wie steht's mit der Preisſenkung? Durchführung der Preisſenkungsaktion enb. Verlin, 23. Dez. Ueber die Durchführung der Preisſenkungsaktion wird von zuſtändiger Seite darauf hingewieſen, daß der Finanzminiſter der Berliner Verkehrsgeſellſchaft die Bef öer d e⸗ rungsſteuer ſolange erlaſſen hat, wie der neue ermäßigte Tarif beſtehen bleibt. Ueber die Senkung der Strompreiſe ſind noch Verhandlungen im Gange. Der Reichskom⸗ miſſar hat an ſämtliche Glektrizitätswerke Deutſch⸗ lands ein Schreiben gerichtet, in dem er ſie bis zum 10. Jan. 1932 zum Bericht über ihre beabſichtig⸗ ten Preisſenkungsmaßnahmen auffordert. Wer bis zu dieſem Termin eine 10⸗prozentige Preisſen— kung durchgeführt hat, iſt von dieſem Bericht be⸗ freit. Die Brotpreisſenkung. wib. Berlin, 23. Dez. Der Reichskommiſſar für Preisüberwachung hat heute ſeine Beſpre⸗ chungen mit dem Bäckerhandwerk über die Brot⸗ preisſenkung beendet. Das Bäckerhandwerk iſt, wie betont wird, bereit, das Brot ſo billig wie möglich an die Verbraucher abzugeben, zumal die Notverordnung durch die allgemeine Lohn⸗ und Preisſenkung auch für die Brotproduktion eine Reihe von Erleichterungen bringt, die vom Bäcker⸗ handwerk auf rund zwei Pfennig je Kilogramm Brot geſchätzt werden. Darüber hinaus hat das Bäckerhandwerk dem Reichskommiſſar zugeſagt, den Unternehmergewinn um 1.5 Pfg. zu ſenken. „Germania Zentralverband Deutſcher Bäckerinnungen“ empfiehlt deshalb ſeinen Mit⸗ gliedstörperſchaften im Reich die Bruttoſpanne ab 1. Januar 1932 um mindeſtens 10 Prozent zu ermäßigen. Sie darf nicht höher ſein als 14 Pfg. ſe Kilogramm. Der Reichskommiſſar wird vor einer Entſchei⸗ du über das Nachtbackverbot ſich mit dem„Ger⸗ mania⸗Verband“ ins Benehmen ſetzen. Er wird ſich ferner mit der Frage beſchäftigen, ob und in welcher Weiſe die Mühlen- u. Großbendelsſpanne geſenkt und gefeſtigt werden kann. Die Verhand— lungen, die der Reichskommiſſar gleichzeitig mit den Vertretern der Brotfabriken geführt hat, haben ergeben, daß auch ſie empfehlen, die Bruttoſpanne um die ſich aus der Notverordnung ergebende Un⸗ koſtenſenkung herabzuſetzen. Eine weitere Senkung der Bruttoſpannen ſtell⸗ ten die Fabriken in Ausſicht, wenn eine gewiſſe Lockerung des Nachtbackverbots und Aufhebung des Ausfahrverbots vor 7 Uhr erreicht werden ſollte. an Der Präſideut Dr. Zahn Beauftragter des Reichs⸗ kommiſſars für Preisüberwachung für Bayern. 23 wib. Berlin, 23. Dez. Im Einverſtändnis mit der bayeriſchen Staatsregierung hat der Reichs⸗ kommiſſar für Preisüberwachung aufgrund der Notverordnung den Präſidenten des Bayeriſchen Statiſtiſchen Landesamts, Dr. Zahn für Bayern zu ſeinem Beauftragten beſtellt. Senkung der Verdienſtſpanne im Fleiſchergewerbe. wtb. Berlin, 23. Dez. Der Deutſche Fleiſcher⸗ verband hat ſich in den Verhandlungen mit dem Preisüberwachungskommiſſar bereiterklärt, ſeinen Mitgliedern die Herabſetzung der Brutto⸗Preis⸗ ſpannen zu empfehlen, die bei Schweinefleiſch 15 Pfg., bei Rindfleiſch 20 Pfg., bei Kalbs⸗ und Ham⸗ melfleiſch 25 Pfg. je Pfund höchſtens betragen ſollen.— Die Erhöhung der Umſatzſteuer wird vom Gewerbe getragen. Der Reichskommiſſar hat ſich bereiterklärt, zurzeit von einer amtlichen Feſt⸗ ſetzung der Preisſpannen abzuſehen. Das ungariſche Transfer⸗Mora⸗ torium in amtlicher Beleuchtung wib Vudapeſt, 23. Dez.(Ungar. Telegr. Korr. Büro) In den maßgebenden politiſchen und finanziellen Kreiſen Ungarns hat man bei Bekanntgabe des geſtern erlaſſenen Trans⸗ fer⸗Moratoriums darauf verwieſen, daß die ungariſche Regierung und die Nationalbank alles unternommen haben, um die Deviſenbe⸗ ſtände zu vermehren. Trotzdem ſei der Zeit⸗ punkt eingetreten, wo zwiſchen den verſchiede⸗ nen Kategorien der auswärtigen Zahlungsver⸗ pflichtungen ein Unterſchied gemacht werden müſſe. Dazu ſagt die Begründung der geſtern erlaſſenen Verordnung: Ungarn ſtellt die Zahlung in Deviſen nicht ein. ſondern be⸗ ſchränkt ſich bloß auf den vorhandenen Devi⸗ ſenbeſtand. Die Regierungsverordnung beruht eigentlich auf zwei Hauptgrundſätzen: 1. daß die wichtigſten ausländiſchen Ver⸗ pflichtungen unbedingt erfüllt werden müſſen: 2. daß der Außenhandel des Landes auf⸗ rechterhalten bleibt. Die langfriſtigen auslän⸗ diſchen Schulden zerfallen in zwei Kategorien. In die erſte gehören die durch beſondere Ga⸗ rantien gedeckten langfriſtigen Schulden. z. B. die im Jahre 1931 in Paris und anderwärts aufgenommenen Schatzſcheine. Anleihen uſw., ferner diejenigen, die aufgrund internationa⸗ Drei Leichen geborgen— wib. Stadt des Vatikans, 23. Dez. Unter den Trümmern des eingeſtürz⸗ ten Teiles der vatikaniſchen Bibliothek ſind die Leichen eines Vibliothekbenutzers und zweier Arbeiter geborgen worden. 15 000 Bände bei dem Einſturzunglück im Vatikan vernichtet. wib. Stadt des Vatikans, 23. Dez. Nach einer amtlichen Mitteilung ſind bei dem Einſturzunglück ungefähr 15 000 Vände vernichtet worden, von denen nur ein Teil aus Reſervebeſtänden erſetzt werden kann. Es fehlt z. B. der größte Teil ſel⸗ tener Werke über Deutſchland. Abſchluß der deutſch⸗ruſſiſchen Wirtſchaſtsverhandlungen wib. Berlin, 23. Dez. Die am 14. Dez. von dem Reichswirtſchaftsminiſter, Prof. Warmbold, mit den Führer der Delegation der UDScSgR., Bot⸗ ſchafter Chintchuk, eröffneten Wirtſchaftsverhand⸗ lungen, die dem Zwecke dienten, den gegenſeitigen Wirtſchaftsbeziehungen eine feſtere Grundlage und Möglichkeiten für eine weitere Ausgeſtaltung zu ſchaffen, ſind am 22. Dez. 1981 durch Unterzeich⸗ nung eines Protokolls zum Abſchluß gebracht worden. Die Veſchlüſſe dieſes Protokolls, die der Genehmigung der beiden Regierungen unterliegen, dienen insbeſondere der Beſeitigung von Schwie⸗ Forderung infolge der Beſſerung der Devſſen⸗ Der Deckeneinſturz im Vatikan 7 15 i jer Abmachungen zuſtandegekommen find, ſo z. B. die Zahlungen füt die Caiſſe Commune. Die Tilgung der in dieſer Kategorien gehören⸗ den Schulden wird im Verhältnis der zur Ver⸗ fügung ſtehenden Deviſenbeſtände in auslän⸗ diſchen Deviſen erfolgen. In die zwejte Ka⸗ tegorie gehören die übrigen kangfriſtigen Stagts und Privatſchulden, für welche die ein⸗ gezahlten Beträge bei der ungariſchen Natio⸗ nalbank zu Gunſten der Gläubiger hinterlegt wurden. Sollten unerwarteterweiſe Ereigniſſe eintreten, die zur Folge haben, daß der De⸗ viſenbeſtand des Landes nicht genügt, um ſämtliche in den erſten Kategorien eingereih⸗ ten Schulden mittels ausländiſcher Valuten oder Deviſen zu befriedigen, ſo wird der Schul⸗ dendienſt und die Kapitalrückzahlung auch in der erſten Kategorie in derſelben Weiſe erſol⸗ gen, wie in der zweften Kategorie geplant iſt. Zur Tilgung der kurzfriſtigen Schulden wird die Nationalbank, wenn es zur Aufrechterhal⸗ tung des Handelsverkehrs des Landes notwen⸗ dig erſcheint. den Schuſdnern zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen Deviſen zur Verfügung! ſtellen. Doch iſt die ungariſche Regierung be⸗ ſtrebt, die kurzfrſſtigen Schulden durch ein ſechsmonatiges Stillhalteabkommen zu regeln. Der ungariſche Schuldner. der ſeine Schuld in Peng devonſert, iſt ſeiner Verantwortung ſolange enthoben. als der Gläubiger ſeine lage des Landes nicht in der entſprechenden Naluta erhalten haben wird. Die unaariſche Regierung legt auch unter den gegenmärtigen außerordentlich ſchwierigen Verhältnſſſen Ge⸗ wicht darauf, daß der Dienſt der Rekonſtruk⸗ tionsanleihe— der ſogenannten Pölkerbunds⸗ anleihe— ungeſtört verbürgt werde, anderer⸗ ſeits muß auch die Kontinuität der Produktion des Landes aufrechterhaſten bleſßen was letz⸗ ten Endes auch ein Intereſſe der Gläubiger iſt. 15 000 Bände vernichtet rigkeiten, die infolge der Weltwirtſchaftskriſe auf allen Abſatzmärkten und ſomit auch im deutſch⸗ ruſſiſchen Warenverkehr in letzter Zeit entnanden waren. Der Verlauf der Beſprechungen, die unter Hin⸗ zuziehung der beiderſeitigen betefligten Wirt⸗ ſchaftskreiſe geführt worden ſind, las! erwarten, daß das den Verhandlungen geſteckte Ziel erreicht werden wird. a Der Schloßbrand in Stuttgart wib. Stuttgart, 23. Dez. Der Brand des Alten Schloſſes kann ſeit heute vormittag als nahezu ge⸗ löſcht angeſehen werden, wenn auch nach wie vor mit der Möglichkeit gerechnet werden muß, daß das Feuer nochmals aufflackert. Es ſind noch ver⸗ ſchiedene kleine Brandherde vorhanden, an die heranzukommen aber keine Möglichkeit beſteht. Es droht aber wenigſtens keine unmittelbare Ge⸗ fahr mehr. Der Stuttgarter Oberbürgermeiſter zu dem Brand des Alten Schloſſes. wib. Stuttgart, 23. Dez. In der heutigen Sitzung des Gemeinderates gab Oberbürgermeiſter Dr. Lautenſchlager eine Erklärung zum Brande des Alten Schloſſes ab, in der er der drei tödlich verunglückten Feuerwehrleute, der Verletzten ge⸗ 9 8060 von auswärts, den Sanjtätskolonnen und der Reichswehr dankte. Im Hinblick an * Kritit an den Maßnahmen der Fenerwehr ere der Oberbürgermeiſter, es werde Aufgabe der Po⸗ lizei ſein, die Sachlage zu unterſuchen. 5 Keine Munitionslager im Alten Schloß zu Stuttgart. wib Stuttgart. 23. Dez. Die Polizei teilt mit: In der Preſſe iſt behauptet worden, un Alten Schloß ſei Munition in großen Mengen explodiert beziehungsweiſe gerettet worden. Tatſächlich wurde Munition irgen dweell⸗ cher Art im Schloß überhaupt nicht gelagert. Beim Ausbruch des Brandes de⸗ fand ſich im alten Schloß lediglich die Piſtolen⸗ munition, die an die dort untergebrachten Po⸗ lizeigruppen ausgegeben worden war. Dieſe Munition iſt von faſt allen Beamten mitge⸗ nommen worden. Es kann nur wenig Muni⸗ tion zurückgeblieben und explodiert ſein. Mu⸗ nitionskaſten waren aber nicht vorhanden Im Laufe des heutigen Vormittags find eine Menge Beileidskundgebungen aus allen Tei⸗ ſen Deutſchlands und auch aus dem Auslande eingelaufen. Der wſirttemberaiſche Staats⸗ vräfdent hat den Familien der drei beim Brande um Leben gekommenen Feuerwehr⸗ ſeuten die Teilnahme der wiürttembergiſchen Reaierung ausgeſprochen und in den verſchie⸗ denen Hoſpitälern den dort untergebrachten Verwundeten einen Beſuch abgeſtattet. Vermiſchtes menachrichtjaung der Reichsregferung vor ber Auflöſung der oſtpreuniſchen Landwirtſchaſts⸗ kammer. wib Berlin, 23 Dez. Zu Preſſemeldungen. die beſagten, es hätten vor der Auflöſung der oſtpreußiſchen Landwirtſchaftskammer durch die preußiſche Staatsregierung keinerlei Ver⸗ handlungen zwiſchen der Reichs⸗ und pren: ziſchen Staatsregierung ſtattgefunden. wird feſtgeſtellt. daß die preußiſche Staatsreaterung die Reichsregierung von der bevorſtehenden Auflöſung der Landwirtſchaftskammer vorher unterrichtet hat. 5 60 Reichskanzler Dr. Brüning beim Reichs⸗ präſidenten. wib Verlin, 23. Dez. Der Reichs räfident empfing heute vormittag den Reichskanzher Dr Brüning zum Vortrag. Ferner empfing der Reichspräſident heuie den Reichskommiſſar für Preisüberwachung. Oberbürgermeiſter Dr Goerdeler, zum Berſcht über ſeine bisherige Arbeit. 5 Die amtliche Prüfung vom Bauſparkaſſen. witb Berlin, 23. Dez. Der Senat beim Reichsaufſichtsamt für das Verſicherungsge⸗ werbe hat, nachdem das Amt in der letzten Zeit eine größere Anzahl von Bauſparkaſſen an Ort und Stelle geprüft hatte, entschieden, daß in fünf Fällen Antrag auf Eröffnung des Konkurſes zu ſtellen ſei. In ſechs Fällen hat der Senat die Betriebsunterſagung ausgeſpro⸗ chen, bei drei Bauſparkaſſen hat er gleichzeſ⸗ tig die Auſſichtseinſetzung eines Vermögensver⸗ walters angeordnet.. Der Haag Sitz der Reparationskonferenz? wib London, 23. Dez.„Times“ zuſolge verlautet, daß die britiſche und die franzößß⸗ ſche Regierung ſich dahin geeinigt haben, den anderen intereſſierten Regierungen vorzuſchla⸗ gen, die Reparationstonſerenz der Regierun⸗ gen nach dem Haag ungefähr für Mitte Jann⸗ dachte und den Feuerwehrleuten von Stuttgart und ar einzuberufen. Das Medaillonbild Roman von Anny v. Panhuis. [Copyright 1930 by Verlag Alfred Bechthold in Braunſchweig.!) (29. Fortſetzung.) Fünf Monate lebte Heinz Hausmann nun ſchon auf der Eſtanzia und hatte ſich völlig ein⸗ zewöhnt. Er war von Verena, ohne Rückſicht auf ihre Liebe zu ihm, genau ſo in ſeine Ob⸗ negenheiten auf der Alma brava eingeführt worden, als ob er ein beliebiger, ihr völlig jernſtehender Fremder wäre. Wenn ihre Augen ihm nicht dabei verſtoh⸗ len zugelächelt, würde er es nicht geglaubt haben. daß dieſe Verena Saperas, die beſſer ritt als der wildeſte Peon, deren Stimme in ſcharfem Kommandoton über die Pampas ſchallte, dieſelbe war, die ihn an heimlichen Stellen, wo niemand ſie beide ſah, küßte mit einer Glut, die nur die Liebe verlieh. Er hatte ſich hier in vieles ſehr ſchwer ge⸗ funden. So intereſſant und großzügig hier faſt alles war, ſo wenig gefiel ihm das derbe Ge⸗ baren der Peons, mit denen er zum Glück nur wenig zuſammenkam Er beherrſchte die Sprache ſchon leidlich, und wenn er ſich im allgemeinen auch noch ſehr ſchlecht ausdrückte, ſo verſtand ex doch das mei⸗ ſte. In der Erntezeit hatte er zeigen können, daß er den Anforderungen, die man an ihn stellte, gewachſen war. Aber wenn er daran bachte, daß auf dem Gute der Mark. wo er zwei Jahre Juſpektor geweſen, in der Haupternte⸗ zeit nut etwa dreißig Hilfskräfte beſchäftigt wurden, dann ſchwindelte ihm vor den andert⸗ Die andern Capataces waren lich begegnet, das hatte ihm die Stellung be⸗ deutend erleichtert. i N Mehrmals war er auch ſchon von Ramon Saperas zu Tiſch geladen worden, und der im ganzen Lande angeſehene Eſtanziero war ſtets freundlich gegen ihn geweſen. Er hatte ſogat den Anſchein, als ob Verena den Abſtand zwi⸗ ſchen ſich und ihm mehr markierte als ihr Va⸗ ter— Er arbeitete, gab ſich Mühe, fleißiger zu ſein, als man von ihm verlangte, aber es ward ihm keine Gelegenheit geboten. ſich noch beſonders auszuzeichnen. Die Heimlichkeit mit Verena war ihm zuweilen drückend. Am ſtärk⸗ ſten empfand er es, wenn man ihn ins Herren⸗ haus einlud. Wer weiß, ſann er, wie Verenas Vater alles beurteilte, wenn er merkte. es beſtand zwiſchen Verena und ihm ein Liebes⸗ verhältnis. Vielleicht wies er ihn von der Eſtanzia, weil er ihn für einen ſchlauen, be⸗ rechnenden Abenteurer hielt. Auch heute hatte er ſchon viel darüber nach⸗ ſinnen müſſen, unterwegs auf ſeinem Ritt in die Pampas. i g Eben war er heimgekommen in ſein Zim⸗ mer. Es war ihm lieb geworden in den fünf dieſes eine Zimmer in dem ganzen Häuschen bewohnt war. So ſtand er in gar keiner Ver⸗ bindung mit den Maſſenquatieren der andern Leute, die im Dienſt der Alma brava tätig Verena beſonders dankbar. Der indianiſche Diener Cacique kam. 6 „Der Amo und die Senjorita bitten den Senjor hinüber zum Abendeſſen“, beſtellte er. halb uſend hier. ihm freund⸗ Monaten ſeines Hierſeins. Beſonders, weil nur waren. Für die Wahl dieſes Zimmets war er rena geküßt hinter hohem Eukalyptus, und er meinte den heißen Druck ihrer Lippen noch auf den ſeinen zu ſpüten. Sie hatte ihm zugeraunx, Vater zu bekennen, man habe ſich liebgewon⸗ nen. Nur davon ſollte er nie etwas erfahren, daß dieſe Liebe ſchon beſtanden ſeit der See⸗ reiſe. Wie oft hatte ihm Verena das alles ſchon zugeflüſtert nach ihren innigen heimlichen Küf⸗ en. Und doch kam man nicht weiter. Faſt hätte er über ſeine lebhaft arbeitenden Gedanken den Diener vergeſſen, der an der Tür ſtand und auf Antwort wartete. Er erklärte ihm nun in ſeinem holprigen Spaniſch, er fühle ſich heute nicht wohl und beabſichtige, früh ſchlaſen zu gehen. Er laſſe um Entſchuldigung bitten. f 115 entfernte ſich faſt lautlos. ö ö Heinz wunderte ſich über ſeinen Mut, die Einladung abgelehnt zu haben. Aber heute be⸗ ſonders fühlte er ſich außerſtande zu der nun ſchon ſo oft geſpielten Komödie. Verena war er wohl noch zu unbedeutend, um dem Vater ihr Geheimnis anzuvertrauen, es ihm zu ge⸗ ter den vielen Tüchtigen, die dieſe Eſtanzia be⸗ herbergte, nie zu etwas Hervorragendem bringen. Auf welche Weſſe ſollte er ſich auch auszeichnen? etwas gegeſſen in Geſellſchaft Er hatte ſchon einiger anderer Aufſeher, und er zog ſich nun 2 rer Freund geworden. Verena würde ſicher über ſeine Abſage ver⸗ Heinz verspürte nicht die getingſte Luſt, der Aufforderung zu folgen Vorhin hatte er Ve⸗ und ſtellte ihn zur hoffentlich finde ich bald eine Gelegenheit, dem Cacique nahm die Antwort in Empfang u. ſtehen. Er ſelbſt aber wußte, er würde es un⸗ eine bequeme leichte Hausſacce an und ließ ſich in den Liegeſtuhl fallen, der ſein beſonde⸗ wundert ſein, ſann er. Vielleicht zürnte ſie ihm Er überlegte, und dabei merkte er kaum die Dunkelheit, die ſich immer mehr vervichtete. Er vernahm nicht das leiſe Oeffnen und Schließen der Tür und ſchreckte zufammen, als plötzlich das Licht aufflammte und er Verena vor ſich ſah. Ihre Augen waren voll Triaurig⸗ keit auf ihn gerichtet. „Du haſt dich einer Ausrede bedient, Heinz“, begann Verena,„und ich bin hergeſchlichen zu dir, weil ich Angſt um dich hatte, große Angſt. Jetzt begreiſe ich erſt. du haſt nicht kommen wollen.“ N g„ Er lagte faſt heftig:„Du hätteſt mich hier nicht auſſuchen dürfen, es gehört ſich nicht.“ „Was fragte ich danach in meiner Angſt um dich! Ich glaubte dich wirklich nicht wohl. Sage mir, bitte, die Wahrheit: Weshalb ſchickteſt du Cacique mit der Ausrede zurück?“ „Weil es immer unangenehmer wird, vor erwiderte er leiſe, aber feſt.„Ich vermag es nicht mehr. Ich mache mich ſonſt immer ichwl⸗ diger. Ich werde hier ja niemals etwas Be⸗ ſonderes werden. Erſtens, weil ich nur eine Durchſchnittsbegabung bin, und zweitens, weil ich gar nicht wüßte, wie ich mich überhaupt hervortun könnte. Ich ſehe keinen Weg für uns peide, zufammenzukommen. Vor deinen Ster behandelſt du mich kühl und gleich Ultig. Be⸗ tonſt es ſaſt mehr als im Anfang. Dein Vale muß mich, ſollte er die Wahrheit hören. ur einen höͤchſt raffinierten Menſchen ballen, Fer lein Schäfchen leide unter dem Zu Er armete e 1 mit ehr dase Geſicht vor ihm ſiand 7 lag(S 2 Abſatz 2 der Notverordnung nicht be— Jes, bei Forderungen(Hypotheken) oder Grund— deinem Vater die falſche Rolle weiterzuſpielen“ n ins Trocene bringen win. Ich kchwante bei Kremmen(Kreis Oſt⸗Havelland) am es— wie die Blätter melden— in der ert 1 108 ah zu 17 80 de k. frei ins Haus gebra ef täglich mit ge der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. Sonntagsblatt t.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illuſtrierte „Sterne und Blumen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie 91 5 Wanb⸗ er.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fern ure 117.— Telegramme: 7 0. Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt rankfurt a. M.— Schriftleitung, Dru Ar. 299 u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Montag, den 28. Dezember 1931. Welche Sinſen werden geſenkt? Die erſten Durchführungsbeſtimmungen zur Notverordnung vom 25. . auth Berlin, 24. Dez. Die vom Reichswirt⸗ ſchafts miniſter aufgrund der vierten Notverord— nung erlaſſene Erſte Durchführungs- und Er⸗ Känzungsordnung über Zinsſenkung auf dem Kapitalmarkt vom 23. 12. 1931 iſt heute erſchienen. Sie enthält: die zur Durchführung der Zinsſen⸗ Lung auf dem Kapitalmarkt erforderlichen Rechts⸗ uerordnungen, allgemeinen Verwaltungsvorſchrif— ten und Ergänzungen in 26 Artikeln. U. a. be⸗ ſtimnen: Artikel 2: Herabzuſetzen iſd auch ein Zinsſatz, der nicht durch eine Zahl beſtimmt, ſondern nach einem Maßſtab,(3. B. Reichsbank⸗ diskont) zu errechnen iſt, ſoweit ſich dabei für ei⸗ nien nach dem 31. Dezember 1931 vorliegenden Zeitraum ein Zinsſatz von nehr als 6 Prozent ergibt. 5 i Artikel 5: Der Herabſetzung unterliegt auch der Zinsſatz einer Forderung(Hypothek) oder Grundſchuld, der in der Zeit vom 9. bis 31. De⸗ zember 1931 vereinbart worden iſt. Die Herabſetzung tritt nicht ein. wenn die Beteiligten die durch die Notverordnung vor⸗ 1 Zinsherabſetzung ausſchließen woll⸗ ö Artikel 6: Der Zinsherabſetzung unterliegt auch eine Forderung(Hypothek) oder Grund⸗ ſſchuld, die erſt nach dem 31. 12. 1931 enrtſteht, zu deren Bearündung ſich der Gläubiger aber 8 or-dem-A- Januar 1032 verpflichtet hat Durch die Zinsherabſetzung wird die Berpflichting zur Begründung der Forderung(Sgvothek! oder Grundſchuld nicht berührt. Artikel 5 gilt ent⸗ ſprechend. Artikel 8: Der Zinsherabſetzung unterliegen, ohne daß es auf die Fälligkeit ankommt, Forderungen nicht, die entſtanden ſind: ö a) um Rahmen eines bankmäßigen Perſonal⸗ kreditgeſchäftes, b) daraus, daß Kreditinſtitute Vorſchüſſe auf Darlehen gegeben haben, die langfriſtig auf⸗ genommen werden ſollten(Zwiſchenkredite), c) aus Darlehen und Vorauszahlungen, die 1 Verſicherungsſcheine gewährt worden ind, d) aus Darlehen, die aus Gefälligkeit oder ſonſt unter Umſsänden gegeben worden ſind, aus denen zu entnehmen iſt, daß eine kurz⸗ friſtige Kreditgewährung nicht beabſichtigt war. Artikel 10: 1. Iſt ein Verwaltungskoſtenbei⸗ ſonders vereinbart, ſo gelten höchſtens ein hal⸗ ſchulden von nicht mehr als 15000 RMk. höch⸗ ſtens drei Viertel der Forderung(Hypothek) oder Brundſchuld als Verwaltungskoſtenbeitrag. 2. Sind an einer Kreditgewährung hinter ei— nander mehrere Kreditinſtitute beteiligt, ſo darf als Verwaltungskoſtenbeitrag insgeſamt kein öherer Betrag beſtimmt werden, als je einem drittel vom Hundert der Forderung(Hypothek oder Grundſchuld für ein beteiligtes Inſſitut uütſpricht; bei Forderungen(Hypotheken) oder Jrundſchulden von nicht mehr als 15000 Mark ritt an die Stelle eines Drittels vom Hundert ein Halbes vom Hundert. 4. Die Beſtünmung der Höhe des Verwal⸗ ſungskoſtenbeitrages(Abſ. 1, 2, 3) bedarf der Ge⸗ zehmigung der Aufſichtsbehörde, oder, wenn eine ſolche nicht beſtümmt iſt, der nach dem Hauptſitz des Inſtituts zuſtändigen oberſten Landesbehör⸗ ſe. Die Behörde kann im Einvernehmen mit ſem Reichswirtſchaftsminiſter den Verwaltungs⸗ loſtenbeitrag in Abweichung von Abſ. 1, 2, 3 eſtſetzen.. Artikel 26: Dieſe Verordnung tritt. ſoweit ſie korſchriften des 8 4 der Notverordung durch⸗ ihrt oder ergänzt, mit Wirkung vom 9. De⸗ ember 1931, im übrigen mit Wirkung vom 1. danuar 1932 in Kraft. ßwei Uommuniſten vom Schupo in Notwehr niedergeſchoſſen enb. Berlin, 28. Dez. Während einer Geihnachtsfeier des Stahlhelms in dem Dorfe ſacht zum zweiten Feiertag zu einem ſchwe⸗ Dezember G ein zweiter lebensgefährlich verletzt wur⸗ en. Bei der Veranſtaltung waren Mitglieder eines Arbeiterturnvereins mit Stahlhelmern, die in dem einzigen Saallokal des Ortes eine Weihnachtsfeier veranſtalteten, in Streit ge⸗ raten. Als ein Berliner Schupowachtmeiſter, der Sohn des Gemeindevorſtehers von Schwan⸗ te, Ruhe ſtiften wollte, wurde er tätlich ange⸗ griffen. Mehrere kommuniſtiſche Arbeiter drangen auf ihn ein. In der Notwehr griff der Polizeibeamte zur Piſtole und ſchoß auf die Angreifer. Ein Arbeiter brach ſterbend zu⸗ ſammen, während ein anderer Arbeiter ſo ſchwer verletzt wurde, daß er in hoffnungslo— ſem Zuſtande ins Nauener Krankenhaus ge⸗ bracht wurde. Die Verſammlung des Stahl⸗ helms wurde nach dieſem Vorfall polizeilich geſchloſſen. Politiſcher Zuſammenſtoß. Ein Nationalſozialiſt ſchwer verletzt. witb. Hamborn, 27. Dez. In den Morgen⸗ ſtunden des zweiten Weihnachtsfeiertages be⸗ läſtigten zwei angetrunkene Perſonen vor der Geſchäftsſtelle der NSDAP. die dort anwe⸗ ſenden Nationalſozialiſten. Sie wurden dar⸗ aufhin von dieſen zur Rede geſtellt. Im Ver⸗ laufe der Auseinanderſetzung gab einer der Betrunkenen zwei Piſtolenſchüſſe ab, durch die wtb. Newyork, 28. Dez. In Zuſammen⸗ hang mit der Ankündigung des Staatsdepar⸗ tements, von einer Teilnahme an der Repara⸗ tionskonferenz abzuſehen, erfährt„Herald Tri— bune“ aus offfziellen Kreiſen, die Regierung ſei der Anſicht, daß Europa vor allem Aufgaben löſen müſſe: Die Frage der Zah⸗ lungsfähigkeit Deutſchlands und die Aufſtel⸗ lung eines Programms zur wirtſchaftlichen Erholung Europas. Würde ein ſolches Stabiliſierungsprogramm zuſtande kommen, ſo ſei die Regierung geneigt, die Kriegsſchuldenfrage in Erwägung zu zie⸗ hen. Dabei werde ſie jedoch die Zahlungsfähig⸗ keit der einzelnen Länder individuell berück— ſichtigen. Keinesfalls beabſichtige die Regie— rung, irgendwie die Folgen einer Einſtellung der Reparationszahlungen auf ſich zu nehmen. 1. 5 a wib. Waſhington, 27. Dez. Auf Anfragen hin wurde im Staatsdepartement darauf hin⸗ gewieſen, daß die Entſchließung, die dem Mo⸗ ratorium vom Kongreß angefügt worden iſt, wib. Stuttgart, 27. Dez, Branddirektor Müller richtete an die Stuttgarter Feuerwehr folgenden Dienſtbefehl:„Meinen tapferen Feuerwehrleuten danke ich herzlich für die Treue und Opferwilligkeit bei der Bekämp⸗ fung des ſchwerſten Brandes, den die Stutt⸗ garter Feuerwehr bis jetzt erlebt hat. Die außerordentlich ſchweren Verluſte, die wir er⸗ litten haben, bedauern wir aufs Tiefſte, doch werden ſie unſeren Mut und unſeren Opfer⸗ ſinn nicht beugen. Den vom Unglück betroffe⸗ nen Familien wendet ſich unſer herzlichſtes ſen uſammenſtoß, wobei ein Arbeiter tödlich e e ee e ee 1 Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pf ie R i nzei g., die Reklamezeile 60 P bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen 1375 mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkei ückſichtigt ür di r 1 Anzeic glichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht ende e n Feſtgenommenen wurde er auf der Flucht erhalten haben will. Eine Demarche der Dereinigten Staaten in Tokio wtb. Waſhington, 27. Dez. Einer Er⸗ klärung des Staatsdepartements zufolge amerikaniſche Botſchafter in Tokib angewieſen wor⸗ den, dem japaniſchen Außenminiſterium von der Beſorgnis Kenntnis zu geben, die die amerikaniſche Regierung infolge der kürzlichen Berichte empfin⸗ det, daß die japaniſche Armee in der Mandſchurei Bewegungen in der Richtung auf Tſchintſchau plane. Die Berichte der militäriſchen Beobachter in der Tſchintſchau⸗Zone beſagten ſie hätten lei⸗ nerlei Anzeichen gefunden, daß die chineſiſchen Truppen irgendeine militäriſche Offenſive vorbe⸗ reiten. Das Programm der Poſtgebührenſenkung enb. Berlin, 27. Dez. Dem„Lokalanzeiger“ zufolge iſt in dem Programm für die Senkung der Poſtgebühren u. a. vorgeſehen, daß bei Paketen die Zuſtellungsgebühr von 20 Pfg. in allen Zonen auf 15 Pfg. herabgeſetzt wird. Ferner können U. S.A. und die Reparationsfrage Das Staatsdepartement zur Moratoriumsentſchließung des KRongreſſes 5 wendig und richtig erachtet. Der Widerſtand zwei Initiative ergreife und finanzielle Opfer an⸗ biete. Der Bericht des Baſeler Sonderausſchuſ— ſes iſt in Regierungskreiſen bisher noch nicht kommentiert worden. Empfänger dei Pakete ſelbſt abholen u. damit die Zuſtellungsgebühr ſparen. Im Fernſprechweſen den Präſidenten prinzipiell und ſtaatsrechtlich nicht daran hindern könne, weitere Schritte auf dem Gebiet der internationalen Schulden— frage zu unternehmen, ſobald er es für not- im Kongreß richtet ſich nach amtlicher Auffaſ⸗ ſung hauptſächlich dagegen, daß Amerika die Reparationsvorbeſprechungen Macdonald— Laval? witb. Paris, 28. Dez. Havas will erfahren der Nationalſozialiſt Kampin lebensgefährlich verletzt wurde Die Täter flüchteten, wurden aber am Sonntag von der Polizei verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Bei dem einen eine Piſtole mit 17 Schuß Munition gefunden, während bei dem andern ein Hüftſchuß feſtgeſtellt wurde, den iſt der haben, daß der engliſche Premierminiſter Mac- donald den franzöſiſchen Miniſterpräſidenten Laval eingeladen habe, demnächſt mit ihm zu— ſammen zu kommen, um vor der Regierungs— konferenz, die in der zweiten Januarhälfte im Haag zuſammentreten ſolle, eine Verſtändi— gung über ihre Politik in der Reparations— Der Dank des Stuttgarter Branddirektors Einſturz der Ruinen des alten Schloſſes Beileid zu. Wir wiſſen, daß die Stadt alles frage herbeizuführen. tun wird, um ihre Not zu lindern. Trotz al⸗ lem möge auch das bevorſtehende Weihnachts⸗ feſt ſeinen alten Glanz und Segen für uns u. unſere Familien nicht verlieren. wib. Stuttgart, 27. Dez. Die Brandruinen des Alten Schloſſes ſtürzten heute früh zwi⸗ ſchen 5 und 6 Uhr unter furchtbarem Krachen ein. Nur die Außenmauern ſtehen noch. Der Reitaufgang, der bisher unverſehrt geblieben war, wurde teilweiſe aufgeriſſen, und auch die Decken im oberen Teil des Aufganges drohen 48. Jahrgang bleibt die Grundgebühr unangetaſtet, während die Geſprächsgebühr von 0,10 auf 0,09 Mark her⸗ abgeſetzt wird. Im Telegrammverkehr wird die Gebühr für ein Wort von 0,15 auf 0,12 Mark herabgeſetzt. Die Druckſachengebühr, die für 20 Gramm bisher 0,04 Mark betrug, wird auf 0,02 Mark herabgeſetzt. Bei den Wurfſendungen, die bisher 2 Rpfg. betrugen, tritt eine geſtaffelte Her⸗ abſetzung ein. a Cetzte Radiomeldungen Einſturzunglück während eines Fußball⸗ wettſpiels. wib. Catania, 28. Während eines Fußballwettſpiels zwiſchen einer hieſigen und einer ungariſchen Mannſchaft ſtürzten infolge Bruches des Geländers der Tribüne etwa 20 Perſonen in die Tiefe. Eine von ihnen wurde getötet, andere erlitten Verletzungen. Dez. Großfeuer in einer amerikaniſchen Eiſenbahn— werkſtätte. Dez. weib. Altoona(Pennſylvania), 28. 7 In den Werkſtätten der Pennſylvania-Eiſenbahn⸗ Geſellſchaft brach am Sonntag ein Feuer aus, das großen Umfang annahm. Der Schaden beläuft ſich auf über 1,5 Millionen Dollar. Glücklicher⸗ weiſe wurde niemand verletzt. Doch müſſen mehr als 1100 Arbeiter feiern. Schweres Autounglück.— Vier Tyte. wib. Neumarkt(Niederſchleſien), 28. Dez. Auf der Fahrt von Belkau nach Nimkau verlor der Führer eines mit acht Perſonen beſetzten Autos die Gewalt über den Wagen. Das Auto fuhr eine vier Meter hohe Vöſchung hinunter und ſtürzte um. Vier der Inſaſſen, darunter zwei Frauen, wurden getötet, zwei weitere verletzt. Unter den Getöteten befindet ſich der Führer des Wagens, ein Kauf⸗ mann aus Nimkau. Tagesnachrichten Maſſenverhaftungen in der Nordweſt⸗Grenz⸗ ö provinz von Indien. wtb Peſchawar, 27. Die Behörden ha⸗ ben zahlreiche Verhaftungen von bekannten Agi tatoren vorgenommen. Allein in der Stadt Peſchawar wurden 95 Mitglieder von ungeſetz⸗ lichen Vereinigungen feſdgenommen, außerdem 188 in den fünf Diſtrikten der Nordweſt-Grenz— provinz. 200„Rote“ wurden im Militärbezirk von Kohat verhaftet. a Dez. Zahlreiche Verkehrsunfälle und Raufereien in Südafrika.— 26 Tote. wtb. Kapſtadt, 27. Dez. In den größeren Städten der Südafrikaniſchen Union ereigne— ten ſich während der Weihnachtsfeiertage au— ßergewöhnlich viele Unglücksfälle. Im ganzen wurden 26 Perſonen bei Verkehrsunfällen und Raufereien getötet. „Humanite“ über eine angebliche Straßen⸗ ſchlacht in Damaskus. wtb. Paris, 27. Dez. Die kommuniſtiſche „Humanite“ veröffentlicht eine aus Konſtan⸗ tinopel vom 26. Dezember datierte Meldung, wonach franzöſiſche Truppen in Damaskus auf eine aus mehreren tauſend Perſonen beſtehen⸗ de Menge geſchoſſen hätten. Es ſollen 32 Per⸗ ſonen getötet und 600 verwundet worden ſein. Die Menge habe die Wahlurnen zerſchlagen. Auch aus Beirut und Aleppo würden große Unruhen gemeldet. Kommuniſtiſcher Aufruhr in Chile.— Etwa 20 Tote, viele Verwundete. a wib Santiago de Chile, 27. Dez. In einzel⸗ nen Teilen des Landes iſt ein kommuniſtiſcher Aufruhr ausgebrochen. Im Verlauf der Kämpfe nit den Aufrührern wurden etwa 20 Perſonen getötet und viele verwundet. In der Provinz Atacama kam es zu zwei regelrechten Schlachten, bei denen die Regierungstruppen ſiegreich waren. einzuſtürzen. ieh lare wirtſchäſtspolitin »»Pteiſe und Löhne bilden die beiden 18 auf bie ſich Helle g aftluche If. g breiteſter Volksſchich 1 6 ir ef eillſchnei⸗ dend ſind die Maßnahſen der Notverordnung vom 8. Dezember, die nunmehr auf beiden Ge⸗ bieten, dem der Lohn⸗ und Gehaltsregelung ſowohl wie dem der Preisentwicklung, dütch⸗ geführt wurden. Sorgen auf der einen, Wün⸗ ſche und Erwartungen auf der anderen Seite knüpfen ſich an dieſe wirtſchaftspolitiſchen Eingriffe des Reiches. Es iſt, in dieſem Zu⸗ ſammenhange geſehen, von grundſätzlicher Be⸗ deutung, daß dem Verordnungswerk unver⸗ kennbar der Gedanke zu Grunde liegt: die Moßnahmen des Preisabbaues und der Lohn⸗ und Gehaltsſenkung bilden ein organi⸗ ſches, unlösbares Ganzes. Anzwei⸗ deutig hat die Reichsregierung erklärt, daß ohne Sicherſtellung gleichzeitiger und entſpre⸗ chender Senkung der Preiſe eine Gehalts- u. Lohnſenkung untragbar ſei, und daß eine ver⸗ hängnis volle Schrumpfung der Kaufkraft unſeres Volkes vermieden werden müſſe. Auf breiteſter Front iſt daher, noch bevor die Lohn- und Gehaltskürzungen in Kraft treten, der Abbau der Preiſe in Angriff genommen worden. 1* N 1 Für die Verknüpfung insbeſondere der Lohn⸗ frage mit dem Preisproblem ſprechen wichtige ſoziale Gründe. Aber ſie nicht allein. Zu dieſer Verkoppelung zwingt auch die Logik volkswirtſchaftlicher Tatſachen. Das gemeinſame Ziel aller wirtſchaftspoliti⸗ ſcher Maßnahmen, nämlich die Geſamtproduk⸗ tion zu entlaſten, die Wettbewerbsfähigkeit der deutſchen Wirtſchaft erneut zu ſtärken und die große Arbeitsloſigkeit zu mindern— die⸗ ſes übergeordnete Ziel der Notverordnung alſo könnte nie und nimmer durch Einzelmaß⸗ nahmen erreicht werden, die, nacheinander durchgeführt, Stückwerk geblieben wären. Es war vielleicht notwendig, auf möglichſt allen Gebieten gleichzeitig einzugreifen, alle Maß⸗ nahmen miteinander auszubalancieren und zu einem ſinnvollen Ganzen ſchöpferiſch zu geſtal⸗ ten. Deswegen müſſen Preisſenkung, Zinsſen⸗ kung, Mietſenkung, Lohn- und Gehaltsſenkung ſowie Senkung der Frachten, alſo Eingriffe auf der ganzen Linie gleichzeitig er⸗ folgen. * Die deutſche Wirtſchaftspolitik hat es nicht, ſchaftspolitiſchen Maßnahmen des großen Ver— ordnungswerkes Sinn und Richtung geben, die Belebung des Binnenmarktes und die Aufrechterhaltung der weltwirt⸗ 0 ö ſchaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Nie deutſche Wirtſchaftspolitik hat es nicht, wie mancher wohl glauben möchte, in der Hand, ſich einfach für das eine oder andere, alſo entweder für Förderung des Außenhan⸗ dels oder für den Binnenmarkt zu entſcheiden. So unmöglich es iſt, unſere Volkswirtſchaft vom Weltmarkt abzulöſen, etwa durch höchſt gefährliche währungs⸗ oder handelspolitiſche Experimente, ſo unerwünſcht wäre es auf der anderen Seite, den Export lediglich auf Koſten des Binnenmarktes forcieren zu wollen. Ex⸗ port und Binnenmarkt ſind die beiden großer arbeitsſpendenden Abſatzgebiete der heimiſchen Produktion. Nach einer Berechnung des In⸗ ſtituts für Konjunkturforſchung arbeiteten im Jahresdurchſchnitt 1931 von rund 35,5 Milli⸗ 11 11 50 5 a nen, d. h. rd. r. 7 2 nt mittelbar oder mne lle Fr. und was 55 un 6 55 t Ran die Zahl der eitsloſen ab, ſo 1115 1 5 die f r ihn tälſg ſind. Zu bekückſichtigen bleibt jedoch, daß, ge wirtſchaftlich geſehen. die Bedeutung der Aus⸗ fuhr weſentlich größer iſt als es lediglich aus dieſem Ziffernverhältnis 4 af* eine 50 ptſt 9 Binnenmarktes bildet. von dem der Abſa Was die ausländiſche Preſſe Franzöſiſche Blätter wib. Paris, 24. Dez. Die Morgenpreſſe, die ein längeres von der Havas⸗Agentur verbreitetes Reſume über den geſtern genehmigten Bericht der Sachverſtändigen in Baſel veröffentlicht, enthält ſich zum Teil noch einer kritiſchen Würdigung. Einige Blätter beſprechen den Bericht. Nach dem„Matin“ ſei hervorzuheben, daß die Sachverſtändigen zu dem Schluß gekommen ſeien, daß Deutſchland Grund habe, zu erklären, daß es nicht in der Lage ſei, während des im Juli begin⸗ nenden Jahres den geſchützten Reparationsanteil zu bezahlen. „Petit Pariſien“ erklärt: Trotz der unvermeid⸗ lichen Kompromiſſe, die bei der Abfaſſung des Be⸗ richts nötig geworden ſeien, bilde der einſtimmig angenommene Bericht eine wirtſchaftliche Arbeit erſten Ranges und von großem dokumentariſchem Wert. „Petit Journal“ hebt hervor: die Baſeler Sachverſtändigen forderten für Deutſchland eine Verſchiebung der Bezahlung der geſchützten Noung⸗ Annuitäten und betonten zugleich die Notwendig⸗ keit einer Berichtigung der Regierungsſchuld. „Oeuvre“ ſchreibt, der franzöſiſche Delegierte in Baſel habe ſeine Theſe in dem Sinne durchge⸗ ſetzt, daß keine Vermengung zwiſchen den Zah⸗ lungsſchwierigkeiten Deutſchlands aufgrund ſeiner privaten Verpflichtungen u. aufgrund des PMoung⸗ planes vorgeſehen oder zum Ausdruck gebracht worden ſei. Der Poungplan ſei alſo nicht getrof⸗ fen und die Reparationen behielten ihr ſozuſagen uneingeſchränktes Vorrecht und ihr diplomatiſches Preſtige. Werde aber auf finanziellem Gebiet und in der Praxis dieſe Unterſcheidung möglich blei⸗ ben? Werde es politiſch nützlich und geſchickt ſein, dieſen ſtrengen Standpunkt aufrecht zu erhalten? Das ſei das Problem der Zukunft. Darauf deu⸗ teten auch die als Schlußfolgerung angefügten Ratſchläge des Berichtes deutlich hin. Eine eingehendere Würdigung veröffentlicht der Außenpolitiſcher des„Echo de Paris“. Er ſchreibt: Der Sachverſtändigenausſchuß bekenne ſich zu der Anſicht, daß Deutſchland für die Haushaltsjahre 1932-33 nicht in der Lage ſein werde, die ge⸗ ſchützten Annuitäten zu bezahlen. Der Sachver⸗ ſtändigenausſchuß ſtellte feſt, daß das großzügige induſtrielle Rüſtzeug Deutſchlands nichtsdeſtoweni⸗ ger beſtehen bleibe und voll ausgewertet werden könne, wenn die Weltkriſe gelöſt ſein werde. Dieſe Feſtſtellung, ſo fährt das„Echo de Paris“ fort, müſſe die Deutſchland zu bewilligende Erleichte⸗ rung zeitlich begrenzen. Hinſichtlich ſeiner prak⸗ tiſchen Schlußfolgerungen ſei der Ausſchuß durch den Noung⸗Plan ſelbſt in ziemlich engen Grenzen gehalten geweſen. Seine Ratſchläge könnten nicht über eine Ausſetzung der geſchützten Zahlungen während zweier Jahre hinausgehen. Der Sachver⸗ ſtändigenausſchuß verſuche aber offenbar, die Re⸗ gierungen zu weiteren Maßnahmen zu beſtimmen. Er hebe namentlich hervor, daß die jetzige Kriſe infolge ihres Ernſtes und Umfanges die Annahme übertreffe, an die die Autoren des Vertrages im Januar 1930 dachten, als ſie die Moratoriums⸗ klauſel abfaßten. f Dieſe diskreten Plaidoyers zu Gunſten eines längeren Moratoriums als es das Young⸗ Roman von Auny v. Panhuis. (Copyright 1930 by Verlag Alfred Bechthold in Braunſchweig.). 30. Fortſetzung. Und er ſprach weiter: „Ich hatte mir das alles wohl anders vorgeſtellt, als ich hierherkam. Man hat eben Illuſionen. Es ſpuken einem da ſo halbe In⸗ dianergeſchichten im Kopfe herum. Man hat als Junge ſo manches geleſen von Leuten, die aus irgendwelchem Grunde die Heimat ver⸗ ließen und in Ländern mit Wildweſtpoeſie und Wildweſtabenteuern auszogen. Dort entwickelte ſich dann alles programmäßig. Der Auswande⸗ rer fand ſofort Gelegenheit, zu zeigen, daß er ein Mordskerl war, und alles glückte ihm in einer Weiſe, die den Beifall und die Bewun⸗ derung der Menſchen geradezu herausforderte. Nun ſteh, Verena, in meinem Hirn hatte ſich wohl etwas Aehnliches feſtgehängt. Ich ſah mich als Held, als Muſter von Fleiß und Tüch⸗ tigkeit, als einen, der unübertroffen blieb.“ Er lachte unfroh. „Liebe, geliebte Verena, ich folgte dir auf dem Dampfer und ſpäter in Montevideo in allem, weil ich froh war, deine weiche Zärtlich⸗ teit fortan nahe haben zu dürfen. Deine Ge⸗ genwart beruhigte mich, nahm meiner Schuld die heroſte Bitternis. Jetzt aber iſt mir jedes Zuſammenſein mit dir in Gegenwart deines Vaters peinlich. Ihm gegenüber komme ich mir wie ein unwürdiger Eindringling vor. Ich leide wirklich unſagbar darunter, Verena, und ſo lieb ich dich habe, ſo dankbar ich dir bin. ich glaube, wir ſollten uns trennen, wir ſollten gelernt ich werde irgendwo anders unterkrie⸗ tern, ſtemmten ſich darauf feſt mit ſchwerem, aufmerksam zu machen. In letzter Zeit beengte auseinandergehen. Ich habe hier bei euch viel chen, vielleicht drüben im Argentiniſchen.“ Verena hatte ihn ausreden laſſen. Jetzt aber ſenkten ſich ihre Hände auf ſeine Schul⸗ laſtenden Druck. „Heinz, woher nimmſt du den Mut, ſo zu mir zu ſprechen, daß ich trotz der Verſicherung deiner Liebe faſt daran zweifeln muß. Liebe ſoll glauben und vertrauen und geduldig ſein. Ich gebe zu, ich hatte mir im Anfang auch manches anders vorgeſtellt. Vielleicht ſpukte auch in meinem Kopf irgendwelche ähnliche Ro⸗ mantik wie in dem deinen. Ich bekenne ehrlich, ich fand noch keinen paſſenden Anknüpfungs⸗ punkt, um den Vater vorſichtig auf unſere Liebe es mich besonders, weil es mir war, als ob er, wenn ich gelegentlich von dir ſprach, ſtets ein wenig ſonderbar lächelte. Es beirrte und ver⸗ wirrte mich.“ Ihr Kopf neigte ſich tiefer. zum Baſeler Bericht Moratorium bilde, ſei das Zugeſtändnis, das der franzöſiſche Delegierte Riſt dem deutſchen Delegierten Melchior ſowie dem engliſchen, dem ſchweizeriſchen, dem holländiſchen und dem ſchwediſchen Delegierten gemacht habe. Im Gegenſatz zu dem, was 1924— 1929 bei den Beratungen geſchehen ſei, unterbreite diesmal das Komitee der Sachverſtändigen den Regierungen nicht einen unveränderlichen Plan, ſondern eine dokumentariſche Grundlage.(Der grundlegende Irrtum der franzöſiſchen Preſſe beſteht ſeit einigen Tagen darin, daß ſie von einem Plan ſprechen, während das Komitee nur ein Gutachten zu geben habe, wie es übrigens auch im Poung⸗Plan ſelbſt feſtgeſetzt iſt). i TCondoner Blätter zum Baſeler Bericht wib. London, 24. Dez. Die ernſte Warnung vor einer Kataſtrophe, die der Baſeler Sachver⸗ ſtändigen⸗Ausſchuß an die Welt gerichtet hat, wird von der Morgenpreſſe in ihrer ganzen Tragweite kritiſch gewürdigt. Der Berichterſtatter der„Morning Poſt“ be⸗ merkt, daß in dem Vericht, der von der Mehrheit der Ausſchußmitglieder als ſehr unbefriedigend bezeichnet werde, Empfehlungen zur Erleichterung der Kriſe in Deutſchland nicht zu finden ſeien. Die Schwierigkeiten ſeien auf franzöſiſches Ver⸗ langen hin einfach auf die bevorſtehende Konferenz der Regierungen abgeſchoben worden. „Times“ weiſen darauf hin, daß der Bericht einen unverkennbaren Wink gebe, daß die Zahlung der ungeſchützten Annuitäten angeſichts der Schwere der Kriſe unerwünſcht ſei. Auf dieſen Punkt weiſt auch der Sonderkorre⸗ ſpondent der„Daily Mail“ hin, Der diplomatiſche Korreſpondent des„Daily Telegraph“ will wiſ⸗ ſen, daß die bitterſten Zuſammenſtöße bei den Be⸗ ratungen des Baſeler Ausſchuſſes mit dem Gold⸗ problem zuſammenhingen. Die franzöſiſche Re⸗ gierung ſei entſchloſſen, eine Erörterung dieſer Frage auf der kommenden Reparationskonferenz zu verhindern. „Times“ beurteilen in ihrem Leitartikel die Ausſichten einer Reparationskonferenz ziemlich optimiſtiſch. Die britiſche Regierung dränge bei der franzöſiſchen und anderen Regierungen auf eine endgültige Löſung der ganzen Frage. Der Eindruck des Baſeler Berichtes in Amerika wib. London, 24. Dez. Wie Reuter aus Waſ⸗ hington meldet, lehnen die amtlichen Stellen jede Aeußerung zum Baſeler Sachverſtändigenbericht ab. Man könne aber ſagen, daß die Feſtſtellungen des Ausſchuſſes keine beſondere Ueberraſchung hervorgerufen haben. Im allgemeinen vertrete man den Standpunkt, daß den nächſten Schritt Europa tun müſſe, wobei es ſich vorausſichtlich um die Einberufung einer allgemeinen Reparations⸗ konferenz handeln werde. Man zweifle jedoch, ob Amerika daran teilnehmen werde. Auswil zu bekämp⸗ fen, das Preisgefüge aufzulockern und die Le⸗ benshaltung aller Volksſchichten ſpürbar zu lenken. Eiſenbahnunglück in Italien. Zwei Tote, ſechs Verletzte. wtb. Foggia, 24. Dez. Zwiſchen Bologna und Foggia entgleiſte heute ein Eiſenbahnzug. Vier Perſonenwagen, der Poſt⸗ und der Packwagen, ſtürzten um. Zwei Perſonen wurden getötet, ſechs verletzt. Aus Nah und Fern Albersweiler, 23. Dez.(Autounfall.) Der Beſitzer des Kaufhauſes Jean Weige weilte gelegentlich einer Geſchäftsfahrt in Dern bach. Auf der Rückfahrt nach Albersweiler ver unglückte er in der Nähe des Vogelſtockerhofe mit ſeinem Geſchäftsauto ſo ſchwer, daß Dr. Werle von hier ihn an der Unglücksſtelle abholen und in ſeine Wohnung verbringen mußte. Das Auto if ſchwer beſchädigt, der Lenker ſchwer verletzt. Ludwigshafen, 23. Dez.(Un getreuer Poſtbote.) Der 1901 zu Böhl geborene Alb Groß war Poſtbote auf dem Limburgerhof. Vor einem Schreiner in Waldſee erhielt er einen Ein ſchreibebrief mit 500 RM. Er entnahm demſel den zwei 50⸗Markſcheine. Wegen Unterſchlagun wurde er zu einer Gefängnisſtrafe von drei Mona ten verurteilt. Ludwigshafen, 23. Dez.(Beſtrafter Auto Rowdy). Wegen fahrläſſiger Körperverlet zung und Autoflucht wurde der Kaufman Jakob Hirſch, geb. 1896 zu Frankfurt a. M. zu einer Gefängnisſtrafe von vier Monate verurteilt. H. fuhr am 22. Oktober ds. Irs mit ſeinem Opelwagen einen 30 Jahre alte Radfahrer an, wodurch derſelbe ſo ſchwer ver letzt wurde, daß er ſich zur Zeit noch im Kran kenhauſe befindet. Nach dem Vorfalle fuhr 5 fort, mußte aber wegen eines Defektes nac Zurücklegung von ungefähr 250 m halten. Landau, 23. Dez.(Zuchthaus für Fahrrad dieb). Der Schuhmacher Adolf Oehlhardt au Landau hatte ſich wegen ſchweren Rückfall diebſtahls— er ſtahl ein Damenfahrrad, da er verkaufte— vor dem hieſigen Schöffenge richt zu verantworten. Das Arteil lautete au ein Jahr Zuchthaus. Mannheim, 17. Dez.(Die Arbeits marktlage.) Das Arbeitsamt Mannhein zählte am 15. Dezember 1931 insgeſamt 42 129 Arbeitsloſe, davon 33 499 Männer und 8 670 Frauen. Die Zunahme beträgt im Vergleich zun letzten Stichtag vom 30. November 1981 1 5806 Perſonen. Die Arbeitſuchenden verteilen ſich au folgende Induſtriegruppen: Landwirtſchaft 197 Männer, 27 Frauen 35 Metallinduſtri 9000 Männer, 315 Frauen, + 389; Lederit duſtrie und Verarb. 481 Männer, 213 Frauer 195; Holzinduſtrie 1498 Männer, 4 Fraue + 36; Nahrungs⸗ und Genußmittel 677 Mä ner, 1311 Frauen, + 126; Bekleidungsgewerb 443 Männer, 511 Frauen, + 57; Baugewer 3220 Männer,— 51; Verrielfältigungsgeſ 267 Männer, 67 Frauen,— 5; Gaſt⸗ u. Schan wirtsgew. 296 Männer, 738 Frauen,— 19; Ve nemme lich“, verſicherte er.„Aber verſetze dich einmal in meine Lage. Sie wäre leicht und mit Hu⸗ mor zu ertragen, wenn ich der Gebende wäre, der reiche Märchenprinz. Doch ich bin nur ein Habenichts, ein Menſch mit Vergangenheit und ſtehe bei deinem Vater ihn Lohn und Brot. Da⸗ für küſſe ich hinterrücks ſeine Tochter und war⸗ te auf den geeigneten Moment, mich auf dem ſicher viel begehrten Platz als ſein Schwieger⸗ ſohn einzuniſten und mir dadurch eine glän⸗ zende Zukunft zu verſchaffen.“ Sie wollte etwas einwenden, doch er ſprach ſchon wieder. Sein Sprechen war haſtig, bei⸗ nahe überſtürzt. f a „Meine liebe Verena, es iſt ſo! Und wenn ich dir das alles ſage, quält mich dabei noch das Gefühl, dich dadurch zu Entſchlüſſen zu drängen, die mich möglichſt ſchnell zum Schwie⸗ gerſohn des reichen Eſtanziero machen. Was ich tue und ſage, muß berechnend erſcheinen, weil der Vorteil immer auf meiner Seite liegt. Im Anfang ſtand ich woch jo völlig im „Habe noch Geduld, Liebſter, ich bitte dich, denn wenn du Alma brava verläßt, müßte ich mich zu Tode nach dir ſehnen Ich habe dich unendlich lieb! Wenn ich mir vorſtelle, du könnteſt wieder aus meinem Leben verſchwin⸗ den, dann ginge ich zugrunde“ Fhre Wange ſchmiegte ſich an die ſeine, und ihm war es, als höre er ihren Herzſchlag „Heinz, ich hatte heute abend ſo lebhaft das Verlangen, dich noch einmal zu ſehen vor der Nachtruhe, ganz tolle Sehnſucht hatte ich da⸗ 1 40 0 1 horchte auf, weil ihre Stimme ſo ſtark bebte. ſrob darüber und glück „Ich glaube dir, Verena, daß du mich ſehr eb hat. Ich bin auch glück. Schatten meiner großen Schuld, da kam mir das, was ich eben ſagte, noch gar nicht ſo recht zum Bewußtſein. um ſo mehr und um ſo deutlicher aber jetzt.“ Verena ſeufzte. 8 „Fehlt dir das Verſtändnis dafür, Heiz, 7 55 ſehr du mir wehe tuſt, wie du mich mar⸗ terft? Ich habe dich lieb, und ich glaube an deine Gegenliebe. Alles übrige iſt gleich. Ih ſchiebe dir keine hüßlichen Motive unter und Vater wird es auch nicht tun. Ich glaube aller⸗ in wäre beſſer geweſen, ich hätte ſchon or 5 Monaten meinem Vater die Waprheit Aber die e heit ſoll Sie nahm ſeine Hände, zog ihn vom Stu empor und ſah ihm von ganz nahe in di Augen. ö „Weißt du, Heinz, warum ich heute do be ſonderes Verlangen hatte, dich noch zu ſehe ehe dieſer Tag zu Ende? Ich wollte dir eigen lich nicht davon ſprechen, auch dem Vater vez ſchwieg ich den Vorfall, weil ich ihn nicht ef ſchrecken und beunruhigen mochte.“ Jetzt vergaß Heinz, was ihn bedrückte, ſein Beſorgnis war erwacht. „Von was für einem Vorfall redeſt du, Liebſte?“ Verenas Augen waren leicht umflort. „Ich ritt heute nachmittag hinaus zu def Jungvieh, Abteilung B, und weil es ſo ein al genehmer, kühler Tag war, machte ich nachhe einen großen Umweg, doch blieb ich auf Va ters Gebiet. Plötzlich klang ein Schuß in di Stille, etwas Scharſes, abſcheulich Wehetuende ſtreifte meinen rechten Arm. Ich dachte flücht an eine verirrte Kugel, denn ich wüßte nie mand, der mir nach dem Leben trachten könnte. Sie hob ihren weiten Aermel und zeigt ihm einen Verband am Oberarm. „Nur ein ganz matter Streifſchuß iſt's ge weſen.“ 9 Er neigte den Kopf, küßte eine Stelle nebel dem Verband. Er konnte nicht ſprechen, er war zu erſchüttert von dem Gedanken, die Kugel hätte vielleicht Verenas Leben auslöschen kön⸗ nen. Als Heinz den Kopf 8 1 5 ſtrich die chmale, nervige Mädchenhand über ſein Haan und er ſchaute nun zu ihr auf, las nur Liebe und Güte in dem dunklen Blick Verenas. Ceſeprobe! 2 3 Win Das d IRONMAN VON* ERNST PRIUE N 1. Mutter und Töchter. Der Oberarzt Profeſſor Thomas Olden blickte erſchüttert auf die blaſſe Frau, die man ſoeben auf den Operationstiſch gelegt hatte. Direkt aus dem Der Aſſiſtenzarzt desinfiziert ſich die Hände und legte die Sonden, Scheren, Silberdraht, Meißel und alles Nötige auf der Glasplatte zu⸗ recht, denn es ſollte eine der ſchwierig⸗ ſten Operationen vorgenommen wer⸗ den, die der Chirurg überhaupt kennt. Es handelte ſich um eine Aufmeiße⸗ lung der Schädel⸗ decke. Die Unglück⸗ liche hatte einen Schädelbruch erlit⸗ ten und Knochen⸗ ſplitter waren in das Gehirn einge⸗ drungen. Der Aſſiſtenzarzt war ein junger, kaum ſechsundzwan⸗ kolben ann, lug und beſcheiden und von einem Ernſt, wie man ihn in dieſem Alter ſelten findet. Die Oberſchwe⸗ 155 hielt die Spritze n der Hand und blickte den Profeſſor fragend an. Er nickte, worauf ſie die Decke ein wenig von der re⸗ gungsloſen Frau zog und ihr die Spritze verabreichte. Die Kranke auf dem Operationstiſch ſchlug zum erſten Male die Augen auf, ſeit man ſie ge⸗ bracht hatte. Der Profeſſor beobach⸗ tete ſie. Niemand rührte ſich. Heißes Mitleid war auf den Geſich⸗ tern der Schweſtern zu leſen. „So ſchön und ſo jung und ſchon ſter⸗ ben müſſen!“ flü⸗ terte die Ober⸗ 00 bin traurig vor ſich hi ankenwagen D R 0 atte man ſie in den Operations- ſaal geſchafft. Die Schweſtern wuſchen ihr i hee en i Geſicht und raſierten das Haar rings um die ſchreckliche Kopfwunde. Romanauszug! r 2 12 5 8 ICH PINARERT „Sie ſollen hierher kommen?“ fragte der Profeſſor. gen Mee S ich 6 0 nen Laut kam aus ihrem blei⸗ nde. Sie oß die Augen. Es war zu ſehen, daß ſie de Schmerzen hatte. f N e aſtig reichte der Profeſſor der Oberſchweſter die Notiz. Si wußte Bescheid und verſchwand, nachdem ſie einen Blick auf die Schrift geworfen n. Der Profeſſor beugte ſich zu der Kranken, in ihren blar ſelten ſchönen Augen ſtand 15 ſtumme B n ihre auen, itte. „Was kann ich für Sie tun, gnädige Frau?“ fragte Profeſſor Olden halblaut. Er hatte chon aus dee Taſche ſeines weißen Kittels Notiz⸗ block und Bleiſtift zum Vorſchein gebracht. „Meine Kinder— meine beiden Töchter!“ flüſterte ſie, kaum zu verſtehen „Penſion Reichberg— Marburger Straße— Leo⸗ nore und Sabine von Lauffer.“ tag drs bs f. „Es iſt keine Zeit mehr zu verlieren, Herr Kollege Ar⸗ nold“, wendete ſich der Profeſſor an den Aſſiſtenzarzt. „Wir müſſen han⸗ deln, ſonſt...!“ Leiſe arbeiteten die Inſtrumente, und doch ging es den Helfern und Helfe— rinnen durch Mark und Bein. Profeſſor Olden verrichtete zielbewußt ſeine zeſchäftig liefen die Schweſtern hin und her. Immer neue Inſtrumente reichten ſie. Profeſſor gab bei Arbeit den beiden Aſſiſtenzärzten ent— ſprechende Erläute— rungen. „Endlich!“ ſagte er leiſe und richtete ſich einen Augenblick hoch, um ein paar tiefe Atemzüge zu machen. Das Hirn der Verunglückten war an einer Stelle frei gelegt. Man ſah die feinen Aederchen. Nun kam die ſchwierigſte Arbeit. Die Hand des Chi⸗ rurgen taſtete nach dem Pulſe der Pa⸗— tientin. „Spritze er kurz. Die Oberſchwe⸗ ſter hielt ſie ſchon bereit. Während er ſie in Empfang nahm und ſie an⸗ ſetzte, fragte le „Haben Kinder be tigt, Schweſter?“ „Alles in nung, Herr feſſor“ „Arme Mädels!“ murmelte er.„Hof⸗ ara haben ſie ſtarke Nerven. Ich glaube nicht, daß wir die Fra urchbringen.“ f Er hielt zwei feine ſpitze Pinzetten in der Hand. Nun beugte er ſich nieder, ſuchte mit dem ſcharfen Glaſe 5 Ein winziges Knochenſplitterchen ſaß zwiſchen den Schenkeln der Pinzette. 5 Zum zweiten Male ſuchte Profeſſor Olden. Und wieder fand er einen Knochenſplitter Als er ſich hochrichtete, war ſein Geſicht grau und ſchlaff. Olden ſeiner 1* ſagte Ord⸗ Pro- 15 eee eee eee ebe e e ee 1 „Vorbei!“ ſägte er.„Sie wird die Nacht kaum überleben. Armes Menſchenkind!— Es iſt ſchrecklich!“ Dann wurde die ausgeſägte Knochenpartie wieder eingeſetzt und durch Verband iii Proleſſor Olden faßte die Hand der Ver⸗ unglückten und zählte die dee e* 8 ö Ein Blick ſagte ſeinen beiden Aſſiſtenten, genug. f Da entſtand vor der verhüllten Glastür Geräusch. Stimmen und unterdrücktes Schluchzen waren zu hören. 8 Der Profeſſor warf einen beſorgten Blick nach der Tür. Dieſe öffnete ſich und eine Schweſter kam herein. N „Herr Profeſſor, die beiden jungen Damen ſind draußen; ſie wollen ihre Mutter ſehen.“² 5 „Das iſt unmöglich“, murmelte er. Dann ſchritt er hinaus. Unten vor dem Portal hielt ein Kabriolett. Sein mattblauer Anſtrich zog alle Blicke auf ſich, und ſommerlich hell gekleidet waren auch die beiden ſchönen Mädchen, die vor einer Minute die Treppe eee waren. „Ach, Leonore— ich fürchte mich ſo“, late die eine, deren reizendes Geſichtchen von leuchtenden blonden Locken umrahmt war. Sie ſchluchzte in ihr Tüchelchen und hing ſich in den Arm der Schweſter, die von herbem Reiz war. Sie hatte große dunkle Augen, die mit gütigem Ernſt, aber auch mit großer Klugheit in die Welk ſchauten.„Sei ſtill, Sabine“, tröſtete ſie, ſelber mühſam die Faſſung bewahrend.„Wir müſſen es ertragen!“ „Ich— kann es aber nicht ertragen!— Ich ſterbe vor— Jammer— Leonore!“ wimmerte Sabine. Sie trafen auf eine Schweſter, die ſofort wußte, wer die beiden jungen Damen waren, und die ſie nach dem Operationsſaal führte. „Mir iſt— ſo unheimlich— Leonore!“ flüſterte Sabine. 9 Die Schweſter hatte ſie vor der Tür warten laſſen. Sie rief den Profeſſor. Olden ſtutzte beim Anblick der beiden ſchönen Geſchöpfe. Ihm 100 A ihnen die Wahrheit zu eröffnen; aber es mußte och ſein.. „Meine Damen“, ſagte er tief ergriffen,„Ihre Frau Mutter muß leider Ruhe haben— ſie iſt beſinnungslos. Ich habe ſoeben die Operation, die unbedingt notwendig war, vorgenommen, und wir müſſen nun dem Allmächtigen das Weitere überlaſſen. Was Men⸗ ſchenhände tun konnten, iſt geſchehen.“ Sabine preßte den Mund feſt zuſammen. Sie konnte nicht an⸗ ders, denn ſonſt hätte ſie laut aufgeſchrien. Durch Leonores ſchlanke Geſtalt aber ging ein Beben. Ihr Ge⸗ ſicht verlor alle Farbe. Auch ſie empfand tiefſtes Leid, hatte aber die Kraft, ihre Gefühle niederzuringen; denn ſie mußte ja ſtark bleiben, ſtark und ſtandhaft, damit Sabine nicht allen Halt verlor und zuſammenbrach. „Herr Profeſſor— können wir die Mutter nicht wenigſtens ein⸗ mal ſehen?“ N „Wenn Sie mir verſprechen, ganz ſtill zu ſein und Ihre An⸗ wesen nicht verraten, dann ſoll es ſein.“ 5 ir werden— ſchweigen— nicht wahr, Sabine?“ ſagte Leo⸗ zore und blickte auf die Schweſter hernieder. Dieſe nickte, das Tuch vor den Mund preſſend. Leonore hatte das Gefühl, ein rieſiges Grabgewölbe zu betreten, als der Profeſſor die Tür öffnete. 5 Alles ſchwamm ihr vor den Augen, die Schweſtern und das Operationsbett, die großen Schränke mit den blitzenden Inſtrumen⸗ ten hinter den Scheiben und die Geſtalten der beiden Aſſiſtenzärzte. Trotz alledem entging ihr nicht, daß zwei graue, ergriffen blickende Augen ſie beobachteten.. „Mama— liebſte Mama!“ ſchluchzte Leonore leiſe auf, dann Ben di ſie der Warnung des Profeſſors und preßte eine Hand auf den Mund. 8 Das Geſicht der Mutter war das einer Sterbenden. Nie würde Leonore dieſen Anblick vergeſſen. Sie wußte, daß hier keine Hoff⸗ nung mehr war, daß die Mutter troß ihrer kaum vierzig Jahren von der Welt ſcheiden mußte. Was man ihr zum Troſte ſagte, waren fromme Lügen, von Mitleid und Erbarmen diktiert. Wohl eine Minute ſtanden beide Mädchen da, ohne ſich zu rühren, die ältere Leonore mit nde Sab bi Lippen und dem Ausdruck bitteren Ernſtes, die blonde Sabine haltlos und wimmernd wie ein kleines, zartes Mädchen, das den erſten großen Schmerz in ihrem Leben erdulden muß. Der Profeſſor legte Leonore eine Hand auf die Schulter. „Es iſt Zeit, meine Damen. Gehen Sie, bitte!“ bat er. Die beiden wankten hinaus. Sie hörten wie aus weiter Ferne Worte des Troſtes, die ihnen nicht zum Bewußtſein kamen. „Unſere Mama ſtirbt— unſere Mama iſt dem Tode geweiht“, peng eine Stimme in Leonore. meh ſich auf die Bank auf dem Flur; ſie konnte ſich nicht mehr aufrecht halten. g 5 Leonore aber nahm den Bericht entgegen, den die Oberſchweſter nach den Meldungen bei der Einlieferung aufgeſetzt hatte. Die Verunglückte hatte ſelbſt ihren Wagen geführt. An der Ecke der Mulackſtraße und einer Seitengaſſe war ex mit einem andern anten dde en Beide Wagen waren in Trümmer gegangen. Der Chauffeur des fremden Wagens aber war wie durch ein Wunder ge⸗ rettet Nur einen Bruch des Raſenbeins und einen derſtauchken Finger hatte er zu beklagen. N VVV Leonore verſchwammen die Buchſtaben vor den Augen, ſie konnte nicht leſen Nur ein Gedanke hafteke in ihrem Gedächknis. ö Was halle Mama in dieſer häßlichen Straße zugſuchen? koſtbaren Man händigte ihr die eingelieferten Wertgegenſtände aus.— Die Handfaſche der unglücklichen Baronin mit Inhalt und die beiden inge, die man ihr von den Fingern gezogen hatte. „Ach, Goft ja, ich muß doch Papa kelegraphieren!“ rief ſie plötz⸗ äh auffahrend. 5 1 Ihre Energſe erwachte wieder. Sie war eben einen Augenblick 110 Sabine allein, die vorübergebeugt auf der Bank ſaß und leiſe weinte. e Da trat Aſſiſtenzarzt Arnold zu ihr. it einem Male wußte Leonore, daß es ſeine Außen geweſen waren, die im Operationszimmer ſo ſonderbar auf ihr Ci hatten. „Gnädiges Fräulein“, ſagte er haſtig,„geſtatten Sie ein paar Worte. Ich war dabei, als Ihre Frau Mutter aus dem Kranken⸗ wagen gehoben wurde. Einer der Krankenwärter gab die Taſche der Oberſchweſter in die Hand Dabei fiel etwas zu Boden— ein Blait Papier— ein Brief? Ich weiß es nicht. Nur dachte ich, es ſei rätlich, wenn ich den Angehörigen dieſen Fund perſönlich übergebe.“ Leonore lag in dieſe ernſten guten Augen und griff zagend zuz ſie verſtand das alles nicht. Dann warf ſie einen Blick auf den Zettel— las mit ſtarrer Miene. N i 0 Sie achtete nicht darauf, daß Doktor Arnold ſich were und ging. Sie las noch immer— und dann wendete ſie ſich an die ver fte a Schweſter. Ihre Stimme klang ſelten rauh und hart, als ie ſagte: 5 f „Sabinchen, faſſe dich! lich, — Wir müſſen gehen— Papa muß be⸗ ce werden.“ ö 777 0 1 Die Schweſter zuckte zuſammen wie unter einem Schlag, erhob ſich jedoch und 110 ſich von Leonore fortführen, die mit einem Ge⸗ ſicht, das wie verſteinert ausſah, geradeaus blickte 10 30 17 671 2. Intermezzo des Grauens.. 5 Baron von Lauffer hatte ſeinen Gang durch das große, ſtille Gutshaus vollendet. Er verließ ſich nur bedingungsweiſe auf die Dienſtboten. ö e eit vor drei Jahren hier eingebrochen und Feuer angelegt worden war, überzeugte er ſich perſönlich jeden Abend, ob alles im Hauſe in Ordnung war. 15 8 Es klopfte an die Tür des Arbeitszimmers, als der Baron ſich ſoeben eine Zigarre angezündet hatte. Er rief herein und ſagte face tadelnd zu dem älteren Mann, der auf der Schwelle erſchien: N. f „Daß Sie ſich das nicht merken können, Hanſchke! Ich habe A geſagt, daß Sie nicht anzuklopfen brauchen, wenn ich allein bin.“ 5„„ 0 wollte nur melden, daß alles Wan den iſt, Herr Baron“, ſagte der Diener.„Auch die Fenſterläden ſind ſämmilich verriegelt und eingeſchraubt.“ 1. „Ich weiß, Hanſchke; ich habe ſoeben be e revidiert“, erklärte der Baron.„Haben Sie auch die Tür u en der, Teraſſe, 10 15 den Zimmern meiner Gattin hinaufführt, och einmal unter⸗ U 1 1 5. 5 73 7 50. 57 „Das tue ic immer zuerſt, Herr Baron.“„ „Dann danke ich Ihnen. Gute Nacht, Hanſchkel“ „Gute Nacht, Herr Baron.“.„ Lauffer zog einige Zeitungen heran, die auf dem Schreibtiſche en. 5„„ „Na, Hanſchke, noch was?“ f an der Tür ſtehen blieb. 1. a: „Was ich noch ſagen wollte, Herr Baron“, antwortete der Mann verlegen—„da hal ſich vor einer Stunde das Käuzchen gemeldet. Ich ſaß in meinem Zimmer und ſtopfte mir die Pfeife— als etwas gegen die Scheiben ſtieß, Es war das Käuzchen. 0 hörte es auch lag mehrere Male rufen. Herr Baron, das bedeutet nichts Gutes.“ Der Baron ſchüttelte ſich leicht; ein Schauer Überrann ſeinen Rücken, aber er raffte ſich zuſammen und ſagte tadeln: „Hanſchke, Hanſchke, wie oft habe ich Ihnen ſchon geſagt, daß Ihr Aberglaube Unſinn iſt, und doch kommen Sie mir immer wieder mit ſolchen Dingen.“ 19270. g „Om, der Herr Baron mögen 0 haben, aber ich bin nun ein⸗ mal ſo abergläubiſch. Und können ſich der Herr Baron noch darauf beſinnen, wie wir damals am Toten Mann in dem einſamen Hauſe einkehrten und übernachten wollten und das Käuzchen in der Nacht, als wir uns gerade niederlegen wollten, furchtbar ſchrie? Und wie wir ſo ſchnell retiriren mußten, weil eine Granate die Vorderwand des Hauſes wegriß und dann die Gasbombe explodierte? Und können ſich der Herr Baron noch auf den Anblick in dem Hauſe beſinnen, wie wir am andern Morgen eindrangen und ein gutes Dutzend Marokkaner in den oberen Zimmern mit ſchrecklich derzerrten Geſichtern tot vorfanden? Sie hätten uns maſſakriert. Der Baron een 5. „Hanſchke, Sie haben eine Art, daß man das Gruſeln kriegen ann.“ 5 5 8 0 Aber auch ihn befiel Grauen, wenn ex an die 1510 e Epiſode zurückdachte. Hanſchke hatte 18110 es wäre kein Anblick für einen nervenſchwachen Menſchen geweſen— dieſe im Todeskampfe ver⸗ zerrten Geſichter. f ö„ 5 „Pfui Teufel!“ murmelte er, Laut ſagte er: „„Na, gehen Sie jetzt, Hanſchke. Sonſt fangen wir noch an, Kriegs⸗ erlebniſſe aufzu wärmen.“%% Der Diener verſchwand, konnte aber nicht umhin, beim Hinaus⸗ gehen noch einen besorgten Blick auf ſeinen Herrn zu werfen e 1 = de n.] 2 3* — W F . Rauchwolken in die Luft. Er war e Mann, dem man die fünfundfünfzig Jahre ſeines Alters nicht anſah. Sein Haar war noch dicht und dunkel, und ur an den Schläfen etwas ergraut. Er hatte ein vornehmes ge⸗ bräuntes Geſicht und ing aufrecht, wie man das bei ehemaligen Offizieren ſo oft findek. Er hatte den Krieg als Hauptmann der Reſerve mitgemacht, ee eine Kompagnie und dann ein Bataillon geführt, und Hanſchke war während der ganzen Kriegszeit ſein Bürſche geweſen. „Jetzt dachte er an ſeine Gattin und an ſeine Töchter. Lächeln der Zärtlichkeit überflog ſein Geſicht. Er hing mit allen Faſern ſeines Herzens an ſeiner Familie. In ſeine ſchöne und anmutige Frau war er noch genau ſo verliebt hie am Tage ihrer Verheiratung. Er betete ſie an. Freilich— manchmal 05 er ſich auch um ſie. Er bemerkte oft einen 1 0 Zug in ihrem Geſicht, den er nicht verſtand. Aber wenn er ſie fragte, was ſie bedrücke, wies ſie ihn mit einem gequäl⸗ ten Lächeln ab. 5 Es hatte den Anſchein, als ob ein Kummer ſie quäle. Seine Töchter vergötterte er. Beide wohnten ſeit einem halben Jahre in Berlin. Es war eine Marotte von ihnen, daß ſie etwas lernen wollten. 111 Als Leonore nach ſchweren Kämpfen endlich die Erlaubnis er⸗ hielt, in Berlin Sprachſtudien zu betreiben, verlangte Sabine gleiche Rechte. Schon immer hatte ſie gern gezeichnet und gemalt, und wöllte nun in Berlin bei einem berühmten Meiſter Unterricht nehmen. Es blieb dem Baron nichts weiter übrig, als ſein Neſthäkchen ebenfalls nach Berlin überſiedeln zu laſſen. Doch er durfte beruhigt ſein; denn Leonore war weit über ihre Jahre hinaus gereift und würde über die kindliche Schweſter ihre ſchützende Hand halten. „Was für einfältige Dinge Hanſchke erzählt!“ ſprach er kopf⸗ ſchüttelnd vor ſich hin.„Wahflich, er iſt ein ganz anderer Menſch, als er vor dem Kriege war.“ Der Baron trat zu einem der Fenſter, ſchraubte den ſchweren Laden los, ſtieß ihn auf und blickte hinaus. Drüben ſtand finſter und ſchweigend der Wald. Dicht davor umging die Straße in gro⸗ ßem Bogen die Felder. N Der Baron ſog tief die milde Luft ein. Der laue Wind trug einen Duft von den Wieſen herüber, der wie Balſam wirkte. 1 t bh ſtutzte der Baron und blickte ſcharf nach dem Walde hinüber. ö „Wenn ich mich nicht getäuſcht habe, ſchlich ſoeben ein Menſch am Waldesſaume entlang“, murmelte er. Er behielt die Stelle im Auge, aber nichts war zu ſehen. 10 Aergerlich ſchloß er das Fenſter, legte den Laden vor, ſchraubte ihn Ein feſt und trat ins Zimmer zurück. Dor Hanſchke hat- mich angeſteckt“, brummte er vor ſich hin. 1 einge⸗ t herab. als ſei (Stunde Poſtbriefnaſten n Hauſe eber ihm d. verhört.“ Deſſau Seminarſtraße 10(Wagnerhaus) zm einen iggeſtreckte ppe direkt l. der Taſche die mor⸗ bis zum Alfred Wagner Jeitſchriftengroßvertrieb Lichtſtrahl n. oben. Es zattin. von innen 0 war, der ögeſchraubt der. „Dieſer lehnte ſich nachdenklich im Seſſel zurück und blies duftende in die Mitte des Zimmers unter die h er vor durch das n der Tür ccd cue fu ht Ala b enen e Es war dunkel im Zimmer. Der Mond geiſterte durch die Fenſter und ſpielte mit ſeknem bleichen Licht in den Gardinenmuſtern. Aber dort drüben in der Ecke— das war kein Mondlicht— das war der ſcharfe keilförmige Lichtkegel einer Diebeslaterne— und ein geſpenſtiger Schatten bewegte ſich aufgeregt hin und her! Jemand atmete ſchnell, fluchte unterdrückt und hantierte wahr⸗ ſcheinlich am Schloſſe des Schreibtiſches. Kaum der Bruchteil einer Sekunde gehörte dazu, den Baron dies wahrnehmen zu laſſen, dann übergoß eine Flut von Licht das Zimmer, jäh fuhr der Einbrecher auf. Der Baron ſtarrte in das bleiche, fahle Geſicht eines Mannes, in deſſen Augen ſich Entſetzen ſpiegelte. Aber ebenſo ſchnell duckte ſich der Mann und— war mit einem Satze am Fenſter. „Steh' oder ich ſchieße!l“ donnerte der Baron. Doch jener kehrte ſich nicht daran. Da feuerte der Baron. Der Knall hallte dumpf von den Wän⸗ den wider. Der Flüchtling hockte auf dem Fenſterbrett, hielt ſich am Kreuz feſt. Nun ließen ſeine Hände langſam los, griffen in die Luft, taſteten wild umher und dann— ſtürzte er ſchwer ab. Der Baron trat hinzu und blickte ſchaudernd auf den Mann, der in Todesnot die Finger verkrampft hielt. Gelbe Zähne zeigten ſich zwiſchen den ſchmalen Lippen. Das ganze Geſicht ſah aus wie eine Maske. „Tot!“ murmelte der Baron erſchüttert, als er ſich über den Mann beugte, neben dem Schlüſſel und Dietriche zerſtreut umherlagen. „Ein ſchrecklicher Menſch“, murmelte der Baron.„Aber töten wollte ich ihn nicht, ich wollte ihm nur einen Denkzettel geben.“ Er überwand ſein Grauen und zog den Lebloſen am Rockkragen ampe, wo er ihm die Taſchen durchſuchte. Er fand außer einigen weiteren Dietrichen nur ein ele mich Taſchentuch, ein Taſchenmeſſer, einen Bleiſtift und einen riefumſchlag mit einer Adreſſe darauf. Weiter hatte der Tote nichts bei ſich. Die Adreſſe auf dem Umſchlag aber lautete:„Herrn Rino Parello, Berlin, Mulackſtraße 218“. Der Baron ſtrich ſich mit der Hand über die Stirn. „Wache oder träume ich denn?“ fragte er ſich mit heiſerer Stimme, aus der eine ungeheure Aufregung ſprach.„Es kann ja nicht ſein! Dieſe Handſchrift! Was aber ſollte Marion veranlaſſen 15 115 10 0 Rino Parello zu ſchreiben? Wer iſt das? Heißt der ote ſo?“ Er hörte hinter ſich Geräuſch und ließ den Briefumſchlag geiſtes⸗ gegenwärtig in ſeiner Taſche verſchwinden. „Herr Baron— was iſt geſchehen?“ fragte Hanſchkes Stimme im Tone höchſter 15 0 Lauffer trat zur Seite, ſo daß ſein Diener das Zimmer über⸗ blicken konnte. „Waas? Herr Baron— ein Toter?“ ſtotterte Hanſchke. Er blickte mit wahrem Entſetzen auf den zuſammengekrümmten toten Mann am Boden. Der Baron erzählte kurz, was vorgefallen war. „Meine Ahnung, Herr Baron!“ jammerte Hanſchke. ſich wieder gezeigt, daß Ahnungen nicht trügen.“ „Ja, ja, Hanſchke“, berichtete der Baron mit merkwürdiger Haſt. „Ich wollte ihn nicht töten. Er ſprang auf das Fenſterbrett und wollte auf den Balkon hinaus. Ich warnte ihn. Es tut mir leid, „Da hat als er nicht hörte, aber ich kann es nicht ändern.“ „Soll er hier liegen bleiben, Herr Baron, bis die Gendarmerie eintrifft?“ „Nein, bringen Sie ihn in die hintere Gerätekammer. Morgen früh melden Sie den Vorfall auf dem Landratsamt. Und beruhigen Sie die andern Leute! Ich höre, daß man kommt. Sie ſcheitien durch den Schuß munter geworden zu ſein.“ Der Baron entfernte ſich. Er verließ die obere Etage durch den Hauptgang und ſtieg die Freitreppe hinab. 1 Kaum aber hatte er ſein Zimmer erreicht, als er ſich ſchwer⸗ ſchlcg vor ſeinem Schreibtiſche niederließ. Er legte den Briefum— chlag mit der Adreſſe vor ſich hin. „Was hat Marion mit jenem Manne zu tun, der ſich Rino Parello nent?“ fragte er ſich immer wieder. Daß es ihre Handſchrift war, daß ſie die Adreſſe geſchrieben hatte, daran zweifelte er immer weniger. Er 15 die ganze Nacht grübelnd vor dem Briefumſchlag. Sein 1 war gefaßt, er mußte nach Berlin, mußte die Mulack⸗ ſtraße aufſuchen und dort nach Rino Parello forſchen.— Er erhob ſich ſchwerfällig. Als er den Laden zurückſtieß, blen⸗ dete ihn der helle Tag. Drüben ſah er, wie ein Angeſtellter der Meierei mit dem De⸗ Hauer ſprach— im Schloſſe gab es keinen Fernſprecher— auffer wollte ihn nicht. 5 Dann kam der Beamte über den Hof. Er hatte den Baron am Fenſter geſehen. Dieſer nahm das Telegramm in Empfang, griff in die Taſche, gab dem Beamten ein Trinkgeld, erbrach die Siegel⸗ marke und las——. War er wahnſinnig geworden? Verwirrten ſich ſeine Gedanken? „Marion— verunglückt?“ ſtammelte er mit b Lippen. „Marion— du— Marion— o— ich Unalücklicher!“ ſtöbhnte er und ank auf einen Stuhl. 5 5 0 2— „Vorbei!“ fägte er.„Sie wird die Nacht kaum überleben. Armes Menſchenkind!— Es iſt ſchrecklich!“ Dann wurde die aus ge Knochenpartie wieder eingeſetzt und durch Verband ate rofeſſor Olden faßte die Hand der Ver⸗ unglückten und zählte die baden 105 W Ein Blick ſagte ſeinen beiden Meal gen Da entſtand vor der derhügken Glastür Geräusch. Stimmen und unterdrücktes Schluchzen waren zu hörenn 5 Der Profeſſor warf efnens beſorgten Blick nach der Tür. Dieſe öffnete ſich und eine Schweſter kam herein. 5 Herr Profeſſor, die beiden jungen Damen ſind draußen; ſie wollen ihre Mutter ſehenl““?g“ Y? N „Das iſt unmöglich“, murmelte er. Dann ſchritt er hinaus. Unten vor dem Portal hielt ein Kabriolett. Sein mattblauer Anſtrich zog alle Blicke auf ſich, und ſommerlich hell gekleidet waren auch die beiden ſchönen Mädchen, die vor einer Minüte die Treppe hinaufgeeilt waren. ö „Ach, Leonore— ich fürchte mich ſo“, 110 5 die eine, deren reizendes Geſichtchen von leuchtenden blonden Locken umrahmt war. Sie ſchluchzte in ihr Tüchelchen und hing ſich in den Arm der Schweſter, die von herbem Reiz war. f f Sie hatte große dunkle Augen, die mit gütigem Ernſt, aber auch mit großer Klugheit in die Welf ſchauten.„Sei ſtill, Sabine“, tröſtete ſie, ſelber mühſam die Faſſung bewahrend.„Wir müſſen es ertragen!“ „Ich— kann es aber nicht ertragen!— Ich ſterbe vor— Jammer— Leonore!“ wimmerte Sabine. Sie trafen auf eine Schweſter, die ſofort wußte, wer die beiden jungen Damen waren, und die ſie nach dem Operationsſaal führte. Mir iſt— ſo unheimlich— Leonore!“ flüſterte Sabine. Die Schweſter hatte ſie vor der Tür warten laſſen. Sie rief den Profeſſor. N Olden ſtutzte beim Anblick der beiden ſchönen Geſchöpfe. Ihm 19 5 10 ſchwer, ihnen die Wahrheit zu eröffnen; aber es mußte och ſein i 19055 f „Meine Damen“, ſagte er tief ergriffen,„Ihre Frau Mutter muß leider Ruhe haben— ſie iſt beſinnungslos. Ich habe ſoeben die Operation, die unbedingt notwendig war, vorgenommen, und wir müſſen nun dem Fade das Weitere überlaſſen. Was Men⸗ ſchenhände tun konnten, iſt geſchehen.“ ö Sabine preßte den Mund feſt zuſammen. Sie konnte nicht an⸗ ders, denn ſonſt hätte ſie laut aufgeſchrien. l Durch Leonores 1 Geſtalt aber ging ein Beben. Ihr Ge⸗ ſicht verlor alle Farbe. Auch ſie empfand tiefſtes Leid, hatte aber die Kraft, ihre Gefühle niederzuringen; denn ſie mußte ja ſtark bleiben, ſtark und ſtandhaft, damit zund zuſammenbrach. mal ſehen?“ N „Wenn Sie mir verſprechen, 00 ſtill zu ſein und Ihre An⸗ weſenheit nicht verraten, dann ſoll es ſein.“. „Wir werden— ſch Anore und blickte auf die Schweſter hernieder. Diieſe nickte, das Tuch vor den fals Guß Leonore hatte das Gefühl, ein rieſiges Grabgewölbe zu betreten, als der Profeſſor die Tür öffnete. f N Alles ſchwamm ihr vor den Augen, die Schweſtern und das Operationsbett, die großen Schränke mit den blitzenden Inſtrumen⸗ ten 9105 den Scheiben und die Geſtalten der beiden f dende rotz alledem entging ihr nicht, daß zwei graue, ergriffen blickende Augen ſie beobachteten. ö„„ „Mama— liebſte Mama!“ ſchluchzte Leonore leiſe auf, dann 91 ſie der Warnung des Profeſſors und preßte eine Hand auf den Mund. N g Das Geſicht der Mutter war das einer Sterbenden. Nie würde Leonore dieſen Anblick vergeſſen. Sie wußte, daß hier keine Hoff⸗ nung meht war, daß die Mütter troß ihrer kaum vierzig Jahren von der Wielt ſcheiben mußte. 1 Was man iht zum Troſte ſagte, waren fromme Lügen, von Mitleid und Erbarmen diktiert. i Wohl eine Minute ſtanden beide Mädchen da, ohne ſich zu rühren, die ältere Leonore mit A dee e Lippen und dem Ausdruck bitteren Ernſtes, die blonde Sab wie ein kleines, zartes Mädchen, das den erſten großen Schmerz in ihrem Leben erdulden muß. f Der Pro 110 legte Leonore eine Hand auf die Schulter. „Es“ iſt Zeit, meine Damen. Gehen Sie, bitte!“ bat er. Die beiden wankten hinaus. Sie hörten wie aus weiter Ferne Worte des Troſtes, die ihnen nicht zum Bewußtſein kamen. „Unſere Mama ſtirbt— unſere Mama iſt dem Tode geweiht“, ſprach eine Stimme in Leonore. 5 e abine ſetzte ſich auf die Bank auf dem Flur; ſie konnte ſich nicht mehr aufrecht halten. Leonore aber nahm den Bericht entgegen, den die Oberſchweſter nach den Meldungen bei der Einlieferung aufgeſetzt hatte. Die Verunglückte hatte ſelbſt ihren Wagen geführt. An der Ecke der en und einer Seitengaſſe war er mit einem andern zuſammengeſtoßen. Beide Wagen waren in Trümmer gegangen. Der hauffeur des fremden 1 0 aber war wie 10 ein Wunder ge⸗ rettet. Nur einen Bruch des Naſenbeins und einen derſtauchten Finger hatte er zu beklagen... Leonore verſchwammen die Buchſtaben vor den Augen, ſie konte nicht leſen Nur ein Gedanke hafteke in ihrem Gedächtnis. ö Was halle Mama in dieſer häßlichen Straße zunſuchen?“? en abine nicht allen Halt verlor „Herr Profeſſor— können wir die Mutter nicht wenigſtens ein⸗ weigen— nicht wahr, Sabine?“ ſagte Leo⸗ g verlegen— Ich ſaß in m ne haltlos und wimmernd ka erlebliiſſe aufzu „Der Pen Man händigte ihr die eingelieferten Wertgegenſtände aus.— Die Handlaſche der unglücklichen Baronin mit Inhalt und die beiden 1 koſtbaren Ringe, die man ihr von den Fingern gezogen hatte. 0 Gokt ja, ich muß doch Papa kelegraphieren!“ rief ſie plötz⸗ 0 lich, auffahrend. 1 1 1 Ihre Energie erwachte wieder. Sie war eben einen Augenblick mit Sabine allein, die vorübergebeugt auf der Bank ſaß und leiſe weinte. 5 e Da trat Aſſiſtenzarzt Arnold zu ihr. Mit einem Male wußte Leonore, daß es fern e e waren, die im Operationszimmer ſo ſonderbar auf ihr ht hatten. „Gnädiges Fräulein“, ſagte er haſtig,„geſtatten, Sie ein paar Worte. Ich war dabei, als Ihre Frau Mutter aus dem Kranken⸗ wagen gehoben wurde. Einer der Krankenwärter gab die Taſche der Oberſchweſter in die Hand. Dabei fiel etwas zu Boden— ein Blatt Papier— ein Brief? Ich weiß es nicht. Nur dachte ich, es ſei rätlich, wenn ich den Angehörigen dieſen Fund perſönlich übergebe.“ Leonore lag in diese ernſten guten Augen und gr Wii aun zuz ſie verſtand das alles nicht. Dann warf ſie einen Blick auf den Zettel— las mit ſtarrer Miene. 1 5„ Sie 0 nicht darauf, daß Doktor Arnold ſich verneigte und ging, Sie las noch immer— und dann wendete ſie ſich an die ver weifelte Schweſter. Ihre Stimme klang ſelten rauh und hart, als ſie 1 1 1051. „Sabinchen, faſſe dich!— Wir müſſen gehen— Papa muß be⸗ nachrichtigt werden.“ N 46 5 e Die Schweſter zuckte zuſammen wie unter einem Schlag, erhob 8 jedoch und 10 ſich von Leonore fortführen, die mit einem Ge⸗ icht, das wie verſteinert aussah, geradeaus blickte. 2. Intermezzo des Grauens. 5 Gutshaus vollendet. Er verließ ſich nur bedingungsweiſe auf die Dienſtboten. ü Seit vor drei Jahren hier eingebrochen und Feuer angelegt worden war, überzeugte er ſich persönlich jeden Abend, ob alles im Hauſe in Ordnung war. 5 1 1 Es klopfte an die Tür des Arbeitszimmers, als der Baron ſich ſoeben eine Zigarre angezündet hatte. Er rief herein ünd ſagte aachen tadelnd zu dem älteren Mann, der auf der Schwelle erſchien: f ö ö 5 8 f „Daß Sie ſich das nicht merken können, Hanſchke! Ich habe Ihnen doch geſagt, daß Sie nicht anzuklopfen braüchen, wenn ic allein 19 1 be 10 fer gl Bar 50 wollte nur melden, daß alles verſchloſſen iſt, Herr Baron“, ſagte der Diener.„Auch die Fenſterläden ſind 1155 bperriege und eingeſchraubt.“ 5. e „Ich weiß, Hanſchke; ich habe ſoeben hinter 9 erklärte der die zu den 3 ſucht?“ „Das tue „Dann d „Gute Ni Lauffer ö lagen. „Na, Ha an der Tür ſt „Was ich :ouvung gun 080d 0 8 gegen die Sch mehrere Male Der Bar Rllcken, aber e „Hanſchke Ihr Aberglaub mit ſolchen D „Om, der mal ſo abergli beſinnen, wie einkehrten und als wir uns g Und wie n Vorderwand de Und könn Hauſe beſinne gutes Dutzend verzerrten Gef . 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In ſeine ſchöne und anmutige Frau war er noch genau ſo verliebt wie am Tage ihrer Verheiratung. Er betete ſie an. Freilich— manchmal 1115 er ſich auch um ſie. Er bemerkte oft einen 1 Zug in ihrem Geſicht, den er nicht verſtand. Aber wenn er ſie fragte, was ſie bedrücke, wies ſie ihn mit einem gequäl⸗ ten Lächeln ab. Es hatte den Anſchein, als ob ein Kummer ſie quäle. Seine Töchter vergötterte er. Beide wohnten ſeit einem halben Jahre in Berlin. Es war eine Marotte von ihnen, daß ſie etwas lernen wollten 1 Als Leonore nach ſchweren Kämpfen endlich die Erlaubnis er⸗ hielt, in Berlin Sprachſtudien zu betreiben, verlangte Sabine gleiche Rechte. Schon immer hatte ſie gern gezeichnet und gemalt, und wöllte nun in Berlin bei einem berühmten Meiſter Unterricht nehmen. Es blieb dem Baron nichts weiter übrig, als ſein Neſthäkchen ebenfalls nach Berlin überſiedeln zu laſſen. Doch er durfte beruhigt ſein; denn Leonore war weit über ihre Jahre hinaus gereift und würde über die kindliche Schweſter ihre ſchützende Hand halten. „Was für einfältige Dinge Hanſchke erzählt!“ ſprach er kopf⸗ ſchüttelnd vor ſich hin.„Wahrlich, er iſt ein ganz anderer Menſch, als er vor dem Kriege war.“ Der Baron trat zu einem der Fenſter, ſchraubte den ſchweren Laden los, ſtieß ihn auf und blickte hinaus. Drüben ſtand finſter und ſchweigend der Wald. Dicht davor umging die Straße in gro⸗ zem Bogen die Felder.. Der Baron bog tief die milde Luft ein. Der laue Wind trug einen Duft von den Wieſen herüber, der wie Balſam wirkte. 90 199 6 0 ſtutzte der Baron und blickte ſcharf nach dem Walde hinüber. 5 5 5 „Wenn ich mich nicht getäuſcht habe, ſchlich ſoeben ein Menſch am Waldesſaume entlang“, murmelte er. „Er behielt die Stelle im Auge, aber nichts war zu ſehen. Ae ee er das Fenſter, legte den Laden vor, ſchraubte ihn feſt und trat ins Zimmer zurück. „„Der Hanſchke hat mich angeſteckt“, brummte er vor ſich hin. „Ich glaube, auch ich ſehe ſchon Geſpenſter.“ 5 Er las den Wetterbericht; denn morgen ſollte das Heu einge⸗ ann ſank die Hand mit dem Zeitungsblatt herab. fahren werden. Ki ein,, lötlich ſchrak er hoch und rieb ſich die Augen. Ein harter Schlag war über ihm geweſen, gerade ſo, als ſei ein ſchwerer Gegenſtand umgefallen—— f Was war das?“ fragte er ſich. Mit einein Blick auf die Uhr ſtellte er feſt, daß er eine Stunde geſchlaſen hatte i. Erk hielt den Atem an und lauſchte. Aber im ganzen Hauſe char es totenſtill, ö Er wollte ſich beruhigen, aber es gelang ihm nicht. Ueber ihm lägen die Zimmer ſeiner Gattin die 10 in Berlin befand. a „Nanul Was war denn das? Jetzt habe ich mich nicht verhört.“ Raſch erhob er ſich und ſtand unſchlüſſig da. 1 0b ich Hanſchke rufe?“ murmelte er. 7 Hoch er gab dieſen Gedanken ſchnell wieder auf, nahm einen Schlüſſel von der Wand und ging zur Tür. Auf halbem Wege blieb er ſtehen. „Wie kann man ſich nur ſo dumm anſtellen?“ ſprach er vor 0 hin, kehrte um und ſchraubte den Laden los, kletterte durch das enſter hinaus und eilte auf den Fußſpitzen um das langgeſtreckte aus, bis er an die kleine Tür kam, hinter der eine Treppe direkt zu den Zimmern ſeiner Gemahlin hinaufführte. Er fand die Tür nur ee nicht verſchloſſen. Eine ungeheure Aufregung befiel ihn. Er taſtete in der Taſche nach dem Browning, den er abends immer zu ſich ſteckte. Die Waffe ſchmiegte fh wie von 1 0 in ſeine Hand. Der Baron ſchlich die Treppe hinguf. Oft knarrten die mor⸗ ſchen alten Stufen unter ſeiner Laſt. Seine Sinne waren bis zum ßerſten angeſpannt. 5 Da— er war noch nicht ganz oben— huſchte ein Lichtſtrahl über den Gang, um ſedoch fofort wieder zu verſchwinden. Was war das?“ fragte er ſich betroffen. 55 Hann ſtieg er weiter hinauf und landete endlich oben. Es waren nur ein paar Schritte bis zu den Zimmern ſeiner Gattin. Doch wenn die Tür verſchloſſen war, wenn man ſie von innen ere dee 6 ſch, daß dies nicht möglich, war, der Aber da erinnerte er a! möglich war, der Pegel wer ſeit eg n nicht mehr brauchbar und aäbgeſchraubt worden. iſt jemand im immer flüſterte er, als er an der Tür Gufcztk. Er Mafele nag ber lte und drückte ſie nieder. 9 10 F 1 war ein ſtattlicher Mann, dem man die fünfundfünfzig Jahre 7 in die Mitte des Zimmers unter die Es war dunkel im Zimmer. Der Mond geiſterte durch die Fenſter und ſpielte mit ſeinem bleichen Licht in den Gardinenmuſtern. Aber dort drüben in der Ecke— das war kein Mondlicht— das war der ſcharfe keilförmige Lichtkegel einer Diebeslaterne— und ein geſpenſtiger Schatten bewegte ſich aufgeregt hin und her! Jemand atmete ſchnell, fluchte unterdrückt und hantierte wahr⸗ ſcheinlich am Schloſſe des Schreibtiſches. Kaum der Bruchteil einer Sekunde gehörte dazu, den Baron dies wahrnehmen zu laſſen, dann übergoß eine Flut von Licht das Zimmer, jäh fuhr der Einbrecher auf. Der Baron ſtarrte in das bleiche, fahle Geſicht eines Mannes, in deſſen Augen ſich Entſetzen ſpiegelte. Aber ebenſo ſchnell duckte ſich der Mann und— war mit einem Satze am Fenſter. „Steh' oder ich ſchieße!“ donnerte der Baron. Doch jener kehrte ſich nicht daran. Da feuerte der Baron. Der Knall hallte dumpf von den Wän⸗ den wider. Der Flüchtling hockte auf dem Fenſterbrett, hielt ſich am Kreuz feſt. Nun ließen ſeine Hände langſam los, griffen in die Luft, taſteten wild umher und dann— ſtürzte er ſchwer ab. Der Baron trat hinzu und blickte ſchaudernd auf den Mann, der in Todesnot die Finger verkrampft hielt. Gelbe Zähne zeigten ſich zwiſchen den ſchmalen Lippen. Das ganze Geſicht ſah aus wie eine Maske. „Tot!“ murmelte der Baron erſchüttert, als er ſich über den Mann beugte, neben dem Schlüſſel und Dietriche zerſtreut umherlagen. „Ein ſchrecklicher Menſch“, murmelte der Baron.„Aber töten wollte ich ihn nicht, ich wollte ihm nur einen Denkzettel geben.“ Er überwand ſein Grauen und 500 den Lebloſen am Rockkragen ampe, wo er ihm die Taſchen durchſuchte. Er fand außer einigen weiteren Dietrichen nur ein chmuütziges Taſchentuch, ein Taſchenmeſſer, einen Bleiſtift und einen riefumſchlag mit einer Adreſſe darauf. Weiter hatte der Tote nichts bei ſich. Die Adreſſe auf dem Umſchlag aber lautete:„Herrn Rino Parello, Berlin, Mulackſtraße 218“. Der Baron ſtrich ſich mit der Hand über die Stirn. „Wache oder träume ich denn?“ fragte er ſich mit heiſerer Stimme, aus der eine ungeheure Aufregung ſprach.„Es kann ja nicht ſein! Dieſe Handſchrift! Was aber ſollte Marion veranlaſſen — an dieſen Rino Parello zu ſchreiben? Wer iſt das? Heißt der Aae r hörte hinter ſich Geräuſch und ließ den Briefumſchlag geiſtes⸗ gegenwärtig in ſeiner Taſche verſchwinden. „Herr Baron— was iſt geſchehen?“ fragte Hanſchkes Stimme im Tone höchſter 1 0 8 Lauffer trat zur Seite, ſo daß ſein Diener das Zimmer über⸗ blicken konnte. „Waas? Herr Baron— ein Toter?“ ſtotterte Hanſchke. Er blickte mit wahrem Entſetzen auf den zuſammengekrümmten toten Mann am Boden. Der Baron erzählte kurz, was vorgefallen war. „Meine Ahnung, Herr Baron!“ jammerte Hanſchke. ſich wieder gezeigt, daß Ahnungen nicht trügen.“ „Ja, ja, Hanſchke“, berichtete der Baron mit merkwürdiger Haſt. „Ich wollte ihn nicht töten. Er ſprang auf das Fenſterbrett und wollte auf den Balkon hinaus. Ich warnte ihn. Es tut mir leid, als er nicht hörte, aber ich kann és nicht ändern.“ „Soll er hier liegen bleiben, Herr Baron, bis die Gendarmerie eintrifft?“ „Nein, bringen Sie ihn in die hintere Gerätekammer. Morgen früh melden Sie den Vorfall auf dem Landratsamt. Und beruhigen Sie die andern Leute! Ich höre, daß man kommt. Sie ſcheitien durch den Schuß munter geworden zu ſein.“ N Der Baron entfernte ſich. Er verließ die obere Etage durch den Hauptgang und ſtieg die Freitreppe hinab. Kaum aber hatte er ſein Zimmer erreicht, als er ſich ſchwer⸗ ällig vor ſeinem Schreibtiſche niederließ. Er legte den Briefum⸗ chlag mit der Adreſſe vor ſich hin. „Was hat Marion mit jenem Manne zu tun, der ſich Rino Parello nent?“ fragte er ſich immer wieder. Daß es ihre Handſchrift war, daß ſie die Adreſſe geſchrieben hatte, daran zweifelte er immer weniger. Er ſaß die ganze Nacht grübelnd vor dem Briefumſchlag. Sein ee war gefaßt, er mußte nach Berlin, mußte die Mulack⸗ ſtraße aufſuchen und dort nach Rino Parello forſchen.— Er erhob ſich ſchwerfällig. Als er den Laden zurückſtieß, blen⸗ dete ihn der helle Tag. Drüben ſah er, wie ein Angeſtellter der Meierei mit dem De⸗ 1 ſprach— im Schloſſe gab es keinen Fernſprecher— auffer wollte ihn nicht. N Dann kam der Beamte über den Hof. Er hatte den Baron am Fenſter geſehen. Dieſer nahm das Telegramm in Empfang, griff in die Taſche, gab dem Beamten ein Trinkgeld, erbrach die Siegel⸗ marke und las—— a War er wahnſinnig geworden? Verwirrten ſich ſeine Gedanken? „Marion— verunglückt?“ ſtammelte er mit 10 Lippen. „Marion— du— Marion— o— ich Unalücklicher!“ ſtöhnte er „Da hat 4 und ſank auf einen Stuhl. VVV 3. Stunden der Verzweiflung. um ſechs Uhr ging der erſte Zug. Der Baron hafte ihn noch erreicht. Um neun Uhr war er in Berlin. Er raſte in einem Miets⸗ wagen nach dem Krankenhauſe. Er war kein übermäßig frommer Mann, aber er betete unterwegs immer wieder:„Herrgott im Him⸗ mel, laß es nicht zu, daß meine Marion, meine geliebte Frau ſtirbt!“ Ein verzweifelter Mann durchſchritt das Portal, durch das eſtern ſeine beiden Töchter getreten waren, und durch das man urz vorher ſeine verunglückte Gattin getragen hatte. Dann ſtand er vor dem Cheſarzt. „Verſchweigen Sie mir nichts, Herr Profeſſor“, bat er faſt demütig.„Ich bin auf alles gefaßt. Was iſt's mit meiner Gattin?“ Tiefes Mitleid ſtand in Profeſſor Oldens Antlitz. Lange blickte er den Beſucher an. „Faſſen Sie ſich, Herr Baron— Ihre Gattin iſt leider nicht mehr zu retten“, ſagte er leiſe.„Ich habe das Möglichſte verſucht— aber die Verletzung war zu ſchwer.“ Der Baron drohte zuſammenzubrechen. „Wäre ſie aber am Leben: geblieben“, erklärte der Profeſſor weiter,„wäre ſie unheilbarem Wahnſinn verfallen. Nie hätte ſie wieder vernünftig mit Ihnen reden können, ſondern den Reſt ihres Lebens in einer Irrenanſtalt verbringen müſſen.“ Baron von Lauffer ſchlug die Hände vor das Geſicht. „Kann ich ſie ſehen?“ fragte er hierauf und zwang ſich zur Ruhe. Der Profeſſor nickte und ſchritt voran. Das Antlitz der Baronin war bereits vom Glorienſchein des Todes verklärt. Es war erſchreckend eingefallen, und wenn das Zucken der feinen weißen Hände und das zitternde Spiel der Augen⸗ lider nicht geweſen wären, hätte man ſie für tot halten können. Der Baron kniete am Lager nieder und faßte die eine Hand der Sterbenden, preßte ſeinen Mund darauf und murmelte erſchüttert: „O, Marion, wie konnteſt du mir das antun?“ Lange kniete er neben ſeiner ſterbenden Frau, bis die Ober⸗ ſchweſter ihn mahnte, das Zimmer zu verlaſſen. „Ihre Kinder wollten kommen“, ſagte ſie und ſah nach der Uhr. „Sie wollten um zehn Uhr hier ſein.“ „Ich werde warten“, ſagte der Baron dumpf. Er ließ ſich auf einer Bank nieder. Im Garten des Kranken⸗ hauſes erklang Lachen. Die Rekonvaleſzenten freuten ſich des ſchönen Sommertages, und drinnen in dem weißen Zimmer lag eine blühende Frau, die das Glück ihrer Angehörigen bedeutete, als Sterbende. Der Baron hob den Kopf. Der Wirrwarr ſeiner Gedanken klärte ſich etwas. Draußen auf dem Gut gab es jetzt gewiß große Aufregung. Gendarmen hatten ſich des Toten bemächtigt, würden den Baron befragen wollen. „Rino Parello!“ murmelte er vor ſich hin.„Ich werde raſch nach der Mulackſtraße fahren, es iſt nicht weit. Dieſer Rino Parello trägt vielleicht die Schuld an ihrem Tode.“ Er entfernte ſich haſtig, nahm auf der Straße einen Wagen und gab die Adreſſe an. Bald war er am Ziele angelangt— ein un⸗ freundliches Haus mit ausgetretenen Treppen, eine Armeleutekaſerne. Nun ſtand der Baron vor der Tür der Wohnung Rino Parellos. Eine Frau mit ungemachtem Haar öffnete. Sie hatte ein ge⸗ meines Geſicht. „Sind Sie Frau Parello?“ fragte der Baron ſchaudernd. „Nein— ich bin Frau Holz. Aber Herr Parello wohnt bei mir.“ „Darf ich einmal eintreten, Frau Holz?“ Die Frau zögerte. „Was wollen Sie denn? Herr Parello iſt nicht hier.“ „Ich weiß es“, erwiderte der Baron ſchnell.„Ich möchte ein paar Zeilen in ſeinem Zimmer ſchreiben. Ich bin nämlich— ein Verwandter von ihm.“ „Wirklich?“ Die Frau betrachtete den Baron ungläubig.„Da ſcheint es doch zu ſtimmen, daß er vornehme Verwandte hat. Seine Schweſter war erſt geſtern hier— er war aber nicht zu Hauſe.“ Der Baron nickte. Ihm war, als griffe eine eiskalte Fauſt nach ſeinem Herzen. a „Ja, er hat eine ſehr ſchöne elegante Schweſter“, pflichtete er bei. Er gab der Frau einen Zehnmarkſchein. Sie war mit einem Male die Höflichkeit ſelbſt. Ein dunkles, übelriechendes Zimmer nach dem Hofe tat ſich vor Lauffer auf. Der Baron ſetzte ſich und ſah vor ſich auf dem Tiſche einen Brief, Er ſah ſofort, daß ſeine Gattin die Adreſſe geſchrieben hatte. Ihm wurde 0 vor den Augen. ö „Iſt Ihnen ſchlecht geworden?“ fragte die Frau. „Ja,— ich muß Sie um ein Glas Waſſer bitten“, erwiderte er. Die Frau verſchwand. Als ſie zurückkehrte, ſtand der feine Herr an der Tür, nahm ihr das Glas aus der Hand und trank es mit einem Zuge aus. Dann ſagte er haſtig:„Ich habe es mir überlegt, liebe Frau Holz— ich komme lieber morgen noch einmal. „Wie Sie wollen“, erwiderte ſie und ging mit ihm bis zur Tür. Der Baron lief die Treppe ſo eilig hinab, als ſeien Verfolger hinter ihm her Er war froh, als er auf der Straße ſtand und eine leere Autodroſchke auftauchte. 5 Aechzend ſank er in das Polſter und gab dem Chauffeur die Alfred Wagner, Adreſſe des Virchow⸗Krankenhauſes an. Er hielt den Brief in der Hand, den er in der Stube Parellos an ſich genomuten hatte. Was enthielt dieſer Brief? Was hatte Marion dieſem Menſchen zu ſchreiben? Welche geheimnisvollen Fäden verbanden ſie mit dieſem Manne, der anſcheinend ein Verbrecher war? Oder war der Mann, den er erſchoſſen hatte, nicht Rino Parello? Alle dieſe Fragen quälten den Unglücklichen. Endlich öffnete er den Briefumſchlag. Ein Tauſendmarkſchein lag darin— ſonſt nichts— kein Zettel— kein Wort der Aufklärung. Der Baron ſtarrte auf den Schein. Er hatte ihn am vergangenen Morgen ſeiner Gattin gegeben, für die Kinder—— zu Einkäufen. Es war der Schein, deſſen Nummer er in das Ausgabenbuch ge⸗ ſchrieben hatte. Ein Irrtum war 1 0 „O— Marion— was für dunkle Rätſel gibſt du mir in deiner Sterbeſtunde auf!“ murmelte er faſſungslos vor ſich hin. Der Wagen hielt. Schnell ließ der Baron die Banknote in einer Taſche verſchwinden.. i 5 „Nur einmal noch laß ſie zur Beſinnung kommen, daß ihr Geiſt klar wird, du, mein Gott!“ betete er, als er die Treppe hinaufſchritt Dann umſchlangen ihn zwei Mädchenarme, und ein blondes Köpfchen lehnte ſich an ſeine Bruſt, um Ae e zu ſchluchzen. „Sabinchen— mein Kind— mein Liebling!“ ſprach der ſtarke Mann tief ergriffen.„Weine nicht— mach mir das Herz nicht noch ſchwerer, als es ſo ſchon iſt.“ Er ſah zu Leonore hin, die ihm die Hand entgegenſtreckte. Er war viel zu ſehr mit ſich ſelbſt beſchäftigt, als daß er die Veränderung bemerkt hätte, die mit ihr vorgegangen war. Er nahm an, der Schmerz um die unglückliche Mutter drückten ſie ſo nieder. „Papa— ach, wie ſchrecklich iſt das!“ ſagte ſie nur und ſah zur Seite. Da erſchien der Profeſſor aufgeregt im Eingang. „Herr Baron“, ſagte er halblaut und winkte.„Ihre Gattin will Sie ſprechen. Wie durch ein Wunder iſt ſie noch einmal zu ſich ge⸗ kommen— ihr Geiſt ſcheint vollkommen klar. Eilen Sie!“ Der Baron ſtürzte zum Bett ſeiner ſterbenden Frau. „Marion!“ ſtöhnte er auf. Ihre rechte Hand laſtete nach ihm. Sie flüſterte— er näherte ſein Ohr ihrem Mund. „— Ottokar— zu Ende— ich habe dich— betrogen— einſt⸗ mals— ſchon lange— ach— die Schande— das Kind— eines andern— nicht dein eigenes—“ 5 „Was— ſagſt— du?“ ſtammelte er und blickte ſie entſetzt an. „Ja— Ottokar— du haſt— nur eine Tochter— nur—“ „Sage— wer iſt mein Kind— wer iſt es?“ fragte er bebend. „Iſt es Sabine?“ 8 g Die Sterbende rang nach Luft— es ſchien, als ob das ver⸗ hängnisvolle Wort nicht mehr über ihre Lippen wollte. „Wer— Marion?“ Seine Augen weiteten ſich.„Iſt es Leonore?“ Die Angſt, daß ſie ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen könnte, preßte ihm faſt das Herz ab. Ein letzter brechender Blick traf ihn, ein Blick unendlicher Liebe und Hingebung. Dann ein Neigen des Hauptes— war es die Bejahung ſeiner Frage?—— Hatte Marion ihm die Wahrheit Malchin— War Leonore ſein Kind und Sabine, ſein Liebling, das Kind eines anderen Mannes?—— 0 (Fortſetzung in der Zeitſchrift„Das Vaterhaus“, Jahrgang VIII.) Dieſe Leſeprobe iſt in kleinerer Schrift geſeßt als die Zeitſchrift. 0 1 0 M T iG F UR SI EI Mit großem Intereſſe haben Sie wahrſcheinlich ſoeben dieſen Ro⸗ mananfang geleſen und ſind auf den weiteren Gang der Handlung geſpannt. Die Fortſetzung davon finden Sie in der ſchön aus⸗ geſtatteten Romanzeitſchrift„Das Vaterhaus“, erſchienen in dem Verlag von H. G. Münchmeyer, Niederſedlitz. Neben dem Hauptroman„Das Kind des Anderen“, der durch ſeinen rätſelhaſten Inhalt und ſeine ſpannende Handlung die Her⸗ zen aller Leſer gefangen nimmt, finden Sie ſweiler intereſſante Lektüre, Novellen, Skizzen, Rätſel ete. Der Hauptroman„Das Kind des Anderen“ ſtammt aus der Feder des Schriftſtellers Ernſt Friedrich Pinkert, und die Erfolge, die dieſer Autor in den letzten Jahren hatte, beweiſen immer wieder, daß ſeine aus dem Leben gegriffenen Themen am intereſſanteſten ſind. 5 Den Hauptvertrieb für die Zeitſchrift„Das Vaterhaus“ hat der bekannte Zeitſchriſten⸗Großvertrieb Alfved Wagner, Deſſau, in Händen, der faſt an allen Orten eigene Agenturen unlerhält, damit der Leſer pünktlich in den Beſitz ſeiner Zeitſchrift kommt Außerdem beliefert die Firma durch die Poſt ſämtliche Orte des In⸗ und Auslandes. Es iſt ſomit den Bewohnern, ſelbſt der ent ſegenſten Forſt⸗ und Gutshäuser Gelegenheit gegeben, ſich den Be⸗ zug der vortrefflichen Unterhaltungszeitſchrift zu ſichern⸗ Fülen Sie daher noch heute dle beiltegende Beſtellkare mit Ihrer ge⸗ nauen Adteſſe aus und werfen Sie plefelbe in den nächſten Pffefgaſlen, damit Sie umgehend in den Beſiß der ſpannenden Fortſetzungen des angefangenen Romans gelangen.. Zeitschriften ee Sroßvertrieb D 88 A Druck von Otto Uhlmann, Siegmar i. Sa. bert ten betr f 1931 bis 15. Dezember 1931 8 806 e e e „1401 Frauen, Mäl 200. 3 151 Arbeit 70. Pon den Arbeit⸗ 190 e Mannheim nd 6829 Frauen, auf die Land⸗ Männer und 1801 Frauen. 1 5 Ant 1 2. 0 2 5*** 79 Unterſtützung bezogen 19 528 Perſonen und zwar Arbeitsloſenunterſtützung 9 294 und Kriſenunter⸗ ſtützung 10 129 Perſonen. Zu den Unterſtützungs⸗ Ehegatten und K berechtigten e noch 24 458 zuſchlagsberechtigte nder. Der Neuzugang von Un⸗ at für die Zeit vom 16. November 135 ind de Abgang ö 965. 1 Biſſersbeim, 28. Dez.(Frecher Dieb⸗ ſtahl.) Nachts wurden dem Landboirt hier aus dem Stall 18 Hühner und zwei Hähne geſtohlen und an Ort und Stelle abgeſchlachtet. Von den Tälern fehlt bis jetzt jede Syn. Landau, 23. Dez.(Vier Monate Gefäng⸗ nis wegen fahrläſſiger Tötung). Wegen eines Vergehens der fahrläſſigen Tötung und Ae⸗ bertretung des Kraftfahrzeuges ſtand der frü⸗ here Bürgermeiſter Friedr. Hofecker von Ann⸗ weiler vor dem Grweiterten Schöffengericht. Am 27. Juli 1931 batte er abends vor der Ort⸗ ſchaft Queichhambach den 30 Jahre alten Fuhrmann Adam Mathes aus Gräfenhauſen angefahren, der infolge ſeiner ſchweren Ver⸗ letzungen eine Stunde ſpäter ſtarb. Auch Hof⸗ ecker erlitt bei dem Sturz ſchwere Verletzun⸗ gen. In der heutigen Verhandlung beſtritt er jegliche Fahrläſſigkeit. Der Fuhrmann ſei an⸗ ſcheinend betrunken geweſen und auf der Straße hin⸗ und hergetaumelt. Die Leichen⸗ öffnung hatte jedoch ergeben, daß eine Zer⸗ trümmerung des Schädeldaches vorlag, und die dadurch hervorgerufene Gehirnblutung den Tod verurſacht hatte. Trunkenheit konnte bei dem Toten nicht feſtgeſtellt werden. Das Ge⸗ richt verurteilte den Angeklagten zu einer Ge⸗ fängnisſtrafe von vier Monaten und lehnte eine Bewährungsfriſt ab, da die Verbüßung der Strafe im öffentlichen Intereſſe liege. Alſchbach, 23. Dez.(Erwiſchte Wilderer). Zwei Erwerbsloſe der Gemeinde Alſchbach wurden von dem hieſigen Feld⸗ und Waldhü⸗ ter auf friſcher Tat beim Wildern ertappt. Sie wurden ſofort feſtgenommen und in das Amtsgerichtsgefängnis Blieskaſtel eingeliefert. Kaiſerslautern, 23. Dez. Autounglück. Heute vormittag ereignete ſich in der Main⸗ zer Straße ein ſchwerer Autounfall. Ein aus Mainz kommender Perſonenkraftwagen, der mit drei Perſonen beſetzt war, wollte einem anderen Kraftwagen ausweichen, geriet aber infolge der glatten Straße auf die Seite und rannte an einen Baum. Sämtliche Inſaſſen erlitten erhebliche Verletzungen und mußten alle in das Krankenhaus verbracht werden. Das Auto wurde ſtark beſchädigt und mußte abgeſchleppt werden. Thaleiſchweiler, 24. Dez.(Wieder ein Kind verbrüht). Das dreijährige Kind der Fabrik⸗ arbeiterseheleute Otto Weis iſt am Dienstag nachmittag in der Wohnung in einen mil kochendem Waſſer gefüllten Kübel gefallen und hat ſich derart verbrüht, daß es in der Nacht darauf den erlittenen Verletzungen erlegen iſt. Aſthma, ſtatiſtiſch In der„Mediziniſchen Welt“ trägt Frau Dr. Bünger von der Marburger Anio'rſitäts⸗ klinit die Groebniſſe vieler hundert Fragebo⸗ gen zuſammen, auf denen die Fälle von Aſth⸗ makranken aus den verſchiedenſten Teilen Deutſchlands aufgezeichnet ſind. Die Feſtſtel⸗ luna der Erkrankunasziffern zeigt ein ſtarkes 1 Glühbirne oder Steckerfaſſung, du kannſt dabei ueſtens unterſucht: die eh eigentich auf dem Sand: ae gde e Henan bart enen ur die e Veranlagung dazu vererbe⸗ Bei einem Viertel der Kranken wurde nun in der Familie gleichfalls Aſthma feſtgeſtellt. dear wiede Kah acer augen den Urſache det Krankheit. Frau Dr. v. Büngner hat nun eine Tabelle aufgeſtellt, welche alle Arſachen nach ihrer Häufigkeit ent⸗ hält. Zuerſt wird Bronchſalkatarrh genannt, dann Erkältung, Lungenentzündung, Grippe, Keuchhuſten und zuletzt Wochenbett. Natürlich ſtehen die Erkrankungen der eigentlichen At⸗ mungsorgane bei weitem an erſter Stelle: in etwa der Hälfte der Fälle. Drei Viertel aller Aſthmakranken leiden gleichzeitig unter Schnupfen. Meiſt handelt es ſich um plötzlich auftretende, mit reichlichem wäſſrigen Aus⸗ fluß einhergehende Naſenkatarrhe. Sehr häu⸗ fig werden ferner Nervoſität, leichte Erregbar⸗ keit und Neigung zu Neſſelfieber gefunden. Das Neſſelfieber iſt ja als ein Zeichen der Ueberempfindlichkeit für irgendwelche Stoffe, z. B. Erdbeeren, Eier, Blumen, Pferdehaare, Katzen, allgemein bekannt, und es nimmt nicht Wunder, daß ſolche Erſcheinungen bei em⸗ pfänglichen Menſchen einmal an der äußeren Haut in der Form von Ausſchlägen, dann aber auch an den Schleimhäuten der Naſe und den Bronchien zu gleicher Zeit auftreten. Ferner wurden bei Aſtmatikern häufig Migränean⸗ fälle und Stoffwechſelerkrankungen wie Gicht, Rheuma und Zucker, beobachtet. Auch die Fra⸗ ge nach den Beziehungen zwiſchen Aſthma und Beruf wird geklärt. Nur ein Drittel der Aſth⸗ matiker hat eine Beeinfluſſung des Leidens durch den Beruf beobachtet. Alle übrigen ga⸗ ben an, daß die Aſthma⸗Anfälle völlig unab⸗ hängig von ihrer Berufstätigkeit aufgetreten ſind. In überwiegender Anzahl vermehren ſich die Anfälle in den Frühjahrs⸗ und Herbſtmo⸗ naten, obwohl man eine ſichere Erklärung da⸗ für noch nicht gefunden hat. Man wird wohl annehmen dürfen, daß im Frühahr und Herbſt die Gefäßnerven beſonders leicht gereizt wer⸗ den, da in dieſen Jahreszeiten die bedeutend⸗ ſten Temperaturſchwankungen vorkommen. Be⸗ merkenswert iſt noch, daß ſtarker Landwind bei den Kranken faſt regelmäßig Aſthmaanfälle auslöſt, während ſtarker Seewind ihr Befin⸗ den in keiner Weiſe ſtört, wahrſcheinlich des⸗ halb, weil der Landwind alle möglichen Keime vom Feſtland her mit ſich führt, während der Seewind vollkommen frei davon iſt. Zehn Gebote für den Umgang mit Elektrizität 1. Halte die vorhandenen Sicherheitsein⸗ richtungen(Iſolierung, Erdung uſw.) ſtets in Ordnung und betriebsbereit! 2. Elektrizität kann bei ſchadhaftem Zuſtan⸗ de der Anlagen auch in die leitfähige Amge⸗ bung gelangen und gefährlich werden. 3. In feuchten Räumen ſei beſonders vor⸗ ſichtig; die Gefahr des Erdſchluſſes in ſolchen Räumen iſt beſonders groß! 4. Von Hochſpannungsleitungen bleibe in gehöriger Entfernung, ſchon dein Atem oder der Rauch einer Zigarre kann elektriſchen Fun⸗ kenſchlag einleiten. 5. Berühre niemals das Gewinde einer einen lebensgefährlichen Schlag bekommen, auch wenn die Lampe nicht brennt. 6. Schalte die Stromleitung allſeitig ab, bevor du dir an den Einrichtungen zu ſchaffen machſt. Flicke keine Sicherungen ſelbſt, ſie ſchützen nicht, ſondern können großen Schaden anrichten, außerdem machſt du dich ſtrafbar. 7. Wenn du jemanden in den Stromkreis eingeſchaltet und verkrampft ſiehſt, der ſich nicht gelt helfen kann, ſorge ſofort für Stromlos⸗ machung der Leitungen. Handle überlegt und vorſichtig, ſonſt retteſt du nicht, ſondern erlei⸗ deſt das gleiche Schickſal, wenn du, ohne dich zu iſolieren, einen noch im Strombereich be⸗ findlichen Menſchen berührſt. 8. Verſchaffe dir Aufſchluß darüber, was man beim elektriſchen Unfall tun muß. Durch die Elektrizität wird nur in den allerſeltenſten Fällen ein Menſch ſofort getötet. Sogar der Blitz verurſacht oft auch nur den Scheintod. Gewöhnlich ſterben die Verunglückten einige Zeit ſpäter und zwar durch die infolge der Ratloſigkeit der Anweſenden getroffenen fal⸗ ſchen Maßnahmen. 9. Die erſte Hilfe beim elektriſchen Schein⸗ tod, die Wiederbelebung, muß ohne jeden Ver⸗ zug eingeleitet und bis zum Erfolge oder bis unzweifelhaft der Tod eingetreten und feſtge⸗ ſtellt worden iſt, fortgeſetzt werden. Künſtli⸗ che Atmung, ſowie ausgiebige und zweckmäßige Herzmaſſage muß vorgenommen, der Arzt auf dem ſchnellſten Wege herbeigerufen werden. 10. Auch du brauchſt kein Opfer des elek⸗ triſchen Stromes zu werden, wenn du dir nur einwandfreie Einrichtungen beſchaffſt und ſtets vorſichtig biſt im Umgang mit Elektrizität. Große und kleine CTügner An ſich iſt ja eine Lüge eben nichts anderes, als das Gegenteil der Wahrheit, oder anders ge— ſagt: Gelogen iſt gelogen! Unterſchiede gibt es nur, wenn man ſie überhaupt machen will, im Wie und Weshalb der Lüge. Man wird es alſo wohl im allgemeinen einem Menſchen nicht allzuſehr ankreiden dürfen, wenn er aus edlen, ſelbſtloſen Motiven heraus die Wahrheit einmal nicht unbedingt zu ihrem Recht kommen läßt. So dürfte es wohl ohne weiteres verſtändlich ſein, wenn einem totkranken Menſchen überflüſſiger Kummer erſpart wird, indem man ihm in ſolchen Fällen eben nicht klaren Wein ein⸗ ſchenkt, wie es im Volksmund heißt. Auch in an— deren Fällen kann man wohl ohne weiteres einen Menſchen von Schuld freiſprechen, der die Wahr— he! umbiegt, um in gutem Sinne einem anderen oder einer Vielheit von anderen zu nutzen und zu nenen. Die Kernfrage aber iſt hier eine andere. Große Lügner und kleine Lügner unterſcheiden ſich ſowoh! in der Art ihrer Lügenhaftigkeit, als auch in der moraliſchen Beurteilung dieſer ſchlechten Eigen⸗ ſchaft. Unbedingt verwerflich iſt es natürlich, wenn ein Menſch angeſchwindelt wird, um ihm zu ſcha. den, um irgendwelcher materieller oder vermeintlich ideeller Vorteile oder Dinge willen. Hierbei muß es gleichgültig ſein, ob der Wert oder Unwert de: ganzen Angelegenheit erheblich der weniger be— deutſam iſt. Hier muß Lüge Lüge genannt und entſprechend eingeſchätzt werden. Daneben gibt es auch Leute— ihre Zahl ih ja leider nicht gerade klein— die lügen um des Lügens willen. Es ſind dies Leute, die ihre Mi:. menſchen anflunkern, um ihnen ein günſtigeve⸗ Bild von ſich ſelbſt zu ſuggerieren, die ohne eigentlich erſichtlichen Grund einem etwas als biz gufſchwatzen wollen, wenn es auch in Wirklichke:! ſo andersfarbig iſt. Ihre Exiſtenz wirkt ſien zwar zuweilen für die Allgemeinheit nicht weni⸗ ger ſchädigend und unerfreulich aus, als die der hier als„Große Lügner“ bezeichneten Menſchen, aber ihr Handeln iſt im allgemeinen nicht auf ähn⸗ lich verwerflichen Motiven aufgebaut. Die Schlimmſten allerdings ſind diejenigen, die beide Lügenarten virtuos miteinander zu verbin⸗ den wiſſen. Aus ihnen rekrutieren ſich„geniale“ Hochſtapler uſw., alſo Schädlinge der Allgemein⸗ heit, deren Ausrottung oder auch nur Dezimierung mehr oder weniger ein Ding der Unmöglichkeit iſt. Rundfunk⸗ Programm Dienstag, den 29. Dez. 1931. Sldweſtdeutſche Gruppe. Frankfurt a. M. 6.15 Uhr: Wettermeldung; Anſchl.: Gymna⸗ ſtik; 7.15 Uhr: Wetterbericht; Anſchl. von Ham⸗ burg: Frühtonzert; 12,05; Schallplattenkonzert; 18,00 von Köln: Orcheſterkonzert; 14,00: Werbe⸗ konzert; 15,20: Hausfrauen⸗Nachmittag; 17,00: Wirtſchaftsmeldungen; 17,05: Unterhaltungs⸗ konzert; 18,30: Wirtſchaftsmeldungen; 18,40: Soziale Frage und Wirtſchaftskriſe in Auſtralien; 19,05 von Stuttgart: Wer hat Anſpruch auf die Bewilligung des Armenrechts im Prozeß?, Vor⸗ trag; 19,30: Wirtſchaftsmeldungen; 19,45 von Stuttgart: Unterhaltungskonzert; 20,30: von Stuttgart: Im Fluge um die Welt; 21,15: Col⸗ legium muſicum; 22,20: Tagesnachrichten, 22,40: Nachrichten aus Kunſt und Wiſſenſchaft; 22,50: Tanzmuſik. Süldeutſche Gruppe. Stuttgart. 6.15 Uhr: Zeitangabe, Wetterbericht; Anſchl.: Gymnaſtik; 10,00: Unterhaltungskonzert auf der Kino⸗Orgel; 12,35: Schallplattenkonzert; 14,30: Engliſcher Sprachunterricht; 16,30: Frauen⸗ ſtunde; 17,05: aus Frankfurt: Unterhaltungs⸗ konzert; 18,40: Dr. Ernſt Müller: Die Stille unſerer Zeit; 19,05: Wer hat Anſpruch auf die Bewilligung des Armenrechts im Prozeß?; 19,48: Unterhaltungskonzert; 20,30: Im Fluge um die Welt; Ab 21,15: Programm von Frankfurt(ſiehe dort.) Reſultate Süddeutſchland. Süddeutſche Meiſterſchaft Abtlg. Südoſt. FV. 1. FC. Pforzheim— Karlsruher Rückſtändige Gruppenſpiele: Gruppe Main: Kickers Offenbach— Union Niederrad 313 Vf. Neu⸗Iſenburg— FSV. Heuſenſtamm ausgefallen Hanau 93— SpVgg. Griesheim 02 211 Rotweiß Frankfurt— Germ. 94 Frankf. 13:1 F. Frankfurt— Eintracht Frankfurt 0:6 Union Niederrad— FC. Hanau 93 ausgef. Germ. Bieber— Germ. 94 Frankfurt 5:0 VfL. Neu⸗Iſenburg— SpVg. 02 Griesh. 3:1 Gruppe Heſſen: NC Q. Wormatia Worms— FSV. Mainz 05 11 Gruppe Rhein: Phönix Ludwigshaſen— VfR. Mannheim 221 Gruppe Saar: Spfr. Saarbrücken— Saar Saarbr. 1:0 abg, FK. Pirmaſens— SV. 05 Saarbrücken 3:1 Gruppe Baden: VfB. Karlsruhe— FC. Rheinfelden Phönix Karlsruhe— FC. Mühlburg SC. Freiburg— Pf. Karlsruhe Gruppe Südbayern: FC. Straubing— Schwaben Augsburg VfB. Ingolſtadt⸗Ringſee— SSV. Ulm Privatſpiele in Süddeutſchland. 2 5. Dezember: Wacker/ Teut. München— Auſtria Wien FV. Saarbrücken— FTC. Budapeſt SC. Freiburg— Bacing Club Straßburg SpFr. Landau— ASV. Nürnberg Alemannia Worms— Olympia Worms Silveſterſpuk Von Fritz Scholl, Dachau. Vor Zeſten, als der Einödbauer noch Licht ſparte, war es oft unheimlich im Dachauer Moos. Da konnte man nachts ſtundenlang in der Wiidnis umherirren: man blieb immer allein auf der Welt, und wenn man nach lan⸗ gem Suchen endlich einmal ein Gehöft antraf, iin dem die Anſchlittkerze oder Kienſpan noch brannte, dann war es immer— ein Wirts⸗ ius. Deren gab es nämlich damals in: Moos genau ſo viel wie andere Häuser, denn jede Einöde hatte ihr verbrieftes„ealrecht“ auf Bierausſchank. Abends, nach dem Gebetläuten, traf man „Beißln“ nur Jäger und 1 die tagsüber i! Stadt geweſen oder beim en waren, 110 ab und zu unchen. Die lieb⸗ os und ihre altiu: langen Lederhosen lägern“ beſetzten b Silve⸗ zum Morgen in den t dieſet einſamen f dee ag ane abgelegene Hof und ſeine Eigentümer fen! Jahrhunderten. Heute rattern die Mähmg⸗ ſchinen über die Wieſe, auf der er einſtmals ſtand und nur noch alte Leute wiſſen ſich des Namens Nagaller zu erinnern. Die Tafelrunde im Herrgottswinkel war ſchon lange beim Enzian angelangt und viele von uns waren ein wenig nachdenklich gewor⸗ den, denn der alte Jackl, der Oberknecht, hatte viel vom„Bilwis“ erzählt, von dem unguten Höllengeiſt, der den Bauern über Nacht dis Felder kahlfrißt und von den vielen Hexen und Truden, die in der Geiſterſtunde im Moos herumſpuken und„ungut wirtſchaften“, aber ein paar Neulinge, junge Akademiker, trieben ſo lange ihren Spott mit dem Jackl und ſei⸗ nem„Aberglauben“ und„Krampf“, bis ih⸗ nen ein älterer Maler abwinkte:„Laßt mir meinen Jackl in Frieden“, ſagte er,„vor zwan⸗ zig Jahren habe ich auch immer gemeint, et⸗ was, was man nicht mit Zaunpfählen tot⸗ ſchlagen kann, könne nicht exiſtieren, aber ſeit ch die erſte Neujahrsnacht hier im Moos er⸗ lebt habe, bin ich weniger vorlaut und ande⸗ rer Meinung geworden“.—„So erzählen Ste doch, Herr Profe diet die Jungen in ihn und ließen nicht ab, bis er anfing: saßen damals gerade ſo luſtig beiſam⸗ te und dieſelben Spukgeſchichten und wir 105 0 en e. ruhe zu ve lich ag n und fl den.. Wir ſahen uns alle betroffen an— „Wer ſollte denn heute noch kommen??“ Der Wirt öffnete ein Fenſter und fragte, wer draußen ſei——— keine Antwort, nur der friſchgefallne Schnee flimmerte das unſichere Mondlicht faſt taghell in die Gaſtſtube. Der Wirt fragte noch einmal und zum dritten, aber nichts rührte ſich draußen. Alſo ſchloß er das Fenſter wieder und ſetzte ſich dumpf ſchweigend zu uns. Auch wir ſchwiegen minutenlang und murmelten ab und zu etwas von Schabernack und Lausbubenſtreichen, da dröhnten die Fauſtſchläge auf's Neue, aber diesmal gegen die Haustüre und zwar derart, daß die Maß⸗ krüge und Schnapsgläſer auf den eichenen Ti⸗ ſchen herumtanzten. Eine Zeitlang ſaßen wir alle wie verſteinert, dann aber ſprang der Wirt auf, 95 ſeinen Zwilling von der Wand und rief:„Wer geht mit?;“—„Ich!“ riefen wir alle, wenn auch nicht gerade ſofort und ein wenig gedrückt, und dann folgten wir ihm zögernd in's Freie——— Weitum war außer einigen ſchneebedeckten Föhren und Weidenbüſchen nichts zu ſehen, und im Neuſchnee fand ſich nicht die geringſte Fußſpur.. Ich kann Ihnen verſichern, mei⸗ ne Herren, daß auch die Mutigſten unter uns etleichtert aufatmeten, als der Wirt die Haus⸗ tür wieder richtig hinter uns verriegelt hatte. ti 13 g ter ſaßen wir wieder ſchweigend auf un⸗ ſeren Bänken und ſtürzen ein Glas Enzian nach dem anderen hinunter, um unſere Un⸗ N 15 a P 1 plötz⸗ reckte die Hände abwehrend von flüiterte alda 5 5 „Achter und Sechſen, Truden und Hexen, Dreier und Neuner, Totengebeiner, Satan und Höll', weicht von der Stell!“—— und: ich ſah gleicherzeit ein durchſichtig⸗grau⸗ violett ſchimmerndes altes Weib von abſchrek⸗ kender Häßlichkeit, das mich mit grüngelben Katzenaugen und hängenden, dunkelblauen Lippen hämiſch angrinſte, mitten in der Stube hocken und fortwährend feurige Spielkarten auslegen, die ſich augenblicklich in ſchwarze Ratten ohne Köpfe und Schwänze verwandel⸗ ten und, ſich umarmend, auf den Hinterbeinen einen geſpenſtigen Walzer tanzten. Entſetzt wandte ich den Blick ſeitwärts— da hockte die Alte auch... Ich ſah zum Schenktiſch hin⸗ über, ich ſah zum Ofen, zu den Wandbrettern hinauf, nach den leeren Bierfäſſern, ich ſah überall hin—— überall hockte die ſcheußliche Trude und grinſte mich grün an, und überalt tanzten die gräulichen Ratten ihren Geſpen⸗ ſterwalzer „Um aller Heiligen willen, was iſt denn das.., ſtöhnte ich halbohnmächtig vor Furcht zur Wirtin hinüber und die ſprach ein⸗ dringlich: „Herr Kunſtmaler, wenn Sie den Frühzug noch erwiſchen wollen, dann müſſen Sie fich auf die Socken machen!“——— Ich war nämlich im Herrgottswinkel ſanft eingeduſelt, denn der Bauernenzian von da⸗ mals war ſehr kräftig.