Lokales * Eine Siebzigjährige. Heute Mitt⸗ woch, den 4. Januar, feiert Frau Magdalena Hofmann geb. Hanf, Alicenſtraße 7, in noch geiſtiger und körperlicher Rüſtigkeit ihren 70. Ge⸗ burtstag. Dem greiſen Geburtstagskind unſeren herzlichen Glückwunſch und einen geruhſamen Lebensabend. Oer richtige Weg. Wer über Sonntag eine paar frohe Stunden verleben will, der beſuche die Winterveranſtaltung des Reichs⸗ banners im„Karpfenſaal“.(Siehe Inſerat.) * Zum zweitenmal. Es iſt zum Tagesgeſpräch geworden, daß der M. G. V. mit dem Luſtſpiel„Glücklich iſt, wer vergißt“, dem Singſpiel„Herr Lenz oder: Wenn die Nachti⸗ gallen ſchlagen“ und der Operette„Das Luxus- weibchen“ am Neujahrsabend ſeinen Mitgliedern eine Rieſenfreude bereitete. Um einigermaßen auf ſeine Koſten zu kommen, findet am Donners⸗ tag Abend eine Wiederholung für die breite Oeffentlichkeit ſtatt. Verſäume kein Vereins- und Bühnenfreund den ſelten ſchönen Genuß, der ihm für den denkbar niederſten Volkspreis geboten. Eintrittsfrei ſind nur die Sänger. Eintritts- karten ſind im Vorverkauf erhältlich bei: Buch⸗ handlung Hofmann, im Lokal und bei den Mit⸗ gliedern. Spiel- u. Operetten⸗Abend des Männergeſangvereins 1846. Gar zu gern folgen alljährlich am Neu- jahrstage die Mittglieder dem Rufe des Män⸗ nergeſängvereins, um ſich im geräumigen Engel⸗ ſaale zu einer gemütlichen Weihnachts- und Neujahrsfeier zu vereinigen. Die rührige Lei⸗ tung des Vereins verſteht es immer, ihre Freunde alljährlich neu zu überraſchen. In dieſem Jahre wurde ein durchweg heiteres Programm zur Abwicklung gebracht, um die von der Not ge⸗ peinigten Menſchen einige Stunden ihrer All⸗ tagsſorgen zu entheben. Ob dies gelang? Da⸗ nach fragt nur alle die, die dabei waren. Es gelang, es gelang ſogar vortrefflich. Es war ein Abend, wie man ihn gerne erlebt und den man lange in Erinnerung behält.— Herr Prä⸗ ſident Jakob Schloſſer begrüßte in herzlichen Worten die Mitglieder mit ihren Angehörigen, die den Engelſaal bis zum letzten Platz füllten. Sein beſonderer Wunſch war, daß alle tapfer mitwirken ſollen an der Pflege des edlen deut⸗ ſchen Männergeſangs. Hierauf brachte der Chor mit ſeinem bekannten prächtigen Stimmenmate⸗ rial Fr. Gutmanns⸗Männerchor„Die Kloſter⸗ inſel“ wirkungsvoll zu Gehör. Nun kamen die Theateraufführungen. Luſtſpiel, Singſpiel und Operette, 3 Einakter, einer köſtlicher wie der andere. Zuerſt das Luſtſpiel„Glücklich iſt, wer vergißt“ Ein humorvoller, voll urſprünglicher Komik ſtrotzender Einakter, der den mitwirken⸗ den Damen Frl. Lena Bugert und Maria Schloſſer, ſowie den Herren Nik. Alter, Nik. Haas, Georg Brechtel und Georg Mier ſch Gelegenheit bot, ihr vorzügliches Kön⸗ nen zu zeigen. Nun folgte ein Singſpiel„Herr Lenz“ oder„Wenn ſanft die Nachtigallen ſchla⸗ gen.“ Eine fröhliche Eiferſuchtsgeſchichte, in dem ein von dem Uebel der Eiferſucht behafte⸗ ter Ehemann geheilt wird. Der geſunde Humor des Stückes wurde vou den beteiligten Damen Frl. Lieſel Müller, Maria Reiſchert und Emma Hofmann ſowie den Herren Phil. Herſchel, Karl Englert und Michael Hel- big, ſchön zur Schau gebracht und die geſang⸗ lichen Partien glänzend gelöſt. Der Clou des Abends bildete die Operette„Das Luxusweib⸗ chen.“ Eine quicklebendige, moderne Operette, voll einſchmeichelnden Melodien, lebensſprühendem Humor und prächtigem Geſang. Trägerin der Titelrolle iſt Frau Lina Kempf. Weiter wirken mit die Herren Jakob Hanf, Ferdinand Hofmann, Karl Englert, Georg Mierſch und Herm. Sternheimer. Alle Darſteller ſtellten ihr ſchon oft bewährtes Können erneut unter Beweis und ſo kam eine flotte Aufführung zuſtande, die alle Erwartungen übertraf. Den muſikaliſchen Rahmen ſchuf die Schwarz-Weiß ⸗Kapelle und zeigte auerkennungs⸗ werte Leiſtungen, die ſie mit zu den beſten Ka⸗ pellen am hieſigen Platze ſtellt. Die Schluß⸗ chöre„Braun Maidelein“ und das„Spielmanns⸗ lied“ wurden unter der Stabführung des tüchtigen Dirigenten Herrnßpfeiffer⸗Mannheim herrlich ge- ſungen. Vergebens ſucht man jedoch auf dem Programm den Schöpfer bezw. Verantworlichen dieſes prächtigen Abends. Wir wollen ihn nennen. Es iſt der alte im Reiche der Töne ewig junge, Ehrenchormeiſter, Herr Rektor Mayr. Seiner altbewährten Kraft unter Aſſiſtierung des ſpieler⸗ iſchen Leiters Herrn Georg Mierſch hat uns dieſen herrlichen, vergnügten Abend beſchieden. Dank ſei ihm und all den Mitwirkenden an dieſer Stelle geſagt. Die Wiederholung für die breite Oeffentlichkeit findet morgen Donnerstag im Engelſaale ſtatt. Der Saal iſt nur beſtuhlt, alſo ohne Getränke und der Eintrittspreis, 35 iſt volkstümlich gehalten, ſodaß ſich ein jedes das Miterleben eines wirklich luſtigen Abends unbedenklich gönnen kann. Amicitia contra Cohnen! Ueberraſchend ſchnell haben die Pokalſpiele begonnen um in den nächſten Wochen einen freien Termin für die Jahresverſammlung zu bekommen. Die Pokalgegner haben ſich dieſes Jahr geändert. Im Rheinbezirk iſt für Phönix Ludwigshafen der VfL. Neckarau eingeſprungen. Bei den Saarvereinen ſind der JV. Kaiſers⸗ lautern(2. Stelle) und der Sp. V. 05 Saar- brücken(12. Stelle) ausgeſchieden, wofür FV. Saarbrücken und Eintracht Trier mitwirken. iſt alſo eine kleine Abwechslung in der Sache. Das Spiel in Saarbrücken findet aus dem Grunde Vormittags ſtatt, weil am Nachmittag das große Derby Sportfreunde gegen Saar- brücken vom Stapel läuft. Wir wollen das Spiel gegen FVS. etwas näher betrachten. Man darf nicht denken, daß die Herren des berühmten Ludwigparlees ſo ohne weiteres zu ſchlagen ſind. Es war Tra⸗ dition, daß die Blauweißen bei den Endſpielen ſind und dieſes Jahr zum erſten Male durch Pech den 2. Platz verloren haben. Dies kam dadurch, daß der beſte Mann der Saarbrücker, der Mittelläufer Sold, abſolut zu den Mühl⸗ hauſer Profis wollte. Heute ſpielt er wieder für ſeine alten Farben. Der beſte Teil im Sturm iſt der linke Flügel Benzmüller— Gelf, der darauf eingeſtellt iſt, ſeinem Führer, dem jugendlichen Cohnen, die Bälle zu ſervieren. Die Grünen ſteigen mit neuen Hoffnungen in die Pokalſpiele. Hoffentlich machen ſie alles gut, was ſie in leichtſinniger Weiſe verſcherzt haben, indem ſie die Pokalmeiſterſchaft an ſich reißen. Und dazu muß man vor allem Fußball ſpielen! Steuerterminkalender für den Monat Januar 1933. 5. Lohnſteuer für die Zeit vom 16.—31. De⸗ zember ſowie Abgabe der Beſcheinigung über die Geſamtſumme der im Monat Dezember einbehaltenen Lohnſteuerbeträge und Abgabe zur Arbeitsloſenhilfe der nicht pflichtver⸗ ſicherten Perſonen. Keine Schonfriſt Umſatzſteuervoranmeldung und Vorauszahlung für das 4. Kalendervierteljahr 1932 ſowie der Monatszahler für Menat Dezember. Schonfriſt bis 17. Januar. „Kriſenſteuerſchlußzahlung für 1931. Schonfriſt. a 2. Teilbetrag Zuſchlag zur Einkommenſteuer für Pflichtige mit mehr als 8 000 Mk. ſo⸗ wie Zuſchlag zur Einkommenſteuer für Ledige nach dem Einkommenſteuerbeſcheid für 1931. Keine Schonfriſt. Lohnſteuer für die Zeit vom 1.— 15. Januar ſofern der Steuerabzug den Betrag von 200 Mk. überſteigt. Keine Schonfriſt. Keine Untererhebſtelle. Die Holz- und Pachtgeldſchuldigkeiten, faͤl⸗ lig an Martini 1932, können noch an den Zahl⸗ tagen der nächſten Woche bis 13. 1. 33. ohne Pfandkoſten bezahlt werden. Ebenſo bis zum gleichen Termin das Zte Ziel Heſſ. Staatsſteuer bis dahin noch ohne Mahnkoſten. An die Abgabe der Umſatzſteuer⸗Voran⸗ meldungen für das 4. Vierteljahr 1932 bis zum 17. 1. 1933, ſowie an die Einlöſung der Ab⸗ fuhrſcheine wird erinnert. Kirchner. Für das Nuto für das Schaufenster Für die Brille Das vorzügliche Präparat gegen das Anlaufen und Gefrleren der Scheiben. Allein-Verkauf: Rathaus- Drogerie Peter Moskenn Reichsbanner Schwarz— Rot— Gold Ortspruppe Viernheim. Unſere alljährlich e . Winter- feier findet am Sonntag, den 8. Januar 1933, abends ¼9 Uhr im„Karpfen⸗ ſaale“ ſtatt. Hierzu laden wir die Einwohner- ſchaft freundlichſt ein. Der Vorſtand. Getränke nach Belieben. Eintritt 20 ee eee e Bekanntmachung. Betr.: Waſſerleitung; hier Sicherung der Haus- leitung gegen Froſt. Wir machen die Hausbeſitzer wiederholt darauf aufmerkſam, hierdurch die auf ihrem Grundſtück befindlichen Waſſerleitungs⸗ einrichtungen rechtzeitig und ausreichend gegen Froſt zu ſichern. Die Kellerfenſter ſind zu ſchließen und mit ſchlechten Wärmeleitern Stroh, Holzwolle, Lumpen etc. abzudichten. Garten⸗ leitungen ſind vor Eintritt des Winters zu ent⸗ leeren und während des Winters leer zu hal⸗ en. Die Waſſermeſſerſchächte ſind mit doppel⸗ tem Deckel zu verſehen und die darin unterge⸗ brachten Waſſermeſſer beſonders mit ſchlechten Wärmeleitern zu umwickeln. Ausdrücklich weiſen wir darauf hin, daß die Hausbeſitzer auf Grund der Waſſerbezugs⸗ ordnung verpflichtet ſind, ſämtliche auf ihren Grundſtücken angebrachten Waſſerleitungseinrich⸗ tungen, insbeſondere die Waſſermeſſer, ausrei- chend gegen Froſt zu ſichern und auch ſonſt vor jedweder Beſchädigung zu ſchützen. Die Koſten für auftretende Froſtſchäden ſind in allen Fäl⸗ len vom Hausbeſitzer zu tragen. Es liegt daher im eigenen Intereſſe der Hausbeſitzer, geeignete Schutzmaßnahmen zu tref⸗ fen, um vor unnötigen Koſten und unliebſamen Störungen in der Waſſerverſorgung bewahrt zu bleiben.: Viernheim, den 3. Jan. 1933. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. 9 Lamberth. zu verkaufen Franz Mandel Hansſtraße 8 Schöne Irüuenn Dichrüben Saklladen zum grünen Laub ast Du irgenduie Zell und gel, dann fänrst Du nieht in de Welt, Sollüern bielpst daheim und kehrst In gen Saftlauen ein. 68 braucht don dann nien 20 Hörsuen, denn du Hänust dien im Safttaden immer Es ladet zum dauernden Beſuche ein Zwei ſtarke Einleg⸗ ſchweine hat zu verkaufen. Johann Schalk Friedrichſtraße 66 M. Träger beſtehend aus 3 Zimmer u. Küche u vermieten. Druckſachen 2Z3immer u. Küche zu vermieten. aller Art, liefert ſchnell u. billigſt Viernh. Anzeiger Aannnelmerstrage 87 am Haltepunkt. Labensmmtel krhsen gelbe nabe Pfd. ab ö Bonnen wolge Pfd. Id und 12 Unsen gutkocnende Pfd. ab 225 Angebrünte Bohnen Pfd. 24 Sauerurauim. Wein. Jünrung Pfd. 5 Dorrnelsen onippen Pfd. ſ 10 Vorderschinken ge- Hoch ¼ Pfd. 28 3 Frankiurter Wurst- chen Paar 12 Herren⸗Moden Welterer dulterabschlag Tandbulter Pfd. 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Die Mitglieder werden gebeten, bis zum 15. Januar ſämtliche Rechnungen an den erb heim und Landesgeſchäftsführer Dumas⸗Darm⸗ Geſchäftsführer zwecks Auszahlung abzugeben. Der Vorſtand. Berufskleidung Telefon 112 olkerelnuttor Pfd. J.3 Tesbutter Pfd. J. 45 Engemachie Rats- Tüten Pfd. 30 3 Stopiltsterte durken 3 Stück 25 3 Saligurken Stück 6 und 93 Essiggurken Stück 5 und 33 dewürzgurhen . Pfd. 20 4 1% Nübel! Sc] i peibef Amicitia 09 E. V. W'heim. Sportplatz im Wald mit Gp. Vgg. Reſt.„Zur Waldſchenke“ Sonntag, den 8. Januar, vorm. ½¼11 Uhr. I. Pokalspiel gegen F. V. Saarbrücken in Saarbrücken. Abfahrt /6 Uhr per Omnibus ab Stern. Heute Mittwoch Abend 8 Uhr Spielausſchuß N. B. Mittwoch und Freitag Uebungsſtunde der Kraftſportler im Lokal. Der Vorſtand. Wenn Sie Geld ſparen wollen, dann bringen Sie Ihre Schuhe in das führende Fachgeſchäft dchuninstendsebung Ludwigſtraße 21(Inn. Anton doe] Ludwigſtraße 21 und Geflügelzuchtverein 1916. Alle Mitglieder, welche das Kanincheneſſen Niernheimer Anztizer (Biernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) . täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,40 k. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illustrierte aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjährlich einen e ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſte e u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim *„ ramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Schri itung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchaftsſtelle Rathausſtr. Viernheimer Zeitung . Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) Die einſpaltige Peti ile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pf nnahmeſchluß für Inſerate und Notizen 19 50 mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen ⸗ Expeditionen Anzeigenpreiſe: bei Wie 5775 abgeſtufter Rabatt.— eutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an bestaunt vorgeſchriebenen Tagen 9 ſedoch eine Gewa 5 t eee Nummer 4 Heſſiſche„Grüne Woche“. Darmſtadt, 5. Januar. Im Saal des„Rummelbräu“ in Darmſtadt eröffnete Oekonomierat Henſel, der Vorſitzen⸗ de der Heſſiſchen Landwirtſchaftskammer, im Namen der veranſtaltenden Körperſchaften den landwirtſchaftlichen Vortragskurſus und wies darauf hin, daß ſchleunigſt Hilfsmaßnahmen zu Gunſten der deutſchen und heſſiſchen Land⸗ wirtſchaft getroffen werden müßten. Miniſter Kirnberger verſicherte die Verſammlung ſeiner beſonderen Anteilnahme an allen landwirtſchaftlichen Fra⸗ gen und Nöten. Die dem Staat vorbehal⸗ tenen Maßnahmen ſeien nur dann von einem Erfolg begleitet, wenn der Einzelne ſeinen Betrieb in Ordnung halte und mit aller Ener⸗ Igie alles aufbiete, ſeinen Betrieb durch die Iſchwere Zeit durchzuhalten. Der Miniſter verlas ein Schreiben des Reichsernährungsminiſter, aus dem hervorgeht, daß dieſer nunmehr ſeine Abſicht, nach Heſſen zu kommen, zu Beginn des Frühjahrs ver⸗ wirklichen werde. Dem Reichswirtſchaftsmini⸗ ſterium hat der Miniſter eine Denkſchrift zugehen laſſen, die Anregungen für die Zoll⸗ ſätze, Kontingente und den Verwendungszweck für inländiſche Erzeugniſſe enthält. Der Mini⸗ ſter verweiſt darauf, daß Heſſen nicht weni⸗ ger als 10,5 Millionen Winzerkredite gegeben wurden. Er iſt der Anſicht, daß hier weitgehend Entgegenkommen gezeigt wer⸗ pen müſſe um den ſchwer notleidenden Wein⸗ aubetrieben Erleichterung zu verſchaffen. In [Pdieſem Zuſammenhang teilt der Miniſter mit, daß er auch die Beſeitigung der Getränke⸗ ſteuer verlange. Auch die heſſiſche Regierung werde es an ichts fehlen laſſen, um die allgemeine Not⸗ lage nach Kräften zu lindern und ſie wird nach wie vor auf ſteuerlichem Gebiet das Möglichſte tun. Aber allen Maßnahmen ſei uur dann ein Erfolg beſchieden, wenn die ſwirtſchaftliche Depreſſion in Deutſchland be⸗ hoben und die Kaufkraft weiter Kreiſe wie⸗ Per geſtärkt ſei. r Die Landesverſammlung. Auf der Landesverſammlung des heſſiſchen Landbundes ſprachen nach Begrüßungswarten des Landesvorſitzenden Dr. von Helmolt, der Furz auf die allgemeine Notlage hinwies, der rovinzialvorſitzende Wichelm Grünwald ⸗Har⸗ eshauſen, Landtagsabgeordneter Seipel-Feu⸗ erbach, Landtagsabgedrdneter Blaſer⸗Noro⸗ ſtadt. In einem Telegramm des Landbun⸗ Pes an den Reichspräſidenten wurde die ſeit⸗ her geduldete Politik, weil für die Landwirt⸗ chaft ſchädlich, mißbilligt. Als von national⸗ ozialiſtiſcher Seite eine Entſchließung einge⸗ Pracht wurde, in der ſchärfſter Proteſt gegen Pie Schlachtſteuer erhoben wird, kam es zu iner Auseinanderſetzung mit dem früheren andbundabgeordneten Dr. Müller, der dar⸗ uf hinwies, daß der Landbund politiſch neu⸗ ral ſei, die Landwirte ſich von den Parteien blehren und ſich nur in landwirtſchaftlichen rganiſationen zu einer großen Berufsmacht gufammenſchließen ſollten. An den Reichsprä⸗ 7 5 wurde folgendes Telegramm gerich⸗ „Wir bitten Ew. Exzellenz ehrerbietigſt, dem dauernden Spiel der Regierungen, die Bauernſchaft mit ſchönen Reden und Ver⸗ ſprechungen zu vertröſten, ein Ende zu ma⸗ chen und für Taten zu ſorgen. Die bis⸗ herige Politit, insbeſondere Kontingente nur zu verſprechen, 1 800 wir als einen Hohn auf unſere Not.“ Der Vorſitzende Helmolt ſchloß darauf die Berſammlung mit der Hoffnung, daß das eue Jahr für die Landwirtſchaft Beſſeres ringen werde als das abgelaufene. Donnerstag, den 5. Januar 1933 Berlin, 5. Januar. Am Mittwoch nachmittag verſammelte ſich der Aelteſtenrat des Reichstags, um zu den Anträgen der Kommuniſten auf ſofortige Einberufung des Reichstags Stel— lung zu nehmen. Die kommuniſtiſchen Ankräge fanden nichk die genügende Unkerſtüßzung. Der Aelteſtenrat beſchloß ſodann die Einbe⸗ rufung des Keichstags auf Dienstag, 24. Januar. Die Sitzung des Aelteſtenrates wurde nicht vom Reichstagspräſidenten Göring geleitet, ſondern vom Vizepräſident Eſſer(3.), da Präſident Göring noch von Berlin abweſend iſt. Der Beſchluß des Aelteſtenrats auf Ein⸗ berufung des Reichstags erſt zum 24. Ja⸗ nuar bedeutet praktiſch, daß die endgültige Klärung der inner- polifiſchen Lage noch etwas weiter hin⸗ ausgeſchoben wird, als man urſprüng⸗ kich annahm. f Sofort nach dem Wiederzuſammentritt des Reichstags wird Reichskanzler von Schleicher die Regierungserklärung abgeben, an die ſich eine politiſche Ausſprache anſchließen wird. Dann folgen die Abſtimmungen über die Mißtrauensanträge. In den letzten Tagen waren wieder zahlreiche Gerüchte im Um⸗ lauf über eine Fühlungnahme des Reichs— kanzlers mit der NSDAP. Ob es ſich da⸗ bei um Wahrheit oder um Dichtung handelte, war nicht feſtzuſtellen. Jedenfalls wird man gut daran tun, alle ſolche Gerüchte mit dem größten Mißtrauen aufzunehmen. Wie die Nationalſozialiſten ſich ſchließ⸗ lich zu den Mißtrauen saneggen ſtellen werden, wird nicht zuletzt von dem Re⸗ ſulkat der Landtagswahlen in Lippe⸗ Detmold abhängen, die bekannklich am Sonntag, 15. Ae ſtattfinden wer ⸗ n. Die Vortragsreihe eröffnete Dr. Schindler (Deutſcher Landwirtſchaftsrat Berlin) mit einem Vortrag über den„Kampf der land⸗ wirtſchaftlichen Veredelungserzeugung um die Erhaltung und Erweiterung ihres Abſatzes von der Verſammlung mit großem Beifall aufgenommen. Anſchließend ſprach Dr. Schmitt von der Landwirtſchaftlichen Verſuck ſtation Darmſtadt über das Thema:„Die Vorausſetzungen für die beſte Wirkſamkeit der künſtlichen Düngemittel unter beſonderer Be⸗ rückſichtigung der Phosphorſäuredüngemittel“. Auch dieſer Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Anſchließend folgte eine längere Ausſprache, in der die beiden Red⸗ ner noch zu verſchiedenen Anfragen Stellung nahmen. Aus Heſſen und Naſſau. Neue Vorlagen im heſſiſchen Landtag. Unter den dem heſſiſchen Landtag neuer⸗ dings zugegangenen Vorlagen befindet ſich ein Antrag der SPD., der ſich mit der Ar⸗ beitsloſenverſicherung kleinbäuerlicher Arbeiter befaßt. Die NSDAP. fordert Maßnahmen, die auf Straßeninſtandſetzungen in den dem Kreis Lauterbach benachbarten preußiſchen Grenzgebieten hinzielen. Ein kommuniſtiſcher Antrag befaßt ſich mit dem Verhalten der Polizei bei Streiks und er enthält die For⸗ derung, dem Miniſter des Innern, Leuſch⸗ ner, das Mißtrauen auszuſprechen. .* a e Der japanische Eroberungsfeldzug. Schanbeilwan nur noch ein rauchender Trümmerhaufen.— Japaniſche Forderungen. auf dem Inlandsmarkt“. Der Vortrag wurde 50. Jahrgang Es würde natürlich zu einer Reichstags⸗ neuwahl kommen, wenn die Mißtrauens— der letzten Notperordnungen Annahme fän⸗ den. Die Reichsregierung hat wiederholt durchblicken laſſen, daß ſie in dieſem Falle zur Auflöſung des Reichstags entſchloſſen iſt. 168 bleibt aber die Lage noch unge- ärt. Reichsregierung wünſcht Klärung. Ueber den Verlauf der Sitzung des Aelte— ſtenrates des Reichstags iſt noch zu berich⸗ ten: Die Kommuniſten hatten beantragt, den Reichstag zum 9. Januar einzuberufen. Der kommuniſtiſche Antrag wurde abgelehnt, da für ihn außer den Kommuniſten nur noch die Sozialdemokraten ſtimmten, die eine Erweiterung der Tagesordnung dahin verlangten, daß der Reichstag in ſeiner Sit⸗ zung auch die Erklärung der Reichsregie— rung entgegennehmen ſollte. Skaatsſekretär Planck gab für die Reichsregierung die Erklärung ab, daß die Regierung bereit ſei vor dem Reichstag zu erſcheinen und Erklärungen über ihr Programm abzugeben. Sie lege dann allerdings auch Werk darauf, daß im Anſchluß daran eine Klärung der polikiſchen Lage eintrete. ter Antrag die nächſte Sitzung des Reichs⸗ tages am Dienstag, den 24. Januar ſtatt⸗ finden zu laſſen, wurde daraufhin bei Enthaltung der Nationalſozialiſten angenommen. Die Nationalſozialiſten kün⸗ digten an, daß ſie beantragen würden auf die Tagesordnung der nächſten Sit- zung auch die Mißtrauensankräge gegen die Reichsregierung zu ſetzen, ohne damit aber die Abgabe einer Regie⸗ rungserklärung verhindern zu wollen. Peking, 5. Januar. Nach chineſiſchen Meldungen iſt Schan⸗ haikwan nach der Eroberung durch die Japaner nur noch ein rauchender Trümmer⸗ haufen. In den Straßen der Skadt liegen die Leichen von mehreren hundert chineſi⸗ ſchen Soldaten, die bei den Straßen- kämpfen gelötet wurden. Die chineſiſchen Berichte beſagen, daß Japan bei dem Angriff auch große Verluſte erlitten hat. Die Chineſen bilden nunmehr zwei Vertei⸗ digungslinien, um weitere Angriffe der Ja⸗ paner zu verhindern. Marſchall Tſchangh⸗ ſueliang hat mehrere Eiſenbahnzüge mit Truppen und Kanonen nach dem Norden in Bewegung ſetzen laſſen. Nach einer amtlichen Mitteilung des japaniſchen Oberkommandos haben die Japaner in der Stadt den Be⸗ lagerungszuſtand verhängt und die Ablieferung aller Waffen angeordnet. Jeder Widerſtand gegen die Behörden wird mit dem Tode beſtraft. Den letzten in Tokio eingetroffenen Nach⸗ richken ſubenge⸗ ſind die Kämpfe bei Schanhafktwan vorläufig eingeſtellt worden. Ein japaniſcher Panzerzug iſt in Richtung Tſchanwangtau zum Vorpoſten⸗ und Siche⸗ rungsdienſt abgegangen. anträge oder die Anträge auf Aufhebung, Ein hierauf vom Zentrum eingebrach- ö 5 1 1 Reichstag am 24. Januar. Beſchluß des Aelteſtenrats.— Nächſte Woche Beginn der Ausſchußarbeiten. Aber noch keine Klärung der politiſchen Lage. Nächlte Woche Ausſchußberatungen. Abgeſehen von der Aelteſtenratsſitzung herrſcht in dieſer Woche im Reichstag noch Weihnachtsruhe. Erſt in der nächſten Woche ſetzen die parlamentariſchen Arbeiten wieder voll ein. Für Dienstag ſind der Haushaltsausſchuß und der ſozial⸗ politiſche Ausſchuß einberufen. Im Haushaltsausſchuß ſoll neben der Beratung der Notverordnungen eine fi— nanzpolitiſche Ausſprache ftaktfinden. Auf der Tagesordnung im ſozialpoliki⸗ ſchen Ausſchuß ſtehen die Arbeiksbe- ſchaffungspragramme der Parteien. Auch. mit der Einberufung des handels- politiſchen Ausſchuſſes iſt in den näch⸗ ſten Tagen zu rechnen. Keine weitere Kürzung der Beamtengehälter. Vertreter des Deutſchen Beamten⸗ bundes hatten am 3. Januar eine Unter⸗ redung mit dem Reichsfinanzminiſter Graf Schwerin von Kroſigk über die Fi⸗ nanzlage in Reich, Ländern und Gemeinden und die damit zuſammenhängenden Beſol⸗ dungs- und wirtſchaftspolitiſchen Fragen. Der Keichsfinanzminiſter erklärte in Uebereinſtimmung mit früheren Aeuße⸗ rungen und der in der Kundfunkrede des Reichskanzlers von Schleicher ver⸗ trelenen Auffaſſung, daß die Keichsre⸗ gierung eine weitere Kürzung der Be⸗ amtengehälter nicht beabſichtige. In Beamtenkreiſen war befürchtet wor⸗ den, daß die Schwierigkeiten, den Etat aus⸗ zugleichen, möglicherweiſe zu neuen Kür— zungen der Beamtenbezüge Anlaß geben werden. U Japan, das Anſchuldslamm. In einer Erklärung des japaniſchen Kriegsminiſteriums an die Preſſe, wird die Schuld an den Kämpfen bei Schan⸗ haikwan reſtlos den Chineſen zugeſchrie⸗ ben. Sie ſeien die Folgen eines neuerlichen Beſchluſſes der Nanking⸗Regierung, Japan 91 Kampf herauszufordern und dadurch en Völkerbund zum Handeln zu zwingen. Die Chineſen hätten am Neujahrskage Granaten auf japaniſche Wachtpoſten und mandſchuriſche Soldaten geworfen. Eine japaniſche Infankerieabteilung, die bis zu den Toren der Skadt vorging, ſei von den Chineſen angegriffen worden. Die Japaner erklären, daß die Maßnahmen in Schanhaikwan nichts mit der Lage in der Provinz Jehol und den japaniſchen Vor⸗ ſich zmaßregeln an der Grenze von Jehol zu tun haben. Weitgehende Forderungen. Das japaniſche Oberkommando teilt mit, daß der Kommandant der japaniſchen Ar⸗ mee in Schanhaikwan den chineſiſchen Be⸗ hörden zur Beilegung des Konflikts folgen⸗ des vorgeſchlagen habe: 1. Die chineſiſchen Truppen werden aus dem Bezirk Schanhaikwan zurückgezo⸗ gen; 2. die chineſiſche Regierung ner ⸗ Zu lutzen Worten: Der Aelteſtenrat des Reichstags hat be⸗ 4. Januar ſchloſſen, den Reichstag auf den einzuberufen. Der Reichsfinanzminiſter erklärte Vertre⸗ tern des Deutſchen Beamtenbundes, daß die Reichsregierung eine weitere Kürzung der Beamtengehälter nicht beabſichtige. Der Kommiſſar für Arbeitsbeſchaffung Dr. Gereke empfing die Vertreter der Gewerk⸗ ſchaften aller Richtungen und der kommuna⸗ len Spitzenverbände. Der 42 500 Tonnen große franzöſiſche Paſſagierdampfer„Atlantique“, das mo⸗ dernſte Schiff der Schiffahrtsgeſellſchaft Süd⸗ Atlantik iſt weſtlich von Cherbourg in Brand geraten. Paſſagiere waren nicht an Bord. Wie aus Kairo gemeldet wird, iſt das ägyptiſche Kabinett zurückgetreten. Senator Borah regte im amerikaniſchen Senat an, daß die Vereinigten Staaten ih⸗ ren Notenumlauſ vergrößern, um die Roh⸗ ſtoffpreiſe zu erhöhen. CCC KT pflichtet ſich eine neutrale Zone zu ſchaf⸗ fen. 30 Kilometer ſenſeiks der Eiſen⸗ bahnlinie dürfen ſich keine chineſiſchen Truppen befinden; 3. die Verantwor- kung für den Zwiſchenfall in Schanhai⸗ kwan müſſen die chineſiſchen Ortsbehör⸗ den kragen; 4. der Abzug der chineſſſchen Truppen aus dem Bezirk Schanhaikwan muß innerhalb 24 Skunden erfolgen; 5. Schanhaikwan wird als Endpunkt des Gebieils von Mandſchukuo bekrachket. Der chineſiſche Marſchall Tſchanahſueliang hat in einer Note an den japaniſchen Mili⸗ tärattache in Peking erklärt, daß die geſamte Verantwoctung für die Kämpfe bei Schan⸗ haikwan die ſevaneſche Regierung und die japaniſchen omtlichen Stellen trügen, die befohlen hätten, Schanhaikwan ohne Grund anzugreifen. Tſchanghſueliang lehnt es ab, mit den japaniſchen Behörden über dieſen Fall zu verhandeln. An der ruſſiſchen Grenze. AusCharbin wird gemeldet, daß die Japaner die Stadt Pogranitſchnaja die mandſchuriſche Endſtation der oſtchineſi⸗ ſchen Bahn, beſetzt haben. Pogranitſchna⸗ ja iſt die Grenzſtation zwiſchen der Man⸗ dſchurei und dem ruſſiſchen Amur-Küſten⸗ gebiet und bildet ferner die Grenze zwiſchen der chineſiſchen Oſtbahn und der Uſſuribahn. Hinter Pogranitſchnaja im Dorf Grode⸗ kowo(nördlich Wladiwoſtock) ſind ſtarke ruſſiſche Streitkräfte unkergebracht, die zu der ruſſiſchen Jernoſtarmee gehören. Inflation in Amerila? Erhöhung des Notenumlaufs oder Silber⸗ 8 währung geplant. Waſhington, 5. Januar. In einer ſtürmiſchen Senatsaus⸗ ſprache deutete Senator Borah, der Vor⸗ ſitzende des Auswärtigen Ausſchuſſes des Se⸗ nats, die Abſicht an, eine Geſetzesvorlage zwecks Vermehrung des Notenumlaufs einzu⸗ bringen, wodurch eine Wertverminderung des Dollars eintreten würde. Senator Borah erklärte, daß dies das ein⸗ zige Mittel zur Stabiliſierunga der Rohſtoff⸗ preise und der vom Gold 9 Landwirtſcha 15 die unter dem Wettbewerb ö ſchwer leide. Mehrere Mitglieder des amerikaniſchen Kon⸗ greſſes drückten ihre Anſicht dagegen aus, daß der gegenwärtige oder der nächſte Kon⸗ greß unbedingt inflationiſtiſche Maßnahmen treffen müſſe, wobei die Frage offengelaſſen wurde, ob dies durch die Erhöhung des No⸗ tenumlaufes oder durch die Einführung einer Silberwährung erfolgen ſolle. Wenn man die Wahrheit ſagt. ... dann iſt Polen beleidigt. London, 5. Januar. Die polniſche Botſchaft in London hat dem engliſchen Auswärtigen Amt eine Be⸗ ſchwerde über die Silveſterveran⸗ ſtaltung des engliſchen Unterhaltungs⸗ rundfunks überreicht. In der Silveſternacht hatte der engliſche Rundfunk Silveſterpro⸗ gramme mehrerer europäiſcher Staaten übertragen. Bevor auf einen neuen aus⸗ ländiſchen Sender umgeſchaltet wurde mach⸗ te der Sprecher einige einleitende Bemerkun⸗ gen. Bei der Umſchaltung auf Warſchau ſagte der Sprecher: „Dieſe kleine Land gibt ein Drittel ſeiner Einnahmen für Rüſtungen aus.“ Weitere Bemerkungen bezogen ſich u. a. auf den„un⸗ glückſeligen polniſchen Korridor.“ Ueber dieſe— doch durchaus richtigen— Bemerkungen hat man ſich in Warſchau anſcheinend mächtig aufgeregt. Die Be⸗ ſchwerdenote ſieht nämlich in der Aeußerung eine„Verwendung der engliſchen Sender zu politiſcher Propaganda gegen eine befreun⸗ dete Macht“, und fordert Maßnahmen, die eine Wiederholung eines ſolchen„Miß— brauchs“ unmöglich machen. Handwerk u. Arbeitsbeſchaffung. Hanowerksvertreter bei Dr. Gereke. Berlin, 5. Januar. Der Reichskommiſſar für Arbeits⸗ beſchaffung empfing die leitenden Per⸗ ſonen des Reichsverbandes des deutſchen Hand⸗ werks zu einer längeren Ausſprache. Hierbei wurde der geſamte Bereich des Arbeitsbeſchaf⸗ fungsprogramms unter beſonderer Berückſich⸗ tigung der Belebung der Handwerkswirtſchaft erörtert. Insbeſondere wurde die Fortführung der Arbeiten für die Wiederinſtandſetzung des Althausbeſitzes in ausreichendem Umfange, wei⸗ ter die Einſchränkung der Wirtſchaftsbetriebe der öffentlichen Hand und die Frage der ſtädtiſchen und ländlichen Siedlung beſprochen. Die Vertreter des Handwerks brachten zum Ausdruck, daß ſie an der alsbaldigen Bil⸗ dung des in der Verordnung des Reichsprä⸗ ſidenten vom 15. Dezember 1932 vorgeſehenen Beirats ſüie Arbeitsbeſchaffung und an einer ausreichenden Beteiligung des Handwerks in dieſem Beirat ein vordringliches Intereſſe hät⸗ ten. Außerdem wurde von den Vertretern des Handwerks die Notwendigkeit der alsbal⸗ digen Bildung eines entſprechenden Beirats auch für den Bereich der ländlichen Siedlung und die Beteiligung des Handwerks in dieſem Beirat betont. Die Unterredung hinterließ bei den Hand⸗ werksvertretern den Eindruck, daß der neue Reichskommiſſar frei von bürokratiſchen Hem⸗ mungen iſt. daß er die Nöte des Kandwerlks ſtandard abgegangenen Länder 1 Mettung der amerilaniſchen knn und daß er ſeinerſeits beſtrebt ist, ſie zu dern. Die wiriſchaſtliche Lage im Dezember. Nach den Ueberſichten der Handelskam⸗ mern und Wirtſchaftsverbände für die wirt⸗ ſchaftliche Lage Deutſchlands ſcheint die Stockung in der Wirtſchaftsbelebung, die im November teilweiſe zu konſtatieren war, im vergangenen Monat wieder überwunden worden zu ſein. In der Mehrzahl der Be⸗ richte wird auf einige ſaiſonmäßige Bele⸗ bungserſcheinungen hingewieſen, die 175 an⸗ läßlich des Weihnachtsfeſtes und des Jahres⸗ wechſels bemerkbar gemacht haben. Dies iſt inſofern beachtlich, als die eigentliche Pro⸗ duktion für das Weihnachtsgeſchäft bereits in die Herbſtmonate fällt, ſich alſo kaum mehr in den Dezemberziffern ausdrücken kann. Die Berichte laſſen keinen Zweifel daran, daß die Talſohle, von der das Inſtikut für Konjunkturforſchung in ſeinem letzten Vier⸗ keljahresbericht ſpricht, überall erreicht wor ⸗ den iſt, wenn auch noch nirgendwo direkte Anzeichen vorhanden ſind, die einen Kon⸗ fuse e zahlenmäßig erfaſſen aſſen. Die heſſiſche Landwirtſchaft. Eine Entſchließung des Vorſtandes der Land⸗ wietſchaftskammer. Der Vorſtand der Landwirtſchaftskammer für Heſſen nahm eingehend Stellung zu der gegenwärtigen Lage der Landwirtſchaft. Mit größter Sorge wird in der Entſchlie⸗ ßung feſtgeſtellt, daß die Entwicklung unſerer landwirtſchaftlichen Verhältniſſe in raſchen Schritten dem Abgrund entgegenführe. Der ſchon ſeit Monaten zu beobachtende Rückgang der Preiſe landwirtſchaftlicher Erzeugniſſe, ins⸗ beſondere für Vieh, Milch, Molkereiprodukte, Gemüſe, Getreide u. a. iſt heute auf einem Stand angelangt, der weit unter den Frie⸗ denspreiſen liegt und z. B. für Vieh am 30. November nur noch 61,8 Prozent des Friedenspreiſes ausmacht. Solche Preiſe müſ⸗ ſen zum Ruin der landwirtſchaftlichen Betriebe führen, da andererſeits die Laſten(Steuern, ſoziale Abgaben u. a.) das Mehrfache wie im Frieden betragen. Die große Mehrheit der heſſiſchen land⸗ wirtſchaftlichen Betriebe iſt vorwiegend auf die Gewinnung landwirtſchaftlicher Verede⸗ lungserzeugniſſe, wie Vieh, Milch, Gemüſe u. a. angewieſen. Deshalb wirkt ſich der Rückgang der Preiſe für dieſe Erzeugniſſe außerordentlich nachteilig auf die heſſiſchen Betriebe aus. Wiederholt wurde von den verſchiedenſten Seiten der Landwirtſchaft, nicht zuletzt auch durch die heſſiſche Landwirtſchafts⸗ kammer, auf die zunehmende Verſchuldung in der Landwirtſchaft und die Unmöglichkeit, die wichtigſten Betriebsmittel der Wirtſchaft, wie derjenigen für das Leben und die Erhaltung der Familie notwendigen Lebensbedürfniſſe, aus den Einnahmen des Betriebes zu decken, hingewieſen. Der Vorſtand der Landwirtſchaftskammer fordert deshalb in kürzeſter Friſt Maßnah⸗ men zur Behebung der Schwierigkeiten der Landwirtſchaft. Werden ſolche Maßnahmen nicht getroffen, dann muß der Vorſtand die Verantwortung für den dann ſicher zu er⸗ wartenden Zuſammenbruch der deutſchen und heſſiſchen Landwirtſchaft ablehnen. Reichskanzlers Cuno Die Beiſetzung des An rbenen früheren findet am morgigen Freitag mittag 12 Uhr auf dem Ohls⸗ dorfer Friedhof ſtatt. Bei der Fami⸗ lie Cuno und bei der Hamburg⸗Amerika⸗ Linie laufen noch dauernd Beileids⸗ kundgebungen aus Deutſchland und dem Auslande ein. Wie aus London ge⸗ meldet wird, bringt die engliſche une lange Nachrufe für Cuno. Seine Leiſtungen für die deutſche Schiffahrt werden allgemein ehrend anerkannt. Reichskanzlet a. D. Cuno Politiſch habe er, ſo ſchreibt die„Times“, eine unmögliche Aufgabe gag bt Es ſei un · wahrſcheinlich, daß irgend ein anderer Kanzler während der dunklen Tage der fran⸗ zöſiſchen Invaſion anders 1 1 55 10 05 als Cuno. Unter weniger hoffnungsloſen Amſtänden wäre er ein glänzender Kanzler geweſen. f „Daily Telegraph“ bezeichnet Cuno als den Mann, der die Mark entwertete. Es ſei jetzt noch ungewiß, ob es ſich um ein überlegtes Manöver oder um Sorgloſigkeit gehandelt hätte. Deutſchland hätte ſchon lange vorher ſeine Finanzen in Ordnung bringen und mit einer Goldwährung begin⸗ nen können. Familiendrama. Zwei Tole. Berlin-Wittenau, 5. In der Nacht zum Mittwoch ſpielte ſich in dem Berliner Vorort Wittenau ein blu⸗ tiges Familiendrama ab, dem zwei Perſo⸗ nen zum Opfer fielen.. Der 49 jährige Molkereibeſitzer Deſſin wurde im Garten ſeines Hauſes erhängt und erſchoſſen aufgefunden. Im Haufe lag der 20jährige Sohn Werner mit einer Schuß; wunde im Kopf kot in ſeinem Bett. Sein 13jähriger Bruder Herbert lag durch einen Kopfſchuß verwundet im Bett der Eltern. Frau Deſſin wurde in der Küche neben den geöffneten Gashähnen mit einer ſchweren Gasvergiftung aufgefunden. Nach den bishe⸗ rigen Ermiktlungen hat der Vater die Schüſſe auf ſeine Söhne abgegeben. Wie verlautet, ſollte am Mittwoch der Konkurs über die Vermögenswerte des Mol⸗ kereibeſitzers eröffnet werden. „Stadtfrack“ für ſein einziges Kind und ſeinen alt⸗ Januar. aus dem Armenviertel Roman von Käthe Hübner-Wehn Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) Evchen 0 2 „Das iſt nicht ſchuld daran, mein Kind“, gab die Mutter betrübt zurück,„denn du lebſt doch hier bei uns in der⸗ ſelben Luft, und was haſt du ſtets für ſchöne, rote Wangen?“ Und in heimlichem Stolz ſtreifte der Blick der frühverhärmten Frau das liebreizende, blühende Geſicht⸗ chen ihrer Aelteſten. Denn ſie wußte es: Evchen war ſchön! Mochte dieſe Schönheit ihr einmal dazu verhelfen, ihren Weg weniger ſchwer durchs Leben zu finden, mochte ſie ihr zum Glück verhelfen. Aber bedeutete Schönheit denn wirklich immer Glück? Ein banger Seufzer entrang ſich der Bruſt der ſinnen⸗ den Frau! So ſtrahlend ſchön wie ein junger Maien⸗ morgen war auch einſtens Evchens Vater geweſen! Ihre abgearbeiteten Hände umſchloſſen plötzlich ſchmerzlich ihre Stirn, als wolle ſie mit Gewalt die Bilder aus ihrem geiſtigen Auge verdrängen, die aus der Vergangenheit jäh emporgeſtiegen waren! Sie hatte ihren Mann, den verſtorbenen Kunſtmaler Rudolf Wanner, in dem bayriſchen Gebirgsdorfe, das ihre Heimat war, kennengelernt. Er kam alljährlich mit den erſten Fremden zu Studien- und Erholungszwecken in dieſes reizende, von Bergen umkränzte Dorf und ſchied ſtets erſt wieder mit den letzten Gäſten. War doch dort ein Magnet, der ihn mächtig anzog und hielt. Und dieſer Magnet war ſie! Da ſie überdies die Tochter eines ſehr reichen Bauern war, ſtand nach ihrer Meinung einer Ver⸗ bindung mit dem ſo zärtlich geliebten Manne nichts ent⸗ gegen. Aber ſie hatte mit dem harten Bauernhochmut ihres alten Vaters nicht gerechnet. Als Rudolf Wanner eines Tages bei ihm warb um ſie, da wurde er mit Hohn und Spott abgewieſen. Der freie, herriſche Bauer wollte keinen eingeſeſſenen, prächtigen Hof. Am allerwenigſten aber ſchon ſo einen armen Maler, der nichts weiter konnte, als Farbe auf die Leinwand kleckſen. Doch ebenſo ſtarrköpfig wie der Vater war nun auch die Tochter! Sie ließ nicht mehr ab von ihrem Maler, an den das Schickſal ſie gefeſſelt hatte. Und eines Tages folgte ſie dem Jeliebten Manne in die große, unbekannte Stadt. Rudol, Wanner war damals noch ein von guten, reinen Idealen erfüllter Menſch, und hielt tatſächlich das, was er dem Mädchen in Stunden heißer Liebe verſprochen hatte: er machte ſie zu ſeiner Frau und ſorgte für ſie und für das kleine, reizende Mädchen, das bald zur Welt kam. Sie verlebten ein Jahr ungeſtörten Glücks zuſammen; aber dann kam plötzlich die Zeit, wo er ſich immer mehr des Abends von zu Hauſe entfernte und erſt in ſpäter Nacht oder ſchon beim Morgengrauen heimkehrte. Die Stunden zu Hauſe, bei ſeinem ſchlichten, ſtillen Weibe, wurden ihm bald reizlos und langweilig. Er fühlte von Tag zu Tag mehr, daß ſie ihm geiſtig nicht ebenbürtig war und für ſein überſchäumendes Künſtlertum kein Ver⸗ ſtändnis hatte. Er ſehnte ſich bald wieder nach heißen Feuerbränden des Blutes, die das ſtille Herdfeuer ſeines häuslichen Glücks verſchlangen. Bald war er nicht mehr imſtande, den regelmäßigen Aufträgen von einigen größeren Fabriken, für die er als Plakatmaler tätig war, nachzukommen; alle Arbeiten, alle Entwürfe ſchlugen ihm plötzlich fehl. Es war ihm nicht mehr möglich, aus dem Wirrwarr ſeiner zerrütteten Emp⸗ findungen heraus an eine ernſte, geregelte Arbeit zu gehen. Die letzten Aufträge, die er noch hatte, wurden ſeitens der Firmen zurückgezogen, und bald klopfte die Not an die Tür des jungen Ehepaares. Bald war es auch ſo weit, daß der letzte Spargroſchen aufgezehrt war und daß ſie aus der ſchönen, ſonnigen Atelierwohnung im Zentrum der Stadt in das Armeleuteviertel zogen, in dem ſie heute noch wohnten. Es waren inzwiſchen auch noch zwei weitere Kinder zur Welt gekommen, und Not und Sorge waren ſtändiger Gaſt am Tiſche. Rudolf Wanner hatte wohl noch einmal verſucht, den völligen Ruin aufzuhalten, und war nicht davor zurück⸗ geſcheut, als einfacher Maler und Anſtreicher bei einem Meiſter einzutreten, um wenigſtens das dringendſte Geld und Brot ins Haus zu ſchaffen. Es ſchien auch erſt ſo, als ſollte es noch einmal einen Aufſtieg aus dieſer Not geben, aber die Kraft des Mannes war verbraucht. Eines Tages brach er körperlich und ſeeliſch zuſammen. Er hatte doch nicht ſo viel Kraft beſeſſen, ſich über dieſe Wandlung ſeines ſozialen Lebens ſelber hinwegzutröſten. Auf der Arbeitsſtätte war er ohnmächtig geworden. In ſchwindligem Zuſtand wollte er nach Hauſe gehen. Dabei war er in den Fluß gefallen. Er hatte in dem Fluſſe den Tod gefunden, über den ſich jene Brücke ſpannte, die das Armenviertel der Stadt von dem eleganten Villenviertel der Reichen trennte. 9 Nach Wochen größten Schmerzes und tiefſter Ver⸗ zweiflung raffte das junge, vom Glück ſo ſchnöd verlaſſene Weib ſich entſchloſſen empor, um künftighin allein die Sorge um ihren und der Kinder Lebensunterhalt zu tragen. Vor keiner Arbeit ſcheute ſie zurück; unermüdlich ſchaffte ſie vom frühen Morgen bis ſpät in die Nacht hinein. Es ſchien, als hätte ſie die Kräfte und die Energie von zwei Männern in ſich vereinigt. i 5 Und als ſie drei Monate nach dem Tode ihres Gatten abermals einem Kinde das Leben gab, hatte ſie durch den raſtloſen Fleiß ihrer Hände ſo viel verdient, daß ſie, ohne Nahrungsſorgen befürchten zu müſſen, über ihre ſchwere Zeit hinwegkam.. Dieſes letztgeborene Kind— es war ein Knabe— war von der erſten Stunde an ſchwach und elend, und wenn die Mutter auf dieſes blaſſe, kaum lebensfähige Menſchen⸗ häuflein ſah, dann erſtand alles durchlebte Leid der letzten Monate neu vor ihr, und ſie drückte dieſes letzte Kind, das ihre bitterſten Tränen bei ſeiner Menſchwerdung in ſich hineingeſogen hatte, nur um ſo inniger an ihr Herz ortſetzung folgt.) 5 Grelle Rahnngs nil Von Dr. Willibald Bürger.— Keine Entwertung durch Bearbeitung.— Reform auf Ab⸗ wegen.— Was die oberſte Geſundheitsbehörde ſagt. In den immer wieder auftauchenden Angriſſen gegen die im Handel befindlichen Lebensmittel wird die Behauptung auf⸗ 19 die Nahrungsmittel würden durch die Reinigung, erarbeitung, Zubereitung und Herſtellung, die ſie in den Fabriken durchzumachen haben, entweder vergiftet oder eut⸗ wertet. Der Reis leide durch das Polieren, 1 0 es; der Zucker durch das Raffinieren, das Mehl durch das Weißen und 5 weiter. Unſere modernen Ernährungskünſtler ſind groß im uftreiben immer neuer Argumente, die ſie gegen die Nah⸗ rungsmittel ins Feld führen. Dieſe Apoſtel predigen, der menſchliche Charakter leide, wenn man Fleiſch eſſe, der Zucker ſei ein Gift, oder die Glückſeligkeit des Menſchen hänge vom Salatgenuß ab. Vor lauter Rohkoſt, ſalzſreier, vegetariſcher oder baſenüber⸗ ſchüſſiger Koſt, vor Giftnahrung, Kulturſiechtum und Säuretod wiſſen viele nicht mehr aus noch ein. Broſchüren erſcheinen, in denen man leſen kann:„Der weiße Zucker iſt ein Gift! In⸗ folge ſeines Mangels an Kalkgehalt zieht er Kalk aus Körper⸗ teilen, aus Zähnen, Knochen und dem Gehirn an ſich.“— Ein offenbarer Unſinn, der nur dazu angetan iſt, die durch ſolche Behauptungen verurſachte Ernährungshyſterie noch zu ſteigern. Die ausgefallenſten Behauptungen ſind gerade gut genug, um gegen den Zucker ins Feld geführt zu werden.„Ich bin überzeugt, daß von den 80 000 Kindern, die jährlich in Frank⸗ reich ſterben, mehr als die Hälfte ein Opſer des Zuckers ſind!“ chreibt jemand. Merkwürdig, daß anſcheinend nur die franzö⸗ iſchen Säuglinge und Kinder am Zucker zugrunde gehen, denn n anderen Ländern hat man noch nichts davon vernommen. Neuerdings gibt man ſogar den Hausfrauen den„guten“ Rat, bei allen Speiſen ſtatt des Zuckers Honig zu verwenden und auch mit Honig anſtatt mit Zucker zu kochen. So gehen die Angriffe gegen die gereinigten und angeblich entwerteten Lebensmittel weiter. Dabei haben unſere bedeutendſten Nah⸗ rungsmittelchemiker und Ernährungswiſſenſchaftler genug darauf hingewieſen, daß Reis, Mehl, Zucker und andere „präparierte“ Lebensmittel kaum dadurch verlieren, daß ſie bei der Herſtellung einer Verſchönerung unterworfen werden. Eine gerechte Kritik wirklich autoritativer Sachverſtändiger iſt durchaus wünſchenswert, und das deutſche Nahrungsmittel⸗ gewerbe braucht ſie nicht zu ſcheuen. Viele ſcheinen aber nicht zu wiſſen, daß es ein Lebensmittelgeſetz gibt, daß Reichs⸗ und Landesbehörden den Schutz der Verbraucher garantieren, daß Sachverſtändige und Polizei niemals zulaſſen würden, daß die allung⸗ „Meine Tochter?“ murmelte er endlich vor ſich hin.„Anny macht mir ein Heiratsangebot?“: In der erſten zornigen Aufwallung wollte er zu ihr hinüber ins Zimmer ſtürzen, doch beſann er ſich ſchnell wieder eines Beſſeren. Er ſchritt in der Stube auf und ab und überlegte angeſtrengt. Die Luſt am Heiraten war ihm total vergangen, ihn beſchäftigte nur noch der Brief ſeiner Tochter. Eigentlich hatte ſie ja recht! Wenn es ihm, der er doch ſeiner Arbeit nach⸗ gehen konnte, ohne Frau zu langweilig war— wie mußte es dann dem Mädchen ſein, das ein ſtetes Alleinſein fühlte, nie zum Haufe hinaus und in keine Geſellſchaft kam! ö Der geſtrenge Vater beruhigte ſich allmählich, und eine halbe Stunde ſpäter verließ er ſeine Wohnung. Ein Gedanke, ein Ausweg, war ihm gekommen. Er hatte nun eine längere Auseinanderſetzung mit einem jungen, ſympathiſchen Manne, der als Bankdirektor fungierte und oftmals in der Geſellſchaft Tolders geſehen worden war, und anderntags erhielt Fräulein Anny auf ihren Brief eine zuſagende Antwort von— Bankdirektor Alfred Waldvogel, der in dem Schreiben erwähnte, daß er noch am heutigen Tage in der Villa erſcheinen und ſich vorſtellen werde. ö Die Tochter zeigte dann errötend ihrem Vater den Brief und beichtete ihm alles— zitternd—, doch die Angſt wich bald der Freude, als der ſonſt ſo geſtrenge Herr Papa lächelnd und 0 zufrieden nickend ſeine Zuſtimmung gab. Auny hat die wahre Inſeratengeſchichte nie erfahren, doch iſt ſie an der Seite des jungen Bankdirektors reſtlos glücklich geworden. Der Vater, Jakob Tolder, aber iſt ewig Witwer geblieben!“ Der lustige Kölner. Die Waſchmaſchine. Ein rheiniſcher Bauer brachte ſeiner Frau als Geburts⸗ tagsgeſchenk aus Köln eine Waſchmaſchine auf dem Plan- wagen mit nach Hauſe. Stolz läßt er die Maſchine abladen, tritt zu ſeiner Frau in die Stube und ſagt: „Ich hann dir zum Gebootstag in Kölle in Wäſchmaſchin jekauft. Drauße ſteht ſe.“ ö Die gute Frau blickt zum Fenſter hinaus, ſieht die Waſch-⸗ maſchine ſtehen und antwortet ihrem Manne darauf: „Du bis knatſchjeck! Ilaubs du, dat ich mich da ſetzte?“ 1 herein Der gefährliche Hund. In einem Kölner Vorort wurde ein 16jähriger Junge von einem wütenden Hund angefallen, und da der Junge annahm, es handle ſich um ein tollwütiges Tier, ſtach er mit einer Miſt⸗ Nahrungsmittel, wie Reis, Mehl. Zucker und ſo weiter, ver- gabel, die er gerade zur Hand hatte, den Hund derartig heftig, fälſcht würden, nur damit ſie ſchöner werden. 1 Um einmal auf die Unſinnigkeit der Angriffe unſerer Er⸗ daß er verendete. Von dem Beſitzer zur Rede geſtellt und gefragt, warum er nährungsapoſtel gegen den weißen Rübenzucker und für den nicht mit dem Stiel der Miſtgabel den Hund abgewehrt habe, braunen indiſchen Rohrzucker hinzuweiſen, ſei nur auf die gab der Junge zur Antwort: Stellungnahme des Reichsgeſundheilsamts hingewieſen. Dieſes Amt ſteht auf dem von der Wiſſenſchaft einheitlich ein⸗ genommenen Standpunkt, daß als Zucker der gewöhnliche weiße Rübenzucker in geſundheitlicher Hinſicht in erſter Linie für den allgemeinen Gebrauch in Frage kommt. Es wird wohl niemand annehmen, daß die Herren vom Reichsgeſundheits⸗ amt den Ernährungsſektierern, was wiſſenſchaftlichen Ernſt, Klarheit und Ueberzeugung und Verantwortungsbewußtſein gegenüber der Volksgeſundheit betrifft, unterlegen ſeien. In den vom Reichsgeſundheitsamt und dem Reichsausſchuß für hygieniſche Volksbelehrung gemeinſam bearbeiteten„Prak⸗ 1 Winken für die Ernährung“ heißt es wörtlich:„Zucker 55 ein wichtiger, ſehr leicht verdaulicher Nährſtoff. Die meiſten zrnährungsphyſiologen ſehen— und zwar in allen Kultur⸗ ſtaaten— im gewöhnlichen Zucker ein hochwertiges, unſchäd⸗ liches Volksnahrungsmittel. Die gegen den Genuß von Zucker erhobenen Einwände ſind durchweg als unbegründet zu be⸗ zeichnen.“ Was ſoll alſo der Schrei unſerer Ernährungsreſormer nach dem ſogenannten indiſchen Rohrzucker? Wenn wir nicht ge⸗ nügend Rübenzucker hätten, müßten wir vielleicht welchen ein⸗ führen. Wir ſind aber vorläufig mit Rübenzucker mehr als reichlich eingedeckt, und unſere rübenbauende Landwirtſchaft kann ſich kaum fiber Waſſer halten. Hier handelt es ſich um ungeheure Werte der deutſchen Volkswirtſchaft. Braucht es 95 zu werden, in welchem Maße volkswirtſchaftlicher Schaden durch die Irreleitung des Konſums angerichtet wird? Eine Inſeratengeſchichte. Humoreske von Ferdinand Bolt. Jakob Tolder war ein reicher, bekannter Mann in ſeiner Stadt. Man brachte ihm alle Ehrfurcht entgegen, wußte man doch, daß man ihn als Feind zu fürchten hatte. Denn er ſaß im hohen Stadtrat und daher war ſein Einfluß überall groß. Er beſaß eine reizende, zwanzigjährige Tochter, Anny, und dieſe hütete er wie ſeinen Augapfel. Er liebte ſie recht innig, war ſie doch noch die einzige Angehörige, die Jakob Tolder geblieben war. Denn ſeine Frau hatte er vor vier Jahren durch den Tod verloren, die Eltern waren längſt vorangegangen, und Geſchwiſter beſaß er keine. N. So kam es, daß er ſein einziges Kind wie ſich ſelbſt hütete. Anny durfte nie ohne ihn die Villa verlaſſen, nie ins Theater, nie Beſuche machen und ebenſowenig ſolche empfangen, war alſo ſo ganz von der übrigen Welt abgeſchloſſen. Nicht einmal eine Freundin ließ ihr der geſtrenge Vater. a Jakob Tolder hatte natürlich nur Annys Beſtes im Sinne, er wollte ſie vor jeder 1 1 1 der Großſtadt beſchützen, ahnte dabei aber nicht, wie ſchrecklich ſie darunter litt. Das einzige, das ihr der Vater ließ, war die Lektüre. a„ Herr Stadtrat Tolder war noch ein ſehr rüſtiger, im fünſ⸗ undpierzigſten Altersjahre ſtehender Witwer. Ex fühlte ſich jedoch in ſeinem Witßwerſtand nicht ſo recht wohl, er verging 0 eie e und plötzlich kam ihm der Gedanke, ein weites Mal zu heiraten. Da er perſönlich keine geeignete Perſon kannte, ſo gab er in ſeiner Stadtzeitung kurzerhand een Inſerat auf und wartete den Erſolg ab. Als er nach einer Woche in der Expedition nach Briefen mit Chiffre J. J. 100 fragte, wurde ihm eine ganze Menge, neunzehn an der Zahl, gusgehändigt. Zu Hauſe angelangt, erbrach er die Schreiben, eines nach dem anderen; doch plötzlich wich das Lächeln von ſeinen Lippen. Der Brief zitterte in ſeiner Hand, und erregt las er immer wieder die Zeilen; da ſtand nämlich geſchrieben; 163„Geehrter Herr! Da mich mein Vater ſozuſagen in unſerem Hauſe gefangen hält, mich weder ins Theater noch in irgendwelche Geſell⸗ ſchaft läßt, fehlt es mir natürlich ganz an jeder Bekannt⸗ ſchaft Ich habe Ihr Inſerat geleſen und würde eventuell recht gern geneigt ſein, mit Ihnen in Verbindung zu treten.— Mein Vaier meint es ja nur gut mit mir, doch ich leide ſehr unter dieſem ſo zurückgezogenen Leben. Ich würde daher eine Verbindung ſehr begrüßen. g 5 Wollen Sie bitte die Freundlichkeit haben und mir mög⸗ lichſt baldigen und gütigen Beſcheid zugehen laſſen. e Ergebenſt Anny Tolder.“ Der Leſende war anfangs ſo überraſcht, daß er ſich am N Seſſel feſtbalten mutzte, um nicht ſchwindlig zu werden. ö ö Novellette von Emma Haushofer⸗Merk. Hochgeſtimmt, mit Jubel im Herzen, kam Hermann Percha in Seedorf an, wo ſeine Eltern ihr Landhaus hatten und wo vor allem ſie mit den Ihren in der Sommerfriſche weilte— ſie, die kleine, ſchlanke, luſtige, einzige Lilly! Er hatte ja wieder eine Stellung! Die Unſicherheit, die ihn bedrückt, war ſort! Der erſehnte Poſten war ihm zugeſallen unter den beſten Bedingungen! Wie wohl man ſich fühlte, wie man frei atmen konnte, wenn mau wußte: du ſtehſt wieder ſeſt in deinem Beruf, kannſt in ein paar Tagen als techniſcher Leiter in der Fabrik antreten, arbeiten, verdienen! Auch ſein Herz durfte ja aufjauchzen. Jetzt hatte er ja das Recht, mit Lilly zu ſprechen, ihr in Worten zu ſagen, was ſeine Blicke ihr längſt geſtanden: daß er ihr gut ſei, ſie zu fragen, ob ſie ſeine Frau werden wolle. So manche köſtliche Stunde hatten ſie an dem lieben See verlebt, wo nachbarlich die Villen der beiden Eltern ſtanden. Auch wenn ſeine Liebe bisher ſtumm geblieben war, er glaubte doch zuverſichtlich, daß ſie empfand wie er, in Gedanken ihm gehörte, in gleicher Sehnſucht nach Glück! Mit raſchen Schritten ſprang er, ſingend, von der Bahn an den See, die frohe Botſchaft auf den Lippen, die er ihr, den Eltern, bringen konnte. Als er aun das Uſer kam, ſah er einen! Kahn auf dem Waſſer. Ein wohlbekanntes lichtblaues Kleid fiel ihm auf. Er hatte ſeinen Feldſtecher bei ſich und das Fern⸗ glas beſtätigte nur, was ſeine ſcharſen Augen ſchon entdeckt atten: ſie war es! Lilly. Und im kleinen Boot ſaß Kaiſer, ihr Verehrer, den ſie bisher immer recht kühl behandelt hatte. Nun aber! Oh, er konnte jede ihrer Bewegungen, jeden ihrer Blicke beobachten! Nun lachte ſie ihn an, ſchaute ihm treuherzig in das glatte runde Geſicht; nun gondelten die beiden da draußen herum wie ein vergnügtes Liebespaar, unterhielten ſich offenbar famos! Mit wild aufſteigendem Zorn ſtarrte Hermaun auf das Bild, das ihm das Glas ſo nah heranrückte... So alſo war 5 Fritz ſie! Machte dem Fritz liebe Augen, wenn er weg war! Flirtete ganz ungeniert mit dem kecken Menſchen! Ein Tor, der einem Mädchen vertraute! Die Enttäuſchung war zu niederſchmetternd nach dem ſtolzen Frohgefühl. Hermann warf ſich auf den Boden nieder, ballte die Fäuſte, knirſchte mit den Zähnen. Am liebſten hätte er geweint! Aber er ließ ſie nicht aus den Augen! Nein, wie weh es auch lat, er wollte ſich überzeugen von ihrem Verrat, ihre Treuloſigkeit ſehen, zugleich als Detektiv und Ankläger! Sie wendeten nach einer Weile das Boot dem Ufer zu, ſtiegen aus, aber ſie blieben noch eine Weile ſtehen, lachend, plaudernd, recht vertraulich und angeregt. Wie kokett ſie ihn anſchaute, die Teufelin! 1 Hermann ſprang auf. Seine erſte Regung war: Umkehr! Fort! Schluß! Aber dann ſagte er ſich, daß ſeine Eltern ſeine Rückkehr er warteten. Warum ſollte er ſie in Unruhe laſſen! Warum ſich wegſtehlen? Nein! Zeigen wollte er Lilly ſeine Empörung!“ Sie ſollte wiſſen, daß er ſie durchſchaute, daß er fertig war mit iht! 10 Mit ſinſterem Geſicht ging er nun den Uferweg entlang bis zu den Landhäuſern. Lilly ſtand im Garten und ſah ihn. Da zog er höhniſch den Hut mit einem eiskalten Gruß und wollte ſtumm vorübergehen. Sie rief ſeinen Namen. Er blieb ſtehen, ſtarr, ſteif, in ablehnender Haltung, grollend und hart. 5 3 „Grüß Gott! Grüß Gott!“ rief ſie, auf ihn zueilend.„Was haben Sie denn?— Sie hatten einen Mißerfolg? Sie bekamen die Stellung nicht? Wie ſchrecklich!“ höhniſch.„ die grauſamſte, wenn man erfährt, daß ein man vertraute, ſalſch iſt, grundfalſch! Ich habe Ihre reizende, intime Unterhaltung mit Fritz Kaiſer genau beobachtet— und J iſſen-Kunſt. „Dat hätt ich auch getan, wenn dat Bieſt met dem Stätz (Schwanz) gebiſſe hätt un nit mit de Zäng(Zähne).“ * Der Hund weiß Beſcheid. Ein Kölner hatte geſehen, wie ein großer Hund in dem Vorgarten ſeiner Villa ein friſch angelegtes Blumenbeet zer⸗ wühlt hatte. Als zwei Tage darauf der Hund wieder in die unmittelbare Nähe des Gartens kam, in dem der Eigentümer gerade arbeitete, ergriff dieſer einen Stock und zog dem Köter ein paar kräftige Hiebe über, um ihn zu verjagen. Zufällig kam der Beſitzer des Hundes vorbei und ſtellte den Kölner zur Rede, weshalb er den Hund ſchlage. Darauf er⸗ widerte der Kölner: „Kümmert Euch nit drum, lieben Här! Dä Hund weiß Be⸗ ſcheid, weshalb ich ihm verbimſch han.“ . Arbeit. Ein Kölner, dem es ſehr peinlich war, ſtempeln zu gehen, unterließ dieſe ſegensreiche Tätigkeit und lebte von dem, was ihm ſeine Verwandten vom Lande ſchickten. Eines Tages wurde er gefragt, warum er denn als Arbeitsloſer nicht ſtempeln gehe. Darauf erwiderte er: „Ich bin nit arbeitslos. Ich arbeite der ganze Dag. Ich Gustav Schüren. Und niemand hat's geſeh n. Aus Berlin wird uns geſchrieben: Der Erfolg entſcheidet. Wenn jemand behaupten würde, man könne in Berlin ein Haus bauen, ohne irgendeine Ge⸗ nehmigung zu haben, ſo würde das mit Recht beſtritten werden. Irgend jemand, deſſen Name nichts zur Sache tut, hafte eine ähnliche Behauptung aufgeſtellt und war ausgelacht worden. Er hat den Beweis durch die Tat erbracht. Hören Sie! Eines Morgens zog er ſich eine alte Hoſe und einen blauen Leinenkittel an, beſorgte ſich eine Hacke, einen Meißel und eine Schaufel, legte die Werkzeuge auf einen kleinen Karren und fuhr los. Mitten in einer belebten Straße des Zemrums machte er halt, ſteckte zwei Eiſenpfähle ims Pflaſter, verband beide mit einem Tau und hing rote Tücher daran. Dann be⸗ gann er in aller Ruhe das Pflaſter auſzureißen, Stein für Stein. Gegen Mittag waren zwei Quadratmeter bloßgeſegt. Nun wurde gefrühſtückt. Einige Kinder und ein Schutzmann hatten ſich eingefunden und beobachteten ſachkundig die Arbeit des Mannes, der ſich nicht ſtören ließ, ſondern nach der Pauſe weitere zwei Quadrat⸗ meter Pflaſter aufriß. Am Abend machte er ſich auf den Hehm⸗ weg, ließ zwei Tage verſtreichen, dann lam er wieder und be⸗ gann, ohne daß ein Menſch ihn daran gehindert oder ihn auch nur gefragt hätte, das Pflaſter wieder zu ſchließen. Er hat ſeine Wette gewonnen. Aber— Hand aufs Herz— wer häte geglaubt, daß man ihn ruhig würde arbeiten lafjen! Alſo: Wer baut ein Haus in Berlin ohne Genehmigung? U. E. Sie wollte ihm die Hand entgegenſtrecken. Er aber nicht. „Vielen nahm ſie D Ihr den gütiges Poſten.“ Intereſſe“, Und er erwiderte er Dank für 7 wollte ſich ab⸗ 0 Ich habe wenden. „Aber warum? Warum machen Sie lebhaft. Er lachte bitterlich auf. Was bedeutet dieſe unheintiche Miene? dann ein ſo böſes Geſicht?“ fragte ſie „Mein gnädiges Fräulein, es gibt allerlei Enttäuſchungen im Leben, und die ſchlimmſte iſt wohl, Mädchen, dem möchte nicht weiter ſtören.“ Sie ging neben ihm her, ſenkte den Kopf und nickte. „Ja, Sie haben ganz recht. Ich bin ſehr ſalſch und ſehr kokett“, ſagte ſie mit einem merkwürdigen Freimut, und es war ein übermütiges Lachen um ihren hübſchen Mund. „Und Sie ſchämen ſich gar nicht, das einzugeſtehen! Finden es offenbar ſehr nett und luſtig, ſo wetterwendiſch zu ſein!“ „Doch, ich ſchäme mich! Ich ſage mir jeden Tag, daß ich eine liſtige, heimtückiſche kleine Perſon ſei. Aber vor Ihnen ſchäme ich mich gar nicht! Und Sie haben gar keine Urſgche, mich ſo wild anzuſchauen und ſo zornig anzubruümmen! Ahnen Sie denn gar nicht, warum ich mit Fritz Kaiſer kokettiert habe, warum ich ihm freundliche Blicke zuwarſf? Er wollte ſich doch auch um die Stelle bewerben, die Sie erſehnten! Und er war mit ſeinen glänzenden Empfehlungen ein gefährlicher Kon⸗ kurrent. Aber weil ich ſo luſtig mit ihm ſcherzte, weil er ſich hier ſo ausgezeichnet unterhielt, hat er nur hingeſchrieben, flat ſich on Ort und Stelle zu zeigen. Das habe ich gewolt und er⸗ reicht! Auf dieſe Weiſe iſt er durchgefallen und Sie— Sie konnten ihm den Rang ablaufen.“ Hermann Percha verſtand, glaubte nicht gleich, daß er ihr unrecht getan, mußte ſich erſt herausſchälen aus ſeiner Unmpt⸗ wolke.„Es lag Ihnen alſo wirklich daran, daß ich mich durch⸗ ſetzte? Es liegt Ihnen überhaupt etwas an mir?“ fragte er halb zweiſelnd, halb hofſend. „Aber natürlich! Das wiſſen Sie doch! Nicht? Und ich tat ebeu, was ich konnte, um Ihnen zu helfen. Fritz Kaiſer iſt das Opfer.“ Er blickte herab zu ihr, blickte ihr in das liebe, lächelnde Geſicht. Und nun war er verſöhnt, beſiegt. Er konnte dieſen warmen, ſtrahlenden Mädchenaugen nicht länger widerſtehen. Er mußte ihn küſſen, dieſen übermütigen jungen Mund. „Lilly! Nicht wahr, meine Lilly!!“ ſagte er nut und zog ihren Arm in den ſeinen. ü 20. Fortſetzung. Nachdruck verboten. Er begann zu erzählen, erſt zögernd, dann immer leidenſchaftlicher. Er dachte nicht, wie lächerlich es ſei, einer Maskenballbekanntſchaft von unglücklicher Liebe zu ſprechen. a Unaufhörlich quollen bittere Worte aus ſeinem Munde, ihm Befreiung verſchaffend. Er hörte nicht die ge⸗ dämpfte Tanzmuſik an ſein Ohr klingen, ſondern blieb im Banne des geheimnisvollen Fludiums, das von der Fremden auszugehen ſchien. Ihr, der Fremden, mußte er ſein Geſchick erzählen; vor ihr mußte er ſeine Anklage gegen das ungerechte Schickſal erheben; vor ihr, die im Lebenslauf der Menſchen unumſtößliche Logik zu erkennen vorgab; vor ihr, die ihn mit ihrer ſeltſam⸗traurigen Stimme gefangen nahm; vor ihr, die er nicht kannte und die ihm doch ſo bekannt erſchien. Und er ſprach von blühenden Büſchen und knoſpenden Blumen an lauen Frühlingsabenden, von glutvoll nieder⸗ gehender Sonne und verheißungsvoll blinkenden Sternen. Er erzählte von blumenreiner Liebe, von unſchuldvollen Herzen und zartem Hoffen. Boll Bitterkeit klagte er über die Hartherzigkeit eines Mädchens, das ihn, den aufrichtig Liebenden, verließ. „Warum handelte ſie ſo?“ unterbrach ihn die Fremde mit gleichgültiger Stimme. „Warum? Weil ich nichts hatte. Weil ich ein armer Student war und der andere' ein reicher Mann.“ Die weißen Hände der Fremden tippten nervös auf die Tiſchplatte.„Eine ſchwere Anklage, die Sie gegen das Mädchen erheben. Und wenn ich ſie verteidige, geſchieht dieſes, weil ich für jede Geſchlechtsgenoſſin ein Gefühl der Sotidarität empfinde: vielleicht lag der Handlungsweiſe des Mädchens doch ein edleres Motiv zugrunde?“ „Was könnte dieſes ſein?“ „Nun, etwa, daß das Mädchen oder deſſen Vater ſich in des Hand des anderen befanden. Vielleicht konnte er auf ſie einen Zwang ausüben...“ Kurt blickte betroffen auf.„An dieſe Möglichkeit habe ich nicht gedacht...“ „Nun, denten Sie einmal nach: Finden Sie keine An⸗ haltspunkte für meine Annahme? Vielleicht ein Geheim- nis des Vaters, von dem der andere' wußte? Vielleicht ein gemeinſames Intereſſe...“ „Großer Gott, Sie können recht haben! Vater und Schwiegerſohn wurden ſpäter des Schmuggels überführt.“ Verwundert ſah Kurt auf die Fremde, vor deren Scharf— ſiun er Reſpekt bekam. „Was kam dann weiter, nachdem Sie das Mädchen verkieß?“ s Niedergeſchtagen ſetzte Kurt ſeine Erzählung fort. „Später verſuchte ich mich ihr, der Frau des anderen, wieder zu nähern. Ich war nahe daran, ſie ihm wieder zu entreißen. „Ich verſtehe Sie nicht: Wie konnten Sie dem anderen! die Frau entreißen?“ „Ich kaunte ein Geheimnis ihres Gatten und zwang ihn, ſeine Frau zu mir zu ſchicken...“ „Und ſie kam nicht“, ergänzte die Fremde gedanken— verioren. „Woher wiſſen Sie das?“ fragte Larowicz überraſcht. „Weil es nicht anders ſein kann. Sonſt wäre ſie keine Frau geweſen, die nicht erſchachert, ſondern erworben werden will.“ Larowicz antwortete nicht. „Finden Sie nicht, daß Sie hier den erſten großen Fehler Ihres Lebens machten?“ „Nein und tauſendmal nein“, antwortete Kurt ent⸗ ſchleden.„Eine Frau, die ſich ihrem Manne gegen Geld verkauft...“ „Sie vergeſſen, daß dieſe Annahme gefallen iſt...“ Kurt ſchwieg einen Augenblick betroffen.„Aber“, ſetzte ei fort,„konnte ich dieſes wiſſen? Iſt dieſes mein Fehler?“ 2 „Wenn ich von Fehlern ſprach“, antwortete die mono⸗ tone, leidenſchaftsloſe Stimme,„dann dachte ich nicht nur an Fehler in ſubjektivem Sinne. Es gibt auch Fehler, für die man nicht verantwortlich iſt... Doch weiter.“ Roman von Fritz.—„Daß 122 dir wohlergehe 9 0 5 1 „Dann erlitt ihr Vater und ihr Gatte gleichzeitig den Tod...“ i Die Fremde ſchien zu zittern. Faſt überlaut klang ihre Stimme:„War jetzt nicht die Zeit gekommen, um der Ver⸗ laſſenen hilfreich den Arm zu bieten? Sie wartete be⸗ ſtimmt darauf, hoffte, harrte.“ Kurts Lippen verzogen ſich, als litte er körperlichen Schmerz.„Ich wollte es... Ich ſchrieb einen innigen Brief... und ein Narr unterſchlug ihn..“ Da brach es verzweiflungsvoll, unaufhaltſam, aus dem Munde der Fremden hervor: „Du ſchriebſt mir? Du ſchriebſt mir? Und ich wartete und wartete und wartete. Du hatteſt mich nicht vergeſſen? Und jetzt... und jetzt...“ Taumelnd ſuchten die weißen Hände einen Halt, krampften ſich in das Tiſchtuch und zogen es herab. Die Fremde war ohnmächtig geworden. Faſſungslos, wie erſtarrt. blickte Kurt auf die zuſam⸗ mengeſunkene Geſtalt. Dann kam ihm die Erkenntnis. Taumelnd ſprang er auf die Fremde zu und riß ihr die Larve vom bleichen Geſicht. „Nelly!!! Nelly!!!“ ſchrie er und rüttelte ſie, um ſie zum Leben zurückzurufen.„Nelly!!!“ Nach kurzer Zeit, die Kurt endlos ſchien, ſchlug Nelly wieder die Augen auf. Verſtändnislos eilte ihr Blick in die Runde; dann weiteten ſich ihre Augen ſchreckensvoll. „Verzeih'... ich wollte es nicht... ich wollte fort, ohne daß du mich erkannteſt Verzeih', ich wurde ſchwach...“ Kurt ſtreichelte die fahlen Wangen.„Nelly, mein Nelly⸗ chen! Warum denn? Warum denn?“ Dann huſchte ein er⸗ ſchrockenes Verſtehen über ſein Geſicht.„Bindet dich eine neue Ehe?“ „Nein, mich bindet keine neue Ehe“, antwortete Nelly betont. Kurt ſtrahlte vor Glückſeligkeit.„Warum denn fort von mir, warum denn? Jetzt kann doch wieder alles gut werden?!— Und wie ich gelitten habe.“ „Jetzt kann alles wieder gut werden“, wiederholte Nelly mit gezwungen-froher Miene. Doch Kurt merkte es nicht. Er jubelte vor Glückſelig⸗ keit.„Wie ich litt“, ſtieß er hervor.„Ich ſuchte dich wochen⸗ lang in dieſer Stadt. Doch endlich hat das Elend ſein Ende gefunden Nelly, mein Nellychen...“ Nelly nickte mit dem Kopfe.„Endlich hat das Elend ſein Ende gefunden“, wiederholte ſie abermals. Doch der leere, nach innen gekehrte Ausdruck ihrer Augen bildete einen ſcharfen Kontraſt zu ihren Worten. Kurt merkte es und faßte Nelly aufmunternd am Arm, als wollte er ihre Traurigkeit verſcheuchen.„Freuſt du dich gar nicht? Jetzt kann doch alles werden wie einſt! Vergeſſen iſt alles Leid...“ „Kannſt du vergeſſen?“ 5 „Warum denn nicht? Jetzt. da ich weiß, daß du mich nur gezwungen verließeſt. Glaubſt du denn, ich verſtehe jetzt nicht alles, was du mir vorhin ſagteſt. Doch“— Kurt wurde nachdenklich—„damals fiel es mir nicht ein, daß du dazu gezwungen wurdeſt. Kannte ich doch deine Selb⸗ ſtändigkeit und deinen Eigenwillen.“ Um Nellys Mundwinkel zuckte es bitter.„Selbſtändig⸗ keit? Eigenwillen? Wie hätte ich die bewahren ſollen, wenn es um den Kopf meines Vaters ging? Wie konnte ich die Wünſche meines Vaters mißachten, wenn er das vierte Gebot zitierte?.. daß es dir wohlergehe...“ „Daß es dir wohlergehe..“, wiederholte Larowicz halblaut,„„. und wie du litteſt! Welch frivole Ver⸗ gewaltigung des vierten Gebots!“ Nelly ſchwieg, Inzwiſchen betrachtete er ihr blaſſes, noch immer ſchönes Geſicht. Sie iſt älter geworden, dachte er. Der Gram hat Falten um den Mund gezogen, ihre Augen haben einen fremden Ausdruck. Und doch iſt es meine Nelly, meine kleine, ſüße Nelly. Auch Nelly betrachtete ihn. Kann er vergeſſen? dachte ſie. Alles? Wird er mich begreifen können? Wird er be⸗ greifen, daß ich durch die Not gezwungen wurde, mich ſelbſt zu vergeſſen? Kann dieſes ein Mann, der liebt, überhaupt begreifen? Kann ein Mann verſtehen, daß keine Dörr 1 — ́EUꝓiä—nämn———n——— jj Frau ſich ſelbſt überlaſſen werden darf? Wird er es über⸗ winden, daß ich mich ſo herabiaſſen mußte?“ „Kannſt du vergeſſen?“ wiederholte ſie gedanken⸗ verloren. „Warum ſoll ich nicht? Doch, jetzt fällt es mir erſt ein: Was machſt du eigentlich in dieſer Stadt? Wie kamſt du zu dieſem Feſt?“ 5 N 8 Einen Augenblick ſah Nelly in die ehrlichen, offenen Augen Larowicz', als wollte ſie ſeine Frage deuten. Sein unbefangener Blick erinnerte ſie an vergangene Zeiten der erſten frühlinghaften Liebe. Er iſt noch immer der gute, unverdorbene Junge, dachte ſie, und zögernd rang ſie ſich die Worte ab:„Ich wohne bei einer Freundin— in ihrer Begleitung bin ich auch hier.“ „Welches Glück, daß ich dich traf“, warf Kurt ein. Im ſelben Moment flammte helles Licht auf. Es war die Stunde gekommen, in der auch der Wintergarten, nun⸗ mehr in voller Beleuchtung erſtrahlend, den Tanzenden freigegeben wurde Er mit ſeiner bunten Lampionbeleuch⸗ tung ſollte die Uebeeraſchung des Abends ſein. „Bald werden wir nicht mehr allein ſein. Sieh, alle Türen zum Saal werden geöffnet“, ſagte Nelly. Von toller Freude übermannt, ſprang Kurt auf.„Jetzt begreife ich es, wie man tanzen und jubeln, johlen und lachen ktann Warte aur einen Augenblick, eine der Zigeunerkapellen muß herein Wir feiern Verlobung...“ „Nicht doch“, rief Nelly und faßte ihren wiedergefunde⸗ nen Freund am Arm„Auch ich habe volles Vertrauen zu dir, auch ich habe die Hoffnung, daß wir bald Ver⸗ lobung feiern können aber noch iſt es nicht ſo weit So viele Mißverſtändniſſe, ſo viele Irrtümer haben uns unſere Jugend vergällt, haben uns all dieſe Jahre ge⸗ trennt Wenn es nun wirklich ernſt werden ſoll, wenn nun wirklich unſer Glück heraufziehen ſoll, dann ſollen keine Mißtöne mehr zwiſchen uns herrſchen. Die volle Wahrheit ſoll die Grundlage für unſer Zuſammenleben ſein kein Geheimnis, kein Falſch und Arg ſoll zwiſchen uns ſein 5 1 Erſchrocken ſah Kurt auf Nelly, deren Züge müde und abgeſpannt waren, wenn auch die Hoffnung auf ein neues Glück in ihren Augen widerſtrahlte. „Noch etwas?“ fragte er erſchrocken.„Ich wüßte nicht, was ſich unſerem Glück jetzt noch in den Weg ſtellen könnte“ „Lieber Freund, wir wollen in Ruhe und ganz für uns allein alles, was hinter uns liegt, nochmals durchgehen; und erſt, wenn du alles von mir weißt und ich alles von dir, dann wollen wir von der Zukunft ſprechen.“ Sie verließen den Trubel des Feſtes, und Hand in Hand ſaßen ſie dann, ſtundenlang plaudernd, auf dem Eck⸗ ſofa eines kleinen, ſtillen Kaffeehauſes. Nelly verſchwieg ihm nichts. Alles, alles erzählte ſie. Wie ſie mehr als einmal drauf und dran war, ſich weg⸗ zuwerfen, der Gier gewiſſenloſer Männer zum Opfer zu fallen. Sie erzählte, wie man ihr hundertmal zu nahe ge⸗ treten ſei, wie es häufig faſt zum Alleräußerſten ge⸗ kommen wäre, und welche Mühe und Opfer es ſie gekoſtet hatte, doch rein zu bleiben. Ihre Erzählung war zu Ende. Zagend und doch hoffend blickte ſie in die ernſten Augen Kurts: a „Lieber, kannſt du mir verzeihen? Wirſt du wirklich all das Schreckliche vergeſſen können, was über mich ge⸗ kommen iſt? Wirſt du immer noch die Reine, Unſchuldige in mir erblicken können, die du ehemals geliebt haſt?“ Er drückte tore Hande feſter. „Ein Schuft wäre ich wenn ich dich das entgelten laſſen wollte, was dir ſchlechte, ſkrupelloſe Menſchen antun woll⸗ ten Nein, ich will verſuchen, dich all das Furchtbare ver⸗ geſſen zu laſſen, dich zu lieben und für dich zu ſorgen, daß ſich ein Schleie über alles Vergangene ſenkt und du all die Widerwärtigkeiten vergißt..“ Der Tag dämmerte bereits, und lichte rote Wölkchen zogen am Himmel herauf, als ſich die beiden Liebenden trennten Da wußte Nelly, daß auch für ſie und ihr Leben eine neue Morgenröte angebrochen war. Ende. 5 Schweigen. Von Egid Filek. (Nachdruck verboten.) Der Acgt macht ſein Doktorengeſicht:„Wie geſagt, lieber Freund, es iſt nichts von Bedeutung— hm, ja—, vielleicht nur elne Reizung der motoriſchen Nerven infolge allgemeiner Neuraſthenie— aber Sie müſſen unbedingt Ihre Sprech⸗ muskeſn aufs äußerſte ſchonen. Schweigen— abſolutes Schweigen. Es wird Ihnen ſchwer fallen, allerdings— hm, ja—, aber im Intereſſe der Geſundheit.. Und mit dieſer Tinktur laſſen Sle ſich täglich auspinſeln“ Ich beginne alſo ſeufzend meine Schweigekur. „Die erſten Tage ſind wirklich ſehr traurig. Es tut weh, mitten unter den fröhlichen, lachenden, plaudernden Menſchen scher zu müſſen, denen man ſo oft und gern ein gutes oder ſcherzendes Wort ſagen möchte; nicht ausſprechen dürfen, wo⸗ von das Herz voll iſt— in den Geſichtern der anderen jenes ſchale Mitleid leſen, das verletzt ſtatt zu tröſten— ausgeſchaltet ſein aus ihrem Kreis, bald auch gemieden und halb vergeſſen als einer, der nicht mehr mitzählt. 1 00 Da iſt es doch ſchöner in dem ſtillen, nachdenklichen Bib⸗ lücthekszimmer, wo die ernſten, braunen Bücherrücken mit den matten Goldbuchſtaben von den Regalen leuchten und die Namen großer Denker und Dichter 1 7 8 ch zu ſtummer Zwieſprache Ich aber, der in der grauenvollen Zerſplitterung des All⸗ tagaſwtrkens die wahre Kunſt des Lesens cen faſt verlernt bal, löſe die großen Toten aus ihrem Bann, einen nach dem anderen, und ſpreche mit ihnen, weil ich mit den Lebenden uicht ſprechen darf. Und ſie 1 004 mich und geben mir Ant⸗ wort auf ſo manche Fragen, beſſere als die Lebendigen von — 4 1575 Ga es vermögen. Und ich finde im Umgang mit B e wieder, die ich längſt verloren geglaubt: Tro a Ruhe, Vertiefung und Einkehr 10 mich ſelbſt 5 N Wie ſonderbar aber iſt mir zumute, wenn ich dann wieder in den Kreis der Lebenden trete! Ich ſchweige und beobachte. Man kann nur dann richtig beobachten, wenn man ſelbſt nicht ſpricht. Warum reden ſie alle ſo viel? Sind von hundert Worten, die ſie von ſich geben, nicht immer neunzig im Grunde genommen überflüſſig? Wiſſen Sie nicht, daß ein Wink, ein Blick, ein Lächeln oder Achſelzucken viel mehr ausdrücken kann als die Rede, und daß die beſten und feinſten Dinge ſich gar nicht ſagen laſſen? Warum find ihre Geſichter ſo leer, wenn ſie reden? Warum hört ein jeder am liebſten nur ſich ſelbſt ſprechen und achtet gar nicht darauf, was der Nachbar ſagt? Und ſo wird mir das Schweigen, das ich ſo ſchwer und ungern erlernt habe, zur reichen Quelle von Anregung. Ich finde, daß es mein Lebensgefühl und meine Daſeinsfreude ſich al Ich lache über mein ganzes inneres Geſicht, wenn ſie ſich alle heiß ſprechen, wenn einer dem anderen ſeine Meinung mit Gewalt aufzwingen und ihn nicht etwa überzeugen, ſondern einfach nur überſchreien will. Dann darf ich dabeiſitzen, in lach 11 Mantel meines Schweigens gehüllt, und heimlich ächeln. Und nach und nach wird mir klar, daß das Schweigen eine der feinſten Lebenskünſte iſt, und daß, wer ſie verſteht, ein großes Stück werwollen Gutes beſitzt. Das Beſte und Tiefſte in uns offenbart ſich im Schweigen. Jenes weigen der Liebe zwiſchen Mann und Weib, das die innigſte Gemeinſchaft der Seelen bedeutet; das Schweigen, das durchs Zimmer geht, wenn die letzten Töne Schuberts oder Beethovens verklingen— es ruht in iich ſelbſt als ewige, unantaſtbare Wahrheit, als wunſchloſes Glück der Erfüllung. 0 Aber nach drei oder vier Wochen kommt der Arzt mit ſeinem Kehlkopfſpiegel, ſchaut mir in den Schlund und konſtatiert 2 e eine namhafte Beſſerung, ſehr erfreut über den Er⸗ folg ſeiner Therapie. „Aus e mein Lieber— hm, ja—, von morgen an dürfen Sie wleder ſprechen. Es iſt alles in Ordnung!“ Ich ſehe ihn feindſelig an und— ſchweige. — Mit dem linken Fuß au geſtanden! f(Nachdruck verboten.) „Ich bin heute zu nichts aufgelegt! Dieſe bequeme Ausrede kann man alltäglich hören, und man ſieht es dem, der ſie aus⸗ ſpricht, ſchon am Geſicht an, daß er mißgeſtimmt iſt, daß er, wie der Volksmund ſagt,„mit dem linken Fuß aufgeſtanden iſt“. Unter dieſer ſelbſt ſuggerierten Einbildung iſt es daun gar nicht anders denkbar, daß ihm alles, was er angreift, miß⸗ lingen muß. An dem raſch hinuntergeſchluckten Kaffee hat er ſich ſicher die Lippen verbrannt, beim Raſieren ſich in die Backe geſchnitten, und beim Binden der Krawatte hat er ſicher einen Wutanfall bekommen. Von ſeiner Gattin iſt er grollend mit einem unfreundlichen Wort geſchieden; unten angelangt, fährt ihm todſicher die Straßenbahn vor der Naſe weg, und der ſonſt auf die Minute Pünktliche kommt zu ſpät ins Geſchäft. Dort treibt die eingebildete Verärgerung weitere Blüten. Mat macht ſeine Arbeit unſicherer als ſonſt, verkracht ſich mit ſelnen Kollegen— kurz, die ganze Welt ſcheint ſich verſchworen zu 0 dieſen Tag zu einem Unglückstag zu ſtempeln. Die Wett at aber weit Wichtigeres zu tun, als einen einzelnen Menſthe 8 ärgern. Nur die eigene Mißſtimmung iſt es, die alle Hand⸗ ungen beeinflußt, und die man dann damit zu entſchuldigen ſebes daß man heute nicht recht aufgelegt ſei. Dann müßte ja eder Tag ein Pechtag ſein. Denn auch an anderen Tagen kommt es vor, daß wir die Elektriſche verſäumen, daß uns eine Arbeit nicht recht gelingen will; aber Selbſtbe 1 und gute Laune helfen immer harmoniſch über dieſe kleinen Aerges⸗ niſſe hinweg. dar bin heute nicht recht aufgelegt!“ Dieſe Aus⸗ rede ſollte es fl Laune, einem Sich⸗gehen⸗laſſen, das man bekämpfen muß. Wer dazu 155 fähig iſt, ſollte an einem ſolchen Tage nichts Wi tiges unternehmen, keine Entſcheldungen treſſen, die von we tragender Bedeutung ſein könnten. Unluſtſtimmung wied immer die klare Urteilskraft trüben und andere gegen uns einnehmen. Hier hilft nur eines: die Ertenninis, daß man err über ſich ſelbſt iſt, daß der Wille alle Launen beherrscht! ann wird man nicht mehr mit dem linen Fuß ee, 255. erhaupt nicht geben. Sie entſpringt nur einer Vtennender Ozeanrieſe. — Paris, 5. Januar. Der über 42 000 Tonnen große franzö⸗ ſiſche Paſſagierdampfer„Atlantique“, der den Dienſt zwiſchen Bordeaux und Buenos Aires verſah, geriet auf der Fahrt von Bordeaux nach Le Havre ins Dock auf noch ungelläcte Wieiſe in Brand. Die Beſatzung machte ver⸗ zweifelte Anſtrengungen die Flammen zu lö⸗ chen, mußte ſich aber bald dazu entſchließen, as brennende Schiff zu verlaſſen. Das Hapag⸗ Motor⸗Schiff„Ruhr“ fing die SOS⸗Rufe auf und begab ſich ſofort an die Anglücks⸗ ſtelle, wo es ihm gelang, 86 Mann der Be⸗ ſatzung des brennenden Schiffes zu überneh⸗ men. Insgeſamt leiſteten fünf Schiffe Hilfe. Dem Umſtand, daß die„Atlantique“ nach Le Havre ins Trockendock ſollte, iſt es zu verdanken, daß ſich keine Fahrgäſte an Bord befanden. Die Beſatzung, die unter normalen Verhältniſſen etwa 650 Mann beträgt, ſetzte ſich diesmal nur aus 170 Mann zuſammen, da in Bordeaux bereits eine ganze Anzahl von ihnen beurlaubt worden war und das Dienſtperſonal ſich nicht mehr an Bord befand. Die„L' Atlantique“, die den Wettkampf mit dem deutſchen Hapagdampfer„Cap Arcona“ auf dem Südatlantik aufnehmen ſollte, trat am 29. September 1931 ihre Jungfernfahrt an und galt als das modernſte Schiff auf der Linie nach Südamerila und war das zweitgrößte der franzöſiſchen Handelsflotte. Es wurde mit einem Koſtenaufwand von rund 400 Millionen Franken(etwa 65 Millionen Rm.) gebaut. Das Schiff kann bei voller Ausnutzung 2000 Fahrgäſte befördern. Das Schiff war 226 Meter lang und 30 Meter breit. Große Veſtürzung. Die Kataſtrophe an Bord der„Atlantique“ hat in franzöſiſchen Schiffahrtskreiſen große Beſtürzung hervorgerufen. Sowohl bei der Schiffahrtsgeſellſchaft, wie auch im franzöſi⸗ ſchen Marineminiſterium legt man beſonde⸗ ren Nachdruck darauf, daß eine ſtrenge Un⸗ terſuchung über die Urſache des Unglücks eingeleitet werden ſoll. Man kann ſich in der Tat nicht vor⸗ ſtellen, wie ein Rieſendampfer von über 40 000 Tonnen, in wenigen Stunden ein Raub der Flammen werden kann. Es berührt ſehr merkwürdig, daß es mit den an Bord vorhandenen Mitteln nicht gelungen iſt das Feuer im Keime u erſticken. Man muß alſo annehmen, aß die„Aklantique“ an verſchiedenen Stellen gleichzeitig brannke, was zu den verſchiedenſten Vermukungen Anlaß gibt. Schiffsbrände der letzten Jahre. Im Frühjahr 1929 brannte der 46 000 Tonnendampfer„Europa“ des Norddeut⸗ ſchen Lloyd kurz vor ſeiner Fertigſtellung in— wendig aus. Noch nicht ein Jahr ſpäter brach auf dem Lloyddampfer„München“, der am Neuyorker Pier angelegt und ſeine Fahr⸗ gäſte gelandet hatte, eine Feuersbrunſt aus, die das Schiffsinnere vollſtändig vernichtete. Zwei Perſonen kamen ums Leben, acht wur⸗ den ſchwer verletzt. Beſonders grauenhaft war ein Schiffsbrand, dem im Mai 1930 115 Pilger zum Opfer fielen, die ſich auf der Wallfahrt nach dem Heiligen Lande befan⸗ den. Sie waren an Bord des franzöſiſchen Dampfers„Aſias“, der im Roten Meer von einer Feuersbrunſt heimgeſucht wurde. Im letzten Frühjahr wurde im Golf von Aden der franzöſiſche Paſſagierdampfer„Georges⸗ Philippar“ von einem Brand heimgeſucht, der 52 Menſchenleben forderte. Deutſcher Dampfer geſtrandet. Der Orkan, der letzter Tage an der nor— wegiſchen Weſtküſte große Verheerungen an⸗ richtete, hat die Strandung des 3000 Tonnen großen deutſchen Dampfers„Pollux“ aus Flensburg, der ſich auf der Fahrt von Sarpsborg(Oslofjord) nach Kiel befand, verurſacht. Der Dampfer war in der Nacht in ſchwere See geraten. Der Kapitän hatte aber die Geiſtesgegenwart das Schiff vom Strand weg zu bringen, ſo daß es an einer nicht gefährlichen Stelle ſtrandete. Das Schiff wurde vom Sturm wieder losgeriſſen, ging dann mit großer Maſchinenkraft dem Sturm entgegen und fand Unterſtützung durch einen norwegiſchen Dampfer, der den „Pollux“, der bereits ein großes Leck hatte, ins Schlepptau nehmen konnte. in der Nähe von Horten vor Anker. Keine Nettung mehr! Die„Atlantique“ ein einziges Flammenmeer Der Schaden für die franzöſiſche Handels- marine. f Paris, 5. Januar. Der franzöſiſche Südatlantik⸗Dampfer„Al⸗ lantique“ kann nunmehr als verloren gel⸗ ten. Fünf Flugzeuge, die das Schiff über⸗ flogen. haben feſtaeſtellt. daß es ein einziges * Jetzt liegt das Schiff mit großer Schlagſeite und Leck. 65 Flämmenmeer bildet und unmöglich geret⸗ tet werden kann. Die Hilfsſchiffe, die von Cherbourg ausgelaufen waren, konnten überhaupt nicht eingreifen, da es ihnen nicht möglich war, nahe genug an das brennende Schiff heranzufahren, um ihre Waſſerrohre in Tätigkeit zu ſetzen. An zuſtändiger Stelle wird mitgeteilt, daß die Belatzung das Schiff nicht eher verlaſſen hat, bis alle Möglichkeiten einer wirkſamen Bekämp⸗ fung des Feuers ſich als nutzlos erwieſen. Die Tatſache, daß die Bordmittel nicht genügken, ſei lediglich ein Beweis dafür, mit welcher Geſchwindigkeit das Feuer um ſich gegriffen habe. Die„Atlantique“ ſei mit den allermo⸗ dernſten Löſchein richtungen aus⸗ gerüſtet geweſen. Außer 13 ſogenannten ei⸗ ſernen Vorhängen ſowie einer Reihe feuer⸗ dichter Schotten ſei das Schiff für die Be⸗ kämpfung des Feuers mit Waſſer, Sand und Schaum ausgerüſtet geweſen. Es beſteht noch keine Sicherheit, daß die geſamte Beſatzung gerettet werden konnte. An Bord der„Achilles“ ſollen ſich angeblich eine Reihe Verletzter befinden, die während der Löſcharbeiten Brandwunden davontrugen oder durch die Rauchentwick— lung Schaden genommen haben. Nach er— gänzenden Meldungen befanden ſich nur 170 Mann an Bord. Der Schaden, den die franzöſiſche Handels- flolke durch den Verluſt der„Atlankique“ er- leidet, iſt unermeßlich. Man iſt ſich an zu⸗ ſtändiger Stelle vollkammen im klaren darüber, daßz das Ende der„Aklankique“ nach dem Brand der„Andre Lebon“ im Ha- fen von Marſeille und der furchtbaren Ka⸗ taſtrophe der„Georges Philippar“ im Golf von Aden das Anſehen der franzöſiſchen Handelsmarine auf Jahre hinaus geſchädigt hat. Die„Atlantique“ war nach der„Nor- mandie“ und der„Ile de France“ das drikt⸗ größe Schiff der franzöſiſchen Handels- marine. Im Marineminiſterium iſt bereits ein Ausſchuß von Sachverſtändigen zuſammengetreten, um die Brandkataſtrophe der„Atlantique“ im Rahmen der beiden letz— ten Brandunglücke einer eingehenden Prü— ung zu unterziehen. Man hat dabei angeb— lich beſonderen Wert auf die Feſtſtellung ge— legt, daß bei allen drei Bränden gewiſſe übereinſtimmende Anzeichen vor⸗ handen ſind, denen näher nachgegangen werden ſoll. Der Miniſter für die franzöſiſche Handels- marine, Leon Meyer, hat bei der deukſchen Bokſchaft angerufen, um namens der fran⸗ zöſiſchen Regierung amtlich für die kalkräf⸗ tige Hilfeleiſtung des deutſchen Dampfers „Ruhr“ zu danken. Schlechter Viehmarkt. Der erſte Frankfurter Viehmarkt im neuen Jahr brachte große Ueberſtände an Großvieh und auch der geringe Auftrieb an Schweinen konnte nicht ganz verkauft werden. Die Ur⸗ ſache war, daß das Neujahrsgeſchäft der Metz⸗ ger ſehr ſchlecht war. Das Publikum hatte ſich für die Weihnachtstage ganz verausgabt, ſo daß für Neujahr nichts mehr übrig blieb. Da⸗ zu kam, daß zahlreiche Weihnachtsgänſe übrig geblieben waren, deren Preiſe zwiſchen den Jahren auf 50 bis 60 Pfennig pro Pfund geſunken waren. Die Flörsheimer Gänſemä⸗ ſtereien, die ihre Waren nach Mainz und Frankfurt liefern, haben ein ſo ſchlechtes Weih⸗ nachtsgeſchäft wie diesmal noch nicht gehabt. Hinzu kam noch, daß in dieſem Jahr auch zahlreiche bayeriſche Gänſe zwiſchen den Jah⸗ ren nach Frankfurt flatterten, denn in Nürn⸗ berg, wo ſonſt zur Weihnachtszeit ein gro— ßer Gänſehandel blühte, waren 40 000 Stück übrig geblieben, die denn zum Teil auch nach Frankfurt kamen und die Preiſe drückten. So kam es, daß die Metzger nur etwa 40 Pro— zent des vorjährigen Neufahrsfleiſchverkaufs hatten. In landwirtſchaftlichen Kreiſen ſpricht man bereits wegen der ſchlechten Märkte und des geringen Erlöſes von einer Kontingentie— rung der Marktbeſchickung. Raubwildkadaver völlig vernichten!! Veranlaßt durch ſechsmaligen Trichinenfund bei Füchſen, die in den beiden letzten Jahren in Oberheſſen geſchoſſen wurden, hat die Forſt⸗ abteilung des heſſiſchen Finanzminiſteriums eine Verfügung an die heſſiſchen Forſtämter erlaſſen, in der unter Betonung dieſer Tri⸗ chinengefahr bei Raubwild gefordert wird, daß alle Raubwildkadaver abſolut unſchädlich zu beſeitigen ſind, damit nicht etwa eine Ueber⸗ tragung von Trichinen auf Weideſchweine oder Schweine im Hauſe der Jager ſtattfinden kann. Es wird empfohlen, die Raubwildka⸗ daver tief zu vergraben und die Stelle mit Kreoſol und dergleichen zu begießen, um das Ausſcharren der Kadaver zu verhindern. Da ferner bei einem Wildſchwein in einem Falle Tuberkuloſe vorgefunden wurde, iſt an die Trichinenſchauer Anweiſung ergangen, bei der Trichinenſchau bei Schwarzwild auch auf Tu⸗ berkuloſe zu unterſuchen, damit Gefahren für die Menſchen bei dem Genuß dieſes Wild⸗ brets ausgeſchloſſen werden. Aus der Heimat. Gedenktage. 5. Januar. 1643 Der Phyſiker u. Aſtronom Iſaac New⸗ ton in Woolsthorpe geboren. 1846 Der Philoſoph Rudolf Eucken in Au⸗ rich geboren. 1867 Der Landſchaftsmaler und Radierer Otto Übbelohde in Marburg an der Lahn geboren. Sonnenaufg. 8.10 Sonnenunterg. 16.01 Mondunterg. 2,07 Mondaufg. 11.30 Prot. Simeon. Kath. Telesporus. *. Dreikönigstag. Mit dem 6. Januar, dem Dreikönigstag, gilt in den meiſten Gegenden die Zeit der Weihnachtsfeierlichkeit für abgeſchloſſen. Der 6. Januar iſt zugleich der erſte größere Feier⸗ tag am Anfang des Jahres und den drei heiligen Königen geweiht, die, vom Stern ge— leitet, aus ferneren Ländern zum Hirtenſtall in Bethlehem wallfahrten. Die Heilige Schrift berichtet von den Weiſen aus dem Morgen- lande, die den Weisſagungen ihrer Vorfahren zufolge dem wunderbaren Stern gefolgt ſind, in mächtigem Zuge hingeriſſen über Länder und Wälder und ſonnenglühende Gebirge. Für uns iſt der Stern eine wunderbare Symbolik. Er iſt das Abbild der göttlichen Gnade, die immer zur rechten Zeit in Anpaſ— ſung an die menſchliche Eigenart erſcheint, ein Widerſchein des göttlichen Wortes, der jeden Schritt erhellt, den wir durchs Leben tun, der Stern des Troſtes in ſchweren Prü— fungen. Auf dem Lande werden an die Stubentüren die Anfangsbuchſtaben der drei Könige Kaſpar, Melchior und Balthaſar angeſchrieben zur Er— innerung an die rührende Demut, mit der hier weltliche Fürſtenmacht ſich vor dem höch— ſten Könige, deſſen Reich nicht von dieſer Welt iſt, gebeugt hat. Erſt im 5. Jahrhundert wurde die Drei— zahl der Weiſen kirchlich feſtgelegt, in An— lehnung an das Dreierlei ihrer Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhen. *Die Reichspoſt wünſcht Angaben von den Rundfunkteilnehmern. Das Reichspoſtminiſte— rium teilt mit: Es iſt für die Entwicklung des Rundfunks von Bedeutung, zu wiſſen, in wel— chem Umfang noch Detektorenempfänger im Gebrauch ſind. Die Deutſche Reichspoſt iſt bei der Beſchaffung dieſer Angabe auf die Hilfe und das Entgegenkommen der Rundfunkteilneh— mer angewieſen. Sie wird bei der nächſten Einziehung der Rundfunkgebühren die erfor— derlichen Ermittlungen von den die Gebühren erhebenden Brieſträgern vornehmen laſſen. Feſtgeſtellt werden ſoll, ob der Rundfunkteil— nehmer einen Detektorenempfäng oder einen Empfänger mit ein bis drei Röhren oder einen Empfänger mit mehr als drei Röh— ren verwendet. Die Gewinnung möglichſt zu— verläſſiger Angaben iſt mittelbar auch für die Rundfunkteilnehmer von Bedeutung. Die Deutſche Reichspoſt bittet, den Briefträgern die gewünſchte Auskunft bereitwilligſt zu ertei⸗ len. Es wird beſonders betont, daß die Um— frage nur dem angegebenen Zweck dienen ſoll. Die Gemeindewahlen in Heſſen. Nach geſetzlicher Vorſchrift haben im Volks- ſtaat Heſſen die Wahlen zu den Stadt- und Gemeindeparlamenten im Jahre 1933 ſo zeitig zu erfolgen, daß etwaige Wahlbeanſtandungen vor Ablauf der mit dem 31. Dezember 1933 endenden vierjährigen Mandatsperiode ver⸗ waltungsgerichtlich zur Erledigung gelangen können. Setther erfolgten die Stadt- und Gemeinderatswahlen in Heſſen im Spätherbſt des vierten Mandatsjahres(Oktober oder an⸗ fangs November). Durch Nationalſozialiſten und Kommuniſten iſt jedoch im heſſiſchen Land⸗ tag der Antrag geſtellt worden, die Gemeinde— wahlen ſchon im Februar dieſes Jahres ſtatt— finden zu laſſen. Eine Annahme dieſes An— trags hätte verfaſſungsmäßige Schwierigkei— etn. Die heſſiſche Städte- und Landgemeinde— Verfaſſung ſieht für kommunale Parlamente, eine vierjährige Mandatsperiode vor, die mit dem Ablauf des vierten Kalenderjahres endet. Wird alſo der heſſiſche Landtag mit einfacher Mehrheit die Feſtſetzung der Gemeindewah— len im Februar 1933 beſchließen, dann würde das vierte Mandatsjahr doch erſt am 31. Dezember enden, wenn nicht eine verfaſſungs— ändernde Mehrheit des Landtags(dreiviertel [Majorität) eine Verkürzung der Mandats⸗ dauer beſchließt. Da der heſſiſche Landtag aus 70 Mitgliedern beſteht und eine verfaſſungs⸗ ändernde Mehrheit aus mindeſtens 52 Stim⸗ men beſtehen müßte, wären Sozialdemokraten und Zentrum allein imſtande, den Antrag auf Kürzung der Mandatsdauer zu Fall zu bringen. — Wiſſen Sie das? Im Jahre 1701 ging die Stadt Leipzig allen anderen deutſchen Städten mit Stra⸗ ßenbeleuchtung voran. Kaſan, die Hauptſtadt des ehemaligen Tar⸗ tarenreiches und jetzigen ruſſiſchen Gouver⸗ nements gleichen Namens, iſt bereits 12mal abgebrannt. e Gert Rothberg, die Verfaſſerin unſeres neuen Romans. Letzte Nachrichten. Revolveranſchlag auf einen Redakleur. Hamburg, 5. Jan. Auf den Redakteur des „Hamburger Familienblattes“, Carle⸗ bach, iſt am Mittwoch ein Revolver⸗ anſchlag verübt worden. Carlebach woll⸗ te einige Briefe zur Poſt befördern. Ein junger Mann folgte ihm und gab aus einem Revolver zwei Schüſſe auf den Redakteur ab. Dieſer wurde durch einen Streifſchuß am Kopf verletzt und brach beſinnungslos zuſammen. Bei dem Sturz erlitt er eine Gehirnerſchütterung ſowie Verletzungen an Bruſt⸗ und Rückenwirbeln. Der Täter iſt entkommen. Da Carlebach vor kurzem eine Reiſe nach Sowjetrußland unternommen hatte und über ſeinen dortigen Aufenthalt mehrere Artikel in dem Familienblatt ver— öffentlicht hatte, die für die Kommuniſten wenig Schmeichelhaftes enthielten, nimmt man an, daß der Täter unter den Kommu— niſten zu ſuchen iſt. Oberſtleutnant a. D. von Williſen geſtorben. Berlin, 5. Jan. Am Mittwoch verſtarb nach ſchwerem Leiden der Vorſitzende des Deutſchen Schutzbundes, Oberſtleutnant a. D. Friedrich Wilhelm Freiherr von Williſen, Ritter des Ordens Pour le Merite. Williſen beteiligte ſich Ende 1918 ͤ an der Zuſammen⸗ faſſung aller militäriſchen und freiwilligen Kräfte zur Verteidigung der Oſtgrenze. Er war einer der Gründer des Deutſchen Schutz⸗ bundes für das Grenz- und das Auslands- deutſchtum, zu deſſen erſten Aufgaben die den der Volksabſtimmungen ge⸗ örten. Ruhiger Verlauf einer kommuniſtiſchen Kundgebung. Berlin, 5, Jan. Im Luſtgarten fand am Mittwoch abend zum erſten Male nach Be⸗ endigung des Burgfriedens eine kommuni⸗ ſtiſche Kundgebung unter freiem Himmel ſtatt. Die Demonſtranten verſammelten ſich in den Nachmittagsſtunden an 15 verſchiede— nen Plätzen Berlins und zogen mit Muſik— kapellen und unter Mitführung von roten Fahnen und Transparenten zum Luſtgarten. Nennenswerte Zwiſchenfälle haben ſich nicht ereignet. Blutige Zuſammenſtöße auf einer niſchen Grube. Newyork, 5. Jan. Auf einer Grube in der Nähe von Taylorfille im Staate Illi— nois iſt es in der Nacht nach vorausgegange— nem Streit zwiſchen Grubenarbeitern und Wachpoſten zu einer regelrechten Schlacht ge— kommen, wobei ein Grubenarbeiter ſowie die Frau eines Grubenarbeiters getötet und 15 weitere Perſonen zum Teil erheblich verletzt wurden. amecika⸗ Märkte und Vörſen. Vom 4. Januar. (Ohne Gewähr.) Frankfurter Produktenbörſe. Amtlich notierten: Weizen 20,25; Roggen 16,25; Sommergerſte für Brauzwecke 18 bis 18,50; Hafer 13,25 bis 13,50; Weizenmehl ſüdd. Spezial Null 27,85 bis 28,75; niederrh. 27,85 bis 28,50; Roggenmehl 22,25 bis 23,25; Weizenkleie 7,40; Roggenkleie 8 Rm. für 100 Kilo. Tendenz: ruhig. Karlsruher Produktenbörſe. Sommergerſte 18 bis 19,75; Futtergerſte 16 bis 17,75; Hafer 13,25 bis 14; Plata⸗ mais 18,50; Weizenmehl, Spezial Null, 28,75; Roggenmehl 22,75 bis 23,50; Weizenbollmehl 9,75, Sofjaſchrot 10,30 bis 10,40; Trocken⸗ ſchnitzel 7,50 bis 8; Biertreber 10,75 bis 11; Palmkuchen 8,75; Weizenkleie 7,50; Wieſenhen 4,75 bis 5; Luzerneheu 5 bis 5,25; Stroh, drahtgepr. 4; Malzkeime 10,50 bis 11,50; ſüdd. Speiſekartoffeln 3 bis 4. ——