Ius brohar ge lönlüm proppamm Meute letztmals im Hobi 1. Flalz nur 40 central Fim Palast 4 Lokales * Sterbetafel. Aus Mannheim erreicht uns die Trauerkunde, daß Herr Cigarrenfabri⸗ kant Julius Weißmann, ein geborener Viernheimer, im Alter von 66 Jahren, plötzlich und unerwartet verſchieden iſt. Herr Weißmann war Inhaber der vor einigen Jahren abge⸗ brannten Cigarrenfabrik in der Rathausſtraße und war von ſeinen Geſchäftsfreunden ſowohl, als auch von ſeinen Arbeitern als ſolider, gerech⸗ ter Geſchäftsmann u. wohlwollender Arbeitgeber allzeit geehrt und geachtet. Die Beerdigung findet morgen Dienstag, vormittags /1 2 Uhr vom israelitiſchen Friedhof aus ſtatt.— Kurz vor Redaktionsſchluß erhalten wir noch die trau⸗ rige Nachricht, daß auch die Ehefrau des Ver⸗ ſtorbenen, Frau Fanny Weißmann nach längerem ſchweren Leiden, heute Vormittag ge⸗ ſtorben iſt. Es ſtebt zu erwarten, daß die Be- erdigung gemeinſam morgen Vormittag ſtattfindet. * Der Polizeibericht der letzten Woche meldet folgende Anzeigen: 1 wegen Vergehen gegen das Kraftfahrzeuggeſetz; 4 wegen Verſtoß gegen das Arbeitszeitgeſetz der Bäckereien(Be⸗ ginn der Arbeitszeit vor 5 Uhr morgens); 1 wegen Radfahren ohne Licht: 1 wegen Fahrrad⸗ diebſtahl; 1 wegen fahrläſſiger Körperverletzung und 1 wegen Tierquälerei. Vom Sonntag. Der geſtrige Sonntag war wieder ein unangehmer Herbſttag. Regen und naßkalte Witterung waren die Merkmale, die keineswegs erfreuten.— Vieraheim ſtand geſtern im Zeichen des Großen Gebetes. Am vormittag nach dem Hauptgottesdienſt, fand eine Prozeſſion ſtatt, der ſich dann die üblichen Betſtunden nach den Nach- barſchaften anſchloß. Die Gläubigen nahmen an dem Großen Gebet regen Anteil. Auch heute Montag finden die üblichen Betſtunden nach den Nachbarſchaften ſtatt.— Zahlreich haben die Freunde des runden Leders die„Grünen“ nach Neckarau begleitet und konnten dort auch einen glücklichen O: 1 Sieg ihrer Mannſchaft feiern. Die Großvereine werden eben geſchlagen und an die Tabellenletzten Punkte verloren. Der zweite Platz in der Tabelle iſt ſomit geſichert, hoffen wir, daß dieſe Stellung in der Tabelle erhalten bleibt dann wird der Name Viernheim auch in den Spielen um die„Süddeutſche“ eine Rolle ſpielen. Sport und Spiel. Die„Grünen“ erfechten einen glücklichen Sieg in Neckarau! Die Vereinigung hat gewonnen, ſo durch⸗ eilte geſtern, gegen Abend, die freudige Kunde unſeren Ort. Jawohl, die Grünen haben auf dem gefährlichen Gelände in Neckarau einen Sieg, wenn auch einen glücklichen, erfochten und konnten mit dem knappſten aller Reſultate, 0:1, zwei wichtige Punkte erobern. Nunmehr führt Viern⸗ heim noch allein den zweiten Platz. Hoffen und wünſchen wir, daß es ſo bleibt, damit den Grünen Gelegenheit geboten iſt, ihr können im Kampf um die„Süddeutſche“ unter Beweis zu ſtellen.— Am Sonntag kommt der VfR. Mhm. auf dem Waldfportplatz. Da wird es wieder viele Sportbegeiſterte, viele Autos und einen großen Fußballkampf geben. Die Reſultate: Vf. Neckarau— Amieitia Viernheim 0:1 VfR. Kaiſerslautern— Sportv. Waldhof 2:8 Phönix L'hafen— Sandhofen 2:0 VfR. Mannheim— Friedrichsfeld 2:0 08 Mannheim— Mundenheim 2:5 Tabellenſtand am 23. Oktober: Punkte 52:19 19:3 26:14 16:6 30:18 13:8 22:19 12:8 32:21 12:10 22:31 10:10 21:24 8:13 13:22 8:14 22:35 8:14 14:51 C:22 Vereine Sp. gew. unent. verl. T. Waldhof 11 9 Viernheim 11 Phönix L'hafen 11 Neckarau 10 VfR. Mhm. 11 08 Mannheim 10 Mundenheim 11 Sandhofen 11 Friedrichsfeld 11 Kaiſerslautern 11 SSO O OS Turner⸗Fußball: Tv. Viernheim 1.— Waldhof Privat 278 Turner⸗ Handball: Ty. Viernheim 1.— Neckarau 1. 177 Tv. Viernheim Jugd.— Neckarau Jugd. 0:12 Schutzſport des Reichsbanners. Handball. N.⸗Liebersbach 1.— Viernheim 1. 2:6(1:3) War das ein Spiel auf dem kurzen Platz in Liebersbach, ſcharf aber doch im Rahmen des Erlaubten gehalten. Unſere Schutzſportler — hatten alle Hände voll zu tun, um ihr Tor rein zu halten. Doch allmählich findet ſich auch Viernheims Sturm und ſtellte die Partie 1:3 für Viernheim. Auch in der zweiten Halbzeit waren die Reichsbannerſportler die Glücklichern und der Schlußpfiff trennte beide Parteien mit obigem Reſultat. Bis jetzt noch ungeſchlagen, wird ſich Viernheim auch am Sonntag im letzten Spiel der Vorrunde gegen Kreidach auf unſerem Sportplatz am Wieſenweg behaupten können. Viernheimer Tonſilmſchau im Central-Film⸗Palaſt. „Die Waſſerteufel von Hieflau“.„Der Kriminal- reporter von Chikago“.„Sonny als Heiratsvermittler“. Heute 1. Platz nur 40 Pfg. Ein Weltſtadt⸗Tonfilm-Programm reich an Senſationen, Abenteuer und Spannung zeigt man dieſe Woche im Central⸗Film⸗Palaſt. Zuerſt ſehen und hören ſie den wunderbaren Großton⸗ film„Die Waſſerteufel von Hieflau“. Ein un⸗ gemein ſchönes Tonfilmwerk das ſicher allen Be⸗ ſuchern große Freude bereitet. Wunderbare Landſchaften, ſpannende und abenteuerliche Hand- lung ſowie eine ergreifende Liebesgeſchichte um⸗ rahmt von vielen ſchönen Liedern mit vorzüglicher Wiedergabe und herrlicher Muſik. Ein Tonfilm⸗ Schlager für alle. In der Hauptrolle: Hilde Gebühr, Dina Gralla, Paul Heidemann u. Hugo Fiſcher Köppe. Im 2. Teil ſehen ſie ein Aben⸗ teuer Senſations- Filmwerk zweier Liebenden. „Der Kriminalreporter v. Chikago.“ Eine äußerſt ſpannende Liebensgeſchichte die alle Beſucher feſſeln wird. Zuletzt ſehen wir„Sonny als Heiratsvermittler“. Der Luſtſpielſchlager der Woche, der große Lachſtürme auslöſt. Ein Be⸗ ſuch iſt wieder dieſe Woche das ſchönſte u. billigſte Vergnügen. Verſäume niemand dieſes ganz her⸗ vorragende Tonfilmprogramm. Beſtimmt wird es Allen gefallen. Ueberall ganz großer Erfolg. Anfang an allen Tagen ¼8 Uhr, ab 9 Uhr nochmals alles zu ſehen. Ende 12 Uhr. Heute 1. Platz nur 40 Pfg. Was iſt los? Eine glänzende Großfilmſchau allererſten Ranges im Union ⸗ Film ⸗Palaſt! 3 Namen von Weltruf! In dem gigantiſchen Filmwerk„Der Schädel der Pharaonentochter“ Emil Jannings, Fritz Kortner, Bernhard Goetzke. Fred Thomſon in„Der Kampf unter dem — Sternenbanner“. Das Luſtſpiel„Eine ſonder⸗ bare Erbſchaft“. 1. Platz nur 40 Pfg. Wie Sie oben ſehen geht ja wieder eine Aufführung vom Stapel die dem beliebten Union alle Ehre macht, auch mit dieſem brillanten Bombenprogramm wird das Union wieder einen großen Beſuch zu verzeichnen haben. Das Pro⸗ gramm iſt einſach knorke. Deutſchlands größten Künſtlerſtab hat man herangezogen für den ge⸗ waltigen Großfilm zu ſchaffen„Der Schädel der Pharaonentochter“. Fritz Kortner, Emil Jannings, Bernhard Goetzke, die hier was ganz außergewöhnliches geſchaffen Dieſe Namen bürgen wurde. Unerhörte Ausſtattung großartige Schau⸗ ſpielerkunſt! Wunderbare Handlung! Fred Thom⸗ ſon der leider nicht mehr bei den Lebenden iſt, zeigt ſich zum letztenmale dem Viernheimer Kinofreunde mit ſeinen Wunderpferd„Silber könig“ in ſeiner größten Großwildweſtſchau „Der Kampf unter dem Sternenbanner“. Be⸗ ſucht unſeren Fred zum letztenmal. Auf ins be⸗ liebte Union. 40% Zur Reichstagswahl. % Polizeiliche Anordnungen zur Reichs⸗ tagswahl. Amtlich wird mitgeteilt, für die be⸗ vorſtehende Reichstagswahl hat das Mini⸗ ſterium des Innern im Geſetz- und Verord⸗ nungsblatt allgemeine polizeiliche Anordnun⸗ gen zum Schutze der öffentlichen Ruhe und Ordnung erlaſſen. Plakate politiſchen In⸗ halts dürfen nur an den ortspolizeilich zu⸗ gelaſſenen Stellen angebracht werden. Wahl⸗ plakate dürfen nicht auf öffentlichen Straßen durch Umhertragen oder Umherfahren zur Schau geſtellt werden. Das Aufſtellen von Wahlplakaten am Wahltag ſelbſt in unmittel- barer Nähe der Wahllokale bleibt unberührt. Flugblätter ürfen auf öffentlichen Wegen nicht aus Fahrzeugen(auch Flugzeugen) oder aus Häuſern abgeworfen werden. Im übrigen rich⸗ tet ſich das Verteilen der Flugblätter nach ortspolizeilichen Beſtimmungen. Das Anbrin⸗ gen von Klebzettel und Klebmarken und von Schriften an Häuſern n iſt verboten. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder u. Generalberſammlungen u. Singſtunden Gaſtwirte⸗Verein. Dienstag, 25. Okt. abends 9 Uhr bei Kollege Peter Buſalt zur Sonne Verſammlung. Vollzähliges Erſcheinen er⸗ wartet. Der Vorſtand. 1 Besucht heute die brillante Grosstadtschau im Union! Hur 40 Pig. Gestern frük verschied nach kurzem schweren Leiden Herr Julius Weißmann im 66. Lebensjahr und heute vormittag f Frau Fanny Weißmann MANNHEIM, den 24. Oktober 1932. Die trauernd Hinterbliebenen. Die Beerdigung findet Dienstag 11¼ Uhr vom Israel. Friedhof aus statt. Kondolenzbesuche dringend dankend verbeten. —— p ̃]§Lx¼ʒ ¶P̃—————³˙ᷓ! ⅛ Üͤ!̃ Ublenenhelskaull Käehe pitchplne, best. aus: Büfett, Kredenz, Tisch, 2 Stühlen, 1 Hocker für nur Mk. 120.— Rosenberg Die Satten beschliessen A 25 90 1 ber die Hungrigen Ueber dieſes Thema ſprechen heute Montag, den 24. Olk. abds ½9 Uhr im Karpfen olchstagsabg. Schneck-Slüllgarl. k. Rammele- heim Arbeiter, Männer und Frauen, Kleingewerbetreibende, Handwerker und Bauern, erſcheint reſtlos, gilt es doch, Abrechnung zu halten gegen eine Aus⸗ beutung von Staat und Gemeinde. Aus Euch ihr Bauern und Gewerbetrei⸗ nur benden will man nicht nur das letzte herausholen auf Notverordnungswegen, Schwetzingerstrahe 47 Schöne Wohnung 2 Zimmer u. Küche helfen. ſondern durch Bettelei ſollt Ihr die Opfer dieſes Ausbeutungsſyſtem verhalten 0 Dagegen nehmt Stellung und erſcheint in der Verſammlung reſtlos, wo euch die Maßnahmen aufgezeigt werden. Freier Eintritt! Freie Diskussion! 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Rathausſtraße 28 „Gibt Gott das Häslein, a Dann gibt er auch das Gräslein“ Die armen Schweſter im St. Joſefsheim in Charlottenburg ſehen mit ihren vielen Kindern mit Bangen dem Winter entgegen. Wer von den lieben Leſern hilft wohl etwas für die Beſchaffung der Wintervorräte? Der liebe Gott wird es lohnen! Gütige Spenden nehmen gerne entgegen die dank⸗ baren Schweſtern des St. beate Charlotten⸗ e 1 a. Poſtſchecktonto: Berlin r. 458. 5 a a 2 H brlghrunne Uiernhein. Gaatweizen u. Gaatkorn (Viernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,40 Mt frei ins Haus gebracht.— Gratisbeila aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjähr en: wöchentl. das achtſeitige illuſtrierte ich einen Fahrplan ſowie einen Wand- kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal-Anzeigeblatt in Viernheim Fernpprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſchecktonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. lernheimer Anzeiger Viernheimer Zeitung Alernbeimer Bürger- Ztg.—. Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg. bel Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſteren und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt, -Für die Aumahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Nummer 249 Schwierige Lage. Es ſind keine zwei Wochen mehr bis zu ben Reichstagswahlen. Wie ſie im einzelnen ausgehen werden, kann natürlich niemand oorher ſagen. Aber ſo viel iſt ſicher: das Reichskabinett nach dem 6. November kaum eine porla⸗ mentariſche Mehrheit haben, auf die es ſich ſtützen kann. Wenn man noch vor einigen Tagen annehmen konnte, daß möglicherwei⸗ ſe das Zentrum ſeine jetzige oppoſitio⸗ nelle Haltung gegenüber der Reichsregie— rung irgendwie modifizieren werde, ſo läßt ſich heute ſagen, daß ein Zuſammenwirken dieſer Partei mit Herrn von Papen kaum von Papen wird auch mehr in Frage kommen kann. Der frühere Reichsarbeitsminiſter Stegerwald hat nämlich dieſer Tage in einer Wählerver⸗ ſammlung ausgeführt, er glaube nicht da⸗ ran, daß das Kabinett von Papen am 6. November irgend eine Parlamentsmehrheit für ſich zu gewinnen vermöge; es bekomme keine Mehrheit weder von der Mitte nach rechts, nach eine ſolche von der Mitte nach links. Zwiſchen von Papen und der Sozial⸗ demokratie gäbe es keine Verſtändigung, auch die Nationalſozialiſten fühlten ſich ſeit dem 13. Auguſt von Papen betrogen, ſo daß ſich zwiſchen dieſen Parteien ebenfalls kein ine Vertrauensverhältnis konne. herausbilden Stegerwald hat mit dieſen Ausführungen die Situation zweifellos richtig gezeichnet. Von den politiſchen Parteien hat ſich bis jetzt eigentlich nur die Deutſche Volkspar⸗ tei uneingeſchränkt für das Reichskabinett von Papen erklärt. nationalen machen gewiſſe Vorbehalte und alle anderen Gruppen ſtehen in mehr oder minder entſchiedener Oppoſition gegen Schon die Deutſch⸗ das Reichskabinett. Bei dieſer Sachlage iſt es begreiflich, daß ſchon jetzt allerlei Betrach⸗ tungen angeſtellt was nach dem 6. November geſchehen ſoll. In Berliner politiſchen Kreiſen zirkulieren Gerüchte, die den Reichswehrminiſter wieder einmal als den künftigen Reichs⸗ kanzler bezeichneten. Er weilt gegenwärtig auf Urlaub in Badenweiler und es gieß, er habe dort wichtige politiſche N abgehalten. Nun hat aber Reichswehrmini⸗ ſter von Schleicher ſelber dieſe Gerüchte als werden über die Frage, Beſprechungen durchaus unbegründet erklärt. Er habe in Badenweiler keinerlei politiſche Beſuche empfangen oder politiſche Beſprechungen ab⸗ gehalten, und er arbeite auch nicht gegen Herrn von Papen, mit dem er völlig über⸗ einſtimme. Man nimmt von dieſem Demen⸗ ti gebührend Notiz, aber die Frage, was nach dem 6. November geſchehen ſoll, bleibt nun erſt recht offen. Der Zentrumsführer Stegerwald hat in der bereits erwähnten Wahlrede darauf hingewieſen, daß Herr von Papen nach der Wahl nur vor zwe Möglichkeiten ſtehe: ent⸗ 1 weder der Reichstag werde wieder aufge⸗ böſt, wozu Herr Stegerwald meint, daß dem VLeeutſchen Volke dadurch außen⸗ und innen⸗ politiſch das Grab geſchaufel“ würde, weil ein Land wie Deutſchlan), das ſo ſtark mit der Weltwirtſchaft verquickt iſt, wenn es ſei⸗ nen Außenhandel halten und ausbauen wol⸗ le, nicht ewigen inneren Unruhen werden könne. Die zweite Möglichkeit ſieht ofmann 2. usgeſetzt Stegerwald darin, daß das Kabinett Papen einfach ohne Reichstag weiter regiert, was aber, wie Stegerwald ſagt, bedeute, daß es von„Verfaſſungsbruch zu Verfaſſungsbruch“ ſchreiten müſſe. Aus dieſen Erwägungen heraus glaubt Stegerwald nicht an die Mög⸗ lichkeit eines verfaſſungsmäßigen Regimes 1 unter von Pope 5 90 5 85 Das iſt etwas kräftig ausgedrückt, trifft aber doch wohl 1 Richtige. Die Reichsre⸗ gierung ſelber hüllt ſich über ihre Abſichten in völliges Stillſchweigen. Der Reichskanzler betont zwar, daß ſich das Reichskabinett als autoritäre“ Regierung fühle, aber er hat noch nicht geſagt, welche praktiſchen Konſe⸗ quenzen er aus dieſer Auffaſſung nach den 0 ahlen ziehen wird. Daß er die Abſicht hat, en Reichstag abermals aufzulöſen, iſt wohl Dienstag, den 25. Oktober 49. Jahrgang 23 Reichswahlvorſchläge. Dienstag Neichswahlausſchuß.— Aus der Neichstags⸗Wahlbewegung. Am Sonntag, 23. Oktober, war die Friſt für die Einreichung der Reichs- wahlvorſchläge abgelaufen. Bis zu dieſem Tage waren beim Reichs⸗ wahlleiter 23 Reichswahlvorſchläge ein- gegangen. Am heutigen Dienstag wird der Reichs- wahlausſchuß zuſammentreten, um über die Zulaſſung der Reichswahlvorſchläge zu beraten und zu entſcheiden.— Die Reichs— wahlvorſchläge ſind, woran bei dieſer Gele— genheit erinnert ſei, die Wahlvorſchläge, die man im Parteileben kurz die„Reichs⸗ liſten“ nennt. Es ſind Wahlvorſchlags— liſten, die von den einzelnen Parteien beim Reichswahlleiter eingereicht werden und zwar werden auf dieſe Wahlvorſchläge die Reſt— ſtimmen aus den Wahlkreisverbän— den verrechnet. Praktiſch geht das bekannt⸗ lich ſo vor ſich: Zunächſt erhält jede Partei in jedem Wahlkreis auf je 60 000 für ſie ab— gegebene Stimmen einen Abgeordneten. Bleiben Reſtſtimmen übrig, ſo werden dieſe zunächſt in dem Wahlkreisverband, das ſind zwei oder drei benachbarte Wahl⸗ kreiſe— zuſammengerechnet. Wiederum wird nun auf je 60 000 Stimmen ein Man⸗ dat zugeteilt und zwar erhält es derjenige Wahlkreis, der die meiſten Stimmen für die betreffende Partei aufgebracht hat. Nun werden die Reſtſtimmen der Wahl- kreisverbände für jede Parkei durch das gan⸗ ze Reich hindurch zuſammengezählt. Für je 60 000 diefer Reſtſtimmen wird dann ein Kandidat der Keichsliſte für gewählt erklärt. Eine Partei kann aber höchstens ſo viele Reichsliſtenmandate erhalten, als ſie Wahl ⸗ kreismandate erhalten hak. Wenn alſo bei- ſpielsweiſe eine Partei in keinem Wahlkreis oder Wahlkreisverband 60 000 Stimmen auf- gebracht hat, erhält ſie auch kein Mandat auf der Keichsliſte, geht alſo völlig leer aus, ſelbſt wenn ſie im ganzen Reich zuſammen ein Vielfaches von 60 an aufgebracht häkte. nicht anzunehmen. Wahlen„am laufenden Bande“ will das deutſche Volk nicht. Schon die jetzige Wahlbewegung zeigt dies ganz deutlich. Es iſt auch nicht abzuſehen, was bei abermaligen Wahlen eigentlich herauskom— men ſoll. Man muß alſo annehmen, daß das Reichskabinett andere Pläne hat. Aber man ſieht ſie nicht und kann ſie auch nicht erra— ten. Es wäre daher ganz angebracht, wenn die Regierung ſich einmal über dieſe Dinge ſelber äußern würde. So herrſcht allgemein eine begreifliche Nervoſität, die dringend nach einer Beruhigung verlangt. In dieſem Zuſammenhange erwähnen wir einen Artikel des„Bayeriſchen Ku⸗ rier“, eines Blattes, das bekanntlich dem bayeriſchen Miniſterpräſidenten Held nahe⸗ ſteht. Der„Bayeriſche Kurier“ ſchreibt zur Lage der Reichsfinanzen, wir ſtün⸗ den augenblicklich finanzpolitiſch auf einer unerhört brüchigen Baſis. Man könne und dürfe die Erörterung dieſer Dinge nicht bis nach den Wahlen vertagen. Die Reichsregie⸗ rung wiſſe nicht, wie ſie die ſchon zu Ende dieſes Monats fälligen Verpflichtungen, ge⸗ ſchweige denn die für die nächſten Monate erfüllen ſolle. Die Verſchuldung von Reich und Gemeinden ſei geradezu beängſtigend groß. Das jetzige Defizit des Reichs ſei auf mindeſtens dreiviertel Milliarden Reichs— mark zu ſchätzen. Dazu komme ein Defizit der Gemeinden, das bis Ende Oktober auf mindeſtens eine halbe Milliarde Mark ange⸗ wachſen ſein werde. Soweit das genannte Blatt, deſſen f ben wir natürlich nicht auf ihre Richtigkeit prüfen können. Immerhin ſcheinen ſie uns ſo wichtig, daß man ſich mit ihnen beſchäfti⸗ gen müßte und daß vor allem die amtlichen Stellen dazu einiges ſagen ſollten. 777277! d Dieſe letztere Beſtimmung richtet ſich be⸗ kanntlich gegen die ſogenannten„Split⸗ tergruppen“, hat aber nicht verhindern können, daß auch bei der diesmaligen Reichs⸗ tagswahl wieder— ſonſt wären es nicht 23 Reichswahlvorſchläge!— zahlreiche Split⸗ tergruppen auftreten. Immerhin: ein klei⸗ ner Fortſchritt iſt doch zu verzeichnen, denn bei der jüngſten Reichstagswahl waren es ſogar 27 Reichsliſten, alſo noch vier mehr als dieſes Mal! Für und gegen Papen. Reden Hugenbergs. Eſſen, 25. Oktober. Der deutſchnationale Parteiführer Hu— genberg ſprach in den letzten Tagen in der rheiniſch-weſtfäliſchen Induſtriegegend. In Eſſen entwickelte er vor Preſſevertre— tern ein Wirtſchaftsprogramm, in dem er ſich beſonders für die Kontingentie— rung einſetzte, die ein Mittel ſei, aus der heutigen unglücklichen Lage herauszukom⸗ men, die darin beſtehe, daß Deutſchland keine handelspolitiſche Bewegungsfreiheit habe, und daß es die durch die Handelsverträge ge— gebenen Möglichkeiten nicht ausnützen könne. In der Frage der Schuldenregelung ſei hoffentlich die Zeit für die Erkenntnis bald reif, daß man irgendwelche Zahlungen zwiſchen verſchiedenen Staaten nicht mit Wertzeichen, ſondern nur mit Waren beglei— chen könne. Zur parteipolitiſchen Lage ſagte Hugenberg, die Entwicklung dürfe nicht zu einer marxiſtiſchen, ſondern müſſe zu einer nationalen Radikaliſierung führen. In Gelſenkirchen polemiſierte Dr. Hugen⸗ berg ſcharf gegen das Zentrum und bezeich⸗ nele die Auffaſſung des Prälaten Dr. gaas. daß nur zehn Prozent des deutſchen Volkes auf der Seite Papens und damit auf der Seite des Kampfes gegen Parteiwirkſchaft und Parlamenkarismus ſtünden, als einen Irrtum. Es ſei zn hoffen. daß der Abmarich regierung und der NSDAP. in das Lager des Parlamen⸗ tarismus, des Bonzenkums und des Sozialis- mus kein endgültiger ſei. Die Haltung des Zentrums. Eſſen, 25. Oktober. In einer Zentrumswahlverſammlung ſetz— te ſich der zweite Vorſitzende der Zentrums— partei, Joos, mit der Politik der Reichs— regiereung auseinander. Er erklärte, Deukſchland ſei in der Welt ſeit Papen vereinſamk. Die Jenkrumsparkei könne nicht einer Regierung die Hand geben. wenn ſie deren Polikik und deren Methoden für falſch halle. Nach dem 6. November wer- de man die Politik der gegenwärtigen Re- gierung liquidieren. Das Zentrum habe bei den Verhand— lungen mit der NS D AP. kein Jota von ſeinen Grundſätzen preisgegeben. Eine Hitlerrede. Meimar, 25. Oktober. In einer großen Wahlverſammlung der NSDAP. ſprach Adolf Hitler. Er nahm ſcharf gegen das Reichskabinett von Papen Stellung. Die NSDAP. ſei bereit, die Füh⸗ rung zu übernehmen, denn ſie habe ein Recht dazu, mehr als die Herren, die ihr die Führung jetzt verweigern. Halbheiten mache er nicht mit. Für ihn gelte nur ein Entwe— der— Oder Wenn Papen meine, die Stärke einer Re- gierung liege in der ihr zur Verfügung ſte⸗ henden öffenklichen Gewalt, ſo ſage er, daß die Stärke einer Regierung in dem Grade der Verbindung ihres Denkens, Wollens und Handelns, mit dem Volk zu ſehen ſei. Das Volk wiſſe, daß es in ihm einen ehrlichen Fürſpre⸗ cher habe und er verbitte ſich, daß ein kleiner Klüngel ſich erlaube, ihn von ſeinem Wege abdrängen zu wollen. Reichskanzler von Papen ſpricht vor dem Handwerk. Reit Berlin, 25. Oktober. Auf einer von der Berliner Handwerkskam⸗ mer veranſtalteten Obermeiſtertagung des Ber⸗ liner und Märkiſchen Handwerks, hielt Reichs⸗ kanzler von Papen am Montag nachmittag ſeine bereits vor einigen Tagen angekündigte politiſche Rede. Die Tagung, zu der auch Obermeiſter aus den übrigen Teilen des Rei⸗ ches erſchienen waren, war außerordentlich ſtark beſucht. Bei ſeinem Erſcheinen wurde der Reichskanzler mit lebhaftem Beifall und Hän— deklatſchen begrüßt. Nach kurzen Begrüßungsworten des Vor- sitzenden des Innungsausſchuſſes der Vereinig⸗ ten Innungen Berlins entwickelte Reichs- kanzler v. Papen zunächſt die Grundge— danken der Wirtſchaftspolitik der Reichsregie— rung. Hierzu führte er aus, daß ſich die bis⸗ herigen Maßnahmen der Reichsregierung als richtig erwieſen hätten. Vor allen Dingen hätten ſich die Grundgedanken der Maßnahme, die Initiative des Unternehmer⸗ tums wieder anzuregen, und den Binnen⸗ markt ſtärken, der gerade für Handwerk und Kleingewerbe entſcheidend iſt, bewährt. Auch die Kritik, die der Wirtſchaftsplan auf der Tagung der Zentrumspartei in Münſter gefunden hatte, bedeutet im Grunde genommen eine Zuſtimmung. Die umſtrittenen Steuerguiſcheine. Der in Münſter erfolgten Anregung des Zentrums. das Steuerautſcheinſu⸗ ſtem auch auf die Einrommenſteuer und auf die Lohnſteuer auszudehnen, ſtünden jedoch unüberwindbare Schwierig⸗ keiten entgegen. Wenn die Steuer vom Arbeitslohn mit Gutſcheinen bezahlt werden könnte, dann könnte der Arbeitge— ber mit einem unter Pari aufgekauften Gut— ſchein bezahlen, während umgekehrt dem Ar⸗ beitnehmer der volle Betrag vom Lohn abge— zogen würde. Aus dem gleichen Grunde hät— te auch die veranlaate Einkommenſteuer ausgeſchieden werden müſſen, weil auch hier der größere Arbeitnehmer vor dem kleineren bevorzugt worden wäre, was unter keinen Umſtänden zu rechtfertigen ſei. Außerdem hätte auch der Arbeitgeber die Möglichkeit gehabt, mit den Steuergeldern ſeiner Arbeit— nehmer zu ſpekulieren. Wollte man aber weiter auf kleine Be⸗ träge lautende Steuergulſcheine für ge⸗ zahlte Einkommenſteuer ausgeben, da⸗ mit dieſe„unmilteſbar im Verbrauch“ umgeſetzt werden könnten, dann würde man damit eine ſtarke Ausweikung der Zahlungsmittel und zugleich eine wirk⸗ lich begründete Inflationsgefahr herauf beſchwören. Wenn daher Prälat Kaas meinte, die Reichs⸗ regierung unternehme mit ihrem Wirt⸗ ſchaftsprogramm„höchſt gewagte Experi⸗ mente“, ſo ſei dieſe Kennzeichnung weit zu⸗ treffender auf den oben geſchilder zen Vor⸗ ſchlag der Zentrumspartei anzuwenden. Mitteſtand. ee e e eee e ee Die Reichsregierung wiſſe, daß ihr Plan gewiſſe Riſiken in ſich trägt, aber wer nicht wage, könne auch nicht gewinnen, Deshalb ſei es auch zu begrüßen daß der Abg. Tar⸗ now auf der Tagung der Freien Gewerk⸗ ſchaften die Bereſtſchaft der Ge⸗ werkſchaften betont habe, dem wirt⸗ ſchaftlichen Teil des Wirtſchaftsplanes zuzu⸗ ſtimmen, um deſſen Braubarkeit unter Be⸗ weis ſtellen zu können. Denn die Zeiten, in denen man tatenlos beiſeite ſtehen konnte ſeien vorbei. Sorge für den Mittelſtand. Zu Unrecht wurde auch der Regierung vorgeworfen, ſie ſorge in erſter Linie für die Großwirtſchaft. Ein ſolcher Vorwurf ver⸗ kenne vollkommen die enge Verflechtung, die alle Zweige der Volkswirtſchaft mit einander verbindet. Für die handwerkliche Wirtſchaft werde das Arbeitsbeſchaffungs⸗ programm nicht nur mittelbaren Nut⸗ zen bringen, ſondern auch un mittelba⸗ ren, da ihm gewaltige Summen an Auf⸗ trägen zufließen würden. Die öffentlichen Stellen ſeien mit der Erteilung von Aufträ⸗ gen in beträchtlicher Höhe vorangegangen und in den nächſten Monaten würden nicht weniger wie eine dreiviertel Milliarde in die Wirtſchaft gepumpt werden, während Pläne für weitere öffentliche Arbeiten in Vorberei⸗ tung ſeien. Bei der Vergebung dieſer Arbeiten wer de mit Nachdruck darauf hingewirkt, daß alle verantwortlichen Behörden und Stellen ſoweit es kechniſch möglich ſei, das Handwerk und den Mittelſtand berückſichligen. Auch die Steuergutſcheine und die Beſchäf⸗ tigungsprämie würden dem Handwerk er⸗ hebliche Vorteile bringen und auf die mitt⸗ leren Betriebe belebend einwirken. Da die Betriebe der öffentlichen Hand im Gegenſatz zum privaten Unternehmer keinen Anſpruch auf die Beſchäftigungs⸗ prämie haben, würden die privaten Be⸗ triebe ſtark begünſtigt. Kontrolle der öffentlichen Wirtschaft. In dieſem Zuſammenhang teilte der Kanz⸗ ler dann mit, daß die Reichsregierung zur⸗ zeit eine Verordnung vorbereite, die die Wirtſchaftsbetriebe der öffentlichen Hand ei⸗ ner periodiſchen Prüfung unabhängiger Stellen unterwerfe und eine Einſchränkung der privakwirk⸗ schaftlichen Betätigung der öffenklichen Hand zum Ziele habe. Grundſätzlich ſtehe die Reichsregierung auf dem Standpunkt, daß die wirkſchaftliche Be. tätigung der öffenklichen Hand ſich auf die Betriebe und Produktionszweige be grenzen ſolle, deren Bedeutung für das Volksganze ſo groß und deren Skruktur ſo einfach ſei, daß ſie zentral bewirkſchaf⸗ tel werden könne. i Der Kanzler verwies dann auf die Maß⸗ nahmen, die der beſonderen Not des Handwerkerſtandes ſteuern ſollen, wie die Bereitſtellung von 50 Millionen Reichsmark für die Vornahme von Haus⸗ reparaturen. Da aus dieſen Mitteln Zuſchüſſe in Höhe von 20 Prozent der bei größeren Inſtandsſetzungsarbeiten erwachſe⸗ nen Koſten gewährt würden, würden mit Hilfe dieſer Reichszuſchüſſe Hausreparaturen in einem Umfange ausgeführt, der das Viel⸗ fache des Reichszuſchuſſes betrage. Bereits in zehn Tagen ſeien, wie aus Kreiſen des Hausbeſitzes mitgeteilt werde, Anmeldungen für Reichszuſchüſſe für Reparaturen an Hausgrundſtücken in etwa 250 Orten im Ge⸗ ſamtbetrage von rund 23 Millionen Reichs⸗ mark eingegangen. Insgeſamt werde mit Auftragserteilun⸗ gen von 300 bis 400 Millionen Reichs ⸗ mark gerechnet. Weiter begründete der Kanzler, warum ſich eine Kontrolle der ſo ſchwer ſchädigenden Schwarzarbeit für das Handwerk nicht ermöglichen laſſe, da die Durchführung und Ueberwachung eines Kontrollapparates von großem Ausmaße bedürfen würden. Neue Mittel für das Handwerk. Die Reichsregierung ſei ſich weiter be⸗ wußt, daß zur Uebernahme von Aufträgen beſonders die kleinen und mittleren Betriebe der Zuführung neuen Kapitals bedürften. Sie habe deshalb der Bank für deutſche In⸗ duſtrieobligationen 50 Millionen Reichsmark Reichsſchatzanweiſungen zugeführt, die dieſe in die Lage ſetzen ſollen, längerfriſtige Kredite an kreditbedürftige Unternehmer, insbeſondere des Kleingewerbes, zu geben. Die Reichsregierung ſei auch bereit, den gewerblichen Kreditgenoſ⸗ ſenſchaften zu helfen, indem ſie Reichsbürgſchaften in einem Geſamtausmaß von 65 Millionen Reichsmark übernehme. Der Druck der Zinſenlaſt. Der Kanzler kam dann in dieſem Zuſam⸗ menhang auf die in der ganzen Welt zu be⸗ obachtende wirtſchaftliche Fortentwicklung zu ſprechen und bemerkte, daß die Geldflüſ⸗ ſigkeit auf den internationalen Märkten größer ſei, als je zu beobachten war. Dieſe Bewegung habe auch auf Deutſchland über⸗ gegriffen, woraus ſich die Möglichkeit der Diskontherabſetung ergeben habe. Die Reichsregierung werbe nich nacy Mog⸗ lichkeit eine weitere Senkung angelegen ſein laſſen. 8 8 Dem werde ſich ſchrittweiſe das ganze Zinsniveau des Landes anpaſſen. Auch der letzte Kreditnehmer könne dann mit einer Verbilligung deg Kredits und mit verringerten Produkkionskoſten rechnen. Die Verfaſſungsreſorm. Der Kanzler wandte ſich dann der Frage der Verfaſſungsreform zu und bemerkte, man könne die Wirtſchaft nicht ankurbeln, wenn man nicht gleichzeitig den politi⸗ ſchen Verhältniſſen feſte und dauerhaf⸗ te Geſtalt gebe. Da der Reichstag nur einig ſei in der Verneinung, müſſe das Volk be⸗ fähigt werden, ſeinen Willen durch ſeine an⸗ deren Vertretungen geltend zu machen. Zu dieſen gehörten die Berufs vertretun⸗ gen. Neben dieſen politiſchen Bemühungen zur Reichsreform würden vom Auslande mit be⸗ ſonderer Aufmerkſamkeit die Methoden ver⸗ folgt, mit denen eine gewiſſe deutſche Preſſe den Wahlkampf führe und die das Geſchrei von einer bevorſtehenden Wiedereinführung der Monarchie erhebe. In dieſem Punkie möchte er nicht den ge⸗ ringſten Zweſſel darüber laſſen daß wir niemals dem Auslande das Recht zuerkenn⸗ ten, darüber zu urkeilen, welche Skaalsform für Deutſchland die geeignete ſei. Darüber habe allein das deuiſche Volk zu enkſcheiden. Gleichzeitig ſei es aber auch unerläßlich zu wiederholen, daß wir eine ſolche Fülle von Problemen zu löſen haben, daß wir froh ſind, uns nicht auch mit der Frage der Staatsform befaſſen zu müſſen. Der Kanzler gab ſodann einen Rückblick auf den Weg, den die Regierung in den letz⸗ ten fünf Monaten zurückgelegt habe und be⸗ merkte, daß dieſe keiner Arbeit ausgewichen ſei, die zumteil ſchon ſeit Jahren verlangt wurde. Sie habe im Innern alles daran ge⸗ ſetzt, um Ordnung, Arbeit und Brot zu ſchaf⸗ fen, ſie habe die Gere htigkeit und gleichmä⸗ ßige Behandlung jedes Staatsbürgers wie⸗ der hergeſtellt, den politiſchen Terror nieder⸗ gerungen und die Parteiherrſchaft in Preu⸗ ßen beſeitigt. Jetzt ſei ſie dabe;, eine neue Verfaſſung zu entwerfen. Damit habe die Regierung zielbewußt gehandelt und ſie rufe alle bewußten Staatsbürger auf, ohne Rückſicht auf die Parteien, Klaſſen oder Intereſſengruppen ihre Pflicht gegen⸗ iber Gott und dem Vaterlande zu tun. Der Kanzler ſchloß mit den Worten: „Mit Hindenburg für ein neues Deutſchland“ * Hoover oder Nooſepeit. Ein Appell an die Deuiſchamerikaner. Neuyork, 25. Oktober. Der gegenwärtig auf Urlaub in Amerika weilende amerikaniſche Botſchafter in Ber⸗ lin, Sackett, hat in einer Wahlver⸗ ſammlung die deutſch⸗amerika⸗ niſchen Wähler aufgefordert, für Hoo⸗ ver zu ſtimmen. „Ich will, ſoll der Bokſchafler ausgeführt haben, daß dieſer Mann, der ſo viel für Deutſchland getan hat, ſein Werk forkſetze. Ich will, daß Ihr, deren Wurzeln in deuk⸗ ſchem Boden ſtecken und die Ihr gleichzeitig Bürger dieſes großen Landes ſeid, Euch da⸗ ran erinnert, was dieſer Mann getan hat und daß die Kriſe noch nicht überwunden iſt. Was mich betrifft, würde ich eine Aenderung und einen Bruch der Kelte für unerfreulich halten.“ Schlachten in der Mandſchurei In der ganzen Mandſchurei wird gekämpft. Mukden, 25. Oktober. Meldungen aus Charbin berichten über neue verſtärkte Tätigkeit der chineſi⸗ ſchen Freiſchärler an allen Fronten des mandſchuriſchen Kampfgebietes. Südlich Charbins ſind 20 000 Mann der Freiſchärler⸗ Truppen zuſammengezogen und 70 Meilen oſtwärts marſchieren weitere 10000 Mann auf. Die Aufſtändiſchen ſollen gut ausgerü⸗ ſtet ſein. An der Oſtlinie der Oſtchina⸗Bahn, und zwar im Gebiet der japaniſchen Skrafexpe⸗ dition, dauern die blutigen Kämpfe an. Gleichzeitig wird an dem Südzweig der Oſt⸗ china-Bahn eine neue japaniſche Sfrafexpe dition vorbereitet, da dork große Maſſen der Aufſtändiſchen zuſammengezogen ſind. Nörd⸗ lich von Mukden iſt den Aufſtändiſchen die Einnahme eines wichtigen ſtrategiſchen Punk⸗ kes an dem Sungari⸗Fluß gelungen, wo ſie ſtarke Befeſtigungen errichtet haben. Eine ſapaniſche Abkeilung, die zur Wiederbeſetzung der Stadt ausgeſandt wurde, hat eine Nie derlage erlitten und mußte umkehren. Wie aus Nanking gemeldet wird, teilt das chineſiſche Außen inlter un mit, daß es eine Note an den Völkerbund gerichtet habe, in der die tatſächliche Lage in den einzelnen chineſiſchen Provinzen e wird. Die Note ſoll den japaniſchen Beſtrebungen im Völkerbund vorbeugen, den chineſiſchen Bür⸗ gerkrieg zur Begründung des ſapaniſchen Vorgehens in China zu benutzen. Sfaf Woſadewſüy 7. f f 5 Ein bedeutender Sozialpolitiker. 4 ö Naumburg, 25. Oktober. 5 un Der frühere Reichs⸗ und Landtagsabge⸗ ordnete, Staatsſekretär a. D. Graf Poſa⸗ dowsky⸗Wehner iſt im 88. Lebens⸗ jahr geſtorben. i 8 Mit Graf Poſadowsky iſt eine bekannte und bedeutende Perſönlichkeit unſeres öffent. lichen Lebens en Er hat ſich beſonders auf ſozlalpolitiſchem Gebiele belä ⸗ kigt. Der„Graf im Barke“ wurde in der breiten Oeffentlichkeit zuerſt bekannt, als er anfangs der 9er Jahre zum Skaaksſekrekär des Reichsſchatzamtes und einige Jahre ſpä⸗ ter zum Skaaksſekretär des Reichsamles des Innern ernannk wurde. 1909 wurde er un⸗ ter Bülow verabſchiedel. Jur Nalionalver⸗ ſammlung wurde er als Milglied der Deulſch⸗ nakionalen Volkspartei gewählt. Später ſchied er aus der Deutſchnakionalen Volks- partei aus und wandte ſich Beſtrebungen zu, die zuletzt in der Volksrechtsparkei gipfelten. deren Ehrenvorſitzender er zuletzt war. Als Mitglied dieſer Partei har er auch dem ver ⸗ floſſenen Landiag noch angehört, deſſen Al⸗ kerspräſident er war. Der Reichspräſident hat an den Sohn und die Tochter des Grafen Poſa⸗ cht. ein Beileidstelegramm ge⸗ richtet. Deutſche Tagesſchau. Zinsſenkung für landwirtſchaftliche Siedler. Amtlich wird mitgeteilt:„Die Reichs⸗ regierung hat beſchloſſen, unter Berückſich⸗ tigung der wirtſchaftlichen Lage der Land⸗ wirtſchaft und insbeſondere in Anbetracht der Entwicklung der Preiſe, namentlich der landwirtſchaftlichen Veredelungserzeugniſſe, Jahreszinſenleiſtungen für ſämtliche mit Reichsmitteln angeſetzten landwirtſchaftlichen Siedler, einſchließlich der Flüchtlingsſiedler, auf die Dauer von zwei Jahren, beginnend am 1. Juli 1932, auf 3,5 v. H. zu ſenken. Die näheren Beſtimmungen über die Durch⸗ führung dieſer Zinsſenkung werden dem⸗ nächſt bekanntgegeben.“ Poſtſtempel zur Bekämpfung der Kriegs- ſchuldlüge beantragt. Einer amtlichen Meldung aus Weimar zufolge hat das Poſtamt Weimar gegen die Abſicht des thüringiſchen Staatsminiſteriums auf den Umſchlägen aller von den Miniſte⸗ rien ausgehenden Briefe einen gegen die Kriegsſchuldlüge des Verſailler Diktats ge⸗ richtetenVermerk ſetzen zu laſſen, Bedenken er⸗ hoben, da ein Erlaß des Reichspoſtminiſters vom 24. September 1931 Aufdrucke über die Kriegsſchuldlüge uſw. beanſtandet. Das thü⸗ ringiſche Staatsminiſterium hat daraufhin das Reichspoſtminiſterium um Zurückzie⸗ hung dieſes Erlaſſes erſucht und dies damit begründet, daß der Kampf um die Beſeiti⸗ gung der Kriegsſchuldlüge höchſte politiſche ſche 1 Pflicht jedes wahrhaften Deut⸗ en ſei. Auslands⸗Nundſchau. Jriſche Boykoltbewegung gegen engliſche Waren. Wie aus Dublin gemeldet wird, hat der Mißerfolg der engliſch⸗iriſchen Verhandlun⸗ gen in der Landentſchädigungsfrage dazu ge⸗ führt, daß die Strömungen gegen den Kauf engliſcher Waren ſtark zugenommen haben. Der linke Flügel der Republikaner hat einen Boykottfeldzug gegen engliſche Waren be⸗ ſchloſſen. Polniſche Spionageorganiſakion ausgehoben. Die litauiſche Kriminalpolizei hat an der Demarkationslinie in dem Ort Seiri⸗ ga eine große polniſche Spionageorganiſa⸗ kion ausgehoben. Bisher wurden 30 Perſo⸗ nen verhaftet. Die Spionagetätigkeit ſoll ſich über die ganze litauiſch⸗polniſche Grenze er⸗ ſtreckt haben. Die Gruppe lieferte hauptſäch⸗ lich militäriſches Material an Polen. Politiſches Allerlei. Berlin. Nachdem er in Italien ein Zuſam⸗ mentreffen mit Muſſolini gehabt hat, iſt der Generalſekretär des Völkerbundes, Sir Erie Drummond, am Montag in Ver⸗ lin eingetroffen, um mit der Reichsregierung über die Neubeſetzung des Untergeneral⸗ ſekretärpoſtens zu verhandeln. f Berlin. Reichsinnenminiſter Freiherr v. Gayl ſpricht am Freitagabend im Verein Berliner Preſſe über die Fragen der Ver⸗ waltungs⸗, Verfaſſungs⸗ und der Finanz⸗ ausgleichsreform. „dienst am Kunden“ von einſt. Vor hundert und mehr Jahren war es für Banken ein ſchwieriges Problem, den für das Geldgeſchäft unerläßlichen Bedingungen der Sicherheit und der Kontrolle zu genügen. Geldſchränke kannte man damals noch nicht. n Sparkaſſen diente eine eiſenbeſchlagene Kiſte, die nachts mit einer Kette an das Bett des- Rendanten angeſchloſſen wurde, als Auf⸗ bewahrungsort für Bargeld und Wertpapiere. Der Kunde mußte ſich wohl oder übel mit „Dienſt am Kunden“, den die Sparkaſſen und Maßnahmen abkinden. die man zum Schun Beainten 5 Vorſteher unabhäng ande ohnungen Kunde der betreffenden K wungen war, mit ſeinem Sparbuch m ben Weg zwi⸗ 10 den beiden Wohn zu machen, die 4 1 weit voneinander entfernt lagen. Mit den andere Geldinstitute heute leiſten, hat dies nichts gemein. a Und erſt die Kaſſenzeiten. So gab es noch um 1850 Sparkaſſen, die nur einmal im hal⸗ ben Jahr Dienſtſtunden hatten, ſolche, die vier⸗ den, und ſolche mit einmaliger Oe Monat. An Ende des Jahres ſchloſſen die Kaſſen mehrere Wochen, um die Sparerkon⸗ teljährlich dem Publikum zur e dee ſtan⸗ ten zu erledigen, vor allem die Zinſen zu be⸗ 9 1 rechnen. An den Oeffnungstagen ſtand der Kaſſierer oft nur wenige Stunden zur Ver⸗ fügung. Durchaus etwas Beſonderes ſtellt zum Beiſpiel die Ankündigung der Sparkaſſe zu Freiburg i. B. von 1827 dar:„Die Kaſſe iſt jeden Montag in der Woche von früh 1 neun bis zwölf und nachmittags von zwei bis vier Uhr in der Behauſung des Herrn Zunftmeiſters Aloys Schloſſer offen“. Mau“ ſieht, in der„guken, alten Zeit“ war das Sparen gar nicht ſo bequem gemacht. Mannheim, 25. Okt.(Weitere Sen⸗ 16 1 des Mehlpreiſes) Die Süd. e deutſche Mühlenvereinigung, die in den letz⸗ ten 8 Tagen ihren Mehlpreis täglich um 0.10 Mark ermäßigte, hat ihren Mehlpreis aber⸗ mals um 0,30 Mark herabgeſetzt. Die heutige Forderung für ſüdd. Weizenmehl Spezial Rull per Oktober⸗Dezember Lieferung ſtellte ſich auf 30,20, für Sondermahlung mit Aus⸗ landsweizen auf 31,20 Mark für ſüdd. Wei⸗ zenauszugsmehl auf 33,20 bezw. 34,20, für ſüdd. Weizenbrotmehl 22,20 bezw. 23,20 M. waggonfrei Mannheim. Mannheim, 25. Olt.(Verbrüht.) In der Küche der elterlichen Wohnung in der Kepplerſtraße iſt ein vierjähriger Knabe in einen mit heißer Waſchbrühe auf den Boden geſtellten Topf gefallen. Das Kind hat ſich ſo ſchwere Brandwunden am ganzen Körper zu⸗ 1 daß er im ſtädtiſchen Krankenhaus arb. Mannheim, 25. Olt.(Unerlaubter Umzug.) Auf der Jungbuſchſtraße bildete 1 ö ſich ein Aufzug von Angehörigen der KPD., der unter Abſingen von Liedern in Richtung Marktplatz marſchierte. Beim Hinzukommen von Polizeibeamten ergriffen die Teilnehmer die Flucht. Der Führer des Aufzugs wurde feſtgenommen und ins Bezirksgefängnis ein geliefert. Maunheim, 25. Okt.(Ein Scheck⸗ ſchwindler wird geſucht.) In letzter Zeit verſucht in Mannheim ein Schwindler 1 in den Beſitz von Scheckheften der Mitglieder der Badiſchen Beamtenbank e mbH. Karls⸗ ruhe zu gelangen, indem er ein gefälſchtes Schreiben auf ebenſo gefälſchten Briefbogen diefer Bank an Mitglieder, hauptſächlich Wit⸗ wen, verſendet, worin er angibt, die Scheck-. hefte würden neu organiſiert und daher die bisherigen eingezogen werden. Er gibt ſich hiernach als Beauftragter der Bank aus, die Scheckhefte abzuholen. Die Staatsanwaltſchaft hat ſeine Verfolgung aufgenommen. Schwetzingen, 25. Okt.(Un rentable Poſtautobuslinie). Die Frequenz der Kraftpoſtlinie Schwetzingen— Brühl— Rohr⸗ 10 hof— Rheinau iſt in den letzten Monaten immer mehr zurückgegangen. Die Reichspoſt hat neuerdings erklärt, daß ſie nicht in der Lage iſt, dieſen Zuſchußbetrieb auf die Dauer zu halten, es ſei denn, daß die intereſſier⸗ ten Gemeindren Zuſchüſſe leiſten. Die Finanz lage der beteiligten Gemeinden, vor allem der Stadt Schwetzingen und der Gemeinde Brühl iſt jedoch ſo geſpannt, daß die Zu ſchüſſe auch bei gutem Willen nicht geleiſtet werden können. Man wird alſo damit rechnen können, daß der aaa auf der ge⸗ nannten Strecke eingeſtellt wird. Heidelberg, 25. Okt.(Keine Verſtei⸗ gerung 7) Das Hotel und Reſtaurant„Ri 1 ter“ ſoll laut Beſchluß des Notariats am 2. Dezember gerichtlich verſteigert werden. Es beſtehen nun ausſichtsreiche Verhandlungen, durch Umſchuldung der Hypotheken verhältniſſe. eine vollkommene Sanierung durchzuführen, ſo⸗ daß die Verſteigerung vorausſichtli nicht ſtatt- inden wird. Mühlhaufen b. Wiesloch, 25. Okt.(Be- ferung in der Tabakinduſtrie.) Al⸗ lenthalben macht ſich ein Aufſchwung in der Zigarrenbranche bemerkbar. In Mühlhauſen zum Beiſpiel wie auch in anderen Orten des Angelbachtales iſt 1 durch Neueinſtellung als auch durch Erhöhung der Wochenſtunden⸗ zahl eine vorübergehende, der Zigarreninduſtrie günſtige Konjunk rbelebung zu erwarten. Weinheim, 25. Okt.(Geſteigerter Um⸗ ſatz am Weinheimer Obſtgroß⸗ markt). Auf dem Weinheimer Obſtgroß⸗ markt betrug im Jahre 1931 die Geſamtanfuhr 26 948 Zentner, während ſie in dieſem Jahr bis jetzt ſchon 30 000 Zentner beträgt. Der Umſatz für das Jahr 1932 liegt bis jet ſchon um zirka 80 000 Mark höher als im Vor⸗ jahr, obwohl im Jahre 1931 der Markt bis einſchließlich Dezember geöffnet war. . ung im „Doktor konſtatiert und reſigniert den Kopf geſchüttelt. Einen Von Nilti Fürſt. Sonnenglaſt liegt über dem Auguſttag. Es ſind Erntetage. Hier und dort klingt ein Ton durch den Mittag: das Rollen eines Wagens, einer Mähmaſchine, die ſtramme Pferde ins Feld hinausziehen, das kurze Bellen eines Köters. Sonſt iſt alles ſtill. Eine ſchwere, bleierne Ruhe ſchiebt ſich durch die Wärme des Tages. Sie laſtet auf Menſchen und Dingen. Inmitten des weiten Hoſes, im Schatten der Linde, ſteht ohann Buchmann, des Bauern älteſter Sohn. Die kurze Pfeife ängt ihm in der Ecke des kühn gezogenen, nicht unſchönen undes. Den Hur hat er in den Nacken geſchoben, und über die hohe Stirn ziehr ſich in Wellen das Blondhaar herab. Wenn er nicht arbeitet, weiß der Heidebauer. ob jung oder alt. mit ſeinen Händen nicht recht etwas anzufangen; er vergräbt ſie in die Hoſentaſchen. Und das hatte auch Johann Buchmann jetzt getan. Ein ſelbſtbewußter Stolz ſteht auf ſeinem gebräunten Ge⸗ ſicht geſchrieben, der trotzige Bauernſtolz eines Menſchen, deſſen Hand und Sinn gebietend über einen weiten Kreis von Men⸗ ſchen und über ein großes Anweſen reichten, der Stolz eines Menſchen, der ſein Tagewerk mit dem Imperativ im Munde beginnt und beendet. Er blickt gelangweilt durch das Tor auf die Straße und be⸗ antwortet mit einem ebenſo gelangweilten Nicken des Kopfes den Gruß einiger Mädchen, die, Kornblumen in den geöffneten Miedern, am Hoftor vorübergehen. Er hat— meint er in ſtiller Betrachtung— alle Urſache, mißgelaunt zu ſein. Daß es auch gerade jetzt in der Erntezeit kommen mußte mit dem Alten. Am zweiten Tage ſchon ſtanden die Gäule im Stalle, ſchlichen die Leute müßig umher. Aber morgen würde er wieder fahren laſſen und auch ſelber mit draußen ſein. Dieſe Grillen überhaupt von der Mutter. Von ſeinem, des Jungen Gut ging es letzten Endes, wenn der Landwirtſchaftsbetrieb ſtill lag. Ja, was auf dem Buchmannshof faſt zu den Unmöglich⸗ keiten gehörte: er ſtockt, der Betrieb. Schon am zweiten Tage; denn hinten in der Kammer liegt der alte Bauer im Sterben. Es iſt kein ſtilles, friedliches Hinüberdämmern, das ihm be⸗ ſchieden. Er findet noch zu viel freie Konten in ſeinem Lebens⸗ buch. Viele Dinge noch gibt es, die ihm unerledigt erſcheinen, vor die der Tod ein hartes, gebieteriſches„Halt“ zu ſetzen ſich anſchickt. Seit fünf Tagen wälzt ſich der Bauer in Fieberſchauern. Auf und ab flackert das Lebenslämpchen. Der Mann auf dem Lager kann nimmer die Ruhe finden Juſt an ſeinem ſechzigſten Geburtstage hatte ihn das Fieber umgeworfen. Zwei Tage ſpäter hatte die Bäuerin den Arzt aus der Stadt holen laſſen.„Lungenentzündung“ hatte der angebotenen Imbiß hatte er dankend abgelehnt. Da hatte man gewußt, daß es mit dem Bauern zu Ende ging— denn wo ein Sterbender im Hauſe lag, ſaß Doktor Bieberwirth nicht als Gaſt am Tiſche. Der junge Bauer grollt mit dem Geſchick. Nicht etwa, weil ihm der Tod den zu nehmen trachtet, an deſſen Stelle er treten ſoll. Aber er liebt es nicht, wenn die Räder ruhen in dieſen Tagen, da draußen die reife Ernte in Garben ſteht. Was küm⸗ merte ihn die Sache der Sterbenden. „Bauer!“ ſchallt es gedämpft vom Hauseingang her. Johann Buchmann ſieht ſich um. „Sei ſöllt nah'm Vadder kamen!“ Die Großmagd ruft es ihm zu und verſchwindet wieder im Hauſe.— Auf ſeinem Lager liegt der alte Bauer. Kalter, Schweiß ſteht ihm auf der faltenbedeckten Stirn. Keuchend zittert ſein Atem. Ein über das andere Mal bäumt ſich ſein Körper auf, während die knochigen Hände ins Leere taſten. Groß und heiß brennen die Augen in wahnſinniger Angſt. f Mit aller Gewalt ſeiner zähen Bauernnatur ringt der alte Buchmann mit einem unſichtbaren Feind. Seit zwei Tagen. Und der Gegner läßt nicht locker, hält ihn mit eiſerner Fauſt gepackt und zeigt unbarmherzig mit ſeiner Knochenhand auf das Stundenglas, durch das Sandkorn auf Sandkorn rinnt. „Ich will nicht— ich will nimmer!“ ſtöhnt der Bauer.„Nur noch ein paar Tage! Mein Haus will ich beſchaffen!“ In gehetzter Verzweiflung irren die brennenden Blicke des Bauern durch das Gemach. ö f Am Bettrand hockt die Frau, die ihm durch lange, arbeits⸗ reiche Jahre treue Gefährtin war. Durch lautes Schluchzen preßt ſich ihrem Herzen ein Vaterunſer nach dem anderen ſtam⸗ meilnd über die bebenden Lippen. 5 „Vergib uns unſere Schuld... auch ihm... und gib ihm ein leichtes Sterben und die ewige ſelige Ruh.. Allmächtiger!“ Die Tür öffnet ſich und herriſch aufrecht, feſten Schrittes, tritt der Sohn in die Kammer. Kalt wie ſein Herz in dieſer Stunde iſt auch jeder Zug ſeines Geſichts. Während der Sohn abwartend am Bettrand ſteht, denkt er, daß er zu Oſtern die ſchmucke Anne Weſterdieck freien wird. Und daß jetzt vor ihm jemand flirbt, der es nicht leiden mochte— die Geſchichte zwiſchen ihm und der hübſchen Wirtstochter. 5 Der Alte hatte die Tür klappen hören und die Schritte des Sohnes vernommen. Er ſtreicht ſich mit der Hand über die ſeuchte Stirn. Ja, ſo— er hat ihn rufen laſſen. Er winkt der Frau, zu gehen. Leiſe ſchlägt die Tür hinter ihr ins Schloß, Der Sohn läßt ſich auf den Stuhl nieder und wartet, bis ſich der Alte geſammelt hat. 5 „Johann, ſind wir allein?“ „Wir ſind allein, Vater!“ a 5 9 0 8 Mühſam richtet ſich der Sterbende ein wenig auf, ſucht 010 im Kopfkiſſen und hält ein Papier in der zitternden Hand. „Das iſt mein Teſtament, Jung'; ich hab's noch ſelber auf⸗ ſchreiben können. Den Advokaten brauchen wir nicht, wir Buch⸗ manns. Braucht nicht jeder zu wiſſen, wie's ſteht um uns, Jung'. Es betrifft dich— ja, und die anderen: Muttern, den Fritz und die Mädchen. Sind aut verheiratet, die Mädchen. mit meinem Geld. Hab's ſauer verdient, Aber ſie ſind gut, die Mädchen. Hunderttauſend ſollen ſie noch haben, die Lieſe und die Marie— jede hunderttauſend Mark. Der Fritz kriegt zwel⸗ hunderttauſend Mark. Hab's ſchwer verdient. Aber er iſt ein braver Burſch und wird die Schultzen Grete freien. Der Mutter bleibt ein Auskömmliches. Und du 1 „Und ich, Vater?“ Bisher hatte der Sohn ohne äußere An⸗ teilnahme zugehört. 0 1 „Und du— viel wird nicht bleiben— an Barem, mein ich. Dreißigtauſend Mark— etwas mehr noch. Und der Hof. Iſt eine dreimal hunderttauſend Mark wert.— Den Hof kriegſt u, wenn du nicht die Weſterdieck Anne freiſt! a b Sie iſt ne Fünſche, Johann, die hoch hinaus will und nicht arbeiten mag. Und betrügen tät' ſie dich— das iſt ne Mauns⸗ tolle! Glaub' mir, Johann! Nimm ſie nicht. Sonſt kriegſt du nur den Pflichtteil und mußt vom Hof.. Hier ſteht alles drin im Papier...“ 5 4 Der Junge will auffahren in hartem Bauernſinn: aber etwas anderes wird in ihm wach. Er lächelt überlegen und ſagt:„Wo dentſt du hin, Vater! Natürlich nehm' ich die Anne Weſterdiek nicht!“ 55 1 „Verſprich es mir in die Hand, Jung'! Schwör' es mir! Der 1855 legt die Hand in die des Vaters. wör' 2 gut, Jung! Biſt immer wacker brav geweſen. Die 7 Buchmanns haben noch keinen Meineid getan. Du wirſt nicht der erſte ſein. Wär auch ſchlimm., ſehr ſchlimm. für dich und die anderen. Und ich könnt' nimmer ruhig ſchlafen, wenn ein Buchmann falſch geſchworen hätt'!“— Sonnenſtrahlen ſtreichen durch den Raum, durch den das Röcheln des Sterbenden klingt. Der Bauer lächelt ſchwach. Jetzt iſt's ihm leichter. Er lehnt ſich zurück. Ermattet ſchließt er die Augen. 2 Ein Ruck geht durch die Geſtalt— der Bauer hat aus⸗ gelitten.. „Du wirſt ſchon ruhig ſchlafen“, flüſtert der Sohn, nimmt dem Vater das Papier aus der erſtarrenden Hand und ſteckt es in ſeine Taſche. 0 Dann geht er hinaus— feſten Schrittes. Wie er gekommen. Jetzt iſt er der Herr!— f 5„ In der Küche am Herd ſteht der junge Bauer und blickt ſinnend in die Flammen, die gierig ein beſchriebenes Blatt aufzehren. Dann tritt er hinaus und geht eiligen Schrittes aus dem Hoſe, die Dorfſtraße entlang— ins Wirtshaus, um beim Wirt um die Tochter zu freien.. 1 Von Franz Friedrich Oberhauſer. „Cornelius!“ ſagte Klas Poell, der Reeder, ein grünes Blatt Papier in den zitternden Händen, ſich langſam ſetzend: „Cornelius, da—„Die Brüder' in Seenot bei Java, Heimreiſe, volle Ladung mit Kupfer. Meine Schiffe ſind alle draußen! Ich habe nichts— brauche Deckung: ich gebe dir fünf Prozent!“ Cornelius ſah durch das Fenſter auf die dampfenden Werften. Silberwolken ſtiegen da unten auf, Segel blühten wie tropiſche Rieſenblüten. Sirenen heulten. Und Cornelius, Sohn des alten Cornelius Weetering, zeigte auf die Roſen, die ſahraus, jahrein auf dem Tiſche in ſeinem Arbeitszimmer ſtanden. Blaſſe Roſen, wie betende Frauenhände, Roſen: Caroline Testout. Und ein geſunkenes Schiff der Reederei Weeterings: Caroline Testout. „Zehn Prozent!“ rief Klas, von Angſt gewürgt.„Zwölf!“ „Mein Vater...“ „Hätte mir geholfen, Cornelius, bei Gott!“ „Du denkſt nicht an die geſunkene Testout!“ begann Corne⸗ im Graben und noch nicht einmal deen dürfen, wie die Waldmäuſe kommen und es holen ſchnitt mix der Schmerz durch die Seele! Und wie ſehnte ich mich nach Pate wo man nicht verlaſſen, wo Verſtändnis war, wo man ſein Herz ausſchütten konnte und wo man alles wußte und machte, wie es ſich gehört. f Und dann, und dann? Dann eine Zeitlang nichts. Die Jahre, in denen man ſeinen Stolz darein ſetzt, allerlei Gefühle gefliſſentlich zu unterdrücken, gar Heimweh geringſchätzig ab⸗ zutun. Einmal, ja einmal, als mein Vater dem hoffnungsvollen Sohn und Jüngling das Reiſegeld zu einer Rheinfahrt aus⸗ gehändigt und alle ſehenswerten Orte an Hand der Karte mit ihm ſtudiert und aufgezeichnet hatte, und als der junge Mann dann in Köln auf den Einfall kam, den Rhein für ſpäter aufzu⸗ heben und ſich vorher Paris zu beſehen. und als den Vaga⸗ bunden bei den Parlezvous der erſte Brief der Mutter dann erreichte, in dem ſie— verzieh und vermittelnde Worte beim Vater verſprach, da war es wohl wieder da für einen Augen⸗ blick, das brennende Heimweh, aber durchſtrahlt und durchſonnt von einem unendlichen, über alle Grenzen gehenden Gefühl der Geborgenheit. Und ſpäter wurde es rätſelhaft. Nicht an den großen und einſchneidenden Tagen im Leben— oft bei dem lächerlichſten, ſcheinbar geringſten Anlaß, urplötzlich war es da. Nicht als die Fremde mich wirklich aufgenommen. Nicht als Vater ſtarb. Da war Schmerz, Schmerz allein, nicht Heimweh. Aber als ich am Morgen nach meiner Hochzeitsnacht im ſtrömenden Regen in nüchterner Stadt gelaufen war, Stiefel beſorgen, weil die anderen drückten— da als Hans im Glück, der neue Heimat erworben— auf einmal war es mir, als ob ich heulen müßte, wie ein Schloßhund heulen. Vor Heimweh! Warum? Nachher im Kriege. Furchibarſtes mochte geſchehen. An Todesangſt, Qual, Graus und Entſetzen. Man war dumpf und ſtumpf. Und zwanzigmal beim Morgendämmern in der Frühe im Feld hat der kleine Vogel gelockt. Einſamer Poſten. Du hörteſt ihn kaum. Aber einmal lockte er wieder, nicht anders als ſonſt, da zerriß es dir die Seele in namenloſem Weh, daß du dich hätteſt niederwerfen und in die Steine beißen mögen. Das Heimweh! Jetzt bin ich daheim, bin lange daheim. Meine liebe Frau und mein liebes Kind. Liebe Arbeit, freudige Tätigkeit. Wie kommt es, Bruder, daß dich und mich in der Heimat ſelbſt jäh und plötzlich und ſchmerzend ein Heimweh befällt? Ein Weh um die Heimat! Warum? Von Max Dörner. Wenn mein lieber Vater noch lebte, dann hätte ich ihm dieſer Tage lius leiſe, aber eindringlich.„Soll ich die Geſchichte noch einmal erzählen? Du hatteſt damals eine verſchloſſene Tür. Es war unſer beſtes Schiff, mußte die ganze Ladung abgeben, weil.. nun. Klas.. das Schiff ſank.. Erfahrung macht reif ein Zeitungsblatt zuge⸗ ſchoben. „Hier, Vater, lies das einmal!“ f 2 ö d de ätte V eleſen und hart! ſagteſt du damals! So halte ich nun den Brauch, Und dann hätte Vater geleſen. nutz den Ra 15 Sieh hin: Caroline Testout... ſeit Jahr und. Von dem Slewn Grock zätte nalen dem großen Clown Tag ſtehen dieſe Roſen dort..“ Grock, der als kleiner Clown angefangen und der ein großer „Dreimalhunderttauſend Gulden, Cornelius!“ raffte ſich Klas zum letzten Male auf.„Ich gebe fünfzehn!“ Schweiß lief über ſeine Stirn. Draußen flammte der Abend, Wind⸗ Clown geworden iſt, über den die ganze Welt heute lacht und der es zu einer Beſitzung an der Riviera gebracht hatte. Bei der Beſitzung an der Riviera angekommen, hütte ich mühlenflügel hoben ſich über das Geflecht der Dächer, im Hafen gehuſtet oder mich geräuſpert, und Vater würde von der ſchäumte das Rot, die Wellenketten gleißten wie ſilberne Zeitung aufgeſehen und gefragt haben: 5 1 Ketten „Sagteſt du was?“ Cornelius ging zur Tür. Klas ſtand auf, ſeine Augen] Ich hätte verneint. 45„ 5 fragten noch einmal. Aber die Blicke Cornelius' ſchweiften auf Dann hätte er weiter geleſen. Wie der Clown Grock in aller den Tiſch, wo die Roſen ſtanden. Herren Länder gekommen und in einem abenteuerlichen Leben Klas neigte den Kopf. Ergriff die Klinke:„Nun denn, auch ohen Fertigkeiten und eine tieſe Menſchenkenntnis ſich er⸗ Karoline, meine Tochter, iſt auf dem Schiff. alſo bleibt der Name Rächer!“ a. 5 Die Tür fiel zu. Cornelius ſah in das Dämmer. Es dauerte worben und ernſt und weiſe und durch ſein Wiſſen um die Menſchen erſt zu jenem großen Clown und Parodiſten wurde, der ſich über den Durchſchnitt erhebt. Ja, und der ein wohl⸗ eine Weile, ehe er den Schalter des Lichtes drehte. Draußen beſtallter Mann heute iſt, ein honoriger Mann und ein reſpek⸗ hing der blaue Brokat der Nacht über dem Hafen * Als Klas nach Hauſe kam, fand er auf dem Tiſche ein Bukett Karolinenroſen und darunter einen Vertrag auf hundertfünfzigtauſend zu fünf Prozent. Langſam nahm Klas das Papier in die Hand. Ehe er aber mit der Deckung zu ſeinem Prokuriſten ging, faßte ihn das Gewiſſen..„Du biſt im Recht, Cornelius. Ich brauch' dein Geld nicht. Kein Dienſt der Liebe..“ Er nahm die Roſen in die Hand:„Ihr ſeid niein Schickſal!“ Er ſteckte den Vertrag in den Umſchlag und ſchickte ihn Cornelius zurück. Dann war er mit der Nächt allein. Ein hartes Los, das des großen Handelsherrn. Als der Morgen über den Türmen der Stadt erglänzte und die Dächer entſchleierte, ſaß Klas noch immer vor dem Schreibtiſche. Jede Sekunde Qual und bange Frage. Gegen Mittag kam die Funkendepeſche:„Schiff geſtrandet, Ladung gerettet. Alles in Sicherheit!“ 2 Vor ihm auf dem Tiſche ſtanden die blaſſen Roſen, auf— geblüht und groß. Klas ſah ſie an und lächelte müde... * tabler Weltbürger wie nur einer, der eine Beſitzung an der Riviera hat, auf die er ſich zurückziehen kann, wenn er aus⸗ ruhen oder wieder einmal den Finger an die Naſe legen und nachdenken will über dies und das. Das hätte mein Vater geleſen und dann hätte er mir das Zeitungsblatt zurückgereicht und mich auf ſeine freundliche Weiſe angeſchaut und zugeſehen, wie die Zeitung ſorgſam zu⸗ ſammengefaltet in meiner inneren Rocktaſche verſchwunden wäre. Danach hätte Vater ſich bedächtig eine Zigarre angezündet und mir auch eine gegeben, und wir hätten eine Zeitlang beide ſtumm geraucht. Bis ich mich nicht mehr enthalten haben würde zu murren: „Deine Schuld!“ Und Vater hätte die Aſche von ſeiner Zigarre geſtreift und geantwortet: „Dir iſt wohl eine Laus über die Leber gelaufen, mein Junge?“ „Nein! Aber ich könnte heute auch in meiner Villa an der Riviera ſitzen und die Menſchen beſſer kennen, und könnte ernſt 1 13: 5 ije ſei f Finge die Naſe 8 9 11 „Cornelius!“ ſagte Klas nach einiger Zeit und reichte dem und weiſe ſein und meinen Finger an die Naſe legen und über jungen Kaufherrn die Hand über einem Strauß Roſen:„Es neue Späße ſinnen, wenn.. iſt Zeit, wieder an Freundſchaft zu denken. Du haſt es Karoline zuliebe getan! Ich gebe ſie dir!“ 5 5. Und draußen, unten im Hafen, an den Werften und Schiffs— Wenn?“ 15 1 19* 9 3 3 „Wenn du damals, als du mit den Dreikäſehochs, mit deinen beiden Jungen, aus dem Zirkus kamſt, und wir wieder fabu⸗ 1 12 2 7 2 3 7 1 10 8 1 ſuster 1 17 b 160 on Na ſtationen, dröhnte der Schlag der Arbeit: ſeine Melodie hing lierten, was wir wohl ſpäter einmal werden möchten im Leben, hart und klar über all den vielen Schiffen, und über allem lag das Glück und der Schimmer der Sonne. Heimweh. Von Max Dörner. Das erſtemal, da war ich ein Knirps von ſieben Jahren. Ich weiß es noch wie heute. Die Eltern hatten mich und meinen faſt zwei Jahre älteren Bruder während der Ferien zu Verwandten nach Weſtfalen gebracht. Es gefiel uns auch gut. Aber eines Tages ſetzte uns die liebe Tante in die Bade⸗ wanne. Mein Bruder ſah mich an und ich ſah auf ihn. Die Wanne war kaum knapp halb voll. Das Waſſer ging uns nur bis an den Nabel, und es war auch zu kalt. Da faßte mich ein wildes Heimweh an und verzweiflungsvoll habe ich das Gefühl der Fremde und des Unverſtandenſeins aus mir heraus und in mich eech 1 a 15 Das zweite Mal— ein Unglück kommt ſelten allein fiel noch in dieſelben Ferien. Tante hatte uns in den Wald geſchickt und Butterbrote mitgegeben. Wir wickelten aus, und ſiehe da, es war Leberwurſt und auf Schwarzbrot gelegt, Das kannten wir nicht, und mein an Erfahrung ſo unendlich viel reicherer Bruder erklärte ſofort, man könne es nicht eſſen. Aber der Tante dürfe man es nicht ſagen, ſonſt würde ſie böſe, und wir wollten das Brot in den Graben am Wegrande für die Wald⸗ mäuſe legen. Doch wir müßten auch weggehen; ſie kämen ſonſt nicht, die Mäuſe. Das war zuviel! Die Tante, die noch nicht weiß, daß man Schwarzbrot mit Leberwurſt nicht eſſen kann und die böſe wird, wenn man es ihr ſagt, und das Frühſtück ja, Vater, wenn du damals nicht zu mir geſagt hätteſt: Straßen⸗ bahnſchaffner, wie dein Bruder Karl es will, das iſt ein guter und vernünftiger Beruf. Und falls er tüchtig iſt, wird er gar Kontrolleur über viele, viele Straßenbahnen; es iſt aber nicht auszudenken, über wie viele. Aber ein Clown? Nein, ſchlage dir das aus dem Sinn. Dazu muß man geboren ſein. Clown iſt man, Clown kann man nicht werden! Sieh, inzwiſchen iſt Karl nun Kontrolleur geworden, zwar nicht direkt bei der Straßenbahn, aber er dirigiert einen großen Betrieb, in dem das Netz der Verantwortlichkeiten, wie Straßen⸗ bahnen, durcheinanderläuft, und er fühlt ſich wohl und glücklich dabei. Und was aus mir geworden iſt? Na, Vater, bis zu einer Beſitzung an der Riviera habe ich es bis heute nicht gebracht, und ich muß immer denken, wenn du meinen glühenden Eifer, meine brennende Sehnſucht damals, als wir aus dem Zirkus kamen, nicht mit einem Kübel eiskalten Waſſers übergoſſen hätteſt und mich lieber doch hätteſt Clown werden laſſen...?“ Und mit dem unnachahmlich geſpielten Erſtaunen; deſſen ein Humor nur fähig iſt, der auf der niefſten Kenntnis alles menſchlich Wehen und Wunden ruht, hätte Vater gelächelt: „Mein Junge, biſt du denn kein Clown geworden?“ „Ach, Vater, nicht einmal ein kleiner.“ „Ein großer, mein Junge, ein großer 8 Wenn Vater noch lebte. Er lebt nicht mehr. 5 4 1 Ich habe ihn zu fragen vergeſſen, ob man zur Villa an der Riviera auch extra geboren ſein muß. Clown iſt man, Clown kann man nicht werden! 27CFCCCCG00( Schuricht war in dieſen letzten Wochen in den Ruheſtand getreten und befaßte ſich nur noch aus Liebhaberei mit der Roman von Gert Nothberg 14. Fortſetzung. Nachdruck verboten. Kommiſſar Schuricht war einige Male verreiſt geweſen, und in der letzten Woche hatte er ſchmunzelnd zum Unter⸗ ſuchungsrichter geſagt: 10 10 055 kleine Ueberraſchung wird es ſchon geben, denke tir.“ „Wieſo? Dann ſprechen Sie doch!“ 88 9 ſehr ungehalten. r der alte Herr lächelte nur zu dem j ifri Juriſten hinüber. 10. .„Ich pflege erſt dann über eine Sache zu ſprechen, wenn ich dieſer Sache auch vollkommen 16 55 1 9 0 „Aha, alſo doch noch nicht ganz ſicher!“ Der Unterſuchungsrichter freute ſich ſichtlich. Kommiſſar Schuricht wiegte den grauen Kopf hin und her. „Irren iſt menſchlich. Man hat es zu oft erkennen müſſen, um es abzuſtreiten. Eines zu ſagen kann ich aber heute ſchon mit gutem Gewiſſen verantworten: Oberförſter Melenthin iſt an der Tat genau ſo unbeteiligt wie zum Beiſpiel wir beide.“ „Das 5855 das iſt—“ „Das iſt eine feſtſtehende Tatſache. Ich hoffe, ſchon in Kürze den wirklichen Täter überführen zu können.“ *. ** Graf Eſchweiler ſchwebte noch immer in Lebensgefahr. Der Schuß hatte die Lunge durchbohrt. Seine Mutter, ſein Freund, Tante Helene und Irmengard waren in ſchwerſter Sorge um ihn. Und als endlich das wütende Fieber wich, lag er völlig teilnahmslos da. Im Fieber war immer wieder der Name des Mädchens gefallen: „Reni! Liebe, kleine Rent, ich liebe dich!“ Das hatte die Mutter genau ſo gut hören müſſen, wie es der Freund, die Aerzte und die Pflegerinnen gehört hatten. Er liebte dieſes Mädchen! Jetzt wußte ſie es! N Seit er wieder bei Bewußtſein war, hatte er ſie noch nicht erwähnt. Er ſprach überhaupt nichts. Mit niemandem! Die Aerzte machten beſorgte Geſichter. Geheimrat Pro— feſſor Kranz beobachtete den Kranken genau. Ihm kamen ſonderbare Gedanken. Doch er ſagte nichts. Eines Tages aber meinte er: „Gnädigſte Gräfin geſtatten mir, zu erklären, daß die größte Gefahr vorüber iſt und daß ich mich nach Hauſe be⸗ geben möchte. Man erwartet mich. Eine Kranke muß eine ſchwierige Operation an ſich vollziehen laſſen, und ſie wartet nun ſchon ſo lange auf meine Rückkehr. Mein Kollege hier iſt ſehr tüchtig und wird den Kranken ſorgſam betreuen. Die Hauptſache iſt jetzt auch nur noch gewiſſen⸗ hafte Pflege, und die hat der Herr Graf beſtimmt.“ Gräfin Maria erſchrak. Sie hätte den berühmten Arzt gern noch hierbehalten; doch ſie ſah es ein, daß ihn andere Pflichten riefen, und er konnte hier ja wohl auch nichts mehr tun. i So reiſte Profeſſor Kranz am nächſten Tage ab. Mit ſeinem Kollegen hatte er noch eine längere Unterredung. . 14.*. Es war an einem wunderſchönen Sommermorgen! Alle Schönheit der Natur drängte ſich zuſammen. Und an dieſem Morgen war die Verhandlung gegen Oberförſter Melenthin. Der Verhandlungsſaal in der Kreisſtadt war gedrängt voll. Der Unterſuchungsrichter war merklich unruhig. Er hatte ſein Material ſo hübſch beiſammen. Kommiſſar Sache, wenn man ſich ſo ausdrücken wollte. Amtlich hatte er nichts mehr mit den Angelegenheiten zu tun. So mußte man eben abwarten, was er eigentlich heute auskramen würde. Und dann begann die übliche Verhandlung mit all ihrem Drum⸗und⸗Dran. Mit blaſſem, ernſtem Geſicht ſaß Melenthin auf der An⸗ klagebank. Er ſah keinen Menſchen an, ſondern ſtarrte vor ſich nieder. Er fühlte nicht die Frauenaugen, die ſich mit unendlicher Liebe auf ihn richteten. Er nahm keinerlei Notiz von Irene Lindemann, deren Herz ſchmerzlich klopfte, als ſie ihn nun wiederſah. Nur einmal blickte er auf. Das war in dem Augenblick, als Fräulein Verene Beringer als Zeugin aufgerufen wurde. f Es zuckte im Geſicht des Mannes. Man wußte nicht, ob es Schmerz oder Verachtung war. Und dann ſagte Verene aus. Sie ſprach noch einmal von der grotesken Geſtalt, die ſie geſehen hatte. Dann wurde die ſcharfe Stimme des Vorſitzenden ver⸗ nehmbar: b „Fräulein Beringer, es klingt wie ein Märchen und iſt wohl auch eins. Noch ſind Sie nicht vereidigt. Ueberlegen Sie, was Sie ſprechen! Gerade das Revier des Grafen von Eſchweiler wurde hervorragend gepflegt, und eine An⸗ zahl Forſtperſonal war ſtets in den Wäldern. Es müßte doch wenigſtens jemand dieſe Geſtalt gleichfalls einmal ge⸗ ſehen haben. Es iſt auch weit und breit nichts bekannt, daß irgendwo ein Kretin oder ſo etwas lebt. Vielleicht war es eben doch nur der furchtbare Schrecken, der Ihnen dieſe Geſtalt vorſpiegelte?“ „Nein, ich ſah die Geſtalt ganz gewiß!“ „Dann kommen wir damit nicht weiter. Sie haben nichts weiter hinzuzufügen?“ „Nein!“ Der Verteidiger erhob ſich, ſein Geſicht ſtrahlte, den ſoeben kam Kommiſſar Schuricht auf 7 1 1 ihm ſchritt eine ſonderbare Geſtalt: klein, verwachſen, mit großem Kopf und zottigem Haar. Verene ſtieß einen lauten Schrei aus. „Dort! Das— iſt— die Geſtalt!“ ihr Mitleid! Liebe wollte ich, wie andere Menſchen durch Die vom Fliederhaus Das ſeltſame Geſchöpf mit dem zettigen Haar blickte aus ein paar guten Augen auf die Menſchen, die wie ent⸗ geiſtert zu ihm hinſahen. 5„Meine Herren, hier iſt der Täter! Es iſt Paovo Phil ⸗ lippi, ein Zirkuskünſtler vom Unternehmen Urrden. Er liebte die Trapezkünſtlerin Lelia Menori und war ihr in hündiſcher Treue ergeben. Die Künſtlerin war verlobt mit einem Freunde des Grafen von Eſchweiler. Er konnte ſie jedoch nicht heiraten, ſolange ſein Onkel, deſſen Erbe er war, lebte. Inzwiſchen war Lelia lungenkrank geworden; der Bräutigam war in ſchwerſter Sorge um ſie. Das war vor dreizehn Jahren in Budapeſt. Die Artiſtin blieb noch immer ihrem Berufe treu und wollte nichts davon wiſſen, ſich von ihrem Verlobten unterhalten zu laſſen. Nicht ein⸗ mal für ihr Kind nahm ſie etwas vom Vater an. Sie mochte darin vielleicht ſehr recht haben. Aber etwas Un⸗ erwartetes trat ein. Der Baron Gerber verunglückte auf der Jagd, und in ſeiner Todesſtunde nahm er dem Grafen Eſchweiler das Verſprechen ab, für Lelia und das Kind zu ſorgen. Graf Eſchweiler hat ſein Wort gehalten. Das nur nebenbei. Ich bin nicht befugt, den wahren Namen der armen Kranken zu nennen und auch nicht den Aufenthaltsort, den ſie ſich erwählt. Lelia Menori war ſelbſtverſtändlich nur ein Künſtlername. Nun zu Paovo Phillippi! 5 Er war viele Jahre der Kollege der Artiſtin. Er liebte ſie! Sie hat ihn nicht ausgelacht, ſondern ab und zu ſeine Hand geſtreichelt. Als der Baron tödlich verunglückte, er⸗ wachte eine törichte Hoffnung in ihm. Und er hat dieſe Hoffnung auch gegen Lelia ausgeſprochen. Da wurde ſie das erſte Mal zornig. Geh', Paovo, du biſt verrückt!“ Und er ging! Aber was er bei Baron Gerber für ſelbſtverſtändlich ge— halten, das mißgönnte er jetzt dem Grafen Eſchweiler. Er vermutete ein Liebesverhältnis zwiſchen den beiden und fing an. den Grafen zu haſſen. Der hatte davon keine Ahnung. Dieſer hat Lelia nie geliebt, hat nur das getan, was er dem Freunde verſprochen. Merkwürdig iſt dabei nur das eine: Die Artiſtin nahm vom Vater ihres Kindes keine Unterſtützung an. Von Graf Eſchweiler aber hat ſie dieſe ſeit Jahren angenommen. Doch auch dafür gibt es eine Löſung: Sie liebte den Grafen, ſeit ſie ihn das erſte Mal geſehen hatte! Wäre Gerber nicht auf der Jagd verunglückt, er, der ſeine Braut über alles liebte, ſo wäre mit der Zeit ſicherlich eine Tragödie daraus geworden. Eſchweiler blieb aber immer nur kühl und freundlich zu der kranken Frau, die allmählich einſah, daß ſie verzichten müſſe. Das hai ſie nun längſt getan. Sie hat nicht mehr lange zu leben; doch ſie iſt wunſchlos und zufrieden, denn für ihr Kind wird geſorgt, wenn ſie ſtirbt. Paovo Phillippi iſt damals nach dem Unfall des Barons Gerber noch längere Zeit mit Lelia beim Zirkus tätig ge⸗ weſen. Dann war ſie eines Tages fort. Und der Direktor hatte ſein Wort gegeben, nicht zu verraten, wohin ſie ge⸗ reiſt ſei. Paovo war außer ſich. Ueberall hat er Lelia geſucht. Endlich fand er ſie. Und er mußte fehen, daß der Graf Eſchweiler ſie beſuchte! Da hat er den unſeligen Entſchluß gefaßt, ihn niederzuſchießen. Er iſt mir freiwillig hierher gefolgt, als er in meinem Beiſein von Lelia erfahren mußte, daß ſie ihn nie lieben könnte— nie! Paovo Phil⸗ lippi möchte ſeine Tat ſühnen.“ Totenſtille! Aller Augen hingen an dem ſonderbaren, unheimlichen Menſchen. Dieſer trat vor. „Ich habe es getan! Laßt den anderen frei— er iſt unſchuldig! Ich habe ihn gehaßt, den großen, ſchönen Kerl. Er, der nur kommen brauchte, und Lelia war ihm im ſelben Augenblick ſchon verfallen. Weshalb ſollte ich Gerber haſſen? Ich wußte ja, daß er nur mein Leidensgenoſſe werden würde. Lelias Liebe gehörte dem anderen! Nach mir hat ſie nicht gefragt. Was nützte mich ihre Liebkoſung, die ſie ebenſo ihrem Bruder hätte angedeihen laſſen. Ich wollte mehr, mehr! Ich war auch ein Menſch mit einem heißen Herzen. Aber ich war ja nur ein Tier! Ein Tier! Weil ich mein Ausſehen büßen mußte. Die Leute im Zirkus haben mich verlacht, die Kollegen haben mich verlacht— nur Lelia nicht. Aber ich habe es einſehen müſſen, daß das, was ich für Liebe hielt, nur Mitleid war! Was ſollte mir Liebe beglückt werden. Lelia wollte ich. Was wißt denn ihr, die ihr gleich hier über mich zu Gericht ſitzen werdet, was wißt ihr, wie es im Herzen einer von der Natur ge⸗ ſtraften Kreatur ausſehen kann! Ich habe nur häßliche Menſchen nicht gehaßt! Alle anderen, den Grafen Eſch⸗ weiler voran, hätte ich jederzeit töten können. Hätte ich gewußt, daß Lelia auch litt, daß der Graf ſie ja gar nicht liebte, dann wäre alles anders gekommen. So aber, in meinem Wahn, mußte er eben ſterben. Aber er iſt nicht geſtorben. Er lebt! Das iſt gut ſo! Auf Ihren Ge⸗ ſichtern leſe ich, wie ſehr Sie ſich wundern, daß der Kretin Paovo Phillippi deutſch ſpricht. Ausgezeichnet ſogar! Ja, warum ſollte ich es nicht können? Ich, der ich bis zu meinem ſechzehnten Lebensjahre in einem hochfeudalen deutſchen Schloß gefangen gehalten wurde, weil man ſich des einzigen Sohnes und Erben ſchämen mußte. Aber meine Kinderfrau, die noch immer im Schloſſe war, trotz⸗ dem mich längſt zwei Lehrer erzogen hatten, die nahm mich einmal am Abend mit in einen Zirkus. Und da wußte ich, wie ich in Zukunft leben würde. Nicht mehr hinter ver⸗ goldeten Gittern— nein, in Freiheit! So kam ich zum Zirkus. Genug nun von mir! Meinen wahren Namen werdet ihr niemals erfahren. Paovo Phillippi bittet um ſeine baldige erurteilung!“ Die Zuhörer wagten kaum zu atmen. Atemloſe Stille. Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) herum. Das war das erſte Geräuſch, das hörbar wurde. Halb mitleidig, halb voll Grauen blickten die Menſchen noch immer auf den Mann, der ruhig daſtand. Seine ſchönen Augen muſterten gleichgültig die Umgebung. Am Richtertiſch ſprachen die Männer miteinander; dann verkündete der Vorſitzende mit lauter Stimme, daß die Verhandlung abgebrochen würde. Paovo Phillippi ſei in Haft zu behalten. Ob und wann man ihn verurteile, müſſe erſt beſchloſſen werden. Der Oberförſter Melenthin ſei ſofort aus der Haft zu entlaſſen. Da das Material gegen Phillippi von einem der fähigſten deutſchen Beamten zu⸗ ſammengetragen worden ſei, wäre der Angetegenheit un⸗ bedingt Glauben zu ſchenken. Daraufhin ſei alſo der bisher Verdächtigte ſofort zu entlaſſen. Zwei Wachtmeiſter traten, an Phillippi heran. Er ſchüttelte nur mit dem Kopfe und lächelte. „Nicht anrühren, bitte! Ich komme ſchon!“ Ruhig ging er zwiſchen den beiden Männern hinaus. Das Publikum ſtand noch unter dem Eindruck einer un⸗ erhörten Erſchütterung. Langſam entfernte es ſich. 150 Lindemann hatte den Arm um Verene Beringer „Kommen Sie, Verene!“ f Oberförſter Melenthin, von ſeinem Verteidiger und einer Menge anderer Herren freudeſtrahlend umringt, blickte auf die beiden ſchlanken Geſtalten. Ein merkwürdiger Zug lag auf ſeinem Geſicht. Er wußte durch ſeine Tante, daß Irene Lindemann die Kinder im Forſthauſe wie eine Mutter verſorgte. Daß die Kinder dafür nun auch an ihr hingen wie die Kletten. f Tante Paſtor hatte es, ſelbſt über dieſe Tatſache höch⸗ lichſt erſtaunt, berichtet. Die alte Dame ſchien aber doch froh zu ſein, daß ſie die Kinder nicht hatte zu ſich zu nehmen brauchen. Ihr war die Ruhe auch lieber. a Oberförſter Melenthin hatte während der letzten Wochen in der engen Zelle über vieles nachgedacht. Und da war er zu einem anderen Schluß gekommen, wenn er über ſein Verhältnis zu Verene Beringer nachdachte. Sie liebte den Grafen! Das war das einzige, was bedauerlich an der Tragödie war, denn der würde ſie ja nie heiraten, und ſo blieb für ſie eben doch nur ein armſeliges Leben voll Entſagung. Daß ſie ihn, Melenthin, nicht mochte, war recht gut ſo! Niemals paßte dieſes ſchöne, kleine Mädel zur Stiefmutter. Sie, die ſelbſt noch ſo jung und gewiß voller Ideale war. Zu ihm und ſeinen Kindern gehörte eine Frau, die des Lebens Leid und Freude ſchon kannte. Die mit ruhiger, ſicherer Hand die Zügel im Forſthauſe in die Hand nahm. Eine Frau, die er hochachtete und ſchät e, der er gut war! Und— eine ſolche Frau— wäre— vielleicht— Irene Lindemann geweſen! Dieſe Gedanken hatte der Oberförſter auch noch, als er nach langer Zeit wieder durch ſeinen geliebten Wald ſchritt. Voll tiefſter Dankbarkeit hörte er auf das Singen der Vögel, mit Freude ſah er das Rudel Rehe, das zur Tränke an den Waldteich ſchritt. Langſam, ganz langſam ſchritt der Oberförſter durch den Wald, um ja dieſen lange ent⸗ behrten Genuß voll auszukoſten. Völlig unerwartet kam er dann in ſein Haus. Die Ae e ee dem Wäſcheſchrank, und daneben ſtand ein kleiner Koffer. Da hinein legte die Fr erſchiede Milch 0 g Frau verſchiedene „Das ſehe ich nicht ein. Ich hab' mich hier geplagt, hab' den Mann auch gern gehabt, und nun kann ich ſehen, was hier wird. Ich will wenigſtens beiſeite ſchaffen, ſoviel ich kann. Ganz umſonſt—“ „Nein, ganz umſonſt ſoll es nicht geweſen ſein, Ihr Daſein in meinem Hauſe, liebe Frau Goriſch. Die Wäſche bleibt da. Aber Sie erhalten zweihundert Mark und ver⸗ laſſen auf der Stelle das Haus! Diebinnen kann ich nicht gebrauchen!“ ö Oberförſter Melenthin ſagte es ruhig und brannte ſich eine Zigarre an. Sie erſtarrte faſt zur Salzſäule, als ſie ihn ſo un⸗ vermutet wiederſah. Als ſie ſich mühſam gefaßt hatte, ſagte ſie: „Fort? Ich ſoll fort? Jetzt werden Sie doch nicht daran denken, die— die— Fräulein Verene Beringer zu heiraten?“ i„Nein! Da Fräulein Beringer mich nicht will, läßt ſich nicht gut eine Heirat erzwingen. Trotzdem verlaſſen Sie augenblicklich das Haus! Es ſoll ein reinerer Geiſt hier einziehen. Hier iſt das Geld!“ Vor ſeinem Blick ſenkte die Goriſchen die Augen, griff nach dem Geld und verſchwand.. „Pfui!“ Melenthin meinte das Leben der letzten Jahre. Dann ging er durch die Zimmer, immer noch nach⸗ denklich, voll ſchwerem Ernſt. Wo mochten die Kinder ſein? Im ganzen Hauſe war eine wohltuende Ruhe. Von der Küche her war Teller⸗ geklapper zu hören; aber es klang auch gedämpft. Im hinteren kleinen Zimmer fand er die Kinder end⸗ lich, jedes über eine Arbeit gebeugt. Entgeiſtert blickten ſie auf den eintretenden Vater. Und dann ſprangen ſie auf und hingen ſich an ihn. „Vatel, Tante Irene hat uns ſchon geſagt, daß du heute kommſt. Sie mußte noch einmal ins Fliederhaus. Aber ſie kommt bald wieder. Wir haben jeder eine Arbeit auf. Ich mache Aufgaben für die Schule, und Fritzel muß ein Haus malen. Es muß alles fertig ſein, wenn Tante Irene wiederkommt“, berichtete Lieſel mit frohem Geſicht. Fritzel ließ ſich dann auch weiter nicht mehr ſtören. Er ſetzte ſich gleich wieder an den Tiſch und malte weiter. Nur einmal bog er den Kopf noch zum Vater zurück. „Sie zankt ſonſt! Und es iſt viel ſchöner, wenn ſie uns küßt!“ meinte er altklug. i „Ich habe ſie ſehr lieb. Vatel, kann ſie nicht immer hierbleiben?“ fragte Lieſel. Am Nichtertiſch war es, als ob die Männer dort er⸗ 55 8 15 „Fragt ſie doch einmal, Kinder!“ ortſezung folgt.) 1 5 ſtarrt ſeien. Endlich blätterte der Vorſitzende in den Akten 50 Pfennig, für Kinder Die Jnſtandſetzng von Wohngebäuden. Die Induſtrie⸗ und Handelskammer Mainz Fals Bokort des heſſiſchen Industrie und Han⸗ delskammertages 5 1 5 Die heſſiſchen Beſtimmungen über die P eines Reichszuſchuſſes für die In⸗ ſtandſetzung von Wohngebäuden, die Teilung pon Wohnungen und den Umbau gewerblicher Räume zu Wohnungen vom 26. September 1932 ſehen vor, daß nur ſolche Bauunterneh⸗ mer und Lieferanten berüclſichtigt werden, de⸗ ren Gewerbebetrieb polizeilich angemeldet if und die in die Handwerksrolle eingetragen ſind. Hieraus könnte der Schluß 6 0 wer⸗ den, daß die in das Handelsregiſter eingetra⸗ genen Bauunternehmer von der Ausübung der in Betracht kommenden Arbeiten ausgeſchloſ⸗ ſen ſeien. Dies iſt jedoch nicht der Fall. Sei⸗ tens der heſſiſchen Regierung wurde in einer Anweiſung an die Bürgermeiſtereien, die mit der Durchführung der Beſtimmungen beauf⸗ tragt ſind, u. g. auf folgendes hingewieſen: „Die Vorſchrift, daß nur ſolche Bauunter⸗ nehmer berückſichtigt werden ſollen, die in die Handwerkerrolle eingetragen ſind, ſchließt kei⸗ nesfalls die Unternehmer, die nur im Han⸗ delsregiſter eingetragen ſind, auch ſolche, bei denen zur Zeit noch Verhandlungen darüber ſchweben, ob ſie zur Handwerkerrolle oder zum Handelsregiſter eintragspflichtig ſind, von der Ausübung der in Betracht kommenden Arbeiten aus. Zu den letzteren zählen u. a. auch die Bauhütten. Dieſe Anordnung hat allein den Zweck, Schwarzarbeit zu verhindern und iſt deshalb auch nur ſo zu bewerten.“ Ein Auto mit Sportlern verunglückt Frankfurt a. M., 25 Okt. Zwiſchen Kö⸗ nigſtein und Mammolshain geriet ein mit Fuß ballſpielern aus Okrifteln beſetztes Laſt⸗ auto, das die Spieler nach Mammolshain fuhr, in einer Kurve infolge des naſſen Bo⸗ dens ins Schleudern und überſchlug ſich. Die Spieler wurden auf die Straße geſchleudert und mehrere von ihnen ſchwer verletzt. Der Chauffeur des Wagens, Jakob Laun aus Kel⸗ ſterbach, ſtarb kurz nach Einlieferung ins Kran⸗ kenhaus; 10 der verunglückten Fußballſpieler mußten ſofort operiert werden. Zwei von ihnen haben ſich ſo ſchwere Verletzungen zu⸗ gezogen, daß an ihrem Aufkommen gezwei⸗ felt wird. Soweit bisher feſtſteht, hat der Chauffeur die Kurve in zu großer Schnelligkeit genom⸗ men. Das Auto, das ſchwer beſchädigt wurde, war, wie bei der polizeilichen Unterſuchung feſtgeſtellt wurde, auf den dritten Gang ge⸗ ſchaltet. Aus Heſſen und Naſſau. Lohnſchiedsſpruch in der Metallinduſtrie. Wetzlar, 25. Okt. Der Schlichtungsaus⸗ ſchuß fällte in der Frage der Neuordnung der Löhne in der Metallinduſtrie im Lahn⸗ gau und Oberheſſen einen Schiedsspruch, durch den der Spitzenlohn von 64 Pfg. auf 60 Pfg. pro Stunde herabgeſetzt wurde. Erlaß der Zinſen für Winzerkredite. Der Deutſche Weinbauverband in Mainz erfährt aus dem Reichsminiſterium für Er⸗ nährung und Landwirtſchaft, daß im Beneh⸗ men mit dem Reichsfinanzminiſterium genau wie im Vorjahr auch in dieſem Jahr die Zinſen des laufenden Jahres für die Winzer⸗ kredite erlaſſen werden. Außerdem werden die diesjährigen und die folgenden Tilgungsraten alle auf ein Jahr geſtundet, ſodaß die Winzer in dieſem Jahr weder Zins- noch Kapitalraten zu bezahlen haben. „Do&“ beſucht Mannheim. Mannheim, 25. Okt. Vom Städtiſchen Nachrichtenamt wird mitgeteilt: Günſtiges Wetter vorausgeſetzt, trifft das Dornier⸗Flug⸗ ſchiff Do X unter Führung von Kapitän Chriſtianſen am Mittwoch, den 26. Oktober gegen 15 Uhr nachmittags, von Mainz kom⸗ mend, in Mannheim ein. Es wird auf dem Rhein landen und im Rheinſporen vor dem Waldparkdamm am Rheinkaffee feſtmachen. Das Flugſchiff wird während der ganzen Dauer ſeines Mannheimer Aufenthalts an die⸗ ſem Platz liegen bleiben. Rundflüge fin⸗ den alſo necht ſtatt. Das Flugſchiff wird ab Donnerstag früh 10 Uhr für das Publi⸗ lum freigegeben und kann an den kommenden Tagen täglich von 8 Uhr vormittags bis 7 Uhr abends durchgehend beſichtigt werden. Die Beſichtigungsgebühr beträgt für Erwachſene 0 f dis 15 Jahren 25 Pfennig. Ermäßigungen für Vereine, Schulen uſw. können nicht gewährt werden. Der Zu⸗ gang zum Liegeplatz erfolgt von der Ste⸗ phanienpromenade aus und über die Treppe, die vom Waldparkdamm in den Waldpark herunterführt, der Abgang am Rheinkaffee vorbei über die Schwarzwaldſtraße. Zum Be⸗ treten des Schiffs wird ein beſonderer Zu⸗ gangsſteg angelegt. Die Zugangswege wer⸗ den vom Einbruch der Dunkelheit an beleuch⸗ tet, das Flugſchiff of wird mit Scheinwer⸗ fern angeſtrahlt. Ein offizieller Empfang durch Vertreter der Behörden bei der Ankunft am Mittwoch findet nicht ſtatt. Eine offizielle dei Nigg iſt vielmehr für einen der ſpäte⸗ bis Dienstag, den 1. November in Mannheim und wird am Mittwoch, den Weiterflug nach Zürich antreten. age vorgeſehen. Das Flugſchiff bleibt den 2. November Neues aus aller Welt. „Graf Zeppelin“ wieder nach Südamerika. „Graf Zeppelin“ iſt am Montag um 6.30 Uhr in Friedrichshafen unter Füh⸗ rung des Kapitäns Lehmann zur neunten Südamerikafahrt über Pernambuco nach Rio de Janeiro geſtartet. Unter den zwölf Paſſagieren, die an der Fahrt teilnehmen, befindet ſich auch der Leiter der engliſchen Zivilluftfahrt, Maſter of Sempill. Anderthalbjähriges Kind verbrannkl. In Rheinhauſen ſpielte das anderthalb⸗ jährige Kind eines Anſtreichers mit einem Zelluloidkamm und iſt dabei vermutliche dem brennenden Küchenofen zu nahe gekommen. Im Nu fing der Kamm Feuer, das ſich auf die Kleider des Kindes übertrug. Als auf ſein Geſchrei die Eltern herbeieilten, hatte das bedauernswerte Geſchöpf bereits ſchwere e davongetragen, denen es er⸗ ag. Erpreſſer der Reichsbahn. Eine weſtdeut⸗ ſche Reichsbahndirektion erhielt am vergan⸗ genen Sonntag einen aus Duisburg⸗ Ruhrort abgeſtempelten Brief, mit dem die Reichsbahn erſucht wurde, 10 000 Mark poſtlagernd unter Chiffre nach Ruhrort zu ſenden, widrigenfalls ein wichtiger Verkehrs⸗ punkt des Eiſenbahnnetzes zerſtört werde. An die unbekannten Erpreſſer wurde nun ein wertloſer Brief abgeſandt, der von einem 25 jährigen Dachdecker aus Duisburg abge⸗ holt wurde. Die Kriminalpolizei griff ſofort zu und nahm den Mann feſt. Man konnte auch den eigentlichen Urheber der Erpreſ— ſung, einen 30 jährigen Bergmann aus Duisburg verhaften. Der Dachdecker will ahnungslos den Brief abgeholt haben und beſtreitet jede Mitwiſſerſchaft. * Ommersheim, 25. Okt.(meviſion ge⸗ gen Todesurteile.) Die beiden wegen Ermordung des Ehemannes Linz vom Schwur⸗ gericht Saarbrücken zum Tode verurteilten An⸗ geklagten, Ehefrau Linz und ihr Liebhaber, der Hilfsarbeiter Joſeph Klein von hier, haben gegen das Urteil rechtzeitig Reviſion eingelegt. Maunheim, 25. Okt.(Von einem eiſer⸗ nen Blumenpfahl aufgeſpießt.) Ein Volksſchüler aus der Maxſtraße, der im elter⸗ lichen Garten eine Leiter erklettert hatte, die von einem Schulkameraden gehalten wurde, ſtürzte von dieſer ab. Er wurde dabei von einem eiſernen Blumenpfahl, der ihm durch den Körper drang, aufgeſpießt. Der Verletzte fand im Heinrich-Lanz⸗Krankenhaus Aufnahme. Sportnachrichten. Nütkſchau auf den Sonntag. Fußball. Bei den ſüddeutſchen Verbands⸗ ſpielen gab es am vorletzten Oktoberſonn⸗ tag auffallend wenige Ueberraſchungen. Den⸗ noch iſt die Lage in verſchiedener Beziehung weiterhin recht gut geklärt worden. So kann ſich 1860 München nach einem hohen Siege über Landshut mit ziemlicher Sicherheit als zweiter Vertreter Südbayerns anſehen, da der Ulmer Neuliig gegen die Bayern zwar ein beachtliches Unentſchieden erzielte, aber dadurch doch einen weiteren Punkt einbüßte. In Württemberg iſt Union Böckingen durch die 1:5⸗Niederlage beim Meiſter Pforzheim zunächſt aus dem Spitzentrio ausgeſchieden, da alle anderen führenden Vereine ſiegreich blieben. In Baden hat die kritiſche Lage den FC. Freiburg zu einer beſonderen Lei⸗ ſtung veranlaßt, indem er Phönir Karlsruhe einen Punkt abnahm, wodurch ſich die Spitzen⸗ poſition des KFV. hoch gefeſtigt hat. In der Gruppe Rhein blieb Viernheim im wich⸗ tigſten Treffen in Neckarau knapp ſiegreich, während an der Saar der FV. Saarbrücken in Neunkirchen zwei wertvolle Punkte ein⸗ büßte. Die Senſation kommt dieſes Mal aus Heſſen, wo der Altmeiſter Wormatia Worms zu Hauſe an Lorſch einen Punkt abgeben mußte. Da Kaſtel in Wiesbaden verlor, ha⸗ ben die Mainzer Vorſtädter keine Chance mehr, in den Endkampf einzugreifen. Bei den Meiſterſchaftsſpielen in Nord⸗ deutſchland gab es am Sonntag im Be⸗ zirk Hamburg⸗Altona eine Ueberraſchung, da der Tabellenführer Altona 93 mit 3:1 von St. Georg geſch agen wurde. In Berlin gad es ebenfalls einige mit Spannung erwartete Verbandstreffen. Tennis⸗Boruſſia, der Tabel⸗ lenführer der Abteilung A ſchlug mit, 4·0 den Spandauer SV., doch waren auch Wak⸗ ker 04 und Viktoria 98 erfolgreich. In der Abteilung B waren beim Kampf Hertha gegen VfB. Pankow 25 000 Zuſchauer zugegen, die einen 3:1⸗Sieg des Altmeiſters ſahen. Im [Weſten war der BfL. Benrath in der Gruppe 1 von Berg⸗Mark mit 2:1 über Kül⸗ lenhahn erfolgreich. Trotz des Privatſpieles von Düſſeldorf 99 gegen Schalke 04 am Sams⸗ tag, das die Knappen mit 2:1 an ſich brach⸗ ten, waren die Düſſeldorfer am Sonntag in Lüttringhausen mit 3:2 erfolgreich. Der inter⸗ eſſante Kampf in Düſſeldorf zwiſchen Turu und dem SS. Elberfeld brachte ein 121, 1 Fortuna Düſſeldorf ſich mit 3:1 über Ohligs behauptete. Im neuen Wiener Stadion ſahen 50 000 uſchauer das un Europa⸗Pokal gehörende änderſpiel zmiſchen Oesterreich und der Schweiz. Oeſterreich ſiegte mit 3:1(1:0), ob⸗ wohl die Elf in der zweiten Halbzeit vom heimiſchen Publikum ſtarker Kritik unterwor⸗ ſen wurde. Oeſterreich führt im Europa⸗Pokal vor Italien, Ungarn, der Tſchechoſlowakei und der Schweiz. Es ſteht noch das Treffen zwi⸗ ſchen Italien und der Tſchechoſlowakei aus, bei dem Italien die Chance hat, Punktegleich⸗ heit mit Oeſterreich zu erzielen. Handball. In der Zwiſchenrunde um den DSB.⸗Pokal konnte Süddeutſchland in Darmſtadt zu einem 14:8(8:5) über Weſtdeutſchlands Re⸗ präſentative kommen und trifft am 12. März 1933 auf den dreimaligen Pokalinhaber Mit⸗ teldeutſchland, das am Sonntag in Weißen⸗ fels die Mannſchaft von Brandenburg mit 715(1:4) ſchlagen konnte. Schwerathletik. Beim Rückkampf in Nürnberg um die Deutſche Meiſterſchaft im Mannſchaftsringen ſiegte Maxvorſtadt Nürnberg mit 8.6 über Heros Dortmund. Nürnberg war in Dortmund mit 68 unterlegen, ſodaß es jetzt 14:14 ſtand. Auf einen weiteren Entſcheidungs⸗ kampf verzichtete Nürnberg, ſodaß die Dort⸗ munder an der Endrunde teilnehmen. Lokales Gedenktage. 25. Oktober. 1825 Der Komponiſt Johann Strauß(Sohn) in Wien geboren. 1838 Der Komponiſt George Bizet in Paris geboren. 1865 Der Maler Walter Leiſtikow in Brom⸗ berg geboren. Sonnenaufg. 6.41 Mandaufg. 0.45 Warum das Laub fällt. Wenn man zur Herbſtzeit durch die Wälder und die Parks der deutſchen Landſchaft geht, und die Färbungen des Laubes beobachtet, dann denkt man an die Dichter, die vom Herbſt als vom Beginn des großen Sterbens in der Natur ſprechen. Aber dem iſt nicht ſo. Die Verfärbung des Laubes iſt nicht ein Zeichen des Abſterbens, ſondern ein Zeichen des Le⸗ bens. Das Blatt des Baumes ſpeichert in ſeinen Zellen im Laufe des Sommers große Mengen von Chlorophyll(Blattgrün) auf, das die wichtige Aufgabe hat, den Atmungs⸗ prozeß der Pflanze zu beſchleunigen. Bei dieſer Tätigkeit findet eine ſtarke Verdunſtung von Waſſer ſtatt. Wenn der Waſſermangel in der Natur eintritt, dann hilft ſich die Pflanze da⸗ durch, daß ſie die großen Verdunſtungsflächen abwirft, denn im Winter wäre ſie nicht in der Lage, in dem gefrorenen Boden ſoviel Waſſer zu finden, um auch ihre Blätter über⸗ wintern zu können. Im Herbſt beginnen die kleinen Chlorophyll⸗ Körperchen in den Stamm des Baumes zurück⸗ zuwandern, wo ſie überwintern. Das hat zur Folge, daß das Blatt ſich verfärbt. Es iſt alſo ein lebenserhaltender Vorgang, der die Pflanze veranlaßt, ſich zu färben und ſchließlich die Blätter abzuwerfen. Nun beginnt nämlich zwiſchen Aſt und Blattſtiel von außen nach innen eine kleine Korkſcheibe zu wachſen, die die Wunde, die entſtehen würde, wenn das Blatt abgeriſſen würde, verſchließt. Wenn die Korkſcheibe ſich vervollſtändigt hat, hängt das Blatt loſe am Aſt. Ein ſchwacher Luftzug oder die eigene Schwere genügen, um das Blatt vom Aſt zu löſen. Wenn alſo das Laub fällt, ſo iſt das ein Zeichen, daß die Pflanze oder der Baum ſich für den Winter vorbereitet und, indem er ſein Laub preis⸗ gibt, ſein Leben zu erhalten trachtet. * Sonnenunterg. 16.47 Mondunterg. 15.09. * Reichskuratorium für Jugendertüchtigung plant Waſſerſportſchulen. Das Reichskurato⸗ rium für Jugendertüchtigung wird ſeine Auf⸗ gabe auch auf den Waſſerſport ausdehnen. Ne⸗ ben den Geländeſportſchulen werden daher auch Waſſerſportſchulen in Betrieb genommen wer⸗ den. Außer Leibes⸗ und Ordnungsübungen und Kleinkaliberſchießen werden an dieſen Waſ⸗ ſerſportſchulen ſeemänniſche Kenntniſſe vermit⸗ telt werden, z. B. ſeemäßige Ausdrücke und Begriffe, Rudern und Steuern von Booten, der Gebrauch der Seekarten und des Kompaſ⸗ ſes und die Fah waſſerbezeichnungen. Hilfsmittel gegen verſalzene Speiſen. Der gewandteſten Kochkünſtlerin kann es paſſieren, daß eine Speiſe, eine Suppe oder ein Fleiſch⸗ gericht zu ſtark geſalzen wurde. Sie kann die⸗ ſes Uebel ſehr bald dadurch beſeitigen, daß ſie ein ſauber ausgekochtes Stückchen Schwamm das ſpeziell zu dieſem Zweck in der Küche verwahrt wird, in das betreffende Gericht hineinlegt und den Topf eine halbe Stunde lang zum Ziehen auf die Seite des Herdes ſtellt. Das Salz zieht in das Schwämmchen ein, es geht ſomit eine Menge des zu reichlich hinzugefügten Gewürzes wieder aus der Speiſe heraus. Man nimmt das Stück Schwamm heraus, kocht es aus und verwahrt es am beſten in einem kleinen Glasbehälter. * Wetterbericht. Wettervorherſage: Anhaltend mild, aber eie Regenſchauer bei lebhaften Weſtwin⸗ n. Letzte Nachrichten. Millionen⸗Geldſtrafe für Schmuggler. Wuppertal, 25. Okt. Vor der Strafkammer ging am Montag ein Prozeß zu Ende, dem einer der größten Schmuggelfälle der letzten Jahre zugrunde lag. Die beiden Hauptange⸗ klagten wurden zu Gefängnisſtrafen von einem Jahr ſechs Monaten bezw. einem Jahr drei Monaten, und außerdem zu einer Geldſtrafe von je einer Million Mark, ſowie je 100 000 bezw. 50 00 Mark Werterſatz ver⸗ urteilt. Die Sch ugglerbande hat nach den Berechnungen der Sachverſtändigen innerhalb von zwei Jahren etwa 25 000 Kilogramm an Schmuggelware eingeführt, und dabei minde⸗ ſtens zweieinhalb Millionen Mark an Zöllen hinterzogen. Eiſenbahnbeamte zum Tode verurteilt. Moskau, 25. Okt. Das Gericht in Niſchna Udinſk verurteilte fünf Eiſenbahnbeamte zum Tode durch Erſchießen, weil ſie Güterwagen ausgeplündert hatten. Die Todesurteile ſollen binnen 72 Stunden vollſtreckt werden. Autobus ſtürzt ins Waſſer. Neuyork, 25. Okt. Wie aus Nalchez am Miſſiſſippi gemeldet wird, ſtürzte ein Aulo⸗ bus beim Auffahren auf das Jährboot nach Vidalia in den Fluß. 17 Neger und ein Weißer erkranken. Sechs Perſonen konnker gerettet werden. Politiſche Zuſammenſtöze. Blutige Wahlagitation. Berlin, 25. Oktober. In Berlin kam es an zahlreichen Sbel⸗ len anläßlich der bevorſtehenden Reichstags⸗ wahlen zu politiſchen Zuſammenſtößen. Während in den meiſten Fällen das bloße Erſcheinen der Polizei genügte, um den Streitigkeiten ein Ende zu machen, mußte ſie am Wedding die Schußwoffe gebrauchen. Die Beamten gaben mehrere Schüſſe auf die Fenſter und Dächer ab, die aber niemanden trafen. Drei Kommuniſten wurden wegen Nichtbefolgung polizeilicher Anordnungen zwangsgeſtellt. Insgeſamt wurden 14 Na⸗ tionalſozialiſten, 10 Kommuniſten und ſechs Radikaldemokraten verhaftet. Nach einer Meldung aus Aachen kam es in Uebach zu ſchweren Zuſammenſtößen zwiſchen Kommuniſten und Nationalſozia⸗ liſten. Nach den Feſtſtellungen der Polizei, die alsbald mit einem ſtarken Aufgebot zur Stelle war, ſind ſechs Verletzte zu ver⸗ zeiechnen, darunter ein an der Sache unbe⸗ teiligter Mann, der einen Wadenſchuß er⸗ hielt. Drei Nationalſozialiſten wurden ſchioer verletzt. Märkte und Börſen. vom 24. Oktober. (Ohne Gewähr) Karlsruher Schlachtviehmarkk. Dem heutigen Karlsruher Schlachtviehmarkt waren zugetrieben 101 Ochſen, 55 Bullen, 30“ Kühe, 120 Färſen, 74 Kälber, 1186 Schweine. Bezahl wurden pro 50 Kalo Lebendgewicht: Och⸗ ſen 28 bis 32, 26 bis 28, 25 bis 27, 23 bis 25, 21 bis 23, 20 bis 21; Bullen 23 bis 24, 20 bis 21. 19 bis 20, 16 bis 19; Kühe 17 bis 22; Färſen 28 bis 34, 20 bis 26; Kälber 40 bis 42, 37 bis 40. 33 bis 37, 21 bis 26; Schweine 47 bis 49, 46 bis 49, 43 bis 47, 41 bis 43, 33 bis 37. Markt: verlauf: beſte Qualität(Fettſchweine) über Notiz bezahlt: mit Großvieh langſam, erheblicher Ueber: ſtand; mit Schweinen mittelmäßig, geringer Ueberſtand; mit Kälbern lanaſam geräumt. Frankfurter Schlachtviehmarkt. Auftrieb: 1371 Rinder, davon 373 Ochſen, 121 Bullen, 518 Kühe, 358 Färſen, ferner: 471 Kälber 78 Schafe, 4404 Schweine, davon Litauer 95. Vor Marktbeginn ausgeführt 304. Bezahlt wur⸗ den Ochſen 29—32, 25—28, 22—24, Bullen 27— 29, 23—26, Kühe 24—26, 22—23, 17—19, 14— 16, Färſen 30—32, 26—29, 22.25, Kälber 42— 45, 38—41, 32—37, Schafe nicht notiert, Schweſ⸗ ne 43—47, 4146, 39—45, 3540. Frankfurter Produk lenmarkt. Amtlich notierten: Weizen inl. 207 208,5, Rog⸗ gen inl. 162,5, Braugerſte 185—187,5, Hafer 142,5 145, Weizenmehl ſpez. Null ſüdd. 30,5—31,75, dto. niederrhein. 30,5—31,5, Roggenmehl 23.— 24, Weizenkleie 7,35, Roggenkleie 7,5. Tendenz: ſchwächer. Mannheimer Produktenbörſe. Ermäßigte Forderungen und allgemeine Zu⸗ rückhaltung des Konſums beeinflußten die Pro⸗ duktenbörſe ungünſtig. Die Stimmung war matt. Man hörte folgende Preiſe in Reichsmark per 100 Kilo, waggonfrei Mannheim: Inlandsweizen 76—77 Kg 21,40—21,60, Inlandsroggen 72—73 Kg 16,50— 16,75, Inlandshafer 14—15, inländi⸗ ſche Sommergerſte 19,25— 20,25, Futtergerſte 175 17,75, gelber La⸗Plata⸗Mais mit Sack 16,50, Weizenmehl Spezial Null Oktober⸗Dezember 30,5 desgl. mit Auslandsweizen 31,50, ſüddeutſches Weizenauszugsmehl 33,5 bezw. 345, ſüddeutſches Weizenbrotmehl 22,5 bezw. 23,5, Roggenmehl 60 —70proz. Ausmahlung 22,25— 23,75, feinne Wei⸗ zenkleie 7,5, Biertreber 10,7511, Erdnußkuchen 12,25 Mark. Mannheimer Großviehmarkt. Zufuhr und Preiſe: 244 Ochſen 25—33, 155 Bullen 18— 26, 219 Kühe 10 bis 25, 353 Färſen 24—34, 597 Kälber 27—44, 41 Schafe 2127, 3175 Schweine 37—44, 68 Arbeitspferde 300.— 1200 pro Stück, 58 Schlachtpferde 25— 115 pro Stück, 5 Ziegen. Marktverlauf: Mit Großvieh ru ⸗ hig, Weidevſeh unter Notiz; mit Kälbern mittel, eräumt; mit Schweinen ruhig, Uel eſtand, beſte are und Fettſchmeine übe“ Notiz: mit Arbeits⸗ und Schlachipferden rahlg.