viernheimer Anzeiger Piernhelmer Tageblatt— Bernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 150 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illustrierte Sonntagsblatt„Sterne und Blumen“, halbj jährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim nſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt mankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Die Caritas am Weißen Sonntag Für die meiſten Katholiken dürfte der Tag der erſten heiligen Kommunion zu den ſchön⸗ ſten ihres Lebens gezählt werden. Selbſt für den, der ſich nach und nach vom Weg des Glau— bens entfernte, bedeutet die Erinnerung daran einen Glanzpunkt ſeiner frühen Jugend. Wenn die Menſchen im reifen Alter heute auf ihren weißen Sonntag zurückſchauen, leuchtet ſein An— denken in jener ſtillen Verklärung, die bis ins ſpäte Alter ein gütiges Licht hineinwirft. El— tern und Erzieher, verwandte und befreundete Perſonen waren damals mehr oder weniger bemüht, dem betreffenden Kinde einen ſchönen Erſtkommuniontag zu bereiten. In der heutigen ſchweren Zeit liegen die Dinge oft ganz anders. Der Freudentag der erſten hl. Kommunion droht in materieller Sor— ge und in religiöſer Gleichgültigkeit zum All⸗ tag herabzuſinken. Manchem Kinde wird es weder in der Familie noch in ſeiner Umgebung bewußt gemacht, daß es ſich um einen bedeuten— den Tag in ſeinem Leben handelt. Man kann deshalb von einer Caritas am weißen Sonntag ſprechen, d. h. von einer Liebe, die die Erſtkom— munikanten ganz beſonders umfaſſen muß. Die Hilfsbereitſchaft dieſer Liebe drückt ſich in den zwei wichtigen Punkten aus: Behebung der leiblichen und geiſtigen Not des Erſtkommuni— kanten. Mag auch die leibliche Armuteines Kindes mit ſeiner Würdigkeit nichts zu tun haben, ſo kann ſie in einem kindlichen Gemüt Neid und Bitterkeit auslöſen. Man ſtelle ſich die Dürftigkeit einer Familie vor, kaum das nötige Brot, um die hungerigen Mägen zu fül⸗ len. Die Schuhe aufgeflickt, das Kleidchen ſchadhaft uſw. Nirgends eine Ausſicht, eine Möglichkeit, den Erſtkommunikanten neu aus⸗ zuſtaffieren. Neben ſeinen gut gekleideten Ka⸗ meraden muß das Kind im ärmlichen Anzug dahinſchreiten. Und zuhauſe angekommen, fin⸗ det es nichts anderes als den grauen Alltag, die Eltern in der Arbeit oder in der Sorge um das kärgliche Mahl. Ich bin weit entfernt, von einem Auf- wand zur erſten heiligen Kommunion zu ſprechen, noch dürften auffallende Aeußerlich⸗ keiten die Andacht des Kindes ſtören. Aber ein neuer, dunkler Anzug für Knaben, ein ehr— bares weißes Kleid für Mädchen entſpricht nur der hohen Würde der Feier. Auch das Aeußere ſoll gewiſſermaßen mit dem inneren Hochge— fühl in Einklang ſtehen. Zugleich müßte ber Erſtkommunikant in Abweſenheit oder bei Dürf— tigkeit ſeiner Eltern einen gedeckten Tiſch finden, der ihn an dieſem Tag in nichts an die täg⸗ liche Not erinnern darf. Es iſt heute oftmals ſelbſt bei ehrlichem Wil⸗ len nicht leicht, die Ausrüſtung eines Erſtkom⸗ munikanten zu beſchaffen. Hier müſſen alle gu⸗ ten Kräfte zuſammenhalten und im Freundes— kreiſe um Mithilfe werben. Die leihweiſe Gabe einer Kerze, eines Kranzes u. a. m. kann manchmal das mangelnde Geld erſetzen und ei— ne geſchickte Hand mag bei der Anfertigung der Kleider mitwirken. Nicht zuletzt erfreut man ein verlaſſenes Kind mit einer freundlichen Einladung, daß ihm auch außerhalb der kirch— lichen Feier ein ſonniger Tag beſchieden wird. Viel dringender und ernſter als die leibliche iſt oft die geiſtige Not eines Erſt⸗ kommunikanten. Der Religionsunter⸗ richt in der Schule, die Vorbereitung des Seel— ſorgers erweiſen ſich in vielen Fällen als unzu⸗ reichend; einesteils, weil die Zeit in der Schu⸗ le viel zu kurz iſt, um die vielen Kinder in gleicher Weiſe in das große Geheimnis der gött⸗ lichen Liebe einzuführen. Andernteils, weil ſchwachbegabte oder leichtſinnige Kinder eine längere und gründlichere Vorbereitung zur er⸗ ſten heiligen Kommunion benötigen. Noch mehr müßte man ſittlich verkommene Kinder über⸗ wachen. In chriſtlichen Familien wird es jede Mut⸗ ter als beſondere Pflicht erachten, ihren Erſt⸗ kommunikanten zu beobachten und den Unter⸗ richt des geiſtigen Lehrers in geeigneter Weiſe unterſtützen. Nicht jede Mutter iſt ſo glücklich, ſich mit ihren Kindern religiös unterhalten zu Freitag, de 15 N 7 NEN l können. Die Frau im Erwerbsleben, die meiſt abends müde heimkehrt, die Bäuerin, die bis zur Abendmahlzeit arbeitet, findet nicht mehr die ſeeliſche Kraft, ihre Kinder geiſtig zu betreuen. Wie viele Mütter ſtehen abſeits von Glaube und Sitte und haben mit ihren Kindern keine fromme Gemeinſchaft mehr. Dann ſieht es mit einer Vorbereitung auf die erſte heilige Kom- munion ſehr traurig aus. Hier iſt ein Gebiet, wo die katholiſche Ge- meinſchaft eingreifen muß, gewiſſermaßen als ſtützendes Organ des Seel— ſorgers. In Fabrikorten und Großſtädten neh— men ſich Fürſorge- und Pfarrſchweſtern der ver— laſſenen Erſtkommunikanten an. Auch in klei— nen Städten und auf dem Lande ſind ſolche Helferinnen von großem Nutzen. Ich kenne Fälle, wo die Lehrerin, die Gutsbeſitzerin, oder eine andere gebildete Perſönlichkeit die ſchöne Viernheimer 1. (Siernhetmer Bürger⸗Ztig.— Biernh. Volksblatt) Zeitung Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werben nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden April WEH Aufgabe erfüllen, ſich mit den Erſtkommunikan⸗ ten ein⸗ bis zweimal wöchentlich zu beſchäfti⸗ gen. Bei dieſen kleinen Zuſammenkünften wird das hl. Altarſakrament nach dem Katechismus noch feſt eingeprägt, den weniger Begabten die ſchwierigen Stellen erklärt, kleine Geſchichten aus dem Leben der Heiligen erzählt und aus dem„Sendboten des göttlichen Herzens“(Ju— gendausgabe) oder anderen Schriftchen für die erſte heilige Kommunion vorgeleſen. Man kann beim zwangloſen Zuſammenſein manches gute Wort, manche fromme Uebung in das wei— che Herz der Kinder legen, daß ſie möglichſt würdig der hohen Feier entgegengehen. Ohne Zweifel wird ein beſonderer Segen auf jene barmherzigen Seelen herniederfallen, die am weißen Sonntag ſprechen können:„Wir haben die Herzen deiner Kinder bereitet, o Herr, daß ſie dich in reiner Weiſe und kindlicher Liebe empfangen.“ Jugenbergs„Sammelaktion“ Abſagen, nichts als Abſagen! Der deutſchnationale Parteiführer Hugenberg macht einen neuen Verſuch, um aus ſeiner Iſolie⸗ rung herauszukommen. In einem Artikel ſchlägt er den Parteien der rechten Mitte vor, ſich mit den Deutſchnationalen auf eine Landesliſte für die Preußenwahl zu einigen. Er rechnet aus, daß 100 000 bürgerliche Stimmen ausfallen müßten, weil in einzelnen Wahlbezirken die bürgerliche Mitte keinen Abgeordneten durchbringen könnte und auf den Landesliſten bekanntlich nicht mehr Abgeordnete als in den Wahlkreiſen gewählt wer— den. Deshalb redet Hugenberg dieſen Parteien zu, die Reſtſtimmen auf die deutſchnationale Lan⸗ desliſte zu übertragen, wogegen er ſich verpflichtet, auf dieſe Liſte eine entſprechende Anzahl von ge— eigneten Vertretern der fraglichen Parteien zu ſetzen. Die ſo Gewählten ſollen Hoſpitanten der deutſchnationalen Landtagsfraktion werden. Ueber drei Grundziele müßte Einigkeit beſtehen: Ueber einen klaren und entſchiedenen Nationalismus, ſo wie ihn die Deutſchnationalen vertreten, über die Ablehnung jeder Sorte von Sozialismus als„der⸗ jenigen Geiſteskrankheit, die neben dem Mangel eines ſteifen nationalen Lebenswillens in den letz⸗ ten Jahrzehnten all unſer Elend verſchuldet hat“, und über die Bildung eines nationalen antimarxi⸗ ſtiſchen Kabinetts in Preußen und im Reiche. In dieſem Vorſchlag Hugenbergs iſt zunächſt eine Abwendung von den Parteien der Harzer Front und ein Schritt nach der bürgerlichen Mitte feſtzu⸗ ſtellen. Er lehnt ausdrücklich jede Sorte von So⸗ zialismus ab, was nicht zuletzt auf die National⸗ ſozialiſten gemünzt iſt. Aber Hugenberg gibt ſeite alten Freunde auf, ohne neue zu finden, denn aus dem Lager derjeni⸗ gen, die der deutſchnationale Parteiführer mit ſei⸗ nen Plänen beglücken möchte, kommt ein ſkep⸗ tiſches Nein. Der Landvolkführer Gereke hält zwar eine enge Anlehnung an die Deutſch— nationalen als ſolche durchaus für wünſchenswert, er will aber nichts von Hugenberg und ſeiner Tak— tik wiſſen. An vertrauensvollem Verhandeln hin— dere nicht zuletzt das mangelnde Eintreten Hugen— bergs für den Reichspräſidenten von Hindenburg. Vertreter der Wirtſchaftspartei bezeichnen Vorſchlag des deutſchnationalen Parteiführers nicht einmal für diskutabel. Auch der zweite Reichs— führer des Chriſtlich⸗-Sozialen Volksdienſtes, Hül⸗ ſer, tut dieſen Plan als ein parteitaktiſches Manö— ver kurzerhand ab. Am ſchroffſten iſt die Ablehnung der Deutſchen Volkspartei, die durch ihren Preſſedienſt erklären läßt, für ſie beſtehe keine Veranlaſſung, auf das Scheinangebot Hugenbergs einzugehen. Dem deutſchnationalen Parteiführer wird in der volks⸗ parteilichen Erklärung ſein geiſtiges Un⸗ vermögen beſcheinigt, überhaupt bürgerliche Sammlungspolitik zu treiben. Die Hindenburg⸗ den wahl, ſo heißt es weiter, habe bewieſen, wie we⸗ Irland demonstriert gegen England Die rieſige Demonſtration in Dublin am Jahrestag der Oſter⸗Revolution von 1916, die den Unabhängigskeitskampf gegen England einleitete. Durch die kürzliche Wahl de Valeras zum Miniſterpräſidenten iſt dieſer Unabhängigskeitskampf in ein neues Sta⸗ dium eingetreten. und die Mehrheit der Die iriſche Regierung verweigert dem engliſchen König den Treueid Bewohner der iriſchen Republik folgt begeiſtert der Parole der neuen Regierung. 49. Jahrgang und die nationalen Bürgertums verſtanden nig Hugenberg die Aufgaben der Zeit Stunde habe. Auf der ganzen Linie zeigt deutſchnationalen Schulter. Sein Berliner Leibblatt, der Lokal-Anzeiger, iſt darüber ſehr erboſt und nimmt ſich beſonders die Deutſche Volkspartei vor, der er eine unmittelbare Förderung der Sozialdemokratie vorwirft. Die Hugenbergſche Sammlungsaktion beginnt alſo mit einem großen Streit. Sie beweiſt, daß außerhalb ſeiner Partei der Name des deutſchnationalen Parteiführers nichts mehr gilt. des alſo dem die kalte man Parteiführer Cetzte Radiomeldungen Beim Kartoffelſetzen vom Blitz erſchlagen. enb. Kempten, 1. April. Beim Kartoffel⸗ ſetzen wurde ein Landarbeiter vom Blitz erſchlagen. Sein Vater murde gelähntt. Keine Anklage gegen Grvenhoff. enb. Darmſtadt, 1. April. Die Meldung, daß gegen den Segelflieger Günther Groenhoff Anklage wegen fahrläſſiger Tötung erhoben wor— den ſei, trifft nicht zu. Es ſchwebt lediglich, wie bei allen ähnlichen Fällen, die zur Kenntnis der Staatsanwaltſchaft gelangen, ein Ermittlungs- verfahren. Anhaltspunkte dafür, daß Groenhoff irgendein ſtrafbares Verſchulden trifft, liegen nicht vor. Wie verlautet, iſt er auf Einladung von Fräulein Riedel in dem Wagen ihres Bruders mit— gefahren. Groenhoff habe in dieſem Fall nicht die Pflicht gehabt, zu prüfen, ob Fräulein Riedel einen Führerſchein beſaß oder nicht. Die Gehälter Hindenburgs u. Brünings Jetzt werden phantaſtiſche Gerüchte über das Einkommen des Reichspräſidenten verbreitet. Da— bei werden auch falſche Behauptungen über die Bezüge des früheren Kaiſers aufgeſtellt, der viel, viel weniger erhalten haben ſoll. Wie iſt der Tatbeſtand? Wilhelm II. hatte als deutſcher Kaiſer kein Dienſteinkommen, er be— zog aber als König von Preußen eine Kronrente von 17½ Millionen Mark, einſchließlich 7½ Millionen jährlich als Entſchädigung für die 1820 vom Königshaus an den Staat abgetretenen Do— mänen. Der erſte Reichspräſident Ebert hatte, ein— ſchließlich der Aufwandsentſchädigung, ein Dienſt⸗ einkommen von 53 510 Mark. Reichspräſident v. Hindenburg hat 60 000 Mark Gehalt, das— ent- ſprechend der Senkung der Miniſtergehälter— um 28 Prozent(16 800 Mark) gekürzt wurde, alſo bis zum 31. 12. 31 43 200 Mark betrug. Dazu kamen Aufwandsgelder im Betrage von 120 000 Mark, ſodaß ſich das geſamte Dienſteinkommen des Reichspräſidenten auf 163 200 Mark belief. Vom 1. 1. 1932 ab werden dem Reichspräſi— denten neben den vorher genannten 28 Prozent noch weitere neun Prozent gekürzt, das ſind insge— ſamt 22 000 Reichsmark weniger. Somit bezieht er alſo nur 37800 Mark Gehalt und 120 000 Mark Aufwandsgelder, zuſammen 157 800 Mart. Es iſt noch zu berückſichtigen, daß das Einkom— men des Kaiſers und Königs ſteuerfrei war, wäh— rend das Einkommen des Reichspräſidenten wie das eines jeden Staatsbürgers ſteuerpflichtig iſt. *** Im gleichen Zuſammenhang werden auch Schwindelziffern über das Gehalt des Reichskanz— lers Brüning verbreitet. Auch hier iſt feſtzuſtellen: Bismarck bezog als Reichskanzler ein Dienſt⸗ einkommen von 50 000 Mark. Die ſpäteren Reichskanzler erhielten 36 000 Mark Gehalt und 64 000 Mark Repräſentationskoſten, zuſammen alſo 100 000 Mark. Das Gehalt des Reichskanzlers Brüning be— trug 46350 Mark(45 000 Mark Grundgehalt und 1350 Mark örtlicher Sonderzuſchlag). Nach Abzug von 28 Prozent(20 Prozent freiwilliger Verzicht und 8 Prozent Abſtrich durch die dritte Notverordnung, zuſammen 12 978 Mark) erhielt er bis zum 31. Dezember 1931 eine Gehalts⸗ ſumme von 33 372 Reichsmark. Dazu kommen 18 000 Mark Dienſtaufwandsentſchädigung, ſodaß das geſamte Dienſteinkommen des Reichskanzlers am Ende des vergangenen Jahres 51872 Mark betrug. Vom 1. Januar 1932 ab werden dem Reichs⸗ lanzler neben den genannten 28 Prozent noch weitere 9 Prozent gekürzt, das ſind zuſammen 17 149,50 Mark weniger. Somit bezieht er alſo nur 29 201 Mar: Wehalt und 18 000 Mar! Dienſtaufwandsentſchad gung, zuſammen alſo 47 200 Mark. g