Lokales Der Nachkirchweihfonntag. Am geſtrigen Sonntag wurde hier das Nachkirchweihfeſt gefeiert. Nochmals hatten wir in faſt allen Lokalen ſchönen Betrieb. Hier lockte die Muſik zum Tanz, dort war es fröh⸗ liche Unterhaltungsmufik, die ihre Anziehungs⸗ kraft nicht verfehlte. Das Wetter war außer⸗ ordentlich ſchön, die Sonne erſtrahlte und die Witterung war ſehr mild, ſodaß auch auf dem Marktplatz Großbetrieb war. Man hatte noch mals reichlich Gelegenheit, ſeine Groſchen los zu werden. Karuſſell und Schiffſchaukel ſowie Zucker⸗ buden uſw. waren nochmals das Ziel von Groß und Klein. Leider ſetzte mit dem Dunkelwerden ein heftiger Regen ein, der den Kerweſchluß ſehr ſtörte. Und ſo lag denn auch nach 8 Uhr, zu⸗ mal der Regen unvermindert anhielt, der Kerwe⸗ platz verlaſſen da; es wurde hier und da bereits abgebaut. Kirchweihe 1932 mit all ihrem drum und dran gehört nunmehr der Vergangenheit an. — Auf dem Waldſportplatz ſpielte geſtern 08 Mannheim gegen die Grünen. Im Vorſpiel unterlagen die Grünen 1:0 in Lindenhof. Auch das geſtrige Spiel brachte keinen Sieg für Viern⸗ heim, ſondern eine Punkteteilung, obwohl die „Grünen“ den„Roten“ haushoch uͤberlegen waren. * Todesfall. Geſtern iſt hier im Alter von 71 Jahren Herr Schuhmachermeiſter Joh. Schmitt, Waldſtraße, geſtorben. In früheren Jahren war Herr Schmitt Gemeinderat, als ſolcher er die Intereſſen der Sozialdemokratiſchen Partei zu betreuen hatte. Er gehörte verſchiedenen Ver⸗ einen an, die ihm bei der Beerdigung morgen Dienstag das letzte Geleite geben. * Der Polizeibericht der letzten Woche meldet folgende Anzeigen: 2 wegen Ruheſtör⸗ ung, 1 wegen Unterſtellung von Kraftfahrzeugen (Autogarage), 1 wegen Felddiebſtahl(1 Wagen Dickrüben geſtohlen), ſowie 5 wegen Fahrrad- diebſtahl. * Die 50 Jährigen halten heute Mon⸗ tag Abend bei Schulkamerad Philipp Stumpf im Freiſchütz ihre 2. Verſammlung ab. Die Schulkameradinnen und Schulkameraden, auch alle auswärts Geborene, die das 50 Jährige mitfeiern wollen, werden hierzu freundlichſt ein⸗ geladen. Ihren 69. Geburtstag feierte geſtern Sonntag Frau Eliſabeth Jäger geb. Kiß, Ludwigſtraße. Dem noch geiſtig und körperlich rüſtigen Geburtstagskind noch nachträglich die herzlichſten Glückwünſche * Ein Jahrradmarder. Wie aus dem Polizeibericht zu erſehen iſt, wurden in der letzten Berichtswoche 5 Fahrräder hier geſtohlen. Es iſt alſo anzunehmen, daß ein Fahrradmarder hier ſein Unweſen treibt, weshalb wir alle Rad⸗ fahrer hierauf aufmerkſam machen und warnen, ihre Räder nicht ungeſichert ſtehen zu laſſen. Sollte irgendwie etwas verdächtiges bemerkt worden ſein, oder bemerkt werden, ſo wolle man unverzüglich ſeine Beobachtungen der Krimi⸗ nalpolizei mitteilen, damit der Dieb ſo ſchnell als möglich zur Strecke gebracht werden kann. *„Der reiche Blinde“. Dieſen Titel führt unſer neuer Roman. Er hat in der letzten Ausgabe begonnen. Wer als Leſer unſerer Zeitung hinzutritt, erhält den Anfang diefes überaus ſpannenden Romans nachgeliefert. Jeden Tag erſcheint eine gange Seite. Für die langen Abende bietet er reiche und intereſſante Unter⸗ haltung. Beſtellungen zum Abonnement unſerer Zeitung werden von unſeren Austrägern und von unſerer Geſchäftsſtelle jederzeit gerne entgegen⸗ genommen. 5 LVerſammlung der beſtraften Tabakbauern am Samstag Abend. Die Verſammlung war von etwa 70 Pflanzern beſucht, wo der Vorſitzende der gewählten Kom⸗ miſſion Herr Jakob Hoock 7. ausführlich Bericht über die bisher geführten Verhandlungen er⸗ ſtattete. In der darauf folgenden Ausſprache wurde ausnahmslos betont, daß die feſtgeſetzten Strafen ganz unangebracht wären, denn man hätte ſcheinbar es nur aufs Beſtrafen abgeſehen, wenn einer einige Ar mehr bebaut hätte, als alles in allem zu rechnen, denn es ſei auch in vielen Fällen vorgekommen, daß das ganze Kon⸗ tigent nicht voll bebaut worden wäre. Auch hätte die Behörde nicht den Ertrag der Vor⸗ jahre zugrunde gelegt für das Viernheimer Kon⸗ tigent, denn in dieſem Jahre wäre der Ertrag doch um ein Drittel geringer, dazu hätten viele Waſſerſchäden und Krankheit der Kulturen große Verluſte, die man doch auch berückſichtigen müßte, anſtatt einfach hohe Strafen zu verhängen. Früher wäre immer eine Freigrenze von 5 Ar geweſen, während man dieſes Jahr ſolche redu⸗ ziert habe. Auch der Ruf nach einer gerechteren Verteilung vom nächſten Jahre ab wurde laut, denn man müßte die hieſigen Verhältniſſe be⸗ rückſichtigen mit den faſt 2000 Erwerbsloſen, darunter die Mehrzahl Familienväter, die als gleichberechtigte deutſchen Staatsbürger und Viern⸗ heimer Bürger Anſpruch erheben auf entſprechende Zuteilung zum Tabakbau, nachdem ſie ihre Familie ernähren wollen durch Ausſcheidung aus dem Arbeitsprozeß, deren Unterhalt nicht mehr in der Induſtrie verdienen. Es beſteht die Ge⸗ ſahr, daß, wenn ſich die zuſtändigen Vehörden der Härte dieſer verhängten Strafen verſchließen, die Geſamtverwiegung des Tabaks nicht vorge⸗ nommen werden kann, wozu die Solidariſchen klärung aller hieſiger Tabakpflanzer von höchſt Bedeutung wäre. Die gewählte Kommiſſie wird am Dienstag nach den von der Verſamm. lung gefaßten Beſchlüſſe beim Hauptzollamt Worms vorſtellig werden, um einen Erlaß oder zumindeſt eine ganz bedeutende Herabſetzung da Strafen zu erzielen und wird dort voranſtellen daß die hieſige Landwirtſchaft in einer beſonderz großen Notlage ſich befindet und keinesfallz mit anderen Tabakbaugemeinden auf die gleich Stufe zu ſtellen iſt. Ueber das Ergebnis der Verhandlungen wird dann am Dienstag Abend 8 Uhr im„Roten Kreuz“ berichtet. 89. — Bekanntmachung. Betr.: Einleitung von Abwaſſer aus der Stadt Weinheim in den Landgraben. Die Stadt Weinheim beabſichtigt zur Ver. beſſerung der Kanaliſation die geſamten Abwaſſer einer mech. Kläranlage und von hier aus dur eine Fiſchteichanlage dem Landgraben zuzuführen, Die entſpr. Pläne und Beſchreibungen lie gen auf dem ſtädt. Vermeſſungsamt Weinheim zur Einſicht offen. Einwendungen können bis zum 3. Dezbr. ds. Is. bei Bezirksamt Weinheim oder bein Stadtrat in Weinheim ſchriftlich vorgebracht werden. Viernheim, den 19. November 1932. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim Lamberth. Weinheimer Schweinemarkt. Zugeführt: 422 Stück Verkauft: 366 Stic Milchſchweine das Stück 4—9 Mt. Läufer das Stück, von 14— 28 Mk. Marktverlauf gut. Heute letztmals im Heule 1. Flalz nur 40. Das groge Ula Tn Frugramm Sozialdemokratische Partiel Unser langjähriger früherer Vor- 1005 sitzender, Genosse ddhannes Semi ist am Sonntag früh schnell und un- erwartet gestorben. Der Verstorbene gehörte nahezu 40 Jahre der Sozial- demokratischen Partei als Mitglied an und hat in dieser Zeit in verschiedenen Vertrauensstellungen viel Gutes für die werktätige Bevölkerung geleistet. Wir werden seiner stets dankbar gedenken. Soziallemokr. Parlel Mernheim. 5 Beerdigung Dienstag nachmittag 5 halb 4 Uhr. Wir bitten um zahlreiche Beteiligung der Parteigenossen. Sofortige Hilfe m. Darlehen delusorgen n u. Hypotheken. Bisher über 7000 Darlehensgesuche zur Aus- zahlung gebracht. Rückporto erbeten. Thoma, Mannheim-Neckarstadt, Güärtnerstrasse 85, Ecke Waldhofstrasse. Wochenplan des Turnvereins. Dienstags ab 5 Uhr Schüler im Lokal. 1„ 8 Uhr Turnſtunde der Turner im Lokal. Mittwochs nachm. Schülerinnen im Lokal. 10„ 5 Uhr 1. und 2. Handballmann⸗ ſchaft auf Sportplatz 1. Donnerstags 5 Uhr 1. u. 2. Handballjugend auf Sportplatz 1. 1„ 8 ¼ Uhr Turnerinnen im Lokal. Freitags„ 5 Uhr Fußball der 1. und 2. Schüler auf Sportplatz 1. „ 8 Uhr Turner und Sportler im Lokal. „ ½8 Uhr Sämtliche Trommler u. Pfeifer mit Inſtrumenten im Lokal. Fechter: Jeden Montag und Donnerstag halb 8 Uhr im Lokal. Stroh is. zu tauſchen. kllannheimerstraße 35. Schöne Zwangs⸗Verſteigerung. Die untenſtehend bezeichneten Grundſtücke, die zur Zeit der Eintragung des Verſteigerungs⸗ vermerks auf den Namen der Johann Kühlwein X. Ehefrau Anna geb. in Viernheim im Grundbuch eingetragen war, ſoll — eltral Film Talat rh Ane 00 Mernbeim. Wedel. Todes- Anzeige (2 Zimmer u. Küche mit Geſchäft) zu ver⸗ mieten. Von wem, ſagt der Verlag. ahbe ferne u. Läuerschwelne laufend billig zu haben bei Rarl Dewald im„ſchwarzen Peter“ Paal deder geg. monatliche Rück⸗ zahlung, Beamten Kredite ohne Vork. Hynotheken zu 6 Prozent, günſtig zu vergeben. Näheres: durch P. Ludwig, Mannheim 1. 12, 15 Sprechzeit 2— 7. Bolenenneltskaull Küehe pitchpine, best. aus: Büfett, Kredenz, Tisch, 2 Stühlen, 1 Hocker für nur Mk. 120.— Rosenberg 1 Schwetzingerstrabe 47 Freitag, den 2. Dezember 1032, nach⸗ mittags 2 Uhr durch das unterzeichnete Gericht auf dem Rat⸗ haus in Viernheim verſteigert werden. Die Verſteigerung erfolgt im Wege der Zwangs vollſtreckung. Der Verſteigerungsvermerk iſt am 15. Juni 1932 in das Grundbuch eingetragen worden. Lampertheim, den 11. Okt. 1932. Heſſiſches Amtsgericht. Bezeichnung der Grundſtüche Grundbuch für Viernheim Band V, Blatt 337. Flur 1, Nr. 86222000, Grabgarten, am Bür⸗ ſtädter Weg, 299 qm, Betrag der Schät⸗ zung 300. Flur 1, Nr. 8622¼ö1000, Hofreite, am Bürſtädter Weg, 544 qm., Betrag der Schätzung 8700%(Einheitswert: 6480 /.) ul der deldgelelenter 1926 . 0. Unſere Mitglieder werden gebeten, ſich recht zahlreich an der morgen Dienstag nachmittag um ½4 Uhr ſtatt⸗ findenden Beerdigung unſeres Mitbe⸗ gründers und langjährigen Vorſtands⸗ mitgliedes, Herrn Johannes Schmitt Schuhmacher meiſter zu beteiligen. Zuſammenkunft um 3 Uhr im Lokal zum Stern. Der Vorſtand. Unſeren Mitgliedern geben wir hiermit die ſchmerzliche 0 Kunde, daß unſer lieber Ehrenvorſitzende, Herr Johannes Schmitt 85 Schuhmachermeister gieſtorben iſt. a 1 8 Wir werden ſeiner uns allzeit werten Perſon und ſeinem vorbildlichen Wirken zum Nutzen des Vereins, ein ehrendes Gedenken bewahren. 5 1900 Die Beerdigung findet morgen Dienstag nachmittag um 1½4 Uhr ſtatt. unſere Mitglieder um 3 Uhr im Lokal zum Stern. Der Vorſtand. 12284 l 5 1 Lelegenpelt! Ein ſchweres, modernes Schlafzimmer eiche, nußbaum, mit Ka⸗ pokmatratzen, Röſte u. Schoner nur 495. Mk. M. Rsenberg Mannheim nur schwetungerstr. a7. Dolkschor h heim Todes-UAnzeige Unseren Mitgliedern die traurige Mitteilung, daß unser ältestes Mitglied, 110 Mitbegründer unseres Vereins, err abhannes Schmit Schuhmachermeister im Alter von 71 Jahren gestern früh uns durch den Tod entrissen wurde. Wir verlieren in dem Verstorbenen einen Menschen der bis zu seinem Tode seine ganze Kraft, sein ganzes Wissen und Können dem Volkschor und der Arbeitersängerbewegung zur Verfügung gestellt hat, Sein Andenken werden Wir stets in Ehren halten. Viernheim, den 21. November 1932 Volksehor Viernheim. Die Beerdigung findet am Dienstag nachmittag, halb 4 Uhr statt. Unsere alen Liegestun Sofa rot Plüſch, 2 pol. Bettſtellen, pol. Spie⸗ gelſchrank, Nachttiſch, Damenſchreibtiſch, Herrenſchreibtiſch, Zimmerkochofen, alles gut erhalten, billig zu verkaufen. Mannheim, K 4 12 3. Stock links. T Viernheim. Krankenſcheine und Rezepte werden täglich von vormittags 8 Uhr bis nachmittags 3 Uhr ausgegeben. Der Vorſtand. Sängerinnen und Sänger sowie unsere passiven Mitglieder bitten wir um recht zahlreiche Beteiligung beim letzten Ehrengeleite.— Der Chorkörper, Süngerinnen und Sünger, trifft sich heute Montag abend 8 Uhr, zur Sing- stunde im Lokal. D. O. Verkaufe: Auchen dank, Hach ung Slanle alles faſt neu. Wo, ſagt der Verlag. heute Montag nochmals, Der Schuss im Morgengrauen“ im dinion- Fülm-Palas LAnfang% Uhr. Zwecks Beteiligung an derſelben treffen ſich 1 age mutig vorgeſehen war. Die gielle ten halben Jahr mehr und mehr verſchlech⸗ tert. Allein im größten deutſchen Land, in Preußen, einem Fehlbetrag von 600 bis 700 Millio⸗ nen Mark, im ganzen auf über eine ſteigern. aus. Die Gemeinden Aufwendungen fürſorge belaſtet, die durch die Zuwen⸗ dung des Reiches in Höhe von 130 Millio⸗ en Mark nur zu eile abgegolten ſind. Gemeinden kann bis heute auf etwa 600 Millionen Mark beziffert werden. Ein An⸗ lernheimer Anzeiger 0 giernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und 1,40 Mt frei ins Haus gebracht.— Gratisbeila aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjäh kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſt eis monatl. Feiertage.— 5 wöchentl. das achtſ illuftrierte i ee e e e u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Nane 117.— Telegramme: ae Viernheim.— Poſtſchecktonto Nr. 21577 Amt rantfurt a. M.— Schriftleitung, D Nummer 272 Tueberall Fehlbeträge. Daß die Lage der Reichsfinan⸗ zen äußerſt geſpannt iſt, iſt nichts Neues. Wie ſollte es in Zeiten einer Wirtſchafts⸗ riſe von dem Ausmaß der gegenwärtigen zuch anders ſein? Immerhin muß jede ver⸗ antwortungsbewußte Regierung darauf hal⸗ en, daß die Finanzen, wenn ſie auch nicht zlänzend ſein können, doch wenigſtens in drdnung gehalten werden. Praktiſch be⸗ deutet das: es darf keine ungedeckten Fehl⸗ beträge geben, ſondern es müſſen ſich Ein⸗ ahmen und Ausgaben im Staatshaushalt ausgleichen. Man hat nun Einzelheiten über den Stand der Reichsfinanzen längere Zeit hin⸗ durch nicht mehr gehört. Erſt vor einigen Tagen hat der Reichsfinanzminiſter in einer Sitzung der Reichsratsausſchüſſe mitgeteilt, daß die Reichsregierung mit einem Ein⸗ ahmefehlbetrag aus Steuern und Zöllen für das laufende Etatjahr in Höhe bon 700 bis 800 Millionen Mark echne. Ueber die Maßnahmen, die die Reichsregierung zu ergreifen gedenkt, um dieſen Fehlbetrag abzudecken, hat ſich der Reichsfinanzminiſter jedoch nicht geäußert. das iſt bedauerlich, weil die Oeffentlichkeit elbſtverſtändlich das größte Intereſſe daran hat. Im übrigen beſteht Grund zu der Ver⸗ utung, daß das tatſächliche Etatsdefizit ich mindeſtens um die Hälfte hö⸗ her werten wird, als der Reichsfinanzmi⸗ liſter angekündigt hat. Denn die Zahl 800 Millionen iſt errechnet worden auf Grund des bisherigen Durchſchnittsausfalles an den Steuereſngängen. Da aber die Win⸗ kermonate erfahrungsgemäß einen dieſen Durchſchnitt weit überragenden Ausfall an Steuereingängen bringen, muß man mit einem Fehlbetrag von im ganzen wahrſcheinlich über einer Milliarde Nark rechnen. Damit iſt aber nur die finanzielle Situa⸗ tion des Reiches gekennzeichnet. Hinzu kommen noch die Fehlbeträge der Länder und der Gemeinden. Hier müſſen ſchon deshalb Fehlbeträge entſtehen, weil ja das eich— eben wegen der geringeren Steuer⸗ eingänge— den Ländern und den Gemein⸗ den weniger überweiſen kann, als voran⸗ finan⸗ Lage der Länder hat ſich im letz⸗ rechnet man ſchon jetzt mit wird ſich das Län⸗ derdefizit bis Ende dieſes Jahres ebenfalls Milliarde Mark Nicht anders ſieht es in den Gemeinden ſind mit ſteigenden für die Wohlfahrts⸗ einem ganz geringen Der Fehlbetrag der wachſen dieſes Betrags in bedenkliche Mil⸗ lardennähe iſt zu befürchten. Zahlreiche Ge⸗ meinden ſind heute ſchon raktiſch unfähig, ihren finaziellen Verpflichtungen nachzu⸗ kommen. Sehr große Städte, wie Frankfurt d. M und Köln haben bekanntlich ihren Schuldverpflichtungen nicht mehr nachkom⸗ men können. Das Bild der öffentlichen Finanzen ſtellt ſich nach dem Geſagten etwa ſo dar: Zu dem auf über eine halbe Milliarde Mark zu be⸗ öiffernden Fehlbetrag des Reichs treten weitere Fehlbeträge der Länder und emeinden in Höhe von eineinhalb bis zwei Milliarden Mark hinzu. 1 ie will man aus dieſer Klemme heraus⸗ ommen? der normale Weg der Beſeiti⸗ ung eines Defizits beſteht entweder in er ein augen oder in Einſparungen oder in beiden ugleich. Daß Steuererhö⸗ gusgen heute nicht mehr möglich ſind, liegt uf der Hand. Wahrſcheinlich würden ſie u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäſteſtelle Rathausſtr. Viernheimer Zeitung (Biernheimer Bürger-Ztg.— Viernb. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petit ile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoneen⸗Expebitionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes latzvorſchriſten bei Anzeigen werden nach Moglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme 20 keſtbunt vorgeſchriebenen Tagen kaun jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Dienstag, den 22. November 1932 49. Jahrgang Die Regierungsbildung im Neiih Hitler erneut bei Hindenburg— Ein Auftrag des Neichspräfidenten. Berlin, 22. Nov. Reichspräſident von Hindenburg hat am Montagvormittag erneut den national⸗ ſozialiſtiſchen Führer Adolf Hitler emp⸗ fangen. Ueber die Beſprechung, die nur et⸗ wa eine Viertelſtunde dauerte, wurde fol— gende amtliche Mitteilung heraus⸗ gegeben:„Nachdem der Führer der Natio— nalſozialiſtiſchen Deutſchen Arbeiterpartei dem Herrn Reichspräſidenten mit aller Be— ſtimmtheit erklärt hat. daß ſeine Partei nur in einer von ihm eführten Regierung mikarbeiten könne, 9a der Reichspräſident Herrn Hitler als dem Führer der ſtärkſten Partei des Reichstages erſucht, feſtzuſtellen, ob und unter welchen Bedingungen eine von ihm geführte Regierung eine ſichere arbeitsfähige Mehrheit mit einheiklichem Arbeitsprogramm im Keichskag finden würde. Hiller erklärke, ſeine Antwork auf dieſes Erſuchen dem Reichspräſiden⸗ ten am Montag nachmittag ſchriftlich zu übermitteln.“ Soweit die amtliche Mitteilung, die er— kennen läßt, daß der Reichspräſident ſeinen Wunſch nach Bildung einer Präſidialregie— rung zurückgeſtellt hatte und ſich Hitler ge- genüber erklärte, einer parlamentariſchen Mehrheitsregierung die Regierungsgewalt zu übertragen. Gegen ein Uhr nachmittags ſammelten ſich auf dem Wilhelmplatz vor dem Hotel„Kaiſerhof“, wohin Hitler nach der Beſprechung beim Reichspräſiden— ten zurückgekehrt war, immer mehr Anhän— ger der NSDAP. an, ſo daß die Polizei Mühe hatte, den Durchgangsverkehr auf— recht zu erhalten. Als Dr. Göbbels das Ho— tel verließ, verſprach er dem Reviervorſte— he, die Menge zu beſchwichtigen und zum Nachhauſegehen zu veranlaſſen. Dr. Göb⸗ bel forderte dann ſeine Parteianhänger auf, ſich nach Hauſe zu begeben. Er führte dabei aus, daß der Führer die Bitte aus⸗ ſpreche, den Wilhelmplatz zu räumen, um Komplikationen zu vermeiden. Unter ſtür⸗ miſchen„Heil Hitler-Rufen“ fuhr darauf Dr. Göbbels weiter und die Menge zerſtreute ſich bald. Dr. Schacht als Berater der NSDAP. Den ganzen Nachmittag über waren im Hotel„Kaiſerhof“ die Führer der NSDAP. verſammelt, um über die Antwort an den Reichspräſidenten zu beraten. Der ehemalige Keichsbankpräſident Dr. Schacht, der bereits in den Mittagsſtun⸗ den ewas über eine Stunde an den in⸗ kernen Beratungen der Nationalſozia⸗ liſten teilgenommen halte, erſchien am wenn man ſie doch durchführen wollte, den umgekehrten Effekt haben: die Steuerein⸗ gänge würden noch geringer werden, weil die Steuererhöhungen den Schrumpfungs⸗ prozeß der deutſchen Wirtſchaft noch weiter fördern würden. Auch Einſparungen ſind nicht mehr in großem Umfange möglich, wenn man nicht an einen ganz radikalen Abbau des ſtaatlichen Apparates herange⸗ hen will. Es bleibt ſomit wohl kaum etwas anderes übrig, als die Hoffnung auf eine Beſſerung der allgemeinen Wirtſchaftslage, die ſich dann in ver⸗ mehrten Steuereingängen für die Staats⸗ finanzen auswirken müßte. Wenn eine ſol⸗ che Wirtſchaftsbeſſerung nicht eintreten ſoll⸗ te, dann allerdings iſt guter Rat teuer. Je⸗ denfalls wird ſich die neue Reichsregierung 6005 mit allem Ernſt der Aufgabe zuwen⸗ en müſſen, die Reichsfinanzen ſoweit in Ordnung zu bringen, wie das überhaupt möglich iſt. Nachmittag wieder im Hotel Kaiſerhof und wurde ſofort nach den Räumen ge⸗ leitet, in denen Hitler mit ſeinen Parkei⸗- freunden in dauernden Verhandlungen ſteht. Nach etwa einer Stunde verließ Dr. Schacht faſt unbemerkt von der Menge wieder das Hokel. Auch in den Abendſtunden hatte ſich vor dem Hotel eine große Menſchenmenge ange— ſammelt. Ein Dementi. Gegenüber einem Zeitungsartikel wird von ſeiten des Reichswehrminiſteriums, ſo— weit in dieſem Artikel die Perſon des Reichs⸗ wehrminiſters erwähnt wird, folgendes er— klärt: Bei den ganzen Verhandlungen der letzten Woche, ſowohl im Kabinett als auch beim Reichspräſidenten, hat der Reichswehr— miniſter nicht mit einem Wort die Haltung der Reichswehr erwähnt. Von zuſtändiger Stelle wird ferner er- klärt, daß der Reichswehrminiſter in den letzten Tagen mit Hitler keinerlei Verhand- lungen geführt habe. Der Keichswehrmini⸗ ſter habe Hitler ſeit Seplember nicht geſehen. Der vereitelte Anschlag. Herriot beſchuldigt einen Deutſchen. Paris, 22. Nov. Wie bereits bekannt, war auf den Zug, mit dem Miniſterpräſident Herriot nach Nantes fuhr, ein Anſchlag geplant, der aber vorher entdeckt wurde. Das Gleis war durch Sprengkörper aufgeriſſen. Es wird jedoch immer wahrſcheinlicher, daß die Urheber weniger ein Attentat gegen den Zug des Miniſterpräſidenten verüben als eine Demonſtration veranſtalten wollten. Man glaubt, daß es ſich um bretoniſche Autonomiſten handelt, die gegen die Feiern zur Erinnerung der Vereinigung der Bre— tagne mit Frankreich zu proteſtieren gedach⸗ ten. Miniſterpräſidenk Herriok hat der Nach⸗ richlenagentur Radio nach dem Aktenkat u. d. erklärt, daß die Attenkäter, die im Zu⸗ ſammenhang mit dem Bombenattentat ge- gen das Denkmal in Rennes im Auguſt ds. Js. angeklagt waren, erklärt hätten, Geld für ihre aukonomiſtiſchen Beſtrebungen von Herrn Körber, einem nokoriſchen deutſchen Nationalſozialiſten, der als ein Agenk Hit⸗ lers in Frankreich betrachtet worden ſei, er- halten zu haben. Eine e e e bei Körber habe keinen Beweis für die Ausſagen der beiden Brekonen gebracht. Darauf habe man ſich darauf beſchränken müſſen, den„uner- Je deulſchen Journaliſten auszuwei⸗ en.“ Der deutſche Journaliſt Körber, der als Vertreter deutſcher Blätter in Paris lebt, erklärt die Behauptungen Herriots für völlig unwahr. Deuiſchlandhetze. Die Erklärungen, die Miniſterpräſident Herriot im Zuſammenhang mit dem Eiſen⸗ bahnanſchlag abgegeben hat und in denen er in gewiſſem Sinne Deutſchland für das Verbrechen verantwortlich macht, werden von der geſamten Pariſer Morgenpreſſe mit umſo größerer Genugtuung wiedergegeben, als die Unterſuchungen bisher zu keinerlei Ergebniſſen kamen. Obgleich dieſe Erklärungen jedoch in direk⸗ tem a zu den Tatſachen ſtehen, da man ſelbſt amklicherſeits der Auffaſſung iſt, daß es ſich weniger um einen Anſchlag auf das Leben Herriotls als um eine, wenn auch geſchmackloſe und gefährliche Kundge⸗ oung autonomiſtiſcher ooer rommunumqczer Kreiſe handelt, begrüßen es beſonders die Rechtksblätter, endlich einen, von höchſter beben bezeichneten Sündenbock gefunden zu aben. Nur der ſozialiſtiſche„Populair“ und bie kommuniſtiſche„Humanite“ machen ſich die Auffaſſung des franzöſiſchen Miniſterpräſi⸗ denten nicht zu eigen. Während der„Po— pulair“ von eigentümlichen Erklärungen ſpricht, bezeichnet die„Humanite“ ſie als niederträchtig. Deuiſches Befremden. Berlin, 22. Nov. Der deutſche Botſchafter in Paris iſt te— legraphiſch beauftragt worden, dem franzö— ſiſchen Miniſterpräſidenten zum Mißlingen des Anſchlages Glückwünſche zum Ausdruck zu bringen. Der Botſchafter wird bei dieſer Gelegen- heit ferner ſeinem Befremden darüber Aus- druck geben, daß der Anſchlag in der fran⸗ zöſiſchen Preſſe mit einem deukſchen natio- nalſozialiſtiſchen Korreſpondenken in Ver- bindung gebracht worden iſt. Uebrigens proteſtiert der„Völkiſche Be— obachter“ in ſchärfſter Weiſe„gegen den un— erhörten Verſuch, die NSDAP. mit dem Anſchlag auf den Zug Herriots in Verbin— dung zu bringen.“ Die Nationalſozialiſten lehnten ſolche Gewaltſtreiche durchaus ab. Deutſche Tagesschau. Die weibliche Jugend im Arbeitksdienſt. Im Reichsarbeitsblatt wird ein Erlaß des Reichskommiſſars für den freiwilligen Ar— beitsdienſt veröffentlicht werden, der die Ge⸗ ſichtspunkte darlegt, nach denen die weib⸗ liche Jugend in den Arbeitsdienſt ein- zugliedern iſt. Darin wird beſonders darauf hingewieſen, daß„Dienſtleiſtungen für Hilfs⸗ bedürftige“ nach dem gegenwärtigen Stand der Erfahrungen als der beſtgeeignete In⸗ halt des Arbeitsdienſtes der Frau erſcheint. Es handelt ſich vor allem um das Erhalten und Pflegen von Sachgütern, das Umwan⸗ deln alter Gegenſtände für neuen Gebrauch und um hauswirtſchaftliche Leiſtungen für Dienſtwillige oder Notleidende. Als Bei— ſpiele für die Praxis werden Wäſche- und Kleiderpflege für männliche Arbeitslager, Küchendienſt für offene Arbeitslager, Be— wirtſchaftung unbenutzter Ländereien bei ge— meinnütziger Verwertung des Ertrages, Schaffung von Kleingartenland, Arbeit in einer Dienſtgruppe bei der Siedlungshelfe— rin und Werkſtattarbeit für die Winterhilfe genannt. Schwere Zuchthausſtrafen in einem Spreng⸗ ſtoffprozeß. Vor dem Altonaer Sondergericht ging am Montag nach neuntägiger Verhandlung der Prozeß gegen 40 Nationalſozialiſten we⸗ gen der Sprengſtoffanſchläge in Schleswig⸗ Holſtein in der Nacht nach der Reichstagswahl vom 31. Juli zu Ende. Elf Angeklagte wurden freigeſprochen. Die Hauptangeklagten wurden wegen Verbrechens des Paragraphen 6 des Sprengſtoffgeſetzes zum Teil in Tateinheit mit Verbrechen gegen Paragraph 5 verurteilt und zwar Moder zu ſechs Jahren ſechs Monaten Zuchthaus, Grezeſch zu ſechs Jahren Zucht- haus, Stratmann zu fünf Jahren Zuchthaus und Plaehn zu fünf Jahren ſechs Monaten Zuchthaus. Acht Angeklagte erhielten je ein Jahr ſechs Monate Zuchthaus, die übrigen Angeklagten Gefängnisſtrafen bis zu neun Monaten. — 2 e Letzte Nachrichten. Hindenburgs Bedingungen. Berlin, 22. Nov. Wie von unterrichteter Seite verlautet, umfaſſen die Bedingungen, mit denen der Reichspräſident das Erſuchen an Hitler begleitet hat, fünf Punkte. Es handelt ſich um die ſelbſtverſtändliche Feſt⸗ ſtellung, daß die perſönliche Zuſammenſet⸗ zung des Kabinetts der Zuſtimmung des Reichspräſidenten bedarf. Zweitens behält ſich der Reichspräſident das Recht beſonde— rer Einwirkung auf die Beſetzung des Reichswehrminiſteriums und des Auswär⸗— tigen Amtes vor. Drittens verlangt der Reichspräſident die Aufſtellung eines Wirt- ſchaftsprogramms, viertens die Gewähr da⸗ für, daß keine Rückkehr zum Dualismus Reich— Preußen und fünftens, daß keine Abänderung oder Abſchwächung des Arti— kels 48 erfolgt. Hitlers Antwort. Hitlers Ankwork an den Keichspräſidenken iſt gegen 20 Uhr im Büro des Reichspräſi⸗ denken übergeben worden. Wie die Preſſe⸗ ſtelle der NSDAP. mitteilt, iſt nach einge- hender Ausſprache mit führenden Männern der nationalſozialiſtiſchen Bewegung und des öffenklichen Lebens die Ankwort Hitlers in Form eines Briefes dem Stkaaksſekreklär Meißner im Büro des Reichspräſidenten übergeben worden. Das Schreiben enkhält eine Reihe von Fragen, die vorausſichklich 93 Laufe des heutigen Tages geklärt wer- en. Neue Verhandlungen? Berlin, 22. Nov. Mit einer Veröffentlichung des Briefes, den Reichstagspräſident Göring im Auf⸗ trage Hitlers dem Staatsſekretär Meißner übergeben hat, iſt ſoweit wir bis jetzt in Er— fahrung bringen konnten, nicht zu rechnen. Ueber den Inhalt der vorläufigen Antwort Hitlers, die die Form einer Reihe von Rück⸗ fragen und Vorfragen enthält, verlautet je— doch, daß Hitler den Auftrag des Reichsprä— ſidenten in der gewünſchten Form nicht an⸗ genommen hat, wogegen die Tür zu weite⸗ ren Verhandlungen offen bleibt. Wie weiter bekannt wird, ift das Schreiben Hitlers nicht an den Reichspräſidenten, ſondern an den Staatsſekretär Dr. Meißner gerichtet. Nuzland haut ab. Umfaſſende Verwaltungsreform. Moskau, 22. Nov. Man will in Verfolg einer beabſichtigten Reform der Verwaltung in be— ſchleunigtem Tempo vorwärtsſchreiten. Zu— nächſt erfolgte ein neuer Vorſtoß zur Rück- bildung des überorganiſierten Verwaltungs— apparates in den Zentralen. Eine Anzahl induſtrieller und landwirk⸗ ſchaftlicher Truſts verfiel bereits der Auf- löſung, während für die übrigen Truſts und zentralen Verwaltungen ein Angeſtelltenab- bau von 10 bis 20 Prozent angeordnet wur- de. In Moskau werden allein 133 Organi- ſationen ſofort aufgehoben. In den nächſten Tagen bereits dürfte eine wichtige Verord- nung über die Neuorganiſalion der Verſor⸗ gung des Volkes mit Lebensmikteln und ſon⸗ ſtigen Bedarfsgegenſtänden erfolgen. 0 Auslands⸗Nundſchau. Verhältniswahl abgelehnt. Im Kanton Bern kam das Volksbegeh⸗ ren der Sozialiſtiſchen Partei zur Abſtimmung, nach welchem die Mitglieder der berniſchen Re⸗ gierung künftig nach dem Verhältnis⸗ wahlſyſtem gewählt werden ſollten. Das Initiativbegehren wurde in der Volksabſtim⸗ mung mit rund 60 000 gegen 34000 Stimmen bei einer Beteiligung von 47 Prozent ver⸗ worfen. Infolge der Ablehnung dieſes Volksbegehrens bleibt die neunköpfige Regie⸗ rung ausſchließlich bürgerlich, wenn nicht auf dem Wege des freiwilligen Proporzes Ver⸗ treter der Sozialiſtiſchen Partei zugezogen werden. Die belgiſch⸗hoiländiſche Grenze wird befeſtigt. Die Anſtrengungen Belgiens um ſeine Sicherheit treten durch neue Meldungen in eine intereſſantere Phaſe ein. Es iſt nämlich jetzt endgültig beſchloſſen worden, auch an der belgiſch-holländiſchen Grenze entlang Befeſti⸗ gungen anzulegen. Wie verlautet, hat der Kö— nig von Belgien, um die auseinanderlaufen⸗ den Auffaſſungen der Regierung und des Ge⸗ neralſtabs miteinander zu vereinigen, ſeine Zu⸗ ſtimmung zu einer Neuverteilung der Funk⸗ tionen der Generäle der techniſchen Truppen erteilt. Engliſche Enthüllungen. Der arbeiterparteiliche Oberhausabgeordnete Lord Ponſonby, der unter der Arbeiter— regierung Anterſtaatsſekretär des Aeußeren war, machte Enthüllungen über Propaganda⸗ vorbereitungen der engliſchen Regierung für einen Kriegsfall. England ſei in der Zeit nach dem Weltkrieg drauf und dran geweſen, mit einem anderen Staat, deſſen Name er nicht nennen wolle, in einen Krieg einzutreten. In der Propagandaabteilung der Regierung lagen bereits Flugblätter bereit, in denen dieſer andere Staat als ein verbrecheriſcher Frie densſtörer bezeichnet werde. Dieſe Flugblätter ſeien auch heute noch vorhanden. Außerdem ſeien in der Propagandaabteilung der engliſchen Regierung verſchiedene Plakate mit Literatur vorhanden, in der die verſchie— denen Nationen verſchiedener ſchrecklicher Ver— brechen angeklagt würden. Neues aus aller Welt. 45 000 gefälſchte Jieberthermomeker. Der Fieberthermometerfabrikant Franz Schubert in Geraberg(Thüringer Wald) wurde vom Staatlichen Prüfungsamt überführt, Fieberthermometer in rieſigen Mengen mit falſchen Eichſtempeln verſehen und vertrie— ben zu haben. Nach den bisherigen Feſtſtel⸗ lungen, ſollen Zehntauſende dieſer gefälſchten Thermometer in den Handel gebracht wor— den ſein. In der Wohnung Schuberts ſied dur! h die Gendarmerie allein 45 000 Stück beſchlagnahmt worden. Die Fieberthermo— meter⸗Induſtrie iſt durch dieſe Fälſchungen ſchwer geſchädigt worden. Schubert wurde verhaftet. Schwere Bluktak. In Hildesheim drang der arbeitsloſe 26 Jahre alte, von ſeiner Frau getrennt lebende Schloſſer Jo- hann Malinowſki in die Wohnung ſeiner Schwiegermutter ein, bei der ſich ſeine Frau aufhielt und verſetzte nach vorausgegange— ner Auseinanderſetzung ſeiner Schwieger— mutter mit einem Beil mehrere Schläge ſiher den Kopf. Auch ſeine Frau verletzte er vurch Beuhiebe erheblich, ſo vaß die unte Geſichtshälfte vollkommen aufgeſchnitten wurde. Als der Täter ſah, was er angerich⸗ tet hatte, ſchnitt er ſich mit einem Raſier⸗ meſſer den Hals bis auf den Wirbelkno⸗ chen durch, und ſtarb kurze Zeit darauf in⸗ folge Verblutung. Die beiden ſchwerverletz⸗ ten Frauen ſchweben in Lebensgefahr. 30 000 Mark unterſchlagen. Der 41jährige Expedient Kant aus Aue(Sachſen), der flüchtig war und im Verdacht ſteht, über 30 000 Mark unterſchlagen zu haben, hat ſich in Zwickau ſelbſt der Polizei geſtellt. Kant beſtreitet jede ſtrafbare Handlung. Ein Porkier erſchoſſen. In der Nacht zum Montag wurde in dem Kaffee Marabu in Stettin der dort ſeit längerer Zeit als Portier beſchäftigte 36 jährige Otto Peters von dem 25 jährigen Seemann P. Albrecht im Garderoberaum durch einen Bruſtſchuß niedergeſtreckt. Peters verſtarb nach wen“⸗ gen Minuten. Als der Oberkellner den Tä⸗ ter halten wollte, gab Albrecht noch einen zweiten Schuß ab, der auf den Oberkellner abgezielt war, aber ſein Ziel verfehlte. Von anderen Angeſtellten des Lokals wurde dem Täter ſchließlich die Waffe abgenommen. Schweres Straßenbahnunglück. In Hayin⸗ gen(Lothringen) ereignete ſich ein ſchwerer Straßenbahnunfall, der zwei Todesopfer forderte. 30 Perſonen wurden verletzt. Wie feſtgeſtellt worden iſt, verſagten die Brem⸗ ſen des Straßenbahnwagens, ſo daß der Führer die Gewalt verlor. Der Wagen ſprang aus dem Gleis und ſtieß gegen ei⸗ nen Betonmaſt, der förmlich zerſtückelt wur⸗ de. Der Wagen ſtürzte dann um. 18 Ver⸗ letzte befinden ſich noch im Krankenhaus. Betrügeriſcher Klubſekretär. Der luxem⸗ burgiſche Automobilklub hat gegen ſei⸗ nen Sekretär, den Rechtsanwalt Max Metz Anzeige erſtattet. Dieſem werden Unter⸗ ſchlagungen zur Laſt gelegt, die ſich nach vorläufiger Prüfung auf 1 300 000 luxem⸗ burgiſche Franken belaufen. Es handelt ſich um Gelder, die die Mitglieder des Automo⸗ bilklubs als Sicherheitsleiſtung für Grenz⸗ paſſierſcheine der Kraftwagen hinterlegt ha— ben. Der Beſchuldigte, dem auch noch andere Unterſchlagungen zur Laſt gelegt werden, iſt flüchtig. Schwere Gasexploſion. In Rotter⸗ dam ereignete ſich eine ſchwere Gasexplo⸗ ſion, wobei ein Polizeimajor getötet und ſieben Perſonen ſchwer verletzt wurden. Un⸗ ter den Verletzten befinden ſich zwei Poli⸗ zeibeamte und drei Nachtwächter. Jünfdollarſcheine gefälſcht. In Prag wurde eine Fälſcherwerkſtatt aufgedeckt, in der Fünfdollar⸗Falſifikate hergeſtellt wur⸗ den. Vier Perſonen ſind verhaftet und teils fertige, teils unvollſtändige Falſifikate be⸗ ſchlagnahmt worden. Sämtliche Verhaftete ſind geſtändig. Einſturzunglück in einer Kirche. In War- ſchau ereignete ſich neuerdings eine Ein⸗ ſturzkataſtrophe, bei der zwölf Perſonen teils leichte, teils ſchwere Verletzungen da⸗ vontrugen. Kurz vor dem Hauptgottesdienſt in der Kirche des Heiligen Kreuzes im Stadtzentrum, in der eine große Gläubi⸗ gerſchar verſammelt war, kam es in der Nähe des ge er zu einem Gedränge. Unter der Laſt der verſammelten Men⸗ ſchen gab plötzlich der Fußboden, der aus großen Steinplatten beſtand, nach, und ſtürzte etwa drei Meter tief in den Keller⸗ raum hinab. Neuer Flugrekord London⸗Kapſtadt. Die engliſche Fliegerin Amy Johnſon hat den von ihrem Gatten, dem bekannten Ozean⸗ flieger Molliſon, gehaltenen Flugrekord auf der Strecke London⸗Kapſtadt um 10 Stunden unterboten. Sprengſtoffprozeß in Dortmund. Dortmund, 22. Nov. Vor dem Dortmun⸗ der Sondergericht begann der Prozeß gegen 13 Angehörige der Kommuniſtiſchen Partei, denen die Anklage vorwirft einer geheimen und ſtaatsfeindlichen Verbindung anzuge⸗ hören und ſich des Gebrauches von Spreng⸗ ſtoffen in verbrecheriſcher und gemeingefähr⸗ licher Hinſicht ſchuldig gemacht zu haben, Der Sprengſtoff war aus dem Lager de eee worden. Verdiente Auszeichnungen. brüchigen. Bei dem Untergang des deutſchen Schul— ſchiffes„Niobe“ hatte der Hamburger Reederei Ernſt Ruß durch eines der von ihm ausgeſetzten Rettungsboote 40 Angehö⸗ rige der„Niobe“ gerettet. Im Bürger⸗ meiſterſaal des Rathauſes wurde aus die⸗ ſem Anlaß am Montag der Kapitän des Schiffes und die Bemannung des von der terſen empfangen. Bürgermeiſter Dr. Peterſen überreichte Kapitän Müller eine künſtleriſch ausgeführle zieren und der Mannſchaft des Dampfer den Dank Hamburgs ausſpricht. Den Mit gliedern der Bemannung des Rettungsboo⸗ tes, die bei der Reltungsfahrt in der beweg, ten See und durch das Anklammern der im Waſſer Schwimmenden an das Bool in ſte. ter Lebensgefahr ſchwebten, überreichte der Bürgermeiſter die ihnen vom Senat verlie henen Hamburgiſchen Rettungsmedaillen. ö Zementwerkes Weſtfalen in Geſeke geſtohlen Ehrungen der Reiter der„Niobe“ Schiff. Dampfer„Thereſig L. M. Ruß“ der „Thereſia 2 M. Ruß“ ausgeſetzten Reb. tungsbootes durch Bürgermeiſter Dr. Pe⸗ N Urkunde in der der Senat Kapftän und Off. g Magdalen zwischen den zwei ö ungleichen Brüdern Roman von Gert Rothberg Copyright by M. Feuchtwanger, Halle(Saale) 121 In ſehr animierter Stimmung machte Friedrich Karl von Lindsmühlen ſich auf den Weg. Es war Zeit, nach Hauſe zu gehen, wo Magdalen ihn erwartete. Eigentlich war die ganze Angelegenheit furchtbar blöd. Nun hätte es ſo gemütlich ſein können, ſtatt deſſen ſollte er ſeiner Frau gegenüber den reuigen Sünder ſpielen, zu Kreuze kriechen, bis ſie ihn wieder in Gnaden aufnahm. Lag ihm nicht, die Sache, ganz und gar nicht lag ſie ihm. Aber Magdalen war köſtlich in ihrer ſtolzen Unnahbar⸗ keit! Er war bald verrückt geworden in den letzten Wochen. Sie mußte ihm wiedergehören. Und ſie würde es! Durch ihren leichtlebigen, leichtſinnigen Vater hatte er jederzeit Gewalt über ſie. Leiſe vor ſich hinpfeifend, ſchritt er an der Hecke entlang. Vor ihm ging ein hochgewachſener Mann, der ihm irgendwie bekannt vorkam. Der Fremde wandte den Kopf halb zur Seite. „Karl Joachim, du biſt es wirklich?“ Der Aeltere trat einen ſchnellen Schritt nach vorn. Der Jüngere, Hochgewachſene blieb ſtehen, ſah ſich um, ſtreckte die Hand aus. „Friedrich Karl, du? Ich vermutete dich als eifrigen . daheim in Lindsmühlen. Habt ihr jetzt nicht rnte?“ Die Brüder ſchüttelten ſich die Hände. Der Aeltere blickte in das ſchöne, markante braune Ge⸗ ſicht des Jüngeren. „Das heißt, ſchneidig ſiehſt du aus, das muß dir der gemeinſte brüderliche Neid laſſen. Herzlich willkommen! Das müſſen wir natürlich feiern. Seit wann biſt du denn hier? Das kommt von deiner Schreibfaulheit. Wir haben dich ja nie feierlich empfangen können, ſo oft wir das auch gern getan hätten. Aber diesmal— Ich glaube, du warſt ſechs Jahre fort?“ „Ja! Und lange werde ich wohl nicht bleiben. Wie geht es dir, Bruder?“ „Danke, es macht ſich! Daß ich mich verheiratet habe, ſchrieb ich dir wohl. In Lindsmühlen iſt alles gut. Vetter Friedrich Chriſtian iſt tot! Hatte dich der Brief erreicht?“ „Ja, mit allen Einzelheiten. Es iſt ſehr traurig für Tante Adelheid.“ „Gewiß! Doch es ſind ihr eben doch nach und nach allerlei Sachen hinterbracht worden, die den Glorienſchein um Friedrich Chriſtian etwas getrübt haben.“ „Mußte das ſein? Warum ließ man dem armen Toten dieſen Glorienſchein in den Augen ſeiner Mutter nicht?“ „Sentimental! Wie unangebracht, Karl Joachim. Aber wir wollen das Thema vertagen. Meine Frau iſt mit hier. Das heißt, ſie iſt ſchon länger hier. Ich bin erſt heute hier angekommen. Du kommſt doch mit mir? Mußt dich aber nicht wundern. Meine Frau iſt eine ſonderbare Heilige. Sie zieht es vor, in einer einfachen Penſion zu wohnen, trotzdem ich natürlich auch mi! Wonne eine Zimmerflucht in einem der teuerſten Hotels für ſie bezahlen würde. Sie wird ſich freuen, dich kennenzulernen. Dein Bild gefiel ihr immer ſehr. Und ſie wird dir ſicher auch gefallen, meine ſchöne, blonde Frau.“ 5 In ſeine muntere Geſprächigkeit hinein fiel der ſchwere Ernſt des Jüngeren, der immer ſchweigſamer wurde. Karl Joachim ſchalt ſich einen Narren, weil ganz ſonder⸗ bare Gedanken ihn nicht loslaſſen wollten. „Es gibt ſo viele Frauen hier in dieſem bekannten Kur⸗ ort. Warum ſollte die einzige Frau, die ich lieben kann, gerade die Frau meines Bruders ſein?“ 5 *. Eine Viertelſtunde ſpäter wußte Karl Joachim von Lindsmühlen, daß er ſich nicht geirrt. Die ſchöne, blonde Frau, an die er in den letzten Stunden unabläſſig gedacht hatte, war die Frau ſeines Bruders. 1 g Zart und ſchlank ſtand Magdalen neben ihrem Gatten. In ihren Augen zeigte ſich Entſetzen. Friedrich Kaxl blickte von einem zum anderen. Was war das? 6 Lag es nicht wie ein ſtummes Grüßen in den Augen des Bruders? 5 Und Magdalen? Sie bewahrte doch nur noch mühſam ihre Faſſung? War— Karl Joachim der Mann— der Mann, der während des Gewitters mit ihr in der Alpenhütte geweſen war? Was beſtand zwiſchen Magdalen und ſeinem Bruder! Noch behielt der ältere Lindsmühlen den herzlichen Ton bei; aber in ſeinen Augen prägte ſich finſteres Mißtrauen gegen ſie aus. Und er wußte jetzt ſchon ganz genau, daß er mit ſeiner Vermutung recht hatte. a Magdalens feine, weiße Finger zitterten ſehr, und ihr Mann ſah es. In ſeinem Herzen ſtieg etwas Ungeheuer⸗ liches auf. Es war der Haß gegen den eigenen Bruder. Karl Joachim aber dachte: „Mein Bruder alſo, mit dem ſie unglücklich iſt! Jetzt bin ich vollſtändig machtlos gegen ein Schickſal, das mit ganz beſonderer Grauſamkeit ſich auf uns alle drei nieder⸗ ſenkt.“ Mit warmem Ausdruck ruhten ſeine Augen auf dem ſüßen Geſicht der Frau, die ſein Inneres aufgewühlt hatte, als er ſie das erſte Mal ſah. „Mein Bruder muß wahnſinnig ſein. Wie könnte er ſonſt dieſer Frau weh tun?“ Dieſer Gedanke kam Karl Joachim mehr als einmal, und er betrachtete dann jedesmal ſeinen Bruder wie irgend etwas Fremdes, das er ſich ſehr genau einprägen mußte. Tante Suſanne in ihrem Seſſel betrachtete ſich die drei ſehr genau und zog Vergleiche. Sie wußte nicht mehr ſo recht, was ſie eigentlich denken ſollte. Sie hatte immer ge⸗ hofft, im ſtillen, daß Magdalen nicht wieder zu dem brutalen Manne zurückkehren würde. Aber das Kind ſchien doch das ſorgloſe Leben an ſeiner Seite vorzuziehen, denn ſonſt hätte es ſich nicht mit Friedrich Karl ausgeſöhnt! (Fortſetzung folgt.) ihre Welt ollen nie Preſe steigen? Von Irmgard Bleibtreu. Die Wirtſchaftsnot der ganzen Welt kann erſt beendet werden, wenn die Preiſe anſteigen“— dieſe Anſchauung hört man jetzt oft aus gelehrtem Nee Munde. Die deutſ rau, die dürch ihre Pfennigrechnung das Durchhalten in der Kriſe zum großen Teil ermöglicht hat, empfindet bei ſoſchen Prophezeiungen eine ſtarke Beunruhigung. Von der 30 en Warte aus betrachtet kann gewiß kein Zweifel daran eſtehen, daß die Rohſtoffpreiſe in der Welt anſteigen müſſen, damit die Rohſtoffländer wieder als Käufer in die Weltwirt⸗ ſchaft eingeſchaltet werden können. Die Preiſe für Wolle und Gummi, Weizen uſw., die im Durchſchnitt der Rohſtoffe auf ein Achtel, ja, bis zu einem Zehntel des früheren Preiſes ab⸗ eſunken ſind, müſſen wieder auf einen Stand gebracht werden, der pie Herſtellung lohnt. Aber iſt es auch notwendig, daß jene Preiſe, die im Haus⸗ haltsbuch der deutſchen Hausfrau Tag für Tag erſcheinen, weſentlich anſteigen? Gewiß iſt für zahlreiche Artikel auch im deulſchen Einzelhandel ein Preisſturz eingetreten, der bei einer beginnenden Beſſerung wieder ausgeglichen werden muß., und es iſt eine nationale Pflicht und Genugtuung für die deutſche gusfrau, die Lebensmöglichkeit des mittelſtändiſchen deutſchen inzelhandels zu wahren und zu verbeſſern. Gerade im Inter⸗ eſſe dieſes mittelſtändiſchen deutſchen Einzelhandels und im Intereſſe der Hausfrau darf man ſich jedoch nicht verhehlen, daß der deutſche Gewerbetreibende noch vieles lernen und ſich umſtellen muß, um ſeine Lage wirtſchaftlicher zu geſtalten und auch in weniger troſtloſen Zeiten der deutſchen Hausfrau, die ſich in den nächſten Jahren beſtimmt noch mit einem unglaub⸗ lich niedrigen Lebensſtandard begnügen muß, billigere Preiſe zu ermöglichen. Ich möchte als vergleichendes Beiſpiel hier eine Unterſuchung erwähnen, die von einem volkswirtſchaftlich durchaus unparteiiſchen Gremium im Reichswirtſchaftsrat durchgeführt wurde und deren Bedeutung für den geſamten See groß iſt. Sie beſchäftigte ſich mit einem ſcheinbar abſeits liegenden Gegenſtand, der Preisgeſtaltung in den Ein⸗ heitspreisgeſchäſten. Dieſes Thema iſt nicht ſehr beliebt, aber es iſt doch wichtig! Und es hat keinen Zweck, Vogel⸗Strauß⸗ Politik zu treiben und den Kopf einfach in den Sand zu ſtecken. Wir wollen vielmehr lernen und beſſer machen. Bei dieſer Unterſuchung wurde nämlich folgendes feſtgeſtellt: Innerhalb der großen deutſchen Induſtriezentren, in denen ein oft unbeſchreibliches Elend herrſcht, haben ſich durch das Auf⸗ blühen der ſogenannten„Einheitspreisinduſtrie“ wichtige Ge⸗ ſundungskeime entwickelt. Das betrifft in Thüringen, um Nürnberg herum und im Erzgebirge die Spielwaren⸗ und die Bürſtenwareninduſtrie In Oberſtein und Pforzheim ſind es die Bijouteriewaren. In Solingen und Lüdenſcheid handelt es ſich vor allem um Stahlwaren und Kleinmetallwaren, in Schleſien und Weſtfalen um Strümpfe, in Chemnitz und Um⸗ gebung wie in Württemberg um Strümpfe, Handſchuhe und Trikotagen, im Vogtland um Stickereien, Modewaren und Gar⸗ dinen, in Offenbach ſind es Lederwaren, im Lauſitzer Gebiet Glaswaren, in Braunſchweig Konſerven, in Benneckenſtein Holzwaren uſw. Der ſichtbare Aufſchwung, der ohne Zweifel Hunderttauſenden Arbeit gibt, iſt nicht nur durch den inländi⸗ ſchen Abſatz, ſondern vor allem auch durch einen Export deutſcher Einheitspreisware entſtanden, der ſchätzungsweiſe über 100 Millionen Mark jährlich beträgt. Nach Frankreich, Schweden, Italien, ja, bis nach Südafrika geht die deutſche Ware. Und wie kam dieſer Erfolg zuſtande? Man hat die Fabrikanten dieſer Waren, die faſt durchweg Fabriken kleinen und mittleren Umfangs beſitzen, befragt und bekam folgendes zur Antwort: Ein gutes Ringſieb, das noch vor fünf Jahren bei einem Quedlinburger Spezialfabrikanten 32 Pfennig koſtete, kann in derſelben Qualität und mit moderner Kon⸗ ſtruktion jetzt für 25 Pfennig im Einheitspreisgeſchäft verkauft werden. Die Qualitätsbeibehaltung wird nachgewieſen. Die Unkoſten der Rationaliſierung, Maſchinen, Neukonſtruktionen zu dieſer Verbilligung lohnen nur beim Großeinkauf. Ein anderes Beiſpiel aus derſelben Branche, das zeigt, wie ſehr es lohnt, den Mut zur Billigkeit zu haben, und daß echte Preis⸗ würdigkeit Bedarf geradezu erzeugt: Ein Leibwärmer koſtete vor dem Kriege beim Fabrikanten 50 Pfennig— er liegt heute in derſelben Qualität für 50 Pfennig im Ladenfenſter. Die⸗ ſelben Gründe haben zur Verbilligung geführt: Die Einheits⸗ preisgeſchäfte allein verkaufen heute mehr Leibwärmer, als vor dem Kriege in ganz Deutſchland gekauft wurden. Und ſo iſt es mit allen anderen Dingen.. a Dasſelbe aber könnte der mittelſtändiſche Einzelhandel auch erreichen, wenn er in ſeiner Geſamtheit endlich dazu käme, wozu Teile dieſes Berufszweiges ſich mit Erſolg bekehrt haben, nämlich ſich ſtärker zuſammenzuſchließen und durch gemein⸗ ſamen Großeinkauf auch für ſich bei aller Qualitätswahrung eine weſentliche Preisverbilligung beim Fabrikanten zu er⸗ zielen. Zeigt er außerdem den Mut, durch beſondere Preis⸗ würpigkeit den Umſatz erhöhen zu wollen, ſo iſt es durchaus möglich, auch bei einer Beſſerung der Lage billig zu bleiben! Auf dieſen mittelſtändiſchen Einzelhandel kommt es an— nach wie vor macht er mehr als vier Fünftel des deutſchen Einzel⸗ handels aus—, nicht auf die Einheitspreisgeſchäfte, deren Umſatzanteil nur wenig mehr als ein Prozent ausmacht und gering bleiben muß, weil der Ausdehnung dieſer Geſchäfte der Preis⸗ und Warenbegrenzung wegen ein natürliches Ziel geſetzt iſt. ö Es laſſen ſich noch andere Beiſpiele dafür anführen, daß eine aufſteigende Preiswelle nicht zu kommen braucht und nicht kommen darf. Gerade der Hinweis auf dieſe Einheitspreis⸗ geſchäfte jedoch, deren Daſein von dem mittelſtändiſchen Kauf⸗ mann ſo bitter empfunden wird, mag die beſte Lehre ſein. Keine Vogel⸗Strauß⸗Politik, nur der mutige Wettbewerb in der Preiswürdigkeit bringt, zum Segen aller deutſchen Haus⸗ haltungen, den Sieg! Ausgeben oder sparen? do, d. a olsen In der heutigen Zeit allgemeiner Unſicherheit ſind wir in unſerer Geldeinteilung vorſichtig geworden. Einkäuſe und An⸗ ſchaffungen, zu denen wir uns bei normalen Zeiten leichten Herzens entſchloſſen, überlegen wir uns heutzutage xeiflich nach allen Seiten, bevor wir uns entſcheiden, beſonders dann, wenn wir gezwungen ſind, Ratenzahlungen zu vereinbaren; denn die Gefahr der Arbeitsloſigkeit oder der Verringerung des Ein⸗ kommens droht heutzutage faſt jedem und wir müſſen daher ſtets wenigſtens die Möglichkeit in Rechnung ziehen, daß wir eines Tages die fälligen Raten nicht bezahlen können. Selbſt wer nur gegen bar kauft, überlegt ſich heute, ob es nicht beſſer iſt, ſtatt des beabſichtigten Kaufes eine„Kriſen⸗Reſerve“ zurück⸗ zulegen. Aus ſolchen und ähnlichen Erwägungen heraus werden heutzutage zahlreiche Anſchaffungen zurückgeſtellt, bis wieder beſſere Zeiten kommen! Zweifellos iſt in manchen Fällen eine ſolche Einſtellung berechtigt; denn es iſt ein geſunder, vernünftiger Grundſatz, nur ſoſche Verpflichtungen einzugehen, die man aller Voraus⸗ icht nach auch erfüllen kann. Andererſeits dürfen wir aber in dleſer Zurückhaltung nicht zu weit gehen und durch über⸗ triebene Aengſtlichkeit noch ſelbſt zur weiteren Verſchlechterung der allgemeinen Lage beitragen. Immer ſollten wir auch daran denken, daß die Arbeitsloſigkeit um ſo größer wird, je weniger der einzelne kauft. Gewiß iſt es verkehrt,„über Hier Ver⸗ hältniſſe“ zu leben, aber ebenſo falſch wäre es, ſchlechter leben zu wollen, als es dem Einkommen entſpricht. Wer heutzutage in der glücklichen Lage iſt, mit einem ausreichenden Einkommen rechnen zu können, der ſollte ſich die Freude regelmäßiger An⸗ bai gönnen in dem Bewußtſein, dadurch für ſeine Mit⸗ ürger Arbeit und Verdienſt zu ſchaffen. Aber ſelbſt bei beſchränkten Verhältniſſen ſollten wir in unſerer Vorſicht nicht zu weit gehen. Wenn beiſpielsweiſe ein junger Ehemann den Abſchluß einer Lebensverſicherung des⸗ wegen aufſchieben würde, weil er nicht gewiß weiß, ob er die Beiträge auch in Zukunft einzahlen kann, ſo gefährdet er da⸗ durch unter Umſtänden die ganze Zukunft ſeiner Familie. Es wäre natürlich nicht richtig, ſich höher zu verſichern, als es dem Einkommen entſpricht. Aber wer ſich beiſpielsweiſe eine Lebensverſicherung von 10000 Mart nicht leiſten kann, dem iſt es vielleicht doch möglich, die Beiträge aufzubringen, die für ſeine Familie oder für ihn ſelbſt im Alter ein Kapital von 3000 Mark ſichern. Und wem ſelbſt das zu viel erſcheint, der ſollte bedenken, daß eine Lebensverſicherung von 1000 Mark oder eine noch kleinere Summe im Bedarfsfalle immer noch eine weſentlich beſſere Hilfe iſt als gar nichts. Die Hauptſache bleibt doch ſtets, daß für die Verſorgung der Familie und des eigenen Alters erſt einmal der Grund⸗ ſtein gelegt iſt. Dann iſt es auch um ſo leichter, weiter auf⸗ zubauen, wenn beſſere Zeiten kommen. Aehnlich liegen die Verhältniſſe auf vielen anderen Gebieten. Immer kommt es darauf an, den rechten Mittelweg bei der Einteilung des Geldes zu finden, um uns vor Schaden zu bewahren. Jedenfalls ſollten wir uns durch die Schwierigkeiten der Gegenwart nicht abhalten laſſen, im Rahmen des Möglichen eine beſſere Zukunft vorzubereiten. Winterzeit— Huſtenzeit? Woher kommt der Huſten? Die häufigſten Antworten des Laien lauten: durch Erkältung, durch rauhe, kalte Winterluft! Das ſind völlig falſche Anſichten, die irrtümlicherweiſe ver⸗ breitet werden. Um jedoch die wahren Urſachen des Huſtens erkennen zu können, müſſen wir erſt die Organe, die von dieſer Riehen befallen werden, einer genauen Betrachtung unter⸗ ziehen. Die geſamten Atmungswege ſondern Schleim ab. Dieſer wird durch Räuſpern, dem Schneuzen der Naſe vergleichbar, gelegentlich entfernt. Werden jedoch beſondere Kräfte dazu angewandt oder geſchieht dieſes Räuſpern häufiger, ſo ſind die erſten Anfänge des Huſtens ſchon gegeben. Beſonders während der Nacht tritt eine übermäßige Schleimproduktion der Atmungsorgane ein; der abgeſonderte Schleim wandert zur Lunge, und da dieſe in ihrer Aufnahme von Luft behindert wird, verſucht ſie durch Stöße den Schleim zu beſeitigen und huſtet! Dieſer meiſtenteils morgens auftretende Huſten iſt nicht gefährlich oder eine ausgeſprochene Krankheit, ſondern vielmehr eine Reinigungsaktion. ö Wer das Zimmer verläßt und in die kältere Luft hinaus⸗ geht, bekommt gleichfalls oft einen kleinen Huſtenanfall. Hier ſind zwar gewiſſe Reize der Luft die Urſache, aber der Winter⸗ huſten iſt es nicht. Polarfahrer, Straßenkehrer, Schneeſchipper, Marktfrauen und andere Perſonen, die dauernd im Winter an der Luft ſind, werden höchſt ſelten einen Huſten haben. Die Haupturſachen dieſes Erkältungshuſtens ſind einzig und allein die Stubenluft und unſer bewegungsarmes Leben im Winter. Lungenſchwache und Widerſtandsloſe werden beſonders leicht davon befallen. Es iſt daher wichtig, die Zimmerluft im Winter feucht zu erhalten, öfter die Fenſter zu öffnen und an die Luft zu gehen, ſo daß auf dieſe Art die Schleimhäute gekräftigt werden. Das Feuchthalten der Zimmer geſchieht am beſten durch Aufſtellen von Blattpflanzen und einer Schale mit Waſſer auf dem Heiz⸗ körper. Schließlich gibt es noch einen ſogenannten Bierhuſten, der ſich durch Gurgeln mit Salzwaſſer leicht beſeitigen läßt. Pflichten. 5 Wohl alle Menſchen haben Pflichten: die einen mehr, die anderen weniger; angenehme und unangenehme Pflichten. Es kommt darauf an, wie wir uns unſerer Pflichten entledigen. Niemand wird behaupten wollen, daß die Zahl der an⸗ genehmen Pflichten die der unangenehmen überwiegt. Sehen wir uns mal unſere täglichen Arbeiten an. Ohne daß wir es wollen, ſtumpft uns das ewige Einerlei im Alltag ab. Oft iſt dies der Grund, warum wir unſeren Pflichten nur unluſtig nachkommen. Vielen, in heutiger Zeit den meiſten Menſchen, gibt das Leben nur ſehr wenig Frohes und Freudiges, dafür aber jeden Tag, das ganze Leben hindurch immer und immer wieder die gleiche Arbeit. Schnell iſt der Urlaub, auf den wir uns das ganze Jahr hindurch freuen, wieder vorbei, und ſchon beginnt wieder die Tretmühle des Alltags. Doch denken wir mal ehrlich und gerecht darüber nach. Sind wir denn wirklich ſo oberflächlich und gleichgültig, daß wir alles nur grau in grau ſehen und gar nichts Roſiges? Wenn wir einmal tiefer ſchauen, ſo bekennen wir: Nur treue Pflicht⸗ erfüllung löſt wahre Befriedigung aus. Jede Arbeit, welche es auch ſei, hat auch ihre angenehmen Seiten. Schließlich tun wir ja die Arbeit nicht nur für uns; oftmals hängt das Wohl und Wehe vieler von unſeren Pflichten ab. Hätten wir keine Pflichten mehr, ſo wäre unſer Leben öde und leer, nicht lebens⸗ wert. Wir wüßten nicht, für wen und wofür wir lebten. Wenn wir an den Zweck und die Nützlichkeiten der Pflichten denken, ſo ſehen wir dieſe von einer ganz anderen Seite, und wir werden dankbar ſein, daß wir Pflichten erfüllen dürfen. Gerade die Pflichten geben unſerem Leben den köſtlichſten Inhalt: ein Leben, das mit Arbeit und Pflichten voll ausgefüllt iſt, macht zufrieden und glücklich. Isabella. Kindermund. Die„feine“ Mama. Leni will immer zu Nachbars Käthe ſpielen gehen. „Aber warum ſoll denn die Käthe nie zu dir ſpielen kommen?“ will die Mapa wiſſen. „Ach, Mutti, die Käthe hat ſo'ne feine Mama!“ „Wieſo eine ſo feine Mama? Aber ich habe doch nie ge⸗ ſehan, daß Käthes Mama ſo beſonders fein iſt!“ „Aber Mutti— die hat doch keine Nerven!“ Lieſels Auffaſſung. Lieſel ſteht am Fenſter. Sie beobachtet intereſſiert eine dicke Brummfliege, die andauernd gegen die Scheiben ſchlögt. Bittet Lieſel:„Ach, Mutti, mach doch mal das Fenſter auf — die arme Fliege muß mal raus!“ Der Erinnerungstag. Maxel bat Geburtstag. Er wird fünf Jahre alt, Stolz erzählt er:„Heute ſind es gerade fünf Jahre, ſeit wir mich gekriegt haben!“ 1155 5 b Beſorgt. e, Fritzchen führt den Flips ſpazieren. Da kommt ein Platz⸗ regen und weicht beide tüchtig ein. 5 will Mama Fritzchen trockene Schuhe und Strümpfe anziehen. Fritzchen aber wehrt weinerlich gb:„Pitte, Mutti, erſt den Flips! Putz dem die Füße ab! Ich hab' nur zmei, aber der Flips erkältet ſich vier Füße!“ 0 J. A. Waſche Mit Kuſtanjen! Von Gertrud Reinſch. Ein billiges, bequemes und kräftiges Waſchmittel. Nur wenige Hausfrauen wiſſen die braune Kaſtanie zu ſchätzen, die ihnen bei richtiger Anwendung ein werwolles Hilfsmittel ſein kann. Die Kinder ſammeln ſie ſehr gern und reihen ſie auf einer Schnur zur Kette, benutzen ſie zum Spielen oder als„Wertmünze“ beim Murmeln und anderen Gelegen⸗ heiten. Die Mutter ſchimpft oft über die Kaſtanien⸗„Hamſterei“ und meint, ſie ſeien nur als Schweinefutter verwendbar. Sie ſollte ſich jedoch dieſes Hilfsmittel zunutze machen und im Herbſt einen kleinen Vorrat ſammeln oder von den Kindern ſammeln laſſen! Die geſammelten Früchte werden möglichſt in der Sonne ſcharf getrocknet oder, wenn die Sonne ſehlt, in der Oſen⸗ oder Bratröhre. Man muß nur gut aufpaſſen, daß die Früchte nicht verbrennen. Sie dürfen auch nicht„ſteinig“, das heißt zu hart werden. Nun ſetzen wir einige Liter Waſſer auf das Feuer und laſſen es kochen, tun dann pro Liter etwa ſechs bis acht Kaſtanien hinein. Das Ganze kocht jetzt eiwa eine gute halbe Stunde weiter. Die Brühe wird dann in einen beſonderen Behälter abgegoſſen und darin abgekühlt. Nun erſt kann ſie zum Waſchen verwendet werden. Beſonders vorteilhaft iſt die Verwendung dieſer Kaſtanien⸗ brühe zum Waſchen von Schürzen, Kleidern(dunkle), Strümpfen ohne Seife! Es kann alſo eine weſentliche Seiſenerſparnis im Haushalt auf dieſe bequeme Art erzielt werden. Wichtig iſt ferner, daß dieſe Sachen in der Kaſtanien⸗ brühe kalt gewaſchen werden. Zuſatz von Perſil oder Seiſen⸗ flocken und dergleichen kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die zurückgebliebenen Reſte der ausgelaugten Kaſtanien werden nochmals mit Waſſer ausgekocht, und zwar mit der gleichen Menge wie vorher. Darin wird die Wäſche zum zweiten Male gewaſchen und endlich zum Schluß mit klarem Waſſer gut geſpült. Man trockne ſie möglichſt im Schatten. Dieſe Methode hat ſerner den Vorzug, daß die gewaſchenen Strümpfe wieder wie neu gekaufte ſeidig glänzen, die Waſch⸗ kleider wie neue ausſehen. Auch Wollſachen(dunkle!) können auf dieſe Art geſäubert werden. Zum Fleckeentfſernen aus Wollſachen iſt die Kaſtanienbrühe ganz hervorragend, doch muß eine alte Bürſte benutzt werden. Man kann ſich etwas von der Brühe zu ſteter Verwendung auf eine Flaſche abziehen und hat ſtets ein Fleckenwaſſer zur Hand. De ſuuletioclie f f. Kalte Füſßſe beim Maſchinenähen. Wenn man in einem kalten Raum viel an der Nähmaſchine ſitzt und die Füße auf das Trittbrett ſtellt, wird man ſehr bald eiskalte Füße ver⸗ ſpüren. Dies kann man recht gut verhindern, wenn man ein Stück eines ausgedienten Teppichs auf dem Trittbrett be⸗ feſtigt. f. Ringe zu reinigen. Ringe, die mit Steinen oder Perlen beſetzt ſind, ſollen bei jeder ſchmutzigen Arbeit und beim Hände⸗ waſchen abgezogen werden, da ſie ſich leicht entfärben und fleckig werden. Um die Steine in Ringen zu reinigen, bürſtet man ſie mittels einer weichen, ſchmalen Bürſte mit ſchwachem Salmiakwaſſer aus und trocknet die Ringe dann in einem kleinen Karton mit Sägeſpänen. f. Mübel mit elaſtiſchen Füßen. Um die Beſchädigung der Fußböden durch das öftere Hin⸗ und Herſchieben der Stühle, wie überhaupt der Zimmermöbel, auf das kleinſte Maß zu be⸗ ſchränken, legt man unter jeden Fuß des Möbels ein Stück Kautſchuk. Man bohrt hierzu in den Möbelfuß ein Loch, in das der Kautſchuk derart eingekittet wird, daß er noch etwas über die untere Fläche des Fußes hervorſchaut. k. Naß gewordenes Pelzwerk. Naß gewordenes Pelzwerk darf man nicht am Ofen trocknen, weil dadurch das Leder hart wird und die Haare brechen. Bei Pelzbeſätzen an Mänteln uſw. ſtreicht man das Haar, wenn es naß geworden iſt, mit einer Bürſte glatt und läßt es vollſtändig trocknen. Am anderen Tage klopft man es mit einem Stock recht vorſichtig, kämmt das Haar erſt nach dem Strich, dann gegen den Strich, wodurch das Pelz⸗ werk ſein friſches, lockeres Ausſehen wieder erhält. Tais die Nuicſte. f. Apfelklöße. Ein Pfund Aepfel wird geſchält, in Würfel geſchnitten, und mit feingehackten ſüßen Mandeln, 50 Gramm Korinthen, 50 Gramm Zucker, geriebener Zitronenſchale und Salz vermiſcht, dann in: Pfund Mehl mit 2—3 Eiern und ſoviel Milch verarbeitet, bis der Teig ſich zu Klößen formen läßt. Man bäckt in Butter ab und ſerviert mit Zucker und Zimt. k. Pikante Leberklößchen.„ Pfund Butter wird ſchaumig gerührt, 4 Pfund Leber gewiegt und mit feingeriebener Zwiebel, dem Fleiſch einer Tomate, Muskat, Salz, Pfeffer und etwas Peterſilie(gehackt) dazugefügt. Beim ſtändigen Rühren kommt ein ganzes Ei, geriebene Semmel, etwas Mehl und ein wenig Sardellenpaſte dazu. Aus dieſer Maſſe formt man kleine Klößchen, die in Fett gebacken oder in Salzwaſſer ge⸗ kocht werden. k. Kakablikör. 1 Pfund guter Kakao wird mit 74 Liter Waſſer und 74 Pfund Zucker 20 Minuten lang gelinde, aber ſtetig verkocht. Der erkalteten dicken Flüſſigkeit ſetzt man nach Geſchmack Zuckerlöſung und guten Kognak zu. Ein Likör, den ſich jede Hausfrau bequem ſelbſt herſtellen kann. f. Eſterhazy⸗Roſtbraten. Speck, Sardellen. ewas Zitronen⸗ ſchale und Kapern werden zuſammen fein verwiegt und auf gut abgelagerte und geklopfte Roſtbratenſchnitzchen geſtrichen. dann rollt man ſie zuſammen und bindet ſie mit einem Faden feſt. Hierauf läßt man ſeingeſchnittene Zwiebeln in Schweine⸗ fett gelb röſten und gibt etwas zerkleinerte gelbe Rüben, Peter⸗ ſilienwurzel, Sellerie und eine Sardelle nebſt einem Lorbeer⸗ blatt, einigen Pfefferkörnern und etwas Piment dazu und legt die Fleiſchrollen darauf. Man läßt ſie braun dämpfen., wobei man öfters Suppe nachgießt. Iſt das Fleiſch fertig ge⸗ dünſtet, nimmt man es ſamt dem Lorbeerblan heraus, ſtaubt das Wurzelwerk mit etwas Mehl, kocht es mit Suppe, ſaurem Rahm und den Fleiſchrollen auf. 8 Copyricht by Martin e Helle(Saale) D E r 1 ei ch E g B 1 i n d e Ro 45 1 on 90 rt Aelbbes g I 2. Fortſetzung. Hermann Oldenberg ſah ihr lachend nach, und dann ſagte er: „Die hält zu dir durch dick und dünn; die beſtimmt.“ „Ja! Ich wäre ganz verlaſſen geweſen.“ „Verzeih', aber ich konnte es nicht wiſſen. Und dann, ich ſchämte mich wahrhaftig vor dir. Ich bin nur in der äußerſten Not jetzt zu dir gekommen. Ich hab' immer vor meinen Freunden nicht gern geklagt. Ich hab' alles allein hinuntergewürgt. Aber jetzt geht es um Kläre. Wenn nicht unſer ganzes bißchen Lebensglück zum Teufel gehen ſollte, dann mußte ich mich eben wieder um eine Stellung kümmern. Heute iſt es ſehr ſchwer, etwas zu finden. Als ich bei ungefähr dreißig Menſchen vorſtellig geworden war, hab' ich mich entſchloſſen, dich zu bitten.“ „Das einzig Vernünftige, was du tun konnteſt.“ Es klang froh und leicht. Und der Gutsherr ſchob ſeine Hand unter den Arm des Freundes. „Komm in den Park, er iſt im Frühling am ſchönſten. Mine mag uns das Frühſtück unter die große Eiche bringen.“ Die beiden Herren gingen hinunter. Unterwegs meinte Oldenberg: „Kläre wird dafür ſorgen, daß auch du dich bei uns wohlfühlſt, ſo oft du es nur willſt. Sie iſt das rechte Haus⸗ utütterchen.“ „Sei nicht zu freigebig mit deiner Gaſtfreundſchaft, Hermann— wie nun, wenn ich viel zu oft Gebrauch davon mache?“ „Es werden ſehr gemütliche Stunden werden. Ich kaun dir gar nicht ſagen, wie ſehr ich mich ſchon heute darauf freue“, ſagte Oldenberg. Hellauf zwitſcherten die Vögel. Ein Sonnentag! Ein wahrer Sonnentag für den, der mit ſehenden Augen in Gottes herrliche Natur blicken durfte. „Armer Freund!“ dachte Oldenberg. 1975 Aber er wußte, daß er dem Freund die größte Wohltat erwies, wenn er nicht auf deſſen Unglück anſpielte. Fein⸗ fühlig war er eben doch ſehr, der gute, allezeit fröhliche Oldenberg. Und nach und nach kam auch ein großes Freuen über ihn, daß er hier ſein und dem Freunde dienen durfte. Jawohl! Das glaubte er gern, daß man ſich hier nach Herzeusluſt die unſauberen Hände gewaſchen hatte! Aber das würde nun ein Ende nehmen. Mit einem Donner⸗ wetter wollte er hineinfahren, wenn er hier erſt ſeine Pflichten übernommen hatte. Eigentlich hätte er gleich hierbleiben können. Seine Sachen ſtanden daheim in den zwei großen Koffern, fertig gepackt. Die Mädels konnten ſie ihm ja ſchicken, und würden das ſehr gern tun, wenn ſie erſt wußten, daß er wieder eine Stelle gefunden hatte. Ein bißchen unterſtützen konnte er ſie ja nun auch wieder, denn bei freier Station brauchte er mit ſeiner Kläre auf keinen Fall monatlich ſechshundert Mark. Hundert konnten gut in das kleine Witwenhaus von Oldenberg abgegeben werden. Die kleine Rente der Mama und die Handarbeiten der Schweſtern, dazu die monatlichen Hundert aus Vayburg— man würde da ganz gut leben können. Freilich, Feſte und Bälle kamen nicht in Frage. Höchſtens vielleicht einmal ein Konzert oder ein Theaterbeſuch. Was tat es? Bei ihm mußte es ja auch gehen. Ihn hatte eigentlich nie jemand gefragt, ob er dies oder jenes möchte. Er war immer eine Art An⸗ geſtellter daheim geweſen, aus dem man eben herausholte, was herauszuholen geweſen war. Ja, alſo er wäre am liebſten hiergeblieben. Aber das ging doch wohl nicht gut. Ein bißchen Form mußte ſchließlich mit ſeinem Antritt gewahrt werden. Da klang Vayburgs tiefe Stimme in ſeine haſtenden Gedanken hinein: „Würde es Schwierigkeiten machen, wenn du gleich dabliebſt? Wenn du deine Stellung bereits aufgegeben haſt, ſo iſt es doch gleich? Oder wirſt du von deiner Braut erwartet? Oder erwartet dich deine Frau Mutter?“ „Nein, ſie erwarten mich nicht. Sie werden auch alle nur ſchwer an die Tatſache glauben lernen, daß ich ſo ſchnell etwas gefunden habe. Kläre überhaupt! Die tut nur immer ſo tapfer. Die hat längſt alle Hoffnung auf eine endliche Vereinigung aufgegeben. Aber nun ſoll ſie gleich ihren Brief haben. Und natür⸗ lich auch meine Mutter und Schweſtern. Heute abend ſchreibe ich. Aber jetzt könnten wir gleich mal in die Guts⸗ kanzlei gehen. Ich kann es nicht erwarten, hier aufzu⸗ räumen, lieber Ernſt.“ Der lachte über den Eifer des Freundes, aber er fühlte ſich ſeit langem wieder einmal froh und beinah glücklich. In der Gutskanzlei ſtarrte man ſie dann an wie zwei Geſpenſter. Das war eine Senſation, daß der gnädige Herr hierher kam. Und wer führte ihn denn da? Die breitſchultrige Geſtalt des Fremden, ſein energiſches Ge⸗ ſicht flößten Reſpekt ein, ehe er nur ein Wort geſagt hatte. Aber ex würde ja hier nichts zu ſagen haben. Es mochte ein vorübergehender Beſuch ſein, der hier ein bißchen ſchnüffeln wollte. Nun, der würde hinter nichts kommen. Da hätte ex hier ſchon längere Zeit Aufenthalt nehmen müſſen, wenn er hinter die Machenſchaften kommen wollte, die ein kluges Kleeblatt ſeit Jahr und Tag in Vayburg in Szene ſetzte. 5 Der Sekretär verbarg ſein nichtswürdiges, höhniſches Lächeln hinter dem großen Buche, das aufgeſchlagen vor ihm ſchräg auf dem Pulte lag. „Sie ſind der Gutsſekretär?“ Der kleine Mann ſchnellte in die Höhe. Jetzt war er ſchon etwas unſicher geworden. Die kurze, ſchneidige Stimme des Fremden war ihm in die Glieder ge Jahren. — Nachdruck verboten. „Ich teile Ihnen mit“, miſchte ſich der Gutsherr ein, „daß ich Ihre Dienſte von heute an nicht mehr benötige. Mein Freund Oldenberg wird von jetzt an Gut Vayburg verwalten. Er hat vollſtändige und abſolute Vollmacht in allem von heute an. Selbſtverſtändlich erhalten Sie eine entſprechende Entſchädigung, die Sie in zwei Stunden drüben in meinem Zimmer in Empfang nehmen können.“ Der Sekretär wurde totenblaß, was Hermann Olden⸗ berg ſehr befriedigt konſtatierte. „Ich muß aber doch— ich möchte doch wenigſtens— die Bücher noch in Ordnung bringen. Ich habe das ſtets getan— ich—“ „Laſſen Sie nur. Um das in Ordnung zu bringen, brauchten Sie Wochen. Möglich, daß Sie eine Kontrolle jetzt nicht befürchtet haben. Sie haben gehört, daß Herr von Vayburg Ihr Hierſein nicht mehr wünſcht.“ „Ja— aber—“ Die Tür ging auf. Ein kleinerer, jüngerer, unterſetzter Mann betrat das Zimmer. Sehr formlos, in halb zugeknöpfter Joppe, die Reitpeitſche in der Hand. Breitbeinig blieb er vor den beiden Herren ſtehen. Blitzſchnell ſtreifte ſein Blick den Sekretär. Aber Oldenbergs Augen machten eine Ver⸗ ſtändigung unmöglich. Inſpektor Hertel klatſchte mit der Reitpeitſche an die hohen Schaftſtiefeln. Gerade wollte er etwas ſagen, als ihn Oldenberg freundlich grüßte. „Ah, guten Tag, mein Herr. Ich nehme an, daß Sie der bisherige hochverdiente Inſpektor von Vayburg ſind. Tia, Sie ſind von heute an entlaſſen. Solches Benehmen dulde ich nämlich hier nicht.“ „Herr?“ „Herr Oldenberg! Mein beſter Freund, und von heute an gilt hier nur noch das, was er anordnet“, ſagte Vayburg. Der Mann brüllte heiſer auf. Zu unerwartet kam das. 1125 gerade jetzt, wo man noch ſo viel vorgehabt atte. Wo man endlich den Förſter, der ſich lange genug geſträubt, mit als Kumpan gewonnen. Der tückiſche Blick des Inſpektors traf Hermann Olden⸗ berg. Der brannte ſich, anſcheinend gleichgültig, eine Zigarette an, nachdem Ernſt von Vayburg abgelehnt hatte. „Da könnte jeder kommen!“ meinte der Inſpektor ſchließlich frech.„Ich habe Vertrag, und ich möchte meine Sachen geordnet abgeben!“ „Vertrag? Schön! Der iſt aber ſofort erloſchen, wenn Sie der Unredlichkeit überführt ſind, und das iſt bereits geſchehen. Sie und der Sekretär und wer ſonſt noch mit unter der ſchmutzigen Decke ſteckt, Sie ſollten froh ſein, daß es mit einer plötzlichen Entlaſſung abgetan iſt.“ „Ich brauche mir das nicht gefallen zu laſſen. Ich habe jederzeit meine Pflicht getan.“ „Wozu noch Worte? Sie gehen noch heute“, entſchied Ernſt von Vayburg. Ein Keuchen ſtieg aus der Bruſt des Mannes. Dann brachen die Worte aus ihm hervor: „Zu was brauchen Sie einen Aufpaſſer? Sie haben genug. Und für wen ſcharren Sie denn? Sie, der Krüppel? Sie haben keine Familie, alſo war nichts 11 wenn auch wir ein bißchen für uns ſorgten. 1 e „Sie verlaſſen augenblicklich das Zimmer! Noch heute ſcheren Sie ſich beide aus Schloß Vayburg hinaus, ſonſt ſehen wir uns veranlaßt, doch noch Anzeige gegen Sie zu erſtatten“, ſagte Oldenberg, und er legte den Arm um Vayburg. Der Inſpektor und der Sekretär gingen hinaus. Oldenberg ſchloß die Schränke und Pulte ſorgfältig ab. Dann verließ er mit Vayburg die Kanzlei. Der Schlüſſel dazu ruhte gleichfalls wohlverwahrt in ſeiner Taſche. Nicht ein Pfennig wird dir von jetzt an mehr ver⸗ untreut werden, nicht ein Pfennig!, dachte Oldenberg, und er drückte die Hand des Freundes. * 964** Hermann Oldenberg blieb da, und er begann ſofort, ſich in den neuen Pflichtenkreis einzuleben. Ein wahrer Feuereifer hatte ihn gepackt. Er war früh der erſte und abends der letzte. Daneben fand er noch Zeit genug, ſich dem Freunde einige Stunden zu widmen. Der ſagte: „Das hältſt du ja nicht aus. So war der Poſten doch auch nicht gemeint. Du ſollteſt doch nur die Oberaufſicht führen.“ „Es macht mir Spaß. Später kann man ja immer noch mal einen tüchtigen Inſpektor kommen laſſen. Vorläufig aber mache ich das alles allein.“ „Ja, da iſt wohl nichts zu machen“, ſagte Vayburg lächelnd. i nicht! Ich fühle mich wohl wie ſeit langem nicht. „Und wann iſt Hochzeit?“ „Ja, eigentlich wollte ich Pfingſten— aber ich kann ebenſogut bis Auguſt warten. Kläre iſt überglücklich, daß ich hier ſein darf. Sie näht und ſchneidert mit ihrer alten Tante und ſchreibt mir liebe Briefe.“ „Aber hole ſie dir ſobald als möglich. Ich will mich an eurem Glück freuen dürfen.“ Sinnend betrachtete Oldenberg den Freund. Dann ſagte er: „Du ſprichſt wie ein alter, müder Mann, der ſich nur noch an anderer Glück erfreuen darf. Dabei biſt du für Liebe und Glück geſchaffen.“ 0 „Sprich nicht davon. Heute eine Ehe zu ſchließen, wäre Unnatur. Ich gebe es zu: Es haben ſich viele Menſchen die in der gleichen Lage wie ich ſind, verheiratet. Und ſie ſind vielleicht auch ſehr glücklich geworden. Aber es kommt doch immer auf den Betreffenden ſelbſt an bei ſolch einem Schritt. Ich würde in der ewigen Furcht leben, daß meine Frau mich als Laſt empfindet, daß ſie mich nur zur Ver⸗ ſorgung nahm. Das ertrüge ich aber nicht, dieſes Bewußt⸗ ſein, und deshalb iſt es viel beſſer, wenn ich allein bleibe. Du mußt mich richtig verſtehen, Hermann. Ich habe die Liebe immer ganz beſonders hoch geſtellt im Leben eines Menſchen. Und da käme ich unter den heutigen Umſtänden beſtimmt nicht auf meine Koſten, weil ich eben zu hohe Ideale noch heute habe. Schweigen wir lieber davon.“ Hermann Oldenberg dachte nach. Wenn Kläre erſt hier war, würde es ſehr gemütlich ſein. Ob aber Vayburg ſich dann nicht dann und wann würde zurückgeſetzt fühlen müſſen? Ein unhaltbarer Zu⸗ ſtand blieb es eben doch. Vayburg war viel zu jung, um ſo weiter vegetieren zu können. Denn es war wirklich nur ein reſigniertes Dahinvegetieren; er, Oldenberg, war in dieſen Tagen, die er nun hier war, zu dieſer Ueber⸗ zeugung gekommen. Was aber ſollte hier geſchehen? waren ernſt zu nehmen. Er ſprach überhaupt nie ein Wort, was irgendwie nicht einen ganz beſtimmten Sinn und Zweck gehabt hätte. Roſe und Ilſe! Seine, Oldenbergs Schweſtern! Die nun daheim im Witwenhäuschen neben der alten, verhärmten, ſtets klagenden Mutter verblühten! Wenn eine von ihnen— Pfui! War er ein elender Berechner? Wollte er denn am Ende ſeine ganze Familie auf Koſten Ernſt Vayburgs ver⸗ ſorgen? i Wieder grübelte Oldenberg. Wahrhaftig, er hatte ſich ſelbſt unrecht getan! Er hatte ja gar nicht an irgendwelche Vorteile gedacht. Ihm war es nur darum zu tun geweſen, daß der Freund nicht allein ſein mußte, wenn er ſelbſt, Oldenberg, mit ſeiner Kläre glücklich war. Nur das war es geweſen. Nichts weiter! Roſe! Sie war in letzter Zeit recht launenhaft, altjungferlich geworden. Sie trug es ihm am meiſten nach, daß er ſich mit einem völlig mittelloſen Mädel verlobt hatte und ihr nun ſtrikt die Treue hielt. Denn auf einer eventuellen reichen Heirat ſeinerſeits hatte ſie noch immer die Hoff⸗ nung auf eigene glänzende Verſorgung aufgebaut. Sie vergab ihm nun dieſe Enttäuſchung nicht, und ſie hatte es ſich ſogar Kläre gegenüber deutlich genug merken laſſen, daß ſie ſich ihre Schwägerin anders vorgeſtellt hatte. Kläre hatte das ruhig lächelnd eingeſteckt. Ihr hatte man im Leben ſchon ſo oft weh getan, daß ſie auch das verſchmerzen konnte. Die Mama war ſehr freundlich geweſen, weil ihr das liebe, beſcheidene Mädel gefiel. Und— weil ſie vielleicht in der letzten Zeit darüber nachgedacht haben mochte, daß erzogen worden waren. Vielleicht hätten die Verehrer der Mädels auch nicht das Weite geſucht, wenn ſie nur gewußt hätten, wie ſie ohne Mitgift den Toilettenaufwand ihrer Frauen beſtreiten ſollten. Ilſe war auch nicht abſtoßend geweſen, wenn ſich auch in ihr vielleicht etwas wie Neid geregt hatte bei dem Gedanken, daß Kläre glücklich ſein würde. Ilſe? Nein, ſie kam auch nicht für Ernſt von Vayburg in Frage, wenn es auch ein rieſengroßes Glück für ſie wäre. Hier galt allein des Freundes Glück. Und da ſchied Ilſe aus. Genau ſo gut wie Roſe. Aber aus dem einmal gehabten Gedankengang heraus ſagte er: „Haſt du noch nie daran gedacht, dir eine Vorleſerin zu engagieren? Irgendein Geſchöpf, das nicht auf Ver⸗ gnügen erpicht iſt, ſondern glücklich wäre, in Vayburg einen ſtillen Hafen gefunden zu haben? Es gibt doch ſolch beſcheidene Weſen genug? Und du hätteſt immer jemand am Tage um dich, wenn ich draußen auf den Feldern ſein muß.“ Es war gewiß nur ein Vorſchlag, der Hermann Olden⸗ berg aus gutem, aufrichtigem Herzen kam; aber der Blinde, mit beſonderem Feingefühl behaftet, ſah darin doch nur die Sorge, ihn nicht ganz ins Gartenhaus zu ziehen, wenn erſt Kläre da war. Er verſtand das auch vollſtändig. Ein junges Ehepaar war ſich ſelbſt vollſtändig genug. Nun, man konnte den Vorſchlag ja ernſtlich in Erwägung ziehen. „Du haſt vielleicht damit eine ſehr gute Idee, Hermann. Ich bin tatſächlich nicht abgeneigt und wundere mich ſelbſt, daß ich bisher nicht auf dieſen einfachen Gedanken ge⸗ kommen bin. Da würde mir die Zeit doch noch beſſer ver⸗ gehen. Wir wollen doch gleich ein ſolches Inſerat auf⸗ geben“, ſagte Vayburg haſtig. „Gewiß! Und wenn es dir nicht gefällt, dann kaunſt du es ja doch jederzeit ändern. Ich denke aber, daß du dich ſehr wohl dabei fühlen wirſt.“ „Probieren wir es alſo. Aber meine Plauderſtunde am Abend mit dir, die möchte ich trotzdem nicht miſſen.“ „Beſtimmt nicht! Daran wird ſogar Kläre nichts ändern. Sie weiß es auch ſchon und hat mir verſichett, daß ſie niemals dazwiſchen treten wird. Wir ſeien dir alle ſo viel Dank ſchuldig, daß ſie ganz andere Opfer bringen möchte, um dir den Dank wenigſtens etwas abzutragen.“ „Sprecht nicht von Dank. Ich bin der Nehmende, nut ich. Ich war ſo lange einſam, und nun werde ich liebe Menſchen um mich haben.“ b Fortſetzung folgt) Vayburgs Worte e namen„Frauenwürger von führt, hat ſich jetzt vor Gericht zu verantwor⸗ ten. Die Anklageſchrift, die rund 1000 Seiten Menſch, deſſen Blick bereits verrät. Der Vorſitzende des Schwurgerichts ließ ihn zunächſt ſeine Perſonalien angeben. Unterweltvereins. ſchwere Schießerei, die drei Schwerverletzte for— derte. In dem Lokal der amt Mannheim zählte am der Frauenwürger Leitgöb. Sonfgtionsprozeß gegen einen ſiebenfachen Senſationsprozeß 19 100 ſiebenf Linz(Donau), 22. November. Im Februar d. J. wurde die Gattin des Bauverwalters Jank, eine 58jährige Frau, in ihrer Villa in Linz mit einem Knebel im Mund tot aufgefunden. Es gelang nach kur⸗ zer Friſt einen gewiſſen Franz Leitgöb als den Mörder feſtzuſtellen, der auch geſtand. In die⸗ ſem Fall überführt, geſtand Leitgöb auch die im Jahre 1922 im Walde erwürgt aufgefun⸗ dene 35jährige Linzerin ermordet und ihrer Habſeligleiten beraubt zu haben. Und dann jam ein Geſtändnis nach dem andern. Sein erſtes Opfer im Jahre 1912 war eine 47⸗ jährige Frau, die mit einem Strick um den Hals tot aufgefunden worden war. Vier Jahre ö ſpäter war die Frau eines ihm bekannten Land⸗ ſturmmannes in ihrem Schlafzimmer Rauch erſtickt worden. 65 ſpäter wurde Leitgöbs Großmutter mit einem durch Wieder vier Jahre Hoſenträger erwürgt tot aufgefunden. Kaum ein halbes Jahr darauf verbrannte in einer Holzbaracke eine 36jährige Frau. ö Verbrechen geſtand der Raubmörder ein. Alle dieſe Der Raubmörder Leitgöb, der den Bei⸗ Oberöſterreich“ umfaßt und etwa 30 Pfund wiegt, wirft dem Angeklagten ſieben Mordtaten, begangen an Frauen mittleren Alters, vor. Zur Verhandlung hatte ſich viel Publikum aus Linz und Umgebung eingefunden. Nach der Ausloſung der Geſchworenen wurde Leit⸗ göb aufgerufen. Er iſt ein vierſchrötiger die Brutalität Leitgöb bekannte ſich auf die Frage des Vorſitzenden für ſchuldig, aber nicht wegen Raubes. Er ſei kein Dieb und kein Räuber. Er habe ſeine Taten in Bewußtloſigkeit began— gen. Ob er die Frauen erwürgt oder erdroſ— beit habe, wiſſe er nicht. Er beſtreitet auch iLebhaft aus Haß gehandelt zu haben. — 8 5 J 7 Schießerei bei„Immertreu“. Drei Schwerverletzte. Berlin, 22. November. In den Morgenſtunden des Montag ent⸗ ſtand zwiſchen Mitgliedern des berüchtigten „Immertreu“ eine „Immertreu“-Leute im Zenkrum der Stadt kam es gegen 3 Uhr morgens zwiſchen einem ausgeſchloſſenen Ver⸗ einsmitglied und ſeinen ehemaligen Kameraden zu Auseinanderſetzungen. Als ſich dieſer be⸗ droht fühlte, ſchoß er ſeine Piſtole leer und flüchtete. Der Führer des„Immerttreu“-Vereins, Szy⸗ 159 0. mano und ein Mitglied namens Leib erhielten ;; 8 1 a 1 LB;llebens gefährliche T 5 ihre eigenen Töchter eben früher nur zu Luxusgeſchöpfen weiteres Mitglied am Oberſchenkel verl wurde. Der Revolverſchütze, ein 35jähriger Erich Pukall ſtellte ſich darauf der Polizei und Bauchſchüſſe, während ein verletzt gab an, in Notwehr gehandelt zu haben. * Schlägerei mit politiſchem Hintergrund. Gelſenkirchen, 22. November. Wie die Polizei berichtet, gerieten ſechs junge Leute, die von einer nationalſozialiſtiſchen Feier zurückkehrten, mit mehreren, nicht zum beſten beleumundeten Perſonen in einen Wort⸗ wechſel. Es kam zu einer Schlägerei, bei der Meſſer und Zaunlatten benutzt wurden. Faſt alle Beteiligten wurden mehr oder minder ſchwer verletzt. Drei Männer mußten ins Kran⸗ kenhaus überführt werden. Sie hatten ſchwere Verletzungen am Kopf und Unterleib erlitten. Alsbald nachher entfernte ſich jedoch der offenbar ſehr kampferprobte Burſche aus dem Krankenhaus. Ein anderer, der zunächſt beſin⸗ nungslos darniederlag, erklärte bei ſeinem Er⸗ wachen, trotz ſeiner erheblichen Verletzung, daß ihn leine 10 Pferde im Krankenhaus hielten, und auch er zog von dannen. Aus Vaden. Mannheim, 22. Nov.(Zunahme der Arbeitsloſenziffe r.) Das Arbeits⸗ 15. November 1932 insgeſamt 42 863 verfügbare Arbeit, ſuchende, davon 34 290 Männer und 8573 Frauen Die Zunahme gegenüber dem letz⸗ ſen Stichtag(31 10. 32) beträgt 1328. Von den Arbeitſuchenden entfallen auf die Stadt Mannheim 26 801 Männer und 7344 Frau- en, auf die Landgemeinden 7489 Männer und 1229 Frauen. Freiburg i. Br. 22. Nov.(Der Fal! Hummei noch immer in der Vor⸗ unterſuchung.) die Vorunterſuchung gegen den Schwindler Karl Ignaz Humme iſt noch nicht abgeſchloſſen. Sie wird jedock mit großer Beſchleunigung durchgeführt, Was ſchon aus der Tatſache hervorgeht. daß Oberſtaatsanwalt Dr Fitzer den Hummel in der vergangenen Woche an fünf Tagen ſe⸗ wels mehrere Stunden lang eingehend ner⸗ hört hat. Es iſt jedoch ſetzt mit dem Ab: ſchluß der Vorunterſuchung innerhalb der nächſten Wochen zu rechnen, Mannheim, 22. Nov.(Mißglückter Ueberfall.) Ein Wachmann der Wach⸗ und Schließgeſellſchaft hörte in der Nähe der La⸗ gerhallen der Bayeriſchen Transportgeſellſchaft Hilferufe. Ein Mann hatte einer Dame die Handtaſche entriſſen und flüchtete dann der Rheinbrücke zu. Es gelang der durch den Wäch⸗ ter alarmierten Schutzmannſchaft, mittels Fahr⸗ rad den Täter einzuholen und feſtzunehmen. Mannheim, 22. Nov.(Vorſicht mit Spiritus.) Im Bahnhof Mannheim⸗ Waldhof iſt dem Aushilfsweichenſteller Do⸗ nefleh von der Bahnmeiſterei Mannheim⸗Nek⸗ karſtadt die Spiritusflamme explodiert. Done⸗ fleh wurde ſchwer verbrannt. Nach Anlegung von Notverbänden wurde er nach dem Städ⸗ tiſchen Krankenhaus Mannheim übergeführt. Mannheim, 22. Nov.(Verhafteter Fahrraddieb.) Im Waldhof wurde ein Hilfsarbeiter feſtgenommen und ins Bezirks⸗ gefängnis eingeliefert, der vor mehreren Ta⸗ gen im Käfertalerwald ein Fahrrad entwen⸗ det hatte. Bei der Durchſuchung der Woh⸗ nung des Täters wurden zwei Herrenfahrräder Erwerb der Täter keinen Nachweis erbringen konnte. Heidelberg, 22. Nov.(Ungeklärter Totſchlag.) Vor dem Jugendſchöffenge⸗ richt hatte ſich ein 17jähriger Dreherlehrling aus Eppelheim wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tod zu verantworten. Am 24. Januar wurde der 30 jährige Eiſenbahnſchloſſer Joſeph Wiegand aus Eppelheim vor der Wirt⸗ ſchaft vom katholiſchen Gemeindehaus bewußt⸗ los aufgefunden und dieſer ſtarb am nächſten Tage in der Klinik, ohne das Bewußtſein wie⸗ dererlangt zu haben. Die Erhebungen erga— ben, daß er einige Zeit vor Auffindung in der Wirtſchaft mit zwei Brüdern einen Wort⸗ wechſel hatte. Die beiden gerieten in den Ver⸗ dacht, Wiegand überfallen und mißhandelt zu haben und wurden vorübergehend in Unter⸗ ſuchungshaft genommen. Der Dreherlehrling wurde jetzt freigeſprochen. Kirrlach b. Schwetzingen, 22. Nov.(Für 1000 Mark Wäſche geſtohlen.) Unbe⸗ kannte Wäſchediebe haben in einer der letzten Nächte in Kirrlach einen großen Raubzug ge⸗ macht. Von 26 Plätzen wurde die zum Trock⸗ nen aufgehängte Wäſche im Werte von ins⸗ geſamt über 1000 Mark geſtohlen. Der be⸗ kannte badiſche Polizeihund„Basko“ der Po⸗ lizeiſchule in Karlsruhe hat eine Spur der Diebe ein großes Stück verfolgt. Mosbach, 22. Nov.(Sittlichkeits“ verbrecher vor Gericht.) Die Große Strafkammer des Landgerichts Mosbach hatte ſich mit zwei Sittlichkeitsverbrechen zu beſchäf⸗ tigen. Im erſten Fall hatte ein vorbeſtrafter Landſtreicher Ludwig Zeh am 15. Oktober auf der Gemarkung Neunſtetten verſucht, eine 12jährige Volksſchülerin zu vergewaltigen. Der rechtzeitig herbeieilende Vater des Mädchens konnte den Zeh feſtnehmen. Das Arteil lau⸗ tete wegen Notzuchtverſuches auf fünf Jahre Zuchthaus. Im zweiten Fall hatte der auf der Wanderſchaft befindliche aus Ludwigshafen ſtammende Küfer Jakob Siegel, geboren am 24. 4. 05, auf dem Wege Waldhauſen—Einbach ein 21jähriges Mädchen angefallen. Er erhielt zwei Jahre Zuchthaus. Karlsruhe, 22. Nov.(maubüberf äl le.; Der Polizei wurden zwei Raubüberfälle gemel⸗ det. Im erſten Falle wurde einer Frau in der Maxauerſtraße von einem Unbekannten die Handtaſche entriſſen.— Ferner wurde im Haardtwald beim Parkring ein auf dem Heimweg befindliches Ehepaar von drei ver⸗ mummten Radfahrern angehalten und mit vor⸗ gehaltener Schußwaffe nach Geld durchſucht. Die Räuber nahmen einen Geldbeutel, in dem ſich 2 Mark befanden, an ſich und verſchwan⸗ den. Der Gattenmord in Nieder⸗Liebersbach. Darmſtadt, 22. Nov. Die Verhandlung ge⸗ gen die 31jährige Frau Georgine Jöſt aus Nieder⸗Liebersbach brachte die Vernehmung der Zeugen, insbeſondere der Leumundszeugen. Sehr intereſſant waren die Mitteilungen des Beſitzer des Häuschens, der etwa drei Minu⸗ ten entfernt wohnt. Er bekundet u. a., daß der Ehemann Jöſt, wenn er ſeine Anfälle gehabt habe, den Leuten mit der Senſe nach⸗ geſtellt habe. Die Schweſter der Angeklagten und der Schwager der Frau verweigern die Ausſage. Ein Lehrer, der etwa ein halbes Jahr auf der Kühruh in dem Häuschen gewohnt hat, bezeichnet die Frau als fleißig. Sie habe gearbeitet und für die Familie ge— ſorgt. Schon vor der Erkrankung ſei der Mann geiſtig und körperlich ſchwach geweſen. Die Frau habe öfters an Krampfanfällen ge⸗ litten. Weitere Zeugen bezeichnen die Frau überall da wo ſie in Stellung war als ordent⸗ lich und fleißig. Tabakpreiſe. Lampertheim, 22. Nov. Die Tabakernte von Hüttenfeld iſt jetzt beendet. Der Ertrag bleibt gegen das Vorfahr von etwa 800 Zentner Hauptgut in dieſem Jahre mit etwa 500 Zent⸗ ner weit zurück. Dagegen iſt die Qualität beſſer geworden, haben ſich doch die Tabak⸗ bauvereine um den Anbau von Qualitätsta⸗ bak ſehr bemüht. Dies kommt in den Prei⸗ ſen zum Ausdruck. Während für Lampert⸗ heimer Tabak nur 62,50 Mark pro Zentner erlöſt wurde, erreichte der Hüttenfelder Tabak einen Preis von 73 Mark pro Zentner. 5 0 1 gleiten. und ein Damenfahrrad gefunden, über deren Aus der Heimat. Gedenktage. 22. November. 1767 Andreas Hofer in St. Leonhard gebo— ren. 1859 Die Schriftſtellerin Helene Böhlau(Al Raſchid Bey) in Weimar geboren. Prot.: Alfons. Kath.: Cäcilia. Sonnenaufg. 7.28 Sonnenunterg. 16.03 Mondunterg. 13.26 Mondaufg.— 1. 51. Cäcilia. Zum Tag der Hausmuſik. Viele Maler haben die heilige Cäcilie, deren Gedächtnis die Kirche am 22. November be⸗ geht, dargeſtellt, am ſchönſten wohl Raffael ſelbſt, der die Heilige in Verzückung ſchildert, wie ſie den Himmel offenſieht, während ihre Finger von den Taſten der kleinen Orgel Das bekannteſte Cäcilienbild in Deutſchland dürfte das von Carlo Dolci ſein, das in der Dresdener Galerie hängt. Dieſer Maler zeigt uns die Heilige vor der Orgel ſitzend und ſpielend. Er hat Lilien dazu ge⸗ malt, die Symbole der Jungfräulichkeit. Was wir Tatſächliches von dieſer anmutigen Frauen⸗ geſtalt wiſſen, geht wenig über das hinaus, was uns die Bilder ſagen. Der heiligen Cä⸗ cilia, die 230 den Märtyrertod erlitt, wird die Erfindung der Orgel zugeſchrieben. Ihre Gebeine birgt die Cäcilienkirche in Rom. Seit Jahrhunderten iſt die heilige Cäcilie die Schirmherrin der Muſik, beſonders der Kir⸗ chenmuſik. Vor einigen Tagen wurde berichtet, daß der 22. November bei uns als Tag der Haus⸗ muſik begangen werden wird. In zahlreichen Veranſtaltungen und muſikaliſchen Darbietun⸗ gen, beſonders auch durch den Rundfunk, ſoll auf den kulturellen Wert der guten Haus— muſik hingewieſen werden. Nun iſt ja in Deutſchland von jeher die Pflege einer Haus⸗ muſik immer ein Beſtandteil ſchöngeiſtiger Häuslichkeit geweſen; nirgends auf der Welt gibt es wohl ſo viel Geſangvereine und Sän⸗ gerrunden, ſoviele private Muſikzirkel, ſoviele muſilbefliſſene Dilettanten als gerade bei uns und es iſt ein weſentlicher Teil des deutſchen Gemütes, der ſich zu dem ſchönen Reich der Töne hingezogen fühlt. Gerade in der gegen⸗ wärtigen Notzeit ſehnen wir uns nach Ent⸗ ſpannung und Ablenkung, nach edelſter An⸗ terhaltung, die uns nur die Kunſt zu geben vermag. Die Muſik iſt eine der großen Trö⸗ ſterinnen in ſchlimmen Gegenwartstagen, ihre Welt der Klänge öffnet ſich jedem, der nach ihr verlangt. *. * Der verbilligte Friſchfleiſchbezug für die hilfsbedürftige Bevölkerung vom 1. bis 31. Dezember. Der zweite Bezugsſchein für die Durchführung der Winterhilfsmaßnahme zur Verbilligung von Friſchfleiſch für die hilfsbe⸗ dürftige Bevölkerung, der die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 1932 umfaßt, wird in den nächſten Tagen an die für die Verausgabung des erſten Bezugsſcheines angegebenen Stellen geſandt werden. Die Verteilung erfolgt nach denſelben Zahlen wie die Verteilung des erſten Bezugsſcheins unter Berückſichtigung der Nach— forderungen. Die beiden Abſchnitte des Be— zugsſcheins haben eine Gültigkeitsdauer vom 1. bis 31. Dezember 1932. n Keine Rundfunk⸗Ermäßigung. Eine Er⸗ mäßigung der Rundfunkgebühren iſt, wie von zuſtändiger Seite erklärt wird, in abſehbarer Zeit nicht zu erwarten. Es wird darauf hinge⸗ wieſen, daß die in weitem Umfange für Er⸗ werbsloſe gewährte Gebührenbefreiung ſich da⸗ hin auswirke, daß die durchſchnittliche Gebüh⸗ reneinnahme ſich auf 1.80 Mark monatlich geſenkt habe. * Wetterbericht. Wettervorherſage: Vielfach bedeckt, zuitweiſe Niederſchläge, ziemlich milde. Sportnaſhrichten. Nülkſchau auf den§onntag. Jußball. Verbandsſpiele in Süddeutſchland. Obwohl der dritte Novemberſonntag nur 23 Verbandsſpiele der Bezirksliga auf dem Programm ſah, brachte er doch mehr Ueber raſchungen, als ſonſt bei einer vollſtändigen Beſetzung üblich waren. Von den insgeſamt 23 Spielen endeten nicht weniger als 11, das ſind 50 Prozent, unentſchieden. So verlor der 1 Fc. Nürnberg in ſeinem Lokaltreffen gegen den Neuling Germania mit 1:1 ſeinen erſten Punkt. Da aber auch die Sp.⸗Vgg. Fürth egen den VfR. Fürth nur unentſchieden ſpie⸗ 5 konnte, iſt die Meiſterſchaft des Club nicht gefährdet. In Südbayern kam der Meiſter nach torloſem Kampf gegen Teutonia gleichfalls nur zu einem Punkt, während der Tabellen: zweite gar von Wacker geſchlagen wurde. Da die beiden Ulmer Vereine auch nur unent⸗ ſchieden ſpielten, hat ſich auch hier nichts ge⸗ ändert. Das wichtigſte Spiel der Gruppe Würt⸗ temberg, der große Stuttgarter Lokal⸗ kampf. endete aleichfafls mit einer Punkte⸗ ſicher hat. teilung, ſo daß Bocingen und Pforzheim noch näher an die Stuttgarter Vereine herankamen. In der Gruppe Baden gab es ein einzi⸗ ges Treffen, das der KV. in Schramberg gewann, wodurch die Karlsruher bereits jetzt wieder die Gewißheit an der Teilnahme an den Endſpielen haben. Obwohl Waldhof bei Phönix Ludwigshafen ſeine zweite Niederlage hinnehmen mußte, iſt auch dem Rheinmeiſter die Teilnahme an den Endkämpfen ſo gut wie ſicher, da Viernheim und Neckarau ihre ſämtlichen ausſtehenden Spiele gewinnen müßten, um noch die Chance eines Entſcheidungskampfes mit Waldhof zu haben, ran Waldhof in den drei letzten Be⸗ gegnungen ohne Punkt bliebe. Von den Favoriten der Gruppe Saar konnte nur der FK. Pirmaſens zu einem Sieg kommen, während Kaiſerslautern und Sport⸗ freunde Saarbrücken geſchlagen wurden. Dem Meiſter fehlen nur noch zwei Punkte, damit er ſeine Teilnahme an den Endſpielen wiederum Dicht vor dieſem Ziel iſt auch Mainz, das ebenfalls nur noch zwei Punkte benötigt, um jetzt ſchon zu den Endrunden⸗ teilnehmern gezählt werden zu können. Auch im übrigen Reich iſt man größten⸗ teils noch mitten in den Verbandsſpielen, ſo daß nur teilweiſe bereits eine Klärung der vor⸗ ausſichtlichen Endkandidaten für die Endkämpfe um die Meiſtertitel der einzelnen Verbände ein⸗ getreten iſt. Im Weſten gaſtierte Eintracht Frankfurt in Münſter und kam zu einem 2:0 Sieg über die dortigen Preußen. In Köln war der ſchwediſche Meiſter AJ K. Stock⸗ holm bei einer Kombination von Köln 89 und dem Mühlheimer SV. zu Gaſt. Die Schweden, die als letzter Trainingspartner für Oeſterreichs Nationalmannſchaft vor dem England⸗Spiel verpflichtet wurden, überzeug⸗ ten durch große Leiſtungen und ſiegten 7:8. Schwimmen. Hollands 400 Meter-Weltrekordlerin im Bruſtſchwimmen, Fräulein J. Kajſtein, be⸗ ſitzt auch die Weltrekordleiſtungsmarke über 500 Meter mit der ausgezeichneten Zeit von 8:12,0 Minuten(alter Rekord: Wolſtenholme⸗ England 8:23,83 Minuten; deutſcher Rekord: Wunder, 8:32 Minuten). Wiſſen Sie das? Der Name Berlin iſt nicht auf Bär, ſondern auf Wehr(damm) zurückzuführen; erſt durch die Aehnlichkeit des Wortlauts kam der Bär in das Berliner Wappen. Im Gegenſatz zu unſerer Sitte bedeutet bei den Türken das Kopfſchütteln„Ja“, das Kopfnicken„Nein“, während die bei uns be⸗ kannte Geſte„Komm her“ dort„Gehweg“ bedeutet. Schweres Amounglütk. Elf Tote. Rom, 22. November. Bei Furbara wurde ein Laſtkraftwagen, auf dem ſich 52 junge Faſchiſten befanden, die von einem Beſuch der Ausſtellung über die faſchiſtiſche Revolytion aus Tarquinia zurück⸗ kehrten, bei einer Bahnüberquerung vom Zuge erfaßt. Elf Perſonen wurden getötet und alle anderen, davon einige ſchwer, verletzt. Wie weiter gemeldet wird, iſt der Autobus von dem Schnellzug Rom— Mailand erfaßt und mitgeriſſen worden. Der Autobus iſt voll⸗ ſtändig zertrümmert worden. Die Urſache des Unglücks iſt darin zu ſuchen, daß der Fahrer wegen Sturmregens ſchlechte Sicht gehabt hat. Märkte und Vörſen. Vom 21. November. (Ohne Gewähr) Frankfurter Produktenbörſe. Amtlich notierten: Weizen 21,10 bis 24,25; Roggen 16,50; Sommergerſte für Brauzwecke 18 bis 18,75; Hafer 13,85 bis 14,25; Weizen⸗ mehl, ſüdd. Spezial Null, 29,50 bis 30,507 niederrheiniſch 29,50 bis 30; Roggenmehl 23,75 bis 24,75; Weizenkleie 8,10 bis 8,25; Noggenkleie 8,50; Sofſaſchrot 11 bis 11,25; Palmkuchen 8,75; Erdnußkuchen 12,50 bis 12,75; Heu, ſüdd. 4,60 bis 4,80; Weizen⸗ und Roggenſtroh, drahtgepr. gebündelt 2,25 bis 2,50; Treber getr. 10,75; alles per 100 Kilo; Tepe: ruhig. Mannheime Produktenbörſe. Es notierten per 100 Kilo in Rm., wag⸗ gonfrei Mannheim: Inlandsweizen 21,5 ois 21,75, Inlands-Sommergerſte 19 bis 20, Fut⸗ tergerſte 17,75 bis 18, La⸗Plata⸗Mais mit Sack 17,75, ſüdd. Weizenmehl, Spezial Null mit Austauſchweizen 30 bis 30,25, ſüdd. Wei⸗ zenauszugsmehl 33 bis 33,25, ſüdd. Weizen⸗ brotmehl 22 bis 22.25, Roggenmehl(60— 70. prozentige Ausmohlung) je nach Fabrikat, 22,75 li; 27,25, ſeine W izenkleie 8 Beertreber 10,75 bis 11, Erdnußkuchen 12.25. a Mannheimer Großviehmar't. Zufuhr und Preiſe: 210 Ochſen, 24 bis 32; 177 Bullen, 18 bis 25; 246 Kühe, 10 bis 24; 314 Färſen, 24 bis 33; 688 Kälber, 24 bis 40; 37 Schafe, 17 bis 25; 2675 Schweine, 34 bis 43 Rm. Marktverlauf: Großvieh ruhig, kleiner Ueberſtand; Kälber ruhig, langſam ge⸗ räumt; Schweine ruhig, kleiner Ueberſtand.