Abf ſcht rift. In der Privatklageſache des Fabrikanten Miehael hock XV in Viernheim, vertreten durch Rechtsanwalt Löſch in Lampertheim, Privatkläger u. Widerbeklagter, gegen den Kaufmann und Gemeinderat FTItz Bender in Viernheim, Schillerſtraße 7, Beſchuldigter und Widerkläger, ſchließen die Parteien vor der Sühnebehörde folgenden Vergleich: Herr Bender erklärt, dass er selbst ſed⸗ weden Gerüchten bezüglich der Buch und Rassenverhältnisse und bezüglich der Person des ersten Vorsitzenden der Amieitia als den Tatsachen nicht ent⸗ sprechend entgegentritt, und dass er in keiner Weise duldet, dass solche un⸗ richtigen Feststellungen mit der Person des ersten Vorsitzenden in Verbindung gebracht werden. herr Hoock erklärt, dass ihm ſede Ab- sicht der Beleidigung des Herrn Bender ferngelegen hat. P. P. Der Beſchuldigte und Der Privatkläger: Widerkläger: gez. M. Hoock ls. gez. Fr. Bender. gez. Lösch, Rechtsanwalt. Zur Beglaubigung: Hess. Bürgermeisterei Ulernheim gez.: Lamberth. Für die Abſchrift: Lösch, Rechtsanwalt. Els Tannhäuſer Margen Sonntag abend ab 7 Uhr grober Tanz Angenehmer, warmer Tanzaufenthalt N Getränke nach Belieben! Es ladet freundl. ein: Hans Haas, Tanzlehrer. Kapelle Lenz, grün- rot N. B. Zu meinem Schülerkurſus ſind noch einige Damen erwünſcht. D. O. 7 frägt nur Iſlahurbeit. Ermaßigte Preise! Neelle Bedienung l Dalentin Bredite] 3. Se hneidermeis ler Dampertheimerstraße 5. bei Althaus beſitzer Morgen Sonntag nachm. um 3 Uhr im Saale zum„Kaiſerhof“ wichtige verſammlung. Ein auswärtiger Redner ſpricht über das Thema: 2 Sondergebändeſteuer. 2 Es ladet ein Der Vorſtand. Kein Trinkzwang. sss ON Fünfzigjährige Die 1897 aus der Schule Ent⸗ laſſenen halten am Sonntag, den 4. Dezember, nachm.%½4 Uhr, im Gaſthaus zum„Schwarzen Peter“ bei Altersgenoſſe Wedel eine Verſammlung ab, wozu alle Genoſſinnen und Genoſſen herzlichſt eingeladen find. Auch die Altersgenoſſinnen und Genoſſen, die nicht hier geboren ſind und die Feier am 2. Weihnachtsfeiertag mitmachen wollen, ſind ebenfalls herz⸗ lichſt eingeladen. Extra ⸗Einladungen ergehen nicht. Der Ausſchußß n FEE Gasthaus „lum Wallisch“ . PEPE Sonntag abend 8 Uhr HoMZERI Es ladet freundl. ein Adam Kirchner. FFC 2855335353595 9 89989 Nirgends, jn Reiner Stadt solche orm feinste HNusuah in Herren. Damen., Hlinderschirmen usu. sſels die Hiſſigsten Preise und J0O0ꝙ Feaball. Deu daufgenommen: Neiæ. Damen-, Hinder- Handiaſchienu Hals hoffen uso. Zurücklegung auf lun sch. GScliirm- Gdimidi Mannſieim, O J, I gegr. I86s. Twelgslellenleiter ſucht gut eingeführter Verband zur Ueber⸗ nahme einer Zweig⸗ ſtelle. Dauerexiſtenz. Erforderlich 100 Mk. Schutz⸗Verband der Gewerbetreibenden Deutſchlands e. V. Sitz Berlin⸗Charlot⸗ tenburg 2, Uhland⸗ ſtraße 189. Arbelt und Verdienst finden Sie durch Anfertigung von Fullovern, Strümpf. u. sonsſigen Strick- Waren auf meinen Die Winterarbeit gehört der Möbelherstellung. Für die Neuanfertigung muß also Platz geschaffen werden. 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Mit erſtaunlichen Helferwillen hat die Be⸗ völkerung Viernheims trotz aller Notlage der Sammlung der Viernheimer Notgemeinſchaft einen ſchönen Erfolg geſichert. Reiche Spenden an Kleidungsſtücken und Naturalien find der Winterhilfe zugefloſſen u. werden in den nächſten Tagen geſichert und in die Beſtände eingereiht werden. Allen freundlichen Gebern ſagt der Ortshilfsausſchuß auch im Namen der Hilfs⸗ bedürftigen recht herzlichen Dank. Die Geldſammlung beginnt im Laufe der nächſten Woche durch die Feldſchützen Georgi u. Kempf. Die eingehenden Beträge ſollen zum Ankauf von Kinderſchuhen verwendet werden. Es wird erwartet, daß die Hilfsbereitſchaft auch bei der Geldſammlung lebendig bleibt. Der Vorſitzende des Ortshilfsausſchuß der freien Wohlfahrtspflege. Lamberth. Betreffend: Wahlen zur Heſſ. Induſtrie⸗ und Handelskammer Worms 1932. Bei der am 25. November 1932 ſtattge⸗ fundenen Wahl zur Handelskammer wurden für den Wahlbezirk Worms Land in der Gruppe Induſtrie Herr Jakob Eberhard, Lampertheim, in der Gruppe Einzelhandel Herr Jakob Emrich, Lampertheim wiedergewählt. Viernheim, den 30. November 1932. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim Lamberth. S„Dg.⸗Stadion an der Lor⸗ ſcherſtraße mit Turnhalle u. Reſtauvant„zur Sportler⸗ 0 0 o klauſe“ und 3 Spielplätze Sportprogramm für 4. Dezember. Großes Verbandsfußballtreffen gegen den Meiſter⸗ ſchaftskanditaten auf unſerem Stadion(Pl. 1 Kurpfalz Neckarau 1. Anſtoßzeit 3 Uhr. Vorſpiel 2. M. 1 Uhr (Pl.3) Viernheim A— B Mannſchaft 1 Uhr V'heim 1. Sch.— Hemsbach Sch. 2½ Uhr „ 2. Sch.— Turnverein 93 3½ Uhr (Auf dem Turnvereinsplatz am Wieſenweg.) Turnverein Igd.— D. J. K. Igd. 2 ½ Uhr Handball: Seckenheim 1.— Viernheim 1. 2½ Uhr Abfahrt per Rad 1 Uhr— Drehſcheibe Auf dem Turnvereinsplatze am Wieſenweg Turnverein Igd.— D. J. K. Igd. 1½ Uhr Leſt und abonniert den Biernheimer Anzeiger! Zu zahlreichem Beſuche ladet freundlichſt ein Die Sportleitung. — Turnverein v. 1893 Sonntag, den 4. Dezember 1932 in Feudenheim Haudball-Wettſpie! füudenneim 1.— ernhein! Beginn und Abfahrt wird im Lokal bekanntge⸗ geben. Nachm. auf dem Platze am Wieſenwez Turnverein 1. Jugend— Dai. 1. Jugend Beginn ½2 Uhr. Fußball: Turnverein 1. Jugend— Dag. 1. Jugend Beginn ½3 Uhr. Die Leitung. giernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn. und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,40 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illuſtrierte aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand- kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fernſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Viernheimer Zeitung Biernheimer Anzriger (Viernheimer Bürger-Zig.— Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: nzei Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Nummer 283 Reichstagsbeginn. Morgen Dienstagnachmittag, tritt der am November gewählte Reichstag zu ſei⸗ Eröffnungsſitzung zuſammen. iſt der letztmögliche Termin, denn der 6. zember iſt der drei igſte Tag nach der eichstagswahl, und die Reichsverfaſſung reibt bekanntlich vor, daß ein neuer eichstag ſpäteſtens am dreißigſten Tag nach ner Wahl zuſammentreten muß. die Formalitäten, die der Eröffnungsſit⸗ ng vorauszugehen haben, ſind erledigt: s endgültige Wahlreſultat iſt amtlich feſt⸗ ſtelt, die Gewählten haben ihre Annah— kerklärungen eingeſchickt, im Reichsanzeiger dam vergangenen Freitag die Namen der Abgeordneten veröffentlicht worden. uch das Reichstagsgebäude ſelbſt iſt zur ufnahme der neuen Volksvertretung bereit, e nötigen baulichen Veränderungen ſind rgenommen worden— das Spiel kann be⸗ nnen. Die Eröffnungsſitzung hat nur forma⸗ n Charakter. Sie wird geleitet von dem ſteſten Abgeordneten. Das iſt in dieſem eichstag der Nationalſozialiſt Litzmann, Ir übrigens auch der älteſte Abgeordnete s preußiſchen Landtages iſt. Litzmann hat⸗ ſich für die letzte Plenartagung des preu⸗ ſchen Landtags wegen Krankheit entſchul⸗ gt, er dürfte aber inzwiſchen wieder ſo weit rgeſtellt ſein, daß er den Poſten des Al⸗ rspräſidenten des Reichstags übernehmen An. In der erſten Sitzung wird nur der amensaufruf der 584 Abgeordneten vorge⸗ ommen und es werden die eingelaufenen nträge uſw. bekanntgegeben. die erſte praktiſche Aufgabe des neuen eichstags iſt die Wahl ſeines Präſi⸗ tums. Sie wird vermutlich in der zwei⸗ n Sitzung am Mittwoch vorgenommen erden. Nach einem alten parlamentariſchen ſrauche werden die Präſidentenſitze nach aßgabe der Fraktionsſtärken verteilt. emnach werden die Nationalſozia⸗ iſten als weitaus ſtärkſte Fraktion auch dieſem Reichstag den Präſidenten ellen. Die nationalſozialiſtiſche Fraktion ird den bisherigen Präſidenten Göring erschlagen, deſſen Wahl geſichert iſt. Die zozialdemokraten werden ihm zwar ihre zümme nicht zuführen, ſondern für den frü⸗ eren Präſidenten Löbe ſtimmen, während le Kommuniſten für ihren Parteigenoſſen orgler ſtimmen wollen. Da aber alle übri⸗ gen Parteien für Göring eintreten werden, eſteht für Löbe keine Ausſicht, gewählt zu berden. Bei der Wahl der Vizepräſi⸗ enten iſt ſchon im früheren Reichstag on der Uebung abgewichen worden, die türke der Fraktionen zu Grunde zu legen. da die Nationalſozialiſten nämlich nicht dazu kereit waren, für einen Sozialdemokraten u ſtimmen, war dieſe Partei überhaupt nicht u Präſidium vertreten, obwohl ſie die zweit⸗ ſürkſte Fraktion ſtellte. Auch dieſes Mal iſt ſe ſozialdemokratiſche Fraktion die zweit⸗ lürkſte, aber es iſt anzunehmen, die wieder⸗ im ſo verfahren wird wie im vorigen leichstag. Dann würde ein Zentrums bgeordneter erſter, ein Deutſch⸗ u ee zweiter Vizepräſident wer⸗ Vas nun die eigentliche politiſche Ar⸗ deit des Reichstags anlangt, ſo liegen hier ie dinge noch völlſg im Dunkel, Da die Na⸗ ſonalſozialiſten 196 und die Kommuniſten 100 Abgeordnete haben, bilden ſchon dieſe deden Fraktionen zuſammen eine Mehrheit. ble können ſomit einen Mißtrauensantrag zur Annahme bringen und damit die Reichs⸗ gierung ſtürzen. die Bemühungen des den! Reichskanzlers gehen deshalb dahin, fine Vertagung des Reichstags bis etwa ſühiahr nächſten Jahres zu erreichen. Das Reichskabinett hätte auf dieſe Weiſe Zeit, it ſeiner praktiſchen Arbeit zu beginnen. herr von Schleicher hat bereits durchblicken aſſen, daß er die Hauptaufgaben des neuen 0 abinetts auf zwei Gebieten ſieht: einmal auf dem Gebiete der Wirtſchaftspoliti! dann in den ſozialpolitiſchen Montag, den 5. Dezember 1932 Die Ziele des neuen Ka 49. Jahrgang Eine Politik der Verſöhnung.— Wirtſchafts⸗ und Bozialfragen im Mittelpunkt. Berlin, 4. Dezember. Gewiſſe Darlegungen, die anſcheinend im Mittelpunkt der Ausſprachen des Reichs⸗ wehrminiſters v. Schleicher mit den Partei⸗ und Gewerkſchaftsführern geſtanden haben, laſſen wohl mit einer gewiſſen Zuverſicht er⸗ hoffen, daß der neue Kanzler die Verfaſ⸗ ſungspläne ſeines Vorgängers nicht mehr weiterverfolgen wird, und daß er ſich dar⸗ über klar iſt, daß für die Maſſe des deutſchen Volkes die Sicherung des Brotes und der Arbeit wichtiger ſein muß als Ausflüge ins verfaſſungsrechtliche Gebiet. Es iſt von dem neuen Kanzler ebenfalls bekannk, daß er ein großzügiges Verſtän⸗ digungsprogramm in Ausſichk nahm,. daß er die Hauptfehler, die dem bisherigen Regierungsprogramm anhafteten, ausmer⸗ zen, daß er auch die Sondergerichte aufhe⸗ ben, eine Amneſtie für die von dieſen Ge⸗ richten Verurteilten erlaſſen will, Doch wird den wichtigſten Beſtandteil des Programms des neuen Kanzlers der ſozialpoliti⸗ ſche Teil bilden, in deſſen Vordergrund die durchgreifende Arbeitsbeſchaffung zu gehen haben wird. Es iſt auch hier kein Geheimnis, daß Herr v. Schleicher von Anfang an ſtärkſte Bedenken gegen die Pläne und einzelnen Maßnahmen der letzten Notverordnungen hatte, vor allem gegen die ſozialpolitiſche Ermächtigung und gegen die allgemeine Senkung der Tariflöhne. Reichskanzler v. Schleicher will nun das Froblem der ganzen Sozialpolikik und Ar⸗ beiksbeſchaffung nicht mehr, wie bisher, ohne oder gegen die Gewerkſchaften in Angriff nehmen, ſondern genau, wie bei den wirk⸗ ſchaftlichen Maßnahmen, eine Verſtändigung mik den Verkretern der Wirtſchaft geſucht wird, ſo iſt auch eine dauernde Kühlung ⸗ nahme mik den Arbeilnehmerorganiſationen vorgeſehen. Gerade dieſes Beſtreben des Kanzlers kann ſehr weſenklich und ausſchlag⸗ gebend für die zu erhofſende innerpolitiſche Beruhigung und Skabiliſierung werden. Schließlich hat Herr v. Schleicher keinen Hehl daraus gemacht, daß er früher began⸗ gene Fehler in dem Konflikt Reich— Preußen auf keinen Fall wiederholen will. Er ſucht eine loyale Verſtändigung und eine geſunde Löſung, für die ſelbſtverſtänd— lich dann wieder die letzte Entſcheidung bei Preußen liegen muß, beim Preußiſchen Landtag, der für die Bildung einer ord⸗ nungsmäßigen Regierung in der gegebenen Zeit zu ſorgen haben wird. Man wird wohl das Vertrauen zum neuen Reichskanzler, der gleichzeitig Reichskommiſſar für Preußen wird, haben dürfen, daß endlich der unheil⸗ volle Konflikiſtoff, der ſich in dem Kampfe Reich—Preußen anhäufte, beſeitigt werden kann. Die Einſtellung der N5 d A. „Nur Hitler kann uns retten.“ Zur Betrauung des Reichswehrminiſters von Schleicher mit dem Kanzleramt ſchreibt die Nationalſozialiſtiſche Korreſpondenz: Die Haltung des Reichstags. „Für uns Nationalſozialiſten iſt es ſchließ⸗ lich gleichgültig, ob der neue Reichskanzler von Papen oder von Schleicher oder ſonſt⸗ wie heißt. Auch dieſes Kabinett hat nur ein Zehntel des deutſchen Volkes hinter ſich und vertritt nur die Intereſſen ganz beſtimmter Schichten. Daran ändert auch der Name des Kanzlers nichts.“ Es kommt der Tag, ſo ſchreibt die NSK., an dem das Kabinett Schleicher einem Kabinett Hitler Platz ma— chen muß, wenn Volk und Vaterland nicht zugrunde gehen und im Sumpf des Bolſche⸗ wismus erſticken ſollen. Der„Völkiſche Beobachter“ erſcheint unter der Schlagzeile„Wieder eine Regierung ge— gen den Willen des Volkes“. In einem Ar⸗ tikel mit dem Zeichen Roſenbergs heißt es: Die Art und Weiſe, wie die neue Kanzlerbe— trauung zuſtande gekommen ſei, wirke nicht wie eine Befreiung, ſondern nur wie eine Tat politiſcher Verzweiflung, die nur ein richtunggebendes Merkmal beſitze: auf kei⸗ nen Fall Adolf Hitler berufen. Vertagung oder Auflöfung? In gutunterrichteten Kreiſen nimmt man an, daß das Kabinett von Schleicher mit dem Reichstag eine Verabredung da⸗ hingehend wird treffen können, daß ſich der Reichstag nach ſeiner Konſtituierung über Weihnachten vertagt, um dem Kabinett Zeit zu laſſen. Man hat durchaus die Hoff- nung, daß eine ſolche Vereinbarung gelin⸗ gen wird. Entſcheidend hierfür wird eine Ausſprache zwiſchen dem Reichskanzler von Schleicher und dem Reichstagspräſidenten Göring ſein, die gleichzeitig Klarheit über die Haltung der nationalſozialiſtiſchen Reichs⸗ tagsfraktion wird ſchaffen können. Der „Draht zu den Nationalſozialiſten“ iſt alſo damit noch nicht abgeriſſen. Nichtsdeſtoweniger muß man, nach allen Stimmen aus dem nakionalſozialiſtiſchen Lager zu urteilen, damit rechnen, daß; die Nakionalſozialiſten von dem Standpunkt ihrer grundſätzlichen Oppofition auch gegen ein Kabinett von Schleicher keineswegs ab⸗ gehen werden. Entſprechend ſeiner Anlage als Verſtändi⸗ gungskabinett wird weiterhin durchaus Wert darauf gelegt werden, im Ein vern eh⸗ men mit dem Reichsbankpräſi⸗ denten Luther und der Währungspolitik der Reichsbank zu bleiben. Die Frage Preußen wird vorläufig noch offen bleiben, d. h. es wird zunächſt bei dem Zuſtand bleiben, daß Reichskanzler von Schleicher außer dem Wehrminiſterium auch den Poſten des Reichskommiſſars für Preußen innehat. Ebenſo wird Dr. Bracht die drei Funktionen des Reichsinnenminiſters, des ſtellvertreten— den Reichskommiſſars für Preußen und des Reichskommiſſars für das preußiſche Innen- miniſterium auf ſeine Perſon vereinigen. Eine ſpätere anderweitige Löſung der Preu— Maßnahmen, die ja auch von den Ge⸗ werkſchaften als ſehr dringlich bezeichnet worden ſind. Schließlich muß, abgeſehen von dieſen Dingen, auch die Preußenfrage endlich einmal geregelt werden, denn es iſt auf die Dauer ein unhaltbarer Zuſtand, daß im größten deutſchen Land zwei Regierungen nebeneinander, teilweiſe ſogar immer noch egeneinander arbeiten. Herr von Schleicher ak durchblicken laſſen, daß er auch dieſen uſtand beſeitigen will. aß die ace dieſe Aufgaben nicht mit dem Reichstag durchführen kann (was das Normal wäre), liegt bei den jetzi⸗ gen Mehrheitverhältniſſen auf der Hand. Es wäre alſo ſchon viel erreicht, wenn ſie ſie ohne den Reichstag durchzuführen in der Lage wäre, das heißt, wenn ſie der Reichs⸗ tag bei ihrer Durchführung nicht ſtörte. Ob das möglich ſein wird, wird ſich in den näch⸗ ſten Tagen zeigen. Falls es nicht zu erreichen wäre, müßte es natürlich zu einem Kon“ flikt zwiſchen Reichstag und Reichsregie⸗ rung kommen, den aber das neue Reichskabi⸗ nett, wenn irgend möglich, zu vermeiden wünſcht. ßenfrage würde von den Möglichkeiten einer Verſtändigung der Parteien ſelbſt abhängen, die aber erſtmalig im Reichstag zu erproben ſein werde. Sollte der Reichstag Notverordnungen aufheben, ſo ſteht ſchon jeh feſt, daß dies mit der Auflöſung des Reichstages und mit der geſetzlichen Ausſchreibung von Neuwah⸗ len beankworlet werden würde. Hierüber wie auch über die Möglichkeit eines Mißtrauens- volums im Reichstage, wird das Kabinelt ſelbſt noch ſeine Beſchlüſſe faſſen. 8 Mißtrauensantrag der Kommuniſten. Die Preſſeſtelle des Zentralkomitees der KPd. teilt mit, daß es die kommuniſtiſche Reichstagsfraktion beauftragt habe, ſofort ein Mißtrauensvotum gegen den Reichskanz⸗ ler von Schleicher und ſeine Regierung ein— zubringen und alles zu unternehmen, damit dieſes Mißtrauensvotum bereits in der Reichstagsſitzung vom 6. Dezember zur An⸗ nahme gelange. Schleicher bei Hindenburg. General von Schleicher begab ſich Samskag um 11.30 Uhr zum Reichspräſidenken, um die vorläufige Miniſterliſte zur Genehmigung zu unkerbreiten. Nachmittags ſand die Schluß ⸗ ſitzung des alten gabinekts ſlali, anſchließend traten die Mitglieder des Kabinetts von Schleicher zu einer erſten Beſprechung zu— ſammen. Ausland über Schleicher. Die Aufnahme in England.— Preſſeſtimmen London, 4. Dezember. Die Betrauung des Generals von Schlei— cher mit der Kabinettsbildung hat in der eng⸗ liſchen Oeffentlichkeit ein außerordentliches Intereſſe erregt, das in der Preſſe in Leit⸗ artikeln, langen Korreſpondenzberichten aus Berlin und in Aufſätzen über Leben und Charakter des neuen Reichskanzlers zum Ausdruck kommt. In dieſen Aufſätzen wird ſeiner Klugheit, Erfahrung und diplomati⸗ ſchen Geſchicklichkeit, ſeinen verbindlichen Um⸗ gangsformen und ſeiner modernen Auffaſ— ſung der ſozialen Probleme Anerkennung ge⸗ zollt. In außenpolitiſcher Hinſicht wird das Verbleiben des„klugen und maß⸗ vollen“ Herrn von Neurath auf dem Poſten des Reichsaußenminiſters begrüßt „Times“ ſagen in einem Leitartikel, in der jetzigen außerordentlich ſchwierigen Lage Deutſchlands ſei die Ernennung von Schlei⸗ chers wahrſcheinlich vom innenpo liti⸗ ſchen Standpunkt aus das Beſte, was ge— ſchehen konnte. Hingegen ſei einfach ausge— ſchloſſen. daß das Erſcheinen eines Soldaten an der Spitze der deutſchen Regierung gegen— wärtig in den Nachbarländern ohne Bedenken beobachtet werden ſollte. Na⸗ hezu unvermeidlich würden dieſe Bedenken in Genf und anderswo in Geſtalt einer we⸗ niger entgegenkommenden Stimmung ihren Ausdruck finden. Wie friedfertig auch die Erklärungen des Generals in der verantworklichen Stellung ſein mögen. in ganz Europa, werde man ſich daran erinnern, daß es der Mann iſt, der er⸗ klärt hat, daß Deulſchland unter allen Um. ſtänden die Reichswehr reorganiſieren und nicht länger die entkwürdigenden Verſailler Beſtimmungen dulden werde. Der Umbau, den Schleicher beabſichtige, könne nicht ohne Abänderung der Verſailler Beſtimmungen erfolgen, und man müſſe zugeben, daß dieſe Beſtimmungen auf ſeden Fall neu erwogen und abgeändert werden müßten. Wenn dieſes Zugeſtändnis erſt jetzt Nee würde, ſo ſei es auf jeden Fall nicht der Fehler Deutſchlands, daß dies nicht einem der zivilen Vorgänger Schleichers ge⸗ genüber geſchah. Außerdem ſei Schleicher kei⸗ neswegs ein Militariſt der Feldwebelklaſſe. Nach Anſicht des„Daily Telegraph“ ſei Schleichers Betrauung der treffende Beweis für die Lage, in die die parlamentariſche De⸗ mokratie in Deutſchland infolge der Vielfäl⸗ tigkeit der Parteien und des Mangels an Verſtändigungskunſt bei den Parteiführern ebracht worden ſei. Die„Morning Poſt“ ſagt daß der Fehlſchlag Hitlers, zur Macht zu gelangen, ſein Anſehen in den Augen der deutſchen Nation herabgeſetzt habe und daß die Parteien ihre Unfähigkeit zum Schaden des Reichstages erwieſen hätten. Schleicher ſei beweglicher als ſein Vorgän⸗ ger und ſtehe auf einer breiteren Grundlage. „Daily Expreß“ ſpricht von einem„neuen Bismarck“ und meint, die Ernennung Schleichers ſei ein weiterer Schritt auf dem Wege zur offenen Diktatur. Ruhige Aufnahme in Frankreich. Pariſer Preſſeſtimmen. Paris, 4. Dezember. Sämtliche Blätter einſchließlich des ſozia⸗ liſtiſchen„Populaire“ nehmen die Ernen⸗ nung des Reichswehrminiſters zum Reichs⸗ kanzler vollkommen ſachlich auf, zumal ſie ſich alle darüber einig ſind, daß in der Außenpolitik der Reichsregierung keine Aen— derung eintreten wird, da von Neurath Außenminiſter bleibt. General von Schlei⸗ cher wird in erſter Linie vom innerpoliti— ſchen Standpunkt aus betrachtet. Das„Echo de Paris“ hat den Eindruck, daß Schleicher auf jede innerpolitiſche Herausforderung zu verzichten beabſichtigt und den Wunſch hat, einen Kampf zu vermeiden. Das„Petit Journal“ erklärt, der Erfolg Schleichers hänge von dem Ergebnis ſeiner Maßnahmen gegen die Arbeitsloſigkeit ab. In der radi⸗ kalſozialiſtiſchen„Republique“ iſt Pfeiffer der einzige, der den neuen Reichskanzler außenpolitiſch betrachtet. In der Ernennung Schleichers ſucht Pfeif⸗ fer eine Beſtätigung ſeiner bereits vor eini⸗ gen Tagen geäußerten Ueberzeugung, daß »Deutſchland verſuchen werde, ſich Frankreich unter beſtimmken Bedingungen zu nähern, und im Falle, daß dieſe Verhandlungen ſcheitern ſollten, ſich bemühen würde, Frank. reich zu vereinſamen. Der ſozialiſtiſche„Populaire“ erklärt, die Diktatur Schleichers bedeute eine eiſerne Hand in einem Samthandſchuh. Der„Matin“ ſchreibt, daß man außer Stalin keinen abſoluten Herrſcher kenne, der mit der Autorität wetteifern könne die General von Schleicher als Reichskanzler undReichswehrminiſter mitlUnterſtützung des Reichspräſidenten verkörpere. Dieſe Autorität werde General von Schleicher im Gegenſatz zu Papen zum Beſten ausnützen. Frankreich habe die Pflicht, dieſem Soldaten und abſo— luten Herrſcher über die Reichswehr gegen— über, der ſelbſt der Mehrheit der Linksorga— niſationen in Deutſchland ſympathiſch ſei, beide Augen zu öffnen. Was Moskau ſagt. Moskau, 4. Dezember. Die Bildung des Kabineits von Schleicher hat in Moskau großes Aufſehen erregt. Auf dem Gebiete der Außenpolitik verſpricht man 0 ſich von dem neuen Kabinett nichts Neues, Die Hauptlinien des Kampfes um die Gleichberechtigung Deutſchlands würden jetzt nur noch ſtärker betont werden. Das Schwer⸗ gewicht der kommenden Schleicherſchen Po⸗ litik liege in der Innenpolitik. Für die KPD. beſtünden jetzt durch dieſe Kabinettsbildur neue Aufgaben, nämlich Sammlung der proletariſchen Elemente und Herausholen der Arbeiter aus der NSDAP. Das Kabinett Schleicher, erklärt man in ruſ⸗ ſiſchen kommuniſtiſchen Kreiſen, ſei das Va⸗ banque⸗Spiel des deutſchen Kapitalismus. Aus Vaden. Heidelberg, 4. Dez.(Späte Aufdek⸗ kung eines Verbrechens?) Auf einem Spielplatz, den der TV. Kirchheim zurzeit durch den freiwilligen Arbeitsdienſt herſtellen läßt, ſtieß man nachmittags in einer Tiefe von etwa nur 20 Zentimetern auf ein Skelett. Da die Lage des Skeletts den Verdacht ausſchließt, daß es ſich um einen Begräbnisplatz handeln kann, wird angenommen, daß es ſich um die ſpäte Aufdeckung eines Verbrechens handelt. Wahrſcheinlich kommt der Mord an dem ſeit dem Februar 1876 aus Kirchheim verſchwun⸗ denen Landwirt Philipp Knauber in Frage. Der Fall wurde der Polizei übergeben, aber es erſcheint ausgeſchloſſen, daß noch genauere Feſtſtellungen möglich ſind. Die Tat ſelbſt wäre ſchon längſt verjährt. Weinheim, 4. Dez.(Freiwilliger Ar⸗ beitsdienſt für Mädchen.) Im Ju⸗ gendhaus„Zur Sonne“ ſind zurzeit im Rah⸗ men des Freiwilligen Arbeitsdienſtes ca. 30 junge Mädchen mit der Inſtandſetzung von Wäſche und Kleidungsſtücken für die Weinhei⸗ mer Notgemeinſchaft emſig beſchäftigt. Neben dieſen Arbeiten wird von zwei Junglehrerin⸗ nen auch für geiſtige Fortbildung der Mädchen geſorgt. Auch Turnunterricht uſw. iſt vorge⸗ ſehen. Als Entgelt erhalten die Mädchen Mit⸗ wogen, Nachmittagskaffee ſowie 3 Mark pro oche. Aus den Nachbarländern. Menge gegen Knirſch. Erregte Szenen beim Lokaltermin. * Frankfurt a. M., 4. Dezember. Die Polizei hatte im Hauſe des Mörders des Geldbriefträgers Hofmann in Frankfurt einen Lokaltermin angeſetzt. Ein größeres Polizeiaufgebot riegelte die Straßen vorher ab, um ſo Zwiſchenfälle zu verhindern. Als der junge Mörder Knirſch gefeſſelt vorgeführt und in das Mordhaus gebracht wurde, zeigte ſich bei der Menge eine erheb⸗ liche Erregung und bald nahmen die Zu⸗ ſchauer eine drohende Haltung gegen den Mör⸗ der ein, ſodaß die Polizei Mühe hatte, den Mörder vor den Lynchabſichten der Menge zu ſchützen. Durch dieſen Tumult verlor Knirſch völlig die Faſſung und konnte ſeine Anga⸗ ben nur unter Weinen und Schluchzen machen. Knirſch hatte ſich die Tat vorher genau überlegt. Nachdem Hofmann das Geld aus⸗ gezahlt und die Wohnung wieder verlaſſen hatte, rief Knirſch den Beamten noch einmal zurück, nachdem er ſeine Großmutter auf die Manſarde geſchickt hatte. In der Küche er⸗ hielt H. den tödlichen Schuß aus nächſter Nähe. Als die Großmutter ſah, was ihr Enkel angerichtet hatte, wollte ſie ſchreien, doch hielt ihr der Mörder den Mund zu und würgte die alte Frau; dann flüchtete er. Schußwaffen für Geldbriefträger. An den zuſtändigen Stellen fanden Beſpre⸗ chungen ſtatt, wie in Zukunft derartige Ver⸗ brechen verhindert werden können. Bisher war es den Beamten freigeſtellt, Waffen bei ſich zu führen. Jetzt werden alle Geldbriefträger mit Piſtolen ausgerüſtet. Für die Kinder Hofmanns wird geſorgt. Die Poſt hat die dauernde Patenſchaft für die beiden Kinder des ermordeten Beamten übernommen. Die 17jährige Tochter, die zur⸗ zeit ohne Stellung iſt, iſt bei der Poſt als Gehilfin im Fernſprechdienſt eingeſtellt. Raucherl Haben Sie eigentlich auch schon einen „Villiger“ versucht? Noch nicht? Gut, dann sind wir an der richtigen Adresse. Fragen Sie jetzt einmal nach„Villiger“ bei Ihrem Zigarrenhändler. 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Die Steuergutſcheine ſeien durch die Be⸗ ſchlüſſe der Reichsbank für ein Kreditinſtitut von beſonders hoher, ja einzigartiger Aus- nutzbarkeit gemacht worden. gulſcheingedanke müſſe mehr in die breite Maſſe der Steuerzahler eindringen. Von den 700 Millionen Mark, die für die öffentliche Arbeiksbeſchaffung bereitgeſtellt ſeien, ſei bis heute nur etwa die Hälfte durch wirkliche Aufkragserkeilung verwertet worden. Die 700 Millionen Mark Lohnprämie in Form von Steuergutſcheinen ſeien noch ſo gut wie unbenutzt, da anſcheinend nur recht wenig Neueinſtellungen im Hinblick auf Prämiengutſcheine erfolgt ſeien. Dr. Luther vertrat die Anſchauung, daß die Verlegung dieſes Teile der Reichshilfe auf die Seite der öffentlichen Auftragserteilung auch vom pri⸗ vatwirtſchaftlichen Standpunkt aus das Um⸗ biegen in eine geſundere Richtung darſtellen de. Der Steuer- 1470 Der Humaniſt Willibald Pirckheimer; Eichſtädt geboren. 5 1757 Sieg Friedrichs d. Gr. über die Deſth reicher bei Leuthen. ö 1791 Wolfgang Amadeus Mozart in geſtorben. Prot.: Abigail— Kath.: Sabbas. Sonnenaufg. 7.48 Sonnenunterg. 13) Mondaufg. 12.43 Mondunterg, Mlolaustag. Nikolaustag! Welches Kinderherz ſchlig beim Klang dieſes Namens nicht höhe Schon lange, bevor es Dezember wird, ii die Mutter oder der Vater vom Nikolaus g ſprochen. Und die älteren Geſchwiſter habt ben kleineren den Nikolaus geſchildert, u er mit langwallendem Barte und einer g te angetan, mit dem Gabenſack und der 9 te in die Häuſer komme und an jeder J nach den Kindern frage. Trifft er auf ung tige und unfolgſame Kinder, ſo holt er 9 Rute hervor, waren die Kinder jedoch hu und gehorſam, dann öffnet er ſeinen große dicken Sack und ſchenkt ihnen Aepfel und ſe, Zucker⸗ und Backwerk. In dieſer gi ſicht iſt St. Nikolaus ein Vorbote des Chi kindchens und es gibt genug Bilder und M chenbücher, in denen St. Nikolaus nebn dem Chriſtkindchen abgebildet iſt. M. heute iſt der Brauch, den Kindern den Ni laus, deſſen Tag am 6. Dezember iſt, an di ſem Tage oder am Vorabend zu zeigen, Schwunge. Auf jeden Fall ſollte der Nh laus nicht als Kinderſchreck in Erſcheinun treten und wenn er mahnt, ſoll es in wü ger Weiſe geſchehen, auch ſoll er ſchließſ Und endlich doch auch zu beſchenken wiſſen, Heute können wir uns den Nikolaus g nicht mehr aus der Weihnachtszeit wegde ken. Der Nikolaustag wird ſeit alter 3 begangen. Sein Grundgedanke geht auf legendäre Geſtalt eines frommen Biſcho der im Stillen viel Gutes tat und ein groß Wohltäter der Armen war, zurück. J Einklang damit erſcheint mancherorts 9 Nikolaus auch mit einer hohen Biſchofsmißzt Und wenn es Nikolaustag iſt, dann wise die Kinder, daß Weihnachten nicht maß weit iſt. *— e Ab 12. Deezmber 1932 Weihnachtzuh fahrkarten. Die Reichsbahn hat die z gabe der Feſttagsrückfahrkarten zu Weihnaißß ten durch eine längere Vorverkaufsfriſt leichtert. Bereits von Montag, den 12. d zember ab, ſind die Feſttagsrückfahrkarten den Fahrkartenausgaben und den Me R. ros zu haben. Auch Platzkarten ſind un dieſem Tage an in den MER. ⸗Stellen zu e halten. In dieſem Jahre iſt die Geltung dauer der Feſttagsrückfahrkarten zu Weihnaß ten und Neujahr auf drei Wochen feſtgeſeh Die Karten ſind um 33,33 v. H. gegen den normalen Fahrpreiſen ermäßigt und w den für alle Verkehrsverbindungen der Reiß bahn ausgegeben, für die die Ausgabe ua Fahrkarten des gewöhnlichen Verkehrs mögt iſt. Bei Benutzung von Eil⸗ und Schnellzigg iſt der volle tarifmäßige Eil⸗ oder Schnel zugszuſchlag zu zahlen. * Mehrleiſtungen in der Angeſtelltenb ſicheruna. Der Verwaltungsrat der Reit Magdalen zwischen den zwei ungleichen Brüdern prüfte. Roman von Gert Rothberg Copyright by M. Feuchtwanger. Halle(Saale) würde. Lindsmühlen ſah nachdenklich vor ſich hin. Er mußte in Hamburg mehrere Wochen lang Aufenthalt nehmen, um verſchiedene geſchäftliche Angelegenheiten zu regeln. Da⸗ von konnte er eigentlich ganz gut noch vier bis fünf Tage in Oberhoff verbringen. Vielleicht hörte er etwas von Magdalen? Kaum hatte er es gedacht, belächelte er dieſe törichte Hoffnung. Was ſollte er denn binnen dieſer kurzen Zeit hören? Kurz entſchloſſen wandte er ſich dem Freunde zu, der abwartend daſtand, und gab ihm die Hand. „Ich danke dir für deine freundliche Einladung, und ich werde ſie auf einige Tage annehmen unter der Bedingung, daß in Henninghofen niemand etwas von meiner An⸗ weſenheit merkt.“ „Verſtehe ich vollkommen! Ich habe übrigens ſelbſt das größte Intereſſe daran, daß die Henninghofer nichts merken. Was hätten wir denn in letzterem Falle von dir? Ich meine, wenn ſie von deiner Anweſenheit erfahren! Dann mußt du doch die meiſte Zeit dort ſein.“ Eein bißchen lauernd ſagte es Oberhoff. Gleichgültig ſtreifte ein Blick aus Lindsmühlens Augen ihn. Und da wußte Ludwig Oberhoff, daß die Henning⸗ hofer eine endgültige Abfuhr bereits hinter ſich hatten. 5 Da atmete er zufrieden auf. Die beiden Herren gingen dann in die Weinſtube von launig. mühlen mit ſchwerem Ernſt. aber meinte leiſe: „Abgemacht!“ Lindsmühlen ſagte: der dicke Oberhoff. meinem Wege.“ 5 „Erzähle es mir doch!“ Kellers, und es dauerte nicht lange, da ſtand goldgelber Rheinwein vor ihnen, den Oberhoff mit Kennermiene Hell ſtießen beide die Gläſer aneinander. „Es lebe die Frau, die wir lieben!“ ſagte Oberhoff 0 132„Ja, es lebe die Frau, die wir lieben!“ ſagte Linds⸗ Trotzdem Ludwig Oberhoff nun wußte, daß Karl f Joachim ganz in ſeiner Nähe geweilt, ohne ihn aufzuſuchen, war er nicht beleidigt. Er war nur von ganzem Herzen froh, daß er ihn nun doch noch ſo zufällig getroffen und daß Lindsmüßhlen vielleicht doch noch mitkommen Einige Herren nahmen mit zwei bekannten Filmkünſtle⸗ rinnen in einer der Nebenlogen Platz. Und Ludwig Ober⸗ hoff freute ſich diebiſch, wie ſchnell Karl Joachim der Mittelpunkt des Intereſſes der beiden Damen wurde, was die Herren drüben ebenſo gut bemerkten und mit den nötigen wütenden Blicken quittierten. Und Karl Joachim ſah es auch— er lächelte. Die eine Dame deutete das Lächeln falſch; die andere „Vergebliche Liebesmühe— der Mann iſt mit ſeinen Gedanken ganz woanders. Der iſt in Gedanken bei einer Frau, die er liebt. Solche Männer ſind rar. Die meiſten brennen immer gleich, wenn ſie eine ſchöne Frau ſehen, und du biſt wirklich ſchön, liebe Lizza.“ Bankier Schönſtettel lachte breit. „Wie iſt's mit einer Segelfahrt, meine Damen?“ „Segelfahrt? Sie ſind verrückt! Bei der Kälte?! Nein, wir gehen ins Eſplanda⸗Theater— der Jorgaſch ſpielt.“ „Es iſt immer wieder dasſelbe, immer und überall,“ „Ach ja! Erzähle Lindsmühlen! Du mußt ja wunder⸗ volle Sachen erlebt haben!“ drängte ein bißchen aufgeregt Lindsmühlen ſah ihn ſtarr an; dann ſagte er: „Ich habe viel erlebt, viel geſehen; aber es war nur ein einziges Mal etwas wirklich Großes, Herrliches auf „Nein! Das Heiligſte in ſich offenbart man nicht! Auch ſeinem Freunde nicht!“ ſagte Karl Joachim feſt. Schluck. zuerhalten. ſein könnte. „Stimmt! Und ich bin ein Eſel! Proſitl Es lebe meine Dummheit!“ ſagte der Dicke und nahm einen gewaltigen Später— die Geſellſchaft aus der Loge nebenan war ver⸗ ſchwunden— kam ein flottes Geſpräch in Gang. Ludwig Oberhoff ſchien mächtig verliebt zu ſein und auch ganz ge⸗ hörig unter dem Pantoffel zu ſtehen, was er ſchließlich auch zugab, ohne gefragt worden zu ſein. Aber glücklich war er beſtimmt. Für einen guten Kerl, der leider bei der erſten Gelegenheit mal in lockere Geſellſchaft geraten konnte, ohne ſich groß zu wehren, und die Geſchichte dann hinterher tief bereute, für den konnte es gar nichts Beſſeres geben als einen ſolchen forſchen, fröhlichen Lebenskameraden, wie es der ganzen Erzählung nach Frau Linda zu ſein ſchien. Mit dem Abendſchnellzug fuhren die Herren dann bis Stettin, hatten dort zwei Stunden Aufenthalt und fuhren auf einer Seitenlinie weiter. Oberhoff hatte von Stettin aus ein Telegramm nach Hauſe geſchickt, und nun wartete auf dem kleinen, ſchmucken Bahnhof Frau Linda in ihrer geſunden, roſigen Appetitlichkeit. Der ganzen Begrüßung merkte man es an, daß ſie heilfroh war, ihren Ehegatten wieder heil und geſund aus dem Sündenbabel zurüch Ein paar erklärende Worte Oberhoffs, und Frau Linda wandte ſich liebenswürdig an den Gaſt. „Seien Sie mir herzlich willkommen, Herr von Linde mühlen! Ich hoffe, daß es uns gelingen wird, Sie ein Weilchen feſtzuhalten.“ Ihr Mann ſchmunzelte. i ö Seine Frau war doch ein Prachtkerl; er hatte es ja ge⸗ wußt. Und Lindsmühlen taute nach der herzlichen Be⸗ grüßung auch ſichtlich auf, während er auf der ganzen Fahrt doch ein wenig unter dem Eindruck geſtanden hatte, daß ſeine Anweſenheit der jungen Frau Oberhoffs läſtig Linda Oberhoff war blond! Aber ihr Haar war glatt und glänzend, beſaß nicht den goldigen Schein wie dasjenige Magdalens! Gortſetzung folgt Montag, den 5. Dezember 1932 Das Kabinett Schleicher Alte und neue Namen. f Berlin, 5. Dezember. ichspräfident von Hindenburg hat die Er⸗ „ 10 Kabinetts von Schleicher vollzo⸗ gen. Die Miniſterliſte hatte folgendes Aus⸗ n: 5 Ehzeichskanzler und bis auf weiteres mit der Wahrnehmung der Geſchäfte des Reichs⸗ wehrminiſters beauftragt: von Schleicher, Reichsaußenminiſter: von Neurath, Reichsfinanzminiſter: Graf von Schwerin⸗ Kroſigk, 5 5 Reichsverkehrsminiſter: Elz von Rübenach, Reichsarbeitsminiſter: Präſident Syrup, Neichsinnenminiſter: Dr. Bracht, Reichswirtſchaftsminiſter: Dr. Warmbold. Reichsminiſter für Ernährung und Landwirt⸗ ſchaft: Frhr. von Braun. Reichskommiſſar für die Arbeitsbeſchaffung: Dr. Gerele, f Reichs miniſter ohne Geſchäftsbereich: Popitz, Neichsjnſtizminiſter: Gürtnet, Reichskanzter von Schleicher iſt gleichzeitig für die Geltungsdauer der Verordnung vom 20. Juli 1932 zum Reichskommiſſar für das Land Preußen beſtellt worden. In der neuen Miniſterliſte heißt es, daß Reichskanzler von Schleicher nicht zum Reichs⸗ wehrminiſter wieder ernannt, ſondern„bis auf weiteres mit der Wahrnehmung der Geſchäfte des Reichswehrminiſters beauftragt“ worden iſt. Der Reichspräſident hat die von ihm ge⸗ wählte Form für die Leitung des Reichswehr⸗ miniſteriums offenbar vor allem deshalb vor⸗ gezogen, weil er Wert darauf legt, die Füh⸗ rung der Reichswehr möglichſt von der Poli⸗ tik freizuhalten. Die„Beauftragung bis auf weiteres“ läßt dem Reichspräſidenten alle Möglichkeiten offen, um ſeine Entſcheidung über die endgültige Beſetzung des Reichswehr⸗ miniſteriums in ſorgfältiger Ueberlegung zu treffen. Ferner iſt die Beſtellung des neuen Reichskanzlers zum Reichskommiſſar für das Land Preußen mit dem Vermerk verſehen: „für die Dauer der Verordnung vom 20. Juli 1932“. Darin kommt wohl zum Ausdruck, daß dieſe Verordnung keineswegs etwas Schlüſ⸗ ſiges und Unabänderliches iſt. Sie hat ja von vornherein auch mehr eine Art Uebergangs⸗ charakter. Reglerungsprogramm erſt im Reichstag. Wie in politiſchen Kreiſen verlautet, wir die Regierung von Schleicher vor dem Zuſam⸗ mentritt des Reichstages keine programmati⸗ ſche Erklärung veröffentlichen. Die Regierung beabſichtigt vielmehr, ihr Programm erſt im Reichstag bekannt zu geben. Das erſte Ziel der Regierung wird es dann ſein, eine Verta⸗ gung des Reichstages herbeizuführen. Für den Fall, daß die Vertagung abgelehnt wird, dürfte mit der Auflöſung des Reichstages zu rechnen ſein. Hindenburg an Papen. Ein Dankſchreiben des Reichspräſidenten. Reichspräſident von Hindenburg hat an den ſcheidenden Kanzler von Papen ein Schrei⸗ ben gerichtet, in dem er einleitend die von Papen erbetene Entlaſſung beſtätigt, dann heißt es: Schweren Herzens und nur veranlaßt durch Ihre perſönlichen Vorſtellungen laſſe ich Sie in Würdigung der mir vorgetragenen Grün⸗ den aus dieſen Aemtern ſcheiden, Mein Ver⸗ trauen und meine Achtung für Ihre Perſon und Ihr Wirken bleiben unvermindert. Während Ihrer leider nur einhalbjährigen Tätigkeit als Reichskanzler und als Reichs⸗ kommiſſar für Preußen habe ich Ihre hinge⸗ bende und verantwortungsfreudige Arbeit, Ihre ſelbſtloſe Vaterlandsliebe und Ihre vornehmen Charaktereigenſchaften hoch ſchät⸗ zen gelernt. Ich werde die Zeit der Zuſam⸗ menarbeit mit Ihnen nie vergeſſen. Für alles, was Sie in dieſen ſchweren Monaten für unſer Vaterland getan haben, ſpreche ich Ihnen im Namen des Reiches wie in eige⸗ nem Namen meinen tief empfundenen Dank aus. Ebenſo hat der Reichspräfident dem ſcheiden⸗ den Reichsminiſter des Innern Freiherrn von Gayl und dem Reichsarbeitsminiſter Schäf⸗ fer in perſönlichen Handſchreiben Dank und Anerkennung für die geleiſteten Dienſte zum Ausdruck gebracht. Eine Kundgebung Pauens. Der aus ſeinem Amte ſcheidende Reichs⸗ kanzler von Papen erließ folgende Kundge— bung:„In dem Augenblick, wo ich das Kanz⸗ leramt, in das mich das Vertrauen des Herrn Reichspräſidenten berufen hat, an meinen Nachfolger abgebe, liegt es mir am Herzen, al⸗ len Freunden im Lande zu danken, die in den verfloſſenen ſechs Monaten die Arbeit der Reichsregierung um die Wiedergewinnung un ſerer äußeren und inneren Freiheit, um die Grundlegung eines neuen und beſſeren konſti⸗ jerenden Lebens, um autoritäre Staats- führung gegen Parteiberrſchaft, um Arbeit und Brot für alle, unterftützt haben. Meine Arbei hatte nur ein Ziel: Dem Zuſammenſchluß aller wahrhaft vaterländiſchen Kräfte zu die⸗ nen, In ihm liegt die Zukunft der Nation beſchloſſen. der wir allen heißen Herzens ging in ein benachbarles Haus zu Mann iſt erſchoff nd ich bin ange⸗ 8. 955 55 f „Mein Mann iſt erſchoſſen und ich bin aue. bei Spielanfang herrſchte in den Rängen ein gekündigt worden dienen. Kämpfen wir weiter: Mit Hinden⸗ burg für das neue Vaterland!“ Beſprechung Schleicher— Göring. Wie verlautet, hat am Sonntag zwiſchen Reichskanzler von Schleicher und Reichstags⸗ präſident Göring im Zuſammenhang mit der Frage einer Vertagung des Reichstages eine Beſprechung ſtattgeſunden. Die Gemeindewahlen in Thüringen. Weimar, 5. Dezember. Am Sonntag fanden in ſämtlichen Städten und Landkreiſen des Landes Thüringen, die Wahlen für die Gemeinde⸗ und Kreisräte ſtatt. Der Wahlakt ſchloß abends um 18 Uhr. Nach den bisher vorliegenden Meldungen ver⸗ liefen die Wahlen bei erfreulicher Anteilnahme der wahlberechtigten Bevölkerung ſtörungslos und in voller Ruhe. Keine Sabotage. Die Blacktom⸗Angelegenheit zugunſten Deutſch⸗ lands entſchieden. Waſfhington, 5. Dezember. Der gemiſchte deutſch⸗amerikaniſche Anterſu⸗ chungsausſchuß, der ſeit geraumer Zeit die an⸗ geblich von deutſcher Seite ausgegangenen oder veranlaßten Sabotageakte gegen die Muniti⸗ onslager in Blacktom in Kingsland geprüft hat, hat die amerikaniſchen Schadenserſatzan⸗ ſprüche an Deutſchland in Höhe von 40 Millio⸗ nen Dollar nunmehr abgewieſen. Der Richter des Oberſten Gerichtshoſes, Owen J. Roberts, hat als Schiedsrichter zugunſten Deutſchlanos entſchieden. Der neue baneriſche Grohſender. München, 5. Dez. Anſtelle des vom Bayeri— ſchen Rundfunkbetrieb bisher betriebenen 14 kW.⸗Sender wurde der neugebaute 75 kw. Sender mit einem Feſtakt in Betrieb genom⸗ men. Kultusminiſter Dr. Goldenberger hob hervor, daß die bayeriſche Regierung entſchei— denden Wert auf die ſelbſtändige Programm- geſtaltung der deutſchen Sender lege. Aufgabe des bayeriſchen Rundfunks werde es ſein, im⸗ mer wieder den Nachweis zu führen, daß der Süden an dem deutſchen Kulturleben hervor— ragenden Anteil nehme. Naubmord an einem Verficherungsdirettor Berlin, 5. Dez. In der im Norden Ber⸗ lins gelegenen Vorſtadt Tegel, unweit der Borſigwerke wurde der 42jährige Verſiche⸗ gefunden. Beſſert war von einem unbekannten rungsdirektor Johannes Beſſert ermordet auf— Täter überfallen worden. Zwiſchen dem Ver⸗ brecher und ſeinem Opfer muß ſich ein erbit⸗ terter Kampf abgeſpielt haben. Sämtliche Be⸗ hälter waren erbrochen und durchwühlt. Die Mordkommiſſion hat ſofort die Ermittlungen Haufgenommen. Der Mord auf Schloß Waltershauſen. Der Bericht der Baronin. Nürnberg, 4. Dezember. Zu der Bluttat auf Schloß Waltershauſen wird noch Folgendes gemeldet: In der Nacht wurden plötzlich gegen 2 Uhr morgens die Bewohner des Schloſſes durch den Knall von Schüſſen aufgeſchreckt. f i f 1 7 1 1 Ji 4 1 bin zu niemand den Mut, in die Wohnräume einzu— dringen. Am Morgen,. Baronin blutüberſtrömt aus dem und ſchoſſen! Der Karl! Der karl! Ich habe ihn 1 2. hon“ geſehen und ihn geſprochen! Als ſich der Bürgermeiſter von Walters— mem Kopfſchuß tot im Bett, das ganze Hime mer war blutbeſudelt. Die Baronin, die Schüſſe durch die Hand, die Schulter und einen Geſichtsſtreifſchuß erhalten hatte, er⸗ zählte nach der Operation den Hergang der Tat folgendermaßen: Nachts ſei ihr Chauf⸗ Schlafzim⸗ habe feur Karl Liebig in das Se mer ihres Mannes gekommen. Sie 2 enn ſoj Ljohi Schüſſe fallen hören und plötzlich ſei Liebig auch mit der Waffe auf ſie eingedrungen. Schwerverletzt habe ſie das Fenſter aufgeriſ⸗ ſen und drei Schüſſe hinausgefeuert, um Hilfe herbeizurufen und den Mörder dbzu⸗ ſchrecken. Dann habe ſie ſich zu ihrem Mann begeben, der furchtbar zugerichtet geweſen und um 5 Uhr verſchieden ſei. Um 8 Uhr ſei ſie dann ins Nachbarhaus gegangen. Der Chauffeur iſt zurzeit in einem Zimmer des Schloſſes gefangen. Er beteuert ſtändigſeine Unſchuld. Dem Ehepaar Werther kam der Chauffeur, nachdem ihm war, etwas unheimlich vor. Grofangelegter Tabalſchmugge f. Trier, 4. Dez. Die Landjägerei im Kreiſe Prüm hat einen aroßangeleaten Schmuggel FöVg. Kaſtel Offenbar hatte aber von Tabakwaren entdeckt. Bis jetzt ſind 250 000 Zigaretten als geſchmuggelt feſtge⸗ ſtellt worden. Es handelt ſich um einen Ein⸗ wohner aus Prüm und zwei Großſchieber aus Köln. Sie wurden alle drei feſtgenom⸗ men. Ein Auto und ein Motorrad, mit denen ſie die Schmuggelfahrten an die belgiſche Grenze unternommen hatten, wurden in Köln beſchlagnahmt, ebenſo mehrere Schuß⸗ waffen, die in der Wohnung des Prümer Einwohners gefunden wurden. Sport vom Sonntag. Fußball im Neich. In Düſſeldorf: Deutſchland— Holland 0:2(0:2) Fußball im Aus band: In Paris: Pariſer Liga— Süddeutſchland 2:5(0:1). Verbandsſpiele in Süddeutſchland. Gruppe Rhein: f Phönir Ludwigshafen— VfR. Kaiſerl. ausg. Vf. Neckarau— Sp.⸗Vgg. Mundenheim 52 SV. Waldhof— VfR. Mannheim 7:2 Germ. Friedrichsfeld— Amic. Viernheim ausg Gruppe Saar: FK. Pirmaſens 1. FC. Kaiſerslautern 3:0 1. FC. Idar— Eintracht Trier 4:1 SV. Völklingen— Saar Saarbrücken 1:2 Sfr. Saarbrücken— FV. Saarbrücken 3:0 Gru. e Main: Union Niederrad— Germ. Bieber 3:2 FC. Hanau 93— Eintracht Frankfurt verlegt FSV. Frankfurt— VfB. Friedberg 3:2 Kickers Offenbach— Rot⸗weiß Frankf. 5:3 VfL. Neu⸗Iſenburg— Sfr. Frankfurt 6:2 Gruppe Heſſen: FVg. Mombach— Wormatia Worms 1:3 Ale⸗Olym. Worms— Viktoria Urberach ausg. SV. Wiesbaden— FSV. Mainz 05 2:2 — Pf. Bürſtadt 4:0 1. FC. Langen— Olympia Lorſch 1:0 Gruppe Württemberg: Stuttgarter Kickers— Germ. Brötzingen 7: 1. FC. Pforzheim— Normannia Gmünd 4:0 Union Böckingen— Stuttgarter SC. 4: VfB. Stuttgart— Sfr. Eßlingen 4:1 Gruppe Baden: FC. Mühlburg— Sp.⸗Vgg. Schramberg 4:2 Freiburger FC.— FV. Offenburg 3:0 Karlsruher FV.— Pf. Karlsruhe 1.2 FV. Raſtatt— Frank. Karlsruhe 2:1 Phönix Karlsruhe— SC. Freiburg 1:0 Gruppe Nordbayern: Würzburger Kickers— ASV. Nürnberg 0.2 Sp.⸗Bgg. Fürth— Germania Nürnberg 2: 1. FC. Bayreuth— VfR. Fürth 2:0 5 1. FC. Nürnberg— Sp.⸗Vgg. Erlangen 10: Gruppe Südbayern: SV. München— FV. Ulm 94 3:1 Wacker München Jahn Regensburg SSV. Ulm— Bayern München 1:8 a Schwaben Augsburg— 1860 München 3: 7* 20. 1 9 Niederlage gegen Holland. Hochbetrieb in Düſſeldorf. Zahlreiche Sonderzüge brachten ſende aus dem Rheinland zum Stadion. Autos, Omnibuſſe, 0 N Fahrräder waren in den Dienſt eines Mal⸗ ſenzuſtroms geſtellt worden, und auch aus Holland waren zahlreiche Intereſſenten nach Düſſeldorf gekommen. Die Holländer wurden die Tau⸗ ſſeldorfer durch den Oberbürgermeiſter von Düſſeldorf kurz nach 8 Uhr, kam die Schloß, is rief: im Städtiſchen Kunſtmuſeum im Ehrenhof am Rhein begrüßt. Schon am frühen Morgen ſetzte der Zuſtrom zum Rheinſtadion ein. Um 12 Uhr waren die Stehplätze dicht gefüllt: beängſtigendes Gedränge. Bei den Holländern ſpielte für den rechten fen ius Schloß bet gte bn,„in er- Läufer Paauwe Pelikan, ſonſt traten die hauſen ins Schloß begab, bot ſich ihm ein er:; Läufer Paauwe Pelikan, ſonſt trate ſchütternder Anblick. Der Hauptmann lag mit Mannſchaften wie vorgeſehen an. Die Hol⸗ länder wurden ſtürmiſch empfangen; ſie nah⸗ men vor der Tribüne Aufſtellung und die Menge hörte ſtehend die holländiſche National⸗ hymne an. Der Beifall ſteigerte ſich, als die Deutſchen unter Führung von Knöpfle ſchienen. Das Deutſchlandlied wurde mitgeſun⸗ gen, dann ſchritten Leinberger und van Meulen zur Wahl. Schwede Ohlſon; Linienrichter waren! meer⸗Düſſeldorf und Broeckſmit⸗Amſter Der Holländer van der Meulen gewann das Los und Deutſchland hatte Anſtoß. Der Spielverlauf. g Das Spiel ſetzte gleich ziemlich aufgeregt ein. Die Holländer ſpielen ſehr energiſch und entſchloſſen, Deutſchland iſt techniſch beſſer, vor allem in der Kombination durch ausgeprägtes flaches Spiel. Es folgten verſchiedene aufre⸗ gende Momente, und Schiedsrichter war f wiederholt ſchien e. bald auf dieſer Seite, bald auf jener Seite ein Tor zu geben, aber immer gelang es, 985 ſes zu verhindern. Bei einem etergichen din ſtoß der Gäſte iſt die deutſche ee unſicher, im Gedränge erhält der Halbrechte Adam den Ball und durch Kopfſtoß landet das Leder im deutſchen Tor, für Buchloh unhalt⸗ bar. ———— Auch einige gute Chanecn für 9 Das 1. Tor für Holland peel in der 32. Minute. Bald darauf ein neuer Angriff der Holländer, wieder kann uin⸗ ſere Verteidigung nicht rechtzeitig Hären und wieder iſt es Adam, der in der 38. Minute kurz entſchloſſen zum 2. Tor für Holland einſchießt. Die Holländer ſind aufgemuntert. Deutſchland iſt aber durch ſeine Läuferreſhe recht stark. In der erſten Halbzeit gelang leiner der Mannſchaften ein weiteres Tor. Der Ausgang der erſten Halbzeit rief bei den deutſchen Zuſchauern lebhafte Enttäuſchung hervor, zum Teil wurde ſcharfe Kritik an eim⸗ aen Spielern geübt, beſonders an Schütz un⸗ Mahlmann. Techniſch war die deutſche Mann⸗ ſchaft beſſer, aber die Gäſte zeigten einen ſtar⸗ ken Kampfgeiſt und große Entſchlußkraft und waren daburch überlegen. Nach der Pauſe hatte die deutſche Elf umgeſtellt. Kuzorra nahm ſeinen gewohnten Poſten auf Halblinks ein, Richard Hofmann wurde Sturmführer. Auch im weiteren Verlauf kam es zu ſpan⸗ nenden Momenten. Mehrere gute Chan⸗ ten für Deutſchland wurden nicht 10 8 0 5 olland wur⸗ den abgewehrt. Das Spiel endete mit dem 2:0 Sieg für die Holländer. * 3 4 5 Südbeutſchlands großer Sieg. Pariser Profi⸗Liga mit 5:2(1:0) geſchlagen. Die junge ſüddeutſche Elf lieferte im Pari⸗ ſer Buffalo⸗Stabion einen ganz hervorragen⸗ den Kampf und ſchlug die recht ſpielſtarle Ver⸗ tretung der Parißer Profi⸗Liga mit 52(1:0) In der erſten Halbzeit hatten die Franzoſen zwar etwas meht vom Spiel, aber nach dem Wechſel machte ſich erſt das gute Zuſammen⸗ ſpiel in der deutſchen Elf bemerkbar, und won dieſem Moment an hatten die Franzoſen nichts mehr zu beſhellen. Das unparteiiſche Publi⸗ kum, etwa 15 000 Zuſchauer, wurde in der zweiten Hälfte von den Leiſtungen der Deut⸗ ſchen begeiſtert und ſpenbete dann nach jtd em Treffer ſtürmiſchen Beifall. Es handelte ſich nur um ein Repräſentativ⸗ ſpiel, aber wenn man berückſichtigt, daß die Franzoſen, beſonders aber die Pariſer, in der letzten Saiſon durch die Einführung des Be⸗ rufsſpielertums und durch die Einſtellung her⸗ vorragender ausländiſcher Kräfte noch m Spielſtärke gewonnen haben, erſt dann wird man den Erfolg der Süddeutſchen richtig ein⸗ zuſchätzen wiſſen. 2 1 Große Erwartung herrſchte im Buffalo⸗Sta⸗ dion. Der Himmel war zwar verhängt, aber zum Glück blieb es trocken. Großen Beifall gab es, als zuerſt die Süddeutſche Elf im ſchwarz⸗weißen Dreß das Spielfeld betrat, ge⸗ folgt von der Pariſer Auswahlelf in blau⸗rot. Nach einigen kurzen Präliminarien nahmen dann die Mannſchaften Aufſtellung. Der Start war für die Suddeutſchen vielvetſprechend, und ſchon nach 10 Minuten konnte der Mittelſtür⸗ mer Panzer den Führungstreffer erzielen. So⸗ fort gingen die Franzoſen zu ſtürmiſchen Ge⸗ genangriffen über und 20 Minuten lang wik⸗ lelte ſich das Spiel in der Haupiſache in der deutſchen Hälſte ab. Mit 1⸗0 für Süd⸗ deutſchland ging es in die Pauſe. In det zweiten Halbzeit lief die ſüddeutſche Mannſch ßer Form auf. Schon in der fü Minute ſchoß der Frankfurter Lindner den zweizen Treffer, und weitere fünf Minuten lag O 1 nt. In der O un 1 le hieß es 4.0 durch Lin ein ſchönes Zuſammenſpiel n kommt burch den Mittel er Roſe. im franzöſiſchen Tor ſehr gute gte konnte er einen fünften Tref⸗ Dindner der Torſchütze, nicht Mit dieſem Treffer war der deut⸗ üllig ſichergeſtellt. Wenige Mi⸗ unten die Franzoſen noch erzielen. Bei dioſem z des von dem ausgezeich⸗ eim 7:2(4:1) genwetters fand ein, die unter der Leſtung ters Paulus⸗Saarhrüden ein, Niederlage von VfR. nie zu ſehen bekamen. Bei Waldhof iſt das ausge⸗ te Stürmerſpiel zu ſoben. Der Pf. 5 ſehr aufopfernd, es fehlte nur im Sturm, der ſowohl in der Ballaufnahme als auch in der Ballabgabe ſehr ungenau ſpielte und wenig Schußkraft zeigte. Die beſten Len te bei VfR. waren der Mittellöufer Kamen in und der Verteidiger Hoßfelder. Das eule Tor fiel in der 15. Minute für Waldhof d zwar durch ein Eigentor von BfR., das der Mittelläufer Kamenzin verſchuldete, indem er eine Flanſe von Pennig ins eigene Tor op e. — Waldhof iſt mit dieſem Sieg nunmehr wiederum Meiſtet der Gruppe Rhein gewor⸗ den. tlotz einſeitiges kämpfte B. Fortſetzung. Eruſt von Vavburg hörte dies alles mit an. Ein grau⸗ ſauies Lächeln legte ſich um ſeinen Mund. Es vertiefte ſich im Laufe des Feſtes mehr und mehr. Dabei war der Schloßherr von bezaubernder Liebens⸗ würdigkeit. Es war ja durchaus nicht immer Hohn, ſon⸗ dern einige von den Herrſchaften gefielen ihm wirklich ſehr. Zum Beiſpiel die Wulſcheiter. Der alte Herr hatte ſich einmal ganz gemütlich bei ihm eingehängt. Er über⸗ ſiel ihn nicht etwa mit Politik, ſondern er fragte nur ganz gemütlich: „Na, lieber Vayburg! So'n Rummel iſt wieder mal nett. Man hat den ganzen lieben Umkreis beiſammen. Nette Leutchen! Bloß einfangen laſſen dürfen Sie ſich nicht! Sie ſind viel zu ſchade dazu, jahrelang ſchiefgegangene Wünſche endlich zu erfüllen.“ Ernſt von Vayburg hatte gelacht, dann hatte er geſagt: „Oh!, man hat dieſe Anſicht ſicher nicht!“ „Sie ſind naiv. Was glauben Sie denn, was dieſe Ein⸗ ladung für einen Sturm von Empfindungen ausgelöſt hat? Na, ich überlaſſe das Ihnen. Was geht mich alte Quaſſelſtrippe denn das an! Aber ein Frauchen bekommen Sie: ſchön, reich, jung, wie Sie es gerade wollen.'ne ſitzengebliebene Schönheit von früher braucht's noch lange nicht zu ſein!“ So! Der alte Wulſcheiter war zufrieden mit ſich. Den ſchönen Kerl neben ſich hatte er jetzt genügend gewarnt, den heiratswütigen Damen hatte er den Spaß etwas ver⸗ dorben, alſo konnte man jetzt von was anderem reden. „Hat Ihr lieber Freund Oldenberg auch ſolche Weizen⸗ preiſe dieſes Jahr erzielt? Donnerwetter!, ich war zu⸗ frieden! Das alte Landwirtherz freut ſich eben doch immer wieder, wenn die heimatliche Scholle gut trägt. Meinen Sie nicht auch?“ „Ja, es gibt wohl nichts Schöneres als die eigene, geliebte Scholle!“ ſagte Vayburg, und drückte den Arm des alten Herrn leicht an ſich. „Nun werden Sie doch hoffentlich zu meiner Frau ihrem Geburtstag herüberkommen? Ich bitte Sie, wo ſie einundſechzig Jahre alt wird und das noch obendrein frei⸗ mütig eingeſteht. Früher habe ich mich allerdings manch⸗ mal ſelber für verrückt gehalten. Da war es mir immer, als feiere meine gute Frau zum ſechſten oder achten Male ihren dreißigjährigen Geburtstag, Haha! Sehen Sie, ſo ſind die Weiberchen nun mal, wenn ſie jung ſind.“ Vayburg lachte mit ihm, dann wurde er wieder ernſt. Nach einer Weile meinte er: „Ich will in einigen Wochen verreiſen.“ „Hm?“ „Ja!“ „Wohin denn? Iſt zwar eine alberne Frage, aber wiſſen möchte ich's trotzdem gern.“ „Bayern wahrſcheinlich. Innsbruck, Meran und noch ein bißchen weiter.“ „Und— ich meine: wer begleitet Sie, lieber Vayburg?“ „Oh! Mein jetziger Kammerdiener iſt ſehr zuverläſſig, und meine Vorleſerin iſt ein Juwel. Ich werde alſo ſehr gut aufgehoben ſein.“ „Na, das freut mich. Selbſtverſtändlich ſchadet es nichts, wenn man ſich mal für einige Wochen aus dem gewohnten Einerlei des Lebens herausmacht. Ich wünſche Ihnen jedenfalls ſchon jetzt gute Erholung, obwohl Sie— un⸗ berufen— glänzend ausſehen.“ „Danke, lieber Wulſcheit.“ Nach einer Weile verabſchiedete ſich der alte Herr fröh⸗ lich von ihm. „Na, ich ſehe verſchiedene böſe Blicke und will Sie der Damenwelt nicht länger vorenthalten. Bis auf nachher alſo!“ Chriſtian Wulſcheit trollte ſich vergnügt und zufrieden. Er hatte den liebenswerten Kerl gewarnt. Das genügte. Was brauchte denn der den Birkenauern oder gar der Els⸗ beth Folgerheim ins Garn zu gehen? Könnte denen ſo paſſen! Und Vayburg würde in beiden Fällen ein fürch⸗ terliches Leben haben, denn er kannte die verbitterten alten Jungfern doch. Wenn es denen plötzlich gut ging, würden ſie Launen haben, daß ſelbſt ein Engel die Geduld verlor. Ein Engel aber war Ernſt von Vayburg nun durchaus nicht. Er war früher ſogar recht temperamentvoll geweſen. Er, der alte Wulſcheit, erinnerte ſich da ſogar an einige recht pikante Hiſtörchen. Und wenn man dem etwa auf der Raſe herumtanzen wollte, irrte man ſich gewaltig! Aber warum ſollte es denn erſt zu ſolchen Aufregungen kommen? Der Vayburg ſollte lieber gar nicht erſt mit der Sache behelligt werden. Es war ſchon ſo beſſer. Chriſtian Wulſcheit raunte ſeiner Frau zu: „Jetzt weiß er Beſcheid! Die werden ſich verrechnen, die auf ihn ſpekulieren, daß du es immer weißt; aber ſchweigen wirſt du, Mütterchen.“ Sie nickte zufrieden. Ernſt von Vayburg aber dachte: „Chriſtian Wulſcheit iſt mein Freund. Und ſeine liebe Frau hat vorhin auch ſo gut und treuherzig mit mir ge⸗ ſprochen. Sondieren wir alſo weiter!“ Die Fabians! Was für liebe, natürliche Menſchen das alle waren! Die zwei Mädels, aſchblond, hoch und ſchlank, waren wohl das Hübſcheſte, was er unter ſeinen Gäſten erſpähen konnte. Wie einfach ſie gekleidet waren, dabei ſollten die Leute doch ſo reich ſein. Das gefiel ihm. Ganz beſonders gefiel ihm Hans Fabian. Der war kühl und ſpöitiſch veranlagt, ohne verbittert zu ſein; aber er ſah die Welt und die Menſchen ohne jedes Glas. Seine Worte: kurz, kühl, ſcharf, wohlüberlegt, fanden volles Verſtändnis bei Vayburg. Die zwei Herren, obwohl der eine bedeutend jünger war, freundeten ſich an dieſem Tage miteinander an. Nachdruck verboten. ö Frau Margarete Fabian ſaß dann einmal längere Zeit neben dem Gaſtgeber. Vorſichtig, ſehr zurückhaltend, be⸗ rührte ſie die Jugendzeit ſeiner Mutter, die mit ihrer eigenen ſo eng verknüpft geweſen war. Ganz leiſe und zart ſtreifte ſie ein paar Erinnerungen. Sie waren Penſionsfreundinnen geweſen. Und ſie hatten ſich immer wieder einmal geſchrieben, wenn das Leben ſie nachher auch weit auseinandergebracht hatte. Sie wußte nicht, ob ihm eine Erinnerung an dieſe Freundſchaft wert ſei, und ſo blickte ſie ein bißchen unſicher in ſein Geſicht. Er ergriff ihre Hand— küßte ſie. a „Ich freue mich ſehr, Sie kennenlernen zu dürfen, gnädige Frau. In Mutters Zimmer hat immer ein Bild von ihrer liebſten Jugendfreundin geſtanden. Margarete Lenz hat darunter die Widmung gelautet. Darf ich fragen, ob das ſtimmt?“ 8 „Ja, ich bin es. Ich freue mich ſehr, daß das Bild Zeugnis für meine Worte ablegen kann. Erfüllen Sie mir die Bitte und kommen Sie öfter zu uns. Ich möchte Sie gern ein wenig bemuttern.“ Er hatte ihre Hand die ganze Zeit über in der ſeinigen gehalten. Nun küßte er ſie abermals. „Ich danke Ihnen, gnädige Frau. Ich werde ſehen, mir dieſe Freundſchaft zu verdienen, die Sie mir da ſo offen entgegenbringen.“ Es zuckte in ſeinem Geſicht. Und ſie dachte: Mein Gott, wie furchtbar muß dieſes Unglück auf ihm laſten! Aber ſie ſprach kein Wort, das dieſes Unglück auch nur hätte ſtreifen können. Er ſah in ihr gütiges Geſicht, und er nahm ſich in dieſer a Minute vor, recht oft zu den Fabians zu gehen, ihnen allen eine gute Freundſchaft entgegenzubringen. Die außergewöhnliche Freundlichkeit, mit der er der Familie Fabian entgegenkam, erbitterte die anderen Gäſte, war aber zugleich das Zeichen, daß man mit der Familie von jetzt an gleichfalls ſehr freundlich zu ſein hatte, wenn man auf das Wohlgefallen des reichen Herrn von Vay⸗ burg rechnen wollte. Das Abendeſſen nahm man im großen Gartenſaal ein, wo ſpäter auch ein bißchen getanzt werden ſollte. Dieſe Tafel war ein Gedicht. Frau Kläre von Olden⸗ berg hatte gezeigt, was ſie konnte. Sie war heute hier ganz und gar die Dame des Hauſes, und infolgedeſſen wußte man, wie man ſich ihr gegenüber zu verhalten hatte. Frau Kläre lächelte zu all den Komplimenten und liebenswürdigen Worten nur freundlich. Dabei ſtreifte ihr Blick immer wieder das Geſicht Vayburgs. Die nach außen gezeigte Ruhe war heute nicht ganz echt an ihr. Sie ängſtigte ſich doch recht um Ernſt. Die Damen wichen kaum von ſeiner Seite, und mit einigen hatte er ſich ſchon recht angeregt unterhalten. Es waren aber gerade diejenigen, die ihr ganz und gar nicht gefielen. Doch ſie konnte vorerſt nichts tun. Man mußte abwarten, denn er würde ja doch nach dem Feſt, wenn die Gäſte das Schloß verlaſſen hatten, mit ihnen, den Freunden, über dieſes Feſt plaudern. Wenigſtens hatte er vorhin angedeutet, daß er ſich auf dieſes Plauderſtündchen freue, und Frau Kläre möchte doch, wenn ſie nicht zu müde ſei von der Anſtrengung, noch einige Kleinigkeiten hinüberbringen laſſen, damit man es ſich dann noch ein bißchen gemütlich machen könnte. Der Hausherr tanzte nicht! Es wäre nach Anſicht der meiſten abſurd geweſen; trotz⸗ dem meinte Herr von Birkenau, er hätte in Davos mal einen Blinden tanzen ſehen, da hätte man gewiß nicht be⸗ haupten können, daß der ſeine Sache ſchlechter mache als die anderen, und ſeiner Anſicht nach käme doch Herr von Vayburg bei ſeinem Feſt ſehr kurz weg. Manche gaben ihm recht. Am meiſten ſeine Frau und Tochter, denn beim Tanz hätte man ganz andere Gelegenheit gehabt, ſich anſchmie⸗ gend zu zeigen. Man hätte auch irgend etwas flüſtern können, was dem Herrn auf Vayburg bewieſen hätte, wie gern man ſelbſt ein zurückgezogenes Leben führen möchte, denn Glanz und Zerſtreuungen waren doch wirklich nichts wert. g Nun tanzte er nicht, und man konnte all die wohl⸗ einſtudierten Worte nicht anbringen. Was jammerſchade war! Einmal lehnte der Schloßherr ganz allein an einem Fenſter des Gartenſaales. Eine große Palme verdeckte ihn faſt ganz. Er aber blickte durch ihre Zweige auf ſeine Gäſte. Langſam kroch ein Vergleich hoch in ihm, der ihm die einſtige Finſternis und die damit verbundene Einſamkeit preiſen wollte. „Was haſt du nun? Nun biſt du dazu verurteilt, alle Falſchheit, alle Berechnung ſelbſt zu ſehen. Du kannſt wieder in den Augen der Menſchen ihren Wert erkennen. Du wirſt darunter leiden, wenn Falſchheit und kalte Be⸗ rechnung ſich an dich heranſchleichen. Trotzdem wirſt du die ewige Komödie der Welt mitmachen und wirſt gerade mit dieſen Menſchen, die dir widerwärtig ſind, verkehren. Glaubſt du wirklich, daß du nun zufriedener ſein wirſt?“ Doch da kam die jubelnde Freude: „Ja! Glücklich bin ich. Und ich will es weiter bleiben. Nein, erſt richtig werden will ich es. Suchen will ich mir ein großes heiliges Glück. Und ich werde es finden. Das Gottesgnadengeſchenk, wieder ſehen zu können, iſt ſo heilig, ſo köſtlich, daß ich die vielen kleinen, lachhaften Schwächen verſchiedener Menſchen gern mit in den Kauf nehme.“ Ganz ernſthaft ſah Ernſt von Vayburg ſich die beiden Mädel der Fabians an. Sie gefielen ihm. Kein Zweifel, ſie gefielen ihm ſehr. Doch als Frau kam keine von ihnen in Frage für ihn. Copyriaht by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) D E r 1 E i ch E B 1 i n d E Roman von Gert Rothberg 1 f FFT l eee EE Eee br brad 0 n 2 8 6 8 n 4 mn u Weshalb aber nicht? 5 a Er legte ſich die Frage vor, beantwortete ſie ſich: „Ernſte, blonde, gereifte Menſchen! Tüchtige Frauen werden beide einmal ſein. Doch ich muß mir etwas Be⸗ ſonderes ſuchen. Etwas, was der Himmel nicht alle Tage verſchenkt. Es muß auf der Welt eine Frau geben, die ich vom erſten Sehen an liebe und die die gleichen Ideale und die gleiche Sehnſucht in ſich trägt wie ich. Ich werde ſie finden. Ich werde eben ſo lange ſuchen, bis ich ſie finde.“ g Das Feſt neigte ſich ſeinem Ende zu. Aber alle ſicherten ſich ſchon jetzt eine Zuſage des Schloßherrn, beſtimmt auch zu ihnen, zu dieſer oder lener Feſtlichkeit zu kommen. Er ſagte lächelnd alles zu, bemerkte aber, daß wohl inzwiſchen der Winter herankäme, da er erſt noch eine längere Reiſe antreten wolle. 5 Man war ſchwer enttäuſcht, verſicherte aber, daß es dann im Winter doppelt ſchön ſein werde, wenn man wieder beiſammen war, und es fielen noch viele gute Worte. Endlich rollte der letzte Wagen vom Schloßhof. Ernſt von Vayburg ſtand allein in ſeinem Zimmer, reckte die ſchlanke, ſtolze Geſtalt. 8 „Wieder ein Menſch! Keine Maſchine mehr, die täglich ihren Gang abläuft und die doch tot und willenlos iſt!“ dachte er. Und dann liefen ſeine Gedanken zu einem blaſſen, ſtillen Mädchen. Hilda Hardegg. Seine Vorleſerin. Der liebgewordene Kamerad vieler Stunden. Wie mochte ſie denn den Nachmittag und den Abend verlebt haben? Nun, dieſer freie Tag war ihr doch wirklich einmal zu gönnen geweſen. Vayburg wandte ſich um. Hermann Oldenberg und Kläre kamen ins Zimmer. Sie lachten herzlich, und Kläre meinte: „Ich habe noch ſchnell das Silber weggepackt. Her⸗ mann aber war bei Mädi im Gartenhauſe. Die Sorge hal ihn nicht in Ruhe gelaſſen. Ich bin aber ganz be⸗ ruhigt, denn Fräulein Hardegg hat die Sorge für die Kleine übernommen, und das iſt ſo gut, als wäre ich ſelbſt daheim.“ „Ach, ſie hat Kinder furchtbar gern. Und unſer Mädi beſonders. Aber ich mußte trotzdem mal hin“, ſagte Her⸗ mann Oldenberg vergnügt. „Ja, ſie ſcheint die Kleine ſehr in ihr Herz geſchloſſen zu haben“, ſagte Vayburg, und er dachte, daß das be⸗ ſcheidene Mädchen mit der wundervollen Stimme nun doch keinen freien Tag hatte, denn Mädi war ſehr lebhaft und ließ ihre Umgebung nie lange zur Ruhe kommen. Die drei ſaßen dann gemütlich um den ovalen Tiſch, und Kläre reichte den Herren noch eine Taſſe Tee. Dabei plauderten ſie gemütlich. Ernſt von Vayburg ſagte herz⸗ lich: „Na, Frau Kläre, Ihre Stellung wäre alſo befeſtigt. Man weiß jetzt, wie man der Frau meines liebſten Freundes zu begegnen hat.“ „Ja, aber es war gar nicht ſo viel Klimbim nötig, Kläre wird bloß hochnäſig werden“, ſagte Oldenberg be— kümmert und nahm ſich etwas von dem leckeren Gebäck. Sie lachten alle drei herzlich, und Oldenberg meinte: „Ernſt, daß du plötzlich wieder ſo fröhlich lachen kannſt! Wie froh uns das macht, Kläre und mich! Aber weißt du, manchmal denke ich doch, dir muß etwas Wunder⸗ ſchönes paſſiert ſein. Wenn ich bloß wüßte, was 155 „Ja, es iſt mir etwas Wunderſchönes paſſiert.“ Sie ſahen ihn an, hofften wohl, daß er ihnen vielleicht doch noch eine nähere Erklärung geben würde. Doch er ſchwieg, ſprang auf ein anderes Thema über. Aus einer Stunde waren zwei geworden, und Olden⸗ berg ſagte: „O Himmel, ſchon drei Uhr! Um fünfe muß ich wieder raus.“ „Hör mal, du biſt hier doch kein Knecht. Schlafe dich doch aus. Dieſes eine Mal wird es doch ohne dich gehen.“ „Nee, es geht nicht ohne mich! Ich denke nicht daran; daß die ganze Bande dann auch erſt gegen ſieben Uhr aus den Federn kriecht. Die warten doch bloß darauf. Denn du haſt ja dafür geſorgt, daß ſie auch einen Brumm⸗ ſchädel haben“, meinte Oldenberg und zupfte Kläre, denn er wollte jetzt ſo ſchnell als möglich in ſein gutes Bett. „Alſo dann vielen Dank, Frau Kläre. Und recht an⸗ genehme Ruhe. Das gilt gleich mit für dich, Hermann.“ „Danke! Ich komme mir wie eine Tranfunzel vor, kriege kaum noch die Augen auf. Na, ſchlaf auch gut! Ich werde deinen Kammerdiener verſtändigen.“ Mit einem lachenden Scherzwort gingen ſie. Der Schloßherr ſah ſie drüben dicht aneinander ge⸗ ſchmiegt durch die Gänge gehen. Er war noch gar nicht müde. Noch gar nicht. Drüben kam ſchon ein heller Schein am Horizont hoch. Die Sonne! Es würde noch eine ganze Weile dauern, ehe ſie durch⸗ brach; aber gerade dieſes beginnende Werden des neuen Tages war ſo köſtlich und geheimnisvoll, und er hatte es ſolange entbehren müſſen, daß es Ernſt von Vayburg mit Gewalt hinauszog. s Zu ſeinen Füßen lag der Hund. Vayburg bückte ſich, ergriff die Leine. Noch mußte er den Schein wahren. Wie geheimnisvoll dieſe Sommernacht war! Dieſet Morgen! Herb und friſch roch die Erde. Tau lag auf allen Pflanzen. Im Geäſt zwitſcherte es ſchon munter. Langſam ſchritt Vayburg dahin. Er betrat die kleine Anhöhe an der Parkmauer, von wo aus man weit über die Wieſen und Wälder hinwegſehen konnte. Und wenn man das Schloß betrachten wollte, ſo brauchte man ſich nur herumzuwenden, und man hatte den ganzen ſchönen alten Bau vor ſich. (Fortſetzung folgt.) perficherungsanſtalt für Angeſtellte hat die 1 für den Bezug von Waiſenrente und Kinderzuſchüſſen vom 15. auf das 18. Lebensjahr 9 Vorausſetzung iſt hierfür Schul⸗ und Berufsausbildung des Kindes. Die höhere Altersgrenze ilt auch dann, wenn das Kind infolge körperlicher oder geiſtiger Ge⸗ brechen außerſtande iſt, ſich ſelbſt zu erhal⸗ ten. Dieſe Leiſtungserhöhung erſtreckt ſich auch auf die Erſatzkaſſen der Angeſtelltenverſiche⸗ rung und tritt rückwirkend ab 1. Oktober 1932 in Kraft. Der Reichsarbeitsminiſter hat die geſetzlich vorgeſchriebene Zuſtimmung zu dieſen Mehrleiſtungen erteilt. achgggaaagggagagaggg Wiſſenswertes aus der Stumpeninduſtrie Allerhand vom Tabak. Wenn der geneigte Leſer am Feierabend nach Beendigung des Tagwerks zufrieden ſeinen Stumpen anzündet, um ſich für eine Weile behaglichem Nach⸗ denken hinzugeben, ſo hat er ſich beſtimmt ſchon oft gefragt, wo eigentlich der Tabak herkommt. Zwar hat er ſchon oft den Begriff„Ueberſee“ gehört und dieſen einige Dutzendmale auf dem Stumpenpäckchen ge⸗ leſen, aber im großen und ganzen ſind ihm die Her⸗ kunft des Tabaks, der Handel, die Fabrikation und alle ſonſt noch mit dieſem Kraut zuſammenhängenden Dinge immer noch ein Buch mit ſieben Siegeln. Sinn und Zweck dieſer und der nachfolgenden Ausführungen iſt es, dem Raucher alles Wiſſens⸗ werte mitzuteilen. Wir bitten deshalb den Leſer, uns einmal durch die Villiger⸗Stumpenfabriken zu begleiten. Auf dieſem Rundgang werden wir ihm die intereſſanteſten Tabakgewächſe vorzeigen und ihn beſtmoͤglichſt fachmänniſch unterrichten. Wer einen ſelbſtändigen Beruf betreibt und mit dieſem ſchon als Käſehoch mit Leib und Seele ver⸗ wachſen iſt, dem gereicht es ſtets zur beſonderen Freude, ſeine Bekannten in die Geheimniſſe ſeines Schaffens und Strebens einzuweihen. So möchten wir dem Leſer gerne etwas„Tabakgefühl“ vermitteln, damit er nicht gedankenlos das wertvolle Kraut ins Blaue pafft, als wenn es gelte damit die Mücken zu vertreiben. Wir wünſchen vielmehr, daß der Raucher einen kleinen Begriff davon bekommt, was es alles braucht bis ein Stumpen fix und fertig iſt und die Kenntnis deſſen ſoll dazu beitragen, daß er ſeinen Stumpen mit beſſerem Verſtändnis rauchen wird. Wir beginnen mit dem Tabakkeller. Da liegen zunächſt in einer endloſen Reihe ungezählte Ballen feiner Braſiltabake. Dieſe Tabake ſind direkt unter dem Aequator gewachſen und dadurch beſonders ge⸗ haltvoll. Schon äußerlich unterſcheiden ſie ſich in Größe und Farbe von den übrigen Tabakarten. Dieſe zarten, bloß fingerlangen Gewächſe ſollen dem Stumpen einen beſonderen Charakter verleihen. Ent⸗ sprechend der heutigen Geſchmacksrichtung, die speziell auf milde Erzeugniſſe Gewicht legt, werden von der Stumpenfabrikation die milderen Arten der Braſiltabake beim Einkauf bevorzugt. In einem weiteren Raum befinden ſich in Strohmatten ge⸗ packte Java⸗ und Vorſtenlandentabake der nieder⸗ ländiſch⸗indiſchen Kolonien. Dabei handelt es ſich um Gewächſe der verſchiedenſten Plantagen. Damit das Aroma des Stumpens nicht einſeitig, ſondern voll abgerundet zur Geltung kommt, iſt es von Vorteil eine größere Zahl der verſchiedenſten Sorten im genau abgeſtimmten Verhältnis durcheinander zu verarbeiten. Ein beſonders intereſſanter Tabak iſt der ſogenannte„Kentucky“, deſſen feinſte Arten zwar nicht in dem nordamerikaniſchen Staate Kentucky ſelbſt, ſondern in dem ſüdlicher gelegenen Tenneſſee wachſen. Dieſer Tabak iſt ein ausgeſprochenes Würze⸗ material, das die Rolle von Salz und Pfeffer ſpielt. Dieſe vortrefflichen Tabake werden in Original⸗ fäſſern von annähernd 15 Zentner Gewicht geliefert. Einige Arbeiter ſind gerade mit dem Löſen der Büſchel beſchäftigt. Würziger Duft, der etwa⸗ mit gut ge⸗ räuchertem Schinken gemein hat, erfüllt den ganzen Lagerraum. Tatſächlich werden die feineren Grade der Kentucky⸗Tabake vom Farmer mit Hickoryholz, eine amerikaniſche Nußbaumart, geräuchert, wodurch ſie ſich im Aroma verfeinern und haltbarer werden. (Fortſetzung folgt.) gagaggaggagagaagagaaggaagaagaggaagaaggaggnaagagaagga Ein leikeres Heilmittel. Vielſeitige Verwendung des Apfels. In der alten deutſchen Volksmedizin ſchätzte man den Apfel als verdauungsfördernd, ma⸗ genſtärkend und nützlich bei„ſchwermütigen“ Krankheiten. Wann hätten wir mehr Grund gehabt, Schwermut zu bekämpfen, als heute! Dankbar müſſen wir ſein, daß es ſo leckere Heilmittel gibt, die man mit ſoviel Vergnü⸗ gen und Genuß verſpeiſt. Fragt nur die Kin⸗ der, ob es für ſie etwas Köſtlicheres gibt, als einen rotwangigen Apfel zum Frühſtück. Welcher Genuß iſt ein leckerer Apfelkuchen! Auch eine Apfelſuppe iſt nicht zu verachten. Gut ſchmecken auch Apfelſchnitte in Backteig gewendet, in ſchwimmendem Fett gebacken und die beliebte Apfelſchlagſahne. Etwas ganz Köſtliches iſt der Wiener Apfel⸗ ſtrudel, der bei uns noch viel zu wenig be⸗ kannt iſt. Man wirkt einen Nudelteig von zwei Eiern, einer Taſſe lauem Waſſer, etwas Butter und dem nötigen Mehl, ſchlägt ihn tüchtig und läßt ihn unter warmer Schüſſel eine Stunde ruhen. Inzwiſchen werden reich⸗ lich Aepfel fein geſchnitten, mit Zucker und etwas Vanille vermiſcht, geriebene Semmel in Butter geröſtet, einige Mandeln und Ko⸗ rinthen vorbereitet. Den Teig treibt man auf einem Tuch aus, zieht ihn ganz dünn aus, gibt die geröſteten Semmeln, Apfelſchnitten, Mandeln und Korinthen darauf und rollt ihn 1 indem man an einer Stelle das Tuch anhebt. Mit Butter beſtrichen, wird er auf dem Blech knuſprig gebacken. Als Mit⸗ tagsgericht bäckt man ihn in einer gut geſtri⸗ chenen Pfanne unter Beigabe von einem hal⸗ ben Liter geſüßter Milch. die völlig verbäckt. Auch gutſchmeckende Apfelgetrante kennen wir, den Apfelwein und den immer mehr in Aufnahme kommenden Apfel⸗Süßmoſt. Lel⸗ lere Rohkoſtſalate bereichert der Apfel. Am bekannteſten iſt wohl der Fruchtſalat aus ver⸗ ſchiedenen Früchten nüt geſpaltenen Nüſſen. Und, was wäre ein Heringsſalat ohne Apſel⸗ würfel, was ein gut gekochtes Rotkraut ohne Aepfel! Endlich, können wir uns einen richtigen Chriſtbaum vorſtellen ohne rotbäckige Aepfel, die hier das Symbol der Fruchtbarkeit ſind, ebenſo wie im Adventskranz. Wir ſehen, der Apfel iſt mit uns Deutſchen verwachſen; ge⸗ nießen wir ihn dankbaren Herzens! Badiſche siedler nach schleſien. Vor einigen Wochen ſind durch die Reichs⸗ ſtelle für Siedlerberatung, Zweigſtelle Baden, eine Anzahl badiſcher Familien auf das Sied⸗ lungsgut„Fürſten⸗Ellguth“ in Schleſien, Kreis Oels, umgeſiedelt. Am Mittwoch, den 7. De⸗ zember werden weitere vier Familien aus Lie⸗ dolsheim(Amt Karlsruhe), und Mückenloch (Amt Heidelberg) dorthin fahren. Dieſe vier Familien werden wie die bereits Umgeſiedelten ihre Heimatſcholle mit der ſchleſiſchen Scholle vertauſchen, um ihren Kindern eine auskömm⸗ liche Exiſtenz zu ſchaffen. Sie treffen ſich am Mittwoch abend 7 Uhr im Hauptbahnhof Karlsruhe, von wo ſie mit dem Schnellzug 19.48 die Reiſe in ihre neue Heimat antreten werden. In dankenswerter Weiſe wird die Reichsbahndirektion Karlsruhe auch für dieſen Umzug einen Sonderwagen zur Verfügung ſtellen. Die Siedler werden ihre Güter bereits am Montag, den 5. Dezember verladen. Jede dieſer Familien erhält in Schleſien eine 15 Hektar⸗Stelle einſchließlich Wohnhaus und Oekonomiegebäude ſowie Ernte. Fürſten⸗ Ellguth beſitzt eine eigene Brennerei, die für die dort erzeugten Kartoffeln genügend Ab⸗ ſatz bietet. Da die Siedlung in nächſter Nähe der Großſtadt Breslau liegt, iſt ebenfalls für Milch-, Vieh⸗ und Getreideabſatz geſorgt. Es ſei auch an dieſer Stelle nochmals vor den jetzt häufig auftretenden Siedlerorganiſationen gewarnt, die die Umſiedlungen rein geſchäfts⸗ mäßig betreiben. Die Reichsſtelle für Siedler⸗ beratung, Zweigſtelle Baden, Karlsruhe, Schloßplatz 19, gibt jedem Siedlungswilligen jederzeit koſtenlos Auskunft über alle Sied⸗ lungsfragen. Die Zurückbleibenden wünſchen allen Siedlern Glück und einen guten An⸗ fang in ihrer neuen Heimat. Weinheimer Schweinemarkt. Zugeführt: 381 Stück Verkauft: 276 Stück Milchſchweine das Stück 6— 10 Mk. Läufer das Stück von 12— 20 Mk. Marktverlauf mittel. — Käuferſtreil der Bauern. Freiburg, 4. Dezember. Im„Badiſchen Bauer“, der wirtſchaſtspo⸗ litiſchen Wochenſchrift des Badiſchen Bauern⸗ vereins, erſchien ein Aufruf an die babdiſchen Bauern, gegenüber den Thomasmehlerzeugern in einen Käuferſtreik einzutreten. Bei dem faſt völligem Mangel an Barmitteln in den bäuer⸗ lichen Wirtſchaften fand dieſe Aufforderung nicht nur in Baden, ſondern im ganzen Reich willig Gehör. Die dieswöchige Nummer des genannten Blattes bringt nun eine eingehende Begrün⸗ dung der Berechtigung dieſes Käuferſtreiks, der in ſolchem Umfang erſtmals in Baden angewandt wird. Der Badiſche Bauernverein hebt darin hervor, daß die Preiſe für die landwirtſchaftlichen Produktionsmittel an und für ſich ſchon im Vergleich zu den Friedens⸗ preiſen 30 Prozent unter den Preiſen für die landwirtſchaftlichen Erzeugniſſe liegen. Die fortgeſetzte Steigerung der Thomasmehlpreiſe in den letzten Monaten umfaßt ein Drittel, komme einer Ausbeutung der Landwirtſchaft gleich, gegen die ſie ſich mit dem ihr allein zur Verfügung ſtehenden Mittel des Käufer⸗ ſtreiks wehren müſſe. ö Angeſichts der ſtark geſunkenen Kaufkraft der Konſumenten ſetze die Landwirtſchaft ihre letzte Hoffnung auf die von Regierungsſeite vveſprochene Senkung der Ausgaben und Be⸗ laſtungen des bäuerlichen Betriebes. Das Preisdiktat der Thomasmehlerzeuger ſei daher umſo unerträglicher. Solange eine Ermäßi⸗ gung der Thomasmehlpreiſe nicht herbeigeführt werde, wird die Anwendung von Superphos⸗ phat empfohlen, das die Preisſteigerung des Thomasmehles bisher nicht mitgemacht habe. In dem Proteſt wird davor gewarnt, die Geduld der Bauern noch ſtärker in Anſpruch zu nehmen. Man möge ſich auch in Regie⸗ rungskreiſen nicht länger über die tatſächliche Stimmung unter den Bauern täuſchen Wenn. die ungerechte Behandlung der Landwirt⸗ ſchaft ſo fortgehe, höre ſie auf, ein ſolides ae des Staates und der Wirtſchaft zu ſein. Familientage. Namensforſchung.— Familienbegabung. Die Zeit der Beſinnung und der Einkehr, welche wir mit dem kirchlichen Namen Advent verbinden, iſt von jeher auch zur Abhaltung von Familientagen bevorzugt worden. Da⸗ rin hat es das Land beſſer als die Stadt. Die Angehörigen einer Sippe wohnen vielfach noch immer geſchloſſen in einem Bezirk, ſo daß man ſich leichter auf einen gemeinſamen Treffpunkt einigen kann, der für alle Teil⸗ nehmer nicht zu umſtändlich und koſtſpielig zu erreichen iſt, während die Vertreter vieler ſtädtiſcher Berufe, Gelehrte, Gewerbetreiben— de, Kaufleute Ingenieure wie auch beſonders Beamte und Militärs ſchon im erſten Vet⸗ terngrade oft über das ganze Reich zerſtreut ſi: d. Viele Oheime, Tanten und angeheira— tete Verwandte kennt man nicht von Ange⸗ ſicht, ſondern nur durch das Bildnis und Briefe. Da hätten die Familientage eine be⸗ ſonders wichtige Aufgabe zu erfüllen. wenn das Reiſen nicht heute ſo teuer und für den Mittelſtand unerſchwinglich wäre. Während früher Familientage vornehm⸗ lich vom Adel und den patriziſchen Geſchlech⸗ tern abgehalten wurden, iſt ſeit einigen Jahr⸗ zehnten auch in anderen Kreiſen der Sinn für Sippenpflege erfreulich erſtarkt. Der beſte Beweis dafür was auf dieſem Ge⸗ biete geleiſtet werden kann, iſt die ſtaatliche Reihe der von dem Leiter des früheren preußiſchen Heroldsamtes Dr. Bernhard Körner herausgegebenen Jahrgänge des Deutſchen Geſchlechterbuches(Genealogiſches Handbuch bürgerlicher und bäuerlicher Ge⸗ ſchlechter), ferner die große Zahl der ſeither erſchienenen, wiſſenſchaftlich bearbeitetenckin⸗ zelgeſchichten von Familien, und wie eifrig weiter gearbeitet wird, dafür legen die Hefte der weſtdeutſchen Geſellſchaft für Familien- forſchung Zeugnis ab, um nur ein Beiſpiel neben zahlreichen anderen mit mehr örtlich beſchränktem Arbeitsgebiet zu nennen. Nach langen Vorarbeiten, die zum Teil bis in den Anfang der germaniſtiſchen Wiſſen⸗ ſchaft zurückreichen, ſind wir auch auf dem Gebiete der Namensforſchung beträchtlich weiter gekommen, ſeit ſich eine Zuſammen⸗ faſſung vieler Einzelergebniſſe hat ermögli⸗ chn laſſen. Viele wiſſen ja nicht einmal über die Herkunft des Namens, den ſie doch ihr Leben lang ſchickſalmäßig tragen müſſen und den ſie ihren Nachkommen vererben, Be⸗ ſcheid, und manche glauben, daß die Fami⸗ lienforſchung hier beginnen müſſe. Hier er⸗ lebt aber der angehende Forſcher zuweilen die erſten Ueberraſchungen. Wenn wir auch jetzt beinahe jeden Familiennamen ſprachlich ableiten können, ſo kann derſelbe Name doch ganz verſchiedenen Urſprunges ſein. Blankerz kann ebenſo gut vom altger⸗ maniſchen Vornamen Blankhart abgeleitet ſein, wie er vom blanken Erz ſtammen kann, das die Vorfahren als Bergherren oder Bergknappen gefördert oder verhüttet haben. Die Schreibweiſe desſelben Namens iſt in früheren Zeiten und in ſelteneren Fällen noch in neuerer Zeit von einer Geſchlechter⸗ folge zur anderen und gelegentlich ſogar un⸗ ter Brüdern eines und desſelben Hauſes ver⸗ ſchieden geweſen, ſo daß Schmid, Schmied, Schmidt, Schmitt gar nichts für die verſchie⸗ dene Abſtammung zu beſagen brauchen. In nicht wenigen Fällen haben Leute bei einem Aufenthalt im Ausland fremde Namen an⸗ genommen oder annehmen müſſen und ſie ſpäter beibehalten und gehören darum doch zu ihrer alten Stammesſippe. Solche Fragen werden auf den Familien⸗ tagen angeregt und gefördert und glückliche Funde in Archiven, in Kirchenbüchern, auf alten Grabſteinen, in irgendeinem verſcholle— nen Briefwechſel erweiſen die alte Wahrheit: Suchet, ſo werdet ihr finden, häufig mit un⸗ erwartet überraſchendem Erfolg. Man wird heimiſcher in ſeinem eigenen Geſchlecht, man lernt ſich ſelbſt und ſeine Begabungen und Triebe genauer beobachten, wenn man die Wurzeln kennt, aus denen man ſtammt, und gleichzeitig knüpfen ſich lockere Bande mit de⸗ nen, die desſelben Blutes ſind, enger, was oft von nicht zu unterſchätzendem erzieheri— ſchen Nutzen für die Jüngeren und auch für ö viele Aeltere iſt. Von den praktiſchen Aufgaben der gegen⸗ ſeitigen Hilfe, die vielfach der Gegenſtand der Familientage ſind, ſoll hier nicht die Rede ſein, wohl aber muß auf ein erſt neuerdings in ſeiner Bedeutung mehr und mehr, erkann⸗ tes Gebiet aufmerkſam gmacht werden, das die private Familienſache überſchreitet, Je lückenloſer ſich der Stammbaum aufſtellen läßt und je mehr ſich die Kenntnis der Vor⸗ fahren vertieft, deſto deutlicher erkennt man den Teil ihres Erbes, den keine Schickſals⸗ ſchläge den Nachkommen rauben können, nämlich die Blutlinien der ſeeliſchen und gei⸗ ſtigen Begabungen. Hier betreten wir aller⸗ dings einen Boden, wo zukünftig noch ſehr viel Arbeit geleiſtet werden muß. Es gibt, da- iſt allgemein bekannt und unbeſtritten, beſondere Familienbegabungen. die ſich nach einſtweilen noch unbekannten Geſetzen verer⸗ ben. Aus der Landwirtſchaft kennen wir ſie bei Vieh⸗ und Pflanzenzüchtern, auch bei Lei⸗ ſtungen in der Betriebsorganiſation. Wir kennen bäuerliche Geſchlechter in denen eine beſondere Veranlagung für beſte wirtſchaft⸗ liche Arbeit, in der Botanik Zoologie(Or⸗ nithologiel) und ganz auffallend in der Aſtronomie immer wieder in den verſchiede⸗ nen Geſchlechterfolgen durchgebrochen iſt. Am beſten ſcheint bisher die Erblichkeit der Begabung für Muſik und Mathematik beob⸗ achtet zu ſein, und hier hat ſich gezeigt, daß die in aller Stille geleiſtete Arbeit der ein⸗ zelnen Familien ſo wichtig iſt, daß man in der Schweiz neuerdings die Forderung erho⸗ ben hat, die Familienforſchung mit ſtaatli⸗ chen Mitteln zu unterſtützen. Daran iſt bei uns in Deutſchland vorläufig nicht zu den⸗ ken, wohl aber iſt der Schluß nicht abzuwei⸗ ſen, daß man manchem jüngeren Abkömm⸗ ling die heute ſo ſchwere Berufswahl durch die Feſtſtellung ſolcher ausgeſprochener Fa⸗ milienbegabungen erleichtern könnte. Und es würde ſich wohl lohnen, wenn man auf den Familientagen auch dieſen Richtpunk der gemeinſamen Forſchungen in Erwägung doge Wi. Scheuern. Grund und Voden im Mittelalter Der Wind weht über die Felder, durchs regennaſſe Zelt. Der Kaiſer reitet gen Geldern, ſeine Reiter ziehn ins Feld. Aus dem Geldener Land, dem dieſes Rei⸗ terlied gewidmet iſt, werden uns einige wert⸗ volle Aufſchlüſſe um die Verteilung des Grund und Bodens von ungefähr um das Jahr 1000 bis zur franzöſiſchen Revolution über⸗ mittelt. Am intereſſanteſten dürften die Nach⸗ richten ſein, die bis in das 16. Jahrhundert hineinreichen. Alles Land befand ſich, nachdem das ger⸗ maniſche Bodenrecht beſeitigt worden war, in der Hand ſeines Grundherrn. Die alten Ger⸗ manen kannten nur den gemeinſamen Boden⸗ beſitz, der ſozuſagen einem Siedlungsverband gemeinſchaftlich gehörte. Perſönliche Beſitz⸗ rechte gab es nicht. Erſt mit der Chriſtiani⸗ ſierung des Landes und dem Aufkommen der verſchiedenen Dynaſtien hörte dieſe Art von Bodenrecht auf und das Land wurde Beſitz der Grundherren. Dies waren entweder die Landesherren oder Kirchen und Klöſter. Die Grundherren konnten ſelbſtverſtändlich nicht allein das Land bewirtſchaften. Es wurde aufgeteilt und ausgeliehen. Die aufgeteilten Stucke nannte man Hufe. Unter einer Hufe verſtand man nicht ein Landſtück von ganz beſtimmten Ausmaßen, ſondern einen Hof mit einer darum liegenden und jeweils verſchie⸗ den großen Bodenfläche. Es gab ganze und halbe Hufe. Eine ganze Hufe war nach un⸗ ſeren Begriffen ungefähr 40 bis 60 Morgen groß, während man unter halben Hufen unge⸗ fähr 15 Morgen verſtand. Aus dem Kreiſe Geldern weiß man, daß es um 1200 etwa 1200 Hufe von je 60 Morgen gab. Eine Hufe war niemals Eigentum des jewei⸗ ligen Bewirtſchafters. Die Bewirtſchaftr nannte man Kolonen oder Laten, die dem Grundherrn zinspflichtig waren. Die Belei⸗ hung mit einer Hufe nannte man„Behandi⸗ gung“. Ueber die Behandigung wurde in den Latenbüchern genaue Kontrolle geführt und es iſt intereſſant feſtzuſtellen, daß ſich aus den Latenbüchern unſere Grundbücher entwickelt haben. Trotzdem die Hofſtellen reſpektive Gü⸗ ter niemals perſönliches Eigentum waren, konn⸗ ten ſie doch vererbt werden. Schließlich hat⸗ ten die Grundherren auch ein Intereſſe daran, daß ein ſolches Leihgut immer vom Vater auf den Sohn überging, um den Willen an einer guten Bewirtſchaftung rege zu halten. Darum iſt es auch zu verſtehen, daß das Nut⸗ zungsrecht nicht nur dem Mann, ſondern auch der Frau zuſtand und daß bei einer Erbfolge Mann und Frau den rechtsgültigen Nachfol⸗ ger zu beſtimmen hatten. Als feſtſtehen der Faktor bildete ſich ſomit eine Erbpacht her⸗ aus, die mindeſtens ebenſo wertvoll war wie der Beſitz eines Gutes ſelbſt. Durch den Akt der Behandigung wurden jedesmal die Rechte des Grundherrn neu ver⸗ brieft. Es war auch möglich, eine Beſitzſtelle auf die Tochter zu vererben, wenn kein Sohn vorhanden war. Wenn direkte Erben nicht vorhanden waren, konnten auch andere Anver⸗ wandte in die Erbſchaft eingeſetzt werden. Aus dieſer Erbfolge iſt zu erſehen, daß Söhne und Töchter nicht gleicherweiſe erbberechtigt wa⸗ ren und daß den Söhnen der Vorrang ge⸗ bührte. Erſt im 16. Jahrhundert haben Söhne und Töchter einen gleichmäßigen Anſpruch auf Erbberechtigung. Man weiß aus dieſer Zeit einen Fall, der ſich in Straelen ereignet hat. Ein Hofbeſitzer konnte ſeiner Tochter, als ſie heiratete, keine Ausſteuer mitgeben und ver⸗ machte deshalb ſeinem Schwiegerſohn 4 Mor⸗ gen Land. Die Laſten, die in ſpäterer Zeit der Grund⸗ herr den Hofbeſitzern auferlegte, nahmen zur Zeit der franzöſiſchen Revolution einen uner⸗ träglichen Charakter an. Erſt Napoleon machte am Niederrhein und auch ſonſt im Rheinland der Zinspflicht ein Ende und half ſo einen freien Bauernſtand mit begründen. —̃.Bu—