Lokales I Sterbetafel. Heute Früh um 7 Uhr erſtarb nach ganz kurzer Krankheit überraſchend as gjährige Töchterchen Lena der Familie oſef Heck, Louiſenſtraße 30. Die geit der Be⸗ erdigung iſt aus der Anzeige erſichtlich. R. l. P. * Beerdigung. An der Beerdigung der Schülerin Lena Frank, Louiſenſtr. 30, mögen die Kinder der Klaſſe Frl. Kärcher teilnehmen. Die Mitſchülerinnen des Kindes(Klaſſe Frl. Eckert) ebenfalls gemeinſam. Die Eltern ſind gebeten, ihre Kinder auf dieſe Beerdigung aufmerkſam zu machen. * Ein billiges Sonntagsvergnügen bereitet Ihnen am kommenden Sonntagabend der Volkschor mit ſeinem„Heiteren Theaterabend“. Gegen ein ganz geringes Eintrittsgeld ſehen Sie 2 Theaterſtücke, ferner hören Sie verſchiedene Solo- und Chorgeſänge. Und als Attraktion die⸗ ſes Abends wird der Pfälzer Komiker und Humoriſt Guſtav Lebherz ſich erſtmals dem Viernheimer Publikum vorſtellen. Wie alle Volkschor⸗Veran⸗ ſtaltungen ſo wird auch der ſonntägliche Abend wieder mit einem Maſſenbeſuch zu rechnen haben. „Eröffnungsabend der Schwer⸗ athleten der Sp.⸗Bgg. Amieitia 09! Am Sonntag abend im„Freiſchütz“. Die Schwer⸗ athletikabteilung der Sp.⸗Vgg. Amicitia iſt nun ſo⸗ weit gediehen, daß ſie zum erſten Male an die Oeffentlichkeit treten kann. Sie veranſtaltet nun am kommenden Sonntag Abend halb 9 Uhr im Gaſt⸗ hauſe zum Freiſchütz den Eröffnungs⸗ und Werbe⸗ abend für den Kraftſport. Als Gegner im Ringen iſt die z. Z. in Hochform befindliche Mannſchaft des Stemm⸗ und Ringklubs Lampertheim verpflichtet worden und im Stemmen die Gaumeiſtermannſchaft des Vf. Neckarau! Ueber die einzelnen ſchaften werden wir noch berichten, bitten aber die Mitglieder und Anhänger der SpVgg. Amieitia den Sonntag Abend für die Schwerathletik⸗Abteilung zu reſervieren! Arbeitsloſigkeit und frei⸗ williger Arbeitsdienſt. Mitgeteilt von Hermann Brügel, Viernheim. Arbeit zu haben iſt heute ein ſeltenes Glück. Stetig und unaufhaltſam ſchlich ſich in den letztver⸗ gangenen Jahren die Arbeitsloſigkeit in immer wei⸗ tere Kreiſe der Arbeiterſchaft ein. Jeder Tag mehrt die Zahl der ſtillgelegten Betriebe, bringt neue Arbeitsloſe. g Das Volk ſelbſt hat ſein Urteil über die Be⸗ griffe„Arbeit und Arbeitsloſigkeit“ ſchon lange ge⸗ prägt; es ſpricht von dem Segen der Arbeit und den verderblichen Folgen der Untätigkeit. Wir em⸗ pfinden heute mehr als je die Richtigkeit der Worte: Wenn es köſtlich geweſen iſt, ſo iſt es Mühe und Arbeit geweſen. Wir kennen aber auch die Wahr⸗ heit des Sprichwortes: Müßiggang iſt aller Laſter Anfang. Arbeitsloſigkeit bringt materielle, körperliche Not, führt aber auch, was noch ſchlimmer iſt als äußere Verarmung, zur ſeeliſchen, geiſtigen Not. Am Verderblichſten wird die innere Verarmung bei jenen ſein, deren Inneres noch im Wachſen, noch unabgeſchloſſen iſt, noch keinen feſtumriſſenen Kern hat: bei den Jugendlichen! Ohne Arbeit iſt ihrem Leben der Inhalt genommen, ohne Sinn und Zweck verlaufen ihre Tage. Die arbeitsloſe Jugend ein⸗ fach ſich ſelbſt und der Straße zu überlaſſen, ſie tatenlos in den Tag hineinleben zu laſſen, daß ihre junge Kraft verkümmert und erſchlafft, wird zum ſamten Volkes werden. geführt. 0 die Ar⸗ beit ihre ethiſchen Werte pflanzen würde, bleibt leer und ohne Werte. Vor dieſem Verſinken in geiſtig⸗ſeeliſche Hohlheit muß die Jugend bewahrt bleiben. Das einzige Gegenmittel aber wäre die Arbeit. Der Jugend jedoch Arbeit zu geben iſt ſchwer, wenn die Wirtſchaft darniederliegt, wenn ſie keine Aufträge hat, keine Arbeit für die Millionen. Und dennoch darf man die Jugend, ſolange nur noch ein einziger Notweg geſchaffen werden kann, nicht der Unkätigkeit, dem Nichtstun überlaſſen. Dieſe Jugend muß doch ſtark ſein für ihre zukünf⸗ tige Aufgabe, Deutſchland wieder ſeine Größe er⸗ arbeiten zu können. Iſt denn nirgends, gar nirgends im großen deutſchen Land eine Stätte, wo Arbeit geſchaffen werden kann, die wenigſtens der Jugend Beſchäftigung geben könnte? Doch, es iſt noch eine Möglichkeit gegeben, eine Arbeit vorhanden: die Arbeit am Boden! Die Durchführung dieſer Arbeit am Boden hat zur Einrichtung des freiwilligen Arbeitsdienſtes So ſehen wir jetzt in allen Gauen Deutſch⸗ lands, in faſt jeder Gemeinde die Gruppen der Arbeitsdienſtwilligen, die blauen Kolonnen in ihren Arbeitsanzügen, wie ſie die Arbeit am Boden in verſchiedenſter Art betreiben. Zu tief gelegene Acker⸗ und Wieſenflächen werden erhöht und geeb⸗ net, aus ſumpfigen Moorlandſchaften werden Sied⸗ lungsfelder geſchaffen, aus brachliegendem Oedland entſtehen Gartenländer, Sportplätze werden ange⸗ legt u. a. Pläne durchgeführt. Aus dieſen Arbeiten werden neue Werte entſtehen, die der Allgemein- heit Nutzen bringen. Die Fruchtbarkeit der von Waſſer und Sumpf verſäuerten Aecker und Wieſen wird geſteigert; unfruchtbares Moor⸗ und Oedland wird anbaufähige, fruchtbare Scholle werden. Ihr Inneres, ehh fepddgdcdpen md. Sicliore Doin Geoid bor Derſust dd — — — — — . — . — — Meaarkssparhassb Lorsch Zweigstelle Viernheim Sapa mann“ Gemeindekaſſe. Die Auszahlung der Militär⸗Zuſatzrenten pro September erfolgt am Donnerstag⸗Vormittag. im Central⸗ Film- Pala Einen hochintereſſanten Lichtbilder ⸗Vorug über das gewaltige Land der Zukunft,„Südamerika“ der zirka 2 Stunden dauert, hält ein Deutſch⸗Ameri⸗ kaner, Herr Otto Bötcher, hier im Central⸗Film⸗ Palaſt. Nach 30⸗jähr. Aufenthalt in allen Ge⸗ bieten Südamerikas reich an Erfahrungen und Er⸗ lebniſſen wird in Wort und Bild über dieſes Land Aufſchluß gegeben. Intereſſiert uns Deutſchen doch gerate von dieſem Laud etwas zu ſehen und zu hören. Ueberall findet dieſer Lichtbilder⸗Vortrag großen Anklang und die Intereſſenten kommen voll und ganz auf ihre Rechnung. Iſt doch Süd⸗ amerika das Land von dem man noch am wenig⸗ ſten geſehen und gehört hat. Möge ein gutbeſetztes Haus dieſem hochintereſſanten Vortrag beſchieden ſein, damit die Mühe des Vortragenden belohnt wird. Anfang 8 Uhr. Auch Kinder haben Zu⸗ tritt. Eintritt 30 Pfg; Kinder 10 Pfg.; Erwerbs- loſe 20 Pfg. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder ⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden f Männergeſangverein 1846. Morgen Donnerstag abend 1/9 Uhr Singſtunde. Da am 25. ds. Monats der Bierabend feſtgeſetzt iſt, erwartet der Dirigent reſtloſes Erſcheinen. Der Vorſtand. Klub der Geflügelzüchter 1926. Donnerstag den 15. ds. Monats Abends 8 Uhr findet im Lokal zum goldenen Stern eine Mitglieder ⸗ Verſammlung ſtatt. Beſonders die Bezieher der Geflügel⸗Welt ſind hierzu eingeladen. Der Vorſt. Central-Film-Palast Winkenbach. N o o h 77 I Dienstags„ Mittwochs„ 77 70 Freitags Wochenplan des Turnvereins. Montags ab 5 Uhr Fußballtraining Sportplatz 1. 8 Uhr Turnerinnen im Lokal. 8 Uhr Fechter im Lokal. Uhr Leichtathleten auf Sportplatz 2. Uhr Schüler auf Sportplatz 1. Uhr Turnſtunde für alle Turner im Lokal. Uhr Schülerinnen im Lokal. Uhr Handballtraining Sportplatz 2. platz 1. 5 Uhr 1. u. 2. Fußballmannſchaft auf Sportplatz 1. Uhr Handballjugend Sportplatz 2. Erwachſene 30 Pfg. Uhr Leichtathleten Sportplatz 2. Uhr Turnerinnen im Lokal. Uhr Fechter im Lokal. Uhr Schüler Sportplatz 1. 5„8 Uhr Turnſtunde im Lokal. Zu allen Uebungsſtunden iſt nur in Sport zu er⸗ Achtung 1 interessanter . Lichtbilder- Vortrag von Otto Vötcher über Südamerika CCC ͤ ͤCC Das gewaltige Land der Zukunft Nach 30jährigem Aufenthalt und Reiſen in den intereſſanteſten Gebie⸗ ten tropiſcher Pracht und unendlicher Wüſten. Heute Mittwoch, abends 8 Uhr — Raſſenfrage— Eine Reiſe um ganz Südamerika. —— ————— 5 Uhr 1. u. 2. Fußballjugend Sport⸗ Thema: Kurzer Vergleich mit Afrika— Entdeckung und Eroberung 1.% Millionen Deutſchſtämmiger fühlen warm für die Heimat Löhrrelch für Herren— interessant fur Damen— Anregend fur Hinder Niemand verſäume die Gelegenheit. —— ————— Kinder 10 Pfg. Erwerbsloſe 20 Pfg. . auamammmmaumuama . 55 Für eine Wirtſchaft in guter Lage in Viernheim werden tüchtige kautionsfähige Pächter geſucht. Anfragen an Franz Brechtel, Bierniederlage, Blauehutſtr. 35. Donnerstag Nahm, Zutter Unterhaltungsabend f ſtets friſch, zu haben bei in der Vorſtadt, wozu 1 Martin Alter freundl. einladet f Der Vorſtand. Waſſerſtraße Nr. 46 2 Immer und Hüche per ſofort zu vermieten. Näheres, zu erfragen im Verlag. Ein ſchönes Fimmer man einzelne Perſon zu vermieten. Von wem, ſagt der Verlag. auulatur-Papfer Schulstraße 6 ſcheinen. 2 Zimmer u. Küche evtl auch 1 Zimmer u. Küche zu vermieten. Von wem, ſagt der Verlag. lie Stammgäste biegen freu. dem Saftladen und alle andere Per- ſonen werden Stammgäſte nach dem Verſuch des guten Stuttgarter Hof⸗ bräu ſowie eines garantierten natur- reinen Weine.. . Dein Safttaden Tum r. Laub für alle Zwecke und in jeder Preislage kaufen Sie vorteilhaft bei Marl Steiert Herren-Moden, Berufskleidung Telefon 112 — ankſagung. Für die ſo überaus herzliche Teilnahme beim Verluſt nnſerer lieben, unvergeßlichen Mutter dankt Familie Ferdinand Hofmann. Viernheim, 14. September 1932. — Bitte Schaufenster beachten.— zu haben in der Buch⸗ druckerei ds. Bl. Todes⸗Anzeige. Gott, dem Allmächtigen, hat es in ſeinem un⸗ erforſchlichen Ratſchluſſe gefallen, heute Vormittag um liebes Töchterchen, Schweſter u. Enkelchen 7 Uhr unſer Lena ganz zu ſich in die Ewigkeit abzurufen. Wir bitten, ihrer Seele im Gebete zu gedenken. Viernheim, den 14. Sept. 1932 In tiefer Trauer: Familie Joſef Heck. findet am Freitag nachmittag um 4 Uhr vom Die Beerdigun ö onfenſtaße 30 als, fü. 23 lötzlich und unerwartet im Alter von 9 Jahren d Cas gerade wachsen Sell. bellarf der Stiltzel Mnöchelstützer I 1 zu haben in 1 und hraun 5 n Dankſagung. Allen denen, die anläßlich des ſchmerzlichen Verluſtes meiner lieben Frau und unſerer herzensguten Mutter, uns ihre Teilnahme bekundeten aufrichtigen Dank. Viernheim, den 14. September 1932. Im tiefem Schmerze: Heinrich Lammer nebst Rinder und Angehörige „Kuratorium der (Siernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1% Mk. frei ins Haus 119 0— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illuſtrierte Sonntagsblatt„Sterne und B umen“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand- kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fernſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Fran Ar. 215 7 d Jür eilige Leſer In Franzöſiſch⸗Marokko ſtürzte ein Eiſen⸗ bahnzug, der eine größere Abteilung Fremden; legionäre beförderte, in eine Schlucht; es ſind viele Tote und Verletzte zu beklagen. * Der Mörder des franzöſiſchen Präſidenten Doumer wurde am Mittwoch morgen in Paris hingerichtet. Ein Polizeioberwachtmeiſter wurde in Ber, lin⸗Wilmersdorf von einem Fahrraddieb, den er verfolgt hatte, niedergeſchoſſen; der Täter verübte darauf Selbſtmord. * Die Reichsbank hat mit der jugoſlawiſchen Nationalbank ein Clearingablommen geſchloſ⸗ en. 0* Der Staats⸗ und Volkerrechtslehrer Ludwig Heilborn in Breslau iſt 71 Jahre alt geſtorben *. In Hüttenheim(Bezirk Straßburg i. E.) brannten ſechs Baueenhöfe nieder. Der Schader ſoll 700 000 Franken betragen. Aufruf zu hindenburgs 85. Geburkslag . Berlin, 13. 9. Am 2. Oktober vollendet der Herr Reichspräſident ſein 85. Lebensjahr. Das n Hindenburgſpende“, der Schöpfung des Reichspräſidenten, hat unter dem Motto:„Helft Hindenburg helfen“, ſich mit der Bitte an die Oeffentlichkeit gewandt, der Stiftung neue Mittel zur Verfügung zu ſtellen, als Zeichen der Dankbarkeit für ihren Schöpfer. Damit ſoll dem Unterſtützungswerk die Möglichkeit gegeben werden, auch weitere Not und Elend unter den Kriegsbeſchädigten und ihren Hinterbliebenen zu lindern. Reichs⸗ eegierung und Länderregierung ſtellen ſich hin⸗ er dieſe Bitte. Zum Hindenburgswerk vater⸗ ländiſcher Hilfe. Beiträge zur Hindenburgſpende können ein⸗ gezahlt werden auf das Poſtſcheckkonto Berlin Nr. 73 800(Berlin NW. 40), auf das Reichs⸗ bankgirokonto, auf die Konten bei nachſtehen⸗ den Bankhäuſern und ihren Zweigſtellen: Reichskreditgeſellſchaft AG., Deutſche Bank- u. Diskontogeſellſchaft, Bayeriſche Hypotheken- u. Wechſelbank, Bankhaus Gebr. Arnhold, Bank⸗ ö haus Mendelsſohn u Co., ferner bei allen deut⸗ ſchen Poſtanſtalten. Der verhängnisvolle Jahrestag Ein ſeltſames Verhängnis knüpft ſich unbe⸗ ſtreitbar für manche Menschen an beſtimmte Daten, Zahlen oder andere Begebenheiten, die in keinem ſichtbaren Zuſammenhang mit dem Menſchenſchickhal ſtehen. In Sonderburg in Schleswig⸗Holſtein iſt eine ganze Familie bis auf die Mutter durch Unglücksfälle aus⸗ geſtorben, und alle dieſe Unglücksfälle ereigne⸗ ten ſich in den verſchiedenſten Jahren jeweils am 31. Juli. Es handelt ſich um die Familie des Telegra⸗ phenarbeiters B. aus Sonderburg. B. ſelbſt wurde am 13. Juli von einem Motorradüber⸗ fahren; am 31. Juli erlag er im Krankenhaus feinen Verletzungen. Ein Jahr vorher, am 31. Juli 1931, ſtarb eine 17 Jahre alte Tochter der Familie an Gehirnhautenkzündung. Ein Jahr davor, am 31. Juli 1930, wurde ein zweijähriger Sohn des B. von einem Kraft⸗ wagen überfahren und ſo ſchwer verletzt, daß er noch am Abend des gleichen Tages ſtarb. Vor drei Jahren wurde der ältere Sohn des Hauſes von dem Hufſchlag eines Pferdes ge⸗ troffen und trug dabei ſo ſchwere Verletzungen davon, daß er kurze Zeit darauf im Kranken⸗ haus ſtarb. Alle dieſe Unglücksfälle trafen ſelt⸗ ſamerweiſe immer am gleichen Jahrestag die Familie B. Aber auch ſonſt wirkte dieſes Da⸗ tum ſchon ſeit Jahren unheilvoll in dieſem Hauſe. Das Merkwürdigſte iſt zu alledem, daß die Frau B. am 31. Juli Geburtstag hat. Sie iſt nun noch allein von ihrer fünfköpfigen Familie übriggeblieben und ſoll an dieſem entſetzlichen Erinnerungstage, welcher der To⸗ estag ö und ibrer drei Kinde“ ö Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt rt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Zeitung Anzeigenpreiſe: Anzeiger (Viernheimer Bürger-Ztg.— Viernh. Volksblatt) Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von Donnerstag, den 15. September 1932. Michaelis und der Papſtfrieden Eine Ehrenerklärung für Dr. Michaelis Berlin, 14. 9. Der Streit um die Rolle des früheren Reichskanzlers Dr. Michaelis bei dem Friedensangebot des Papſtes Benedikt XV. iſt jetzt durch eine Erklärung aus Zentrumskrei⸗ ſen beendet worden. Der Voſſ. Ztg. zufolge hat auf einer kleinen Feier, die zu Ehren des 75. Geburtstages des früheren Reichskanzlers Michaelis veranſtaltet wurde, der Generalprä⸗ ſes des Rheiniſch⸗Weſtfäliſchen Schützenverban⸗ des vom Heiligen Sebaſtianus, Pfarrer Dr. Louis, zugleich im Auftrag d. früheren Reichs- kanzlers Dr. Marx erklärt: Die Friedensbe— mühungen des Papſtes Benedikt XV. im Au⸗ guſt 1915 waren von England und Frankreich ſchon einen Monat vorher abgelehnt, als der Friedensvorſchlag von der deutſchen Regierung als undurchführbar erkannt wurde. Zur Ehre der hiſtoriſchen Wahrheit glaubte Pfarrer Dr. Louis dieſe auf dem Katholikentag gemachten Feſtſtellungen des Reichskanzlers Marx geſtern offiziell dem Jubilar mitteilen zu ſollen. Sicht⸗ lich bewegt dankte Michaelis. Er habe zehn Jahre lang unter dem Vorwurf gelitten, ſei⸗ nem Volk den Frieden vorenthalten zu haben. Niemand, der ihn kannte, habe glauben können, daß er ein ſolches Verbrechen aus Abneigung gegen den Heiligen Vater begehen könne. Nie⸗ mals habe er, der evangeliſche Paſtorenſohn, aus konfeſſioneller Engſtirnigkeit ein ſolches Angebot vereiteln können. Sitzung der Jenkrumsfraklion Berlin, 15. 9. Geſtern ſetzte die Zentrums⸗ fraktion ihre Beratungen über das Memoran⸗ dum Profeſſor Deſſauers weiter fort und ve⸗ ſprach dabei auch ausführlich das Wirtſchafts⸗ programm der Regierung Papen. Zwiſchen⸗ durch berichteten die Vertreter des Zentrums im Ueberwachungsausſchuß über Verhandlun⸗ gen mit den Nationalſozialiſten, um den am Dienstag gefaßten Entſchluß des Ueberwa⸗ chungsausſchuſſes rückgängig zu machen. Dieſe haben aber zu keinem Erfolg geführt, im Ge⸗ genteil, durch die Annahme des Beſchluſſes, den Ueberwachungsausſchuß in einen Unterſu⸗ chungsausſchuß umzuwandein und die Regie⸗ rung aufzufordern, vor dieſem Ausſchuß zu er⸗ ſcheinen, iſt der Konflikt nur verſchärft worden. Dorkmunder Jondergerichksurkeil Dortmund, 15. 9. Nach dreitägiger Verhand⸗ lung verurteilte das Dortmunder Sondergericht 9 Kommuniſten, darunter 2 Frauen wegen ſchweren, bezw. einfachen Landfriedensbruch zu Gefängnisſtrafen von 3 bis 10 Monaten. Von den mitangeklagten Reichsbannerleuten, die wegen Waffenbeſitzes angeklagt waren, iſt einer zu 3 Monaten Gefängnis, der andere zu einer Geldſtrafe verurteilt worden. Dem Prozeß lag ein Zuſammenſtoß in Herringen zwiſchen Kom⸗ muniſten und Reichsbannerleuten am Tage vor der 2. Reichspräſidentenwahl zugrunde. Führerbeſprechung z: NS DA Eine Erklärung hillers Berlin, 13. 9. Die Nationalſozialiſtiſche Kor⸗ reſpondenz veröffentlicht über die am Diens— tag mittag abgehaltene Führerbeſprechung ei— nen Bericht, in dem es u. a. heißt: „In Berlin fand heute in Anweſenheit Ad. Hitlers eine nationalſozialiſtiſche Führerta— gung ſtatt, an der neben dem Reichstagsprä⸗ ſidenten Göring auch die nationalſozialiſtiſchen Miniſterpräſindenten mehrerer deutſchen Län⸗ der ſowie die Mitglieder der noch in Berlin verſammelten nationalſozialiſtiſchen Reichs⸗ tagsabgeordneten vollzählig teilnahmen. Nach⸗ dem Miniſter a. D. Dr. Frick einleitend die Be⸗ deutung des geſtrigen für die Regierung v. Pa⸗ pen vernichtenden Mißtrauensvotums des deutſchen Volkes hervorgehoben und Reichs- tagspräſident Göring über die Vorgänge im Reichstag und die ſich daraus ergebenden ver⸗ faſſungsrechtlichen Folgerungen referiert hatte, gab Adolf Hitler die Richtlinie für die neue Phaſe des Kampfes bekannt, in den die natio⸗ nalſozialiſtiſche Bewegung mit dem geſtrigen Tage eingetreten iſt. „Die Regierung v. Papen hat es in der Hand auf welcher Ebene ſie dieſen Kampf fechten will. Für welchen Tag und für welche Mittel ſie ſich aber entſcheiden möge: Die nationalſozialiſti⸗ ſche Bewegung fürchtet dieſen Kampf nicht, denn auf ihrer Seite wird in jedem Falle nicht nur das Volk, ſondern auch das Recht ſein. Die NSDAP. wird allen Gegnern ſo entgegen- treten, wie ſie es nach ihren eigenen Geſetzen verdienen und erwarten müſſen. Jede Unterdrückung des legalen Kampfes der nationalſozialiſtiſchen Bewegung wird zur Waffe, die ſich gegen die Unterdrücker ſelbſt richtet.“ Im Auswärtigen Ausschuß Berlin, 13. 9. Der Auswärtige Ausſchuß des Reichstages, der unter dem Vorſitz des Abgeordneten Dr. Frick(Natſ.) um 15 Uhr zu⸗ ſammentrat, tagte unter ſtarker Teilnahme der Ausſchußmitglieder aller Parteien und der Vertreter des Reichsrates. Mitglieder der Reichsregierung waren auch zu dieſer Sitzung nicht erſchienen. Botſchafter Nadolny, der deut⸗ ſche Vertreter auf der Abrüſtungskonferenz, war zunächſt mit einigen Miniſterialbeamten anweſend, zog ſich aber nach einem telephoni⸗ ſchen Anruf im Auswärtigen Amt wieder aus dem Reichstagsgebäude zurück. Auf der Ta⸗ gesordnung der Ausſchußſitzung ſtehen die Be⸗ ſprechung des Lauſanner Abkommens und der Abrüſtungsfrage. Zu Beginn der Ausſchußſitzung entſpann ſich eine Ausſprache über die Forderung auf Herbeirufung von Mitgliedern der Reichsre⸗ gierung. Im Verlaufe dieſer Auseinanderſet⸗ zungen verließen die deutſchnationalen Aus⸗ ſchußmitglieder die Sitzung. Der Ausſchuß be⸗ ſchloß, daß der Reichskanzler, der Reichsau⸗ ßſenminiſter und der Reichswehrminiſter als⸗ bald im Ausſchuß erſcheinen ſollen, um ihren verfaſſungsmäßigen Pflichten zu genügen. Die e wurde für eine Stunde ver⸗ t ö 1 9 5 8 Auch in der Spätnachmittagsſitzung erſchie— nen keine Vertreter der Reichsregierung im Auswärtigen Ausſchuß. Nach längerer Ausſprache wurde folgender Antrag des Abgeordneten Dr. Bell(tr.) vom Ausſchuß einſtimmig angenommen(die Deutſchnationalen waren in der Sitzung nicht anweſend): „Der Auswärtige Ausſchuß hat auf Grund des Artikels 33 der Reichsverfaſſung die Zu⸗ ziehung des Herrn Reichskanzlers, des Herrn Reichsaußenminiſters und des Herrn Reichs⸗ wehrminiſters beſchloſſen, um in den für das Schickſal des deutſchen Volkes entſcheidenden Fragen der Außenpolitik, insbeſondere über das Lauſanner Abkommen u. die Abrüſtungs⸗ frage, die erforderlichen Auskünfte zu erhalten. Die Weigerung der Reichsregierung, dieſem Erſuchen zu folgen, bedeutet einen Verfaſ⸗ ſungsbruch, gegen den ſowohl aus Rechts⸗ gründen, wie aus zwingenden Gründen der Außenpolitik ſchärfſte Verwahrung eingelegt wird“. Der Ausſchuß beſchloß dann noch, daß die Anberaumung der nächſten Sitzung in das Ermeſſen des Vorſitzenden geſtellt werde, daß aber der Vorſitzende verpflichtet ſein ſoll, die Sitzung ſofort einzuberufen, falls mindeſtens es verlangen. ſämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt. Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen 49. Jahrgang Die Beſprechungen der 38d. Berlin, 14. 9. Die ſozialdemokratiſche Reichs⸗ tagsfraktion beendete am Mittwoch ihre Aus⸗ ſprache über die politiſche Lage und nahm, wie das Nachrichtenbüro des Vd. erfährt, zu der Aktion der Reichsregierung in der Wehrfrage einſtimmig eine Erklärung an, in der es heißt, daß die Sozialdemokratie für Deutſchland ſtets die volle Gleichberechtigung auf dem Boden der allgemeinen Abrüſtung gefordert habe. Im Verlaufe der Ausſprache erklärte der Fraktionsvorſitzende Breitſcheid, die Sozial- demokratie erwarte mit aller Beſtimmtheit, daß die Reichsregierung nicht von der Ver⸗ faſſung abweichen und daß ſie in der kürzeſten Friſt den Wahltermin anſetze. Neben dem Kampf um den neuen Reichstag werde der Kampf für das Volksbegehren zur Aufhebung des ſozialpolitiſchen Teiles der Notverordnung geführt. deulſch-jugoſlaw. Clearingabkommen Berlin, 14. 9. Die Reichsbank hat mit der ju⸗ goſlawiſchen Nationalbank Vereinbarungen ge— troffen, die geeignet ſind, die Abwickelung des deutſch⸗jugoſlawiſchen Zahlungsverkehrs zu er⸗ leichtern. Bekanntlich hat die allgemein ungün⸗ ſtige Deviſenlage dazu geführt, daß die aus dem Warenverkehr zwiſchen beiden Ländern re⸗ ſultierenden Zahlungsverpflichtungen in erheb— lichem Umfange eingefroren ſind. Durch die getroffenen Notenbankvereinbarungen wird z. nächſt der gegenſeitige Zahlungsverkehr auf die Währungen der beiden Länder abgeſtellt, ſo daß die Notenbanken der Notwendigkeit einer Zurverfügungſtellung von Valuten dritter Län⸗ der für den Zahlungsausgleich im allgemeinen entbunden ſind. Darüber hinaus iſt Vorſorge getroffen worden, daß die gegenſeitig eingefro⸗ renen Warenforderungen eine allmähliche Auf⸗ lockerung erfahren. der badiſche Saalspräſident beim Reichskanzler Karlsruhe, 14. 9.(Amtlich). Die Preſſe⸗ ſtelle beim Staatspräſidenten teilt mit: Der badiſche Staatspräſident hat geſtern— Diens⸗ rag— nachmittag den Reichskanzler aufgeſucht und mit ihm eine Reihe von Fragen, die das Land Baden betrefſen, beſprochen. In erſter Linie wurde der Plan einer Autoſtraße Mann⸗ heim ⸗Heidelbeug⸗ Frankfurt erörtert, welche mit einem Koſtenaufwand von 8 Mijlionen RM gebaut werden ſoll. In dieſem Auſwand ſind 75 Prozent Arbeitslöhne enthalten. Fi⸗ nanzielle Aufwendungen durch Reich und Län⸗ der ſind hierzu nicht notwendig. Es bedarf lediglich der Zuſtimmung des Reiches dafür, daß für die Benützung der Autoſtraße beſon⸗ dere Gebühren erhoben werden dürfen. Hier⸗ zu hat der Reichskanzler ſeine Zuſtimmung ge⸗ geben.— Des weiteren hat der bad. Staats⸗ präſident dringlich um eine beſondere Zuwen⸗ 1 dung gebeten für die Kliniken in Heidelberg u. Freiburg. Hierzu ſind Zuſchüſſe aus dem Grenzlandfonds, der 50 Millionen RM be⸗ trägt, erforderlich. Der Reichskanzler hat eine wohlwollende Prüfung dieſer Frage zugeſagt. Karlsruhe, 14. 9. Der„Badi he Beobach⸗ ter“ bringt folgende Meldun⸗/ ſeines Ber⸗ liner Korreſpondenten: Der Zoiſche Staats⸗ präſident Dr. Schmitt war/ Dienstag beim Reichskanzler von Papen, um mit ihm eine Reihe von Fragen zu beſprechen, die die Ver⸗ teilung des 50 Millionen⸗Grenzfonds betref⸗ fen. Die Wünſche Badens ſind dabei in erſter Linie auf den Bau der Autoſtraße Mannheim⸗ Heidelberg⸗Frankfurt a. M. und auf die Kli⸗ niken⸗Zuſchüſſe der Univerſitäten Freiburg u. Heidelberg gerichtet. Wie wir erfahren, hat ſich Reichskamler von Papen dem bad. Staats⸗ präsidenten gegenüber bereit erklärt, alles zu m, was in ſeinen Kräften liege, um die Wün⸗ che Badens zu erfüllen, ſowohl hinſichtlich des Baues der Autoſtraße wie auch der Zu⸗ 6 chüſſe für die N Die Durthführung der Blirgerſteuer 1932 Die Verordnung zur Durchführung der Bur⸗ gerſteuer 1932 iſt nunmehr erſchienen. Die Be⸗ ſtimmungen gehen zurück auf Grund der Ver⸗ ordnung des Reichspräſidenten vom 4. Sep⸗ tember 1932. Die Bürgerſteuer 1932 wird von den Ge⸗ meinden erhoben, die die Bürgerſteuer für das Rechnungsjahr 1931 erhoben haben, 1. wenn bis zum 30. September 1932 die Er⸗ hebung dieſer Steuer von der Gemeinde rechtswirkſam beſchloſſen iſt, oder „wenn bis zum 30. September 1932 auf Grund der Verordnung des Reichspräſiden— ten vom 4. September 1932 eine Beſtim⸗ mung der Landesregierung verkündet iſt, nach der die Bürgerſteuer 1931 erhoben ha— ben haben, erhoben wird. Die Steuerhöhe wird wie folgt feſtgeſetzt: Der Geſamtbetrag der Bürgerſteuer 1932 iſt aus dem Geſamtbetrage der Bürgerſteuer 1931 nach Maßgabe der Nr. 1 bis 4 zu berechnen: 1. Der Zuſchlag von 50 v. H., der bisher bei Verheirateten für die Ehefrau erhoben wur— de, bleibt außer Anſatz. Von dem Betrage der Bürgerſteuer 1931 (ohne Ehefrauenzuſchlag, Nr. 1) iſt für die Bürgerſteuer 1932 die Hälfte anzuſetzen, da für die Bürgerſteuer 1932, die in den 3 Mo⸗ naten Januar Oktober bis Dezember 1932 erhoben wird, nur die Hälfte des Steuer— ſatzes gilt, mit dem die Bürgerſteuer 1931 in den 6 Monaten Januar bis Juni 1932 er⸗ hoben worden iſt. Der ſich aus Nr. 1, 2 ergebende Steuerbetrag wird um 25 v. H. geſenkt, d. h. nur in Höhe von 3 erhoben. . Aus Nr. 1 bis 3 ergibt ſich, daß die Bürger- ſteuer 1932 insgeſamt in Höhe von/ des für das Rechnungsjahr 1931 ohne Ehe⸗ frauenzuſchlag angeforderten Steuerbetra— ges erhoben wird. Beiſpiel: In einem Falle z. B., in dem die Bürger— ſteuer 1931 bei einem Steuerſatze von 300 v. H. 6 RM* 3 S 18 RM für einen Ledigen und 27RM für einen Verheirateten betrug, beläuft ſich ſomit die Bürgerſteuer 1932 auf 8 von 18 = 6,75 RM, und zwar in gleicher Weiſe für einen Verheirateten wie für einen Ledigen. Bezüglich der Befreiung iſt beſtimmt, daß hinſichtlich der Frage, ob die Anwendung der allgemeinen Freigrenze von 500 RM e oder für Einkommenſteuerfreie die Ermäßigung des Landesſatzes wegen Vermögensbeſitzes ausge— ſchloſſen iſt, nicht mehr die Einheitswerte vom 1. 1. 1928, ſondern die Einheitswerte vom 1. Januar 1931 maßgebend ſind. Füällig wird die Bürgerſteuer 1932 in glei⸗ chen Teilbeträgen, und zwar ſoweit ſie durch Einbehalten eines Lohnteils erhoben wird, ohne Rückſicht auf ihre Höhe bei Arbeitneh- mern, deren Arbeitslohn gezahlt wird für Zeiträume a) von mehr als einer Woche: in 3 Teilbeträ⸗ gen, und zwar am 10. der Monate Oktober, November und Dezember 1932. Der einzelne Teilbetrag(Monatsrate) be⸗ läuft ſich hiernach in dem oben angeführten eee eee Beiſpiere auf 2.20, wahrend der in den Monaten Januar bis Juni 1932 bei einem Verheirateten 4.50% betrug; b) von nicht mehr als einer Woche: in 6 Teil⸗ beträgen, und zwar am 10. und 24. der Monate Oktober und November 1932, ſowie am 10. und 28. Dezember 1932. Der einzelne Teilbetrag beläuft ſich hier⸗ nach in dem oben angeführten Beiſpiele auf 1.12 A, während der in den Monaten Ja⸗ nuar bis Juni 1932 bei einem Ledigen 1.50 Nl und bei einem Verheirateten 2.25 N,. betrug. Soweit die Bürgerſteuer mit ihrem Geſamt⸗ betrage auf Grund eines beſonderen Beſcheides erhoben wird, wird ſie fällig, wenn ihre Höhe im Rechnungsjahr 1931 im Verhältnis zu den reichsrechtlichen Mindeſtſätzen betrug: a) nicht mehr als 200 v. H.: mit ihrem ſamtbetrag am 10. November 1932, b) mehr als 200 v. H.: am 10. Oktober und 10. Nopemßher 1932. Ge⸗ Berlin, 14. 9. Vom 12. bis 14. September 1932 tagten ber der Vorſtand und verſchiedene Ausſchüſſe der Vereinigung der deutſchen chriſt— lichen Bauernvereine. Uebereinſtimmend kam zum Ausdruck, daß zwar die Regierungsmaß⸗ nahmen das ernſte Beſtreben erkennen laſſen, die zur Wiederbelebung unſerer Wirtſchaft er⸗ forderlichen Maßnahmen durchzuführen, aber doch im weſentlichen auf die Bedürfniſſe der Großinduſtrie eingeſtellt ſind. Die Bauern⸗ vereinsmitglieder wiederholten daher mit Nachdruck die ſeit langem vertretene Forde— * Die Gemeinden können die Bürgerſte in dieſen Fällen in anderer Weiſe als du Steuerbeſcheid anfordern; i 8 Ferner wird die Bürgerſteuer, ſoweit ſie auf Grund eines zufätzlichen Steuerbeſcheides erhoben wird, am 10. November 1932 fällig. Bezüglich der Berechnung der einzubehalten⸗ den Beträge durch den Arbeitgeber wird ab⸗ weichend von der früheren Durchführungsver⸗ ordnung vom 1. Oktober 1931 nun beſtimmt, daß der Arbeitgeber die Höhe der einzubehal⸗ tenden Teilbeträge ſelbſt zu berechnen hat. Die Berechnung geſchieht' in folgender Weiſe: 9 1. Auszugehen iſt von dem Geſamtbetrag der Bürgerſteuer 1931 ohne den Zuſchlag für die Ehefrau, der auf Seite 4 Abſ. Satz 2 der Steuerkarte 1932 von dem Arbeitnehmer angefordert worden iſt. 2. Der einzelne einzubehaltende Teilbetrag be⸗ läuft ſich bei Arbeitnehmern, deren Arbeits⸗ lohn gezahlt wird, für Zeiträume a) von mehr als einer Woche auf 1/8, b) von nicht mehr als einer Woche 1/16 des Geſamtbetrages der Bürgerſteuer 1931 obne den Zuſchlag für die Ehefrau. Eine Berücklichtiaung außerordentlicher Ein⸗ Forderungen der Vauernvereine zur Ankurbelung der Wirkſchaft rung, daß der Ueberſchüttung unſerer Märkte mit ausländiſchen landwirtſchaftlichen Erzeug⸗ niſſen durch das Mittel der Einfuhrkontingen⸗ tierung Einhalt getan wird, und daß ferner auf dem Gebiete der Steuerpolitik und der Zins⸗ und Laſtenſenkung diejenigen Maßnah⸗ men ergriffen werden, die erforderlich ſind zur Erhaltung der landwirtſchaftlichen Betriebe. Dieſe Forderungen fanden ihren Nieder- ſchlag in einer einſtimmig angenommenen Ent⸗ ſchließung. Gorguloff hingerichtet Der Mörder des franzöſiſchen Slaalspräſidenlen auf dem Schafoll.— eine lehlen Worte:„Rußland, o mein Vaterland“ Paris, 14. 9. Auf dem Boulevard Arago vor dem Sante-Gefängnis iſt heute früh kurz nach Sonnenaufgang 65.52 Uhr) die Hinrichtung Gorguloffs, des Mörders des Präſidenten der Republik Paul Doumer erfolgt. Die Nachricht von der bevorſtehenden Hinrichtung hatte zahl⸗ reiche Neugierige angelockt, aber eine große Abſperrungskette, die 400 Meter von der Stelle wo die Guillotine aufgebaut war, ſtand, ließ nur die mit beſonderen Karten verſehenen Perſonen, die der Hinrichtung amtlich beiwoh⸗ lung der Guillotine durch die in weiße Leinen⸗ züge gekleideten Henkerknechte erfolgte während der Nacht. Der Hinrichtung wohnte auch ein Pope der griechiſch-orthodoxen Kirche bei, der Gorguloff in den letzten Minuten ſeines Le⸗ bens religiöſen Beiſtand leiſtete. Gorguloff ſtarb ohne ſeine Frau noch ein mal geſehen zu haben. Heute früh wurde er vom Vertreter des Staatsanwalts, der von Juſtizbeamten veglen tet war, geweckt. Er ſchlief in der Zelle der zun nen mußten, näher herankommen. Die Aufſtel⸗ Tode Verurteilten. Hier wurde ihm feierlich er— öffnet, daß ſeine Begnadigung abgelehnt wor den ſei. Gorguloff wurde dann fürs Schafott herge richtet: Man ſchnitt ihm den Hemdkragen a und bereitete ihn auf ſeinen letzten Gang vo Auf dem Wege zur Richtſtätte ſprach Gorguls viel von ſeiner Frau und bat ſeine Beglei⸗ tung, man möge ihr doch ſagen, daß er ſie ſtets geliebt habe und daß er ſie für alles um Verzeihung bitte, was er ihr antat. Sie möge das Kind, das ſie in einigen Wochen erwartet, gut, d. h. in ſeiner Ideenwelt aufziehen. Gorguloff trank noch zwei Gläſer Rum, die man ihm anbot, die traditionelle Zigarette lehnte er jedoch ab. Dann umarmte er den grie⸗ chiſch⸗orthodoxen Geiſtlichen und beſtieg das Schafott. Noch einmal rief er aus:„Ich bitte alle um Verzeihung“. Seine letzten Worte waren:„Rußland, Ruß⸗ land, o mein Vaterland!“ Zu irgend welchen Zwiſchenfällen iſt es nicht gekommen. In den Fällen, in denen das Einkommen des Steuer e in Sener 1931 ge⸗ genüber dem Einkommen im Steuerabſchnitt 1930 und mehr als 50 v. H. zurückgegangen iſt, iſt die Bürgerſteuer 1932 auf Antrag min. deſtens entſprechend dem Hundertſatze des Ein⸗ kommensrückganges zu ermäßigen: hierbei ſſt ein Einkommensrückgang von 50 v. H. außer Betracht zu laſſen. In dieſen Fällen würde alſo z. B. bei einem Einkommensrückgang von 90 v. H. von der ſich ergebenden Steuer ein Ab⸗ ſchlag von mindeſtens 30 v. H. zu machen ſein. Geld, das Arbeil schaffen Könnte Von allen Seiten wird die Forderung nach energiſcher Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit er⸗ hoben. Arbeitsbeſchaffung iſt wirklich die wich⸗ tigſte und dringendſte Aufgabe, für die alle ver⸗ fügbaren Kräfte eingeſetzt werden müſſen. Die Aktion der Steueranrechnungsſcheine iſt eine der Maßnahmen, die zur wirtſchaftlichen Bele⸗ bung führen ſollen. Auf die verſchiedenſte Weiſe wird verſucht, die Geldmittel zu beſchaf⸗ fen, die unentbehrlich ſind, um die Belebung der Wirtſchaft zu finanzieren. Zu gleicher Zeit aber liegen gewaltige Sum⸗ men Geld brach, die, wenn ſie in der Wirt⸗ ſchaft tätig wären, mehr als einer Million Arbeitsloſen wieder Arbeit geben könnten. Nach zuverläſſigen Berechnungen iſt die Sum⸗ me der Gelder, die gegenwärtig noch zurückge⸗ halten oder gehamſtert werden, auf über eine Milliarde Reichsmark zu ſätzen. Dieſes Geld liegt verſtreut in Käſten, Truhen und an ande⸗ ren mehr oder weniger unſicheren Orten. Man ſollte nicht glauben, daß die Beſitzer in ſol⸗ chen Verſtecken ihr Geld für ſicher und gut auf⸗ gehoben halten. Statt es bei den berufenen Sparinſtituten einzuzahlen, halten manche Leute das Geld zurück, nicht beachtend oder nicht wiſſend, wie ſehr ſie dadurch ſich ſelbſt und die Geſamtheit ſchädigen. Das Geld, das bei den Sparkaſſen einge⸗ zahlt iſt, ſchafft als Kredit in der Wirtſchaft Arbeit und Erwerb. Je mehr Geld eingezahlt wird, deſto mehr Darlehen können zur Durch⸗ führung wirtſchaftlicher Aufgaben und Unter⸗ nehmungen und damit zur Arbeitsbeſchaffung gegeben werden. Geld, das nur irgendwo in einem Winkel aufgehoben liegt, iſt für die Wirtſchaft tot, es fehlt bei der Arbeitsbeſchaf⸗ fung. Das mögen jene bedenken, die Geld, ob⸗ wohl ſie es im Augenblick gar nicht brauchen, zuhauſe behalten, ſtatt es bewährten Geldin⸗ tituten anzuvertrauen. Die deulſche Verkrekung in Genf Berlin, 14. 9. Bei der kommenden Haupt⸗ verſammlung des Völkerbundes in Genf wer⸗ den für Deutſchland als Hauptdelegierte fun⸗ gieren Reichsaußenminiſter von Neurath, Ge⸗ fandter von Roſenberg und Miniſterialdirel. tor Dr. Gaus, ſtellvertretende Delegierte ſind Staatsſekretär z. D. von Rheinhaben, Geſand⸗ ter Goeppert und Geſandter Weizſäcker. Die übrigen Mitglieder der deutſchen Delegation ſind noch nicht bekannt. Für Reise und Wanderung Hitze und Staub erſchlaffen den Körper beſonders beim Reſſen und Wandern. Eine kräftige Mundspülung mit dem herrlich erfriſchenden Chlorodont⸗Mundwaſſer und eine gründliche Zahnreinigung mit ee ed e wirken wohltuen chs en das Gefühl der Sauberkeit u. immer schöne weide Zähne A Heinrich von Gristede Roman von Emmi Lewald. Abdrucksrecht durch: Der Ztgs.⸗Koman⸗Vertr., Berl. W. 9, Linkſtr. 20 25. Fortſetzung. Er war am Ziel. Mit jeder Meile, die ſein Pferd vor⸗ wärtsſtob, war es ſtärker geworden in ſeinen Ohren, das donnernde Gebrüll des Meeres! Entlaubte Bäume ragten geiſterhaft am Weg, reckten wie verzweifelte Arme ſich zum Him⸗ mel. Zwiſchen wilden Wolkenburgen ſchien zuweilen mit greller Plötzlichkeit der volle Mond, es war dann, als würde mit einem Male der Vorhang weggezogen von Land und See. Dunkle Silhouetten hoben ſich tiefſchwarz von dem Holger'ſchen Deich, der noch immer ſtand, unverändert, von zahlloſen ſtarken Männerfäuſten der Flut abgekämpft. Ein ſchwankendes Laternenlicht lag unſicher auf dem Wege. Weit hinter ihm verſank das ſichere Feſt⸗ land wie im Dunkel mit ſeinen ungefährdeten Höfen, ſeinem wohlgeſchützten Vieh; er ſah landeinwärts die Lichter von Meerwarfen blinken, ſah links die Holgersburg, den dunk⸗ len Umriß mit hellem Schein aus der hohen Pforte. i Eine einſame Welt— nur an der gefähr⸗ deten Stelle Bewegung und Lärm, eilige Ge⸗ ſtalten, hohe Wagen und das Wiehern un⸗ ruhiger Pferde. Meerwarfen, Dann ſtieg er mit ſpähenden Augen die ſchmalen Erdſtufen zum Deich empor. Und er ſah das Meer, das wild aufge⸗ wühlte; wie ein geducktes Ungeheuer, zum Sprung ausholend lag es da, und doch fühlte er es wie einen unſäglichen Troſt an ſeiner Stirn, daß dieſer Sturmwind nicht mehr landeinwärts fuhr, daß er ſich gedreht hatte, daß das verderbenzwingende Elemente diesmal das Menſchenwerk gnädig freizugeben ſchien. Er traf auf den alten Siebaths. „Warum hat man mich nicht gleich gerufen?“ rief er. „Gräfin Holger wollte es nicht. Sie ſagte, es ginge doch nur um ihren Deich, nicht um den unſeren, man ſollte Sie nicht ſtören, ſo kurz vor Ihrer Fahrt.“ Er ging ſchweigend voran. Da ſah er im gelben Mondglanz, hell über dem ſchimmernden Meer, ein blondes, junges Weib ſtehen mit flatterndem, vom Sturm zu⸗ rückgewehtem Haar. Der kurze Rock ſchlug ihr um das Knie. Sie ſtand und ſtarrte auf das Meer, in das Unabſehbare, von dem ihr Schickſal kam. Das war nicht die Karen Holger, wie er ſie bei den Feſten geſehen, in ſamtenen Ge⸗ wändern, mit dem vererbten Schmuck um Hals und Haar, in dem glänzenden Prunk, der ſie ihm immer irgendwie entfremdet, in kalte Entfernung gerückt hatte; das war nicht die Karen, die ſo demütig in der Kirche ſang, die vor dem grauen Schiffsſegel ſo ehrerbietig Abſchied nehmend vor dem Herzog geſtanden. deres als die Hüterin ihrer Erde, die Helfen derer, die un f 4 Dieſe Frau auf dem Deich war nichts an⸗ ſtanden ſeit Jahrhunderten, wenn die Gefahr kam und das Meer gegen ihre Deiche an⸗ rannte. Und eins wurde ihm in dieſem Augenblick klar: Vor dieſer Karen floh er nicht mehr da⸗ von! Von dieſer Frau ſich freiwillig trennen, da⸗ zu verſagte ihm in dieſer Stunde die Kraft. Hier, einſam im Wetterſturm, ſie und er— was ging ihn ſchließlich nun noch die Welt an? Was ſollten ſeine Erinnerungen? Was war noch wichtig außer ihr? Er ſtand verſunken in ihren Anblick und wußte nicht, wie lange. Er hörte mit einem Male ferne Männer⸗ ſtimmen lachen. Jemand ſang ein Lied von Heimat und See. Gottlob, es konnte wieder je⸗ mand ſingen, wie Atem der Hoffnung klang die Stimme durch die Nacht! Alles war Ent⸗ ſpannung nach Druck und Sorge. Das Bewußt⸗ ſein, daß die Gefahr vorüber war, lag wie Erlöſung auf jeder Bruſt. Karen wandte ſich zum Gehen. Sie kam nahe an ihm vorbei und erkannte ihn nicht. Einen kurzen, verwunderten Blick warf ſie auf den Mann im dunklen Mantel, der ſich nicht rührte, wie ſie vom Deich herabſtieg. Er ging ihr langſam nach, in die Spuren ihrer Füße tretend. b. Erſt vor der lichthellen offenen Pforte der Holgersburg rief er ſie an. „Sie kommen zum Helfen zu ſpät, Herr von Griſtede“, ſagte ſie kalt und t etwas ewig Gültiges, wie ſie hier immer ge⸗ nicht, daß man Sie meintewegen daſtand, ho * in Ihrer Neiſefreude ſtören ſollte. Wenn Sie auch ſelbſt noch nicht fortfuhren aus dem Land, mit Ih⸗ rem Herzen waren Sie dennoch ſchon fort von uns allen. Man iſt zu ſtolz, jemanden, der fortſtrebt, noch zu beläſtigen; dann kämpft man lieber ſeinen Kampf allein.“ „Ich allein weiß, wo mein Herz war!“ rief er heftig.„Ich komme zum Helfen zu ſpät. Aber nicht zu ſpät für etwas anderes. Ich möchte Sie ſprechen, Karen Holger— ungeſtort. Soll ich bis zum Tage warten?“ „Nein, kommen Sie mit mir, ich bin müde. Es ſchläft dieſe Nacht doch niemand unter die⸗ ſem Dach.“ Die Vorhalle war voller Betten und eiligſt zurechtgemachter Lager, man hörte die Stim⸗ men der Kinder vom Deich. Leiſes Weinen und beſänftigendes Zureden der Alten, der Schein eines abgeblendeten Armleuchters lag ſchwach über dem nächtigen Biwak. 5 Sie ging ihm voran zu dem hohen Gemach ihrer Großmutter. Da waren die Fenſter mit dem Blick zum Hochmoor, mächtig und geiſter⸗ haft. Die Flammen des Kamins praſſelten. Von der alten Deckenlampe mit der Schiffs⸗ figur fiel helles Licht auf die eintretenden Ge⸗ ſtalten, als ob die Nacht mit einem Male aus⸗ geſchaltet wäre. Sie lehnte ſich erſchöpft neben den Kamin; ſie wußte nicht, war das nun Wirklichkeit oder Traum? 1 Sie ſah ihn an, erſtaunt, wartend, ſah, wie er ſeinen Mantel abwarf, wie er im Hofkleid und ſchlank, mit dem Schein So komme, was da kommen mag! Solang du lebeſt, iſt es Tag. Und geht es in die Welt hinaus, Wo du nur biſt, bin ich zu Sanitz. Ich ſeh dein liebes Angeſicht, Ich ſehe die Schatten der Zukunft nicht. ü Storm. Begegnung auf der Landſtraße Skizze von Olaf Sokrell. Der Spätſommer war noch ſchön. Er hatte nach regneriſchen Wochen blauen Himmel und Sonne gespendet, und ein kühler Wind er⸗ leichterte das Wandern. Ein Landſtreicher lief die Straße entlang, ließ die Spitze ſeines Stockes auf den Steinen klingen. Er hatte graue Haare und war ſicher keiner der Jüngſten mehr. Aber er ſchritt un⸗ beſorgt und biß herzhaft in den Apfel hinein, den er mit der Stockkrücke vom Baum geichla⸗ gen hatte.. Der Weg ging bergauf. Oßen auf der Kup⸗ pe öffnete ſich der Blick ins weite Tal, das wie eine Zufluchtsſtätte für Müde aus den großen Städten war. Doch ein Fabrikſchornſtein ſtach rauchlos in den blauen Himmel und kündete die Urſache dieſes Friedens: Stillegung, Ar⸗ beitsloſigkeit. Der Landſtreicher wurde einen Augenblick ernſt, als er den Schornſtein ſah.„Die alte Leier auch hier!“ brummte er, doch raſch ge— wann wieder ſeine alte Sorgloſigkeit die Ober⸗ hand, und pfeiſend ſetzte er ſich auf einen Ki⸗ lometerſtein. Plötzlich ſah er auf. Neben ihm im Straßen⸗ graben rührte ſich etwas. Da lag ein Menſch, ein Dreißigiähriger vielleicht, ſah ihn müde an und nickte ein wenig zum Gruß. Der Aeltere war freundlicher:„Hallo, was machſt Du denn hier? Natürlich, auch auf der Walze. Und wohin ſoll's gehen? Das weiß Du nicht! Wenn Du nicht ſo ein trübſeliges Geſicht machen wollteſt, würde ich jetzt ſagen: Menſch, was mußt Du glücklich ſein, daß Du nicht weißt, wohin Du willſt, und ziellos in die Welt hiweinläufſt!“ Eine Pauſe entſtand. Denn der Jüngere antwortete nicht gleich, und dem Aelteren kam plötzlich ein Gedanben in die Quere: Wenn ber Bart nicht wäre, diefer ſchwarze Vollbart, den der Junge da trägt.. Der Bärtige hatte inzwiſchen ſeine Worte zuſammen geleſen:„Glücklich? Nein, arbeits⸗ los! Ich weiß nicht, was ich machen ſoll, laufe, laufe, laufe! Einmal bleibt man vielleicht lie⸗ gen. Dann iſt alles aus. Gut ſo. Kein Hahn kräht mehr nach einem.“ „Quatſch“, ſagt der andere.„Deshalb darfft Du den Kopf nicht hängen laſſen. Sieh'mal mir ging es auch einmal ſo. Das ſind an die acht Jahre her. Da war es zwar noch nicht ſo ſchlimm mit der Arbeitsloſigkeit wie heute, aber wir ſtanden auch ſchon Schlange vor dem Stempelamt. Das Schlimmſte kam aber erſt zuhauſe. Die Alte war's gewohnt, daz ich ihr pünktlich jeden Freitag den Lohn ablieferte. Da hatten wir Frieden in der Familie. Abe jetzt war der Krieg im Gange. Wenn ich din paar Stempelgroſchen abgab, machte die Alt, ein Geſicht, als hätte ich ſelbſt die Schuld ar der Arbeitsloſigkeit, und wenn ich in einen Ecke hockte und nichts tat, dann keifte die Frau herum, und die beiden Plagen, die Töchter machten's nicht beſſer. Nur der Junge, de' Jüngſte, war damals 18 Jahre alt, und ge rade aus der Lehre, der ſagte nichts, und ic glaube, er hatte noch ein wenig Mitleid mit tir. Aber eines Tages war ich die Sache ſatt ge⸗ worden. Da lief ich ſort von zuhauſe und auf die Landſtraße. Zuerſt dachte ich, vielleicht könnte ich anderswo Arbeit finden. Doch ich bekam keine, und ſchließlich war ich an das Le⸗ ben auf der Walze ſo gewöhnt, daß ich's nicht anders haben wollte. Jetzt bin ich Landſtreicher und fühle mich wohl dabei, und Dir, Junge, wird's einmal nicht anders gehen.“ Der Jüngere ſagte nichts. Er ſtarrte vor ſich hin, furchte die Stirn und wälzte ſchwere Gedanken. Dann ſab er den Alten von der Selte an, überlegte und meinte plötzlich: „Weißt Du, ich glaube, Deine Geschichte isi noch nicht ganz zu Ende. Du haſt nicht ge'agt, was aus Deiner Frau, aus den Töchtern und aus dem Jungen wurde. Ich denke mir, die Sache war o: Die Weiber ſchimpften, als Du nicht wiederkamſt, und der Junge wußte nicht, was er dazu ſagen ſollte. Er dachte, der Va⸗ ter hätte vielleicht doch nicht ſo einfach devon⸗ laufen dürſen. Aber ſchließlich meinte er, als junger Burſche hätte er nicht darüber zu ur⸗ teilen. So arbeitete er eben, lieferte all ſein Geld an die Mutter ab, und es war alles gut und ſchön. Bis der Junge älter wurde und eines Ta⸗ ges anfing, ſich nach den Mödchen uinzu ehen. Er wollte es ſo machen wir ſeine Nameraden. Aber da war plötzlich ein Hindernis: Die Mädchen wollten ihr Leben ein wenig genie⸗ ßen. Dazu gehörte Geld, und das hatte er ja nicht, weil er alles abgeben mußte. Schließ⸗ lich nahm er ſich ein Herz, und an einem Zahltag meinte er vorlichtig, es müßte doch möglich ſein, daß er ein wenig Taſchengeld für ſich behielte. Da fielen die drei Frauen über ihn her, ſchrien Mord und Brand, und nannten ihn einen pflichtvergeſſenen Lumpen, der ſeine Familie verhungern la'ſen wollte, um ſich mit Mädchen abzugeben. Der Junge mochte nichts weiter ſagen... nun ja... er war eben wie ſein Vater. N Aber dann lernte er ein Mädel kennen, das beſtand garnicht darauf, ausgeführt zu werden wie die anderen. Es wollte nur jemand ha⸗ ben, mit dem es reden konnte, und war zufrie⸗ den, wenn ſie draußen vor der Stadt auf einer Bank ſaßen. Nach ein paar Monaten aber ſagte ſich der Junge: Es ſoll bei der Freundſchaft nicht blei⸗— ben. Und das Mädchen war der gleichen An⸗ ſücht:„Wir brauchen ja nicht viel, um heiraten zu können und glücklich zu ſein. Unſeren eigenen kleinen Hausſtand, und wir ſind zufrieden.“ Dem Jungen leuchtete das ein. Aber er war von vornherein au einen ſchweren Kampf mit Mutter und Schweſtern gefaßt. Es kam ſchlim⸗ mer, als er gefürchtet hatte.„Ich will heira⸗ ten“, ſagte er,„mir meinen eigenen Haushalt gründen.“ Da ſchrien die Frauen, als geſchehe ihnen das ſchwerſte Unrecht. Sie nannten ihn einen Schurken und noch viel mehr. Er gab jedoch nicht nach und blieb bei ſeinem Ent— ſchluß. Aber ein paar Wochen bevor die Heirat ſein ſollte, wurde der Junge entlaſſen. Er war wie vor den Kopf geſchlagen. Und dann kam das Schlimmſte! Frauen zuhaube ſagten kein Wort, daß ihnen ſein Pech leid täte. Nein, ſie verhöhnten ihn noch, und die Mutter ſchrie:„Das haſt Du davon, weil Du nicht an uns gedacht haſt. Noch viel ſchlechter müßte es Dir gehen.“ Ja, das ſagte meine Mutter!“ Der Junge ſchwieg einen Augenblick. Er ſah zu Boden und dann zu dem Alten hin⸗ über, als erwarte er von dem eine Frage. Sie kam wohl nicht ſo, wie er es gedacht hatte:„Und das Mädchen?“ „Das Mädchen fand einen anderen. Der hatte noch Arbeit und wohnte nicht bei ſeiner Mutter.“ „Und da biſt Du fortgelauſen von zuhauſe. Hans, fortgelauſen wie Dein Alter?“ „Ja, Vater.“ Es war bei keinem der beiden mehr ein Erſtaunen in der Stimme, als ſie ſich ſo an⸗ ſprachen, acht Jahre nachdem ſie einander zum letzten Mal geſehen hatten. Sie reichten ſich die Hand zum ſtummen Verſprechen tveuer Kameradſchaft. Dann lie⸗ fen zwei Landſtreicher weiter ihren Weg, zwei Landſtreicher, ausgeſchjeden aus der menſchli⸗ chen Geſellſchaft. das Mißgeſchickh des reichen Deſerkeurs An ſich ein belangloſer, alltäglicher Vorfall: In der Nähe von Toulouſe prallten 2 Kraft⸗ wagen zuſammen. Der Unfall verlief noch verhältnismäßig harmlos. Um'o mehr bedau⸗ erte man den Führer des einen Wagens, denn er ſchien ſich den Zuſammenſtoß ſehr zu Her⸗ zen genommen zu haben, hatte ſich die Haare gerauft und war von der Unſallſtelle ver⸗ Die ſchwunden, vevor die Pobhlzei die erforderlichen Feſtſtellungen machen konnte. An Hand der Wagennummer ermittelte man den Beſitzer inen gewi'ſen Louis Dumont aus Tou lou. einen ſehr wohlhabenden Kaufmann, der ſich kurz nach dem Kriege in der füdfranzöſiſchen Stadt niedergelaſſen hatte. Und nun beſtand nach Anſicht der Oeffentlichkeit kein Zweifel, darüber, daß der bedauernswerte Mann aus Verzweiflung über den Unſall in Trübſinn verfallen, ja ſogar vielleicht aus dem Leben geſchieden war. Doch nach ein paar Tagen erhielt der ganze Vorfall ein anderes Geſicht. Die Polizei entdeckte, daß der geachtete, reiche Herr Dumont niemand anders war als ein während des Krieges wegen Fahnenflucht vor dem Feinde zum Tode Verurteilter namens Raymond Cajolle. Und nun wußte man auch den Grund ſeines Verſchwindens: Er fürch⸗ tete mit Recht, daß der an ſich belangloſe Un⸗ fall die Polizei zu Nachforschungen veranlaſ⸗ ſen würde, die vielleicht ſeine Entlarvung her⸗ beiführten. Uebrigens teilte am nächſten Tage die ſpaniſche Polizei mit, der Geſuchte ſei ein paar Stunden nach dem Unfall über die Gren— zen gegangen. So hat der Deſerteur noch ein⸗ mal ſeinen Hals in Sicherheit gebracht, doch ſein Vermögen iſt dem Staat verfallen. nacht am Waldbach Von Otto Gillen⸗Goslar. Ich gehe in den Abend unter den Buchen— zweigen im Waldtal. Dünne Wellen Mufit aus dem Garten eines Gaſthauſes ſtreifen mein Ohr. Aber ſchon ſchließt ſich der Wald, hinter mir wie eine Kirchentür am Abend, und dun⸗ kel verlieren ſich Pfeiler und Zweig im Gewöl⸗ be. Ich halte an vor der hohen Stille, ein wenig erſchrocken, als fände ich mich plötzlich vor einem geheimnisvollen Weſen, das mich mit großen Augen anſjeht. Eine Stimme ſpricht aus dem Grund. Pan ſitzt am Waldbach. Viel⸗ leicht werde ich in der Stunde der tiefſten Stille ſeine Flöte tönen hören. Das Geſicht an einen jungen Baum gelehnt fühle ich ein Strömen und Weben aus der Tiefe zur Höh das ſich mir mitteict und in mich übergeht, als wäre ich ſelbſt ein Baum. Ich knie nieder zu den Wurzeln, ich taſte mich tiefer ins Tal, bis ich das Waſſer des Bachs kühl an meiner Hand ſpüre. Und ſitze dann inmitten des Wel⸗ lengeraunes auf einem Stein, reglos wie in einer Verzauberung. Das Gewicht der Stunde ſinkt in den Grund, darüber ſich im Gleich⸗ gewicht ewiger Ordnung ſchwebend die Him⸗ melskuppe wölbt. Und unter mir in einer kleinen Fläche beruhigten Waſſers die gleiche Tiefe, und ich bin die Mitte, ich bin die Schau und die Ruhe, um die ſich der Kreis der himm⸗ liſchen Harmonie ründet. Der Mond neſtelt ſich mit zitternden Fin⸗ gern durch das Gezweig, und die Blätter träu⸗ feln ſilbernes Licht. Helle Geſichter ſind die Wellen, ſie blinken zu mir her, ein flüchtiges Augenzwinkern, ein vorüberhuſchendes Lä⸗ cheln, hinter dem in ewiger Wandlung ſchon ein neues und aberneues aufbricht... Die Stunden wandern mit den Sternen. Durch die Blätter geht der Wind. Alle meine Sinne ſind offen. Und ich fühle wie Muſik die Verzauberung durch mein Blut rinnen, indes mein Körper, gebannt in den magiſchen Kreis zwiſchen Waſſer und Mond, in Andacht er⸗ ſtarrt. Ich bin verwachſen mit dem Stein, auf dem ich ſitze, umſponnen von den Netzen des Mondſchattens, die aus dem Laubdach über mich ausgeworfen ſind... Und tief im Grunde läutet das Herz. herr Ridder„fährt ins Blaue“ Die ſogenannten„Fahrten ins Blaue“, bei denen die Eiſenbahn gelegentlich Sonder— züge mit unbekanntem Ziel fahren läßt, er— freuen ſich in aller Welt ſteigender Beliebt— heit. So natürlich auch in den Vereinigten Staaten. Aber der an ſich ſehr gute Gedanke hat auch ſeine Schattenſeiten, wie Herr Ridder aus Flat Springs in Virginien kürzlich erfah— ren mußte. Dieſer Yankee hatte in ſeinem Pro vinzneſt die Anzeige einer Eiſenbahngeſell— ſchaft geleſen, die einen ſolchen„Zug ins Blaue“ von Waſhington aus fahren laſſen wollte.„Famoſer Gedanke!“ ſagte ſich Herr Ridder,„ſowas müßteſt du eigentlich auch mit— machen!“ Gedacht, getan. Der Unternehmungs— luſtige ſetzte ſich in ſeinen Kraftwagen, fuhr die ſtattete, war nur war alſo gezwungen, reichlich 300 Kilometer nach We ngton, löſte eine Karte, nahm ſeinen Platz ein und die Fahr! ging los. Die Stimmung war von Anfang an ausgezeichnet. In allen Abteilen ein großes Raten, wohin es wohl gehen möge. Aber d. Eiſenbahn wußte ihr Geheimnis wohl zu hü— ten. Je weiter man kam, deſto höher ſtieg die allgemeine Fröhlichkeit. Die herrliche Landſchaft der Blauen Berge tauchte auf, nur das Ge⸗ ſicht eines Fahrtteilnehmers wurde länger und länger. Immer bekannten deſcgien nämlich Herr Ridder die Gegend, und als der Zug endlich am Fahrtziel einlief, konnte jener es ſich nicht verhehlen, daß er in dem heimatlichen Flatt Springs gelandet war. Nun, um dorthin zu gelangen, hätte er eigentlich nicht erſt nach Waſhington zu fahren brauchen. Reichlich ent⸗ täuſcht verließ Herr Ridder den Zug, um ſich den heimatlichen Penaten zuzuwenden, als ihm plötzlich mit Schrecken einfiel, daß er ja ſeinen Wagen in der Bundeshauptſtadt ſtehen hatte, So blieb ihm nichts weiter übrig, als wohl oder übel am Abend die Rückfahrt mit dem „Zuge ins Blaue“ anzutreten und dann am anderen Morgen die 300 Kilometer im Auto noch einmal abzumachen.— Daß Herr Ridder hinfort von„ſo verrückten Ideen“ wie dieſen Fahrten ins Ungewiſſe nichts mehr wiſſen ill, wird man unſchwer verſtehen können. Jellſame Dichlerehrung Victor Hugo, der bekannte frangöfiſche Dich⸗ ter, ſcheint große Mode zu werden. Nicht nur in ſeinem Vaterlande. Die Ehrung allerdings, die der Miniſterpräfident Herriot kürzlich dem Andenken des berühmten Landsmannes zuteil werden ließ, indem er dem Hauſe Victor Hu⸗ gos auf der Inſel Guernſey einen Beſuch ab⸗ ein romantiſches Mäntel⸗ chen für eine hochpolitiſche Unterredung. Da muß man das Verhalten des amerikaniſchen Richters Thomas Delmato doch als aufrich⸗ tiger und daher wirkungsvoller bezeichnen. Ihm wurde nämlich vor kurzem ein Dieb vorgeführt, der fünf gewichtige Bände Victor Hugos unter dem Arm trug, als man ihn auf friſcher Tat erwiſchte.„Haben Sie jemals in den Werken die es Dichters geleſen?“ fragt der Richter den Miſſetäter.—„Nein, ich habe niemals etwas von ihm gehört“, war die Antwort.—„Dann verurteilte ich Sie, dieſe fünf Bände mit Aufmerkſamkeit zu leſen. Sie werden erſt in Freiheit geſetzt, wenn Sie ſich dieſer Aufgabe nachweislich mit Erfolg entledigt haben. Im Namen des Volkes!“ Kann man mehr für die Dichtkunſt tun? Iwei briefe Görings an den Reichskanzler Berlin, 13. 9. Reichstagspräſident Göring hat an den Reichskanzler v. Papen heute zwei Schreiben gerichtet. Das erſte lautet: „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Den Vorwurf des Verfaſſungsbruchs, den Sie mir in Ihrem geſtrigen Briefe gemacht haben, muß ich aufs ſchärfſte zurückweiſen. Ich ſtelle ausdrücklich feſt, daß ich bereits die Ab⸗ ſtimmung eröffnet hatte, als Sie ſich zum Worte meldeten. Ich bin der Auffaſſung, daß während einer Abſtimmung, die eine unteil⸗ bare Handlung bedeutet, überhaupt keine Wort⸗ erteilung gegeben werden darf. Dies beweiſt die bisherige Praxis aller Parlamente. Ich zunächſt die Abſtim⸗ mungshandlung abrollen zu laſſen. Die Auf⸗ löſung des Reichstags war daher nach meiner Auffaſſung erſt nach der Abſtimmung wirk⸗ ſam. Ich bitte Sie daher, den Vorwurf des Verfaſſungsbrue /s zurückzunehmen, da die Vorausſetzungen für eine ſolch ſchwere Ehren⸗ kränkung nicht gegeben ſind“. Das zweite Schreiben hat folgenden Wort— laut: ö „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Nachdem ich mich überzeugt habe, daß auch Miniſter, denen der Reichstag das Vertrauen entzogen hat, zur Gegenzeichnung eines Auf⸗ löſungsdekrets berechtigt ſind, habe ich meine Auffaſſung bereits geſtern abend dahin kor- rigiert, daß der Reichstag formaljuriſtiſch zu Recht aufgelöſt iſt, und daher weitere Sitzun⸗ gen oder Handlungen mit Ausnahme der in der Verfaſſung vorgeſehenen Ausſchüſſe nicht ſtattfinden werden. In vorzüglicher Hochachtung (gez.) Göring“, dos ist die Soſem. fabrik Nerd—— Bleibt uUmberührt vom Wechsel der Zeiten: Die ehrliche, bewährte Qualität. Darum ist Salem die Zigarette aller DiemideSalEM 33