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Martin Geſchäftsſtelle Rathausſtr. mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Ee bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Nummer 265 Montag, den 14. November 1932 49. Jahrgang Produktionsbelebung. Wird es gelingen, die deutſche Produktion h zu beleben, daß die Arbeitsloſigkeit adurch wenigſtens einigermaßen einge⸗ ämmt wird? Tauſende legen ſich dieſe Fra⸗ e vor— mit Recht, denn von ihrer Beant— bortung hängt viel, wenn nicht alles ür die deutſche Zukunft ab. Die nachſtehen⸗ en Ausführungen zu dieſem Thema ſchöpfen us amtlichen Quellen. Man wird ſie gerade eshalb mit beſonderem Intereſſe leſen. Die Induſtrieerzeugung Deutſch⸗ aͤnds beginnt, deutlich ſichtbare Anzeichen prechen dafür, ihren kriſenhaften Tiefpunkt aͤngſam zu überwinden. Gewiß ſind die keime zu neuer Entwicklung heute noch chwach. Trotzdem verdienen ſie angeſichts er grundlegend wichtigen Bedeutung indu— rieller Arbeit für das geſamte deutſche Wirt⸗ chaftsleben aufmerkſamſte Beachtung. Ge⸗ ade unſere Induſtrie hat bekanntlich unter er vernichtenden Sturmflut der Kriſe beſon— ers ſchwer gelitten, ſchwerer jedenfalls als je Induſtrien einer Reihe anderer ver— leichbarer Länder. Von April 1929 ab iſt hre Erzeugung geſunken; von einigen Un⸗ erbrechungen abgeſehen, in z. T. jähem Ab⸗ ſurz bis zum Sommer ds. Is. um mehr als je Hälfte. Die geſamte induſtrielle Weltpro⸗ iktion hat demgegenüber ſeit dem Höchſt⸗ and von Mitte 1929 einen Rückgang um wa 40 Prozent erlebt. Um ſo erfreulicher iſt es, daß ſich nach mehr s dreijähriger Kriſendauer ſeit einigen Wo⸗ en in wichtigen Induſtriezweigen erſte, henn auch noch zaghafte Anſätze zu allmäh⸗ cher neuer Entfaltung zeigen. In einer zeit, in der in früheren Jahren unter dem erdoppelten Druck abſinkender Konjunktur und ungünſtiger Saiſoneinflüſſe die gewerb⸗ ſche Arbeit rückgängig war, iſt in dieſem ahre zum erſten Mal im Geſamtdurch⸗ chnitt eine Zunahme zu verzeichnen. zemeſſen an dem Index(1928 gleich 100 ge⸗ igt) ging die induſtrielle Erzeugung im Nuartal vom Juli bis September im Jahre 929 um 2 Prozent, im Jahre 1930 eben⸗ Alls um 2 Prozent, im Jahre 1931 ſogar um 5 Prozent zurück. In der gleichen Zeitpauſe leſes Jahres zeigt ſich demgegenüber eine unahme um 2 Prozent. Da die Entwicklung noch bis Auguſt 1932 Fäckläufig war, im Auguſt alſo erſt der Tief⸗ nkt erreicht wurde, brachte der September lein eine Steigerung um 3,75 Prozent. Und as in einer Zeit, in der ſonſt aus jahreszeit⸗ ſchen Gründen Produktion und Beſchäfti⸗ ung zu ſinken pflegen. Trotz des hemmen⸗ ſen Saiſoneinfluſſes ſind die erſten Anſätze b allmählicher Produktionsbelebung im ßeptember dieſes Jahres zum Durchbruch ge⸗ ommen. Die Roheiſenerzeugung beiſpiels⸗ peiſe, die noch im vorigen Jahre vom Auguſt is zum September um 9 Prozent zurück⸗ ing, zeigt in dieſem Jahre eine Zunahme im 4.5 Prozent; die Produktion von Walz⸗ berkerzeugniſſen ferner ſchrumpfte im vori⸗ ſen Jahre von Auguſt bis September um 8 15 prozent, ſtieg jedoch in dieſem Jahre unn 5 Prozent. Im Gegenſatz zum Vorfahre igt ſich u. a. auch in der Textil⸗ und in der dapierinduſtrie eine Produktionsausweitung. daß dieſe günſtige Entwicklung auch im Ok⸗ dber Fortſchritte gemacht hat, kann zum Teil us der Lage auf dem Arbeitsmarkt gefolgert erden. Von Ende September bis Ende Ok— dber hat ſich die Zahl der Arbeitsloſen kaum Prändert; im Vorfahre hingegen war ſie um 69 000 geſtiegen. Das bedeutet alſo: zwar zurden auch im Oktober dieſes Jahres non zalſonbetrieben Arbeitskräfte entlaſſen; In⸗ uſtriezweige hingegen, die von fahreszeit⸗ chen Einflüſſen unabhängig ſind, haben eueinſtellungen vorgenommen. 6 Nach dem beiſpielloſen Riederbruch wäh⸗ nd der Kriſenſahre ſtimmen dieſe Lichtblicke rade auf induſtriellem Gebiet zuverſicht⸗ cher— andere untrügliche Anzeichen einer ginnenden Konſunkturwende ſind ſa be⸗ ſis vorangegangen. Eines aber iſt ſicher: * die kapitalarme und durch die unglückliche achkrieasentwicklung beſonders geſchwächte Großer Tag im Neichsrat. Die Ausſchüſſe tagen.— Das Verhältnis zwiſchen Reich und Ländern. Berlin. 13. November. Die Vereinigten Ausſchüſſe des Reichsrats traten am Samstag unter außerordentlich ſtarker Beteiligung zuſammen. Anweſend waren ſämtliſte Miniſterpräſi⸗ denten der Länder. Außerdem nahmen teil Reichsinnenminiſter Freiherr v. Gayl, Reichswehrminiſter v. Schleicher, Reichs⸗ finanzminiſter Graf Schwerin⸗Kro⸗ ſigk und der preußiſche Finanzminiſter. Im Mittelpunkt der nichtöffentlichen Ver— handlungen ſtanden die Frage des Kon⸗ fliktes mit Preußen und des Verhält⸗ niſſes zwiſchen Reich und Ländern. Ferner wurde die Verwaltungsre⸗ form behandelt. Dabei ſpielte die Verbilli— gung der Reichsverwaltung durch Abbau von Finanzämtern, Arbeitsämtern uſw. eine Rolle. Die Beratung der Finanzfra⸗ gen in den Vereinigten Ausſchüſſen des Reichsrates nahm den ganzen Vormittag in Anſpruch. Schon während des Vormittags fanden verſchiedene Beſprechungen zwiſchen dem Reichsinnenminiſter von Gayl und Länder⸗ vertretern ſowie zwiſchen Vertretern der Länder ohne Beteiligung der Reichsregie— rung über die Beilegung des Konfliktes Preußen-Reich ſtatt. Wie man erfährt, iſt es dabei n o ch nicht gelungen, eine Löſung dieſer Frage zu finden, die alle Teile befriedigt. Die wichtigſten Länder haben allerdings für die Sitzung des Verfaſſungsausſchuſſes be⸗ reits eine gemeinſame Entſchließung vorbe— reitet. deutſche Volkswirtſchaft wird es nicht leicht ſein, zu neuer Entfaltung aller ihrer pro⸗ duktiven Kräfte zu gelangen. Vor allem braucht es Zeit, bis das große nationalwir! ſchaftliche Ziel erreicht iſt: die Wiederbeue— bung der deutſchen Volkswirtſchaft, der Auf⸗ ſtieg aus dem tiefen Wellental, in die die Kriſe der Welt auch Deutſchland geriſſen hat. Generalſtreit in Genf. Gegenmaßnahmen der Behörden. Genf, 12. November. Die ſozialiſtiſchen Gewerkſchaften Genfs haben beſchloſſen, anläßlich der Beerdigung der bei den Unruhen Gekökeken einen 24ſtün⸗ digen Proteſtſtreik zu erklären. Die chriſtlichen Gewerkſchaften haben be— ſchloſſen, an dem Streik nicht teilzunehmen. Ebenſo haben die Straßenbahnbeamten und Straßenbahnarbeiter die Teilnahme abge⸗ lehnt. Auch die Gas- und Elektrizitätsarbei⸗ ter feiern nicht. Die Lauſanner Gewerkſchaften haben nach einer mehrſtündigen ſtürmiſchen Sit⸗ zung beſchloſſen, dem Generalſtreik in Genf ſich nicht anzuſchließen. Sofort nach Bekanntwerden des Streikbe⸗ ſchluſſes ſind von Regierungsſeite energiſche Vorbeugungsmaßnahmen getroffen worden, um während des Streiks jeden Verſuch von Unruhen im Keime zu erſticken. Die er⸗ höhte Alarmbereitſchaft für die Polizei und Gendarmerie wurde verlängert. Außerdem wurde das neu nach Genf gelegte Regiment, das bei den bisherigen Unruhen nicht eingeſetzt worden war, in Bereitſchaft gelegt. Aus Lauſanne iſt zur Verſtärkung ein Kavallerieregiment in den in der Umge⸗ bung von Genf liegenden Dörfern einquar⸗ tiert worden. Die Reichsregterung krak vor ihrer endgul⸗ tigen Stellungnahme im Reichsrat noch ein mal zu einer Kabinettsſitzung zuſammen. Ueber das Ergebnis wird noch ein amtli⸗ cher Bericht veröffentlicht. Die güddentſchen bei Papen. Rückhaltsloſer Meinungsaustauſch. Berlin, 13. November. An der Beſprechung des Reichskanzlers mit den Miniſterpräſidenten Bayerns, Würt⸗ tembergs, Badens und Sachſens nah⸗ men auch der Reichsinnenminiſter und der Reichsjuſtizminiſter ſowie die hieſigen Bevoll⸗ mächtigten der genannten vier Länder zum Reichsrat teil. Zur Erörterung ſtand die allgemeine poli⸗ tiſche Lage unter beſonderer Berückſichtigung des Verhältniſſes zwiſchen Reich und Län⸗ dern. Dabei wurde im Hinblick auf die Sit⸗ zung des Verfaſſungsausſchuſſes des Reichs⸗ rates vor allem auch die Lage in Preußen beſprochen. Beſchlüſſe wurden, wie verlautet, entſprechend der Art der Unterredung nicht gefaßt. Der Beſprechung des Reichskanzlers mit den Miniſterpräſidenten war eine Verhandlung der vier Miniſterpräſidenten in der bayeriſchen Ge⸗ ſandtſchaft vorangegangen, an der auch der bayeriſche Staatsrat Schäffer und der bayeriſche Innenminiſter Stützel teilnahmen. Das Würzburger Dokument. Die Konferenz mit dem Kanzler diente einem nicht für die Oeffentlichkeit beſtimmten 2500 Ooſer der 5. rückhaltloſen Meinungsaus⸗ tauſch über die allgemeine Lage, in deſ⸗ ſen Mittelpunkt ein Entſchließungs⸗ entwurf geſtanden habe, den die Mini⸗ ſterpräſidenten als Ergebnis ihrer Würz⸗ burger Vorkonferenz für die Sitzung 1 Verfaſſungsausſchuſſes mitgebracht hät⸗ en. „Dieſes Dokumenk, dem ſich auch andere nicht an der Würzburger Konferenz bekeiligte Länder angeſchloſſen häkten, ſoll die grundſätzliche Stellungnahme der Länder zu der Keichsaktion gegen Preußen, zu der geplanten Verfaſſungsreform und zu den künftigen Möglichkeiten einer Reichs- reform behandeln. Die Wünſche und Beden⸗ 0 175 Länder ſeien in ihm ausführlich dar- gelegt. Der„Voſſiſchen Zeitung“ zufolge ſollen auch z. T. in der Oeffentlichkeit ausgetragene Meinungsverſchiedenheiten, die beſonders zwiſchen dem Reichskanzler und dem bayeriſchen Miniſterpräſiden⸗ ten eine Rolle geſpielt hätten, erörtert wor⸗ den ſein. Einheitsfront gegen Papen? Die„Börſen⸗Zeitung“ berichtet außerdem über Münchener Informationen, wonach es der bayeriſchen Regierung gelungen ein ſollte, mit Würzburg eine Art Einheitsfront Bayern, Württemberg, Baden, Sachſen, Heſ— ſen und Thüringen gegenüber dem Kabinett Papen herzuſtellen, deren Wortführer Mini⸗ ſterpräſident Held in der Sitzung des Verfaſ— ſungsausſchuſſes des Reichsrates ſeim ſoll. Die Katastrophe auf der Inſel Kuba.— Anbeſchreibliche schretkensſzenen. Newyork, 13. November. Die Sturmflutkataſtrophe auf Kuba, die beſonders auf der nördlich vorgelagerten Inſel Camaguey wütete, erweiſt ſich als eines der größten und furchtbarſten Natur- ereigniſſe dieſer Art. Die Meldungen lauten immer troſtloſer. Aus Camaguey wird jetzt berichtet, daß in der Skadt Santa Cruz del Sur über 2500 Menſchen das Leben eingebüßt haben. Geborgen wurden bisher erſt einige hunderk Leichen; die meiſten hängen noch in den Aeſten der Bäume oder liegen unter den Trümmern. Nur wenige Bewohner der Stadt ſind der Kataſtrophe enkgangen. Die meiſten Einwohner der Stadt hatten nicht Zeit gefunden, die Flucht zu ergreifen und gewahrten die Gefahr erſt durch den Donner der Woge, die 70 Schiffe im Hafen zertrümmerte. Die Bevölkerung flüchtete in Panik in leere Güterwagen auf dem Bahn— hof, die vom Waſſer umgeworfen wurden, ſo daß ihre Inſaſſen hilflos ertranken. An⸗ dauernd treffen weitere Flugzeuge ein, furchtbare Einzelheiten von der Kataſtrophe berichten. Der neugewählte Bürgermeiſter von Santa Cruz del Sur erſchoß ſich aus Verzweiflung, nachdem er feſtgeſtellt hatte, daß ſeine ganze Familie durch die Sturm⸗ flut umgekommen war. Augenzeugen be⸗ richteten, daß ſich Schreckensſzenen unbe⸗ ſchreiblicher Art abgeſpielt haben. Zahlreiche Kinder wurden vor den Augen ihrer verzweifelten Eltern weg⸗ geſchwemmk. Nach dem Jurückgehen der Sturmflut waren die Bäume und ſegenen Häuſer mit zahlloſen . 19 Aren. 300 Es kamen weit mehr Frauen und Kinder ums Leben als Männer, weil ſie ſich weni— ger leicht vor der Sturmflut retten konnten, die alles vor ſich herfegte. Viele Menſchen begingen Selbſtmord, ſo eine Mutter, als ihr die Fluten ihr Kind aus den Armen riſſen und dieſes ertrank. Der Arbeitsminiſter hat angeordnet, daß die Todesopfer der Sturmkataſtrophe, die noch geborgen werden, gemeinſam ver— brannt werden ſollen. Auth auf Jamaſka. Miami(Florida). 13. November. Die Küſtenwache fing einen Funkſpruch eines engliſchen Dampfers an den Gouver⸗ neur von Jamaika auf, der beſagt, daß der am Mittwoch Zentralkuba verwüſtende Wirbelſturm auch auf den Inſeln nordweſt⸗ lich Jamaika großen Schaden anrichtete. 60 Tote werden bisher gemeldet. Auch die Caman⸗Inſeln ſind, wie ein Flugzeug berichtet, von dem Wirbelſturm heimgeſucht worden. Der britiſche Dampfer „Balboa“ wurde vernichtet. Auszeichnung einer Dampfer⸗Beſatzung. Hamburg, 13. Nov. Dem Führer des Ham⸗ burger Dampfers„Thereſe Ruß“, Kapitän Müller, wurde im Auftrag der Deutſchen Ge⸗ ſellſchaft zur Rettung Schiffbrüchiger die große ſilberne Medaille mit Ehrendiplom überreicht. Die Auszeichnung erfolgte wegen der Rettung von Schiffbrüchigen beim Unter⸗ gang der„Niobe“. Die Mannſchaft des Ret⸗ tungsbootes erhielt Geldbeträge. Durch das Rettungsboot wurden bei der„Niobe“-Kata⸗ ſtrophe 16 Schiffbrüchige gerettet. Deutſch⸗franzöſiſche Zusammenarbeit. Eine Anſprache des Reichskanzlers. Berlin, 13. November. „Amtlich wird mitgeteilt: Die deutſch⸗fran⸗ zöſiſche Wirtſchaftskommiſſion iſt 191 e Herrn Reichskanzler empfangen und in ſehr herzlichen Worten begrüßt worden. Der Reichskanzler wies darauf hin, daß zwiſ hen Deutſchland und Frankreich die privatwirt⸗ ſchaftliche Verſtändigungs⸗ und Zuſammen⸗ arbeit in vielen Induſtrien ſchn mehr Fortſchritte gemacht und praktiſche Er⸗ folge erzielt habe als zwiſchen anderen Län⸗ dern, eine Tatſache, die in der Oeffentlichkeit im allgemeinen nicht genügend bekannt ſei und gewürdigt werde. Dies beweiſe ſchon, daß die franzöſiſche und deutſche Wirtſchaft zu einer Zuſammenarbeit und Verſtändi⸗ gung beſonders geeignet ſeien. Der Reichskanzler ſchloß daran den Wunſch und die Hoffnung, daß die Juſammenarbeit auf wirtſchaftlichem und finanziellem Ge⸗ biet günſtige Auswirkungen auch auf andere Gebiete haben werde. insbeſondere auf die Löſung der ſchwebenden politiſchen Pro- bleme. Der Reichskanzler hat dabei wiederholt ſeinem aufrichligen Willen Ausdruck gege⸗ ben, an einer Entſpannung in dieſen Fragen mitzuarbeiten. Unterſtaatsſekretär Patenotre dankte dem Reichskanzler für den freundlichen Empfang, Herriot ſehe in der deutſch-franzö⸗ ſiſchen Zuſammenarbeit den Angel punkt für den europäiſchen Frieden. Die Annäherung zwiſchen den beiden Ländern mache zwar nicht ſo ſchnelle Fortſchritte, wie alle klarſehenden Geiſter es wünſchen. Aber die deutſch⸗franzöſiſche Wirtſchaftskommiſſion habe ſchon eine ganze Arbeit geleiſtet. Sie habe zahlreiche Vereinbarungen zwi⸗ ſchen deulſchen und franzöſiſchen Induftrien, Schiffahrksgeſellſchaften Die jetzige Tagung werde eine Organiſalſon ins Leben rufen, die die gemeinſame Ausfüh. rung großer öffentlicher Arbeiten ermögliche. Es wäre paradox, wenn man in Kriſen⸗ zeiten aus übergroßer Vorſicht Löſungsmög— lichkeiten nicht ausnutzen wollte, die eine Verminderung der Kriſe ermöglichen können. Vutterkontingente in Kraft. Die Neuregelung der Buktereinfuhr. Berlin, 13. November. Mit Wirkung vom 15. November wird die Einfuhr von Bukter neu geregelt. Der Zoll- ſatz für Butter beträgt von dieſem Tage ab dukonom 100 v. 9., jedoch verkragsmäßzig für alle meiſtbegünſtigten Länder 75 Mark für einen Doppelzenkner. Die Einfuhr von Buffer wird von dieſem Tage an grundſätz⸗ lich verboken. Sie wird jedoch ohne Einfuhrhewilligung zugelaſſen für beſtimmte, an einzelne Erzeu⸗ gungsländer zugeteilte Kontingente, die nur über die mit den Erzeugungsländern vereinbarten Zollſtellen eingeführt werden dürfen. Als Einlaßſtellen gelten bis auf wei⸗ teres die bisher zur Abfertigung der Butter— zollkontingente befugten Zollſtellen. Sobald das dem einzelnen zugeteilte Kon⸗ tingent erſchöpft iſt, darf Butter, die aus dem betreffenden Lande ſtammt, nicht mehr zur Einfuhr zugelaſſen werden. uſw. herbeigeführt. Landgemeindentag. Ein Telegramm des Kanzlers.— Die An- 5 griffe gegen die Gemeinden. Berlin, 13. November Hier fand der Delegiertentag des Verban⸗ des der preußiſchen Landgemeinden ſtatt. Der Reichskanzler hat an die Tagung ein Telegramm geſandt, in dem es heißt: „Im Vordergrunde unſerer Reformarbei⸗ ten ſteht die Wiederherſtellung geſunder Kommunalfinanzen. Zu dieſem Zweck wer den die notwendigen Vereinfachungen im Verwaltungsapparat von Reich, Ländern und Kommunen alsbald durchgeführt wer⸗ den müſſen. Weſenkliche Vorausſetzung für geſunde Finanzen bleibt die größkmögliche Bekämpfung der Arbeiksloſigkeit. In dieſer Beziehung wird die Reichsregierung die Verhandlungen beſchleunigt zu Ende führen.“ Reichsminiſter Profeſſor von Popitz überbrachte die Grüße des Reichspräſidenten, der der Arbeit der Vertreter der Landge⸗ meinden und des flachen Landes ſein beſon⸗ des Intereſſe entgegenbringe. Es iſt auf das äußerſte zu bedauern, er⸗ klärte Prof. Dr. Popitz, wenn die Erkennknis zu fehlen ſcheint, daß Maßnahmen der Kegie⸗ rung, mag man mit ihnen einverſtanden ſein oder im einzelnen Beſſeres wiſſen, vielfach auf eine geiſtige Einſtellung ſtoßen, die nur in der Kritik zu beſtehen ſcheint, die den peſſſi⸗ mismus um des Ppeſſimismus willen predigt, die Verneinung um der Verneinung willen. Die neue Finanzordnung bringe zwar kein Geld, aber ſie ſei eine Notwendigkeit auch mit einem pſychologiſchen Grunde. Denn die Gemeinden hätten in dieſen ſchweren Jahren auch unendlich an Vertrauen in der Bevölke⸗ rung verloren und ſtünden den dauernden Angriffen aus der geſamten Wirtſchaft ge⸗ genüber. Es gelte, hier Frieden zu machen, und jetzt müſſe es gelingen, wirklich wieder auf einer feſten Grundlage aufzubauen. Vittgänge nach Waſhington. Die Schuldner erſuchen Amerika um Zah⸗ lungsaufſchub. Newyork, 13. November. Der in Zuſammenhang mit den franzöſiſchen Schuldenzahlungen an Amerika angekündigte Schritt der franzöſiſchen Regierung in Wa⸗ ſhington iſt erfolgt. a Halbamtlich wird in dieſem Zuſammenhang mitgeteilt, daß die franzöſiſche Regierung um einen vorläufigen Zahlungsaufſchub der am 15. Dezember fälligen Zinszahlungen erſucht und gleichzeitig um die Aufnahme von Ver⸗ handlungen über eine Neuregelung der Schul⸗ denzahlungen gebeten habe. Nachdem der franzöſiſche Botſchafter dem Staatsſekretär Stimſon die Note in der Schul⸗ denfrage überreicht hat, die angeblich der bri⸗ tiſchen Note ähneln ſoll, wird erwartet, daß auch Italien und andere europäiſche Schuldnerländer einer Aufſchiebung der Schul⸗ denzahlungen beantragen werden. Staatsſekretär Stimſon hat jede Stellung⸗ nahme abgelehnt, da Pröſident Hoover noch nicht nach Waſhington zurückgekehrt iſt. Vie „Newyork Herald Tribune“ tritt in einem Leitartikel für die Aufrollung der Schuldenfrage ein, damit endlich die ganze Frage auf einer vernünftigen Grundlage geregelt werden könne. Günſltige Ausſichten? London. 13. November. Der von ſeiner Amerikareiſe zurückgekehrte Lord Reading erklärte bei ſeiner Ankunft in Southampton, daß die amerikaniſche mei⸗ nung der engliſchen Forderung auf eine Wiedereröffnung der Ariegsſchüldenverhand⸗ lungen ſehr günſtig gegenüberſtehe. Lord Reading hatte während ſeines Auf⸗ enthaltes in den Vereinigten Staaten Unter⸗ redungen mit führenden Staatsmännern, darunter Hoover und Stimſon. die Gründe für den engliſchen Schritt. London, 13. Nov. Die engliſche Note an Amerika, in der eine Aufſchiebung der am 15. Dezember fälligen Schuldenzahlung ge⸗ fordert wird, gibt dem„Daily Telegraph“ zufolge als Grund zu dem engliſchen Schritt nicht nur die beſondere Lage Englands, ſon⸗ dern auch die Gefahren an, die ſich aus der Ueberweiſung von großen Geldſummen für den internationalen Handel, einſchließlich des amerikaniſchen ergeben würden. der Chacokonflilt. Deutſcher General will vermitteln. Berlin, 13. November. General Kundt hat an Bord der„Europa“ eine Reiſe nach Amerika angetreten. Er fährt zunächſt nach Newyork, um ſich von dort nach Bolivien zu begeben, wo er, ohne ir⸗ gendwelche, militäriſchen Aufgaben zu über⸗ nehmen, ſich zur Schlichtung des Streites um den Gran Chaco zur Verfügung ſtellen will. Er beabſichtigt, ſich mehrere Monate in Süd⸗ amerika aufzuhalten. Zu der Reiſe des Generals Kundt wird von unterrichteter Seite erklärt, daß die Reichs⸗ regierung dem Vorhaben des Generals gänz⸗ lich fernſteht. Aſuncion, 13. November. Das paraguayaniſche Kriegsminiſterium mel⸗ det einen neuen großen Sieg der paraguayani⸗ ſchen Truppen im Gran Chaco. 350 Boli⸗ vianer ſeien getötet worden. Deutsche Tagesſchau. Aufgehobenes Jeitungsverbok. Der vierte Senat des Reichsgerichts hat das Verbot des ſozialdemokratiſchen„Nahe⸗ talboten“ mit ſofortiger Wirkung aufgeho⸗ ben. Das Blatt war von der nationalſoziali⸗ ſtiſchen Regierung in Birkenfeld am 31. Ok⸗ tober für die Dauer von 14 Tagen verbo⸗ ten worden mit der Begründung, daß es bei den Auseinanderſetzungen über die Ab⸗ ſetzung des Regierungspräſidenten Dörr den Regierungskommiſſar beleidigt habe. Wegen Landesoerrats verurteilt. Das Kammergericht Verlin verurteilte den Konrektor Alfred Karch wegen verſuchten Verrats militäriſcher Geheimniſſe zu fünf Jahren Zuchthaus, zehn Jahren Ehrverluſt und Stellung unter Polizeiaufſicht. Karch hatte Verbindungen mit den franzöſiſchen Nachrichtenſtellen angeknüpft, um ihnen ge⸗ heim zu haltende Nachrichten über den Stand der deutſchen Wehrmacht zu übermtiteln. zwischen den zwei Tanten is net mit?“ ach, die Damen. Grüaß Gott! Dös is nett. Oah, die Frau Ein weiblicher Miniſter in Amerika? Miß Frances Perkins ſoll in dem neuen Ka, dinett Rooſevelt das Amt des Arbeits mini, ſters übernehmen. Sie wäre, würde dieſe En nennung tatſächlich vollzogen, der erſte weib, liche Miniſter der Vereinigten Stagten. Auslands⸗Nundſchau. Abberufung Herbektes aus Madrid. Die„Republique“ verzeichnet das Gerücht, daß der franzöſiſche Botſchafter in Madrid Herbette, jetzt endgültig abberufen werde. Al Nachfolger komme der jetzige Geſandte in Wien, Graf Clauzel, in Frage. Wenn die; den Tatſachen entſpricht, kann Herbette al Opfer der Demonſtrationen bezeichnet werden die ſich bei der Anweſenheit des Miniſterprä⸗ ſidenten Herriot in Madrid ereigneten. Englandfeindliche Ausſchreikungen in Dublin. In Dublin wurden die geſamte Polizei und die Bürgergarde alarmiert, da die england feindlichen Kundgebungen anläßlich der Wa fenſtillſtandsfeier einen immer bedrohlicheren Umfang annahmen. Uniformierte Abteilun gen der republikaniſchen Armee zogen dur die Straßen und riefen u. a.„Wir wollen de Valera zum König machen“. Sie trugen Pla kate mit den Worten:„Boykottiert engliſch Waren“ mit ſich. An verſchiedenen Stellen entwickelten ſich Straßenſchlachten zwiſchen den Republikanern und der Polizei, wobei e⸗ einen Toten und eine große Anzahl von Ver letzten gab. Die ungariſch⸗italieniſche Freundſchaft. Aus Anlaß der Anweſenheit des ungarz ſchen Miniſterpräſidenten Gömbös in Ron gab der ungariſche Geſandte ein Feſtmahl zu Ehren Muſſolinis. Muſſolini verſicherte n garn in herzlichen Worten der Freundſchaf Italiens. Die Beſprechungen zwiſchen Göm bös und Muſſolini haben ihren Abſchluß ge funden. Der ungariſche Miniſterpräſident er klärte ſich von dem Ergebnis vollſtändig zu friedengeſtellt. Schild der„Emden“ zurückgegeben. London, 13. November. Die auſtraliſche Regierung hat beſchloſſen das Meſſingſchild des Kreuzers„Emden“ N Zeichen des guten Willens an Deutſchland zurückzugeben. Das Namensſchild der „Emden“ war nach der Zerſtörung de Schiffes am 9. Nanompber 1914 hei + Das helle Waſſer ſtand ihr in den Augen. Schon immer n . Fortſetung. Magdalen ungleichen Brüdern Roman von Gert Rothberg Copyright by M. Feuchtwanger, Halle(Saale) 14 „Gewiß, Tante Suſanne. Die Reſi wird ſich ſehr wun⸗ dern, daß du nicht mitkommſt.“ „Die wird auch viel lieber ein ſchönes Geſicht ſehen, da mach' ich mir ſelber nicht das Geringſte vor“, knurrte Tante Suſanne und ſchielte wütend ſeitlich in den Spiegel. Nach einigem Hin und Her ging die junge Frau end⸗ lich. Die Sonne ſchien heiß und brannte faſt ſengend. Wohlig fühlte Magdalen den großen, weißen Strohhut, den ſie auf dem Kopfe trug. Das duftige, dünne Kleid ließ jeden Volant im Luftzug erzittern, und raſch ſchritt Magdalen unter den Bäumen dahin. Eigentlich hatte ſie die Zugſpitzbahn bis zur Halteſtelle Kreuzeck benützen wollen, aber ein Blick auf die zierliche Armbanduhr be⸗ lehrte ſie, daß es zu ſpät ſei. Und auf den nächſten Zug zu warten, das dauerte ihr zu lange. Drüben fuhr auch ſoeben die elektriſche Zugbahn bergan. Sie war wie immer voll beſetzt. Und frohe Menſchen blickten lächelnd aus den Fenſtern. „Grüaß Gott!“ Ein alter Bauer ging an der jungen Frau vorüber. Freundlich erwiderte ſie den Gruß. f Munter und leichtfüßig ſtieg ſie bergan. Sie freute ſich über die Vögel, über die Blumen, über den blauen, un⸗ endlichen Himmel. Nach zweiſtündiger flotter Wanderung war ſie bei der Reſi, die gerade ihren Schatz, der ihr irgend etwas heraufgebracht hatte, auszankte. „Wannſt vielleicht denkſt, daß einer mich frotzeln kann, dann biſt im Irrtum, du. J hab no lang net nötig, mir ſo an Frazten aufzubürden, leicht merkſt dir dös, du Laus⸗ bub. Und i glaub der Zenzerl aufs Wort, daß du ihr nach⸗ gſtiegen biſt, du— du— und mit aner Heirat is jetzt Schluß zwiſchen uns, leicht merkſt dir dös? J ſag—— „Grüß Gott, Reſi. Ja, die Tante hat den Fuß ver⸗ ſtaucht. Sie wär' ſo gern mit heraufgekommen. Aber wie ich ſehe, ſtöre ich. Ich will lieber noch ein Stückchen laufen und komme dann auf dem Rückweg noch einmal her“, ſagte Magdalen freundlich und ſtric der Reſi über das blonde, krauſe Haar und über die blühenden Wangen. Die nickte und wandte ſich ſofort wieder dem hübſchen, ſtattlichen Burſchen zu, der der fremden Dame ganz ver⸗ zückt nachſah. Die Reſi ſtemmte die Hände in die Hüften, lachte ärger⸗ lich und ſchalt: „So einer biſt nun, du Hallodri, du! Jeder Schürze rennſt oder gaffſt halt nach. J werd mich hüten und ſo einen zum Manne nehmen.“ Der Andres lachte laut auf, legte die ſtarken Arme feſt um die blonde Reſi. f „Was biſt für a Dummerl, du! J woaß do ganz genau, was i an dir hab und i werd mi hüten, woanders anzu⸗ beißen. Sei guat, Reſerl; in acht Wochen, wannſt wieder herunter biſt, is Hochzeit.“ 5 Sie blickte ihn zweifelnd an, nickte dann aber verſöhnt und einverſtanden. Und zwei Glückliche küßten ſich. Magdalen aber war weitergegangen, immer weiter hinauf. Sie kam bei ihr fremden Sennerinnen vorüber, die aber alle freundlich zu ihr herüberſahen. Magdalen wanderte weiter, pflückte Blumen. Irgend etwas trieb ſie vorwärts, immer weiter hinauf. Sie wußte ſich dieſen ſeltſamen Drang in ihrem Innern nicht zu deuten, aber ſie gab ihm nach und ſtieg immer weiter bergan. In dieſer ſtillen Verſunkenheit bemerkte ſie nicht die Wetterwand, die drohend am Horizont aufſtieg. Als ſie ſie endlich ſah, war es ſchon zu ſpät, denn in der Ferne rollte bereits der Donner, und drüben zuckten grüne Blitze auf.„ Völlig faſſungslos blickte Magdalen um ſich. Wie hatte das nur ſo ſchnell heraufziehen können? Eben hatte doch noch hell und ſtrahlend die Sonne geſchienen? hatte ſie ſich vor einem Gewitter geängſtigt. Obwohl ſie vernünftig genug war, ſich zu ſagen, daß ihr hier oben nicht mehr und nicht weniger geſchehen konnte, als wenn ſie drunten in ihrer Penſion in Partenkirchen ſaß. Dennoch blieb das unheimliche Gefühl in ihr. Das ängſtliche Brüllen der Tiere, die von den Sennerinnen in die Ställe getrieben wurden, klang zu ihr herüber. Immer dunkler wurde es um Magdalen. Der Donnel tam näher. Die junge Frau ſchleppte ſich weiter. Dort dort, am Felsvorſprung die kleine Hütte, dorthin wollte ſie. Dort war ſie wenigſtens vor dem Unwetter geſchütz. Die Bäume bogen ſich, und in den Lüften heulte es Magdalen hetzte vorwärts. Sie hatte nur noch den! einen Gedanken: Die Hütte! Noch ehe ſie ſie erreichen konnte, ging ein ſtarker, klat⸗ ſchender Regen nieder. Im Nu war Magdalen durchnäßt bis auf die Haut. Endlich, nur noch wenige Schritte, dann trat ſie in die kleine Hütte. Es war nun ganz dunkel. Nur die Blitze erhellten zu— weilen den Raum, in deſſen rechter Ecke unweit der Tür die junge Frau kauerte und beide Hände vor das Geſicht gedrückt hielt. 0 Ein Donnerſchlag folgte dem andern. Hochgebirgs⸗ gewitter! Ein heftiger Windſtoß riß die Tür weit auf. Magdalen richtete ſich auf, taſtete ſich hin, wollte die Tür wieder ſchließen. Da tauchte eine hohe Geſtalt vor ihr auf. Magdalen wich zurück. Der Fremde betrat den Raum, verneigte ſich, ſprach mit tiefer, angenehmer Stimme: „Verzeihung! Geſtatten Sie, daß ich mich auch ein wenig hier niederlaſſe?“ a. Er mochte vielleicht denken, es ſei eine Sennerin, die dunkle, ſchlanke Geſtalt, die ſchweigſam am Pfoſten lehnte. Der Mann ſchloß die Tür. Im nächſten Augenblick er“ hellte eine Taſchenlampe den Raum. Mit weit geöffneten Augen blickte Magdalen auf den Angekommenen. Es wat der Mann, an den ſie immer gedacht hatte! N 5 Fortſetzung ſolgt. D 4 5 E 1 lebe — 0 Nachdruck verboten. Der Engländer begreift. Er ſieht in mir den Menſchen und . kommt mit entgegen; es iſt ein Offizier. Er reicht mir die Hand und drückt meine mit heißem Dank. ſehe an ſeinem Munde, daß er ſpricht, aber hier iſt keine eit zur Unterhaltung; man kann ja auch nichts verſtehen in dem toſenden Lärm. Er trügt eine Piſtole am Ledergurt. Ich zeige ihm, daß er abſchnallen ſoll. Er wirft beides auf die Erde. „Hände hoch, retour!“ ſchreie ich ihm ins Ohr. Er hat ver⸗ ſtanden und geht nach unſerer rückwärtigen Stellung. Ich habe einem Menſchen das Leben gerettet. Gerettet, wo ich doch morden ſollte! g Fünf Meter weiter iſt die Stelle, wo er hochkam. Zer⸗ riſſene Leiber liegen zwiſchen Erdbrocken. Er war der Einzige, den das berſtende Eiſen verſchont hatte. Aber im Menſchen lauert die Beſtie! Hätte ich bei ihm bleiben können! Schweigen wir davon. Er lebt nicht mehr! Ich bin etwas hinter der Linie zurückgeblieben, aber mit e Schritten habe ich die Kameraden wieder ngeholt. Bis zum zweiten Graben ſollen wir, unſere ſuchenden Augen haben bisher nur ein Trichterfeld geſehen. Gräben ent⸗ decken wir nicht, alles iſt eingeebnet. Plötzlich hört das Sperrfeuer unſerer Artillerie auf. Faſt beängſtigend iſt die Stille, die uns umgibt. Langſam verzieht ſich der Pulverrauch im dämmernden Abend. Wir haben die Kuppe des Hügels erreicht, auf der ſich die engliſche Stellung befand. Von hier können wir weit das Gelände überſehen. Im Tal muß die feindliche leichte Artillerie eingebaut ſein. Warum ſchießt ſie nicht? Da ſehen wir leichtfüßige Geſtalten den Hügel empor⸗ haſten, in Linie ausgeſchwärmt: die engliſchen Reſerven! Schlanke Burſchen mit Wickelgamaſchen, Karabiner ſchuß⸗ bereit unterm Arm. Flache Stahlhelme. Beginnt jetzt das Morden? Einen Blick werſe ich zurück. Die zweite Welle hat uns eingeholt und ſchiebt ſich ein, unſere Reihen verſtärkend, und von unſerer alten Stellung kommt es herauf, ungezählte Maſſen, Teufel wie wir! Die dünne engliſche Kette ſtutzt! Einen Augenblick ſtehen ſie wie erſtarrt, die flachen Stahl⸗ helme richten ſich ſchräg nach oben. Sie erkennen uns und verharren im Schreck. Kein Schuß fällt von uns. Sie haben die Höhe erreichen wollen, bevor wir heran ſind. Nun kommen ſie zu ſpät und ſtaunen. Sie ſehen, daß die Simation nicht mehr zu retten iſt. Wir ſind die Sieger. Jeder von uns trägt das Triumph⸗ gefühl in ſich, das uns die Bruſt weitet und die Herzen höher ſchlagen läßt. Wir ſtehen auf dem Gipfel, unſer iſt die Macht! Und plötzlich bricht es aus unſern Kehlen, in tauſendfachem Ruf, weithin dröhnend an ihr Ohr. Kein Hurra iſt es, das ihnen entgegenſchallt. Unſer Sieges⸗ ruf hat keine Worte. Ein Schrei urgewaltiger Kraft dröhnt ihnen entgegen und läßt ihre Herzen erbeben. Barbarenſchrei! Und dann ſehen wir und ſind überwältigt, was geſchieht: die engliſche Infanterie macht kehrt und flüchtet in ſpringenden Sätzen den Hügel hinab, von Entſetzen gepackt. Und wir ſtehen oben, Gewehr bei Fuß, im Bewußtſern unſerer Kraft; kein Schuß lichtet ihre Reihen. Das war Sieg! VIII. Galgenfriſt. Laſtende Stille lag über dem Schlachtfeld. So unwahrſcheinlich einfach war der Sturm verlaufen. Nirgends waren wir auf Widerſtand geſtoßen; unſere Artil⸗ lerie hatte die engliſchen Gräben völlig eingeebnet. Wir hatten faſt keine Verluſte erlitten. Jeden Augenblick hatten wir mit einem Gegenſtoß der feindlichen Infanterie gerechnet, doch der blieb aus. e Kein einziger Schuß aus den engliſchen Kanonen fiel in unſere Reihen. Seit Wochen war keine Nacht ſo ruhig ver⸗ laufen. Und doch konnte ich dies nicht als gutes Zeichen deuten. Sicher verfolgte der Engländer eine beſondere Abſicht damit. Sollte er ſich das von uns bieten laſſen, daß wir ſeine erſte Stellung in der ganzen Tiefe geſtürmt hatten? Notdürftig hatten wir uns mit unſeren kurzen Spaten einen Graben ausgehoben, doch er war bis zum Morgen nicht einmal ſo tief, daß wir aufrecht darin ſtehen konnten. Er bot nur Schutz gegen Sicht. Als der dämmernde Tag die Gegenſtände deutlicher er⸗ kennen ließ, war meine erſte Sorge, mich zu vergewiſſern, wo wir eigentlich waren. Ich kletterte durch Granattrichter ein Stück zurück. Man mußte doch feſtſtellen können, wo die alte engliſche Stellung war. Nicht allzu weit entfernt, vielleicht zwanzig Meter rück⸗ warts, fand ich einen alten engliſchen Unterſtand. Er war völlig zerſtört, ſo daß ich nicht hineingehen konnte. Dann kam ein kurzes Grabenſtück, das einigermaßen er⸗ halten war, und hier zweigte ein breiter Laufgraben ab. Auf einer weißen Tafel ſtand mit großen Buchſtaben:„Witheheart⸗ Tranchse.“ Von einem erhöhten Standort hielt ich Umſchau, ob ich die Drahtverhaue der engliſchen Stellung ſehen könnte, aber es war nur ein großes Trichterfeld, das vor mir lag, und es 10 50 15 noch nicht hell genug. Ich ging zu meiner Gruppe Die Kameraden lagen ſchlafend im Graben. Einer von jeder Gruppe hielt Wache. Ich ſpürte keine Müdigkeit, ich aß. In meiner Feldflaſche hatte ich Kaffee. Allmählich wurde es hell. 5 Wenn ich über den Graben lugte, hatte ich einen weiten Ausblick bis tief ins engliſche Hintergelände. Wir lagen auf der Höhenkuppe. Das war auch unſere Abſicht geweſen, damit wir von unſeren eigenen Gräben aus die Gegend beherrſchten. Ich hatte auf die Grabenkante ein paar große Erdbrocken ſo aufgebaut, daß ich wie durch eine Schießſcharte hindurch⸗ blicken konnte, ohne ſelber geſehen zu werden. Sogar eine Sitzgelegenheit hatte ich mir geſchaffen. So konnte ich abwarten, was geſchah. Eine ganze Weile noch blieb es ruhig. Da ſchraubte ſich plötzlich aus großer Höhe ein feindlicher Flieger tief herab. Im Graben wurde der Beſehl durchgegeben, uns ruhig zu verhalten und uns nicht durch Bewegungen zu verraten. Ich hängte meine Zeltbahn um. o tief kam der Flieger, daß wir die Inſaſſen ſehen konnten. Warum verſuchten wir nicht, ihn mit einem Maſchinengewehr herunterzuholen? icher war er herübergekommen, um unſere neue 14 77 910 d 8 undſchaften. Und jetzt glaubte ich zu erraten, weshal ie feindliche Artillerie uns die Nacht über nicht beſchoſſen tte. Man wußte ſcheinbar nicht, wie weit wir vorgedrungen 177 n, 151 befürchtete, die eigenen Soldaten zu treffen, wenn man auf dſe alte engliſche Stellung feuerte. Denn es war doch n eines bon Rudolf Vehls 5 Copyright by Martin Feuchtwanger Halle(Saale) Front soldaten möglich, daß in der Stellung noch gekämpft wurde und ſich Teile der engliſchen Beſatzung noch vorn befanden. Ganz niedrig ſchwebte der Flieger über uns. Herrgott noch mal, warum ſchoß man nicht auf ihn? Man konnte den Beobachter doch einfach aufs Korn nehmen! Ich blickte ſehnſüchtig nach unſerer Stellung hinüber. Wes⸗ halb kamen keine deutſchen Flleger, um ihn zu verjagen? Wes⸗ halb mußte er hier ungeſtraft unſere Stellung auskundſchaſten, damit er uns der feindlichen Artillerie verriet? Immer wieder flog er in geringer Höhe unſeren Graben entlang. Wenn wir uns auch dabei ruhig verhielten, ſo ſah er doch die friſche Grabenlinie. Zum Teil hatten die Soldaten ſich aus gefüllten Sandſäcken Schießſtände gebaut, und das helle 2 7 1 Säcke hob ſich wundervoll von dem gelben Lehm⸗ oden ab. Endlich— endlich hörten wir, daß von unſerem Nachbar⸗ regiment nach dem Flieger geſchoſſen wurde, und ſofort ſtieg er ſteil aufwärts. Aber unbedingt hatte der Beobachter ſchon genug geſehen. Von unten erkannten wir jetzt, daß er beſtimmte Zeichen gab. Auf einer Stelle zog er dauernd Kreiſe, auch ſchoß er Leuchtraketen ab. Wir konnten uns denken, daß es Signale für die engliſche Artillerie waren. Eine platzende Granate ſchlug krachend in die Stille— irgendwo. Hier iſt ja ſo viel Raum! Noch eine kommt herüber. Auch gut! Ich habe mich umgedreht und ſitze jetzt ſo, daß ich die alte engliſche Stellung überblicken kann. Von unſerer alten Stellung ſehe ich nichts. Sie liegt hinter dem Hügel. Ein ſchwerer Brocken ſchlägt ein. Muß ein großes Kaliber geweſen ſein. Hochauf ſpritzt die Erde. Ein großer Balken wirbelt durch die Luft und fällt auf die Erde zurück. Aha! Der Engländer denkt, wir liegen in der alten eng⸗ liſchen Stellung und ahnt nicht, daß ſie völlig vernichtet iſt und uns keinen Schutz gewähren kann. Laß ihn nur immer ſchießen; er trifft keinen der Unſeren. Aber es bleibt nicht mehr bei einzelnen Einſchlägen. Ich habe ſchon Mühe, ſie alle zu zählen, denn kaum habe ich ge⸗ ſehen, wie plötzlich Erdſchollen zum Himmel emporfliegen und zerbröckelnd niederfallen, ſo ſchlägt ſchon auf einer anderen Stelle sine Granate ein und wühlt die Erde auf. Es iſt ein eigenartiges Gefühl, das ich empfinde, und hat einen eigenen Reiz. Wenn ich in unſerer alten Stellung auf Poſten ſtand und die Artillerie ſchoß, ſo war das immer viel unheimlicher. Man hörte das Einſchlagen der Granaten, aber man ſah ſie meiſtens nicht. Doch hier iſt es anders. Ich kann 2. 500 Terrain überblicken und ſehe, wo jede einzelne ein⸗ gt. Jene ſchwere iſt weit entfernt. Mehrere ſind ſchon auf der gleichen Stelle krepiert. Die Batterie iſt ungefährlich. Aber eine andere ſchießt immer nur zirka 30 Meter ent⸗ fernt. Das iſt ſchon unangenehmer! Plötzlich fährt mein Kopf herum! Fauchend kommt etwas durch die Luft geſauſt. Es hört ſich an, als ob ein wildgewordenes Auto geradeswegs auf mich zu⸗ geraſt käme. 5 Inſtinktiv merke ich die drohende Gefahr und richte mich halb auf, um zu ſehen, was es gibt; da verliere ich die Balance und falle von meinem Sitz in den Graben. Ein furchtbares Krachen trifft mein Ohr, und die Erde zittert wie bei einer Sprengung. Ein Erdhagel fällt in den Graben. Die Kameraden, die bisher zum größten Teil geſchlafen haben, werden munter. „Menſchenskind, was war das?“ Ja, was mag das geweſen ſein? Niemand von uns weiß es zu ſagen. „Ob der Tommy mit einer Mine geſchoſſen hat?“ Unſer Gruppenführer ſchüttelt den Kopf. „Die heult nicht ſo, wenn ſie ankommt. Dieſes Ding hat ja einen furchtbaren Lärm gemacht. Muß von weither gekommen und ein ausverſchämtes Kaliber ſein.“ 3Iſt eins von den engliſchen Schiffsgeſchützen geweſen— Kaliber dreißig Zentimeter“, ſagte einer mit Beſtimmtheit. „Ich kenne ſie von Flandern her. Wenn er erſt damit anfängt — na, ich weiß ja nicht! Ich kann mir ſchon denken, wie es kommen wird. Jetzt ſchießt er ſich ein, und heute nacht trommelt er. Wird wohl nicht viel von uns übrigbleiben.“ Wir ſchweigen. Das wäre ja furchthar! Dann wird es uns ebenſo ergehen wie der engliſchen Beſatzung, die in den zer⸗ ſchoſſenen Unterſtänden liegt! 5 Dettman, der mit mir in einer Gruppe iſt, kommt zu mir eran. „Ich glaube, es wird ganz böſe“, meint er.„Ich wollte, wir würden abgelöſt.“ Ich zuckte die Achſeln. „Vor heute nacht auf keinen Fall“, gebe ich zur Antwort, und das iſt auch anzunehmen. Es hat den Anſchein, als ob ſich immer neue Batterien ein⸗ ſchöſſen, und nicht alle Einſchläge bleiben in reſpektvoller Ent⸗ fernung. Oftmals fällt die aufſpritzende Erde in unſeren Ni und mancher Kamerad fllicht, wenn ein Brocken ihn rifft. ö e * N ** WI N. N In N *. W * * r * 5 8 Kune 1 . 2 ee, Es iſt durchgeſagt worden, daß wir in der alten Stellung Butter und Wurſt empfangen können. Einer von uns geh zurück. Sackmann iſt es, der junge Kamerad, der auf den eng⸗ liſchen Offizier ſchießen wollte. * Die Sonne brennt heiß vom Himmel. Die Kameraden haben ſich wieder beruhigt, da keine weiteren der unheimlichen Granaten eingeſchlagen ſind. Sie liegen wieder ſchlafend im Graben. Ich habe meinen kleinen Ausguck wieder aufgebaut, der von der Erſchütterung eingefallen war, und blicke nach der eng⸗ liſchen Stellung hinüber, ob man dort Truppenbewegungen feſtſtellen kann. Gefreiter Knappe ſteht neben mir. Plötzlich ſehe ich, wie etwas, aus unſerem Graben kommend, in hohem Bogen durch die Luft fliegt. Für einen Augenblick ſtockt mir der Atem. Furchtbaxe kaum faſſen. Gefreiter Knappe ſieht mich ſchreckensſtarr an. „War das ein Menſch?“ fragt er zweiſelnd. Ich nicke ſtumm. Blitzſchnell kommt mir die Erinnerung, daß ich einmal in einem Panorama einer Jahrmarktsbude ein Bild einer Explo⸗ ſionskataſtrophe geſehen habe. Dort flogen Menſchen, Hände und Füße von ſich geſtreckt, durch die Luft. Genau ſo war es hier geweſen. Bevor wir noch weiter darüber reden können, ſchallt von rechts aus dem Graben verzweifeltes Schreien, und ganz ver⸗ ſtört kommen Kameraden, flüchtend, herbei. Eine Granate iſt in den Graben gefallen, mitten zwiſchen ſie. Der eine, der durch die Luft geſegelt iſt, hat vielleicht noch Glück gehabt. Es iſt nicht geſagt, daß er getötet wurde. Iſt mein Bruder, der Artilleriſt, doch auch einmal durch die Luft geſauſt, als eine Granate in ſeiner Nähe krepierte. Er hat einige Wochen im Lozareit gelegen, das war alles. * U Ich kann das Eine neue Batterie muß ſich auf unſeren Graben eimn⸗ geſchoſſen haben, denn auch links von uns gibt es Verwundete. Jetzt iſt es mit unſerer Sicherheit vorbei! Es gibt Arbeit für die Sanitäter; aber die Verwundeten können nur unter großer Gefahr zurückgeſchafft werden, denn das ganze Gelände liegt unter ſchwerem Feuer. Sackmann iſt zurückgekehrt und iſt völlig außer Atem. Der Schweiß läuft ihm über das Geſicht und zeichnet helle Striemen. Als er den Ruckſack abſchnallt, iſt ſein Rücken ein einziger großer Fettfleck, denn die Butter iſt geſchmolzen unter der ſengenden Sonne. Die Butter mag niemand eſſen, ſie iſt wie Oel. Ueberhaupt hat niemand Hunger. Waſſer wollen ſie, Ge⸗ tränk! Ob er nichts mitgebracht hat? Nein, er hat nichts bei ſich! Im zweiten Graben iſt ein ganzer Unterſtand voll Mineralwaſſer, aber bis dahin hätte er nicht laufen wollen. Es hätte ja auch noch einer von uns mit⸗ kommen können und tragen helfen, ſagt er. Wir hätten ja keine Ahnung, wie es in der Zwiſchenſtellung ausſieht, und wie ſchwer es iſt, überhaupt durchzukommen. Es iſt noch nicht einmal Mittag, und die meiſten Kameraden haben brennenden Durſt. Sie wiſſen es ſich auch nicht einzu⸗ teilen, ſondern trinken in großen Zügen, anſtatt ſich nur die Zunge anzufeuchten. Der e fragt, ob jemand nach unſerer Stellung will und Getränk holen. Zwei Kameraden melden ſich, nachdem ſie ſich beredet haben. Es iſt beſſer, wenn zwei gehen, ſagen ſie. Falls einem etwas paſſiert, kann der andere ihm helſen. Das iſt wahr. 4 Wir wundern uns, daß der Tommy unſeren neuen Graben nicht mehr beſchießt, um uns zu vertreiben; aber vielleicht hat ein Kamerad recht. b „Warum ſoll er verraten, daß er weiß, wo wir liegen!“ meint er.„Er hat ſich eingeſchoſſen und kennt die Entſernung. Das genügt doch für vorläufig. Heut' nacht gibt er uns Kattun. Er iſt nicht ſo dumm, wie er ſich den Anſchein gibt.“ ** Es hat faſt den Anſchein, als ob nicht ſo viele Granaten wie bisher auf die alte engliſche Stellung fallen. Dafür ſchießt er jetzt mit großen Kalibern unſere frühere Stellung kaputt. Na, wenn wir uns hier verſchanzen wollen, iſt es ja nicht ſo wichtig. Aber was iſt das für eine Arbeit, unter dem feind⸗ lichen Feuer die Stellung auszubauen! Eine Granate ſchlägt in bedenklicher Nähe ein! Turmhoch⸗ ſpritzt der Dreck. Man zieht den Kopf zwiſchen die Schultern. Wenn Erdbrocken aus dieſer Höhe treffen— das iſt nicht an⸗ genehm. Da ſpüre ich plötzlich einen ſchmerzhaften Schlag auf meine Wade. Ich habe mit gekreuzten Beinen geſeſſen. Ich blicke han und ſehe, daß ein ſtreichholzſchachtelgroßer Granatſplitter in meinem Stiefelſchaft ſteckt. Ich nehme ihn einfach ab, ſehe ihn mir an und ſtecke ihn als Andenken in die Taſche. Das Leder iſt zum Teil durchgeſchlagen. Ich ziehe den Stiefel aus. Auf meiner Wade ſind die Umriſſe des Splitters mit roten Rändern eingeprägt. Stellenweiſe iſt auch das Fleiſch angeritzt; aber es iſt nicht ſo ſchlimm und blutet nur wenig. Ich mache ein Verbandpäckchen darum und ziehe den Stiefel wieder an. Die Kameraden meinen ernſthaft, ich ſei ſetzt lazarettfähig; aber das iſt natürlich Unſinn. Flieger kreiſen wiederholt über der Stellung, und der Eng⸗ länder belegt ſeine alte Stellung mit ſtarkem Schrapnellfeuer. Er will die rückwärtigen Verbindungen ſtören. Beſonders eine beſtimmte Stelle beſchießt er ununterbrochen. Stundenlang geht das ſo. Und unſere beiden Waſſerholer ſind noch nicht zurück. Sind ſie vielleicht verwundet? „Hab mir gleich gedacht, daß die nur türmen wollten“, ſagt der Gruppenführer.„Hier vorn iſt's ja auch nicht geheuer.“ Möglich iſt es ſchon, daß ſie ſich drücken, doch ebenſognt können ſie auch von den Schrapnells getroffen ſein. Die Kameraden lechzen nach Waſſer, es iſt furchtbar heiß. Der Gruppenführer macht mir einen Vorſchlag: „Willſt du verſuchen, ob du durchkommſt?“ fragt er mich. „Wenn du gut zurückkommſt, kannſt du ja heute abend in Dunkeln abhauen. Du biſt ja verwundet!“ f Es iſt nicht meine Abſicht, mich zu drücken; aber wenn doch einer etwas zum Trinken holen muß, kann ich es ja auch ſein. Dettman fragt mich leiſe:„Kommſt du wieder?“ Ich nicke ihm zu.. Als ich ein Stück unterwegs bin, merke ich, daß es nicht ſo einfach iſt, mit heiler Haut durchzukommen. Ueberall platzende Schrapnells! Aber wenn ſchon, denn ſchon! 22 f Ich bin erſtaunt, wie nahe unſere alte Stellung iſt. Nur einen Katzenſprung entfernt. Wenn nur ein vernünſtiger Graben vorhanden wäre, könnte man in zehn Minuten hinüber⸗ kommen, aber hier geht es von einem Trichter in den anderen. Trotzdem aber erkenne ich, daß man ſchon in der Nacht ver⸗ ſucht hat, einen Verbindungsgraben herzuſtellen, und ſo gut es geht, benutze ich ihn. Man hat ganz einfach nur die benach⸗ barten Trichter verbunden. a 1 Verſchiedentlich treffe ich Melder, die an mir vorbeiſtürzen. Auf meine Fragen geben ſie keine Antwort. Auch ich habe es eilig, denn über mir platzen die Schrapnells und treiben mich zur Eile an. 3 6 Telephoniſten legen einen Draht zur vorderen Stellung. Im Vorbeigehen wechſeln wir einige rte. ö „Vorſicht beim großen Trichter. Da funkt er rein!“ 5 o er funkt überall hin.(Fortſetzung folgt) 5 l von Gert ers„Die Wette um Eva“* Copyright by——— 25— 13. Fortſetzung. Nachdruck verboten. Aus dem tiefen Grün des dichten Gebüſches, das vom Mondlicht beſchienen wurde, ſchimmerten weiße Bänke hervor. Kardorf ſetzte ſich auf eine dieſer weißen Bänke, und in dieſen ſtillen Nachtſtunden zog die Vergangenheit an ihm vorüber. Sein ganzes tolles Leben. Und das Er⸗ Hebnis dieſes Nachdenkens war: „Und jetzt glaubte ich, nur kommen zu brauchen, jetzt, da Eva ohne mich etwas geworden iſt im Leben, wo ſie ſich zu einer ſchönen, eleganten Frau entwickelt hat? Jetzt erwartete ich am Ende von ihr, daß ſie mir in die Arme ſinkt und froh iſt, daß ich mich endlich beſinne, daß ich noch eine Frau habe, die Anſpruch auf mich hat?“ Der Morgen graute, als er ſich endlich von der Bank erhob und ſeinem Hotel zuſchritt. **.* Kardorfs hohe Figur überragte alle anderen. Eva, in einem ſchwarzen Chiffonkleid mit koſtbarer, roter Perlen⸗ ſtickerei lag erſchöpft zurückgelehnt im Seſſel. Sie hatte faſt jede Tout getanzt. Frau von Volkmar hatte ihr be⸗ ſorgt empfohlen, ſich erſt einmal etwas auszuruhen. Sie wußte ja auch ganz genau, daß es nicht nur der Tanz war, der Eva ermüdete, ſondern vor allem die Aufregung, die ſie zermürbte. Frau von Volkmar kannte Kardorf von Berlin her. Er war ihr immer ſehr ſympathiſch geweſen. War es heute noch. Freilich, wie er ſich Eva gegenüber benommen, das gefiel ihr nicht. Aber Eva liebte ihn noch immer, und aus dieſem Grunde war ſie freundlich und herzlich zu Kardorf, um auch ihrerſeits zu einer Verſtändigung der beiden Gatten beizutragen. Kardorf bat Eva um den nächſten Tanz. Er war erſt vorhin gekommen. Eva nickte. Und als jetzt die lockenden Weiſen erklangen, erhob ſie ſich und legte die Hand auf ſeinen Arm. Eva ſah die dunkle Erregung in den Augen des Mannes. Ein Schwindelgefühl ließ ſie ſich feſter gegen den Arm lehnen, deſſen Muskeln ſich unter der Berührung ſtrafften. Die lockenden, aufpeitſchenden Weiſen des Tanzes, der Duft des blonden Haares, der weiche Frauenkörper in ſeinen Armen, all das wirkte mit einer ſolchen Stärke auf Kardorf ein, daß er ſich nicht länger beherrſchen konnte. „Eva, laß die Komödie ſein! Wir ſind Mann und Frau! Komm mit mir! In meinem Hotel iſt Raum auch für dich! Was gehen uns die Menſchen an!?“ Eva hörte zu tanzen auf. Sie war totenblaß. Wie ſprach er zu ihr! Was wagte er! Eine unedle Leidenſchaft trieb ihn, ſo zu ihr zu ſprechen. Schämte er ſich nicht, ihr das zu ſagen? Noch wogte hochgehende Leidenſchaft in ihm. Ver- ſtändnislos ſah er auf ſie nieder. Er faßte das nicht. Dieſe ſchöne Frau gehörte ihm doch, ſolange ſie ſeinen Namen trug. Und er wollte ſein Recht! „Du biſt meine Frau, Eva! Die Frau gehört zu ihrem Manne, vergiß es nicht“, ſagte er, und ſeine Augen blickten ſie in tiefſter Erregung an. Flammende Empörung leuchtete aus ihren blauen Augen. „Du haſt es vergeſſen, nicht ich. Und weil ich dir jetzt zufällig gefalle, glaubſt du, du kannſt mich nehmen, weil es dir ſo gefällt. Ich bin keine Ware. Ich— es mag dir ja anmaßend klingen, doch ich bin mir meines Wertes heute auch bewußt. Ich verbiete dir, in dieſem Ton weiter mit mir zu ſprechen; du haſt kein Recht dazu. Bitte, führe mich an meinen Platz zurück! Ich möchte nicht der Mittelpunkt eines geſellſchaftlichen, pikanten Klatſches ſein.“ „Dann trage auch die Folgen, Eva! Ich wollte eine Verſtändigung.“ Sie würdigte ihn keiner Antwort mehr. Ohne ſich noch einmal unmzuſehen, wandte ſie ſich an Frau von Volkmar: „Gnädige Frau, Sie hatten doch recht: ich möchte lieber nach Hauſe. J. ätte dieſen letzten Tanz unterlaſſen ſollen“, ſagte ſie, uns ihre Stimme zitterte. Bereitwillig erhob ſich die Dame. „Ich begleite Sie ſelbſtverſtändlich, Kindchen. Grete iſt in Begleitung Egons und unter dem Schutze Frau von Leringers gut aufgehoben.“ Man bedauerte dieſen frühen Aufbruch der ſchönen Frau allgemein. Harald Kardorf aber biß die Zähne zu⸗ ſammen. Der Zorn ebbte langſam in ihm ab. Es kam ihm zum Bewußtſein, daß er ſich Koſtbares verſcherzt hatte. Eine tiefe Traurigkeit erfüllte ihn plötzlich. Freundlich verabſchiedete Eva ſich von allen. Ihm aber ſchenkte ſie auch jetzt leinen Blick. Er verbeugte ſich tief, dann ging er in den Rauchſalon hinüber. 1* * Evas ſchönes Geſicht war wie verſteinert, als ſie ſich von Frau von Volkmar zu Bett bringen ließ. Sie ſtrei⸗ chelte nur ab und zu die Hände der gütigen Frau; zu ſprechen vermochte ſie nicht. In ihrem Herzen war jede Hoffnung auf ein echtes, großes Glück geſtorben. Ganz apathiſch lag ſie da, mit geſchloſſenen Augen. Als ſie ſich noch immer nicht rührte, glaubte Frau von Volkmar, ſie ſchlafe, und da ging ſie leiſe hinaus. Eva aber dachte: „So alſo ſieht Harald Kardorf aus? So iſt er gewöhnt, mit Frauen umzugehen. Und ich habe auch nur eine Minute lang glauben können, er ſei einer aufrichtigen Liebe fähig?“ Wild aufſchluchzend, vergrub ſie den Kopf in den Kiſſen. „Wenn doch dieſe Liebe in meinem Herzen endlich ſterben würde“, ächzte ſie. Die Uhr in dem Marmorgehäuſe tickte unaufhörlich. Draußen auf der Straße hörte man ab und zu einmal lautes Lachen. Sonſt drang nur die Nachtluft ins Zimmer. Aus dem tiefen Dunkel hervor ſah die junge Frau Harald Kardorfs Geſicht mit den leidenſchaftlichen, ſpöttiſchen Augen. Dieſer Mann hatte ſie mit zu den Frauen werfen wollen, die ehemals ſeinen Weg gekreuzt hatten. Darüber kam Eva nicht hinweg. 8 Ihre reine Liebe bäumte ſich auf gegen dieſe Gewalt⸗ herrſchaft des Mannes. So konnte ſie ihm nicht gehören, ſo nicht. Dann lieber auch weiter einſam bleiben, als die Demütigung ertragen, von ihm eines Tages beiſeite ge⸗ ſchoben zu werden, wenn eine andere Frau auftauchte, die abermals ſein flüchtiges, leidenſchaftliches Wohlgefallen erregte. Das wäre das Schlimmſte geweſen! nicht ertragen! Wie ihr der Kopf ſchmerzte. Eva warf ſich auf ihrem weichen Lager hin und her, verſuchte zu ſchlafen und ſah doch immer nur Harald Kar⸗ dorfs große, leidenſchaftliche Augen. Das hätte ſie 0 5 5 Philipp Vanderfelde dankte dem Himmel, daß der ſchwarze Teufel, die Marcella, abgereiſt war. In was für ein ſchiefes Licht er bei der kleinen braunlockigen Grete von Volkmar gekommen wäre! Wahrhaftig, dieſes junge Mädel gefiel ihm immer beſſer. Nein, das war nicht der richtige Ausdruck. Sie ſchlich ſich ihm ins Herz mit ihrem frohen, ſorgloſen Lachen. Dieſer Frohſinn, der durch dieſes Mädchenlachen klang, hallte in ihm ſelbſt wieder. Und ſie war gar nicht kokett. Aber ohne es zu wollen, ließ ſie es ihm merken, wie gut er ihr gefiel, und in ihm war ein knabenhaft glückliches Gefühl. Er tanzte jede Tour mit ihr, und er lächelte ſtrahlend, als er einmal abſichtlich bei Anfang eines Tanzes zurückhielt und dann ſehen durfte, wie ſie ſich ſuchend nach ihm umblickte, obwohl genug Herren ſie um⸗ drängten, die ſie um einen Tanz baten. Sie mußte dann wohl oder übel mit einem dieſer Herren tanzen; aber er, Vanderfelde, ſtellte mit Genugtuung feſt, daß ſie während des ganzen Tanzes ſehr ernſt blieb. Egon von Volkmar hatte ſich freundſchaftlich bei ihm eingehängt. „Das iſt eine Hitze. Ich tanze nicht mehr. Wollen wir ein Glas trinken?“ Vanderfelde verſpürte rieſigen Durſt; aber da der Tanz gleich zu Ende war und er die Herren warten ſah, ſagte er: „Verzeihen Sie, Herr von Volkmar, doch ich möchte lieber hier bleiben.“ Da lächelte Egon von Volkmar, und dachte ſich ſein Teil. Philipp Vanderfelde aber tanzte bereits wieder mit Grete. Sie ſahen ſich ſelbſtvergeſſen in die Augen. Van⸗ derfelde ſagte leiſe: „Mein gnädiges Fräulein, darf ich Ihnen etwas ſagen? Aber werden Sie mir auch nicht böſe ſein?“ Das Mädchen ſchüttelte mit dem Kopfe. „Nein, ich werde Ihnen ganz gewiß nicht böſe ſein.“ „Gnädiges Fräulein, ich verwünſche um dieſes herr⸗ lichen Tanzes, dieſes einzigen Abends willen mein ganzes bisheriges Leben. Glauben Sie, daß ich auf Verzeihung hoffen darf bei dem Mädchen, das ich von ganzem Herzen liebe?“ Da ſagte Grete von Volkmar nichts mehr; aber ihr ſüßes Geſicht war heiß und rot. „Ich liebe Sie!“ Hatte Vanderfelde es wirklich geſagt, oder hatten es nur die Geiſter geſungen? N Grete liebte den frohſinnigen Mann, der ſo gänzlich un⸗ erwartet in ihr junges Leben getreten war und ſo ſelbſt⸗ verſtändlich von ihrem Herzen Beſitz ergriffen hatte. Und Grete von Volkmar wünſchte, daß dieſer Abend kein Ende nehmen möchte. Egon ſah, was ſich abſpielte. Er konnte den bittenden Augen ſeiner kleinen Kuſine nicht widerſtehen, trotzdem er etwas unruhig feſtſtellte, daß er eigentlich ſeiner Tante verſprochen hatte, Grete um dieſe Zeit bei ihr wohl⸗ behalten abzuliefern. Und während hier für Grete ein ſonniges Glück er⸗ blühte, lag Eva noch immer mit großen, wachen Augen in ihrem Bett, und dachte darüber nach, was nun werden ſollte. Nach Hagenhöhe konnte ſie nun nie mehr zurück. Sie mußte ſich ihren Wohnſitz in Berlin einrichten. Es würde das Beſte ſein. Ein paarmal kam ganz leiſe Frau von Volkmar ins Zimmer, um nach ihr zu ſehen. Dann lag Eva jedesmal ruhig da und holte tief und regelmäßig Atem. Dann glaubte die Dame, daß Eva ſchlief. Sie ging befriedigt wieder hinaus.. Eva tat die kleine Täuſchung leid; doch ſie konnte jetzt nicht ſprechen, ſie mußte mit ihren folternden Gedanken allein bleiben. Nach Berlin! Wo ſollte ſie ſonſt hin? Nach Hauſe nicht. Auf keinen Fall! Sie konnte die Fragen nicht ertragen, die Mama und Brigitte immer wieder an ſie richten würden. Ihre Arbeit! Wie gut, daß ſie dieſe Arbeit hatte! Sie würde ihr über dieſe Enttäuſchung hinweghelfen. Und die Liebe zu Harald würde ſterben! Sie mußte es! * 4* Frau von Volkmar fiel an dieſem nächſten Morgen von einem Staunen ins andere. Erſt kam Grete und ent⸗ ſchuldigte ſich nicht einmal wegen ihres ſpäten Kommens, ſondern fiel ihr gleich um den Hals und lachte und weinte in einem Atem. „Ich bin ſo glücklich, Muttchen!“ Und eine halbe Stunde ſpäter ſchlief ſie ſchon ganz feſt, nachdem abſolut nichts weiter aus iht herauszu- bekommen geweſen war, als die Worte:„Ich bin ja ſo glücklich, Muttchen.“ Na, ſo mußte man ſich einſtweilen damit begnügen; aber das Rätſel wurde ſchnell gelöſt, als gegen Mittag Philipp Vanderfelde kam und Frau von Vollmar um die Hand ihrer Tochter Margarete bat. Die Mutter war ſprachlos. Mein Gott, das Kind, und dieſer reife Mann! Das gab beſtimmt ein Unglück. Und ſo ſchnell, das gab ein noch größeres Unglück! Aber Frau von Volkmar wurde doch nachdenklich, als ſie Gretes liebes Geſicht ſah, und Vanderfelde ihr ſeine glänzenden Ver⸗ hältniſſe kurz darlegte. Egon ſprach auch zu Gretes Gunſten und ihrer Liebe ein Wort, und ſo kam es, daß eben dann doch die Mutter ihr Jawort zu dem Herzens⸗ bündnis gab. Das war die zweite Ueberraſchung. Die dritte war, als Frau Eva Kardorf endlich aufſtand und mit müder Stimme erklärte, ſie wolle ſo ſchnell als möglich nach Deutſchland zurück. Sie habe das Reiſen ſatt. Da wußte Frau von Volkmar, daß Evas Plan ge⸗ ſcheitert war und daß ſie nun unglücklich und gedemütigt nach Hauſe verlangte. Sie wagte zuerſt faſt nicht, Eva Gretes Verlobung mit Vanderfelde mitzuteilen. Dann aber ſagte ſie es ihr doch, weil es die junge Frau ja einmal erfahren mußte. Eva ſaß blaß und ſtill da. Grete hatte das Glück ge⸗ funden. Vanderfelde würde es ihr geben, davon war ſie überzeugt. Ihr eigenes Glück aber lag für alle Zeiten zer⸗ trümmert am Boden. „Heute die, morgen die— und mitten unter ihnen Don Juans Frau!“ Es war ihr, als riefen dies tauſend höhniſche Stimmen um ſie her. Eva ſenkte den blonden Kopf ganz tief. Dann aber beſann ſie ſich. Sie ſtreckte Frau von Volkmar beide Hände entgegen. „Ich freue mich von Herzen über Gretes Glück. Sie darf Vanderfelde vertrauen, denn er iſt anders, ganz anders wie Harald Kardorf.“ 5 Da ſtrichen die Hände der mütterlichen Freundin ſacht über den blonden Kopf des jungen Weibes. Armes Kind, mein armes Kind!“ *** Kardorf hatte bis zum Schluß am Spieltiſch geſeſſen, war dann mit einer kleinen Geſellſchaft, beſtehend aus Herren und Damen, noch in eine Bar gegangen. Erſt bei Morgengrauen kam er heim. Wo er immer ging und ſtand, hatten ihn die blauen Augen ſeiner Frau verfolgi. In ſeinem Innern war etwas Großes, Rätſelhaftes. Kardorf horchte in ſich hin⸗ ein. Da war etwas, was ihm ganz allein die Schuld geben wollte an dem Ausgang des Geſprächs mit Eva. „Was verlangt ſie denn? Ich kann doch nicht vor ſie hinknien? Harald Kardorf hat noch nie vor einer Frau gekniet und wird es auch niemals tun. Ich kann nicht viele Worte machen. Warum glaubt ſie es mir nicht, daß ich ſie liebe? Es hätte doch noch alles gut werden können zwiſchen uns.“ Schon halb im Schlafe dachte er noch einmal daran, daß alles hätte gut werden können, wenn Eva ſich nicht von ihm zurückgezogen hätte. Und dann träumte er, daß ſie ihn küßte. Ganz deutlich und leibhaftig ſpürte er den Duft des blonden Haares, fühlte er den biegſamen Leib. Wild ſtöhnte Harald Kardorf auf. „Eva! Eva!“ *.. 5* „Ich habe mich mit Grete von Volkmar verlobt.“ Vanderfelde ſtand groß und geſund vor Kardorf. Das Glück lachte ihm nur ſo aus ſeinen hellen Augen. Kardorf blickte ihn durchdringend an. „Die Freundin— meiner Frau?“ „Tja!“ „Ich wünſche dir alles Glück, alter Junge.“ Die Hände der beiden Herren lagen mit feſtem Druck ineinander. „Die Richtige iſt alſo gekommen“, verſuchte Kardorf zu ſcherzen. Vanderfelde atmete tief auf. „Ja, endlich die Richtige, Einzige! Wie Schmutz fällt alles Vergangene von mir ab, wenn ich in Gretes Nähe bin. Du, Kardorf, das Köſtlichſte auf dieſer Welt iſt eine reine, liebende Frau, die der Himmel für jeden Mann aufſpart. Mir ſind von jetzt ab alle anderen Frauen ſchnuppe. Für mich gibt es nur ein braunes Lockenköpf⸗ chen und zwei ſonnige Augen, ſowie einen Mund, den nur ich küſſen darf.“ In Kardorfs dunklen Augen lag Spott. „Wird das Liebesbarometer beſtändig ſein?“ „Jawohl, Harald! Du brauchſt es heute noch nicht zu glauben, doch es wird ſo bleiben“, ſagte Vanderfelde feſt. „Ich gönne es dir. Du biſt ja auch ein lieber Kerl. Warum ſoll eine Frau mit dir nicht glücklich ſein?“ 0 Vanderfelde nahm plötzlich noch einmal Kardorfs and. „Und du? Mein Gott, wie ſiehſt du denn aus? Ich ſehe das erſt jetzt! Verzeih', aber in meinem Glückstaumel habe ich tatſächlich überſehen——“ Kardorf ſagte müde: „Laß gut ſein, mein Alter, es hat nichts auf ſich.“ „Und Frau Eva? Wie ſtehſt du mit ihr?“ „Es iſt alles aus!“ i Vanderfelde ſetzte ſich. Ihm war dieſe Antwort in die Glieder gefahren. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er fragen konnte: g „Ja, aber, wie iſt denn das nur gekommen!“ „Meine Schuld, Philipp. Ich verlangte während eines Tanzes von ihr, daß ſie mit mir kommen ſollte; be⸗ tonte, daß ich doch Rechte auf ſie hätte.“ „Warſt du denn verrückt?“ fuhr Vanderfelde auf. b „Vielleicht! Faſt könnte ich es jetzt ſelber meinen. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken ſeit geſtern abend, und da bin ich zu dem Schluß gekommen, daß ich es gar nicht weiß, wie man um eine reine Frau werben muß.“ (Foriſetzung folgt.) Nort„Keeling⸗Inſel zuſammen mit anderen 6 a des Schiffes nach Melbourne ebracht worden und im Parlament aufge⸗ lellt worden. Später wurde es in das neue Bundesparlamentsgebäude nach Canuerra gebracht. Politiſches Allerlei. Berlin. Der finniſche Reichstag hat das Zu⸗ ſatabkommen zum deutſch finniſchen Handels. vertrag angenommen, das vor allem die Neu⸗ regelung der Butterzufuhr nach Deutſchland betrifft. Bremen. Die nationalſozialiſtiſche Fraktion der Bürgerſchaft hat die Aufhebung ihrer bisherigen Fraktionsgemeinſchaft den Deutſchnationalen mitgeteilt. Als Antwort darauf haben die Deutſchnationalen ihren Beitritt zu der Fraktionsgemeinſchaft der Mitte vollzogen. Warſchau. In Stargard(Pommerellen) kam es zu blutigen Zuſammenſtößen zwi⸗ ſchen Arbeitsloſen und der Polizei, wobei 16 Perſonen verletzt wurden. 46 Arbeitsloſe ſind verhaftet worden. f f Gerüchte um den Reichstag Auflöſung noch vor Zuſammentritt? Berlin, 14. November. Ob die Nationalſozialiſten einer Einladung des Kanzlers zur Ausſprache Folge leiſten werden, iſt nach dem augenblicklichen Stand der Dinge ſehr zweifelhaft. Auf jeden Fall iſt die politiſche Lage ſehr ungeklärt. Die „DAZ.“ erklärt, daß die Erwartungen, mit denen man die Beſprechungen des Reichs- kanzlers bisher hier und da noch umkleidete, täglich geringer werden und fährt fort: Umſomehr ſchießen allerlei Gerüchte ins Kraut, die bereits von einer unmittelbar be⸗ vorſtehenden Reichstagsauflöſung— alſo vor der Konſtituierung des neuen Parlaments— von einer Verſchiebung der Neuwahlen bis in das Frühjahr und von einer inzwiſchen „autoritär“ vorzunehmenden Verfaſſungs- bzw. Wahlreform auf Grund des Artikels 48 ſprechen. Der Reichsinnenminiſter hat eine Erklärung abgegeben dahin, daß die Auflöſungsgerüchte falſch wären, in der Kabinettsſitzung wäre nicht darüber geſprochen worden. Glück hat Pech. Einbrecher läuft dem Poliziſten in die Hände. Wiesloch, 13. November. Der 26jährige Willi Glück aus Oftersheim, wohnhaft in Mannheim, ein wegen Betrugs, Diebſtahls und Körperverletzung mehrfach vorbeſtrafter ſchwerer Junge, der es ſogar fertig bekommen hatte, ſeinem eige⸗ nen Vater ein Sparkaſſenbuch über 2300 Mark zu ſtehlen und den Betrag in kurzer Zeit durchzubringen, verſuchte in der Nacht in der Bäckerei Brand in Rauenberg einen Einbruch. Er wurde aber durch den Bäcker⸗ meiſter verſcheucht. Der Einbrecher verſuchte zu flüchten. auf der Straße lief er aber nach elwa 50 Schrit⸗ ten dem Orkspoliziſten in die Hände, der ihn. durch die Rufe des Bäckermeiſters aufmerk- ſam gemacht, zum Stehenbleiben auffor⸗ derte. Glück rempelle den Beamten nieder. Der Poliziſt kam aber raſch wieder hoch und feuerte zunächſt zwei Warnungsſchüſſe. dann drei ſcharfe Schüſſe auf ihn ab. die ſämtlich trafen. Trotz zweier Steckſchüſſe und des Durchſchuſſes beider Beine wehrte ſich Glück weiter gegen die Feſtnahme. Fefängnis für„Gral“ Colloredo. Urteil im Freiburger Hochſtaplerprozeß. Freiburg i. B. 13 November Am vierten Verhandlangslage in dem Pro⸗ zeß gegen den internationalen Hochſtapler Colloredo und Genoſſen fällte das Schöffen⸗ gericht Freiburg folgendes Urteil: Der Angeklagte Colloredo wird megen Be⸗ trugs und erſchwerker Urkundenfälſchung zu ſieben Monaten Gefängnis verurteilt. Die Anterſuchungshaft von fünf Monaten zwei Wochen wird angerechnet. Der Haftbefehl ge⸗ gen Colloredo wird aufgehoben; an ſeine Stelle tritt der Auslieferungshaftbefehl für die Schweiz. Der Angeklagte Schriftſteller Schmolke⸗ erlin wird wegen Hehlerei zu drei Wo⸗ chen Gefängnis verurteilt, der Angeklagte Rakette⸗Frankfurt a. M. wird frei⸗ geſprochen. Colloredo war im Juli in einem Freibur⸗ ger Hotel wegen Zechnrellerei feſtgenommen worden. Die Unterſuchung gegen ihn ergab dann, daß er in Deutſchland und der Schweiz, auf dem Balkan und in Vorderaſien umfang⸗ reiche Betrügereien in Hotels und bei Juwe⸗ lieren verübk hatte. Mit dem Angeklagten Schmolke zuſammen hat er mit gefälſchten Di⸗ plomen und Titeln von Schwindeluniverſitä⸗ ten einen ſchwunghaften Handel getrieben. Ein Gattenmord. Geſtändnis nach drei Jahren. Hengersberg(Ndb.), 13. November. Vor etwa drei Jahren verſchwand ganz plötzlich die Ehefrau des Gütlers Michael Niedermeyer in Oberſimbach. Der Ehemann gab damals an, ſeine Frau ſei zu Verwand⸗ ten nach Sachſen und halte ſich dort längere Zeit auf. Schon ſeinerzeit wollten die Ge⸗ rüchte nicht verſtummen, daß die Frau auf verbrecheriſche Weiſe von ihrem Mann aus dem Leben geſchafft worden ſei. 5 Auf Vorhalt der Gendarmerie, die ſich in zwiſchen der Angelegenheit angenommen hatie, hal setzt Niedermeyer geſtanden, ſeine Frau geiöiei zu haben. Er ſei mit ihr in Streit geraten, habe ſie dann im Jorn er⸗ würgt und die Leiche in der Scheune unler dem Heu vergraben. Der Gaktenmörder wurde verhaftet. Wünſche der Handwerkskammer. Darmſtadt, 13. Nov. In der 42. Vollverſammlung der Heſſiſchen Handwerkskammer wurde außer den bekann⸗ ten Vorſtandsmitgliedern zum Kammermit⸗ glied der Vorſitzende des Heſſiſchen Hand⸗ werker⸗ und Gewerbe⸗Verbandes, Bildhauer Dieter(Eberſtadt) zugewählt. Nach ausführ⸗ lichen Referaten über„Das Steuergutſchein⸗ verfahren“ und über„Die Reichszuſchüſſe für Inſtandſetzungsarbeiten“, ſowie„Umtei⸗ lung von Wohnungen“ wurde eine Enkſchließung angenommen, in der die Heſſiſche Handwerks— kammer auf dem Gebiet des Steuergut⸗ ſcheinverfahrens fordert: a Einbeziehung der Sondergebäudeſteuer in das Gutſcheinſyſtem unter Ausſchaltung der Warenhaus- und Filialſteuer, Einbeziehung der geſtundeten Steuern, wie bei der Land— wirtſchaft. Beſeitigung der Antragspflicht für Gut⸗ ſcheine bei den heimatlichen Kaſſen. Anpaſſung der Bedingungen für Gutſcheine für Mehrbeſchäftigung an die Verhältniſſe im Handwerk und Verhütung der Entlaſſung ausgelernter Lehrlinge durch Beſeitigung der Ortslohnklauſel für dieſe, ſowie Kursnotie— rungen für die kleineren Scheine. Weiter fordert das Handwerk reſtloſe Aufhebung der Hauszinsſteuer. Nach einer Ausſprache wurde über die Kreditwirtſchaft der Heſſiſchen Handwerks— kammer Bericht erſtattet, insbeſondere über die in letzter Zeit ſtattgefundenen Stillhalte— verhandlungen und hierbei beſonders er wähnt, daß das Verfahren gegen die Hand— werkerzentralgenoſſenſchaft, das auf Veran⸗ laſſung des Bezirksverbandes Groß-Gerau ſchwebte, auf Beſchluß der Staatsanwaltſchaft 1 vom 29. 10. 32 eingeſtellt worden It. Nach Erledigung einiger weiterer Anträge wurde noch eine Entſchließung angenommen, die ſich gegen die Einführung der Schlacht- ſteuer wendet. Gegen die Schlachtſteuer. Mainz, 13. Nov. Die Mainzer Metzger lehnten einſtimmig die Einführung der Schlachtſteuer in Heſſen ab. Sie faßten fol⸗ gende Entſchließung: „Weil die Schlachtſteuer das ſeit Jahren um ſeine Exiſtenz ringende Metzgerhandwerk allmählich zum Erliegen bringen muß, weil die Schlachtſteuer eine Erhöhung der Fleiſch⸗ und Wurſtpreiſe bringen muß. was den heute allgemein rückläufigen Einkommen aller Volksſchichten widerſpricht, weil die Konkur⸗ renz durch die Hausſchlachtungen, die heute bereits unerträglich iſt, beſtimmt noch zuneh— men wird, weil die heſſiſchen Gebühren und viele Steuern hoch über den preußiſchen Sätzen liegen, ſo daß das heſſiſche Handwerk in Wirklichkeit ſchon ſeit Jahren die Schlacht⸗ ſteuer bezahlt, weil die Schlachtſteuer, mehr wie jede andere Steuer, neue Arbeitsloſe ſchafft, ſteht das Metzgerhandwerk auf dem Standpunkt, daß Ankurbelung der Wirt⸗ ſchaft und Inordnungbringen des Staats⸗ haushaltes nur durch Ermäßigung der turm⸗ hohen Steuern und rigoroſes Einſparen bei allen öffentlichen Stellen möglich ſei. In letzter Stunde erhebt die Mainzer Metzgerſchaft ihre warnende Stimme:„Keine Belaſtung mehr dem Volke.“ Deutſch⸗franzöſiſche Zuſammenarbeit. Berlin, 14. November. Nach zweitägigen Beratungen hat die vierte Unterkommiſſion(Zuſammenarbeit im Aus⸗ land) der deutſch⸗franzöſiſchen Wirtſchaftskom⸗ miſſion ihre Tagung in Berlin abgeſchloſſen. Sie hat die Berichte über die Gründung von zwei Konſortien entgegengenommen, die in Verwirklichung der Anregungen bei der letzten Tagung in Paris inzwiſchen erfolgt iſt. Die Unterkommiſſion begrüßt mit aufrich⸗ tiger Sympathie die Bildung dieſer Konſor⸗ tien als einen weſentlichen Fortſchritt auf dem Wege zur Erreichung des gemeinſamen Ziels. Sie hat weiter einen vorläufigen Bericht über eine engere Zuſammenarbeit zwiſchen den In⸗ duſtrien auf dem Gebiete der elektriſchen Kon⸗ ſtruktionen und beſonders der teilweiſen Elek⸗ trifizierung von Eiſenbahnlinien gewiſſer euro⸗ päiſcher Länder entgegengenommen. Aus der Heimat. Gedenktage. 14. November. 1716 Der Philoſoph Gottfried Wilhelm von Leibniz in Hannover geſtorben. 1825 Der Schriftſteller Jean Paul(Friedrich Richter) in Bayreuth geſtorben. 1831 Der Philoſoph Georg Wilh. Fr. Hegel in Berlin geſtorben. Prot.: Levinius— Kath.: Jukundus. Sonnenaufg. 7.16 Sonnenunterg. 16.13 Mondunterg. 8.52 Mondaufg. 17.07. * Nebel! Dichte Nebel lagern am Morgen über dem feuchten Boden und hüllen die Welt in Un⸗ durchſichtigkeit. Von den kahlen Bäumen tropft es ſchwer und legt ſich fröſtelnd auf das dürre Unterlaub. Unwirtlich und arm— ſelig iſt das Naturbild. Jeder Ton iſt ver— klungen und jeder Laut erſtorben. Wie graue Geſpenſter jagen die Nebelmeere durch die Luft. Unfreundliche, bedrückende, verſtim— mende Geſellen des Oedherbſtes, Feinde der Menſchen Frohſinn und Lebensfreude hat der Nebel in Verdrießlichkeit und Melancho⸗ lie gewandelt. Da, auf einmal entſteht eine Lücke in der Nebeldecke. Die Sonne hat den Dunſthaufen auseinandergeſprengt. An den Nebelfetzen bilden ſich orangefarbene Ränder. Gegen Mittag rollt ſich der Nebelvorhang ganz zu⸗ ſammen. Und plötzlich ſind die Schwaden fort. Mit ihnen weichen Verdroſſenheit und Mutlofigkeit. Faſt wolkenlos blaut der Him⸗ mel und eine müde, aber immer noch be— glückende Sonne leuchtet verklärend über dem Novembertag. Kein Menſch denkt mehr an den Nebel. Aber, wenn das kärgliche Tageslicht ſchwindet, ſtellt ſich der Nebel wieder ein. Grau und trüb wird der Himmel und feucht und näſſelnd die Luft. Am Boden entſteht ein Beſchlag wie nach einem leichten Regen. Die Menſchen kommt ein Hüſteln an. Man meint, der Nebel kratzt im Halſe. Keck greift der Nebel in das Straßenbild. Alles geht in Tarnkappen. Die Verkehrszeuge ſchrillen und plärren noch häßlicher als ſonſt. Die Leute werden zu Schatten, die Bäume zu Geſpen⸗ ſtern und die Häuſer zu Ungeheuern. Wie ein Märchenland erſcheint die Stadt. Und der einſame Wanderer, der über die Wieſen oder Moore geht, der glaubt Spukgeſtalten zu ſehen, die ihre Fratzen zu höhniſchem Grinſen verziehen. Ein paar Sterne blinzeln durch die nebel— trübe Luft. 8 * Eine Mahnung an die Laſtkraftwagenbe⸗ ſitzer. In den letzten Jahren ſind kommu⸗ nale Spitzenverbände wiederholt beim Reichs⸗ perkehrsminiſter vorſtellig geworden, daß Vor⸗ ſchriften gegen das ſyſtematiſche Ueberladen der Laſtkraftwagen erlaſſen werden. Der Reichsverkehrsminiſter hat ſich im Augenblich zu einer Aenderung der Gewichts- und Berei⸗ fungsvorſchriften der KO. nicht entſchließen können. Für ſpäter ſind Aenderungen der Be— ſtimmungen über den Felgendruck und die Höchſtgeſchwindigkeiten beabſichtigt. Der Mi⸗ niſter hat die führenden Intereſſenverbände des Laſtkraftwagenverkehrs eindringlich dar⸗ auf hingewieſen, daß künftig die Gewichts⸗ und Bereifungsvorſchriften für Kraftfahrzeuge zur Schonung der Landſtraßen eingehalten werden müſſen. 5 ln Wandergewerbeſcheine und Legitima⸗ tionskarten ausſtellen laſſen. Die Wanderge⸗ werbeſcheine und Legitimationskarten gelten jeweils nur bis 31. Dezember. Zu Beginn des neuen Jahres häufen ſich meiſt die Anträge auf Neuausſtellung derart, daß die Ausfer⸗ tigungen der neuen Scheine Verzögerungen er⸗ leiden werden. Es iſt daher angebracht, ſchon jetzt die Anträge auf Neuerteilung der Scheine bei den zuſtändigen Bürgermeiſtereien oder Polizeibezirken zu ſtellen. Nur bei recht⸗ zeitiger Antragſtellung kann Gewähr dafür übernommen werden, daß die Scheine bei Ge⸗ brauch zur Verfügung ſtehen. „Pergamon als Neſidenz⸗ und Vadeſtadt“ Auf Einladung der William G. Kerdhoff⸗ Stiftung ſprach in Bad Nauheim der Präſi⸗ dent des Archäologiſchen Inſtituts des Deut⸗ ſchen Reiches, Geheimrat Profeſſor Dr. Wie⸗ gand⸗Berlin, über„Pergamon als Reſidenz⸗ und Badeſtadt“. Geheimrat Wiegand, unter deſſen Leitung die deutſchen Ausgrabungen in Pergamon vorgenommen wurden, gab in ſeinem Vortrag an Hand von Lichtbildern einen anſchaulichen Ueberblick über das Stadt⸗ bild und die hiſtoriſche Vergangenheit Per⸗ gamons, wie ſie ſich nach dem Stande der neueſten Ausgrabungen darſtellen. Er führte die Beſucher durch die aus römiſcher Zeit ſtammende Unterſtadt hinauf zur Burg, die bereits um das Jahr 280 v. Chr. entſtanden iſt, erläuterte die in techniſcher und hygieni⸗ ſcher Hinſicht geradezu modern anmutende Waſ⸗ ſerverſorgung, die Anlage des Marktes und der Befeſtigungen, die großzügigen Sportan⸗ lagen, die Bildungs- und Kulturſtätten, und beſchäftigte ſich beſonders ausführlich mit dem großen Altar, der vor einigen Jahren im Pergamon⸗Muſeum in Berlin Aufſtellung ge⸗ funden hat.. Von beſonderem Intereſſe war der zweite Teil des Vortrags, in dem Geheimrat Wie⸗ gand denjenigen Teil der Ausgrabungen he⸗ handelte, der vurch die Unterſtützung des be⸗ kannten deutſch⸗amerikaniſchen Induſtriellen Guſtav Oberländer ermöglicht wurde: die neue Ausgrabungsſtätte am Heiligtum des Seil⸗ gottes Asklepios. f Die neue Ausgrabungsſtätte liegt außerhalb Pergamons. Das Heiligtum war bereits aus der pergamoniſchen Literatur bekannt, und nachdem man in einem großen Trümmerhügel intereſſante Inſchriften und dergl. gefunden hatte, begann im Jahre 1928 Geheimrat Wiegand mit den ſyſtematiſchen Ausgrabungen. Heute liegt bereits das große Heiligtum in allen ſeinen architektoniſch wich⸗ tigen Teilen zutage. Ueberraſchend ſtieß man dabei auch auf ein marmornes Theater, das 5—6000 Menſchen Platz gewährte. Sport vom Sonntag. Verbandsſpiele in Süddeulſchland. Nordbayern: VfR. Fürth— Germania Nürnberg 418. ASV. Nürnberg— 1. FC. Nürnberg 1:2. FC. Schweinfurt— Sp.⸗Vgg. Fürth 1:0. FV. Würzburg— Würzburger Kickers 1:0. SV. Erlangen— FC. Bayreuth 0:1. Süd bayern: Bayern München— Wacker München 11:0. Teutonia München— DSV. München 3:2. Jahn Regensburg— Schwaben Augsburg 122 SV. ulm— SV. Landshut 4.2. Württemberg: FC. Pforzheim— Germania Brötzingen 4:0. Stuttgarter Kickers— Union Böckingen 2:3. SV. Feuerbach— FC. Birkenfeld 213. Baden: FV. Offenburg— Karlsruher FV. 0:5. SC. Freiburg— FC. Mühlburg 0:0. Frankonia Karlsruhe— Freiburger FC. 0:0. Phönix Karlsruhe— SV. Schramberg 71. VfB. Karlsruhe— FV. Raſtatt 0:1. Rhein: Sp.⸗Vgg. Mundenheim— Phönix Ludwigs— hafen 3:1. VfR. Mannheim— Vf. Neckarau 33. SV Sandhofen— SV. Waldhof 015. Germania Friedrichsfeld— 08 Mannheim 171. Amicitia Viernheim— VfR. Kaiſferslautern 321. Saar: 1. FC. Kaiſerslautern— SV. 05 Saarbrücken 50 Saar Saarbrücken— 1. FC. Idar 20. SV. Völklingen— Eintracht Trier 1:1. Boruſſia Neunkirchen— Sportfreunde Saar⸗ brücken 1:0. FV. Saarbrücken— FK. Pirmaſens 1.8. Main: FSV. Frankfurt— Kickers Offenbach 1:0. Sportfreunde Frankfurt— Eintracht Frank⸗ furt 0:2. Rot⸗Weiß Frankfurt— Union Niederrad 613. Germania Bieber— Vf. Neu⸗Iſenburg 1:1. Heſſen: FV. Kaſtel— Alemannia Worms 2:1. VfR. Bürſtadt— FV. Mombach 3:1. FC. Langen— FSV. Mainz 2:2. Wormatia Worms— SV. Wiesbaden 3:1. Viktoria Urberach— Olympia Lorſch 1:2. * Sp.⸗Vgg. Mundenheim— Phönix Ludwigs⸗ hafen 311. Die Zuſchauer ſahen in dieſem bedeutenden Lokalkampf ein von Anfang bis Schluß feſ⸗ ſelndes Spiel, das die Sp.⸗Vgg. Mundenheim infolge ihres größeren Eifers und der beſſeren Ausdauer gewinnen konnte. Die Platzbeſitzer überraſchten diesmal nach der angenehmen Seite. Es muß allerdings berückſichtigt wer⸗ den, daß es für die Mundenheimer diesmal um den Abſtieg ging, in den ſie überraſchen⸗ der Weiſe noch verwickelt wurden. Sie leg⸗ ten von Anfang an mächtig los, zeigten ein großes Spiel und kämpften vollkommen auf Sieg. Phönix enttäuſchte diesmal, obwohl man von der Elf in Anbetracht der Ausſichten auf den zweiten Tabellenplatz mehr erwartet hatte. Die Mannſchaft war techniſch wohl beſſer als Mundenheim, beſaß aber nicht den Kampf⸗ eifer wie dieſe. 1. FC. Kaiſerslautern— SVV. 05 Saac⸗ brücken 5:0. Die Gäſte können anfänglich durch gutes Deckungsſpiel den Einheimiſchen, die ſich in der erſten Halbzeit nicht recht zuſammenfan⸗ den, noch einigen Widerſtand entgegenſetzen, ließen aber in der zweiten Hälfte bedenklich nach. Ihr eifriges Spiel verdiente immerhin Anerkennung. Die Einheimiſchen waren durch die Neuerwerbung Neuners(früher Hochſpeyer) auf Rechtsaußen weſentlich verſtärkt. Bei den Einheimiſchen war lediglich die Läuferreihe und der rechte Verteidiger etwas ſchwach.— ue Walter ⸗ Ludwigshafen leitete ehr gut. Weinheimer Schweinemarkt. Zugeführt: 366 Stück Verkauft: 286 Stück Milchſchweine das Stück 6—9 Mk. Läufer das Stück von 12— 26 Mk. Marktverlauf gut.