(Viernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) heimer Anzeiger Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage.— ee monatl. 1,40 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeila aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjäh en: wöchentl. das acht ch einen Fahrplan ſowie einen l * tige illuſtrierte and⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Feanete 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt rankfurt a. M.— Schrif Nummer 242 Wie war das möglich? Nachdenkliche Betrachtungen zum Jall Daub · mann. ö Der ſechzehnjährige Oskar Daub⸗ mann, der im Jahre 1916 ins Feld rückte, hatte blaue Augen. Der Schneider Ignaz Hummel hatte braune Aten Trotz⸗ dem gelang es ihm, im Jahre 1932 die Mur⸗ ter Daubmanns zu beſchwindeln, er ſei ihr Sohn, ſei aus ſechzehnjähriger Kriegsgefan⸗ genſchaft heimgekeht... und die Mutter Daubmann glaubte ihm. Glaubte ihm, wie übrigens auch der Vater. Der Schwindel war alſo gelungen. Er hatte ſich gar keine große Mühe zu geben brauchen. Es klingt ganz glaubhaft, was Hummel ausſagte: er ſaß vollig mittellos in Neapel und wollte heim. Ohne Geld aber bekommt man be⸗ kanntlich keine Fahrkarten. Alſo erzählt er dem deutſchen Konſul ſein Märchen, er ſei der aus der franzöſiſchen Gefangenſchaft ent⸗ flohene Oskar Daubmann. Als es ihm ge⸗ lungen war, den Konſul zu überzeugen, war ſein Spiel gewonnen. Er erhielt ſein Fahr⸗ geld und ſetzte ſich auf den nächſten Zug nach Deutſchland. Was dann folgte, konnte er freilich im voraus nicht wiſſen: es folgten nämlich die geradezu überwältigenden feier⸗ lichen Empfänge in Freiburg und in Endin⸗ gen. Es folgten die Reden an ihn und die Interviews ſenſationslüſterner Reporter, es folgten die ſpaltenlangen Zeitungsartikel über den Fall Daubmann. Er war ganz plötz⸗ lich und ohne es zu wollen, eine Berühmtheit geworden.. * Und keiner von den Tauſenden, die ihm zu⸗ jubelten, die ihn als Helden glorifizierten, fragte nach ſo nüchternen Dingen wie Be⸗ weiſen für ſeine Identität und für die Wahrheit ſeiner Erzählungen. Einer ſteckte den anderen an in ſeiner Begeiſterung für den„letzten deutſchen Kriegsgefangenen“, der Unerhörtes erduldet hatte. Was Wunder alſo, daß auch Mutter und Vater Opfer dieſer Maſſenſuggeſtion wurden? In dem Heimgekehrten ihren vermißten Sohn erkannten und ihn in die Arme ſchloſſen, ob⸗ gleich der wahre Daubmann blaue, der fal⸗ ſche braune Augen hatte. Obgleich der wahre Daubmann ein stiller, beſcheidener und ſpar⸗ ſamer Menſch geweſen war, während der kalſche immer unterwegs war und das Geld, das ihm durch ſeine Vorträge zufloß, ſofort wieder ausgab. Aber gelehrte Leute, die es wiſſen mußten, ſagten ja den Eltern Daub⸗ manns, daß ſich der Menſch in ſeinen Ent⸗ wicklungsjahren außerordentlich verändere, innerlich und äußerlich— zumal, wenn das ſchreckliche Erleben des Krieges und der Ge⸗ fangenſchaft dazu kommt. Wer will es den alten Leutchen verargen, daß ſie dem Schwindler glaubten, wo doch ſogar der Herr Pfarrer, zu dem Oskar Daubmann in den Religionsunterricht gegangen war, den Heimkehrer wiedererkannte? Ebenſo der Herr Bürgermeiſter und andere Honoratjo⸗ ren? Arme Mutter! Arme Eltern! Ihr habt euren Sohn nun zum zweiten Male verlo⸗ ren! Tragiſches Geſchick. a Je 6 65* Nicht darin alſo, nicht in dem Verhalten der Familie Daubmann liegt das Eigenartige des Falles. Nein, das Merkwürdige iſt die Maſſenpſychoſe, von der alle Welt er⸗ griffen wurde, als der kleine Schneider Hum⸗ mel ſeinen Schwindel erzählte. Wie war fo etwas möglich? Unwahrſcheinlichkei⸗ ten, ja handgreifliche Unwahrheiten nahm man ſtillſchweigend in Kauf. Keiner war da, daß da etwas nicht ſtimme Ein paar ſchüch⸗ terne Stimmen von Zweiflern gingen unter in der allgemeinen Begeiſterung. * Damit kommen wir zum Kernpunkt. War der Streich des berühmten Haupt⸗ manns von Köpenick einſt möglich, weil der dal vor der Uniform ſo groß war, daß man gar nicht erſt hinfah welche Jam. mergeſtalt darunter ſteckte, ſo iſt die Maſſen⸗ pfychoſe, dank der man dem Offenburger eitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Viernheimer Zeitung (Biernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) bei Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg. 5 abgeſtufter Rabatt.— K 5 157 nnahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor e größere Artitel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaftsſte e u. von ſämtlichen Annoncen Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes or bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Montag, den 17. Oktober 249. Jahrgang Die Verfaſſungs⸗Reformpläne. Die Richtlinien der Neithsregierung. Keine Veröſſentlichung des Entwurſs vor der Wahl. Berlin, 16. Oktober. Die Reichsregierung hat nunmehr offi⸗ 9205 die in Frage kommenden Stellen im eichsinnenminiſterium beauftragt, einen Entwurf zur Reform der Reichs⸗ verfaſſung auszuarbeiten. Von unterrichte ter Seite wird aber dementiert, daß der Entwurf noch vor der Wahl veröffent⸗ licht werden ſoll. Dieſer Eindruck iſt vielleicht dadurch entſtanden, daß der Kanzler in ſei⸗ ner Münchener Rede geſagt hatte, der neue Reichstag werde den Entwurf der Reichs⸗ reform ſchon vorfinden. Dazu wird bemerkt, daß zwiſchen der Reichstagswahl und dem Zuſammentritt des Reichstages immer noch 30 Tage liegen. Erſt zu dieſer Zeit werden wohl die endgültigen Pläne der Reichsregie— rung vorgelegt werden. 5 Vorerſt beſtehen für den Entwurf lediglich Richtlinien, die gleichwohl die allgemeine Tendenz des von der Reichsregierung beab · ſichtigten Reformwerkes erkennen laſſen Nach dieſen Richtlinien ſollen die eigenklichen verfaſſungsändernden Beſtimmungen auf ein Mindeſtmaß beſchränkt werden, wogegen alles andere durch einfache Berwaltungsmaß. nahmen erreicht werden ſoll. Die entſcheidende Aenderung betrifft die Stellung des Reichspräſidenken, (der gleichzeitig preußiſcher Staatspräſident ſein und die Befugnis erhalten ſoll, als preu⸗ ßiſcher Staatspräſident den preußiſchen Mini⸗ ſterpräſidenten und die preußiſchen Miniſter zu ernennen. Reichskanzler und preußiſcher Miniſterpräſident würden damit durch Er— nennung in Perſonalunion verei⸗ nigt. Dasſelbe würde für die übrigen Mi⸗ niſter des Reiches und Preußens gelten. Le⸗ diglich zwei preußiſche Miniſterien ſollen ver— faſſungsgemäß als ſelbſtändige beſtehen bleiben: Das Innenminiſterium und das Fi⸗ nanzminiſterium. Eine weitere Verfaſſungs— änderung würde dann nur noch den preußiſchen Landkag betreffen, der dann nicht mehr die Möglichkeit hätte, den preußiſchen Miniſterpräſidenten zu wählen. Er ſoll jedoch das Recht erhalten, einmal zu Beginn der Legislaturperiode zu der vom Staatspräſidenten bzw. Reichsprä⸗ ſidenten ernannten Regierung Stellung zu nehmen. Erteile der Landtag der Reichsregierung kein Mißkrauensvokum ſo bliebe dieſe da⸗ mit für eine Legislakurperiode im Amt, vor⸗ ausgeſetzt, daß ihr der Reichskag in ihrer Eigenſchaft als Reichsregierung das Verkrau⸗ en nicht enkzöge und dann der Reichspräſi⸗ denk neue Entſchlüſſe zu faſſen hätle. Die Reichsregierung ihrerſeits ſoll von den allzu unſicheren Einflüſſen der Par⸗ tel⸗ bezw. Zufallsmehrheit unabhängig ge— macht werden. Dieſem Ziel dient zunächſt die Schaffung einer Erſten Kammer neben dem Reichstag. Beſchlüſſe ſind nur rechtsverbindlich, wenn ſie in beiden Häu— ſern mit den Stimmen der Mehrzahl der ge— ſetzlichen(alſo nicht der anweſenden) Mit⸗ glieder gefaßt ſind. Um die Ablehnung eines Reichstagsbeſchluſſes durch die Erſte Kam— mer unwirkſam zu machen, iſt eine Zwei⸗ drittelmehrheit des Reichstages notwendig. Der Sturz der Reichsregierung oder einzelner Miniſter wäre an die glei⸗ chen Vorausſetzungen gebunden. Alle dieſe das Verhältnis der Reichsregierung zum Reichsparlament betreffenden Neuerungen würden natürlich gleichfalls Verfaſſungsän⸗ J bedeuten.— Die Erſte Kammer oll aus dem Reichsrat gebildet werden. Zu den bisherigen Reichs⸗ ratsmitgliedern, die von den Ländern er— nannt werden, und etwa ein Drittel der neuen Kammer ausmachen ſollen, ſoll ein weiteres Drittel dem bisherigen Reichswirt— ſchaftsrat, alſo den Berufsorganiſationen und Verbänden, entnommen werden. Das letzte Drittel ſoll aus Perſönlichkeiten beſte⸗ hen, die ſich um Staat und Volk beſonders verdient gemacht haben und vongeichsprä⸗ ſidenten ernannt werden. Der jetzige Reichs⸗ rat und der vorläufige Reichswirtſchaftsrat würden verſchwinden. Das Wahlrecht zum Reichs kag ſoll durch Heraufſetzung des Wahlalters(auf 25 Jahre?) und durch Wiedereinführung des Einer⸗Wahlſyſtems apgeandert werden. In beſchränktem Umfange ſoll eine Reichswahl⸗ liſte beſtehen bleiben. Die für den Reichs⸗ tag gewählten preußiſchen Abgeordne⸗ ten würden gleichzeitig den preußiſchen Landtag bilden.— Bezüglich der Geſtaltung der Verhältniſſe des Reiches zu den übrigen Ländern gelten die Ausführungen des Reichskanz⸗ lers in München als richtunggebend, die Ar⸗ tikel 17(Verfaſſungshoheit) und Artikel 18 (Gebietshoheit) der Reichsverfaſſung betref⸗ fen. Es ſcheink, daß die Reichsregierung bei der angekündigten Verfaſſungs⸗ und Gebiets- aukonomie vor allem eine grundlegende Aenderung des Artikels 17 der Reichsverfaſ⸗ ſung erſtrebt. Danach ſoll die als Mußz⸗Be⸗ ſtimmung feſtgelegte Verpflichtung, wonach ein Land eine freiſtaakliche, nach dem parla⸗ menkariſchen Syſtem gebildete Verfaſſung und Volksvertretung haben müſſe, aufgeho⸗ ben werden. Damit in Verbindung ſteht die Aufhebung der Verpflichtung, wonach die Landesparlamenke nach den Grundſätzen der Verhältniswahl gewählt werden müzlen. Die Folge dieſer Maßnahmen wäre die Auf. hebung des parlamenkariſchen Syſtems in den Ländern und gleichzeitig auch eine grundlegende Reform der Gemeindewahlen, wie überhaupt der Gemeindeverwalkung. Bezüglich der Gebietsautonomie die im Artikel 18 der Reichsverfaſſung feſt⸗ gelegt iſt, gehen die Pläne der Reichsregie⸗ rung ſogar ſoweit, dieſen Artikel überhaupt vollſtändig aufzuheben. Es ſoll das Aufge⸗ hen der kleineren deutſchen Ländern in grö— ßere erleichtern. Entſcheidend dürfte weiter die geplante Neuregelung des Finanzausgleiches ſein. Dieſe ſoll auch die Gemeinden betreffen. Das Gemeindewahlrecht ſoll erheblich abgeändert werden; man denkt hierbei das Pluralwahlrecht auf parteipolitiſchem Geſichtspunkte bei den Ge⸗ meindeverwaltungen auszuſchalten. Bei allen dieſen Gedankengängen handelt es ſich, wie geſagt, um Richtlinien, die noch keineswegs die Geſtalt eines greifbaren Reformvorſchlages angenommen haben. Schneider blindlings glaubte, nur zu erklä⸗ ren durch die allgemeine Mißſtim⸗ mung gegen Frankreich. Was ver⸗ ſchlugs, daß Einzelheiten der Hummelſchen Erzählungen einer genauen Nachprüfung nicht ſtandhielten— die Volksſtimmung war nun einmal empfänglich für Geſchichten von der Art, wie ſie der falſche Daubmann zu ere; zählen wußte. Warum ſollten die Franzoſen nicht einen einzelnen Deutſchen jahrelang gequält haben, wo ſie doch das geſamte deut⸗ ſche Volk jetzt ſchon ſeit Verſailles ſyſtematiſch quälen und fortdauernd demütigen? Nur in dieſer Atmoſphäre war die Maſſenpſychoſe möglich, der ein ganzes Volk verfallen war. * Alles was recht iſt: zu Ehren der Be⸗ hörden ſei geſagt, daß allein ſie nicht auf den Schwindel hereinfielen. Was man häufig als Bürokratismus bekritelt und helacht, die Bedächtigkeit nämlich und die Zurückhaltung, bis man alles„ſchwarz auf weiß beſitzt“ in dieſem Falle hat es ſein Gutes gehabt. Die Behörden nahmen die Vorwürfe ruhig hin, die gegen ſie erhoben wurden, weil ſie an den Empfangsfeierlichkeiten für den von ſei⸗ ner Neapeler Radtour zurückgekehrten Offen⸗ burger Schneider nicht teilgenommen hat⸗ ten. Und ſchließlich überführten ſie den Schwindler durch Fingerabdrücke. Man ſieht, St. Bürokratismus hat gelegentlich auch ſeine Meriten. 5 5 9 4 32124 Maſchine und Arbeitsioſigleit. 32 Millionen Erwerbstätige und 60 Millionen Ps.— Die Finanzwirtschaft hat verſagt.— Mehr Beachtung dem Fandwerk! Berlin, 17. Oktober. Auf der Tagugg des Vereins Deutſcher Ingenieure ſprachen hl N Profeſſoren auch über Themen, die über ih⸗ ren fachmänniſchen Kreis hinaus die breitere Oeffentlichkeit intereſſieren dürften. Sehr bedeutſam iſt die Frage,„Maſchine und Ar⸗ beitsloſigkeit“, über die Profeſſor Dr. Ing. E. Heidebroek⸗ Dresden folgendes aus⸗ führte: Die gegenwärtige Kriſe legt die Frage nahe, ob es ſich diesmal nicht um eine dau⸗ ernde Umwandlung der Geſellſchaftsform handelt, die auf die ſtarke Zunahme der Ar⸗ beiter ſparenden Maſchine zurückzuführen iſt Obwohl ein Ueberblick über die Arbeitsloſen⸗ zahlen nach ihrer Zugehörigkeit zu den ein zelnen Wirtſchaftszweigen ergibt, daß eir großer Teil der Erwerbsloſen auf jene In; duſtriezweige fällt, bei denen die Maſchine verhältnismäßig wenig Menſchenarbeit er leß, verpflichtet die Art der Kriſe doch zu n gnonder Unterſuchunga: verſchiedene bekannte Heute iſt der Bedarf an Arbeitskräften etwa um 255 mal geringer als um 1900, rund 32 Millionen Ewerbstätigen ſtehen etwa 60 Millionen PS an Energie zur Seite. Be⸗ rechnet man nun die Leiſtungen des einzel⸗ nen Menſchen mit 0,1 PS, ſo kommen rund 20„Maſchinenarbeiter“ auf eine menſch⸗ liche Arbeitskraft. Dieſe Folge des Mechani⸗ ſierungsprozeſſes der letzten 30 Jahre läßt ſich unmöglich zurückſchrauben. Man muß bedenken, daß auf der anderen Seite die Be⸗ völkerung Europas ſeit 1800 von 180 Millio⸗ nen auf 500 Millionen geſtiegen iſt und daß dieſe Menſchenmenge vor allem durch die Entwicklung von Technik und Verkehr nicht nur mit einem Exiſtenzminimum, ſondern mit einem erhöhten Lebensſtandard verſe⸗ hen worden iſt. Während nämlich die Land⸗ wirtſchaft nur mit 2,6 Millionen am Geſamt⸗ zuwachs von Arbeitsmöglichkeit beteiligt iſt, treffen auf Indſiſtrie, Verkehr und Gewerbe rund 16 Millionen. Daraus folgt, daß ein noch ſo großer Bruchteil der Arbeitsloſenzif⸗ fer, der auf Mechaniſierung zurückzuführen iſt, bedeutend verſchwindet gegenüber dem ungeheuxen Umfang an Arbeitsgele⸗ genheit, den allein die Technik ſchuf. Warum aber war dann der Juwachs an Arbeitsmöglichkeiten zu gering, um das Arbeitsangebot auszugleichen? Dieſes Verſagen hat man nicht der Tech⸗ nik, die nach dem Kriege mehr denn je an Erfindungen reich war, ſondern der Finanzwirtſchaft zuzuſchreiben. Man hat neues Kapital kurzfriſtig hereingenom⸗ men, aber langfriſtig feſtgelegt. Die Fi⸗ nanzwirtſchaft iſt ohne klare Zielſetzung und ohne Erkenntnis der Grenzen geweſen. Eine zweite Urſache liegt ferner in der Tatſache, daß der techniſche Fortſchritt, daß neuer⸗ fundene Maſchinen, an den Maßſtä⸗ den unſeres Wirtſchaftsſyſtems gemeſſen, zu billig zuhaben ſind. Es ſollten bei großer Arbeitsloſigkeit alle Neuanlagen, die zur Freiſtellung von Ar⸗ beitskräften führen, nicht ſo ohne weiteres zugelaſſen werden. In Amerika ſucht man daber weſentliche kechniſche Amwälzungen unker Konzeſſionszwang zu ſtellen und erſt dann zuzulaſſen. wenn ſie aus echter Kapital- bildung zuverläſſig finanziert werden kön⸗ nen. Welche weiteren Wege bieten ſich nun ge⸗ rade mit Hilfe der Technik zur Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit? Die Verpflanzung von ſtädtiſchen Ar⸗ beitern aufs Land kann keine Ent⸗ laſtung des Arbeitsmarktes bringen, weil der Bodenraum viel zu gering iſt. Höchſtens 50—60 000 ſelbſtändige Bauernſtätten kön⸗ nen im Oſten neu gewonnen werden. Dagegen ſollte ſich die Ingenieurarbeli mehr den Lebensnakwendigkeiten der miti⸗ leren und kleineren Betriebe, dem moderni⸗ ſierten Handwerk zuwenden; denn es fraglich, ob Großbetriebe von vornherei wirkſchaftlicher arbeiten als der mittlere un kleinere Betrieb. Nur 2,2 v. H. aller Vetriebe gehören der Größenordnung von mehr als 1000 Arbei⸗ tern an. Die Elektrotechnik, die Schweißtech⸗ nik und Werkſtattkunde, der Kraftwagengü⸗ terverkehr ſollten daher mehr zur Verſtörx⸗ kung der Lebensfähigkeit kleinerer Betriebe verwendet werden. Zum Schluß weiſt Profeſſor Dr. Heide— broek noch auf einen wichtigen ethiſchen Geſichtspunkt hin. Die Vereinigung höchſter moraliſcher Qualitäten mit techniſcher Leiſtungsfähigkeit muß das höchſte Ziel ſein. Nicht an der Technik, ſondern an der inneren Haltung des modernen Menſchen, der ſie nicht zu meiſtern ver— ſtand, hat es gefehlt. Die ſchöpferiſche Ge⸗ walt der Technik wird erſt dann wieder der Menſchheit zur Verfügung ſtehen, wenn wir vom Geiſt her den geiſtloſen Materialismus der letzten Periode überwunden haben und uns zum Vorrang der ewigen ethiſchen Gü— ter bekennen. Aus der Kabinettsitzung. Schacht nicht Bankenkommiſſar.— Keine ernſten Differenzen in der Konkingenkie⸗ rungsfrage, aber Verſchiebung der Beſchlüſſe. Berlin, 16. Oktober. Die Beratungen des Reichskabinetts galten in erſter Linie den wichtigen wirtſchaft⸗ lichen Fragen. Zunächſt hat man ſich mit dem Problem des Bankenkommiſ— ſarrs beſchäftigt und iſt dabei zu dem grund⸗ ſätzlichen Beſchluß gekommen, daß ſeine Befugniſſe erweitert werden müſ⸗ ſen; die Einzelheiten ſollen aber noch gere— gelt werden. Vorläufig wird Dr. Ernſt dieſes Amt behalten, da er aber gleichzeitig Staatsſekretär und Leiter des preußiſchen Handelsminiſteriums iſt, iſt wohl in abſeh⸗ barer Zeit mit einem Wechſel zu rechnen. Jedenfalls glaubt man nicht, daß er auf die Dauer beide Aemter verwalten kann. Aller⸗ dings rechnet man in unterrichteten Kreiſen auch nicht mehr damit, daß Dr. Schacht das Bankenkommiſſariat übernimmt. Weiter wird von den amtlichen Stellen noch auf das entſchiedenſte beſtritten, daß durch die Kontingenkierungsfrage im Kabi⸗ nelt irgendwelche Differenzen aufgetreten ſei⸗ en, die Anlaß zu Kriſengerüchten geben könn⸗ ken. In der Tat iſt dieſe Frage im Augen- blick auch gar nicht akut, vielmehr hat ſich aus der ganzen Enkwicklung der Konkingentie⸗ rungsfrage, namenklich aus den Verhandlun⸗ gen mit dem Auslande doch ergeben, daß ein endgültiger Abſchluß kaum ſehr ſchnell er⸗ warkek werden kann, weil das Problem zu eiliger Erledigung viel zu komplizierk iſt. Im Kabinett iſt auch über die aktuellen außenpolitiſchen Fragen geſprochen worden. Dabei ſtand natürlich im Vorder⸗ grund die Abrüſtungsfrage. Der Reichs⸗ außenminiſter hat dem Kabinett be⸗ richtet, daß von engliſcher Seite bei ihm an⸗ gefragt worden iſt, ob Deutſchland mit Genf als Tagungsort der Viermächtekonferenz einverſtanden wäre. Darauf ſei geantwortet worden, daß Genf für Deutſchland nicht in Frage komme. Man glaubt zu wiſſen, daß derſelbe Skand⸗ 1 015 auch für Lauſanne gelten würde, falls ieſer Ort vorgeſchlagen werden ſollte. Es ſcheint aber nicht, daß die Entwicklung ſo ſchnell vonſtakten gehen wird. Auch innerpolitiſch dürfte in den Kabinettsberatungen zunächſt eine Pauſe ointroton. An der nächſton Wache heabſich⸗ Mittelſtandspolitik, einen tigen mehrere Miniſter, für kurze Zeit in Urlaub zu gehen, ſo General v. Schleicher, Dr. Warmbold und Graf Schwerin v. Kroſigk. Die sozialen Milderungen. Das Reichskabinett beſchäftigte ſich ſchließ⸗ lich mit der Möglichkeit der Erhöhung der ſozialen Leiſtungen. Durch eine beſondere Notverordnung ſoll, wie beſchloſſen wurde, die Notverordnung vom 16. Juni geändert und ein Teit der in der Arbeitsloſenverſiche⸗ rung vorgenommenen Kürzungen für die 11 November bis März gemildert wer⸗ en. Der Winkerzuſchlag ſoll in der erſten bis ſechſten Lohnklaſſe für einen verheirateten Arbeilnehmer rund zwei Mark betragen. Auch in der Krankenverſicherung und in der Anfallverſicherung werden Härken gemildert werden, die durch die Verordnung vom 16. Juni verfügt worden ſind. In der Anfallver⸗ ſicherung ſoll verſucht werden, auf eine Kür⸗ zung der Renten um 7,5 v. 9. zu verzichten. Die Einzelheiten wird der Reichsarbeits⸗ miniſter durch Verordnung bekanntgeben. Noch kein Generalſefretär. Deutſchland verlangt Sicherungen vor der Wahl des Franzoſen Avenol. Genf, 17. Oktober. In dem 14⸗gliedrigen Ausſchuß der Völ⸗ kerbundsverſammlung iſt nach ungewöhnlich ſchwierigen Verhandlungen eine Einigung zu⸗ ſtande gekommen, in der der deutſche Vor⸗ ſchlag angenommen wurde, demzufolge in Zu⸗ kunſt keine Nation mehr als einen leitenden Poſten in der Völkerbundsleitung mehr ein⸗ nehmen darf. Anſchließend an die Sitzung des Ausſchuſſes trat der Völkerbundsrat in den ſpäten Abend⸗ ſtunden des Samstag zu einer ſtreng vertrau⸗ lichen Sitzung zuſammen, in der die Wahl des neuen Generalſekretärs vorgenommen werden ſollte. Als einziger Kandidat wurde hierbei der derzeitige ſtellvertretende Generalſekretär, der Franzoſe Avenol nominiert. Da für die Beſetzung eines jeden hohen Beamten Einſtimmigkeit innerhalb des Völker⸗ bundsrates notwendig iſt, konnte eine Einigung noch nicht erzielt werden, da ſowohl Deutſch⸗ land als auch Norwegen verfaſſungsmäßige Bedenken geltend machten, ſodaß die Wahl jetzt erſt am heutigen Montag vorgenommen werden wird. Die Bedenken Deutſchlands ge⸗ gen die Wahl des franzöſiſchen Generalſelke⸗ tärs ſind vor allen Dingen darin zu erblicken, daß noch keine Klarheit darüber beſteht, welche praktiſche Stellung dem neuen deutſchen An; tergeneralſekretär für die Finanz und Wirt⸗ ſchaftsabteilung des Völkerbundes, als welcher Staatsſekretär v. Trendelenburg vorgeſchlagen iſt, zuſommen wied. Hier erſcheint es ins⸗ besondere als unerläßlich, daß entſprechenbe Sicherheiten noch vor der Wahl Avenols dafür gegeben werden, daß der deutſche Antergene⸗ ralſekretär tatſächlich auch über alle Vorgünge innerhalb des Völkerbundes unterrichtet wied und welcher Einfluß ihm innerhalb der ober⸗ ſten Leitung zuſteht. Eine neue Papen⸗Rede. Der Kanzler zur Wirtſchafts⸗ und Sozial⸗ politik.— Innen⸗ und außenpolitiſche Pro⸗ bleme. Paderborn, 17. Oktober. Am Sonntag nachmittag ſprach Reichskanz⸗ ler v. Papen auf einer Tagung der Ver⸗ einigten Wirtſchaftsverbände Paderborns und Umgebung vor mehr als 6000 Perſonen zur WMirtſchafts⸗ und Soizalpolitik ſowie zur außen⸗ und innerpolitiſchen Lage. In ſeinen Ausfüh⸗ rungen ging der Kanzler zunächſt auf den Wirt ſchaftsplan der Reichsregierung, die ſich als vornehmſtes Ziel geſteckt habe, Ar⸗ beit und Brot zu ſchaffen. Dies ſei auch ein wichtiger Teil unſeres nationalen Freiheits⸗ kampfes, in dem die moraliſchen Ener⸗ gien der Nation wieder freigemacht werden müßten zum entſchloſſenen Handeln. Den von der Staatsregierung ausgegangenen Vorſtoß habe die Wirtſchaftsführung ſchließlich aufge⸗ nommen und werde ihn hoffentlich immer wei⸗ ter treiben. Das Wirtſchaftsprogramm der Reichsregierung ſei keineswegs nur fü x die Großen beſtimmt, vielmehr ſolle es alleen Wirtſchaftenden zugute kommen. Die Regierung wolle eine ausgeſprochene 1 0 wirtſchaft⸗ lichen Wiederaufbau auf breiteſter Grund⸗ lage. Nur ſo ſeien die Opfer zu rechtfertigen, die in Durchführung des Programms vom Lande gefordert werden müſſen. Die Arbeitsbeſchaſſung. Der Reichskanzler ging auf die Arbeits⸗ beſchaffung ein und betonte die Bereit⸗ ſchaft der Regierung, die Fragen zum Arbeits⸗ beſchaffungsplan, die aus dem ſtarken Drang zu helfen, entſtanden ſind, zu erörtern. Eine Vorbedingung müſſen aber alle vor⸗ N Maßnahmen erfüllen: Die rbeiten müſſen produs in ſein und dürfen Währung und Kredit nicht aufs Spiel ſetzen. Eine noch ſo große Ausweitung der öffentlichen Aufträge, hätte für ſich allein niemals ein ſolches Maß von Arbeit und zuſätzlicher Gü⸗ e ſchaffen tonnen, wie es zur He⸗ ämpfung der Arbeitslosigkeit erforderlich iſt. Keine von oben her geleitete Wirtſchaft, keine Sozialiſierung, tele zlanwirtſchaft würde das Problem löſen können, Deutſchland durch den nächſten Winter zu führen. Die Reichsregie⸗ rung wird ſich bemühen, ihren Wirtſchafts⸗ plan noch durch weitere Maßnahmen zu ver⸗ vollſtändigen. Der Kanzler wies dabei auf die Auftragserteilung durch die öf⸗ fentliche Hand, Reich, Länder und Ge⸗ meinden ſowie Reichsbahn und Reichspoſt hin und kennzeichnete dann die bereits in ſeiner Münchener Rede erwähnte Geſchäftsbelebung und Entlaſtung des Arbeitsmarktes. Infolge der Beſſerung der Wirtſchafts⸗ und Arbeitsmarktlage hat ſich der Reichsfinanzmi⸗ niſter ſchon jetzt entſchloſſen, die monatliche Ausſchüttung für die Wohlfahrtshilfe an die Gemeinden im Oktober von 50 auf 60 Mil⸗ lionen Rm., im November um weitere fünf Millionen zu erhöhen. We 10 Soslalpoſifft Uebergehend zur ſogengnnt kungs verordnung dom betonte der Kanzler, da d Schwierigkeiten durch Zuſamr Unternehmer- upd Arbeiterſch größten Teil gelöſt ſeien, 1722 dung des Wirtſchaftsfriedens befürchten ſei. Der Kanzler Zusammenhang auf die Nowe ſammenarbeit von Unternehn und Angeſtellten hin, da nuf Durchführung des Wirtſchaftsp lichkeit gebe, die Arbeite den Winter ſowie gewiſſe So erhöhen. Die ſtark kritiſierte Ermächt nung bezüglich der Soziglp ſozialen Einrichtungen leiſtun ten und ihre Durchführung zi Verſicherten vereinfe Der Kanzler ging in die hang auf einen offenen Brief liſchen Arbeiterverein ihm der Vorwurf gemacht wi Hilfe des Artikels 48 den A bauen wolle. Der Brief ſpre ſes Mißverkennen der Abſich regierung in ſozialer Hinſicht nicht ſcharf genug zurückgewfeſe Kontingentierung und Sodann wandte ſich der Ka delspolitiſchen Fragen der Kritik an der Koßtin gewiſſer landwirtſchaftlicher ſchwere Notlage der Landwwirtſ ſtellte, die es notwendig ach fuhr gewiſſer Lebensmittel müſſe. Durch dieſe Maßnah Verbraucher am wenigſteſ ge nationale Produktion geſtärk, ſtand, den das Aus lad gentierungsplänen entgegenbri ſo ſchneller überwunden ſein, ſere Verhandlungspartner ein dieſe Maßnahmen nicht aus S. ſondern daß wir dazu aus ſeien, um unſere Landwirtſcha Ausdrücklich trat der Kanzle ten entgegen, daß die Kont politik möglicherweiſe die fährden könne. Eine ſolche nicht vor und ſei auch von die für die Währung die 2 trage, behauptet wo Aufgabe einer jeden Reichs reg ſein, alle Wirtſchaftszweige Zerrüttung zu ſchützen und produktion des Land ſeeliſche und materielle 8 tion zu ſchützen. Von diesen ſich die Reichsregierung niſation der Preußenkaſſ dung der Oſthilfegebiete Die Auslands i — Der Kanzler behandelt die Frage der Auslan Wenn es auch gelungen iſt, 5 Milliarden ausländiſche zuzahlen, ſo iſt ein aber Gelder doch gegenwärtig muß daher erwartet wer 00 ſtehen des Stillhaltea Ausland, die von ihm liehenen Gelder langfr Abzahlung der deut rechnen, wenn ſie berei als Zahlungsmittel entgegenz ſetzt voraus, daß ſie unſeren Waren die Glen⸗ zen öffnen. Auf allen Gebieten der öffentlichen Wirt⸗ ſchaft lägen Jahre rigoroſeſter Spar⸗ ſamkeit vor uns und das große Werk des Wiederaufbaus erfordere das Zuſammenarbei⸗ ten aller mutigen deutſchen Männer. Die Reichsregierung glaube, die notwendigen Vor⸗ ausſetzungen für die Ueberwindung der Kriſe geſchaffen zu haben. 5 Deulſchlunds Recht aul Freiheit. Der Konzer mandte ſich dann den außen⸗ polttiſchen Fragen zu und führte aus, Veurſch land habe den Kampf um ein Nacht und ſeine Freiheit in der Welt aufnehmen müſſen, weil Europa niemals zur Ruhe kommen könne, wenn Deuſchland nicht die Grundrechte aller Völker gewährt werden. Nur hierdurch werde die Grundlage des Friedens geſichert und der Weg u jener moraliſchen Abrüſtung gebahnt, die o vielfach gepredigt werde. 5 Deutſchlands Ziel ſei Abrüſtung in ganz Europa und in der ganzen Welt und gleiches Recht und gleiche Sicherheſt für alle Völker. Dieſes Ziel, das allein der Welt die politiſche und wirtſchaftliche Regſamkeit wieder geben wird, könne aber nur durch ſchärfſte nationale Konzentration erreicht werden. Fragen der Innenpolitik. — Klara Wie gußenpolitiſch ſo ſtrebten wir auch in⸗ 1 „es ſase. se Sobſe ch, fes 4 erb S . Fey. ic In Hagen i.., uin DA. in Rruuingzhuufcn, am 3. November in Breslau und am 4. No⸗ vember in Waldenburg ſprechen. General Litzmann, ſtalt Klara Zetkin. Der Alterspräſident des preußiſchen Land⸗ tages, General Litzmann, iſt von den Natio⸗ nalſozialiſten im Wahlkreis Frankfurt a. O.⸗ Grenzmark als Spitzenkandidat zur Reichs⸗ tagswahl aufgeſtellt worden. Die Aufſtel⸗ lung hat den Zweck, zu verhindern, daß etkin neuerdings als Alterspräſident den Reichstag eröffnet. General Litzmann iſt 80 Jahre alt. eee i l Die vom Fliederhaus Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) ———. 2 5 2 N e 5 J. Fortſetzung. Nachdruck verboten. Leiſe, berückend kam der Veilchenduft wieder in die Höhe. Zum Schuft werden? Nein! Grenzenloſer Leichtſinn und wild rauſchendes Blut brauchten noch lange nicht zu einer Handlung zu führen, die mit Ehre nichts mehr zu tun hatte. Der Sturm ließ etwas nach. Aber es goß in Strömen. Eſchweiler überlegte fieberhaft. Was nun? Was ſollte er tun? Er konnte jetzt unmöglich noch einmal in das Unwetter hinaus. Er ſchon, aber nicht das Mädchen. Und allein konnte er ſie erſt recht nicht hier hilflos zurücklaſſen. Denn es konnte ſich doch ebenſogut ein fremder Menſch noch hierher in dieſe Hütte verirren. Ohne daß der Graf es wußte, drückte er dei dieſem Ge⸗ e eee d de 11% es erſt gen beg, aus * 0 ihr gen ich imit e in ver⸗ ich Zieſe uinweg und bin wohl dabei ins Moor geraten, ſagte Verene leiſe. „Ja, es wird uns dann nichts übrigbleiben, gls doch zu gehen. Ich werde dann ſofort den Arzt benachrichtigen.“ Er trat wieder von ihr fort. Der Veilchenduft machte ihn verrückt.. Gleichzeitig freute er ſich über ſich ſelbſt. Weil er ſich ſo in der Gewalt hatte! Weil er ſich gegen die ungewollte Verſuchung wehrte! Draußen ertönten plötzlich Stimmen. bekannte, frohe Stimme: „Na, da wären wir alſo! Naß genug ſind wir ja. Es kohnt ſich beinahe nicht mehr. Aber einen Augenblick Werden wir doch eintreten. Kommen Sie, lieber Bertram.“ Eine wohl⸗ Bertram betraten die Hütte— blieben wie angewurzelt ſtehen. Das Geſicht Melenthins wurde kreideweiß. Seine Hände ballten ſich. Die Rechte öffnete ſich wieder, riß den Hut vom Kopfe. „Verzeihung, Herr Graf. Wir— waren— eingeweicht und— und...“ „Guten Tag! Ein Wetter iſt das heute! Wie kommen wir bloß in unſerer ſonſt ſo gemütlichen Ecke dazu? Fräulein Beringer wollte den Arzt holen, den ſie in ſeinem Hauſe nicht antraf, weil er in die Steinbrüche zu zwei ver⸗ unglückten Arbeitern gerufen worden war. Sie hatte ſich ins Moor verirrt, wo ſie um Hilfe rief. Gott ſei Dank ging ich gerade in der Nähe vorüber. Nun mußten wir uns hierher retten.“ Der Graf hatte es haſtig geſagt. Und der Oberförſter Bertram ſetzte ein verkniffenes Lächeln auf. Er wußte Beſcheid! Und Melenthin war ein Eſel! Soviel ſtand jetzt feſt. Was der ihm den ganzen Weg vorgeſchwafelt hatte! Noch heute wollte er ſich mit Verene Beringer verloben. Und die traf ſich hier in der Schutzhütte mit dem tollen Grafen. Denn ſelbſtverſtändlich war kein Wort wahr, was der Graf da eben erzählt hatte. Kein Wort war wahr! Aber man tat natürlich ſo, als ob man es glaubte. Graf Eſchweiler ſah das niederträchtige Lächeln im roten Geſicht des Oberförſters Bertram. Am liebſten wäre er ihm an die Kehle geſprungen. Und jetzt wußte er auch, was auf dem Spiele ſtand. Was für Verene auf dem Spiele ſtand. i Langſam trat er vor. „Meine Herren, ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Ihnen die volle Wahrheit über mein Zuſammenſein mit Fräulein Beringer geſagt habe. Ich ſehe mich zu dieſer Erklärung durch das merkwürdige Lächeln des Herrn Oberförſters Bertram veranlaßt. Ich werde unnachſicht— lich gegen jeden vorgehen, der Fräulein Beringer auf die heutige Angelegenheit hin anzutaſten wagt.“ Oberförſter Bertram wurde fahl im Geſicht. Er beeilte ſich, zu verſichern, daß er doch nicht im mindeſten daran gedacht hätte...! Eine flüchtige brach ihn. „Schon gut. Ich meinte das nur ſo nebenbei. Ein einziges Wort iſt oft imſtande, einen Menſchen ein Leben lang unglücklich zu machen. Lieber Melenthin, da ich das gnädige Fräulein nun unter Ihrem bewährten Schutze weiß, ſo werde ich mich empfehlen. Ich darf wohl ver— ſichert ſein, daß Sie Fräulein Beringer nach Hauſe bringen?“ „Gewiß, Herr Graf. aufgehört hat.“ Eſchweiler verneigte ſich tief vor Verene. „Leben Sie wohl, gnädiges Fräulein, und ich will hoffen, daß Ihnen die Sache nicht nachträglich noch Schaden bringt. Den Arzt werde ich verſtändigen. Er kann bald im Fliederhauſe eintreffen.“ „Ich möchte mit Ihnen gehen, Herr Graf!“ Ein kurzes Aufblitzen in des Grafen Augen, dann ſagte er: „Ich wollte natürlich nicht über Sie hinweg beſtimmen. Es wird mir eine Ehre ſein, Sie nach Hauſe bringen zu dürfen. Dann ſind wohl Sie ſo freundlich, lieber Melen⸗ tbin, und gehen ſofort zum Doktor. Er möchte ſo ſchnell als möglich im Fliederhauſe vorſprechen. Frau Doktor Beringer ſei bedenklich erkrankt.“ Oberförſter Melenthin nickte wortlos, nahm den Hut wieder an ſich und winkte ſeinem Kollegen. Es regnete immer noch, doch man konnte es jetzt wenig⸗ ſtens wagen, zu gehen. Raſch gingen die beiden Förſter davon. Mit finſteren Augen blickte Eſchweiler ihnen nach. Dann ſah er auf Verene, die mit den Tränen kämpfte. Er beugte ſich über ſie. „So vertrauen Sie mir, kleines Mädel?“ „Ja!“ „Ich danke Ihnen!“ Die Tür ſtand noch weit offen. Er ſchloß ſie auch nicht wieder. Er ſtand dicht neben Verene und maß den auf— geweichten Waldboden mit kritiſchen Blicken. Dann ſah er auf die dünnen Schuhe, die Verene trug, und kurz entſchloſſen nahm er das Mädchen wieder auf ſeine Arme. „Nein, nein“, wehrte ſie ſich erſchrocken. Doch er lächelte nur und ſchritt ſchon mit ihr durch den naſſen, jetzt recht traurig wirkenden Wald. Und ihr blonder Kopf ruhte an der verletzten Schulter, was ſie erſt nicht einmal merkte. Dann aber legte ſie die Lippen auf eine naſſe Stelle ſeines Jacketts. Küßte ſie. Und der Mann ſah es. „Kleines Mädel, kleines liebes Mädelchen!“ Es war ein Glücksruf. Und Graf Eſchweiler küßte Verenes reine, weiße Stirn, dann küßte er den kleinen, ſchöngeſchwungenen Mund. Und das Mädchen lag ſtill. Ganz ſtill! Erlebte noch einmal den wundervollen Traum. Traum? Wirklichkeit war es! Der ſtarke, laute Herz⸗ ſchlag des Mannes bewies es ihr, daß es Wirklichkeit war, was ſie erlebte. Und immer wieder küßten ſie ſich, während er feſten Schrittes dae e Handbewegung des Grafen unter— Sobald es etwas mit Regnen * N: „Ich will ja nichts ſagen, er würde wahrſcheinlich hölliſch unangenehm werden. Aber'n Trottel ſind Sie beſtimmt, lieber Melenthin.“ Oberförſter Bertram hatte ſich dieſe Warnung nicht verkneifen können. Melenthin ſah ihn an. Im Weiß des Augapfels ſtand Blut; „Er hat mir das Mädel genommen, das ich liebte“, 1%. Oberförſter Melenthin und der ſtaatliche Oberförſter Befriedigt nickte Bertram. „Eine wahre Wohltat, Melenthin, daß Sie ſo ver⸗ nünftig ſind und auch nicht an dieſes zufällige Zuſammen⸗ ſein in der Schutzhütte glauben.“ „Nein, ich glaube nicht daran! Und das Mädel hab' ich geliebt! Unſinnig geliebt habe ich es. Und nun kommt der Graf, und auch ſie iſt ihm ſofort mit Leib und Seele verfallen.“ „Ja, ekelhaft iſt es ſchon. Gemein iſt es. Aber machen kann man nichts. Er iſt der Mächtige, Reiche. Ihm hat der Himmel dieſes Etwas verliehen, daß er alle Frauen und Mädchen betört. Da kann man halt nichts daran ändern. Aber das Mädel iſt dumm! Sehr dumm iſt's— jawohl! Gibt die immerhin gute Partie mit Ihnen auf und hängt ſich dem Grafen an den Hals, der ſie bald genug wegſchmeißen wird.“ „Hören Sie endlich auf, Bertram!“ „Von mir aus— hören wir alſo auf“, brummte det. Oberförſter Bertram war kein Klatſchmaul, aber er war eben ehrlich empört über die ganze Sache, und ſo fing er unbewußt immer wieder davon an. Immer kam das Geſpräch wieder auf die unglückliche Geſchichte. Und zuletzt war es ſo weit, daß Melenthin förmlich froh war, daß er jetzt nicht allein war. Sonſt wäre er wahr— ſcheinlich in ſeiner ſinnloſen Wut und Leidenſchaft mit dem Kopfe gegen einen Baum gerannt. Wäre der Graf doch fort geblieben! Warum war er heimgekommen? Es war doch nur ein Unglück, nichts weine, daß er heimgekommen war. Endlich langten die beiden Herren im Stätetchen an. Und trafen auch den Doktor an, der ſich's hübſoß gemütlich gemacht hatte und dem ſeine Tante gerade heißen Tee mit Rum brachte, denn er nieſte ununterbrochen, ſeit er zurück war. Der Doktor lachte und wollte die ihm gut bekannten Herren einladen. Aber Melenthin winkte ab. „Bitte, bemühen Sie ſich doch ſo ſchnell als möglich ins Fliederhaus, lieber Doktor. Die alte Frau Doktor Beringer ſoll ernſtlich erkrankt ſein“, ſagte er, und ſeine Stimme klang merkwürdig dumpf. Da erhob ſich der Doktor. Haſtig trank er im Stehen noch eine Taſſe Tee, dabei ſagte er: „Ich hab' es dem Herrn Grafen doch gleich geſagt, daß ich ſo'ne Ahnung habe, als brauche man mich irgendwo dringend. Nun iſt es ja ſehr gut, daß ich der freundlichen Einladung des Grafen nicht gefolgt bin. Wir trafen uns nämlich in den Brüchen, als ich die verunglückten Arbeiter verband. Wir liefen dann ein Stückchen miteinander, und da brach das Unwetter los. Nun ſollte ich durchaus mit nach Eſchenhöhe kommen. Bin aber jetzt froh, daß ich nicht mitgegangen bin. Ich bin immer froh, wenn ich wieder helfen kann.“ Melenthin und Bertram ſahen ſich verdutzt an. Es ſah ja beinahe aus, ats hätte der Graf bis ins kleinſte hinein die Wahrheit geſprochen? Melenthin atmete tief auf. „Wann war denn das, Herr Doktor?“ Der zog ſich ſeine Stiefeln an, bekam einen roten Kopf und ſchnaufte von unten herauf: 5 „Na, ſo vor etwa anderthalb Stunden. Der Graf wollte auch gleich nach Hauſe.“ In Melenthin wurde es ruhig. Er hatte dem Grafen unrecht getan, er wußte es jetzt. Es war wirklich alles ſo, wie dieſer geſagt hatte. Schwer genug mochte es dem ſtolzen Kerl obendrein geworden ſein, ſich vor den Förſtern ſozuſagen rein zu waſchen. Er hätte es gar nicht nötig gehabt. Hatte es aber doch getan. Hatte es um Verenes willen getan, ſoviel war klar. Mißtrauen und Eiferſucht waren noch immer in Melenthin, wenngleich die Vernunft mahnte: Du weißt ja jetzt, daß er die Wahrheit geſprochen hat. Alſo gib dich zufrieden und gehe heute gegen Abend unbedingt ins Fliederhaus und hole dir Gewißheit! Melenthin ſtampfte plötzlich mit dem Fuße auf. Weshalb mochte Verene nicht mit ihm und Bertram gehen? Weshalb begab ſie ſich ſo herausfordernd unter den Schutz des Grafen? Hatte am Ende nur ſie ſich in den Grafen verliebt, und er nahm nicht einmal Notiz von ihr. Ah, wenn er doch nur endlich klar ſehen würde! Melenthin wußte, daß dieſer Verdacht immer und immer in ihm ſein würde, auch wenn ſich noch alles zum Guten wandte. An dieſes Zuſammenſein in der Schutz⸗ hütte würde er nie denken dürfen, wenn er nicht ungerecht gegen Verene werden wollte. Vielleicht nahm Verene ſeinen Antrag heute an, und ſie war trotzdem einmal kurze Zeit die Geliebte des Grafen geweſen? So von ſeinen Zweifeln hin und her geſchüttelt, ver⸗ abſchiedete er ſich von Bertram und dem Doktor, weil er jetzt unbedingt nach Hauſe mußte. Er wollte den Jagd⸗ hüter ins Fliederhaus ſchicken. Der konnte nachſehen, wie es mit Frau Doktor Beringer ſtand. Herrgott, wenn das Schickſal es wollte, ging noch alles ſchief. Denn wenn Frau Doktor Beringer ſtarb, dann— wer weiß— wie dann noch alles kam! Mit großen Schritten ging er dem Walde zu. Der Arzt und Oberförſter Bertram ſchritten neben⸗ einander dahin. Sie politiſierten ein wenig, und da kam bei Bertram ſowieſo kein anderes Geſpräch mehr auf. Es war auch gut ſo, denn wer weiß, ob er nicht doch noch eine Bemerkung fallen gelaſſen hätte!? K* *. An der Pforte zum Fliederhaus ſtand Marie. Ihre Augen waren dick verſchwollen. Ihre Hände ſchlangen ſich verzweifelt ineinander. 5 Dieſes Unglück heute, dieſes furchtbare Unglück! Ringsum lagen die Fliederbäume am Boden. Der Sturm hatte das halbe Dach heruntergeriſſen. Die alte Figur am Springbrunnen lag zerſchlagen am Boden. Ein keuchte er. ſtarker Baum hatte ſie getroffen.(Fortſetzung folge) iſt, bedentend verſchwindet gegenüber dem ungeheuxen Umfang an Arbeitsgele⸗ ge 115 it, den allein die Technik ſchuf. arum aber war dann der Zuwachs an Arbeits möglichkeiten zu gering, um das Arbeitsangebot auszugleichen? 185 Verſagen hat man nicht der Tech⸗ nik, die nach dem Kriege mehr denn je an Erfindungen reſch war, ſondern der Finanzwirtſchaft zuzuſchreiben. Man hat neues Kapital kurzfriſtig hereingenom⸗ men, aber langfriſtig feſtgelegt. Die Fi⸗ nanzwirtſchaft iſt ohne klare Zielſetzung und ohne Erkenntnis der Grenzen geweſen. Eine zweite Urſache liegt ferner in der Tatſache, daß der techniſche Fortſchritt, daß neuer⸗ fundene Maſchinen, an den Maßſtä⸗ ben unſeres Wirtſchaftsſyſtems gemeſſen, zu binkiaen haben ſind. Es ſollten bei großer Arbeitsloſigkeit alle Neuanlagen, die zur Freiſtellung von Ar⸗ beitskräfken führen, nicht ſo ohne weiteres zugelaſſen werden. In Amerika ſucht man daber weſentliche kechniſche Amwälzungen unker Konzeſſionszwang zu ſtellen und erſi dann zuzulaſſen, wenn ſie aus echker Kapital- bildung zuverläſſig finanziert werden kön⸗ nen. Welche weiteren Wege bieten ſich nun ge⸗ rade mit Hilfe der Technik zur Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit? Die Verpflanzung von ſtädtiſchen Ar⸗ beitern aufs Land kann keine Ent⸗ laſtung des Arbeitsmarktes bringen, weil der Bodenraum viel zu gering iſt. Höchſtens 50—60 000 ſelbſtändige Vauernſtätten kön⸗ nen im Oſten neu gewonnen werden. Dagegen ſollte ſich die Ingenſeurarbelt mehr den Lebensnotwendigkeiten der miti⸗ leren und kleineren Bekriebe, dem moderni⸗ ſierken Handwerk zuwenden; denn es iſt fraglich, ob Großbetriebe von vornherein wirkſchafktlicher arbeiten als der mittlere und kleinere Betrieb. Nur 2,2 v. H. aller Betriebe gehören der Größenordnung von mehr als 1000 Arbei⸗ tern an. Die Elektrotechnik, die Schweißtech⸗ nik und Werkſtattkunde, der Kraftwagengü⸗ terverkehr ſollten daher mehr zur Verſtör⸗ kung der Lebensfähigkeit kleinerer Betriebe verwendet werden. Zum Schluß weiſt Profeſſor Dr. Heide— broek noch auf einen wichtigen ethiſchen Geſichtspunkt hin. Die Vereinigung höchſter moraliſcher Qualitäten mit techniſcher Leiſtungsfähigkeit muß das höchſte Ziel ſein. Nicht an der Technik, ſondern an der inneren Haltung des modernen Menſchen, der ſie nicht zu meiſtern ver⸗ ſtand, hat es gefehlt. Die ſchöpferiſche Ge⸗ walt der Technik wird erſt dann wieder der Menſchheit zur Verfügung ſtehen, wenn wir vom Geiſt her den geiſtloſen Materialismus der letzten Periode überwunden haben und uns zum Vorrang der ewigen ethiſchen Gü⸗ ter bekennen. — Aus der Kabinettsſitzung. Schacht nicht Bankenkommiſſar.— Keine ernſten Differenzen in der Konkingenkie⸗ rungsfrage, aber Verſchiebung der Beſchlüſſe. Berlin, 16. Oktober. „Die Beratungen des Reichskabinetts galten in erſter Linie den wichtigen wirtſchaft⸗ lichen Fragen. Zunächſt hat man ſich mit dem Problem des Bankenkommiſ⸗ ſarrs beſchäftigt und iſt dabei zu dem grund⸗ ſätzlichen Beſchluß gekommen, daß ſeine Befugniſſe erweitert werden müſ⸗ ſen; die Einzelheiten ſollen aber noch gere— gelt werden. Vorläufig wird Dr. Ernſt dieſes Amt behalten, da er aber gleichzeitig Staatsſekretär und Leiter des preußiſchen Handelsminiſteriums iſt, iſt wohl in abſeh⸗ barer Zeit mit einem Wechſel zu rechnen. Jedenfalls glaubt man nicht, daß er auf die Dauer beide Aemter verwalten kann. Aller⸗ dings rechnet man in unterrichteten Kreiſen auch nicht mehr damit, daß Dr. Schacht das Bankenkommiſſariat übernimmt. Weiter wird von den amtlichen Stellen noch auf das entſchiedenſte beſtritten, daß durch die Konkingenkierungsfrage im Kabi⸗ nelt irgendwelche Differenzen aufgetreten ſei⸗ en, die Anlaß zu Kriſengerüchten geben könn⸗ ken. In der Tat iſt dieſe Frage im Augen⸗ blick auch gar nicht akut, vielmehr hat ſich aus der ganzen Enkwicklung der Konkingenkie⸗ rungsfrage, namentlich aus den Verhandlun⸗ gen mit dem Auslande doch ergeben, daß ein endgültiger Abſchluß kaum ſehr ſchnell er⸗ wartet werden kann, weil das Problem zu eiliger Erledigung viel zu komplizierk iſt. Im Kabinett iſt auch über die aktuellen außenpolitiſchen Fragen geſprochen worden. Dabei ſtand natürlich im Vorder⸗ grund die Abrüſtungsfrage. Der Reichs⸗ außenminiſter hat dem Kabinett be⸗ richtet, daß von engliſcher Seite bei ihm an⸗ gefragt worden iſt, ob Deutſchland mit Genf als Tagungsort der Viermächtekonferenz einverſtanden wäre. Darauf ſei geantwortet worden, daß Genf für Deutſchland nicht in Fene komme. an glaubt zu wiſſen, daß derſelbe Sland⸗ 1 000 auch für Lauſanne gelten würde, falls ieſer Ort vorgeſchlagen werden ſollle. Es che aber nicht, daß die Entwicklung ſo ſchnell vonſtakten gehen wird. Auch innerpolitiſch dürfte in den Kabinettsberatungen zunächſt eine Pauſe ointroton. An der nächſton Mache heabſich⸗ tigen mehrere Miniſter, für kurze Zeit in Urlaub zu gehen, ſo General v. Schleicher, Dr. Warmbold und Graf Schwerin v. Kroſigk. Die ſozialen Milderungen. Das Reichskabinett beſchäftigte ſich ſchließ⸗ lich mit der Möglichkeit der Erhöhung der ſozialen Leiſtungen. Durch eine beſondere Notverordnung ſoll, wie beſchloſſen wurde, die Notverordnung vom 16. Juni geändert und ein Teit der in der Arbeitsloſenverſiche⸗ rung vorgenommenen Kürzungen für die 191 November bis März gemildert wer⸗ en. Der Winterzuſchlag ſoll in der erſten bis ſechſten Lohnklaſſe für einen verheirateten Arbeitnehmer rund zwei Mark betragen. Auch in der Krankenverſicherung und in der Unfallverſicherung werden Härten gemilderk werden, die durch die Verordnung vom 16. Juni verfügt worden ſind. In der Anfallver⸗ ſicherung ſoll verſucht werden, auf eine Kür⸗ zung der Renken um 7,5 v. H. zu verzichten. Die Einzelheiten wird der Reichsarbeits⸗ miniſter durch Verordnung bekanntgeben. Noch kein Generalſelretür. Deutſchland verlangt Sicherungen vor der Wahl des Franzoſen Avenol. Genf, 17. Oktober. In dem 14⸗gliedrigen Ausſchuß der Völ⸗ kerbundsverſammlung iſt nach ungewöhnlich ſchwierigen Verhandlungen eine Einigung zu⸗ ſtande gekommen, in der der deutſche Vor⸗ ſchlag angenommen wurde, demzufolge in Zu⸗ kunft keine Nation mehr als einen leitenden Poſten in der Völkerbundsleitung mehr ein⸗ nehmen darf. Anſchließend an die Sitzung des Ausſchuſſes trat der Völkerbundsrat in den ſpäten Abend⸗ ſtunden des Samstag zu einer ſtreng vertrau⸗ lichen Sitzung zuſammen, in der die Wahl des neuen Generalſekretärs vorgenommen werden ſollte. Als einziger Kandidat wurde hierbei der derzeitige ſtellvertretende Generalſekretär, der Franzoſe A venol nominiert. Da für die Beſetzung eines jeden hohen Beamten Einſtimmigkeit innerhalb des Völker⸗ bundsrates notwendig iſt, konnte eine Einigung noch nicht erzielt werden, da ſowohl Deutſch⸗ land als auch Norwegen verfaſſungsmäßige „Bedenken geltend machten, ſodaß die Waß! jetzt erſt am heutigen Montag vorgenommen werden wird. Die Bedenken Deutſchlands ge⸗ gen die Wahl des franzöſiſchen Generalſelke⸗ tärs ſind vor allen Dingen darin zu erblicken, daß noch keine Klarheit darüber beſteht, welche praktiſche Stellung dem neuen deutſchen Un tergeneralſekretär für die Finanz⸗ und Wirt⸗ ſchaftsabteilung des Völkerbundes, als welcher Staatsſekretär v. Trendelenburg vorgeſchl iſt, zuiommen wird. Hier erſcheint es beſondere als unerläßlich, daß entſprechenbe Sicherheiten noch vor der Wahl Avenels dafür gegeben werden, daß der deutſche Antergene⸗ ralſekretär tatſächlich auch über alle Vorgünge innerhalb des Völkerbundes unterrichtet wird und welcher Einfluß ihm innerhalb der ober⸗ ſten Leitung zuſteht. Eine neue Papen⸗Nede. Der Kanzler zur Wirtſchafts⸗ und Sozial⸗ politik.— Innen⸗ und außenpolitiſche Pro⸗ bleme. Paderborn, 17. Oktober. Am Sonntag nachmittag ſprach Reichskanz⸗ ler v. Papen auf einer Tagung der Ver⸗ einigten Wirtſchaftsverbände Paderborns und Umgebung vor mehr als 6000 Perſonen zur Wirtſchafts⸗ und Soizalpolitik ſowie zur außen⸗ und innerpolitiſchen Lage. In ſeinen Ausfüh⸗ rungen ging der Kanzler zunächſt auf den Wirt ſchaftsplan der Reichsregierung, die ſich als vornehmſtes Ziel geſteckt habe, Ar⸗ beit und Brot zu ſchaffen. Dies ſei auch ein wichtiger Teil unſeres nationalen Freiheits⸗ kampfes, in dem die moraliſchen Ener⸗ gien der Nation wieder freigemacht werden müßten zum entſchloſſenen Handeln. Den von Her Staatsregierung ausgegangenen Vorſtoß habe die Wirtſchaftsführung ſchließlich aufge⸗ nommen und werde ihn hoffentlich immer wei⸗ ter treiben. Das Wirtſchaftsprogramm der Reichsregierung ſei keineswegs nur für die Großen beſtimmt, vielmehr ſolle es alleen Wirtſchaftenden zugute kommen. Die Regierung wolle eine ausgeſprochene Mittelſtandspolitik, einen wirtſchaft⸗ lichen Wiederaufbau auf breiteſter Grund⸗ lage. Nur ſo ſeien die Opfer zu rechtfertigen, die in Durchführung des Programms vom Lande gefordert werden müſſen. Die Arbeitsbeſchaſſung. Der Reichskanzler ging auf die Arbeits⸗ beſchaffung ein und betonte die Bereit⸗ ſchaft der Regierung, die Fragen zum Arbeits⸗ beſchaffungsplan, die aus dem ſtarken Drang zu helfen, entſtanden ſind, zu erörtern. Eine ebe müſſen aber alle vor⸗ Aalen aßnahmen erfüllen: Die rbeiten müſſen prod us ip ſein und dürfen Währung und 1 nicht aufs Spiel etzen. Eine noch ſo Atede Ausweitung der öffentlichen Aufträge, hätte für ſich allein niemals ei ſolches Maß von he und zuſätzlicher Gl bererzeugung ſchafſen tonnen, wie es zur Be⸗ kämpfung der Atbeitsloſtgkeit erforderlich iſt. Sozialiſierung, keine Planwirtſchaft würde das Problem löſen können, Deu ö nächſten Winter zu führen. Die Reichsregie⸗ rung wird ſich bemühen, ihren Wirtſchafts⸗ plan noch durch weitere Maßnahmen zu ver⸗ 550 gen. Der Kanzler wies dabei auf die Auffkragserteilung durch die 6 f ⸗ feen Hand, Reich, Länder und Ge⸗ meinden ſowie Reichsbahn und Reichspost hin und kennzeichnete dann die bereits in ſeiner Münchener Rede erwähnte Geſchäftsbelebung und Entlastung des Arbeitsmarktes. Infolge der Beſſerung der Wirtſchafts⸗ und Arbeitsmarktlage hat ſich der Reichsfinanzmi⸗ niſter ſchon jetzt entſchloſſen, die monatliche Ausſchüttung für die ohlfahrtshilfe an die Gemeinden im Oktober von 50 auf 60 Mil⸗ lionen Rm., im November um weitere fünf Millionen zu erhöhen. Sozialpolitik. Uebergehend zur ſogenannten Lohnſen⸗ kungs verordnung vom 5. September betonte der Kanzler, daß die entſtandenen Schwierigkeiten durch Zuſammenwirken von Unternehmer⸗ und Arbeiterſchaft bereits zum größten Teil gelöſt ſeien, ſodaß eine Gefähr⸗ dung des Wirtſchaftsfriedens nicht mehr zu befürchten ſei. Der Kanzler wies in dieſem Zuſammenhang auf die Notwendigkeit der Zu⸗ ſammenarbeit von Anternehmern, Arbeitern und Angeſtellten hin, da nur eine friedliche Durchführung des Wirtſchaftsplanes die Mög⸗ lichkeit gebe, die Arbeitsloſenunterſtützung für den Winter ſowie gewiſſe Sozialleiſtungen zu erhöhen. Die ſtark kritiſierte Ermächtigungsverord⸗ nung bezüglich der Sozialpolitik ſoll die ſozialen Einrichtungen leiſtungsfähig erhal⸗ ten und ihre Durchführung zum Nutzen der Verſicherten vereinfachen. f Der Kanzler ging in dieſem Zuſammen⸗ hang auf einen offenen Brief der Katho⸗ liſchen Arbeitervereine ein, in dem ihm der Vorwurf gemacht wird, daß er mit Hilfe des Artikels 48 den Arbeiterſchutz ab⸗ bauen wolle. Der Brief ſpreche ein ſo kraſ⸗ ſes Mißverkennen der Abſichten der Reichs⸗ regierung in ſozialer Hinſicht aus, daß er gar nicht ſcharf genug zurückgewieſen werden könne. Kontingentierung und Währung. Sodann wandte ſich der Kanzler den han⸗ delspolitiſchen Fragen zu, wobei er der Kritik an der Kontingentierung gewiſſer landwirtſchaftlicher Produkte die ſchwere Notlage der Landwirtſchaft gegenüber⸗ ſtellte, die es notwendig mache, daß die Ein⸗ fuhr gewiſſer Lebensmittel geregelt werden müſſe. Durch dieſe Maßnahmen werde der Verbraucher am wenigſten getroffen und die nationale Produktion geſtärkt. Der Wider⸗ ſtand, den das Ausland dieſen Kontin⸗ gentierungsplänen entgegenbringe, werde um ſo ſchneller überwunden ſein, je ſchneller un⸗ ſere Verhandlungspartner einſehen, daß wir dieſe Maßnahmen nicht aus Schikane ergreifen, ſondern daß wir dazu aus Not gezwungen ſeien, um unſere Landwirtſchaft zu retten. Ausdrücklich trat der Kanzler den Gerüch⸗ ten entgegen, daß die Kontingentierungs⸗ politik möglicherweiſe die Währung ge⸗ führden könne. Eine ſolche Gefahr liege nicht vor und ſei auch von keiner Stelle, die für die Währung die Verantwortung trage, behauptet worden. Aufgabe einer jeden Reichsregierung müſſe es ſein, alle Wirtſchaftszweige vor der völligen Zerrüttung zu ſchützen und die Grund⸗ produktion des Landes als Baſis für die ſeeliſche und materielle Wiedergeburt der Na⸗ tion zu ſchützen. Von dieſen Grundſätzen habe ſich die Reichsregierung auch bei der Reorga⸗ niſation der Preußenkaſſe und der Entſchul⸗ dung der Oſthilfegebiete leiten laſſen. Die Auslandsverſchuldung. „Der Kanzler behandelte dann ausführlich die Frage der Auslands verſchuldung. Wenn es auch gelungen iſt, in kurzer Zeit über 5 Milliarden ausländiſchen Leihkapitals zurück⸗ zuzahlen, ſo iſt ein abermaliger Abzug fremder Gelder doch gegenwärtig nicht möglich. Es muß daher erwartet werden, daß über das Be⸗ ſtehen des Stillhalteabkommens hinaus das Ausland, die von ihm nach Deutſchland ge⸗ liehenen Gelder langfriſtig anlegen müſſe. Der Neichskanzler wies dabei darauf hin, daß Deutſchland auf der Weltwirtſchaftskon⸗ 1 ſeinen Standpunkt dahin vertreten wird, aß der Schuldner ſeine Verbindlichleiten nut durch Zahlung in Waren erfüllen kann. Die Gläubigerländer können alſo nur dann mit der Abzahlung der deutſchen Auslandsſchulden rechnen, wenn ſie bereit ſind, deutſche Waren als Zahlungsmittel entgegenzunehmen. Das ſetzt voraus, daß ſie unſeren Waren die Gren⸗ zen öffnen. Auf allen Gebieten der 1 Wirt⸗ ſchaft lägen Jahre rigorofeſter Spar⸗ ſamkeit vor uns und das große Werk des Wiederaufbaus erfordere das Zuſammenarbei⸗ ten aller mutigen deutſchen ausſetzungen 17 die Ueberwindung der Kriſe ge ffen zu haben. 5 Deulſchlands Netht aul Jreihelt. Der Koser mandte ſich dann den außen⸗ and durch den g Nänner. Die Reichsregierung glaube, die notwendigen Vor⸗ polftiſchen Fragen zu un 1 rte au land habe den Kampf um ſein Rech Freiheit in der Welt aufnehmen Europa niemals zur Ruhe kommen könne, wenn Deuiſchland nicht die Grundrechte aller Völker gewährt werden. Nur hierdurch werde die Grundlage des Friedens geſichert und der Weg u jener moraliſchen Abrüſtung gebahnt, die Jo vielfach gepredigt werde. 15 Deutſchlands Ziel ſei Abrüſtung in ganz Europa und in der ganzen lt und gleiches Recht und gleiche Sicherheit für alle Völler. Dieſes Ziel, das allein der Welt die politiſche und wirtſchaftliche Regſamkeit wieder geben wird, könne aber nur durch ſchärfſte nationale Konzentration erreicht werden. s Fragen der Innenpolitit. Wie außenpolitiſch ſo ſtrebten wir auch in⸗ nerpolitiſch aus einem Zuſtand größter Un⸗ ſtabilität und Unſicherheft dem Ziele zu, das dem deutſchen Volke einen feſten und geſicher⸗ ten Boden zur Entfaltung ſeiner wirtſchaft⸗ 11 ber Eh d Kräfte bereiten ſoll. er Einſetzung des ich iſſars i Frnden e 9 Reichskommiſſars in die Erkenntnis von der Notwendigkeit der Reichsreform unaufhaltſam fortgeſchtitten und jetzt ſchon hätten ſich die Vorzüge der engen Zuſammenarbeit zwiſchen Reich und Preußen klar erwieſen. Die anormalen politi⸗ ſchen Verhältniſſe ſeien nicht durch die Regierung geſchaffen worden, vielmehr ſeien ſie ein Pro⸗ dukt der Verantwortungsſcheu und Unbeſtän⸗ digkeit unſeres deutſchen Parteiweſens. Die Re⸗ gierung habe den Entſchluß gefaßt, dieſe Krankheit abzukürzen und verſuche, ſie ſchnell⸗ ſtens zu heilen. Wer rate, die Regierung ſolle ſich wieder den ſchwankenden Mehrheiten an⸗ vertrauen, den frage er, wie lange Deutſch⸗ land noch auf die Vernunft ſei 1 warten 1 0 ft ſeiner Parteien Wer heute ein Zurück fordere, der for⸗ dere das ſchlimmſte Experiment, das heute gemacht werden könne, In dieſem Zuſammenhang zitierte dann der Kanzler Ausführungen des Zentrumsabgeord⸗ neten Dr. Schreiber, der vor einem halben Jahr darauf hingewieſen habe, daß der Staat auch jenſeits der parlamentariſchen Regie⸗ rungsform ein Exiſtenzrecht beſitze. Das Volk müſſe ſich aus der Verwirrung der partei⸗ politiſchen Fragen und Meinungen auf ſich ſelbſt beſinnen und ſich zur Freiheit des Dien⸗ ſtes an Staat und Volksgemeinſchaft durch⸗ ringen. Der Kanzler ſchloß ſeine Ausführungen mit einer Mahnung an die Wirtſchaftsführer, die auf ſie geſetzte Erwartungen zu erfüllen. Echter deutſcher Staatsgeiſt beſage: Frei⸗ heit iſt Dienſt! In dieſer Notzeit ſei nur der Glaube an das deutſche Volk und an das deutſche Reich berechtigt, dem alle un⸗ ſere Kräfte unſer Denken und Handeln gelte. Die häufig von lebhaftem Beifall unter⸗ brochenen Ausführungen des Kanzlers wurden am Schluß ſeiner Rede mit ſtürmiſcher Zu⸗ ſtimmung aufgenommen. Politiſcher Mord? Braunſchweig, 16. Oktober. Im Sicksdorfer Forſt bei Braun⸗ ſchweig wurde der Handlungsgehilfe Wil⸗ helm Kampe aus Salzwedel tot aufgefun⸗ den. Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Unterſuchung ſind auf den Ermordeten ſieben Schüſſe aus einer Piſtole, Kaliber 9 Milli⸗ meter, abgegeben worden. Als der Tat drin⸗ gend verdächtig gilt nach dem polizeilichen Bericht der ſeit Donnerstag flüchtige Kellner Walter Kaune, der in dem der NSDAP. gehörenden Hauſe Petrioter 18a wohnte, wo ſich die Stabswache des Abſchnittes 4 der Schutzſtaffeln befindet. Nach dem„Allgemeinen Anzeiger“ kann mit Sicherheß angenommen werden, daß es ſich bei dem Mord um ein poliliſches Ver⸗ brechen handelt. Kampe ſei von ſozialdemo⸗ kratiſchen Kreiſen als Angehöriger einer na⸗ kionalſozialiſtiſchen Kampforganiſation be ⸗ ien und mit dem Sprengſtoffanſchlag in raunſchweig in Verbindung gebracht wor ⸗ den. Kampes Zugehörigkeit zu einem natio⸗ nalſozialiſtiſchen Verband ſtehe aber nicht feſt. Deutsche Tagesschau. Brüning im Wahlkampf. Der frühere Reichskanzler Dr. Brüning wird im kommenden Wahlkampf am 19. Oktober in Köln, am 20. Oktober in Aachen, ferner am 23. Oktober in Mannheim, am 24. in Bingen, am 25. in Bamberg, am 30. in Hagen i. W., am 31. in Recklingshauſen, am 3. November in Breslau und am 4. No⸗ vember in Waldenburg ſprechen. f General Litzmann, ſtalt Klara Zetkin. Der Alterspräſident des preußiſchen Land⸗ tages, General Litzmann, iſt von den Natio⸗ nalſozialiſten im Wahlkreis Frankfurt a. O.⸗ Grenzmark als Spitzenkandidat zur Reichs⸗ tagswahl aufgeſtellt worden. Die Aufſtel⸗ lung hat den Zweck, zu verhindern, daß i A neulerdings als Alterspräſident den Re 80 Jahre alt. ichstag eröffnet. General Litzmann iſt J. Fortſetzung. Höhe. Zum Schuft werden? die mit Ehre nichts mehr zu tun hatte. i haſtig auf. 0 5 5 Roman von Gert Rothberg Die vom Fliederhaus Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) Nachdruck verboten. Leiſe, berückend kam der Veilchenduft wieder in die Nein! Grenzenloſer Leichtſinn und wild rauſchendes Blut brauchten noch lange nicht zu einer Handlung zu führen, Der Sturm ließ etwas nach. Aber es goß in Strömen. Eſchweiler überlegte fieberhaft. Was nun? Was ſollte er tun? Er konnte jetzt unmöglich noch einmal in das Unwetter hinaus. Er ſchon, aber nicht das Mädchen. Und allein konnte er ſie erſt recht nicht hier hilflos zurücklaſſen. Denn es konnte ſich doch ebenſogut ein fremder Menſch noch hierher in dieſe Hütte verirren. Ohne daß der Graf es wußte, drückte er bei dieſem Ge⸗ danken Verene feſter an ſich. Wieder verging einige Zeit. i Da regte ſich das Mädchen. Die Augen öffneten ſich, blickten verwundert umher. Auf einmal richtete Verene ſich „Wo bin... 2“ Sie hatte den Mann erkannt. Den Mann, der mit den Frauen ſpielte und ſie wieder wegwarf, wenn es ihm efiel! g 1 ſah ſie auch, wo ſie ſich befand. Ein Angſtſchrei brach aus ihr hervor. Sie ſtrebte fort von ihm. „Wie komme ich hierher? Ich will fort, augenblicklich. Laſſen Sie mich hinaus!“ i „Verzeihung, vielleicht darf ich es Ihnen erklären?“ Sie ſchüttelte den Kopf, verzweifelt, abwehrend, noch immer außer ſich. „Wollen Sie mich anhören oder nicht?“ Verene blickte mit weit aufgeriſſenen Augen auf den Mann, der die Worte laut und befehlend geſprochen. Er hatte ſie längſt aus ſeinen Armen gelaſſen. Nun ſtand ſie in der äußerſten Ecke der Hütte und hielt ſich an einem Haken feſt, ſonſt wäre ſie vor Furcht und Jammer in die Knie geſunken. Kurz, ſachlich erklärte ihr der Graf, wie ſie hierher⸗ gekommen, wo er ſie ohnmächtig gefunden, nachdem ſie zuvor um Hilfe gerufen. „Bitte, Ihrem ſofortigen Gehen liegt nichts im Wege. Die einzigen Bedenken ſind die, daß Sie vollſtändig durch⸗ näßt werden und ſich noch eine Lungenentzündung holen“, ſchloß er. Verene blickte ihn ſtarr an. Wahrheit leuchtete aus jedem Wort, aus den ſchönen, ſtolzen Zügen, die ſie im Schein der kleinen Lampe deutlich erkennen konnte. Langſam kam ſie näher. Die ganze Gefahr, in der ſie im Moor geſchwebt, ſtand wieder vor ihr. Und da wußte ſie auf einmal, daß ſie doch hatte den Arzt ſuchen wollen. Den Arzt, damit er zu Großmama kam. Zur Großmama, die krank zu Hauſe lag! Wie lange mochte ſie wohl ſchon von zu Hauſe weg ſein? Stunden würden vorüber ſein, das war nicht anders möglich. Der Graf ſah unentwegt in das ſchmale, ſchöne Geſicht. Sein Mund zeigte ein ſpöttiſches Lächeln. In ſeinen Augen war grauſamer Stolz. 1 „Ich— danke Ihnen, Herr Graf. Was wäre wohl aus mir geworden ohne Sie?“ ö „Sehen Sie, jetzt werden Sie langſam wieder ver— nünftig, mein gnädiges Fräulein. Zu danken brauchen Sie mir aber nicht. Es war nur einfache Menſchenpflicht, was ich getan habe.“ Ihre Augen hingen entſetzt an ſeiner linken Schulter. Der weiße Hemdkragen hatte ſich rot gefärbt. Dort oben ſuchte ſich das Blut der Wunde einen Ausweg. „Sie— ſind— verletzt— und haben mich— gerettet!“ Verene ſagte es mit zitternder Stimme. Er lachte kurz auf.. „Tut's Ihnen ein bißchen leid?— Das braucht es nicht. Der Riß heilt ſchon wieder zu.“ „Nein, Sie ſind ernſtlich verletzt.“ „Das werde ich ja daheim feſtſtellen können. Vorerſt aber wüßte ich gern, wie ich Sie nach Hauſe bringen könnte. Ich ſah aber ſchon vorher keinen anderen Ausweg, ſonſt wären Sie beſtimmt nicht in der Schutzhütte aus Ihrer Ohnmacht erwacht.“ f g Verene ſenkte tief den blonden Kopf. Wirr hing ihr eine dicke Locke ins Geſicht. Noch immer praſſelte es draußen gegen die Stämme der Hütte. Eſchweiler trat zur Tür, ſah hinaus. Jetzt konnte man wenigſtens wieder ſehen. Doch der Regen wurde ſchräg in die Hütte hineingetrieben. Der Graf ſchloß die Tür. ö N „Ein wenig werden wir noch warten, dann bringe ich Sie heim. Ziehen Sie ſich bitte den Mantel über, damit Sie ſich nicht erkälten.“ a a Ohne ihren Widerſpruch zu beachten, wickelte er ſie in das Kleidungsſtück. „Meine Großmutter iſt plötzlich erkrankt, und ich wollte den Arzt holen. In ſeinem Hauſe war er nicht, und ich erfuhr dort, daß er in die Steinbrüche zu ein paar ver⸗ unglückten Arbeitern geholt worden ſei. Da bin ich hinübergelaufen. Wollte abſchneiden, über die große Wieſe hinweg und bin wohl dabei ins Moor geraten“, ſagte Verene leiſe. »Ja, es wird uns dann nichts übrigbleiben, als doch zu gehen. Ich werde dann ſofort den Arzt benachrichtigen.“ Er trat wieder von ihr fort. Der Veilchenduft machte ihn verrückt. f Gleichzeitig freute er ſich über ſich ſelbſt. Weil er ſich ſo in der Gewalt hatte! Weil er ſich gegen die ungewollte Verſuchung wehrte!. Draußen ertönten plötzlich Stimmen. Eine wohl⸗ 1 oh: Bertram betraten die Hütte— blieben wie angewurzelt ſtehen. Das Geſicht Melenthins wurde kreideweiß. Seine Hände ballten ſich. Die Rechte öffnete ſich wieder, riß den Hut vom Kopfe. „Verzeihung, Herr Graf. Wir— waren— eingeweicht und— und...“ „Guten Tag! Ein Wetter iſt das heute! Wie kommen wir bloß in unſerer ſonſt ſo gemütlichen Ecke dazu? Fräulein Beringer wollte den Arzt holen, den ſie in ſeinem Hauſe nicht antraf, weil er in die Steinbrüche zu zwei ver⸗ unglückten Arbeitern gerufen worden war. Sie hatte ſich ins Moor verirrt, wo ſie um Hilfe rief. Gott ſei Dank ging ich gerade in der Nähe vorüber. Nun mußten wir uns hierher retten.“ Der Graf hatte es haſtig geſagt. Und der Oberförſter Bertram ſetzte ein verkniffenes Lächeln auf. Er wußte Beſcheid! Und Melenthin war ein Eſel! Soviel ſtand jetzt feſt. Was der ihm den ganzen Weg vorgeſchwafelt hatte! Noch heute wollte er ſich mit Verene Beringer verloben. Und die traf ſich hier in der Schutzhütte mit dem tollen Grafen. Denn ſelbſtverſtändlich war kein Wort wahr, was der Graf da eben erzählt hatte. Kein Wort war wahr! Aber man tat natürlich ſo, als ob man es glaubte. Graf Eſchweiler ſah das niederträchtige Lächeln im roten Geſicht des Oberförſters Bertram. Am liebſten wäre er ihm an die Kehle geſprungen. Und jetzt wußte er auch, was auf dem Spiele ſtand. Was für Verene auf dem Spiele ſtand. a Langſam trat er vor. „Meine Herren, ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Ihnen die volle Wahrheit über mein Zuſammenſein mit Fräulein Beringer geſagt habe. Ich ſehe mich zu dieſer Erklärung durch das merkwürdige Lächeln des Herrn Oberförſters Bertram veranlaßt. Ich werde unnachſicht— lich gegen jeden vorgehen, der Fräulein Beringer auf die heutige Angelegenheit hin anzutaſten wagt.“ Oberförſter Bertram wurde fahl im Geſicht. Er beeilte ſich, zu verſichern, daß er doch nicht im mindeſten daran gedacht hätte...! Eine flüchtige brach ihn. „Schon gut. Ich meinte das nur ſo nebenbei. Ein einziges Wort iſt oft imſtande, einen Menſchen ein Leben lang unglücklich zu machen. Lieber Melenthin, da ich das gnädige Fräulein nun unter Ihrem bewährten Schutze weiß, ſo werde ich mich empfehlen. Ich darf wohl ver— ſichert ſein, daß Sie Fräulein Beringer nach Hauſe bringen?“ Handbewegung des Grafen unter— „Gewiß, Herr Graf. aufgehört hat.“ Eſchweiler verneigte ſich tief vor Verene. „Leben Sie wohl, gnädiges Fräulein, und ich will hoffen, daß Ihnen die Sache nicht nachträglich noch Schaden bringt. Den Arzt werde ich verſtändigen. Er kann bald im Fliederhauſe eintreffen.“ „Ich möchte mit Ihnen gehen, Herr Graf!“ Ein kurzes Aufblitzen in des Grafen Augen, dann ſagte er: a „Ich wollte natürlich nicht über Sie hinweg beſtimmen. Es wird mir eine Ehre ſein, Sie nach Hauſe bringen zu dürfen. Dann ſind wohl Sie ſo freundlich, lieber Melen⸗ Sobald es etwas mit Regnen als möglich im Fliederhauſe vorſprechen. Frau Doktor Beringer ſei bedenklich erkrankt.“ Oberförſter Melenthin nickte wortlos, nahm den Hut wieder an ſich und winkte ſeinem Kollegen. Es regnete immer noch, doch man konnte es jetzt wenig⸗ ſtens wagen, zu gehen. Raſch gingen die beiden Förſter davon. Mit finſteren Augen blickte Eſchweiler ihnen nach. Dann ſah er auf Verene, die mit den Tränen kämpfte. Er beugte ſich über ſie. „So vertrauen Sie mir, kleines Mädel?“ „Ja!“ „Ich danke Ihnen!“ Die Tür ſtand noch weit offen. Er ſchloß ſie auch nicht wieder. Er ſtand dicht neben Verene und maß den auf— geweichten Waldboden mit kritiſchen Blicken. Dann ſah er auf die dünnen Schuhe, die Verene trug, und kurz entſchloſſen nahm er das Mädchen wieder auf ſeine Arme. „Nein, nein“, wehrte ſie ſich erſchrocken. Doch er lächelte nur und ſchritt ſchon mit ihr durch den naſſen, jetzt recht traurig wirkenden Wald. Und ihr blonder Kopf ruhte an der verletzten Schulter, was ſie erſt nicht einmal merkte. Dann aber legte ſie die Lippen auf eine naſſe Stelle ſeines Jacketts. Küßte ſie. Und der Mann ſah es. „Kleines Mädel, kleines liebes Mädelchen!“ Es war ein Glücksruf. Und Graf Eſchweiler küßte Verenes reine, weiße Stirn, dann küßte er den kleinen, ſchöngeſchwungenen Mund. Und das Mädchen lag ſtill. Ganz ſtill! Erlebte noch einmal den wundervollen Traum. Traum? Wirklichkeit war es! Der ſtarke, laute Herz⸗ ſchlag des Mannes bewies es ihr, daß es Wirklichkeit war, was ſie erlebte. Und immer wieder küßten ſie ſich, während er feſten Schrittes Bae e 1 * „Ich will ja nichts ſagen, er würde wahrſcheinlich hölliſch unangenehm werden. Aber'n Trottel ſind Sie beſtimmt, lieber Melenthin.“ Oberförſter Bertram hatte ſich dieſe Warnung nicht verkneifen können. Melenthin ſah ihn an. Im Weiß des Augapfels ſtand Blut; keuchte er. tbin, und gehen ſofort zum Doktor. Er möchte ſo ſchnell „Er hat mir das Mädel genommen, das ich liebte“, Befriedigt nickte Bertram. „Eine wahre Wohltat, Melenthin, daß Sie ſo ver⸗ nünftig ſind und auch nicht an dieſes zufällige Zuſammen⸗ ſein in der Schutzhütte glauben.“ „Nein, ich glaube nicht daran! Und das Mädel hab' ich geliebt! Unſinnig geliebt habe ich es. Und nun kommt der Graf, und auch ſie iſt ihm ſofort mit Leib und Seele verfallen.“ „Ja, ekelhaft iſt es ſchon. Gemein iſt es. Aber machen kann man nichts. Er iſt der Mächtige, Reiche. Ihm hat der Himmel dieſes Etwas verliehen, daß er alle Frauen und Mädchen betört. Da kann man halt nichts daran ändern. Aber das Mädel iſt dumm! Sehr dumm iſt's— jawohl! Gibt die immerhin gute Partie mit Ihnen auf und hängt ſich dem Grafen an den Hals, der ſie bald genug wegſchmeißen wird.“ „Hören Sie endlich auf, Bertram!“ „Von mir aus— hören wir alſo auf“, brummte der. Oberförſter Bertram war kein Klatſchmaul, aber er war eben ehrlich empört über die ganze Sache, und ſo fing er unbewußt immer wieder davon an. Immer kam das Geſpräch wieder auf die unglückliche Geſchichte. Und zuletzt war es ſo weit, daß Melenthin förmlich froh war, daß er jetzt nicht allein war. Sonſt wäre er wahr— ſcheinlich in ſeiner ſinnloſen Wut und Leidenſchaft mit dem Kopfe gegen einen Baum gerannt. Wäre der Graf doch fort geblieben! Warum war er heimgekommen? 8 Es war doch nur ein Unglück, nichts weiten, daß er heimgekommen war. a Endlich langten die beiden Herren im Stgtetchen an. Und trafen auch den Doktor an, der ſich's hübſoß gemütlich gemacht hatte und dem ſeine Tante gerade heißen Tee mit Rum brachte, denn er nieſte ununterbrochen, ſeit er zurück war. Der Doktor lachte und wollte die ihm gut bekannten Herren einladen. Aber Melenthin winkte ab. „Bitte, bemühen Sie ſich doch ſo ſchnell als möglich ins Fliederhaus, lieber Doktor. Die alte Frau Doktor Beringer ſoll ernſtlich erkrankt ſein“, ſagte er, und ſeine Stimme klang merkwürdig dumpf. Da erhob ſich der Doktor. Haſtig trank er im Stehen noch eine Taſſe Tee, dabei ſagte er: „Ich hab' es dem Herrn Grafen doch gleich geſagt, daß ich ſo'ne Ahnung habe, als brauche man mich irgendwo dringend. Nun iſt es ja ſehr gut, daß ich der freundlichen Einladung des Grafen nicht gefolgt bin. Wir trafen uns nämlich in den Brüchen, als ich die verunglückten Arbeiter verband. Wir liefen dann ein Stückchen miteinander, und da brach das Unwetter los. Nun ſollte ich durchaus mit nach Eſchenhöhe kommen. Bin aber jetzt froh, daß ich nicht mitgegangen bin. Ich bin immer froh, wenn ich wieder helfen kann.“ Melenthin und Bertram ſahen ſich verdutzt an. Es ſah ja beinahe aus, als hätte der Graf bis ins kleinſte hinein die Wahrheit geſprochen? Melenthin atmete tief auf. „Wann war denn das, Herr Doktor?“ Der zog ſich ſeine Stiefeln an, bekam einen roten Kopf und ſchnaufte von unten herauf: „Na, ſo vor etwa anderthalb Stunden. Der Graf wollte auch gleich nach Hauſe.“ In Melenthin wurde es ruhig. Er hatte dem Grafen unrecht getan, er wußte es jetzt. Es war wirklich alles ſo, wie dieſer geſagt hatte. Schwer genug mochte es dem ſtolzen Kerl obendrein geworden ſein, ſich vor den Förſtern ſozuſagen rein zu waſchen. Er hätte es gar nicht nötig gehabt. Hatte es aber doch getan. Hatte es um Verenes willen getan, ſoviel war klar. Mißtrauen und Eiferſucht waren noch immer in Melenthin, wenngleich die Vernunft mahnte: Du weißt ja jetzt, daß er die Wahrheit geſprochen hat. Alſo gib dich zufrieden und gehe heute gegen Abend unbedingt ins Fliederhaus und hole dir Gewißheit! Melenthin ſtampfte plötzlich mit dem Fuße auf. Weshalb mochte Verene nicht mit ihm und Bertram gehen? Weshalb begab ſie ſich ſo herausfordernd unter den Schutz des Grafen? Hatte am Ende nur ſie ſich in den Grafen verliebt, und er nahm nicht einmal Notiz von ihr. Ah, wenn er doch nur endlich klar ſehen würde! Melenthin wußte, daß dieſer Verdacht immer und immer in ihm ſein würde, auch wenn ſich noch alles zum Guten wandte. An dieſes Zuſammenſein in der Schutz⸗ hütte würde er nie denken dürfen, wenn er nicht ungerecht gegen Verene werden wollte. Vielleicht nahm Verene ſeinen Antrag heute an, und ſie war trotzdem einmal kurze Zeit die Geliebte des Grafen geweſen? So von ſeinen Zweifeln hin und her geſchüttelt, ver⸗ abſchiedete er ſich von Bertram und dem Doktor, weil er jetzt unbedingt nach Hauſe mußte. Er wollte den Jagd⸗ hüter ins Fliederhaus ſchicken. Der konnte nachſehen, wie es mit Frau Doktor Beringer ſtand. Herrgott, wenn das Schickſal es wollte, ging noch alles ſchief. Denn wenn Frau Doktor Beringer ſtarb, dann— wer weiß— wie dann noch alles kam! Mit großen Schritten ging er dem Walde zu. Der Arzt und Oberförſter Bertram ſchritten neben⸗ einander dahin. Sie politiſierten ein wenig, und da kam bei Bertram ſowieſo kein anderes Geſpräch mehr auf. Es war auch gut ſo, denn wer weiß, ob er nicht doch noch eine Bemerkung fallen gelaſſen hätte!? ** . An der Pforte zum Fliederhaus ſtand Marie. Ihre Augen waren dick verſchwollen. Ihre Hände ſchlangen ſich verzweifelt ineinander. 5 Dieſes Unglück heute, dieſes furchtbare Unglück! Ringsum lagen die Fliederbäume am Boden. Der Sturm hatte das halbe Dach heruntergeriſſen. Die alte Figur am Springbrunnen lag zerſchlagen am Boden. Ein ſtarker Baum hatte ſie getroffen.(Fortſetzung ſolge) ulla, 11 4 Treten, Schlagen, Anſpringen und abſichtliches Zufall⸗ bringen eines Gegners ſind verboten., Kein Spieler darf Hand oder Arme gebrauchen, um einen Rehe aer 9 95 106 ſtoßen. 5 n der Gegner iſt erlaubt, doch darf es ni i 10 erde 5 i Kein Spieler darf von hinten gerempelt werden, es ſei denn, daß er abſichtlich einen Gegner hindert. 5 f Kein Spieler außer dem Torwart darf den Ball abſichtlich mit der Hand oder dem Arm ſpielen. „Schon der Verſuch, den Gegner durch Beinſtellen oder auf andere Weiſe zu Fall zu bringen, kann vom Schiedsrichter 10 bf Strafbar iſt auch, wer einen Gegner dadurch zu Fall bringt, daß er ſich vor oder hinter ihm niederbückt oder nieder⸗ fallen läßt. . Unter Halten des Gegners iſt jedes Behindern mit Hand oder hochgehobenem Arm zu verſtehen, insbeſondere auch das Wegdrängen auf ſolche Weiſe. Unter Rempeln verſteht man das Wegſtoßen des Gegners mit dem Oberkörper(Schulter) bei angelegtem Arm. Für das Rempeln gelten folgende Grundſätze: Es darf nur dunn Zwecke des Kampfes um den Ball gerempelt werden. Weder der Rempelnde, noch der Gerempelte braucht zwar unmittelbar im Beſitze des Balles zu ſein; aber das Rem⸗ peln von Spielern, die gar nicht an dem augenblicklichen 1 11 9 0 19 5 1 0 iſt nicht geſtattet. Hier es eine Ausnahme: Ein Spieler, errt, darf ſtets gerempelt werden. 1 der ſperrt, darf ſtets Es iſt kein Verſtoß, wenn ein Spieler einen Gegner von hinten berührt, es ſei denn, wenn er die Abſicht hatte, ihn anzurennen; der Schiedsrichter allein hat zu entſcheiden, ob dieſe Abſicht vorlag. Die Schiedsrichter legen dieſe Regel oft ſchärfer aus, als es zur Sicherung eines an⸗ ſtändigen Spieles nötig iſt; dies ſollte vermieden werden weil dadurch der ſportgerechte Verlauf des Spieles un⸗ nötigerweife beeinträchtigt wird. 2 Geenen Gegners iſt erlaubt. 3. Einen Gegner ſperren heißt, ihn mit er en Mitte Vor be ö inden ßt. ihn mit erlaubten Mitteln am „Gegen das Anſpringen des Gegners ſoll der Schiedsrichter ſtets ſtrafend einſchreiten. Es darf beim Kampf um den Ball grundſätzlich nur geſprungen werden in der Abſicht den Ball mit Kopf oder Bruſt zu erreichen. Sp. F.. iſt wieder geſund. Cilly Außem, die erſt jetzt von einer ſchweren Operation ge⸗ neſen iſt, konnte ihren Titel in Paris, Wimbledon und Ham⸗ burg nicht verteidigen. Sie wird ſich im nächſten Jahre die Meiſterſchaft in Wimbledon wiederholen. 5 Um den Bruchteil einer Sekunde. Man hat ſich ſchon oft über neue und alte Rekordzeiten ge⸗ ſtritten, weil immer wieder behauptet wurde, die Zeitnehmer hätten falſch geſtoppt oder die Ühren ſeien nicht richtig in Ord⸗ nung geweſen. Wie dem auch ſei, es dürfte heute keinen Menſchen mehr in der Sportbewegung geben, der behaupten wollte, die heute geſtoppten Zeiten entſprächen den wirklichen Leiſtungen genau bis auf die Zehntelſekunde. Dabei paſſiert es genau ſo oft, daß zum Vorteil wie zum Nachteil eines Läufers Zeit genommen wird. Nun wird es uns zwar nie möglich ſein, die früher aufgeſtellten Beſtleiſtungen auf ihre Richtigkeit hin nachzuprüfen; aber es wäre doch gut, wenn man recht bald Methoden einführen wollte, die eine einwandfreie Zeitnahme gewährleiſteten. Bei den langen Strecken ſpielten die Zeiten keine ſo weſent⸗ liche Rolle wie bei den kurzen, wo es ſich um Zehntelſekunden handelt. Außerdem iſt bei allen Rennen über lange Strecken und auch über Mittelſtrecken von 400 Meter aufwärts die Mög⸗ lichkeit gegeben, daß die Zeitnehmer während des Rennens vom Start und Ziel laufen und dort eher erſcheinen als die Läufer, daß alſo die gleichen Zeitnehmer am Start und am bis zu 300 Meter aber laufen die Läufer ſchneller auf der Bahn, As die Zeitnehmer vom Start quer über den Platz zum Ziel. Deshalb müſſen letztere von Anfang an am Ziel Aufſtellung nehmen und ſich auf ihre mehr oder minder guten Augen ver⸗ Alle Sie paſſen auf, bis aus der Piſtole des Starters der 2 des Abſchuſſes hervorſchießt, und ſetzen im gleichen Moment ihre Uhren in Bewegung. Jeder aber weiß, daß niemals auf dieſe Weiſe ganz genau geſtoppt werden kann, daß die drei Uhren ſaſt ſtändig kleine Abweichungen zeigen, wenn es ſich auch meiſt nur um eine Zehntelſekunde handelt. Aber um die dreht es ſich ja gerade. Die Notwendigkeit einer Reviſion ſehen viele ein, aber nur wenige ſind ſich darüber klar, auf welche Weiſe ſie vorgenommen werden könnte. Drei Vorſchläge ſind bisher gemacht worden, Die junge Flugſchülerin ſitzt, tartbereit angeſchnallt, im Flug⸗ zeug; ihre Hand hält den Steuerknüppel des Höhenſteuers. Sportligrikatur. Me höchſten Siegerguoten beim Pferderennen. Notiz, daß wieder eine ſenſationelle Quote bei einem Pferde⸗ eee 901 i bid worden ſei. Es wird inter⸗ b n, wie hier augenblicklich die Re Die höchft Ziel ſtoppen und jedesmal ſelbſt dabei ſind! Bei allen Strecken O als ein teens en e e e hat, wurde auf einer indiſchen Rennbahn erzielt. Sie betrug 17.409 10, Jemand, der alſo 10 Mark am Totaliſator auf den Sieg dieſes Pferdes geſetzt hatte, bekam die Rieſenſumme von 11195 Mark S i Europa auf Sieg ausbezahlt wurden, ſind niemals in dieſe phantaſtiſche Höhe gekommen, Manche“ in Paris ihren Anhängern die europäiſche Rekord⸗ quote von 6697:10, und 1926 holte ebenfalls in Paris auf der Galopprennbahn„Neuyork II“ eine Quote von 5822:10 nach 55 In e wurde die höchſte Quote bei einem ahre 1911 in Frankfurt am Main erzielt.“ Trabrennbahn hat es aber vor gar nicht langer Zeit, nämlich pekuniären Gründen. Gedacht iſt hierbei an eine Holzglei neben der 100⸗Meter⸗Strecke. Der Zeitnehmer 7 5 einen würde vor dem Start auf dieſer Gleitbahn, die elektriſch zu be⸗ treiben wäre, Platz nehmen und beim Startſchuß, dicht daneben ſitznd, die Uhr in Gang ſetzen. Dann würde die Gleitbahn, die man ſich wie eine ſchnell funktionierende Rolltreppe mit einem feſten Stuhlſitz denken muß, raſch zum Ziel hingleiten und den Zeitnehmer ſchneller dorthin bringen, als die Läufer zu laufen vermögen(demnach in 8 bis 9 Sekunden), damit er im Moment, in dem der Sieger das Zielband durchreißt, be⸗ reits dort iſt und abſtoppen kann. Die Idee iſt ja ganz nett, aber wir wollen Amerika, woher der Vorſchlag kommt, den Vortritt laſſen, um dieſe Sache einmal auszuprobieren. Die Amerikaner haben ja auch das Geld dazu, dergleichen koſt⸗ ſpielige Experimente zu machen. Ein anderer Vorſchlag ging dahin, nur eine Rutſchbahn zu bauen, auf der lediglich die Uhr gleiten kann, ſo daß ein zweiter Zeitnehmer ſie am Ziel in Empfang nimmt und dann die Zeit des Siegers ſtoppt. Ernſthafter und für uns brauchbarer ſind ſchon die beiden anderen Ideen, deren erſte die Angelegenheit rein mechaniſch behandelt wiſſen will. Die Uhr ſoll ſich am Ziel befinden und mit dem Zielband derart in Berührung ſtehen, daß der leiſeſte Druck dagegen die Uhr zum Stehen bringt, während ſie vom Start aus durch einen Hebeldruck in Bewegung geſetzt worden iſt. Im Moment des Startſchuſſes würde ſie zu laufen be⸗ ginnen und in dem Augenblick, in dem der Sieger mit der Bruſt das Zielband berührt, ſtillſtehen, Auf dieſe Art und Weiſe dürfte man ziemlich einwandfreie Zeiten erzielen. Dagegen die Zeiten der hinter dem Sieger einkommenden Läufer zu notieren, beſteht durchaus keine zwingende Notwendigkeit. Was hat es für einen Zweck, zu melden: 1. Müller 10,6, 2. Lehmann 10,7, 3. Schulze 10,7. 4. Meyer 10,9 Sekunden? Da kann man ſich keine Zwiſchenräume vorſtellen. Viel günſtiger für den Leſer der Nachricht wäre die Meldung: 1. Müller 10,6 Sekunden, ie 1 Meter, 3. Schulze Bruſtbreite, 4. Meyer 2 Meter 3 c. Solange man ſich noch nicht zu dieſer Methode wird ent⸗ ſchließen können, ſolange eine derartige Uhr 1155 e ee Zielband noch nicht konstruiert iſt, könnte man ſich ſa mit der dritten Art begnügen, die auch größte Sicherheit für genaueſte Meſſung bietet. Allerdings ſind hierbei ſechs Uhren und dem⸗ zufolge auch ſechs Zeitnehmer notwendig, aber die laſſen ſich ja wohl(Uhren und Zeitnehmer) auf jedem Platz beſchaffen. Im Moment des Abſchuſſes, ſagen wir 4:25 Uhr, ſetzen die drei Zeitnehmer am Start ihre drei Uhren in Gang. Im Augen⸗ blick, in dem der Sieger durchs Ziel geht, ſagen wir 4:25,11 Uhr (11 Sekunden ſpäter), drücken die drei Zeitnehmer am Ziel auf den Knopf; und laſſen ihre Uhren laufen. Dann nimmt man die ſechs Uhren zu irgendeiner beliebigen Zeit und bringt ſie zur gleichen Zeit zum Stehen und beginnt nunmehr zu rechnen. Nehmen wir an, die drei Uhren am Start ſeien im Mittel 47 Sekunden gelaufen, die drei Uhren am Start aber nur 36,4 Sekunden, dann hat der Sieger die 100 Meter in 10,6 Sekunden durchmeſſen. Da man das Mittel von drei Uhrpaaren nehmen kann, wird man faſt immer die genaueſte Zeit errechnen können. Curio. Gatom bei Berlin, die Segelſingſchule für Mädchen. Rudolf Cu racciola, der gefeierte Held vom Nürburg⸗Ring. Hin und wieder geht einmal durch die Tageszeitungen eine Uote, die jemals ein ſiegendes Pferd ſeinen Wettern gebracht Rieſenquoten, die in Amerika und in Im Jahre 1910 brachte„La alopprennen im Baro“ zahlte damals auf Sieg 2924:10. Auf der Bahrenfelder von denen zwei für uns durchführbar ſind, während der dritte vorderhand nicht in Frage kommt, und zwar lediglich aus erſt im Jahre 1930, die Senſationsquote von 497510 gegeben. e dieſem Rennen„Lady Palos“ unter der Fah rung Suter kat anmbu — 1. Laß zuvor einen 1 5 . unterſuchen, ob du Sport trei⸗ ben darfſt. 2. Laß dich während deiner Uebungen regelmäßig unter⸗ luchen; verfolge und erfreue dich an der Entwicklung deines Körpers. 3. Folge im großen wie im kleinen dem Rat und den An⸗ weiſungen des Sportlehrers und des Arztes. Bedenke i auf Erfahrungen bauen, die du nicht haſt 5 e Un e e 9 mit 11 5 Nee damit, zu wollen, zu können; aber bedenke, daß der Weg da durch ein zielbewußtes Training geht. 115. 5. Uebe nur, wenn du dich wohl befindeſt, nicht gleich nach einer Krankheit, nicht unmitſelbar vor der Schlafenszeit un auch nicht gleich nach einer Mahlzeit. eee e 6. Uebe regelmäßig, aber halte einen Abend in der Woche frei und benutze den, um zu ſehen und von deinen Kameraden zu lernen. 7. Nach Schluß der Uebung ſollſt du dich frotti ein temperiertes Brauſebad 9 0 e 8. Biſt du nach einer Uebung warm oder in Schweiß ge⸗ kommen, ſo zieh den Rock über, damit du dich nicht erkälteſt. Hole einige Male tief und ruhig Atem. N. 1 9. Achte darauf, daß du dich nicht zu Beginn deines Trai⸗ nings überanſtrengſt; allmählich kannſt du dir mehr und mehr zumuten. Wenne ee e e e unmittelbar nach einer 0 Spüle den Mund mit verſchlagenem Waſſer aus, trinke einige Schlucke. g 0 e 11. Meide Tabak und Alkohol, beſonders wä e ſcharfen Trainings. 8 0„„ 12, Nach Schluß der Uebung ſollſt du dich wohl befinden. Fühlſt du dich ſchlaff, ſo iſt etwas nicht in 15 5 f 0 13. Fühlſt du dich nicht aufgelegt, oder ſcheint dir, daß du in einem Sport trotz fleißigen Trainings keine Fortſchritte machſt, ſo denke daran, daß es etwas wie„Uebertrainiertſein“ gibt. und laſſe einen Sportarzt dich unterſuchen und dir raten. 14 Halte deinen Körper rein, wechſle häufig das Unter⸗ zeug. Denke daran, daß du deine Sportkleidung Apachen läßt. 15. Schlafe bei offenen Fenſtern in einem nicht zu weichen Bett. Stehe des Morgens gleich auf, wenn du auſmwachſt. Beginne deinen Tag mit einigen tieſen Atemzügen. 16. Kaue dein Eſſen gut. Speiſe niemals übermäßt acht auf die Abführung. e 10 1 nicht zu zeitig(zu jung) ins Wettkampftraining. 8. Bedenke, daß ein Bewegungstraining für dich oft mehr von Vorteil iſt als das anſtrengendere und anſpruchsvol! Wettkampftraining. 5 e 19. Ueberprüſe häufig dein Gewicht, zähle deinen Puls vor und nach dem Ueben und ſchreibe beides 5 Stü il den Arzl. ſch beides auf zur Stütze für , 20. Hungere dich niemals in eine Gewichtsklaſſe herab, in die du nicht natürlicherweiſe gehörſt. Du kannſt dir ſonſt nicht wiedergutzumachenden Schaden tun. 21. Sportsmann, denke daran, Leib und Seele rein zu halten, zum Nutzen für dich ſelbſt, für das Ziel, das du dir geſetzt haſt, und für die ganze Sportſache. W. B. Uber Sport und Körperpflege. Ich bin den deutſchen Turnübungen durchaus nicht ab⸗ geneigt. Un ſo mehr hat es mir leid getan, daß ſich bald allerlei Politiſches dabei einſchlich, ſo daß die Behörden ſich genötigt ſahen, ſie zu beſchränken oder wohl gar zu verbieten und aufzuheben. Dadurch iſt nun das Kind mit dem Bade ausgeſchüttet. Aber ich hoffe, daß man die Turnanſtalten wieder herſtelle, denn unſere deutſche Jugend bedarf es, be⸗ ſonders die ſtudierende, der bei dem vielen geiſtigen und ge⸗ lehrten Treiben alles körperliche Gleichgewicht fehlt und ſomit jede nötige Tatkraft zugleich.(Goethe.) Prächtiges Neiterkunſtſtück. 0 f 2 L 3 N 1. e e 0 Dr. Hans Steen. Eine ſchöne Leiſtung amerikaniſcher Kavngertnen prung durch ein lebendes Hinder nig f Hummels Fündenregiſter. Frau Hummel läßt ſich ſcheiden. a Freiburg, 16. Oktober, Die weiteren Nachforſchungen über das Vorleben des Hummel— Daubmann laſſen das Sündenregiſter immer weiter anſchwel⸗ len. Wie jetzt bekannt wird, hat Hummel, der von der Zwangserziehungsanſtalt Flehingen beim Militär als Freiwilliger eintrat, wäh⸗ rend eines Urlaubs einer Frau in Ober⸗ ſchopfheim das Sparkaſſenbuch geſtohlen und einen bedeutenden Betrag auf der Sparkaſſe in Lahr abgehoben. Als er das Geld ver⸗ trunken hatte, erſchien er zum zweitenmal auf der Sparkaſſe, um ſich wieder Geld zu holen, und wurde bei dieſer Gelegenheit feſt⸗ genommen und der Militärbehörde überge⸗ ben. Hummel ſtellte ſich krank, um ins Gar⸗ niſonslazarett zu kommen. Er entkam, bar⸗ fuß und nur mit Hemd und Hoſe bekleidet, und begab ſich in dieſem Aufzug nach Hof⸗ weier zu ſeinen Verwandten, von denen er Zivilkleider verlangte. Dieſe verſtändigten jedoch die Gendarmerie, Hummel ging er⸗ neut flüchtig und konnte ſchließlich kurze Zeit ſpäter in einer Scheune feſtgenommen wer⸗ den. Er wurde dann der Militärbehörde ausgeliefert. Nach einer Zeitungsnotiz aus Freiburg hat die Frau des Betrügers Hummel die Scheidungsklage eingeleitet. Der erſte schnee im Schwarzwald. Freiburg, 16. Okt. Der plötzliche Tempe⸗ rakurumſturz in Südbayern brachte dem Hochſchwarzwald den erſten Schnee. Bis auf 1000 Meter herab liegt eine geſchloſſene leich⸗ te Neuſchneedecke. Bei anſteigendem Baro⸗ meter iſt mit einer Verſchärfung des Fro⸗ ſtes zu rechnen. Geraubter Schatz gehsben. Räuber⸗Ballade vom Baikal-See. Moskau, 16. Oktober. In Rußland iſt ein großer Gold⸗ und Pla⸗ tinſchatz im Werte von 28 Millionen Mark, der vor langen Jahren ſpurlos ver— ſchwunden war, wieder aufgefunden worden. Im Jahre 1904 war das Metall von Mittel⸗ rußland nach Nordſibirien geſchafft worden. Bei der Fahrt über den Baikal⸗See hatten Räuber den Transport überfallen, die Be⸗ gleitmannſchaft getötet und den Schatz in ein Brigantenſchiff verladen, das während eines Sturmes unterging. Kürzlich erſchien bei der ruſſiſchen Staatsbank ein Unbekannter, der eine Landkarte vorwies, auf der er genau die Stelle eingetragen hatte, wo der Schatz geſunken ſein muß. Eine daraufhin ent⸗ ſandte Expedition ſuchte ſorgfältig den Bo⸗ den des Sees an der aufgezeichneten Stelle ab, und nach tagelangen Nachforſchungen konnte tatſächlich das Metall entdeckt und ans Tageslicht geſchafft werden. Neues aus aller Melt. Raubüberfall aufgeklärt. Am Septem⸗ ber wurde im Landhaus der 79 hre alten Freifrau von Reitzenſtein in Mitterdar⸗ chin al Oberbanern) ein ſamnerer Rauhüber⸗ das Verbrechen aufzuklären. Die fſau verübt, vei dem die Later, drei ver⸗ mummte Burſchen, Schmuckſtücke im Werte von 270000 Mark erbeuteten. Der Münche⸗ ner Kriminalpolizei iſt es jetzt gelungen, Täter, ſämtliche aus München, wurden feſtgenom⸗ men. Die Nachforſchungen nach den geraub⸗ 160 Schmuckſtücken waren bisher ergebnis⸗ os: Jeuerwehr und Polizei gegen ein Horniſ⸗ ſenneſt. In einem Wohnhaus in P 18 hatte ſich ein ſtarker Horniſſenſchwarm ein⸗ geniſtet. Auf Erſuchen der Hausbewohner ordnete die Stadtbehörde die Vernichtung dieſes Horniſſenneſtes an. Einige Mann der Freiwilligen Feuerwehr und der Polizei ſchwefelten nun das in der Holzwand befind⸗ liche Neſt ſtark ein und vernichteten ſowohl die betäubten Horniſſen wie auch das Neſt ſelbſt. Nach etwa zweiſtündiger mühſeliger 67071 war die Vernichtung ohne Unfall er⸗ oeDiat. a Schwerer Manöverunfall in Algerien. Einer Meldung aus Oran zufolge fiel bei den Manövern in einem mit Soldaten be⸗ ſetzten Graben ein Sprengkörper der ex⸗ plodierte, wobei zwei Soldaten getötet und zehn ſchwer verletzt wurden. Aus ſchreitungen in Dortmund Schießerei zwiſchen Nationalſozialiſten und Kommuniſten.— Zwei Tote und 12 Ver⸗ letzte. Dortmund, 17. Oktober. Als nationalſozialiſtiſche Flugblattverteiler in Gruppen von 40 bis 50 Perſonen durch die Straßen des nördlichen Stadtteils zogen, wur⸗ den ſie in der Nähe des Borſigplatzes von Kommuniſten angegriffen. Hierbei kam es zu Schlägereien, wobei auch Schüſſe ſielen. Als dann die Polizei den Verſuch machte, die Ruhe wieder herzuſtellen, kam es zu folgenſchweren Schießereien, bei denen zwei Perſonen, dar⸗ unter eine Frau, die von einem Fenſter aus die Vorgänge beobachtet hatte, getötet und 12 Perſonen mehr oder weniger ſchwer verletzt wurden. Der Polizei gelang es nach kurzer 1 0 die Ruhe und Ordnung wieder herzu⸗ ſtellen. Schießerei in Wien. Feuerüberfall aus einem Arbeiterheim.— 4 Tote, 30 Verletzte. i Wien, 17. Oktober. Am Sonntag war in Simmering eine natio⸗ nalſozialiſtiſche Verſammlung angeſagt, zu der eine Abteilung SA. ⸗eute durch die Tiefſchütz⸗ gaſſe marſchierte. Als ſie an dem dortigen ſozialdemokratiſchen Arbeiterheim vorbeikamen, fielen aus dieſem zahlreiche Schüſſe. Ein Wacht⸗ mann ſank als Erſter durch die Stirn ge⸗ troffen, ſofort tot nieder. Außerdem wur⸗ den drei Nationalſozialiſten getötet und über 30 Perſonen leichter oder ſchwerer verletzt. Bei zwei Perſonen ſind die Verletzungen deract ſchwer, daß wenig Hoffnung auf ein Aufkom⸗ men beſteht. Die Polizei entſandte ſofort ſtarke Abteilungen nach Simmering. Die Wachtleute drangen in das Arbeiterheim ein, wo ſie eine Reihe Gewehre und Piſtolen be⸗ ſchlagnahmten. 60 Perſon wurden verhaftet. Aus der Heimat. Gedenktage. 15. Oktober. 1760 Der franzöſiſche Sozialiſt Graf Saint⸗ Simon in Paris geboren. 1815 Der Dichter Emanuel Geibel in Lübeck geboren. 1849 Der Komponiſt Friedrich Franz Cho— pin in Paris geſtorben. 1887 Der Phyſiker Guſtav Robert Kirchhoff in Berlin geſtorben. Sonnenaufg. 6,27 Sonnenunterg. 17,03 Mondaufg 17,37 Mondunterg. 9 52 * Ein ſtrenger Winter? Zu der jetzt häufig geſtellten Frage nach dem Verlauf des kommenden Winters teilt die„Wirtſchaftliche e der öffent⸗ lichen Wetterdienſtſtellen“ mit:„In dieſen Tagen gehen durch die Preſſe wieder einmal Meldungen, daß„nach Anſicht der Metereo⸗ logen“ mit einem beſonders ſtrengen Winter zu rechnen ſei. Es muß davor gewarnt werden, ſolche Vorherſagen ernſt zu nehmen und ſich etwa in wirtſchaftlichen Dispoſitionen darnach zu richten. Die Bemerkung„nach Anſicht der Metereologen“, oder ähnliche Beifügungen ſind irreführend, da der amtliche Wetterdienſt, eben⸗ ſo wie die ſonſtigen metereologiſchen Behörden mit ſolchen Vorherſagen nichts zu tun haben. Es handelt ſich dabei um dilettantiſche Aus⸗ laſſungen von Außenſtehenden. Da es nach dem heutigen Stande der For⸗ ſchung nicht möglich iſt, mit einiger Sicherheit langfriſtige Vorherſagen aufzuſtellen, ſehen alle metereologiſchen Dienſtſtellen von ſolchen Veröffentlichungen ab, obgleich ſelbſtverſtänd⸗ lich unentwegt an dem Problem der langfriſti⸗ gen Vorherſagen gearbeitet wird. Dieſe Feſt⸗ ſtellung iſt erneut notwendig, da infolge der erwähnten irreführenden Angaben bei Fehlvor⸗ herſagen ſtets die Metereologen zu Unrecht angegriffen werden.“ * Achtet auf die Augen der Kinder. Licht darf ſchlafenden Kindern nie in die Augen leuchten. Bei Licht ſoll man Kindern nicht geſtatten viel zu lernen, oder Bücher mit klei⸗ nem Druck zu leſen. Im fahrenden Eiſenbahn⸗ zug ſollte man ihnen das Leſen verbieten, man ſoll auch darauf achten, daß Kinder die Augen nicht zu lange auf ein⸗ und denſelben Gegen— ſtand richten. * Warnung vor Preisxätſelſchwindlern. Seit längerer Zeit erſcheinen in verſchiedenen Zeitſchriften und Tageszeitungen leicht zu lö⸗ ſende Preisrätſel. Den Einſendern der Löſun⸗ gen werden von unbekannten Firmen als „Preiſe“ Standuhren, Grammophone, Photo⸗ und Radiogeräte in Ausſicht geſtellt, wenn für Verpackung und Verſandſpeſen ein gewiſ⸗ er Geldbetrag eingeſandt wird. In vielen Fäl⸗ en erhielten die gutgläubigen Einſender von Geldbeträgen überhaupt keinen Gegenwert. Venn ſie dann mit Anzeige drohten, wurde ihnen eine ganz minderwertige Ware gelie⸗ fert. In neuerer Zeit werden als Preiſe Standuhren, etwa 1,70 Meter groß, gegen Bezahlung von 9,80 12,70 Rm. Verſand⸗ ſpeſen angeboten. Dabei handelt es ſich in Wirklichkeit um eine aan; minderwertige Uhr. —— b % 407 347 Runodfuntteimeymer. Die Ge⸗ ſamtzahl der Rundfunkteilnehmer in Deutſch⸗ land betrug am 1. Oktober 4077 347 gegen⸗ über 4119531 am 1. Juli; ſie iſt mithin im letzten Viertelſahr um 42 184 oder rund 1 v. H. geſunken. Gegenüber dem 1. Oktober 1931 iſt die Geſamtzahl der Rundfunkteilneh⸗ mer um 345 399 gleich rund 9,3 v. H. geſtie⸗ gen. Nach der Einwohnerzahl von Ende 1931 (64 776 000) entfallen in Deutſchland am 1. Oktober 1932 auf je 1000 Einwohner rund 63 Rundfunkteilnehmer. Noch 820 000 Kriegs beſchädigt: und Krie⸗ gerhinterbliebene. Die Anzahl der verſor⸗ gungsberechtigten Kriegsbeſchädigten und Kri:⸗ gerhinterbliebenen Deutſchlands beträgt nach der letzten durchgeführten Zählung rund 820 000. Zum gleichen Zeitpunkt des Vor⸗ jahres betrug ſie rund 838 000. sport vom Sonntag. Gruppe Rhein: VfR. Mannheim— SVg. Mundenheim 211 SV. Waldhof— 08 Mannheim 6:2 Phönix L'hafen— Germania Friedrichsſeld 5:3 fo. Neckarau— VfR. Kaiſerslautern 3:2 Sg. Sandhofen— Amicitia Viernheim 1:0 Gruppe Baden: SVg. Schramberg— FC. Mühlburg 11:1 Sc. Freiburg— Frankonia Karlsruhe 3˙2 FV. Offenburg— Phönix Karlsruhe 11 Karlsruher FBV.— FV. Raſtatt 2:0 VfB. Karlsruhe— FC. Freiburg 41 Gruppe Saar: SV. 05 Saarbrücken— FV. Saarbrücken 117 Sfr. Saarbrücken— 1. Fc. Idar 121 FK. Pirmaſens— Eintracht Trier 1•2 J. FC. Kaiſerslautern— SV. Völklingen 4.1 Gruppe Heſſenn: VfR. Bürſtadt— 1. FC. Langen 2:1 SV. Wiesbaden— FVg. Mombach 4:0 FVg. Kaſtel— Wormatia Worms 2:5 Viktoria Urberach— 05 Mainz 0:2 Alemannia Worms— Olympia Lorſch 3:2 Gru, e Main: VfB. Friedberg— Eintracht Frankfurt 11 Sfr. Frankfurt— Kickers Offenbach 0:6 FSV. Frankfurt— Anion Niederrad 4:0 Germania Bieber— Rot-Weiß Frankfurt 21 FC. Hanau 93— Pf. Neu⸗Iſenburg 214 Gruppe Nordbayern: VfR. Fürth— 1. FC. Nürnberg 05 ASV. Nürnberg— FC. Schweinfurth 05 2:4 FV. 04 Würzburg— SVg. Fürth 3:4 FC. Bayreuth— Germania Nürnberg 10 SVg. Erlangen— Würzburger Kickers 1:4 Gruppe Südbayern: Teutonia München— 60 München 0:2 Wacker München— FV. 94 Ulm 1:5 Schwaben Augsburg— Bayern München 12 SVg. Landshut— DSV. München 0:8 SSV. Ulm— Jahn Regensburg 111 Gruppe Württemberg: Sfr. Eßlingen— Union Böckingen 275 Normannia Gmünd— Stuttgarter Kickers 0:3 SV. Feuerbach— Stuttgarter SC. 2:1 VfB. Stuttgart— Germania Brötzingen 5:0 SC. Birkenfeld— 1. FC. Pforzheim 0:2 Geburt und Tod einer Inſel Nach der Sage ſoll ganz Sizilien im Ver⸗ lauf eines gewaltigen vulkaniſchen Ausbru⸗ ches aus dem Meere aufgeſtiegen ſein. Hi⸗ ſtoriſch beglaubigt aber iſt die Tatſache, daß vor hundert Jahren im Süden Siziliens, zwiſchen Seigcea und der Inſel Pantelleria, plötzlich in einer„Sandbank der Korallen“ genannten Zone unter gewaltigem Krachen und lodernden Flammen ein Eiland aus dem Meere auftauchte. „Der Erſcheinung“, ſo ſchreibt der bekann⸗ te italieniſche Geologe A. Paſetti,„waren verſchiedene beſorgniserregende Erderſchütte⸗ rungen vorausgegangen, die die Bevölkerung in paniſchen Schrecken verſetzt hatten. Eines Nachmittags, während die Fiſcher von Scigcca am Strande verſammelt waren, da ſie ſich in ihren Häuſern nicht mehr ſicher fühlten, begann das Meer zu erzittern, zu brüllen und wild aufzuſchäumen, als ob ein rieſiges Ungeheuer ſich anſchicke, aus dem Schlund der Tiefe herauszuſpringen. Plötz⸗ lich ſpritzte eine gewaltige Waſſerſäule auf, die an die 50 m hoch und ebenſo breit war und von Wolken weißen Rauches eingehüllt wurde. Während die furchterregende Waſſer⸗ maſſe zurückfiel, wurde unter Heulen, Kra⸗ chen und Feuergarben vulkaniſche Aſche bis zu 4000 m in die Luft geſchleudert. Das ebenſo ſchreckliche wie großartige Naturſchau⸗ ſpiel hielt die Zuſchauer, die entſetzt neben ihren Booten ſtanden, minutenlang in Bann. Als das Feuer ſich abſchwächte und der dichte beißende Rauch von Wind vertrieben war, zeigte ſich auf der weiten Waſſerfläche der Rieſenkrater eines Vulkans in der charakteri⸗ ſtiſchen Kegelform. Langſam, aber in beſtän⸗ digem Fortſchreiten, das auch mit dem blo⸗ en Auge wahrnehmbar war, ſtieg der Vul⸗ kan aus dem Waſſer und hatte am Abend ſchon einen Umfang von faſt 5 km erreicht. 55 1155 ed 9 erhoben be, 70 er Zauberhand geſchaffen, neben dem Mittelkegel amel 555 fan denen der öſt⸗ lich gelegene eine Hohe bon elwa 200 m er⸗ reichte. Nachdem die Fiſcher ſich von ihrem Schrek⸗ ken erholt hatten, prieſen ſich dieſe ſchlichten Bewohner der Küſte glücklich, einem Wun⸗ der beigewohnt zu haben. Die neugeborene Inſel wurde, vermutlich zu Ehren des Kö⸗ nigs Ferdinand J.,„Ferdinandea“ getauft. Mehr als einer der Fiſcher ſprang ins Boot und griff zu den Rudern, um den Strand der geheinmnisvollen Inſel zu beſichtigen. Den erſten Neugierigen folgten andere, und ihre Zahl wurde ſogroß, daß man ſchließlich daran ging, mit Hilfe der Ruder⸗ ind Segel⸗ boote eine Art Touriſtenverkehr einzurichten. Die Fahrten fanden aber raſch ihr Ende, als drei Monate nach ihrem Erſcheinen die In⸗ ſel Ferdinandeg aufs neue von Zuckungen und Erſchütterungen befallen wurde. Gleich⸗ zeitig ſchrumpfte ihre Mole langſam ein. Ein paar Tage ſpäter ſenkte ſich die Inſel Ferdinandea tiefer und tiefer, bis in den er⸗ ſten Novembertagen unter dem Aufſchäu⸗ men der kochenden Waſſer die Inſel voll⸗ ſtändig unter dem Waſſerſpiegel verſchwand, wie ein Schiff, das kopfüber in die Tiefe ſtürzt. Ein paar Stunden noch ſah man auf dem Meere eine etwa 30 m hohe Säule ko⸗ chenden Waſſers, dem ein ſcharfer Schwefel⸗ geruch entſtrömte. Dann war alles vorbei, und dort, wo die Inſel geweſen war, kräu⸗ ſelt ſich nur noch die See.“ Welt und Wiſſen. Salpeter aus Meerwaſſer? „Morgenbladet“ meldet, daß es einem jun⸗ gen norwegiſchen Chemiker der Norſk Hydro gelungen ſei, aus dem Meerwaſſer Salpeter zu erzeugen, eine Entdeckung, die nach Meinung des Blattes eine grundlegende Umwälzung der bisherigen Verfahren herbeizuführen ge⸗ eignet ſein foll. Ihre Einzelheiten werden ge⸗ heimgehalten, und auch der Name des Ent⸗ dedkers wird nicht bekanntgegeben. Die Norſt öydko, die ſich das Verfahren in der ganzen Welt patentieren ließ, unternimmt zurzeit groß⸗ angelegte Verſuche in der Provinz Telemark. Sonderbares Zahlungsangebot. Henri Murger, der Dichter des Romans „La Boheme“, war ſtets in Geldverlegenheit und konnte oft nicht einmal ſeine Mahlzeiten bezahlen. Nachdem er eines Tages in einem der teuerſten Reſtaurants von Paris vortreff⸗ lich gegeſſen und getrunken hatte, bat er den Wirt zu ſich und fragte ihn:„Iſt es ſchon vorgekommen, daß Gäſte Ihres feinen Lokals die Zeche nicht begleichen konnten?“ Der eini⸗ germaßen erſtaunte Gaſtwirt konnte auf die noch einmal wiederholte Frage nur erwidern: „Nein, noch niemals!“—„Wenn es Ihnen nun aber doch paſſieren ſollte, was würden Sie tun?“—„Was ich tun würde? Das iſt doch ganz einfach: Ich würde dem Betref⸗ fenden einen Fußtritt und den guten Rat geben, ſich bei mir nicht mehr blicken zu laſ⸗ ſen.“ Darauf erhob ſich der Schriftſteller, ſetzte ſich umſtändlich den Hut auf, drehte dem Wirt den Rücken und ſagte lächelnd: „Bitte zahlen!“ Im Schlamm erſtidlt. Das Ende der Maya⸗Kultur. Eine neue Erklärung der vielerörterten Frage, wie es geſchehen konnte, daß die große Maya⸗Kultur Mittelamerikas, zweifellos die höchſte des vorgeſchichtlichen Amerikas über⸗ haupt, ohne einen erkennbaren Grund plötzlich erloſch und verſchwand, gab kürzlich Dr. Wythe Cooke vom Geologiſchen Amt der Vereinigten Staaten in einer Sitzung der Waſhingtoner Akademie der Wiſſenſchaften. „Die Kultur der Mayas“, führte der Red⸗ ner aus,„gab ſich ſelbſt den Tod mit dem Schlamm, der von den mit Getreide beſtellten Abhängen der Anhöhen heruntergeſchwemmt wurde.“ Das frühere Gebiet der Mayas iſt heute durch viele ſchmale und flache Stellen zähen Lehmbodens gekennzeichnet. die bei Re⸗ entblößt ſahen. genwetter zumeiſt unpaſſtervar ſind. Jede die⸗ ſer Ebenen war einmal ein kleiner See, und da dieſe Seen mit den Flußläufen in Ver⸗ bindung ſtanden, ſo bildeten ſie ein Syſtem von Waſſerſtraßen wie es die nordamerikani⸗ ſchen Seen einmal für die Kanus der Indianer waren. Die Städte der Mayas wurden denn auch in der Nähe dieſer Seeſtraße erbaut, die einer bequemen Güterbeförderung günſtig war. Auf den umliegenden Hügeln bauten die Mayas den Mais, der ihre Hauptnahrung ausmachte. Dadurch vernichteten oder begru⸗ ben ſie aber die natürliche Vegetationsdecke des hügeligen Geländes. Die Folge war, daß jeder heftige Regen⸗ guß einen Teil des Mutterbodens des Hügel⸗ landes in die Seen ſchwemmte. Langſam füll⸗ ten ſich dieſe mit Erde, von der ſich die Hügel Dieſe Verſchlammung der Seen ſperrte daneben die Waſſerſtraßen, wäh⸗ rend gleichzeitig der Zerfall des Erdreichs der Hügel und ihre Verwandlung zu Felsge⸗ ſtein die Ackerwirtſchaft vernichtete, was eine Verknappung der Lebensmittelvorräte zur Folge hatte. Schließlich war das ganze Volk durch Verarmung und Hungersnot gezwungen, ſich in Pucatan eine neue Heimat zu ſuchen. Zwei Todesurteile. Sühne für einen Gattenmord. Saarbrücken, 17. Oktober. Das Schwurgericht Saarbrücken hat zwei Todesurteile gefüllt. Angeklagt waren die Witwe Eliſabeih Linz und ihr Liebhaber, der Hilfsarbeiter Joſef Klein, beide aus Ommers⸗ heim(Saarpfalz). Die Angeklagten waren beſchuldigt, in der Nacht zum Karſamstag gemeinſchaftlich den Ehemann der Linz mit Beithieben ermordet zu haben. Beide Ange⸗ klagten wurden wegen Mordes zum Tode ver⸗ urteilt. Ob das Urteil vollſtreakt werden wied, ſteht noch nicht feſt.