es ihm ſchwer fiele, alles das zu ſagen, was ſein Gewiſſen belaſtete. Bitte, hören Sie den Bericht dieſes Mannes: „... nachdem ich mich gründlich davon über⸗ zeugt hatte, daß kein belaſtendes Material vor⸗ liege, ordnete ich die unverzügliche Entlaſſung des Verhafteten an. Sollte meine Anordnung jedoch in Kraft treten, ſo mußte ſie auch die Unterſchrift meines Kollegen tragen. Ich ging zu ihm, teilte ihm meinen Wunſch mit. Doch ſtatt der Unterſchrift erhielt ich die abweiſende Antwort,„... ich befände mich unbedingt im Irrtum, wenn ich glaube, daß ein ehemaliger Offizier der Zarenarmee ſich keiner Uebertretung der bolſchewiſtiſchen Geſetze ſchuldig gemacht hätte.“ Danach verſuchte ich meinen Mitarbei⸗ ter zu überzeugen, daß abſolut keine Verdachts— momente vorlägen und daß man dem Verhaf— teten auch nicht das kleinſte Vergehen vorwerfen könne. Aber ich fand kein Gehör! Voller Auf⸗ regung über dieſe Ungerechtigkeit begann ich zu drohen, um auf dieſe Weiſe die Freilaſſung zu erzwingen. Ohne ein weiteres Wort zu entgeg— nen, verwies mich der Genoſſe aus dem Zimmer. ——— In meinem Zimmer angelangt, beſchloß ich, mein Amt als Unterſuchungsrichter nieder— zulegen. Mir wurde ein Zettel in mein Büro hereingebracht mit der Bemerkung, daß ich kein zuverläſſiger Beamter ſei und daß der Schreiber der Zeilen bereit wäre, mir am nächſten Morgen um 5 Uhr zu zeigen, wie man die Intereſſen der Bolſchewiſten-Regierung zu vertreten habe.— Ich wußte ſofort, was dieſe lakoniſche Notiz be— deutete... Am nächſten Morgen kam ich zur vorgeſchrie— benen Zeit zum Gefängnis. Auf dem Hof wurde ſchon„gearbeitet“. Etwa 50—60 Gefangene, nur mit einem Hemd aus Sackleinen bekleidet, wur— den auf zwei Laſtautos aufgeladen. Auf zwei weiteren Laſtwagen folgten ebenſoviele Rotgar— diſten, mit Karabinern bewaffnet. Ich mußte mit zwei Kommiſſaren, meinem„Kollegen“ und einem Offizier in einem Perſonenwagen Platz nehmen. Wozu ſollte ich mich weigern?— Ich hätte die Fahrt ja doch mitmachen müſſen, nur mit dem Unterſchied vielleicht, daß ich ſtatt im Perſonenwagen mit im Laſtwagen geſeſſen hätte. — Wir fuhren los, ein Todeszug voll beſtiali⸗ ſcher Grauſamkeit. Die Fahrt verlief zu ſchnell, bald waren wir auf dem„Heißen Feld“ ange kommen.— Die„Verurteilten“ wurden ausgela— den. Jeder von ihnen l W Jetzt wurde eine Reihe gebildet. Dann erhiel⸗ ten die Armen den grauenvollen Befehl, jeder ſolle für ſich ein Grab von dreiviertel Meter Tiefe ausheben Ich kann Ihnen nicht erzählen, welche Schrek⸗ kensſzenen ſich jetzt abſpielten. Die einen wein⸗ ten und ſchrieen, die anderen waren vollkommen ruhig und ſtill und mit vor Verzweiflung zu⸗ ſammengebiſſenen Zähnen, darunter auch Ihr Bekannter, aingen ſie an die furchtbare Arbeit. Einige, die ſich wie toll gebärdeten und nur langſam mit ihrer„Arbeit“ weiterkamen, wur⸗ den von den Soldaten mit Kolbenhieben und Fauſtſchlägen zur Eile angetrieben.——— Nach einer halben Stunde war die Reihe der Gräber fertig, die einen tief und groß, ſo daß die Schau⸗ felnden kaum nach zu ſehen waren, die anderen kaum einen halben Meter tief.— Jetzt wurde der Befehl erteilt, mit dem Geſicht zu den Hen⸗ vern Aufſtellung zu nehmen. Sie hätten dieſe Geſichter ſehen müſſen!— Viele, ſehr viele wa⸗ ren in der kurzen Zeit um Jahrzehnte gealtert, auch aus dem„Konterrevolutionär“ war ein weißhaariger Greis geworden.— Nach einem kurzen Kommando begann die Exekution. Da auf jeden Delinquenten nur ein Mörder kam, und nicht alle Kugeln bei der erſten Salve ihr Ziel trafen, mußten die ſchlechten Schützen noch ein zweites und drittes Mal anlegen. Ihr Bekannter wurde gleich bei der erſten Kugel ge— trofſen, jedoch leider nicht tödlich. Sich in Schmer— zen windend, bettelte er um einen Gnadenſchuß. Mit unflätigen Schimpſworten wurde ihm dieſer verweigert. Noch lebend wurde er in die Grube geworfen, mit Kalk übergoſſen und verſcharrt.“ 1 E rb: Der ehemalige Unterſuchungsrichter ſtand auf und verließ mit Tränen in den Augen unſere Wohnung. Lokale Nachrichten * Spopt⸗Vorſchau der D. J. K. Unſere 1. Fußball⸗Elf ſtellt ſich am kommenden Sonntage einer den hieſigen D. J. K. Freunden noch fremd er⸗ ſcheinenden Mannſchaft gegenüber. Die Deutſche Jugendkraft Oppau hat in den letzten Jahren erſt eine ſolche ins Leben gerufen, der man infolge ihrer Spieltüchtigkeit in der letzten Spielſerie des Pfalzgaues ſtarkes Intereſſe bekundete. Wollen wir da nicht über den Ausgang dieſes Treffens geſpannt ſein? Ueberzeugen wir am Sonntage den Gaſt⸗ geber davon, daß in unſerer Abteilung dem DI. Sporte ſtarke Begeiſterung und Sympathie ſtets zu⸗ teil iſt und tretet ein, für eine würdige Begleit⸗ mannſchaft. Nach außen hin macht dieſes einen ausgezeichneten Eindruck und erſt recht darf das nicht ins Hintertreffen gelangen, da unſere Blau- Weißen zum erſtenmal ihre Viſitentarte auf Oppaus Gelände abgeben. Seid daher, ſoweit jeder ab⸗ kommen kann, an Bord! Die Anſtoß- u. Abfahrts- zeiten werden heute Abend im Lokale veröffentlicht. Für unſere Anhänger bezw. Begleiter erfolgt die Bekanntgabe von morgen Samstag ab im Aushänge kaſten an der Drehſcheibe. Filmſchau. Der ſchönſte und luſtigſte Tonfilm der Welt Drei Tage Mittelarreſt. Dem Central-Film⸗Palaſt iſt es gelungen, tatſächlich den ſchönſten Tonfilm ⸗ Schlager nach Viernheim zu bringen. Es iſt das luſtigſte und ſchönſte was man ſich denken kann. Es iſt eine wahre Soldaten-Geſchichte aus der Vorkriegszeit. Tränen werden gelacht vor Vergnügen, allen bleibt die Luft weg vor Vergnügen und Heiterkeit. Man lacht in allen Tonarten und Tonſtärken, ja man brüllt vor lachen. So was war noch nie da. Wer krank iſt, wer Sorgen hat, der komme, hier lacht A: N nene Die Ablehnung der Anträge auf Ein⸗ berufung des Reichstags und des Haus— haltsausſchuſſes hat die politiſche Kriſe für einige Zeit beigelegt, ſodaß Brüning Ruhe hat, ſich den außenpolitiſchen Auf— gaben zuzuwenden. Brüning:„Hier ſind wir durch. Hoffent⸗ lich baben wir die politiſche Stratoſphäre er⸗ reicht, in der keine Stürme mehr toben.“ man ſich geſund, hier gibt es wieder neue Lebens- freude, hier wackelt die Wand und Tränen fließen vor lachen. Sind doch die erſten Tonfilm⸗Künſtler zu ſehen und zu hören z. B. Fritz Schulz, Lucie Engliſch, Felix Breſſart, Gretl. Theimer, Ida Wüſt u. a. mehr. Ueberall iſt dieſer Tonfilm das Ta⸗ gesgeſpräch, überall iſt großer Andrang, denn wer will nicht den ſchönſten und luſtigſten aller Ton⸗ filme ſehen und hören, zumal es noch ein Soldaten film iſt und Militärmuſik von der guten alten Zeit. Zwei Soldatenlieder ſind unter onderem ganz her- vorragend: 1. Der Soldat iſt tren, und er bleibt auch treu, weil er mit dem Herzen liebt. 2. Wa- rum ſo traurig, mach dir keine Sorgen, vielleicht wirſt du ſchon morgen glücklich ſein. Und alle ſind ſie glücklich denn: Soldatenleben, Schatz das heißt luſtig ſein uſw. Wer Soldat war, wird ſich dieſen Film anſehen, und wer keiner war erſt recht. So was muß man geſehen haben. Im 2. Teil zeigt man auch noch ein ausgezeichnetes Filmwerk„Die ſchönſte Frau von Paris“. Ein hochdramatiſches Schauſpiel in 7 feſſelnden Akten mit: Elga Brink und Werner Fütterer in der Hauptrolle. Alles in allem ein Bombenprogramm das einen großen Be⸗ ſuch zu erwarten hat. Vorzugskarten haben Gül⸗ tigkeit und Werktags zahlen Erwerbsloſe 1. Platz nur 50 Pfg. *. T. Cilmpalaſt. neueſte Ereignis der Filmkunſt. Die Stimme der Welt. Die Frau, nach der man ſich ſehnt. Der weiße Wildling. Die Golfteufel. Filmfreunde! Dieſe Großfilmſchau ſehen Sie für nur 40 Pfg. Die Senſation der Woche iſt die erſte tönende Wochenſchau im U. T. P. Die Stimme der Welt. Sie hören die größte Kirchenorgel der Welt, die 208 Regiſter und 17000 Pfeifen hat, noch nie Tonfilm— das Des Lebens seltsames Spiel. Roman von Eliſabeth Ney. Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(S) J. Fortſetzung.. Chriſta fand keine Entgegnung mehr. Es war ihr ſterbensweh ums Herz, und nur allein der Gedanke an den kommenden Tag, der ja alles gut machen mußte, vermochte ſie zu trö⸗ ſten. Keiner durfte dann mehr an ihrem Glück zweifeln. 8 Sie wußte, daß ſie Matthias Brecht ver⸗ trauen konnte, wußte, daß ſeine Liebe zu ihr rein und echt war, und daß ſie beide zuſammen⸗ gehörten. Und der Gedanke an das ſchöne Mor⸗ gen mit allem Glück und aller Seligkeit wiegte Chriſta Wald allmählich in den Schlaf. „Morgen“, fläſterte ſie leiſe, ſehnſüchtig, und lächelte noch im Traum. Grau in grau war der Himmel, als Chriſta Wald am nächſten Tage erwachte. Ein Blick auf die Uhr ſagte ihr, daß ſie ſich beeilen rnüſſe, wenn ſie noch rechtzeitig ins Amt kommen wollte. Als ſie die Wohnſtube betrat, ſaßen der Va⸗ ter und Olga bereits am Kaffeetiſch. Der alte Wald brummte aber nur eine undefinierbare Erwiderung auf ihren Guten⸗Morgen⸗Gruß. Shell tranken ſie dann ihren Kaffee, keiner von den dreien ſprach ein Wort, und nur Olgas Blicke ruhten oft lauernd, beinahe boshaft auf der Schweſter. „Haſt ja heute dein Feiertagskleid angezogen“, ſagte ſie endlich höhniſch. „Es iſt nur, weil ich mich heute abend nicht erſt umziehen kann,“ entgegnete Chriſta, verlegen errötend. Emil Wald räuſperte ſich laut und vornehm⸗ Entgegnung auf lich, und es ſchien faſt, als habe er eine harte * * der Zunge. er die Schrippe aufs neue in die große Taſſe. „Was Fritz Kraft dazu ſagen wird, wenn er hört, daß du dich mit einem anderen verlobt haſt“, ſtichelte die Schweſter nach einer Weile aufs neue. ö 5 „Lieber wäre er mir als Schwiegerſohn ge⸗ weſen. Herrgott, das iſt doch unſeresgleichen. Ein tüchtiger Junge, und er verdient ſchon gut ſo viel, daß er Frau und Kinder ſättigen kann. Aber Hochmut kommt vor dem Fall“, brumamte Wald. Chriſta ſchwieg zu allem. Fritz Kraft war ein Jugendfreund von ihr, der Sohn des Klempnermeiſters hauſe. Sie hatten als Kinder zuſammen geſpielt. Später, als ſie älter wurden, oft zuſammen ge⸗ plaudert. In der letzten Zeit hatte ſie Fritz Kraft wohl ab und zu auf den ſonntäglichen Spazier⸗ gängen begleitet, nie aber waren mehr als freunbſchaftliche Worte und Blicke getauſcht wor⸗ den. in ihr Leben getreten wäre, dann hätte es wohl ſein können, daß ſie die Werbung dieſes biederen braven Menſchen erhört hätte. Freilich, die him⸗ melſtürmende, jauchzende Liebe hätte ſie Fritz Kraft nie entgegenzubringen vermocht. Nun, Fritz Kraft hatte wohl auch noch nie über eine 125 Zukunftsmöglichkeit nachgedacht. Wie nur Olga jetzt ſo plötzlich auf dieſen Gedanken kam? Fritz Kraft war Maſchinenſchloſſer. Er träumte doch ümmer von Schiffsreiſen in ſerne Länder. Alſo dachte er wohl gar nicht ans Heiraten.— Was ging ſie dies auch ſchließlich alles an! Sie liebte ja nur Matthias Brecht allein, und würde nie einem anderen Manne angehören können. Als Chriſta Wald die Wohnung verließ, reg⸗ nete es in Strömen. Das ganze ſchöne Frühlingswetter war mit einem Schlage dahin. Kalter Wind fuhr durch im Nachbar⸗ Aber wer weiß, wenn nicht Matthias Brecht die Straßen und machte die Menſchen fröſteln. Chriſta achtete nicht auf das Regenwetter, in ihr war noch immer, trotz allen Kummers, heller Frühling; heute. heute abend, würde der Ge⸗ liebte kommen, heute abend.... f die Dienſtſtunden. Still und in ſich gekehrt, faſt mechaniſch, verſah ſie den anſtrengenden Dienſt. Aus ihren Augen aber ſtrahlte das große Glück. „Wenn ihr es wüßtet, wenn ihr Aermſten, die ihr euch freudlos Tag und Nacht abrackern müßt, wüßtet, wie glücklich ich bin!“— dachte ſie ter der Kolleginnen muſternd. Und endlich war doch der Dienſt aus. 1 Noch immer regnete es in Strömen, als Chri⸗ Poſtportal trat. Es war Punkt ſechs Uhr. würde heute beſonders pünktlich ſein. war leer. 5 Chriſta ſchöpfte keinen Argwohn. 95 „Er wird ſich des Regens wegen verſpätet haben oder hier irgendwo in der Nähe unter⸗ lausom dir Straße hinauf. Matthias Brecht ehen. 0 Für einen Moment wollte ſie ein Gefühl der Bangigkeit beſchleichen, dann aber lächelte ſie nur ſtill, und ſchritt wieder die Straße zurück, um unter dem Poſtportal zu warten. Noch immer unterdrückte ſie tapfer das auf⸗ ſteigende Gefühl der Unruhe. Wo war Matthias? Was hatte das zu be⸗ deuten? Eine Abhaltung? Dann aber hätte er ihr ſicher Nachricht zukommen laſſen. Oder war er vielleicht plötzlich krank gewor⸗ den? Die Unruhe in Chriſtas Innern wuchs, ſta Wald mit freudeklopfendenn Herzen aus dem Matthias Brecht Endlos lange erſchienen ihr an dieſen Tage mitleidig die meiſt müden, abgeſpannten Geſich⸗ 5 getreten ſein“ dachte ſie ſich im ſtillen, und ſchritt war jedoch nirgends zu Irgendwo ſchlug eine Turmuhr zweimal. Es war bereits halb ſieben Uhr. Wo, um Hömmels willen, konte Matthias bleiben? Chriſta fühlte es nach und nach heiß in ihren Augen aufſteigen. Umſonſt verſuchte ſie, die Trä⸗ nen zu unterdrücken, die nun unabläſſig über ihre Wangen rollten. Matthias mußte, mußte ja doch kommen. Nein nein, ſie wollte nicht mehr weinen. Irgendein unvorhergeſehener Zwiſchenfall hatte ihn vom pünktlichen Erſcheinen abgehalten. Geduldig wartete ſie eine weitere Viertel⸗ ſtunde. Sie fror, ihre Zähne ſchlugen laut gegenein⸗ ander. Sie ſpähte in quälender Unruhe immer wieder die Straße hinauf und hinab; aber ihre Hoffnung wurde enttäuſcht. Matthias Brecht kam nicht. C Sie ſah ſich nach ihm um. N Der Platz, an dem er ſonſt auf ſie wartete, Achtmal ſchlug die Uhr dann in langſam wuchtigen Schlägen, als Chriſta Wald mit mat⸗ ten, müden Schritten den Heimweg antrat. Ihr war ſo wirr im Kopf, ihre Gedanken kreiſten ſo wild und unheimlich durcheinander. „Matthias iſt nicht gekommen, und er wollte doch mit Vater ſprechen“, murmelte ſie verſtört und ſchlich vorwärts. a Da durchzuckte ſie plötzlich ein Gedanke. Wie, wenn der Geliebte des ſchlechten Wet⸗ ters wegen gleich nach der Dorotheenſtraße go⸗ gangen wäre? g Törin, die ſie doch war, natürlich konnte es ſich nur ſo und nicht anders verhalten! Chriſta wurde es auf einmal ſeltſam wohl ums Herz. Alle Mattigkeit war wie fortgewiſcht. Der Gedanke, Matthias bereits bei ihrem Vater vorzufinden, gab ihr neue Kraft. 72 —: Fortſetzung folgt. hat ein Viernheimer ſolch ein Wunderwerk gehört. Sie hören und ſehen das neueſte Raketenfahrrad, ein Bootsrennen uſw. Beſucht das neueſte, die Stimme der Welt mit dem übrigen Bombenpro⸗ gramm für 40 Pfg. Vereins ⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗ Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Sänger ⸗Einheit. Samstag abend 8 ¼ Uhr Sing- ſtunde. Pünktlich erſcheinen. Der Vorſtand. Radfahrer⸗Berein„Eintracht“. Samstag, den 20. Juni abends halb 9 Uhr im Vereinslokal zur Vorſtadt Mitgliederverſammlung. Zu recht zahlreichem Beſuche ladet freundlichſt ein. D. V. N. B. Nach der Verſammlung gemütliches Bei⸗ ſammenſein bei einem Faſſe Freibier. D. O. G.⸗V. Sängerbund. Freitag Abend halb 9 Uhr Singſtunde. Der Vorſtand. Radfahrer⸗Verein„Vorwärts“ gegr. 1906. Sams⸗ tag, den 20. Juni, abends halb 9 Uhr, findet im Lokal zum„Brauhaus“ eine Vorſtandsſitzung ſtatt. Vollzähliges Erſcheinen erwartet Der erſte Vorſitzende. Turnerbund. Freitag abend halb 9 Uhr Spieler⸗ verſammlung. Anbetracht des am Sonntag ſtatt— findenden Entſcheidungsſpieles in Hockenheim bitte ich um vollzähliges Erſcheinen, beſonders der 1. Mannſchaft. Der Spielwart. Geſangverein„Flora“. Freitag Abend 8 Uhr Singſtunde. Um vollzähliges und pünktliches Erſcheinen bittet Der Vorſitzende. Geſang⸗Verein„Säugertreue“. Sonntag vorm. um 10 Uhr Singſtunde. Es iſt Pflicht eines jeden Sängers pünktlich und vollzählig zu er- ſcheinen. Der Vorſtand. Kaninchen und Geflügelzuchtverein 1916. Es wird nochmals darauf hingewieſen, daß dieſe Veranſtaltung am Samstag abend 1/9 Uhr im Vereinslokal ſtattfindet. Die Mitglieder werden gebeten pünktlich zu erſcheinen. Der Vorſtand. Odenwaldklub(Ortsgr. Viernheim). Mittwoch, den 24 Juni, abends halb 9 Uhr Klubabend im Klublokal zum Löwen. Samstag, den 27. Juni und Sonntag, den 28. Juni Hauptver- ſammlung in Miltenberg.— Sonntag, den 28. Juni Wanderung Weinheim—Juhöhe. Zahl- reiche Beteiligung bei allen Veranſtaltungen er— wartet Der Vorſtand. Sonntag, den 21. 6. 31. . K. Oppau 1.— Viernheim 1. Oppau 2.— Viern⸗ heim 1. Privat. Oppau Schüler— Viernheim 1. Schüler. Die Spiele finden auf den Plätzen der erſtgenannten Vereine ſtatt. Die Sportleitung. NB. Heute abend Spieler- Pflichtverſammlung im Lokal zur„Harmonie“. Spielprogramm für Der Muttermordprozeß f Thieleke Tenb. Berlin, 18. Juni. Im Muttermord— gegen Caliſtros Max Thielecke, äber deſſen Be⸗ ginn wir bereits berichtet haben, ſchilderte der Angeklagte Thielecke, wie es zu der Tötung der Mutter gekommen ſei. An jenem Tage ſei er bei einem Freund im Schmargendorf geweſen und gegen ½11 Uhr nach Hauſe gekommen. Seine Muter habe ihn in die Badeſtube gerufen. wo ſie gerade badete.— Auf die Bemerkung des Vorſitzenden, daß er als erwachſener Mann doch nicht in die Badeſtube habe hineingehen dürfen, erwiderte Th., das. ſei ſo bei ihnen üblich gewe⸗ ſen.— Dann wurde der Vorfall an Hand einer Skizze rekonſtruiert. Dabei erklärte der Angeklagte, daß er ſtets ein Dolchmeſſer bei ſich getragen habe. Die Mutter habe zunächſt von dem kurz vorher erfolgten Tode ihrer Schweſter in Frankreich geſprochen und geäußert, daß ſie als nächſte an der Reihe ſei. Dann ſei ſie plötz⸗ lich aufgefahren, habe ihn bedroht und ihm das Meſſer, das er zu ſeiner Sicherheit gezogen habe, entrungen. Von da ſei ihm alles nur ganz undeutlich in der Erinnerung. Es habe ein Ringen gegeben die Mutter habe eine Stichbe⸗ wegung gemacht, ſchließleich ſei das Meſſer in ſeine Hände gekommen und alles voll Blut ge⸗ weſen. Er habe nur rein inſtinktiv gehandelt, habe ſich gewehrt. Nachher habe er alles ſauber gemacht und den Körper zuſammengeſchnürt, auch nach Schmuckſachen wegen der Beerdigung gefucht, ſei dann fortgegangen, zurückgekehrt und habe ſich ſchlafen gelegt. Eine poſitive Erin⸗ merung aber habe er, wie er auf Befragen des Vorſitzenden betonte, nicht. Am nächſten Tage ſei er dann zu ſeiner Frau gegangen und habe ihr das Vorgekommene erzählt. Dieſe habe ihm geſagt, das hätte er nicht machen ſollen, und ihm zugeredet, und da erſh habe er zu denken ange— fangen, vorher habe er keine Erinnerung ge— habt. Seiner Frau habe er geſagt, er werde an⸗ geben, ſeine Mutter habe ihn mit der Piſtole bedroht. Das habe er dann auch getan und ſpäter widderrufen. Bei der weiteren Vernehmung des Angeklag⸗ ten wird ein Brief des Angeklagten an ſeine Frau verleſen, in dem dieſer ſchreibt:„Wie oft habe ich im Traum einen Widerſacher erſtochen; und nun iſt es die Wirklichkeit geworden!“ Da⸗ mit war die Vernehmung des Angerkagten zu Ende.— Nach der Obduktion der Leiche iſt der Tod wahrſcheinlich durch Verbluten eingetreten. — Ein Kriminalbeamter bekundet, daß der An⸗ geklagte ihm die Tat eingehend geſchildert und von Blutrache geſprochen habe, wie er ſie in Amerika kennen gelernt habe. Brüning ſpricht auf der Bankiertagung Berlin, 18. Juni. Wie nunmehr feſtſteht, wird Reichskanzler Dr. Brüning auf dem klei nen Bankiertag am Samstag, 27. Juni ſpre⸗ chen. Seinen Ausführungen ſieht man mit be⸗ ſonderem Intereſſe entgegen, da es das erſte⸗ mal ſein wird, daß der Kanzler nach der gro— ßen Kriſe kpricht. An der Bankiertagung wird auch Reichsbankpräſident Dr. Tuther teil⸗ nehmen. Sie ſteht unter dem Vorſitz von Georg Solmſſen. Die Unwetterkataſtrophe in Weſtfalen wtb. Plettenberg, 18. Juni. Der Wir⸗ belſturm, der geſtern das Tal der Elſe heim⸗ geſucht hat, hat beſonders in Plettenburg⸗ Oberſtadt, Holthauſen und Herſcheid große Verwüſtungen angerichtet. In dieſen Ortſchaf⸗ ten wurden etwa 120—140 Wohnhäuſer und Nebengebäude ſchwer beſchädigt. Die Draht⸗ ſtiftfabrit von Pickards iſt vollkommen vom Erdboden verſchwunden. Dem Wirbelſturm ſind nicht, wie es zuerſt hieß, drei Menſchenleben ſondern nur eines zum Opfer gefallen. Die beiden als tot gemeldeten Männer, die unter den Trümmern einſtürzender Mauern aufge⸗ funden wurden, liegen ſchwerverletzt im Kran⸗ kenhaus. An ihrem Aufkommen wird aller⸗ dings gezweifelt. Pirmaſens, 18. Juni.(Der Mörder Maria Herls gefaßt.) Vorgeſtern hat die Kriminalpoli⸗ zei den 27 Jahre alten Fabrikarbeiter Georg Knerr feſtgenommen, weil er ſich an einem Kind vergangen hat. Wie die nachträglichen Ermitt⸗ lungen ergeben haben, hat der Feſigenommene noch in einer weiteren Anzahl von Fallen un⸗ ziichtige dandlungen an Kindern vorgenommen. Die Art, wie dies geſchah, läßt den dringenden Verdacht aufkommen, daß Knerr auch den Luſt⸗ mord an der kleinen, 6 Jahre alien Maria Herl verübt hat. Die Kr ninalpolizei fordert die Oeffentlichkeit auf. irgendwelche Wahrnehrnun⸗ gen dieſer Art ihr mitzuteilen. geichlum der erste Schritt d iſt ſorgfältige und paſſende Sparſamkeit. Dieſes erreichen Sie Sie Jh und legen viel Geld zurück, wenn Sie Ihren Bedarf an Kleidungsſtücken im Etagen⸗Geſchäft Ringel 3. 4a decken Nicht nur, daß wir Sie dort ſchick und elegant einkleiden können, wir ſind auch infolge Erſparnis ungeheurer Laden⸗ miete in der Lage, billig, ja fabelhaft billig zu verkaufen u dabei wirklich 775 Qualitäten zu liefern. Ein Verſuch überzeugt Sie! Eleg. Anzüge Ml. 25.-35.-45.- 55. Ganz besond, Aufmerksamkeit verdlenen unsere guten Qualſtäten in blauen und schwarzen Anzügen aus reinwolſenem Kammgaro in erstklassiger Verarbeitung. Regen, Loden- u. Trenchcoat-Mäntel Hosen, Leinen- und Lüster-Saccos Windjacken, jetzt extra billig Bekleidungs- Etage Jakob Ringe Mannheim nur Planken O 3, aa Treppe— Kein Laden— Neben Hirschland te ausschneiden unf auhauaran Eine„noble“ Gmbh. Der Heidelberger Wohnungsbau⸗Gmbh.⸗Skandal Wie drei Männer über zwei Millionen Mark veruntreuen. Es war im September des vergangenen Jah⸗ res, als in Heidelberg ein Zuſammenbruch er— folgte, deſſen Begleitumſtände ſo ungewöhnlich waren, daß ſie weithin Aufſehen erregten. Reich⸗ lich zwei Jahre vorher war die Heidelberger Wohnungsbau Gm. b. H. gegründet worden, hin⸗ ter der als erſter Geſchäftsführer ein Rechtsan⸗ walt ſtand und als deren Aufſichtsräte man ei⸗ nige Namen von gutem Klang nennen hörte. Bald tauchten große Baupläne auf, die ſich aller— dings in Heidelberg nicht verwirklichten, eine große Villa in der Geisbergerſtraße wurde ge— mietet und alles hatte den Anſtrich des Sicheren und Gutfundierten. Bald gab es drei Geſchäftsführer, von de⸗ nen zwei äußerſt nobel auftraten, ein paar Autos fehlten nicht, die Einrichtung der Büros war fürſtlich, und noch weit gewich⸗ tiger ſind die Bauprojekte geweſen, von denen man ſprach. Rechtsanwalt Ludwig Müller in Heidelberg war der Hauptgründer und eigentlich geiſtige Urhe— ber der Sache, zugleich auch größter Geſellſchaf— ter bei einem zum Teil nur nominell vorhan— denen Stammkapital von 20000 RM. Die Auf⸗ ſichtsratsmitglieder beſtanden auch nur dem Na⸗ men nach, denn ſie wurden in die Geſchäſte von Müller nicht eingeweiht und ſchieden meiſt bald wieder aus ihren Aemtern, die keine waren. Zweiter Geſchäftsführer wurde nach einigen Monaten Alfred Goldſchmidt, weiterer Geſchäfts— führer bei wachſendem Geldbedürfnis Kaufmann Paul Müller, der ſchon früher in Wohnungs— bauſachen gearbeitet hatte, da er beim Deutſchen Bauverein in Sinsheim in leitender Stellung tätig war. Wie es dieſer Wohnungsbau⸗G.m. b. H. möglich geweſen iſt, von der Kongregation der Armen Schulſchweſtern in Speyer den in die Millionen gehenden Bau eines großen Krankenhauſes in Ludwigshafen übertragen zu erhalten, bleibt eines der vielen Rätſel in dieſer wirren Angelegenheit. Vermutlich ge— lang es in erſter Linie dem ſicheren Auftreten von Ludwig Müller, der eine ausgezeichnete Ue⸗ berredungskunſt beſaß und auf die teils einge⸗ bildeten, teils vorhandenen„beſten Verbindun⸗ gen“ hinweiſen konnte. So wurde ſchon im Sep— tember 1928 der Vertrag abgeſchloſſen und der Speyerer Orden ſtellte den für unſere Zeit gewiß hahen Betrag von 3463 000 Mark für den Bau zur Verfügung, den nun die Wohnungsbau-G.m. b. H. einem Münchener Architekten zur Ausführung übergab. Das Geld war in Müllers Händen, das Gebäude wuchs in die Höhe, und zwei Jahre verrannen, in denen der Umfang des Heidelberger Geſchäfts immer mehr anwuchs, die gelegentlichen Gerüchte um die weiteren großen Bauprojekte zunahmen. Aber kein weiteres kam zuſtande. Die Städte, (unter ihnen Heidelberg, das man mit einer gro⸗ ßen Siedl auf der Höhe von Speyerers Hof begl! wollte), hatten weder Geld noch Luſt, ſich eine noch unſichere Sache einzulaſſen, ein Krankenhausbau in Riga zögerte ſich immer wieder hinaus, ein türkiſches Hafenbauprojekt von nicht weniger als acht Millionen Mark Wert ſchwebte irgendwo in der Luft. Aber die Geſchäftsführer lebten auf feinem Fuß, hatten Geld in Hülle und Fülle. hat⸗ ten große Gehälter und daneben 100 bis 200 Mark Tagesſpeſen, wenn ſie— was natürlich ſehr oft nötig war Geſchäftsreiſen machen mußten. Flugzeugfahrten wegen der Eile, Autorei⸗ ſen, Fahrt im Rheingoldzug. Sektgelage in Hunderttauſende in den Büros und zu Hauſe, das alles war ſtündig an der Tagesordnung. Die einen wunderten ſich nur, die anderen waren auch mißtrauiſch und meinten, einmal werde die Sache ſchon ſchief gehen. Aber ſie blieb lange auf dem Gleis, und als das Baugeld„alle“ war e da ſtellte es ſich heraus, daß man noch weit mehr Geld brauchte. Solche Baugeldüberſchreitungen waren natürlich nichts Seltenes in jener Zeit, und daher waren auch die Armen Schulſchweſtern bereit. weiteres Geld zu beſchaffen, zumal ſie ja den Bau ſchon groß und ſtattlich vor ſich erſtehen ſahen. Ueber zwei Millionen Mark Finanzwechſel ſtellte der geſchäftsführende Prälat der Schweſtern noch aus, weil Ludwig Müller, der natürlich inzwi⸗ ſchen ſeine Rechtsanwalttätigkeit längſt eingeſtellt hatte, immer wieder neue Beweiſe brachte wie nötig dieſe Akzepte zur Flüſſigmachung des bei 0 f einer Bank liegenden Geldes ſeien. Dann plötzlich kniſterte es im September 1930 im Gebälk. Bei der Staatsanwaltſchaft tauchten Anzeigen auf, Wechſel wurden nur mit Mühe unter Flüſ' ſigmachung anderer, teuerer Mittel eingelöſt, Forderungen von Baulieferanten kamen, und ehe man es ſich verſah. war der Zuſam⸗ menbruch da. Eine Heidelberger Zeitung brachte eine Mittei— lung, daß zwei Millionen Mark unte und daß einer der Gef flüchtet ſei, und nun griff auch die Staatsanwaltſchaft ein, die immer noch auf Rettung aus dem Zu— ſammenbruch gehofft hatte, weil zuviel wichtige und ſicher erſcheinende Verbindungen vorhanden waren. Ludwig Müller wurde als erſter verhaf— tet, Paul Müller war noch rechtzeitig in die Schweiz geflüchtet, weil er dort als gebürtiger Schweizer ſicher war, und Alfred Goldſchmidt wurde zwei Tage ſpäter feſtgenomenen. Nun erfuhr die Oeffentlichkeit, weich ein Rie— ſenſkandal entſtanden war. ſchlagen ſeien ftsführer ge⸗ Mark. denn ſchon von der erſten Bauſumme waren ud. 670 000 Mark nicht dem Bau, ſondern eigenen ſpekulativen Zwecken zugeführt worden und von den durch Finanzwechſel des Schweſternordens hereingekommenen 2800 000 RM waren gleich— falls 1700 000 RM nur in die Hände ron Lud— wig Müller gefloſſen. Dort waren ſie zu einem Teil fiir die laufenden luxuriöſen Ausgaben ver— wendet, zum weitaus größten Teil aber in Spe— kulationsgeſchäften verloren worden. Alle drei Geſchäftsführer hatten das Ihre getan, um ent⸗ weder das Geld unter die Leute zu bringen, oder doch wenigſtens die Verwendung möglichſt zu ver? ſchleiern. Vielleicht hat es noch nie mals eine über ſoviel Geld verfügende richtige Gmb. H. gege— ben, bei der ſolch eine liederliche Buchführung herrſchte, wie in dieſem Falle. Erſt langſam gewann man einen Ueberblick, Ludwig Müller hatte ſich an verſchiebenen Ge— ſellſchaften mit Einlagen beteiligt und er hatte dabei nicht auf die Solidität des beteeffenden Unternehmens, ſondern auf möglichſt hohe und ſchnelle Gewinnmöglichkeiten geſehen. Er grün⸗ dete auch neue Geſellſchaften, ſteüte Geſchäftsfüh⸗ rer für viel Gehalt an, ſbeckte Zehntauſende und ſolche Unternehmen und hatte eigentlich doch nur Fehlſchläge dabei, denn ſolange die Wohnungs⸗G.m.b. H. beſtand. hat ſie nur in Ausnahme etwas von ihrem Gelde wie⸗ dergeſehen. Der größte Schachzug Ludzoig Müllers auf dieſem Gebiet aber war die Gründung einer Geſellſchaft in Amſter da m, der„Bahocoma“, die mit Finanzierung und anderen geldbringenden Sachen arbeiten ſollte, u. a. mit Hilſe einer weiteren holländiſchen Tochtergeſellſchaft„Truſt Maatſchappij“ Prä⸗ mienobligationen zu 40 Gulden zu einem Aus⸗ loſungskurs von 70 Gulden herausgab, die wöchentlich nach holländiſchem Brauch ausgeloſt wurden, wobei es ſtets einen Haupttreffer von 75 000 Gulden gab, der natürlich— an die Geſellſchaft zu fallen hatte. Die hierbei geleiſtete Einzahlung der Woh⸗ nungsbau⸗ GmbH. in Höhe von rund 650 000 Mark iſt völlig verloren, der Geſchäftsführer nach Amerika gereiſt, wo er zuerſt Geld flüſſig machen ſollte, dann aber eine Millionenbraut für ſich ſelbſt angelte. 230 000 Mark gingen durch eine in vie Nähe von München auf ein Rittergut gegebene zweifelhafte Hypothek verloren, 200 000 Mark erhielt ein Eſſener Anwalt für Zeſſionen, die ſich nachher als faul herausſtellten, mit 52 000 Mark Einlage aus Heidelberg wurde in Berlin die Remo-Filmgeſellſchaft gegründet, die nie einen Film herausbrachte. 50 000 Mark wur⸗ den einer Schallplattenfirma zur Verfügung geſtellt, die jetzt im Vergleichsverfahren iſt und außerdem die Rechtsmäßigkeit der Forderung beſtreitet, 71000 Mark an eine Automaten⸗ Geſellſchaft in Berlin geſteckt, bei der man ſich ſogar noch mit weiteren 300000 Mark betei— ligen wollte, und für eine große Anzahl jetzt wertloſer Aktien einer Schweizer Kreditgeſell— ſchaft wurden gleichfalls große Beträge ausge— geben. Es iſt nur in wenigen Fällen gelungen, ſeit dem September 1930 aus dieſen Beteili— gungen noch etwas zu retten. Der weitaus größte Teil iſt verloren. In vielen Fälle ſind an namhafte Perſonen ſehr beträcht⸗ liche Propiſionen gezahlt worden u. man weiß, daß hierüber viel geſprochen und geſchrieben worden iſt. Es mußten manchmal die ſeltſam⸗ ſten Umwege von der Gmbh. gemacht werden, um etwas zu erreichen. Nach ſeltſamer aber waren die Verſuche, die ſie gegen den Schluß ihres Beſtehens machen mußte, um ſich durch neue Geld⸗ und Wechſelgeſchichten flott zu halten. In einem Falle kaufte ſie von einer bekannten Fabrik Eismaſchinen für 50090 Mark an, nur deshalb, weil ſie dorthin einen Wechſel über 20000 Mark geben konnte, auf den ſie durch den Kauf 15000 Mark in bar zurück- erhielt. Dieſe Maſchinen waren zwecklos ge— kuuft worden(1!) und es gab noch ähnliche Transaktionen, die nutzloſe Dinge einbrachten. Anklagepunkt in der am Freitag, den 18. Juni vor der Heidelberger Strafkammer beginnenden Verhandlung ſind Veruntreuung Konkursvergehen und andere Vergehen, wobei für das Konkursvergehen in Frage kommt, daß ſchon im Dezember 1928 eine Ueberſchul— dung um faſt 180000 Mark feſtgeſtellt wurde, die die Anmeldung des Konkurſes nötig gemacht hätte. Die Verhandlungsdauer iſt mit minde⸗ ſtens einer Woche anzunehmen u. die Anklage— ſchrift umfaßt über 60 Seiten. Wieder Ueberfall auf Geldbriefträger Berlin, 18. Juni. Im Oſten Berlins wurde heute früh der 63jährige Geldbriefträger Aſſatz von zwei jungen Burſchen überſallen und ihm mit einem harten Gegenſtand mehrmals auf den Kopf geſchlagen. Der Geldbriefträger ſetzte ſich kräftig zur Wehr und nahm ſchließlich mit herbeigeeilten Hausbewohnern die Verfolgung der fliehenden Täter auf. Einer von ihnen lief direkt einer Polizeiſtreife in die Arme, der an⸗ dere wird noch geſucht. Der Ueberfall war hauptſächlich dadurch miß⸗ glückt, weil es dem Geldbriefträger im letzten Augenblick gelungen war, ſeine Piſtole zu ziehen und auf ſeine Angreifer zu richten. Man er⸗ fährt hier von einer neuen Einrichtung der Poſtbehörde, die mit Rückſicht auf die verſchiede⸗ nen Ueberfälle der letzten Zeit ältere Geldbrief⸗ träger mit Schußwaffen verſieht. Handel und Induſtrie Mannheimer Produktenbericht. Mannheim, 18. Juni. Weizen inl. 29.50— 30,25; ausl. 31,50—32,75; Roggen ial. 22,25— 22,50; Hafer inl. 19.50—21: Futtergerſte 20,75 — 21,25; ſüdd. Weizenmehl Spezial Null, per Juni-Juli 40—40,50, per September-Oktober 38—38,50; ſüdd. Weizenauszugsmehl, gleiche Termine 44—44,50; bezw. 42—42,50, ſüdd. Weizenbrotmehl gleiche Termine 2626,50; bezw. 2424,50, Roggenmehl 60⸗Zprozentige Ausmahlung, je nach Fabrikat 31—31.50; feine Weizenkleie 11,25—11,50, Biertreber 1010.50. Mannheimer Kleinviehmarkt. Mannheim, 18. Juni. Zufuhr und Preiſe in RM.: 88 Kälber 40—56; 12 Schafe 30—33; 83 Schweine, nicht notiert; 808 Ferkel und Läufer, Ferkel bis vier Wochen 6—10; über vier Wochen 11—15; Läufer 15—20 RM. Marktverlauf: Kälber ſchleppend, Ferkel und Läufer ruhig. VO nimmt dem Atem den Jabakgeruch nach jeder Zigarette schötzt vor Katarrh