Lokale Nachrichten Weihnachten 1931. Wir haben Weihnachten, das Feſt der Liebe und der Freude gefeiert. In bitterernſter Zeit, der Arbeitsloſigkeit, Not und Entbehrung wird das hohe Weihnachtsfeſt für viele nicht zur Freude ge⸗ worden ſein. Die Witterungsverhältniſſe während den drei Feſttagen waren die denkbar ungünſtigſten. Es iſt Tauwetter eingetreten. Der auf den Stra- ßen liegende Schnee ſchmolz; das Waſſer konnte aber in den noch gefrorenen Boden nicht eindringen, ſodaß überall Waſſerpfützen waren. Der Himmel war auch bewölkt Die Luft war neblich. Es war alſo wenig einladend ins Freie zu gehen.— Der Beſcheerungsabend und auch der 1. Feiertag wurde im Kreiſe der Familie verbracht. Wie ſah man am Chriſtabend die Menſchen mit gebe: und erwartungsfreudigen Geſichtern herumgehen. Wenn das Chriſtkind auch nicht ſo reichlich ſchenken konnte, Freude haben auch die kleinſten Gaben erregt. In der Chriſtmette, die überaus mächtig beſucht war, wurde freudig die Geburt des Welterlöſers gefeiert.— Zahlreiche Vereine hielten während den Feiertagen ihre Weihnachtsfeiern ab. In har- moniſchem Kreiſe fanden ſich die Vereinsmitglieder mit Angehörigen, um in traulicher Runde bei ent⸗ ſprechenden Theateraufführungen, Geſang und ſon⸗ ſtiger Unterhaltung das Weihnachtsfeſt zu feiern. Der Beſuch dieſer Veranſtaltungen war durchſchnitt⸗ lich ſehr gut.— Der Sportbetrieb während den drei Feſttagen war rege. Die unentwegten Sport- freunde waren immer dabei, wenn es ein Spiel auf deu grünen Raſen zu beaugapfeln gab. * Der Polizeibericht der letzten Woche meldet folgende Anzeigen: 1 wegen Verſtoß gegen das Kraftfahrzeuggeſetz und 1 wegen Vergehen ge⸗— gen das Gaſtſtättengeſetz; für die Erweiterung einer Wirtſchaft wurde unterlaſſen, die Konzeſſion einzu⸗ holen. * Weihnachtsabend der Jünglings⸗ ſodalität. Wie alljährlich, hielt der Jünglings⸗ und Jungmännerverein am 2. Weihnachtstage ſeinen Familienabend. Schon vor 8 Uhr war der große Saal des Freiſchütz und der Nebenſaal geſüllt. Ein Zeichen dafür, daß die Sodalität einen ſehr ſtarken Anhang in unſerer Gemeinde hat. Man hätte wünſchen mögen, daß der Saal größer ſei, mußten doch ſehr viele wieder umkehren. Der Verlauf des Abends entſprach denn auch den Erwartungen, die man an die Sodalität zu ſtellen ſchon gewohnt iſt. In harmoniſcher Reihenfolge waren die einzelnen Programmpunkte zuſammengeſtellt. Ueber die Theater⸗ ſtücke etwas zu ſagen erübrigt ſich, da ja die So⸗ dalität als formvollendet in dieſer Beziehung be— kannt iſt. Hervorheben dürfte man vielleicht das Kind, das ſeine Rolle großartig ſpielte. Im Mittel- punkte ſtand die Anſprache des H. H. Präſes. Er legte den Sinn der Gründung der„Kirchlichen Ver- eine“ dar und kam dann auch auf die Gründungen der letzten Zeit zu ſprechen. Seine Ausführungen waren dazu angetan falſche Meinung, die ſich breit gemacht hatte, zu zerſtören und mancher Gegner der D. J. K. oder der Turnabteilung der Mar. Jung- frauenkongregation ſagte ſich:„Wenn das ſo iſt, dann beſteht für uns eigentlich die Pflicht, daß wir nicht nur nicht dagegen ſind, ſondern für dieſe unſere ſchönſten und älteſten Vereine arbeiten, wie dies doch die Kongregation der Jungfrauen und die Sodatität der Jünglinge ſind. Beſtärkt wurde jeder noch in dieſer Mei⸗ nung durch die Ausführungen über das Buch „Die Agonie(Todesſchlaf) des Chriſtentums.“ Die Kritik, die da durch einen Aſiaten an unſerem Chriſtentum geübt wird, ſollte uns wenigſtens nach⸗ denklich ſtimmen, denn er hat durch die Beiſpiele, die er anführt, gezeigt, daß er Europa kennt. Das Chriſtentum ſchläft uicht nur in Enropa, es iſt tot. Die Menſchen ſind zum großen Teil wieder in das Heidentum zurückgeſunken. Ueber dieſe Tat⸗ ſache können die gewaltigen Leiſtungen auf tech⸗ niſchem und wiſſenſchaftlichen Gebiet nicht hinweg⸗ täuſchen. Die Seele fehlt. Unausgeſprochen klang durch die ganze Anſprache hindurch: Was ehemals die bürgerlichen Vereine waren, das müſſen jetzt die Abteilungen der kirchlichen ſein, da das Bürgertum durch die Parteien zerſtört iſt, Wenn wir da richtig verſtanden haben, ſei uns auch ein Vorſchlag geſtattet: Es iſt Auf⸗ gabe der kirchlichen Vereine der Jugerd Helfer zu ſein, ſie kann ſich in den Sportabteilungen auch körperlich betätigen. Könnte der Vorſtand der So⸗ dalität da nicht einmal alle ſeine Ehrenmitglieder perſönlich einladen und mit dieſen die noch ſtrittigen Fragen einmal durchſprechen. Wir haben wenig Geld. Aber wir haben geſehen, daß man in dem Jünglingsverein auch mit nur wenigen Groſchen einen ſchönen Abend haben kann. Und für die Einheit in Viernheim wäre ein ſolcher Zuſammen⸗ ſchluß ſicher von großem Nutzen. Das iſt doch der Wunſch unſeres Hl. Vaters, des Papſtes. Möchte der Vorſchlag in ſeiner Ausführung den oben an⸗ gegebenen Erfolg haben. * Auszahlung der Invaliden⸗ und Unfall⸗Renten. Die Invaliden und Unfall- Renten für den Monat Januar 1932 werden bei dem Poſtamt am Mittwoch, den 30. Dezember, aus⸗ gezahlt. An die erforderlichen Beglaubigungen wird erinnert. Weihnachtsfeier des Reichsbun⸗ des der Kriegsbeſchädigten. Trotzdem heut⸗ zutage niemand recht zum Feiern zumute iſt, hatte die familiäre Weihnachtsfeier des Reichsbundes am 1. Weihnachtsfeiertage im Freiſchützſaale großen Zuſpruch. Es unterſcheidet ſich dieſe Weihnachts- feier doch weſentlich vom Sinn der anderen Feiern, da dieſe Feier doch mehr der Liebe zugedacht iſt, was man auch als ein Vermächtnis der gefallenen Kriegskameraden und ihren Hinterbliebenen gegen⸗ über auffaßt. Nach einem ſtimmungs vollen Prälu⸗ dium der Hanf⸗Blank⸗Kapelle begrüßte der Vor⸗ ſitzende, Herr L. Neff, die Anweſenden und brachte in ſchönen Worten den Sinn der Feier zum Aus- druck, die in eine ſorgenvolle Zeit fällt, bei der, je weniger die Tatſachen danach ſind, deſto größer der Wunſch nach Beſſerung iſt. Es folgte hierauf ein ausdruckſtarker Prolog„Heut ſoll Weihnacht ſein“. geſprochen von Frl. Schüßler, und das alte gemein⸗ ſam geſungene Lied„Stille Nacht, heilige Nacht“ ſtrömte in getragenen Wellen durch den Saal. So erfuhr die ganze Feier mit eine Vertiefung durch die empfindungsvollen Lieder„Weihnachten im Wald- kirchlein“ und„Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ der Liederkranz⸗Sänger unter der ſicheren Stabfüh⸗ rung ihres Herrn Muſikdirektors Müller, die in rühriger Weiſe von der Hanf Blank-Kapelle mit verſchiedenen Feſtouvertüren und Solos umrahmt wurden. Dem ernſteren Teile ſolgte ein von den Kindern Käthi Lanz, Lena Neff, Luiſe Neff, Eva Sax und Cilchen Sax beſtrittenes Märchenkinder⸗ ſpiel„Die Knuſperhexe“ mit all den märchenhaften Begebenheiten im Walde, das zuletzt zu einem ſchö— nen Ende ſich auflöſte, als die wackere Kinderſchar die alte Knuſperhexe im Backofen verbrannten und als ſie über das Knuſperhäuschen mit den Lecker⸗ biſſen herfielen, gab es lauten Beifall im weiten Saal. Ein ſich anſchließendes Luſtſpiel„Meine Tante, deine Tante“ erheiterte das Gemüt und die Scene des typiſch gemimten eines hier ortsbekannten Gerichtsvollziehers, ließ das Lachen über all die ſorgenvollen Geſichter Herr werden. Eine Ueber — raſchung bereitete noch unſer einheimiſcher Komiker Jakob Müller mit ſeinen Schlager ⸗Couplets, der allen das Herz lockerte und, ob man wollte oder nicht, die Zunge löſte.— Mit dem ſchlichten Pro⸗ gramm hat es der Reichsbund dank dem Zuſammen⸗ wirken guter Lehrkräfte verſtanden, eine vorbildliche Feier zu arrangieren, die mufikaliſch, geſanglich und ihrem ganzen Inhalt nach beachtlich iſt und ſicher dazu beigetragen hat, in dieſer Notzeit das Gefühl der Verbundenheit immer mehr zu ſtärken. * Sänger⸗Einheit. Das heutige Inſerat im Vereinsanzeiger bitten wir die Sänger zu be⸗ achten. Der kleine Chor der bei der Operette mit⸗ wirkt, muß pünktlich heute abend zur Probe er⸗ ſcheinen. * Kaninchen⸗ und Geflügelzucht⸗ verein 1916. Auf der großen allgemeinen Ge⸗ flügelſchau über Weihnachten in Weinheim erhielt unſer ſtrebſamer Züchter Auguſt Jakob mit 0,4 Wyandotts(blaugold) ſehr gut, 1. Gauehrenpreis, ſehr gut 2, gut 3 und gut, 3 Klaſſenpreiſe. Ein großer Erfolg und wir wünſchen ihm noch weitere Erfolge. Ueber Neujahr beteiligt ſich unſer Verein mit 36 Nr. Kaninchen auf der großen Gaukaninchen⸗ Ausſtellung in Weinheim und wünſchen auch dieſen Züchter große Erfolge. B. *„Ein Weihnachtsfeſt auf Falken⸗ ſtein“. Von neutraler Seite wird uns geſchrie⸗ ben: Das unterm 1. Weihnachtsfeiertag von der hieſigen Operetten- und Theatergeſellſchaft aufge⸗ führte Schauſpiel„Ein Weihnachtsfeſt auf Falken⸗ ſtein“ hatte einen außerordentlich großen Zuſpruch zu verzeichnen. Schon lange vor Beginn der Vor- ſtellung war der Saal zum Kaiſerhof dicht gefüllt, ſodaß vielen Intereſſenten keinen Einlaß mehr ge⸗ währt werden konnte. Nachdem nun die Vorſtellung ihren Anfang genommen hatte, konnte man mit Freude feſtſtellen, mit welcher Luſt und Liebe die junge Theatergruppe ihre Rollen entledigten und ſomit durch ihr ganzes Können das anweſende Pub- likum während der ganzen Spieldauer an den In⸗ halt des Schauſpiels feſſelte. Beſonders rührend war die Scene des Wiedererkennens der Kinder durch den von den Eisfeldern durch die Flucht zu⸗ rückgekehrten Vaters. Nicht unerwähnt ſei noch die kleine Engelſchar welche die einzelnen Akten mit ihren ſchönen Reigen verherrlichten. Ein näheres Eingehen über die Leiſtungen der einzelnen Spie⸗ ler erübrigt ſich, da alle ohne Ausnahme ihre ihnen zugedachten Rollen in vollſter Zufriedenheit erledig⸗ ten. Zu unterlaſſen wäre nun noch das Rauchen und Servieren während der Vorſtellung und wäre es ſehr zu begrüßen, wenn hier ſeitens der Leitung Abhilfe geſchaffen würde, denn durch Dulden dieſer Mängel erleidet eine Vorſtellung immerhin eine empfindliche Einbuße. Alles in allem darf der Leitung erwähnter Operettengeſellſchaft für die ſchöne Weihnatsaufführung ein volles Lob ausgeſprochen werden und ſei ihr bei der Zweit⸗Aufführung am Neujahrstag wiederum ein volles Haus zu gönnen. Ein Beſucher. * Anmerkung zu unſerer Beilage. Der ergreifende, hochintereſſante und außerordentlich ſpannende Roman„Das Kind des Anderen“ erſcheint neben zwei anderen hervorragenden Ro— manen in der Zeitſchrift„Das Vaterhaus“, Jahr- gang VIII.— Wegen der ſchönen Ausſtattung, der entzückenden Bilder, guten Erzählungen und vielen praktiſchen Winken für die Hausfrau, der reizenden Jugendſeite„Für Jungen und Mädel“, gilt das ſchöne Blatt, dort wo es bereits bekannt iſt, als treuer Familienfreund. Aber in den Kreiſen, wo man die Zeitſchrift„Das Vaterhaus“ neu beſtellt, wird ſie ſich bald ein warmes Plätzchen erobern. Dem vorliegenden Proſpekt iſt eine Beſtellkarte der Firma Alfred Wagner, Deſſau/ Anh. zur freundlichen Benutzung beigefügt. Beſtellen Sie ſich bitte die Zeitſchrift„Das Vaterhaus“, Sie werden die hier gemachten Angaben beſtätigt finden. Sport und Spiel Waldſportplatz. Die Sportvereinigung hat ihren Freunden zu Weihnachten ein reichhaltiges Sportprogramm be⸗ ſcheert. Am 1. Weihnachtstage wurde gegen den alten Rivalen der Kreisliga Phönix Mannheim angetreten und die Phönixleute 4:1 niedergekantert.— Am 2. Weihnachtstage ſpielten die Grünen auf dem ſtets für Viernheim gefährlichen Gelände in Lorſch und ver⸗ loren auch 331.— Das Hauptſpiel wurde am 3. Weihnachtstage gegen Mainz Kaſtel, die Ueberraſch⸗ ungself in der Gruppe Heſſen, auf dem Waldſport⸗ platz ausgetragen. Dieſes Spiel war eines der ſchönſten die wir ſeit langer Zeit auf dem Wald⸗ ſportplatz ſahen. Der Kampf wurde forſch durch⸗ geführt. Der Sturm war außerordentlich ſchußfreudig. Mainz⸗Kaſtel wurde 6:4 geſchlagen, und kann es ſeinem glänzenden Torwächter verdanken, wenn das Reſultat nicht zweiſtellig wurde. Der Sturm der Grünen hatte einen gewaltigen Torhunger. Aus allen Lagen wurde auf das Tor gepfeffert. So ſollte es immer ſein. Gpokl⸗ Telegramm der Cy.-Bgg. Unſere deutſchen Länder an der Saar im Verb.⸗Pokalſpiel am Sonntag, den 3. I. 32 auf dem Wald ſportplatz! Deutſch die Saar! So brauſe es am kom⸗ menden Sonntag der 1. Mannſchaft des Sport⸗Club „Saar“ 05 Sarbrücken, dem älteſten und markan⸗ teſten Vertreter des ſaarländiſchen Fußballſportes bei ihrem erſten Gaſtſpiel in Viernheim entgegen! Deutſche Brüder von der Saar, die ſeit Kriegsende vom deutſchen Vaterlande abgetrennt ſind. Mit Stolz tragen ſie noch heute Preußens Landesfarbe in Ehren. Ganz Viernheim wird unſeren deutſchen Landsleute unter fremden Joch begrüßen! Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Sänger⸗Einheit. Heute Montag abend 8 Uhr Theaterprobe, zu der auch der Studentenchor vollzählig zur Stelle ſein muß. Dienstag abend 8 Uhr Generalprobe für den Geſamtchor in An⸗ weſendheit der Soliſtin Frau Marianne Keiler vom Nationaltheater Mannheim. In Anbetracht der wichtigen Probe muß alles pünktlich zur Stelle ſein. Bekanntmachung. Betr.: Anſchaffung einer Dezimalwaage für das Gaswerk. Wir benötigen für das Gaswerk eine Dezi⸗ malwaage— bis 300 kg. Angebote wollen bis ſpäteſtens Donnerstag den 31. ds. Mts. bei uns — Zimmer Nr. 19— abgegeben werden. Zu⸗ ſchlag bleibt vorbehalten. Viernheim, den 28. Dez. 1931. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Todes- Anzeige. Verwandten, Freunden und Bekannten die traurige Nachricht, daß unſere gute, liebe Schweſter, Schwägerin und Tante, Fräulein Märoarela Wunder nach langem Leiden, verſehen mit den hl. Sterbeſakramenten, im Alter von 57 Jahren in die Ewigkeit abgerufen wurde. Wir bitten um ein Gebet für die Ver⸗ ſtorbene. Viernheim, den 28. Dezember 1931. Die trauernd Hinterbliebenen. Die Beerdigung findet heute Montag nachmittag 3 Uhr, vom Trauerhanſe Blaue⸗ hutſtraße 42 aus, ſtatt. Bekanntmachung. Betr.: Die Enthebung von Neujahrsgratulationen. Auch in dieſem Jahre werden wieder Karten zur Enthebung von Neujahrsgratulationen gegen Entrichtung von wenigſtens 2.— RM. ausgegeben. Die Namen derjenigen Perſonen, die von dieſer Einrichtung Gebrauch machen, werden in den hie⸗ ſigen Zeitungen am 31. ds. Mts. veröffentlicht. Wir bitten um rege Beteiligung, da der Erlös für Wohltätige Zwecke beſtimmt iſt. N f Viernheim, den 28. Dezember 1931. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. 8 Lamberth. Morgen Dienstag von Nachmittag 2 Uhr und Mittwoch 1a hausgemachte 8 lach zu haben bei Martin Alter Waſſerſtraße 46. in ̃7¹ 1* 2 ſtarke Einleg⸗ ſchweine zu verkaufen. Friedr.-Ehertstr. 3 8825538558882 5 888888889 Wein-Angebot Empfehle: ld. Zier Oonenneimer weigwein In% LUlr.-Flaschen onne glas 20 45 fd. 00 lelgwein In J. flaschen onne dias zu Ik. 0.80, 1.—, 1.50 Aude ute 2 Taube SCecCeCe((6c(cee * Statt Rarten. Für die überaus vielen Beweise herzlicher Teilnahme beim Heimgange unseres treuen, unvergeßhlichen Gatten, Vaters und Großvaters, Herrn Abraham Kaufmann sagen wir hiermit unseren innigsten Dank. VIERNHEIM, den 24 Dezember 1931. Die trauernden Hinterbliebenen. 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V an Sebabhens Heer e täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1 ei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wochentl. das achtſeitige illuſtrierte Sonntagsblatt„Sterne und Blumen“, halbjährlich einen 1 0 ſowie einen Wand⸗ er.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſte e u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim 5 recher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſchecklkonto Nr. 21577 Amt rt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Ar. 300 FFF Japaniſche Truppenverſtär⸗ kungen für die Mandschurei wtb. London, 28. Dez. Der Reuter⸗Korre⸗ ſpondent in Mukden erfährt: Der japaniſche Diviſionsſtab in Korea und eine in Korea ſta⸗ tionierte gemiſchte Brigade werden binnen kurzem nach der Mandſchurei abgehen. Das Kriegsamt in Tokio hat dieſe Information be⸗ ſtätigt. Einer Reutermeldung aus Waſhington zu⸗ folge, iſt dort die japaniſche Mitteilung, wo⸗ nach die Operationen in Richtung Tſchintſchau fortgeſetzt werden ſollen, von der amerikani⸗ ſchen Regierung mit abſolutem Stillſchweigen aufgenommen worden In dinſamatiechen Krei⸗ ſen dagegen werde erklärt, es handle ſich um eine bemerkenswerte offene Beſtätigung der Annahme, daß Tokio die„Eroberung“ der Mandſchurei bis zu Ende durchzuführen ge⸗ denke. Der Kaiſer von Japan genehmigt die Entſendung weiterer Truppen. wtb. Tokio, 29. Dez. Der Kaiſer von Japan hat am letzten Sonntag die Entſendung weiterer Truppen nach der Mandſchurei ge⸗ nehmigt. Erläuterungen zur Frage der Sinsſenkung enb. Berlin, 28. Dez. Zu den in der Notver⸗ ordnung vom 8. Dezember 1931 erlaſſenen Be⸗ ſtimmungen über die Zinsſenkung auf dem Kapi⸗ talmarkt ſind bekanntlich am 23. Dezember Aus⸗ führungsbeſtimmungen erſchienen, die von zuſtän⸗ diger Stelle erläutert werden.— Die Ausfüh⸗ ſfrungsbeſtimmungen zur Kapitalzinsherabſetzung find als„erſte“ Durchführungsverordnung bezeich⸗ net worden. Daraus geht hervor, daß das Problem noch nicht gänzlich hat gelöſt werden können. Ins⸗ beſondere die ſehr ſchwierigen grundbuchrechtlichen Fragen müſſen erſt noch eingehend beraten werden. Drei ſchwierige Fragen bedurften einer Rege⸗ lung vor dem 1. Januar. Zunächſt die Frage der Abgrenzung derjenigen Forderungen, die über⸗ haupt unter die Kapitalzinsſenkung fallen. Die Kapitalzinsſenkung tritt nicht ein bei rein bankmä⸗ ſßigen Perſonalkrediten, deren Fälligkeit weiter als ein Jahr liegt, und zweitens bei ſogen. Zwiſchen⸗ krediten. Dasſelbe gilt für die ſogen. Police⸗Dar⸗ lehen und alle Gefälligkeitsdarlehen. Hingegen müſſen Forderungen, die bei ihrer Begründung auf . Zeit feſtgelegt wurden, auch dann der Zinsſenkung unterliegen, wenn ſie durch kurz⸗ friſtige Kündigungsmöglichkeiten fällig gemacht werden können. Denn es handelt ſich dabei um ein großes Kontingent von Hypothekenforderun⸗ gen, wo die Zinsſenkung Rückwirkungen auf die Mietſenkung auslöſt. Es werden nicht geſenkt Strafzinſen, Verzugszinſen und Aehnliches. Nicht geſenkt werden ferner gewiſſe dividendenähnliche Zinſen, das ſind Zuſatzzinſen bei gewiſſen Unter⸗ nehmungen, die ſich nach der Höhe der Dividenden richten. Für die Zeit nach dem 1. Januar 1932 herrſcht an ſich völlige Vertragsfreiheit in der Zinshöhe mit folgenden Einſchränkungen: Die Ausgabe von Inhaberſchuldverſchreibungen unterliegt künftig der Genehmigung durch die Reichsregierung. Auf dieſem Wege erhält ſie einen Einfluß auf alle Zinſen. Weiter tritt§ 247 des BGB. wieder in Kraft, d. h. wenn jemand ver⸗ pflichtet iſt, mehr als 6 Prozent zu zahlen, kann er die Schuld mit 6 monatiger Kündigungsfriſt kündigen. Schließlich ſind auch diejenigen Forderungen in die Zinsſenkung einbezogen, die zwar formell nach dem 1. Januar entſtehen, zu deren Begründung ſich aber die Gläubiger ſchon vorher verpflichtet haben. Wenn alſo nach dem 9. Dezember ein nota⸗ rieller Vertrag geſchloſſen iſt über die Hergabe einer Hypothek, das Darlehen aber noch nicht hat gegeben werden können, dann unterliegt auch dieſe Hypothek der Zinsherabſetzung. Sehr wichtig iſt die Abgrenzung gegenüber dem Auslande. Wenn ein Ausländer eine Hypothek in Deutſchland gegeben hat, wird er ſelbſtverſtändlich betroffen. Wenn ein Ausländer deutſche Pfandbriefe an der Börſe gekauft hat, ſei es im Inlande oder im Auslande, wird er ſelbſtverſtändlich auch von der Senkung betroffen. Aber wer ſie in geſchloſſenen ausländiſchen Emiſfionen erworben hat, ſoll von dieſer Senkung befreit bleiben. Wenn ferner ein Ausländer fremdes Geld ausgeliehen hat, wenn er alſo ſeinen Gläubigern gegenüber die alten Zinſen zahlen muß, und die Zinsſenkung in Deutſchland 8 1 e fi n del e 8 05 un, dann ſoll aue r ihn keine Zinsſenkung Nee aur 9 5 anne in Form von Verwal⸗ den Fortſchritt Indiens verhindern wolle. Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Peti bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— ile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60„ nnahmeſchluß für Inſerate und Ntlen bir mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Plaßtvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Dienstag, den 29. Dezember 1931. pothekenbanken öffentlich⸗rechtliche Kreditanſtalten uſw., wenn ſie beſondere Verwaltungskoſtenzu⸗ ſchläge berechnen, für dieſe Zuſchläge von den Senkung befreit bleiben. Dies iſt nötig; denn dieſe Zuſchläge ſind das einzige, was dieſen Inſti⸗ tuten bleibt, um die Koſten für Ausfälle, Verwal⸗ tung und Aehnliches zu decken. Die Verordnung ſieht weiter vor, daß ein gewiſſer Teil des Zins⸗ ſatzes als Verwaltungskoſtenbeitrag abgeſondert und von der Senkung verſchont wird. Das gleiche gilt auch für die Sparkaſſen und Verſicherungsge⸗ ſellſchaften. Es beſtänden keine Illuſionen darü⸗ ber, daß ein großer Teil der Hypotheken nicht auf rund 6 Prozent herunter konvertiert wird. Das Voungplan überholt laſſe ſich nicht durchführen, ohne die Kreditinſtituke unter Umſtänden in Schwierigkeiten zu bringen. Die Beſtimmungen über Rückzahlung in Pfandbriefen beziehen ſich ſelbſtverſtändlich nur auf Realkreditinſtitute, die Pfandbriefe ausgeben. Es iſt ein weit verbreiteter Irrtum, daß auch der Privatmann Pfandbriefe für Hypotheken zZurück⸗ nehmen müßte. Die normalen Tilgungs⸗ und Ab⸗ zahlungsbeträge müſſen weiter in bar geleiſtet werden. Die ganze Aktion iſt bis Ende 1933 be⸗ ſchränkt. Als Erfolg wird erreicht eine Hebung der Pfandbriefkurſe und verhütet wird eine allzu ſtarke Entblößung der Hypothekenkreditinſtitute von Bar⸗ mitteln. Das Baſeler Gutachten Deuiſchland iſt nicht mehr reparationsfähig * Nach Wochen höchſter Spannungen, nach Tagen härteſter Kämpfe liegt das Baſeler Gut⸗ achten vor uns. Sehen wir von Formulierungen, ſtiliſtiſch vorſichtigen Wortprägungen ab, ſo iſt der Weſensinhalt des Gutachtens die Feſtſtellung: „Deutſchland iſt nicht mehr reparationsfähig— der Poungplan iſt überholt. Die deutſche Delegation hat ſich in Baſel wacker geſchlagen. Ihr und damit der zielklaren Politik der Reichsregierung gebührt voller Dank und höchſte Anerkennung. Nur wenig erfuhren wir über die einzelnen Phaſen der Kämpfe, die ſich hinter den Baſeler Kuliſſen abſpielten. Aber das genügt, um die große Bedeutung des Gutachens für die ganze Welt zu erkennen. Die Spuren von Kompromiſſen in dem Gutachten können uns nicht ſchrecken. Denn der deutſche Standpunkt hat ſich in der Großform doch durchgeſetzt, da alle Sach⸗ verſtändigen erklären, daß in der heutigen Lage Zahlungen Deutſchlands das Chaos bedeuten würden, nicht für Deutſchland al⸗ lein, ſondern für die Wirtſchaft der ganzen Welt. Ebenſo ift von den Sachverſtändigen anerkannt worden, daß die deutſchen Maßnahmen zur Ue⸗ berwindung der Kriſe in der letzten großen Not⸗ verordnung das Höchſtmaß deſſen darſtellen, was dieſes Deutſchland überhaupt noch tun konnte. Darum ergeht der Appell an die Politiker, an die Regierungen. Sie müſſen han⸗ deln, durch Kollektivmaßnahmen al⸗ les weitere tun, was zur Ueberwindung der furcht⸗ baren Wirtſchaftskriſe unbedingt geſchehen muß. Wir hätten gewiß gerne gewünſcht, daß in dem Gutachten die Feſtſtellung enthalten wäre, daß Reparationen für alle Zeiten un⸗ möglich geworden ſind. Wir ſind mit unſerem Standpunkte nicht durchgedrungen. Dennoch iſt mit dieſer allgemein gehaltenen Wendung der deutſchen Forderung auf Streichung der Tribute weitgreifend Rechnung getragen worden. Wirtſchaftlich, nicht politiſch müſſen jetzt die Politiker auf der kommenden Regierungskonferenz die weit mehr als eine Reparationskonferenz, ja die geradezu eine Weltwirtſchaftskonferenz dar⸗ ſtellen wird, ſich entſcheiden. Die deutſchen Vertre⸗ ter werden dort feſtzuſtellen haben, daß auch die der Wirklichkeitslage nicht in allem gerecht wer⸗ dende Theſe des Baſeler Gutachtens unhalt⸗ bar iſt, denn die Welt und ihre Wirtſchaft be⸗ dürfen zur Geſundung nicht der Experimento, die mit jedem Tage unwirkſam werden können, ſondern Reformen und Reviſionen, rückſichtsloſe Ausſchaltung des Unmöglich⸗gewordenen bleiben die Erforderniſſe. Nicht die Umkehr in der Politit allein genügt zur Rettung vor dem Chaos, nein es iſt die Abkehr von der bisherigen verfehlten Weltpolitik mit ihren Gewaltmaßnahmen, mit ih⸗ ren Diktaten, mit ihren Zwangsverträgen, die noch in letzter Stunde die Beſſerung bringen kann. Mö⸗ gen die Politiker auf der kommenden Konferenz die Weltſtunde und ihre Gebote erkennen. nach dem Scheitern der Rundtiſch⸗Konferenz Indien vor einer Agrarrevolution Maedonald und Gandhi enb. Bombay, 28. Dez. Vithalbai Patel, der auf demſelben Dampfer wie Gandhi eintraf, bemerkte in einem Inter⸗ view, daß die dritte Nundtiſch⸗Konferenz ſich als Fehlſchlag erweiſen werde. Es ſeien Anzeichen dafür vorhanden, daß Indien raſch einer Agrarrevolution entgegen gehe. Der Boykott britiſcher Waren, britiſcher Handels⸗ und Verſicherungsgeſellſchaften müſſe viel ſtrenger durchgeführt werden. Der Beſuch Gandhis und ſeine Tätigkeit in England, ſchloß Pastel, habe das Anſehen des indiſchen Kongreſſes kaum erhöht. witb. London, 29. Dez. Miniſterpräſident Macdonald erklärte in einer Unterredung mit Preſſevertretern, die Lage in Indien ſei äu⸗ ßerſt bedauerlich. Es ſei ſehr traurig, daß in dem Augenblick, da die britiſche Regierung im Einvernehmen mit den Führern der öffentli⸗ chen Meinung Indiens ſich dazu anſchicke, eine bedeutende Erweiterung der indiſchen Freiheit zu bewilligen, Anhänger der Gewalt und der Unordnung das angbotene Geſchenk zurückge⸗ ſtoßen hätten. Die letzten Ereigniſſe ſeien die Folge der verhängnisvollen Bewegung, die with. Bombay, 29. Dez. Die öffentliche Rede, die Gandhi geſtern Abend hier hielt, 1 det worden. über die indiſche Frage ſchloß er mit folgenden Worten: Ich glaube nicht, daß ich die gleiche Selbſtbeherrſchung wie früher werde beobachten können, wenn die Lage einen energiſchen Entſchluß erfordert. Bei den letzten Auseinanderſetzungen iſt man mit Knüppeln gegen uns vorgegangen, bei ei⸗ nem etwaigen künftigen Konflikt werden wir Kugeln zu erwarten haben. Cetzte Radiomeldungen Großfeuer in einem Keramik⸗Werk. wib. Sorau, 29. Dez. In den Ullersdorſer Keramiſchen Werken in Nieder⸗Ullersdorf brach ge⸗ ſtern Abend Großfeuer aus, das einen Ringofen mit Gebäude und Lager vollſtändig einüſcherte, obwohl elf Wehren der Umgegend das Feuer be⸗ kämpften. Der Schaden beläuft ſich auf ungefähr 505 52 Mark, der jedoch durch Verſicherung ge⸗ e ist. W Die Unruhen in Nordweſt⸗Indien. wib. Peſchawar, 29. Dez. Nach amtlichen Meldungen ſind bei dem Verſuch der Rothemden, in das britiſche Militärqnartier von Kohat einzu⸗ dringen, zehn Rothemden getötet und 20 verwun⸗ det worden. Als die Rothemden von der Kavallerie vor dem Militärlager in Bannu auseinanderge⸗ trieben wurden, ſind vier getötet und acht verwun⸗ In beiden Fällen hatten die Rothem⸗ 8 2 Roß zum Zweiten Bürgermeiſt eee 48. Jahrgang den die Polizei mit Steinen beworfen. daten erlitten Verletzungen. Schweres Autounglück bei Mantua. wib. Ro m, 29. Dez. In der Nähe von Man⸗ tua ſtieß bei einem Bahnübergang ein Auto mit einem Zuge zuſammen. Von den acht Inſaſſen des Kraftwagens wurden vier getötet, drei ſchwer eie während einer leichte Verletzungen erlitt. Vier Sol⸗ Drei Kinder erſtickt. . wib. Neapel, 29. Dez. Sechs Knaben, die in einer verlaſſenen Sandſteingrube ſpielten, wur⸗ den, als die Grube plötzlich einſtürzte, unter den Erdmaſſen begraben. Die Feuerwehr befreite mit großer Mühe die Verſchütteten. Drei Kinder wa⸗ ren jedoch bereits erſtickt. Schiffszuſammenſtoß auf der Themſe. wib. London, 29. Dez. Ein amerikaniſcher Handelsdampfer aus Newyork ſtieß auf der Themſe mit einem Schlepper zuſammen, der ſofort unter⸗ ging. Der Schlepper hatte zehn Mann Beſatzung, von denen einer geborgen iſt. ö Fünf Schwerverletzte bei einem Eiſenbahn⸗ unfall. wtb. Kieritzſch(Bez. Leipzig), 29. Dez. Ein Perſonenzug der Strecke Hof— Leipzig fuhr geſtern Abend im Bahnhof Kieritzſch auf eine Gruppe Güterwagen auf. Die Lokomotive ent⸗ gleiſte. Die Stirnwand eines Perſonenwagens wurde durch den Packwagen eingedrückt. Fünf Fahrgäſte wurden ſchwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Mehrere Leichtverletzte konnten die Reiſe, zum Teil nach Anlegung von Notverbänden fort⸗ ſetzen. Der Betrieb wird durch Umleitung im Bahnhof aufrecht erhalten. Tagesnachrichten Ein Wohnwagen in Brand geraten. Vier Tote, vier Verletzte. wib. Colmar, 28. Dez. Der Wohnwagen des Korbmachers Kraemer geriet geſtern in Brand. Dabei verbrannten vier Kinder Kraemers, zwei erlitten lebensgefährliche und zwei leichtere Brand⸗ wunden. Zwei Kindern gelang es, ſich aus dem brennenden Wagen zu retten. Die Durchführung der Zinsſenkungsaktion. enb. Berlin, 28. Dez. Wie wir in Zuſam⸗ menhang mit der Veröffentlichung der erſten Durchführungsverordnung über die Zinsſenkung erfahren, verhandelt der Bankkommiſſar zurzeit mit den Spitzenorganiſationen des Bankgewerbes über die Frage der Zinsſenkung für Bankſchulden. Es iſt anzunehmen, daß dieſe Verhandlungen noch vor Jahresende zum Abſchluß führen werden. Mit den Sparkaſſen werden gleichzeitig Verhand— lungen geführt auf der Grundlage, daß in Zu⸗ kunft für tägliches Geld vier und für Gelder, für die eine Kündigungsfriſt beſteht, fünf Prozent ge— geben werden ſollen. Statt Kriegsſchulden Kolonien! Newyork, 28. Dez. In einer Rundfunkrede zwiſchen Mac Fadden u. dem führenden ame- rikaniſchen Sozialiſten Norman Thomas über die Frage der Kriegsſchulden, ſchlug Mac Fadden eine ganz neuartige Löſung dieſes Pro— blems vor. Bekanntlich hatte Mac Fadden ſich während der Debatte im Repräſentantenhauſe heftig gegen die Gutheißung des Moratoriums ge- wandt. Er erklärte vor dem Mikrophon, eine Löſung könne gefunden werden, wenn England und Frankreich ihre Beſitzungen in Mittel-Amerika als Ausgleich für die Kriegsſchulden den Vereinig⸗ ten Staaten übergäben. Die dortigen Marine⸗ ſtationen Englands ſeien nutzlos, da es höchſt unwahrſcheinlich wäre, daß England je gegen die Vereinigten Staaten in den Krieg ziehen würde. nuch für Frankreich könne ähnliches angeführt werden. Gasvergiftung in einem engliſchen Berg⸗ wert. wtb. London, 28. Dez. Zur Beſichtigung eines Bergwerks bei Fricklay(Yorkſhire) vor der Wiedereröffnung nach den Feiertagen fuhren heute in den frühen Morgenſtunden 7 Vorarbeiter ein. Durch die Gaſe, die ſich in den letzten Tagen in der Grube gebildet hatten, wurden 5 getötet. a Dr. Peterſen erſter Bürgermeiſter von Hamburg. witb. Hamburg, 28. Dez. Der Senat wählte heute für das Jahr 1932 Bürgermeiſter Dr. C. Peterſen zum Erſten und Bürgermeiſter er. e e Letzte Nacht in Spa Irrten die Generale?— Der glühende Schulenburg—„Die perſönliche Sicherheit des Kaiſers nicht Copyright 1981 by Gerhard Stalling A.⸗G. Oldenburg i. O. w Mit Genehmigung des Verlages bringen wir nachſtehenden Auszug aus dem ſoeben erſchienen Werke Czech⸗Jochberg„Paris oder Doorn?“. In jeder Buchhandlung erhältlich. Der November ſieht durch die Fenſter des Gar⸗ tenſaales der Kaiſervillna in Spa. Im offenen Kamin knattern die friſchen Holzſcheite. Der Kaiſer rückt ſeinen Seſſel an den Kamin heran. Ihn fröſtelt. Um ihn verſammelt Hindenburg, Groener, Pleſſen, Graf Schulenburg, Oberſt Heye. Auf dem Tiſche Liſten und Meldungen und Karten. Die Operationen werden beſprochen. Die Operationen gegen den Oſten, gegen Deutſchland, gegen die Heimat. Die Verläßlichkeit der Truppe war gefragt worden. Die Antworten werden verleſen. Die erſte Frage, ob es möglich erſcheine, daß der Kaiſer an der Spitze ſeiner Soldaten den Kampf gegen die revolutionäre Heimat aufnehme, beantworten von neununddreißig Kommandeuren dreiundzwan⸗ zig mit„Nein“, fünfzehn mit„Zweifelhaft“, einer mit„Ja“. Der Feldmarſchall wechſelt mit ſeinem neuen Generalquartiermeiſter Groener einen langen Blick. Der Kaiſer ſitzt ſtumm, bleich, nervös. Oberſt Heye, von der Operationsabteilung der OHL., fährt fort:„Zweite Frage: Ob das Heer gegen den Bolſchewismus in der Heimat kämpfen wolle und werde: Acht nein, neunzehn zweifelhaft und zwölf ja“. „Ihre perſönliche Auffaſſung, Oberſt Heye?“ Heye ſieht nicht auf, ſpricht, als ob das auch in den Papieren ſtünde:„Ich habe den Eindruck, daß die Armee auch heute noch Majeſtät treu ergeben iſt.“ „Alſo?“ warf raſch der Generalſtabschef des Kronprinzen, Graf Schulenburg, ein. Heye ſetzt fort:„Aber trotzdem Armee nicht mehr marſchieren!“ Der Feldmarſchall, Groener, der Kaiſer blik⸗ ken auf. Vorſichtig, halblaut ſetzt Oberſt Heye ſeine Worte fort:„Auch mit Eurer Majeſtät an der Spitze wird die Armee nicht marſchieren. Die Truppen ſind todmüde. Sie werden auch nicht ge⸗ gen den Volſchewismus geführt werden können. Sie brauchen Ruhe, nichts anderes als Ruhe. Was ſie jetzt wollen, iſt nur ein: Waffenſtillſtand!“ Waffenſtillſtand? Den würden ſie doch erhalten. Die deutſche Delegation hat die feindlichen Linien paſſiert. Jeden Augenblick mußte die Nachricht da ſein. Die Armee war frei zu einem Vorſtoß gegen die Revolution. Dieſe Erkenntnis ließ Schulenburg hochſchnel— len:„Ich glaube nicht dieſen Ziffern, ich glaube nicht an dieſe Meldungen der Kommandeure. Ich bin deutſcher Offizier, wie dieſe Herren, ich kenne den deutſchen Soldaten beſſer.“ „Beſſer als die Regimentskommandeure?“ Schulenburg wuchs:„Beſſer! Der deutſche Sol⸗ dat verrät ſeinen Kaiſer nie. An der Spitze des Heeres iſt der Platz ſeiner Majeſtät. Alles andere verwerfe ich, alles andere iſt ein furchtbarer Feh⸗ ler.“ Groener fragt ihn: Operation?“ Schulenburg hat den Teufel im Leibe:„Ich kann auch deutlicher ſprechen. Ja, ich bin für den Vormarſch nach Hauſe, ich bin für eine ſtarke Fauſt, ich finde das Verhandeln mit Meuterern ſchmählich, ich bin für Schießen.“ Hervorgekeucht war das, eine Flamme von Wut und Scham. Pleſſen, der lange Generalad— jutant des Kaiſers, ſprang ihm zur Seite. Der ordenklirrende Hofgeneral brannte in gleicher Energie wie der kronprinzliche Generalſtäbler. Der Kaiſer wendet ſich an Hindenburg. Hindenburg ſagt langſam, jedes Wort beto⸗ nen:„Dem Herzen nach bin ich für dieſe Opera⸗ wird dieſe ſind alſo für die „Sie 0 Noman von Anny v. Panhuis. (Copyright 1930 by Verlag Alfred Bechthold in Braunſchweig.) 31. Fortſetzung. Als ihre Hand ſein Stirnhaar ſtreifte, ward unter dem Haar ein kleines Muttermal ſicht⸗ bar. Verena lächelte. „Haſt ein braunes Schlänglein über der linken Schläfe, wie ſeltſam das ausſieht, Heinz“ Sie ſchob ſein Haar wieder zurecht, und er ſtand wieder hochaufgerichtet vor ihr, ſie nur wenig überragend. „Ich warf natürlich ſofort mein Pferd her⸗ um und ſprengte in der Richtung, aus der die⸗ ſer Schuß gekommen ſein mußte. Doch ich ent⸗ deckte niemand weit und breit. Weißt du, Heinz, es ſpielte ſich alles dort in der Nähe ab, wo die zwei großen Ombubäume ſtehen. Ich ritt zurück, ich mußte meine Wunde verbinden.— Und während ich heimritt, kam plötzlich das ſichere Gefühl über mich, es handelte ſich um keine verirte Kugel, ſondern ich war das Ziel; der Schuß, der mich zum Glück nicht traf, war für mich beſtimmt geweſen. Und als ich zu Hauſe war, ward mein Verlangen, dich zu ſe⸗ hen, rieſengroß. Ich ſchlug dem Vater vor, Ca⸗ cique zu dir zu ſchicken, damit er dich zum Abendeſſen zu uns bitte.“ Heinz Hausmann nahm Verena in den Arm. „Wie leid tut es mir jetzt, nicht gekommen zu ſein! Aber wahrſcheinlich hätte ich dann gar nichts von dem Geſchehenen erfahren.“ Er wurde lebhafter.„Dein Vater muß Mitteilung erhalten, Verena, die Peons ſollen ſofort eine gewährleiſtet“ tion. Aber ich halte die Durchführung nicht mehr für möglich.“ e „Exzellenz Groener?“ 1 i Groener ſpricht haſtig, faſt feindlich. Man dürfe ſich nicht darüber hinwegtäuſchen, daß die Truppe nicht mehr kämpfen könne, nicht wolle. Am allerwenigſten gegen die Heimat, auch unter dem Kaiſer nicht. Der Kaiſer brauſt auf. Schulenburg wendet ſich in tiefſter Erregung an den Kaiſer:„Majeſtät haben die Pflicht zu marſchieren, die Pflicht zu fechten.“ Das Geſicht des Monarchen erhellt ſich. Seine Geſtalt ſtrafft ſich:„Nun, meine Herren?“ Aber Hindenburg und Groener ſchweigen. Da meldet ſich Köln am Fernſprecher und führt die Debatte weiter. Die 2. Gardediviſion, eine ruhmreiche Stoßdiviſion, die man gegen die Meuterer von der Front in Marſch geſetzt hat, löſt ſich auf. Die Leute deſertieren einfach von der Truppe. Die Offiziere völlig machtlos. Vom Schloſſe der Kaiſertochter in Braunſchweig weht die rote Fahne! In München regiert ein galiziſcher Kaffeehausliterat, der König iſt ſang⸗ und klang⸗ los vertrieben. General von Linſingen meldet aus Berlin, daß das Jäger-Bataillon 4, das Erſatz⸗Bataillon des Alexanderregiments und der„Franzer“ den Gehorſam verweigerten. Die aufgeregten Maſ⸗ ſen ſeien in die innere Stadt gedrungen. Kein Menſch wiſſe, wer den Befehl an die Schutzmann⸗ ſchaft gegeben habe, die Brücken am Landwehr— kanal zu räumen. Erneut ruft der Fernſprecher. Der Reichskanz⸗ ler, Prinz Max von Baden, meldet durch:„Es iſt eine Frage von Minuten, und die Maſſen beſetzen mit Maſchinengewehren das Regierungsviertel.“ „Habt Ihr denn keine Maſchinengewehre?“ ziſcht Schulenburg. „Die Monarchie iſt verloren, wenn nicht augen— blicklich die Abdankung erfolgt“, antwortet der Kanzler. „In ein paar Minuten trifft man nicht eine Entſcheidung, die für Reich und Volk und Dynaſtie von ſolcher Tragweite iſt“, ſchreit Schulenburg in den Apparat. ee de * Schulenburg ſucht einen Ausweg. Wenn der Kaiſer auf die Kaiſerkrone Verzicht leiſten würde, aber König von Preußen bliebe? Die Frage wird hin und her geworfen. Papier! Tinte! Man beginnt zu formulieren. Wieder ruft Berlin dringend durch. Schulen⸗ burg eilt an den Apparat. Taumelnd kommt er zurück. Sein Geſicht iſt erloſchen. Dann erfährt es der Kaiſer, daß der badiſche Prinz ohne ſein Wiſſen den Thronverzicht des Kaiſers und des Kronprinzen proklamiert hat. Waſhington, 28. Dez. In amtlichen Krei⸗ ſen wird es nach wie vor abgelehnt, zum Ba⸗ ſeler Bericht und zur internationalen Schul⸗ denkonferenz Stellung zu nehmen. Jedenfalls hat ſich aber an der hieſigen Einſtellung zu dieſen Problemen nichts geändert. Dieſe Ein⸗ ſtellung geht dahin, daß die amerikaniſche Re⸗ gierung bei der bekannten Abneigung im Bun⸗ deskongreß wie in weiten Kreiſen der ameri⸗ kaniſchen Bevölkerung gegen ein Anbieten weiterer finanzieller Opfer nicht wieder die Initiative ergreifen wird. Im allgemeinen wird der Baſeler Bericht hier als ein erfreu⸗ herbeiſchleppen.“ „And wenn es ein armer Pampashaſe wä⸗ re!“ lächelte Verena. Sie wehrte ab.„Nein Heinz, dieſe Maßnahmen, die du vorſchlägſt, haben jetzt gar keinen Zweck mehr. Hat es je⸗ mand, obwohl ich nicht wüßte, wer es ſein könn⸗ te, auf mein Leben abgeſehen, dann hat er ſich inzwiſchen längſt in Sicherheit gebracht.“ Sie ward ſehr ernſt. „Ich möchte vor allem den Vater nicht be⸗ unruhigen. Ich habe ja auch keine Angſt, und du weißt, ich ſchieße gut. Auge in Auge fürchte ich keinen Feind, gefährlich iſt's ja nur, den Feind im Rücken zu haben, meine ich. Jeden⸗ falls werde ich mich hüten, vorerſt Ritte zu unternehmen, die zu weit abſeits führen.“ Sie küßte ihn. „Mache dir keine Sorgen, Liebſter, gar keine. Ich habe dich doch nun heute noch einmal ge⸗ ſehen und bin zufrieden. Jetzt ſchleiche ich mich wieder fort. Denke du. bitte, an nichts mehr von dem., was dich quälte. Es wird bald alles gut! Denke nur daran, daß wir uns lieben, und wenn Reichtum auch etwas böchſt Ange⸗ nehmes iſt, er doch nicht Schuld tragen darf, daß du mich deshalb verläßt.“ Sie lachte:„Auch reiche Menſchen haßen manchmal ein Herz, wie der Fall Verena Sa⸗ peras beweiſt.“ Noch einmal ſchmiegte ſie ſich an ihn, ihr dünnes, hellgelbes Kleid beſchrieb ein vaar weiche Faltenlinjen, dann befand ſich Heinz Hausmann wieder allein. Alles, was ihm vor Verenas Kommen durch den Kopf gezogen war, alles, über das er vor⸗ hin geſonnen und gegrübelt, war ausgelöſcht. Er dachte jetzt nur noch an das eine, wie ent⸗ Amerika wartet ab Reparationsgläubiger ſollen ſich zunächſt erklären licher Schritt zur Sanierung der deutſchen Ver⸗ große Streife machen und jeden Verdächtigen Bebend formt der Kaiſer die Worte:„Das iſt Verrat, ſchändlicher, niederträchtiger Verrat.“ Die Telegrammformulare häufen ſich unter ſeiner Hand. Er entwirft Proteſte, ſchiebt ſie wie⸗ der beiſeite. Nun muß marſchiert werden, nun muß die Waffe entſcheiden. Indes berauſcht ſich der Berliner Pöbel an den Extrablättern:„Thronverzicht des Kaiſers, Thron⸗ verzicht des Kronprinzen. Prinz Max legt ſein Portefeuille in die Hand des ſozialiſtiſchen Abge⸗ ordneten Ebert.“ Die Abdankungsproklamation des Prinzen von Baden hat alle Schleuſen im Reiche geöffnet. Groe⸗ ner ſieht keine Rettung mehr für die Dynaſtie, kaum daß er ſie für Deutſchland ſieht. Der Feldmarſchall iſt es, der mit aller Scho⸗ nungsloſigkeit die Wahrheit, oder doch wenigſtens die vermeintliche Wahrheit, vor ſeinem König— nun iſt er wirklich nur mehr König von Preußen, Wilhelm 2.— ausſpricht:„Die Fronttruppe hält nicht mehr zu Eurer Majeſtät“. Schulenburg will es nicht glauben, auch Pleſ⸗ ſen nicht. Sie dringen in den Kaiſer, auszuhar⸗ ren. Am nächſten Morgen ſoll der Kronprinz kommen. Indeſſen halten die Soldaten einander an, wo ſie ſich begegnen:„Bei den Telegraphiſten der Oberſten Heeresleitung gibt's einen Soldatenrat. Sie haben ſich die Kokarden mit Siegellack rot ge⸗ macht.“ Die Meldungen aus Berlin werden ſtündlich troſtloſer. Es geht nicht mehr um die demokratiſche Republik. Es droht der Bolſchewismus Lieb⸗ knechts. Auch in Rußland ſind die Sozialrevo⸗ lutionäre von den Bolſchewiſten abgelöſt worden. Da wankt ſelbſt Pleſſen. Auch der Feuergeiſt Schulenburg wird ſtiller und verzweifelt an der Treue der Armee. Pleſſen ſpricht mit dem Kaiſer:„Eine Hand⸗ voll Kilometer von Spa liegt Holland“. Der Kaiſer ſieht ihn ſtarr an und will bleiben. Aber Pleſſen läßt insgeheim die Flucht vorbe⸗ reiten. Er umgibt mit verläßlichen Offizieren die Villa, läßt unauffällig das ganze Spa von Poſten durchſetzen. In ein paar Stunden kann es ſoweit ſein, daß die Soldatenräte der Oberſten Heeres⸗ leitung und der umliegenden Etappe die„Schutz⸗ haft“ des„Königs“ fordern. Niemand, auch die Oberſte Heeresleitung nicht, kann wiſſen, was die nächſten Stunden, was die nächſte unſelige Nacht bringen wird. Es bleibt nichts anderes als die Flucht? Man muß die Flucht nach Holland noch einmal dem Kaiſer vorſchlagen. Doch für Pleſſen und ſeine Gefolgſchaft— handelte er mit Zuſtim⸗ mung Hindenburgs?— iſt es nicht leicht, erneut von dem Sprung nach Holland zu ſprechen. Sie halten dem Kaiſer zum letzten Male„Vor⸗ trag“. Niemand vermöge mehr für des Kaiſers hältniſſe begrüßt, von deren Geſundung das Schickſal ganz Europas abhänge. Man rechnet mit einer baldigen Negie⸗ rungskonferenz, an der Amerika ſich in kei⸗ ner Weiſe beteiligen werde, da es keine Reparationen erhalte. In Ame⸗ rika will man abwarten, was die Gläu⸗ biger Deutſchlands beſchließen. Wenn ſie eine weitere Reduzierung oder Stundung ihrer Schulden wünſchen, ſo müſſen ſie dieſe Wünſche formell anmelden, bevor die amerikaniſche Re⸗ gierung in Aktion treten könne. ſetzlich es wäre, wenn die heimtückiſche Kugel Verena tödlich getroffen hätte, ſie, die ihn auf⸗ gerichtet in ſeiner höchſten Seelennot, die ihm den Weg bereitet hatte zu einem neuen Le⸗ ben. * Nicht allzu weit von der Gemarkung der Eſtanzia Alma brava liegt der Ort Sanchez, den man ruhig das Verbrecherdorf nennen darf, denn es werden dort viele geduldet, die anderswo ausgeſpien wurden. Ein Pulpero(Wirt), der das Gebot der Stunde ins Praktiſche zu übertragen wußte, ſchlug vor Jahren in der Nähe ſeiner Wirtſchaft Baracken auf, elende, grob zuſammengehavene Hütten, und vermietete ſie zu ein paar Dol⸗ lar die Woche. Durch den Campo von Uruguay zog viel landfahrendes Volk, wechſelte aus den Nachbarländern herüber wie Wild. Hier in den Hütten durften ſie heimiſch werden. Der Pul⸗ pero fragte nicht:„Woher kommt ihr?“ Er fragte nur:„Könnt ihr bezahlen?“ Aber es intereſſierte ihn nicht, woher das Geld für die Miete ſtammte. N Der kluge Pulpero machte famoſe Geſchäfte, auch ſeine Wirtſchaft kam nicht zu kurz dabei. Er kaufte freies Campoland an, ließ weiter Hütten errichten, vermietete und verkaufte ſie auch. Weit durch das Land trugen Gauner, Schwindler und Pferdediebe die Mär von dem neuen Oertchen, das im Entſtehen begriffen war, und darin jeder eine Heimat finden konn⸗ te, den man ſonſt nirgends dulden wollte, oder den die Polizei irgendwie ſuchte. Da kamen ſie denn dahergepilgert aus allen Sicherheit zu garantieren. Die Greigniſſe über⸗ ſtürzten ſich. Kein Menſch wiſſe, welch neues, furchtbares Geſicht der Morgen zeigen werde. Der Kaiſer habe die Anſicht Hindenburgs bereits ge⸗ hört, auch das Frontheer halte nicht mehr zu ſeiner Majeſtät. s„ Der Kaiſer hörte ruhig zu. Alles iſt alſo zu⸗ ſammengebrochen, Land und Heer und Glaube. Deutſchland iſt Republik. Hier im Bereich der Front droht ihm Gefangenſchaft durch die eigene Armee, die ihm Treue ſchwor! „Fahnentreue? Königstreue?“ Wie ſagte heute am Morgen Groener?„Eine Fiktion!“ Das iſt doch alles unfaßlich für den Kaiſer: Ein Hohenzoller gehaßt, verfolgt von den eigenen Soldaten! ö Der Kaiſer lächelt fern: Es iſt ihm wie einem Freunde, der an ſeines Freundes Bahre ſteht. Er ſieht einen Leib hingeſtreckt und wächſern. Aber es iſt der Freund nicht. Der lebt doch noch, iſt bloß verreiſt, irgendwohin. Kein Soldat wußte, was das für Autos waren, die in den letzten Nachtſtunden aus Spa raſten nach Norden, der holländiſchen Grenze zu. Der Kaiſer geflohen? 1 8 Schamlos, dieſer Peſthauch der Gerüchte. Dann hieß es, es ſei wahr.— Wahr? Wahr? Es klang wie ein unterdrückter Schrei.— Als die Offiziere der kämpfenden Diviſionen in ihren kümmerlichen Rückzugsſtellungen von der Abdankung und Flucht des oberſten Kriegsherrn hörten, war es ihnen, als entglitte der Boden ihren Füßen. Die Mannſchaft war wie vor den Kopf geſchlagen. Die Mannſchaft, von der man ſagte, daß ſie ohnehin nicht mehr hinter ihrem König ſtände. Man faßte es nicht. Es brach etwas zuſam⸗ men, was bisher eiſerner Beſtandteil im Unterbe⸗ wußtſein jedes Soldaten geweſen war. Von Kindheit auf: der Kaiſer. Als Knaben: der Kaiſer. Erſt recht als Soldaten: der Kaiſer. Das war etwas Strahlendes, trotz gelegentlich be⸗ grinſter Bilder in den Witzblättern. Der Kaiſer!? g Fluchend ſahen ſie auf:„Was liegen wir denn dann noch überhaupt hier im Dreck, wie?“ N Auch im Hinterlande, wo man täglich das „Eingreifen“, das feſte„Durchgreifen“ gegen dieſe Revolution der Gewerkſchaftsſekretäre und betrunkenen Matroſen erwartete, paniſcher Schrek⸗ ken: Der Kaiſer geflohen! Da flog die letzte Flinte des Mutes ins Korn. Kein Zweifel heute: die Regimentskomman⸗ deure hatten ſich geirrt. Die Ungeheuerlichkeit der Zeit, in die ſie geſtellt wurden, hatte ſie unſicher gemacht, auch ſie, die in tauſend Schlachten Er⸗ probten. Ihr Urteil, ihr Blick, einſt ſcharf und jedes Herz eines Soldaten treffend, war trüb ge⸗ worden wie ein beſchlagener Spiegel. Und mit einem Male iſt die Szene im Garten⸗ ſaal zu Spa wieder lebendig und wieder knattern die Holzſcheite, und ein Kaiſer ſteht fröſtelnd am Kamin. Oberſt Heye trägt vor:„Die Frage, ob die Truppen an der Spitze ihres Kaiſers.. 23 „Nein“, 19„Zweifelhaft“, 1„Ja“. Zweite Kardinalfrage: Gegen den Bolſchewis⸗ mus? 8„Nein“, 19„Zweifelhaft“, 12„Ja“. Geſamteindruck:„Nein“. Die Rechnung war falſch. Sie iſt mindeſtens für die zweite Frage von der Geſchichte nachge⸗ prüft worden: Die Frontarmee zog in feſten, ta⸗ delloſen Verbänden unter Offizieren in die Frie⸗ densgarniſonen. Und die Soldaten der Front waren es, die ſpä⸗ ter in den Freiwilligenverbänden gegen den Vol⸗ ſchewismus kämpften und ihn ſchlugen! Hatte Schulenburg, der Feuerkopf, richtiger ge⸗ ſehen? Mit keinem Gedanken ſoll an der Ueberzeugung getaſtet werden, daß die Männer, die dem Kaiſer zur Flucht rieten, nicht ſein Beſtes wollten, ſie ſahen keinen anderen Ausweg mehr für ihn, für Deutſchland. Daß der Kaiſer, von dieſem guten Glauben ſeiner Getreuen beraten, doch vielleicht wenigſtens einen Teil dieſes guten Glaubens auch für ſich in Anſpruch nehmen durfte, das wollte man nicht verſtehen. 5 ihnen das gelobte Land ſchien. Weiber mit fre⸗ chen Geſichtern oder den ſtumpfen Zügen alter Gewohnheitsverbrecherinnen, Männer mit bru⸗ talen Kinnladen und dem ſcheuen Blick des im⸗ mer Verfolgten. In Sanchez wurde ihr Blick frei, hier konnten ſie Bürger ſpielen, hier kin merte man ſich nicht um ſie, Der ſchlaue Pulpero ward ſehr reich, 40 als er ſtarb, konnte er lachende Erben hinter⸗ laſſen, aber ihm blieb auch der traurige Ruhm, einen Verbrecherort ins Leben gerufen zu ha⸗ ben.— In der Pulperia bei Pasqual Moreira am Ende von Sanchez ging es laut zu, wie immer zu abenteuerlicher Stunde. Kein Stuhl war mehr frei. Man unterhielt ſich miteinander in ſchreiendem Ton und hatte die Copas vor ſich, gefüllt mit Canna con limonada. Auch derber Fuſel wurde getrunken, ebenſo Kaffee und der landesübliche Mate lein bitterer Tee). Um die kleine Wittſchaft ſchlich eine ſtäm⸗ mige Männergeſtalt. Ein Kalmückengeſicht drückte ſich gegen die Läden, um durch eine ſchadhafte Stelle zu erſpähen, was drinnen in dem niedrigen Raume vor ſich ging, wer ſich darin befand. Ob niemand dabei war, der Pepe Arndt von früher her kannte und ihm nicht gut geſinnt war. Am gefährlichſten für ihn waren Leute der Alma brava, die ihn noch von früher her kannten. Sie würden ſich fiche! wenig angenehm mit ihm beſchäftigen. Ahe von den Peons der Eſtanzia ließ ſich hier wohl keiner ſehen, denn die hielten auf ſich. : Fortsetzung folgt.. — Windrichtungen zu dieſem Stückchen Erde, das 1 a ene — e„ HDermiſchtes Brüning geht in Urlaub. Berlin, 28. Dez. Reichskanzler Dr. Brü⸗ ning hat geſtern abend Berlin zu einem mehr⸗ tägigen Urlaub verlaſſen. 1 wieder am Ende der Woche in die auptſtadt zurückkehren. Trotz ſeiner Abweſen⸗ heit tritt das Kabinett möglicherweiſe zur Er⸗ ledigung kleinerer Fragen unter dem Vorſitz des dienſtälteſten Miniſters an einem der nächſten Tage zuſammen. f Reichs⸗ Unveränderte Notendeckung Nach dem Ausweis der Reichsbank vom 23. Dezember 1931 hat ſich in der dritten Dezember⸗ woche die geſamte Kapitalanlage der Bank in Wechſeln und Schecks, Lombards und Effekten um 42,8 Millionen, auf 3074,5 Millionen RM. ver⸗ ringert. Im einzelnen haben Handelswechſeln und Schecks um 28,8 Millionen auf 3740,2 Millionen RM. und die Lombardbe⸗ ſtände um 45,9 Millionen, auf 176,3 Millionen RM. abgenommen, die Beſtände an Reichs⸗ ſchatzwechſeln um 31,9 Millionen auf 55,1 Millio⸗ nen RM. zugenommen. Die Deckung der Noten durch Gold und deckungsfähige Deviſen beträgt 25,6 Prozent wie in der Vorwoche. Frankenthal, 27. Dez.(Der Wein aus⸗ gelaufen.) Auf der Straße Frankenthal Flomersheim geriet ein Lieferauto aus Stutt⸗ gart, das mit Wein beladen war, infolge der vereiſten Straße ins Schleudern und fuhr ge— gen einen Baum, ſodaß das Auto in den Straßengraben fiel und die ganze Weinladung in das Ackerfeld geſchleudert wurde. Ein Faß iſt vollſtändig ausgelaufen. Der Wagenfüh⸗ rer wurde durch Glasſplitter leicht verletzt, 5 Oggersheim, 27. Dez.(Politiſche An⸗ ſammlung von der Polizei zer⸗ ſtört.) In der Nacht zum zweiten Weih— nachtsfeiertag gegen 1 Uhr nachts kam es vor der Wirtſchaft Binder zu einer Anſammlung von etwa 15—20 Anhängern der kommuaiſti⸗ ſchen Partei. Der Aufforderung der Polizei⸗ beamten, ſich zu zerſtreuen, wurde nicht Folge geleiſtet, ſondern ſie drangen mit Meſſern und Lattenſtücken auf einen der Polizeibeamten ein, ſodaß dieſe vom Säbel Gebrauch machen mußten. Auch wurden zwei Schreckſchüſſe ab⸗ gegeben. Verletzt wurde niemand. Vier junge Leute wurden verhaftet. Haßloch, 27. Dez.(Eine ſeltene Jagdbeute.) In den pfälziſchen Jägerkreiſen bewundert man allgemein eine ſeltene Jagdbeute, die der Jäger Dietrich des Herrn Reiß-Mannheim und Jagdgenoſſen in einem hieſigen Waldſchlag im vorigen Jahrhundert(Juni 1863) machten. Es handelt ſich um eine gehörnte Rehgeiß, deren Schädel zwei prächtige Roſenſtöcke ziert. Der Schädel bieſes bewundernswerten Tieres iſt kürz⸗ lich aus dem Nachlaß von Frau Forſtrat Bau⸗ Speyer zum Vorſchein gekommen. Zweifelsohne ſtellt dieſe Beute eine jagdliche und naturgeſchicht⸗ liche Seltenheit dar. Kindsbach, 27. Dez.(Unfall bei der Arbeit.) Dem Hüttenarbeiter Valentin Friedel von hier drang auf ſeiner Arbeits⸗ ſtätte in Neunkirchen ein glühender Eiſenſtab durch die Hand. Schwerverletzt wurde Friedel ins Landeskrankenhaus Homburg verbracht. Haſchbach, 27. Dez.(Biſſiger Hund.) Als der 7jährige Sohn Auguſt der Familie Jakob Weyrich vom Sangerhof den eigenen Er wird wahrſcheinlich die Beſtände an; * Hund flültterte, biß ihn das Tier ſo ſchwer ins Geſicht, daß der herbeigerufene Arzt die Ueber⸗ führung ins Krankenhaus anordnen mußte. Kaiſerslautern, 27. Dez.(Funktionär⸗ verſammlung der K. D. ausgeho⸗ ben.) Am 2. Weihnachtsfeiertag wurde hier von der Polizei eine größere Funktionärver⸗ ſammlung der kommuniſtiſchen Partei in der Mannheimer Straße ausgehoben. 41 Perſo⸗ nen wurden dabei feſtgenommen und auf ihre Namen hin feſtgeſtellt. Die zwei Anführer wurden verhaftet und dem Gericht zugeführt. Pirmaſens, 27. Dez.(Guter Fang.) Der zum Strafvollzug ausgeſchriebene 22 Jahre alte und berufsloſe Otto Zipf von Stuttgart konnte hier ergriffen und ins Gefängnis einge— liefert werden. Er iſt aus dem Gefängnis in Oſth ofen(Heſſen) entſprungen, in welchem er drei Monate wegen Diebſtahls zu verbüßen hatte. Er hat ſich ſeit ſeiner Flucht unter verſchiedenen falſchen Namen herumgetrieben und wurde in die— ſer Zeit auch ſchon unter einem falſchen Namen wegen Schmuggels und Bettelns abgeurteilt. Auch bei ſeiner hieſigen Feſtnahme gab er einen falſchen Namen an. Trier, 27. Dez.(Staatsförſter bei der Treibjagd erſchoſſen.) Der ſtaat⸗ liche Revierförſter Reiber geriet bei einer Treib⸗ jagd im Kondewald bei Wittlich aus Verſehen in das Treiben, nachdem die Schützenkette ſchon ge— bildet war. Er wurde von dem Schuß eines Forſt⸗ gehilfen getroffen und ſofort getötet. Reiber hin⸗ terläßt Frau und zwei Kinder. Scheibenhardt, Dez.(Die Erdölboh⸗ rungen im Bienwald.) Die Erdölbohrun⸗ gen, welche die J. G. Farbeninduſtrie bereits ſchon ſeit fünf Jahren im Bienwald durchgeführt hat, ſind bekanntlich vor kurzem wieder eingeſtell“ worden, ohne daß ein erwünſchter Abſchluß ex- zielt werden konnte. Wie wir in Erfahrung brin— gen, haben die langwierigen Bohrverſuche noch zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt, ſodaß jetzt auch alle Apparaturen und Materialien abtrans⸗ portiert worden ſind. 97 2 6. Wiebelskirchen, 27. Dez.(In der Grube erſtickt.) Der in der Grube Annaſchacht be⸗ ſchäftigte ledige Bergmann Arthur Schmidt von hier wurde durch Grubengaſe erſtickt auf⸗ gefunden. Schmidt hatte das in den Strecken herumliegende Altmaterial zuſammengetragen. Rettungsmannſchaften mußten mit Gasmasken herangeholt werden, um den Verunglückten zu bergen. Schmidt war ſeit dem Tode ſeines Vaters der Haupternährer der Familie. Heitersheim, 27. Dez.(Mit dem Mo⸗ torrad verunglückt.) Der Einkaſſierer der Gasfernverſorgungsgeſellſchaft Oberbaden, Johann Röſch, wurde bewußtlos aufgefunden. Er iſt mit ſeinem Motorrad verunglückt und mußte mit einer ſchweren Gehirnerſchütterung ins Krankenhaus verbracht werden. Karlsruhe, 27. Dez.(Senkung der Straßenbahntarife.) Nach einer Ver⸗ lautbarung der Karlsruher Stadtverwaltung iſt beabſichtigt, in den Tarifen der Straßen⸗ bahn verſchiedene Verbilligungen eintreten zu laſſen. Eine endgültige Entſcheidung könne je⸗ doch erſt gefällt werden nach Rückſprache mit dem Reichskommiſſar für Preisüberwachung, da es u. a. gilt, einen endgültigen Verzicht des Reiches auf die ſeit langem bekämpfte Beförderungsſteuer zu erreichen. Notenfels(Raſtatt), 27. Dez.(Vom Zug iiberfahren und getötet.) Die ledige 45 Jahre alte Katharina Melcher von hier wurde bei der Station Rotenfels von der Maſchine des Kurszuges Freudenſtadt-Raſtatt erfaßt, etwa 30 Meter weit geſchleift und ſo ſchwer verſtümmelt, daß der Tod auf der Stelle eintrat. Das Unglück geſchah am Bahn⸗ übergang, deſſen Schranken nicht geſchloſſen geweſen ſein ſollen. Die Getötete war ſchwer⸗ hörig. Sie befand ſich auf dem Wege zum Bäckr und hat wohl das Heranahen des Zuges nicht bemerkt. heute der Univerſitätsunterricht ſtattfindet. Kum 350 jalnigen Jubiläum der Wut zburget Anioess ict Das neue Univerſitätsgebäude von Würzburg. N Die Würzburger Univerſität begeht am 2. Januar ihr 350jähriges Jubiläum. Sie war be⸗ reits 1402 gegründet, aber dann 1430 geſchloſſen worden. lich wieder eröffnet, und in den Jahren 1892— 96 wurde das neue Gebäude errichtet, in dem Am 2. Januar 1582 wurde ſie feier⸗ Sport und Spiel Weihnachtsſport der Spygg. Amicitia 09 E. V. Amicitia 09 1.— Phönix Mannheim 1. 09 1.— Olympia Lorſch 1. 09 1.— Mainz⸗Kaſtel 1. 09 Ilvesheim 1. 09 Lorſch 2. 09 Kleinhauſen 1. 09 Neckarſtadt 2. 09 Käfertal 3. 09 4. Jugenheim 1. 0 92 5.— Leutershauſen 2. 5 Das Spiel am 1. Feiertag gegen den Phönix ſchien faſt Ueberraſchungen bringen zu 10 0 Innerhalb 5 Minuten nach Beginn hieß es ſchon 121 und ſo ſtand es bis kurz vor Schluß. Dann gab Phönix merklich nach und der Sieg der Grünen wurde innerhalb weniger Minuten ſichergeſtellt. Bei dieſem Spiel bewährte ſich die Verteidigung. Der Centerhalf war auch in Form, der Sturm fand ſich in der neuen Auſſtellung nicht zuſammen und war überdies viel zu weich. Man konnte aber mit Freuden konſtatieren, daß die Grünen etwas in der BL gelernt haben. In Lorſch gab es alles andere als eine Freundſchaftspartie. Wir danken in Zukunft für ſolche„Kämpfe.“ Lorſch ging ran an den Speck, ſchonte weder Knochen noch Geſundheit der Grünen und der Herr Schiedsrichter wagte es nicht vor Angſt Elfer zu erteilen. Der unfairſte Spieler der Weißblauen war ohne Zwei⸗ fel der berühmte Torwächter Drais, der alles ver- ſuchte, um die Viernheimer Stürmer auf irgend eine Art und Weiſe unſchädlich zu machen, denn Lorſch durfte auf keinen Fall verlieren. Wir wol- len Lorſch nicht mehr in Viernheim ſehen. Das Spiel hätte gewonnen werden müſſen, wenn der Sturm ein klein wenig Courage gehabt hätte. In der erſten Halbzeit war Viernheim dauernd über⸗ legen und mußte mindeſtens 4:0 führen. Es klappte leider nicht. Nach der Pauſe zog Lorſch los und legte ſchärfſtes Verbandstempo vor und die Grünen mußten dann verlieren. Am 3. Feiertag gaſtierten die Mainzer Vor- ſtädter in Viernheim. Da gab es in der erſten Halbzeit ein Spiel zu ſehen, daß die Viernheimer Zuſchauer auf das höchſte entzückt waren. Kaum hatte das Spiel begonnen, als es ſchon 3:0 für Viernheim ſtand. Fünf zu eins ſtand es bis zur Pauſe. Wundervolles Stürmerſpiel und guter Auf⸗ bau von der Deckung waren die Grundlagen zu dieſem Sieg. Nach der Pauſe ſtellte Kaſtel um zog drei friſche Leute in die Elf, die auch alles hergaben, um gut abzuſchneiden. Die Grünen, die ja ſchon gewonnen hatten, wurden leichtſinnig, deckten nicht mehr. So wird das Endreſultat ver- ſtändlich. Am Sonntag ſteigt nun der erſte Bezirksliga⸗Pokalkampf u. zwar gaſtiert der Saar- brücker„S. C. Saar“ auf dem Waldſportplatz. Dieſer Club iſt bekannt in ganz Süddeutſchland, wir ſind überzeugt davon, daß ganz Viernheim auf den Beinen um unſere Landsleute aus dem Saargebiet zu begrüßen. Vereins- u. Trainingsabende der Sport⸗ vereinigung Amicitia 09 e. v. Vereinshaus„Waldſchenke“.— Täglich Betrieb Dienstag Abend Hallentraining der 1. Mannſchaft wie üblich. Mittwoch Abend 8 Uhr Spielausſchuß in der Ge⸗ ſchäftsſtelle. Mittwoch nachm. Jugendtraining. Donnerstag Training der 1. und 2. M. Voranzeige für Sonntag, den 3. Januar 1932 „Saar“ Saarbrücken kommt! c O G e O= N= 2 Silveſter bei berühmten i menſchen Von Hedwig Krauskopf. „Die Tage des Jahreswechſels, ſonſt in Ue⸗ bermut und leichtem Sinn begangen, fordern aus altem Recht, wohl weil man ſich unaufgefordert an jeder Wende froheren Ausblicken hingibt, leich⸗ tere Gedanken auch von uns“, ſchrieb i( RNudolf G. Binding am Silveſtertage 1914.„Der Ernſt der Front“ ſtimmte ihn zwar nachdenklich. Gleichwohl:„Et⸗ was wie eine Silveſterphiloſophie wandelt mich an und mag ſich emporkräuſeln wie die Dämpfe des Punſches, den wir.. trotz Feind und Tod am Silveſterabend brauen werden. Philoſophien ſind anfechtbar, Silveſterphiloſophien nicht. Denn ſie ſind ſyſtemlos wie die Wolken des Punſches aus dem Glase“.— So hielt es auch 9 eee e Goethe. „Fertige schnell ein Gericht und die feſtliche Schale des Punſches, Rot von der Glut, und bediene den Gaſt an der winzigen Tafel..“ ſo forderte homeriſch Johann Heinrich Voß ſeine attin auf, den alten Goethe einzuladen, der zu⸗ b mit Schiller ſo manche Silveſternacht bei Champagner am Weimarer Hofe gefeiert, aber ſeit ſeiner Leipziger Studentenzeit doch ein Freund des Silbveſterpunſches geblieben war. Von ſeiner Jugendfreundin Kätchen Schönkopf kennen wir ſein Lieblingsrezept:„Zwey Bouteillen Pontac in ei nem Napf, zwey Pomeranzen halbiert, auf dem Roſt gebraten. Ein groß Stück ſchwarz Brot mit Rinde, etwas ſtark gedörrt. Dieſe zwey Stück nebſt dreiviertel Pfund Zucker in den Napf. Eine Vier⸗ telſtunde ſtehen laſſen; zugedeckt. Sodann etwas Muskatnuß gerieben und auch dem Vorhergehen⸗ den zugeſetzt. Iſt es zu ſtark, ſo kann man es mil bei ſolchen Gelegenheiten während der größten Heiterkeit plötzlich ernſt werden, wie es uns ſein Freund Stephan Schütze berichtet: Silveſter 1807 feierte Goethe im Hauſe der Johanna Schopen⸗ hauer, der geiſtreichen Mutter des bekannten Phi⸗ loſophen, die einige Jahre zuvor den erſten bür⸗ gerlichen„Salon“ in Weimar eröffnete. Sie hatte um dem Abend eine beſondere Weihe zu geben, Sänger und Sängerinnen des Theaters eingela⸗ den.„Goethe kam von der Lektüre italieniſcher Schäferidyllen und befand ſich in einer ſanften lyriſchen Stimmung, in welcher er ſich auch in großer Anmut über das Geleſene ausſprach. Nach⸗ dem herrliche Lieder, beſonders von Zelter, wa⸗ ren geſungen worden, während Goethe in den Zimmern auf und ab ging, ſetzte ſich die Geſell⸗ ſchaft an verſchiedene Tiſche. Ich bekam einen Platz unter den Künſtlern und gab mich hier um ſo lie⸗ ber luſtigen Einfällen hin, als in dieſem Kreiſe ſich eine Lachtaube befand, die für Scherze ſehr empfänglich war. Aber plötzlich— mitten in der Fröhlichkeit— klopfte Goethe auf den Tiſch, au⸗ genblicklich Stille und Geſang gebietend. Da hätte man ſehen ſollen, wie das halb ausgeſprochene Wort auf den Lippen erſtarb, wie die Mienen zuckten und ein Wetterleuchten über die Geſichter fuhr... Und wie Goethe einmal aufgeſtanden war, ſchlich einer nach und kam mit der Nach⸗ richt zurück: Er lacht!— was denn die vorige Luſt wieder zurückführte“.— An den Fürſtenhöfen gings ſonſt an den Neujahrstagen recht luſtig zu. Wir ſehen die frohe Laune von damals ſich noch heute ſpiegeln in dem Neujahrsbrief, den die echt deutſche Liſelotte von der Pfalz im Jahre 1699 von Verſailles aus an die Kur⸗ fürſtin Sophie nach Hannover ſchickte:„In dulci jubilo ho ho, nun ſinget und ſeid froh ho ho, un⸗ ſers Herzens Wohohone liegt in praeſepio ho ho, und leuchtet als die Sohohone, matris in gremio ho ho, alpha es et o ho, alpha es et o. Wo eimas Maſſer versetzen“. Goethe konnte jedoch auch Euer Liebden dies heute nicht geſungen haben, ſo bin doch verſichert, daß die Pauten und Trompeter es Euer Liebden vorgeſpielet haben; weil es heute Neujahrstag bei Euer Liebden iſt, wünſche ich Euer Liebden alſo alles Glück und Vergnügen, ſo ſie ſich ſelbſten wünſchen und begehren mögen“. — Wir ſtaunen heute darüber, daß ſelbſt die Zei⸗ ten äußerſter Not die Silveſterfeiern bei dieſen „höchſten und allerhöchſten Herrſchaften“ in nichts einſchränkten. Wer erwartet etwa folgende Schil— derung in dem eigenhändig geführten Tagebuch der Königin Luiſe über die Silveſterfeier 1808 zu Riga auf ihrer Reiſe nach dem Zarenhof zu Petersburg:„Um 3 Uhr Diner, um 6 Uhr deutſche Theatervorſtel— lung, großer Beifall bei unſerer Ankunft; um 9 Uhr zum Ball in demſelben Gebäude.. reizen— der Saal, friſche Luft, großer Luxus von Blumen rings um den Divan, den ich einnahm; reizende Geſellſchaft; ſchöne Frauen, reich und gut geklei— det; viel Diamanten und Perlen; ich tanzte noch eine Anzahl Polonaiſen, einen Schottiſchen mit dem General Lieven und einen Walzer mit dem Prinzen Szetwertinſky. Prächtiges Souver...“ ——— Wie friſch mutet uns dieſer„Höflich— keit“ gegenüber das Menſchentum und die Tatkraft an, mit der General Blücher über den Rhein ſetzte! Aus Bacharach ſchrieb er am 1. Januar 1814:„Ertzens libe Frau. Der frühe neujahrsmorgen wahr vor mich erfreulig da ich den Stoltzen Rein Paſſirte, die uffer ertöhnten vor Freudengeſchrey, und meine braven Truppen Empfingen mich mit Jubel.. der lehrm von meine braven Cameratten iſt ſo groß daß ich mich verbergen und damit alles zur Ruhe kommt; din jenſeittigen deutſchen bewohner Empfangen uns mit Freudenthränen. aber um pottes willen ich krige keine briffe von dich.. lebe wohl ich küſſe dich tauſend mahl in gedanken und bin le⸗ benslang dein Blücher“. Nicht weniger als hier die Gattentreue, beglückt uns die bräutliche Liebe Luiſe v. Gall an ihren geliebten Levin Schücking ſchrieb, 1843, „in der Neujahrsnacht, halb ein Uhr: Proſit Neu⸗ jahr! Mein Liebſter! Als es zwölfe ſchlug, dachte ich an Dich, und meine Segenswünſche umflogen Dich. Haſt Du es empfunden? Haſt Du an mich gedacht? Oder ſchliefſt Du bewußtlos einer Zeit entgegen, wo Du dem Pantoffel immer näher rückſt? Ach, ich will Dich nicht tyranniſieren, und führt das Schickſal uns zu ewiger Treue und ewi— gem Vertrauen zuſammen, ſo will ich Dir gehor— chen als meinem Herrn, das gelobe ich Dir, in der erſten Stunde des erſten Jahres, welches ich als Deine Braut antrete. Des Himmels Segen über Dich, mein Liebſter, ich möchte Dir gerne noch viel ſagen, aber meine Augen ſind ſchwer. Nur mein Herz iſt leicht und fliegt ins ferne Oeſterreich zu Dir— zu Dir!“——— In der Stunde ſolch innigen Gedenkens überkommt uns wohl immer die Sorge, ob es denn eigentlich Sinn habe, einem lieben Menſchen„Glück“ zu wünſchen. Friedrich Nietzſche meinte in ſeinem Neujahrsbrief an ſeine„liebe gute Mutter“(Genau 1881):„Daß das„Glück' eines Tages mit Trommeln und Trompeten erſt noch käme, daran glauben wir ja Alle nicht mehr; Jeder hat ſeine Aufgabe und muß täglich zuſehen und ſich tummeln, daß ſie geräth— und geräth ſie, ſo iſt man guter Dinge, ſchlimmſten Falls macht man eine gute Miene, wie ich jetzt zum bö⸗ ſen Spiele des Winters..“ Wie hoffnungsfreu⸗ dig klingt demgegenüber der Silveſterwunſch des auf Gott vertrauenden Eduard Mörike in des neuen Jahres erſter Stunde:„In Ihm ſei's begonnen,— Der Monde und Sonnen— An blauen Gezelten— Des Himmels bewegt— Du Vater, Du rate— Lenke du und wende!— Herr, dir in die Hände— Sei Anfang und Ende, — Sei alles gelegt!“ in dem entzückenden Brief, den ——