* Das Mädel vom Neckarſtrand, die erſte große Operette, die von einem Viern⸗ heimer Geſangverein und zwar von dem dama⸗ ligen Arbeiter⸗Geſangverein„Harmonie“ unter der Regie von Joſef Kempf zur Aufführung kam, wird demnächſt in vollſtändig neuer Bearbeitung als Revue⸗Operette durch das bekannte Theater⸗ Enſemble des Volkschors über die Bretter gehen. Die am letzten Donnerstag im„Karpfen“ ver⸗ ſammelten Theaterſpieler brachten zu dieſem Vor⸗ ſchlag ihre begeiſternde Zuſtimmung zum Aus- druck und verſprachen reſtlos, ihre ganze Kraft zu einem guten Gelingen der ſchönſten aller Operetten einzuſetzen.(Die Singſtunde des Volks⸗ chors findet am Donnerstag abend 9 Uhr im „Karpfen“ ſtatt. Samstag abend Generalver⸗ ſammlung.) * Gebrechlichen⸗Zählung. 15 000 Gebrechliche gibt es gegenwärtig in Heſſen. Dar⸗ unter befinden ſich ungeſähr 1000 Taubſtumme, 700 Blinde, 5000 Geiſteskranke mehr oder mindern Grades und 8000 körperlich Gebrech⸗ liche. Operettenabend der Sänger ⸗Einheit. Mit großem Erfolge wurde am Samstag abend im vollgepfropften Freiſchützſaale die in den letzten Tagen vielbeſprochene reizende Ope⸗ rette„Waldvöglein“ von Georg Milke zum zweitenmale aufgeführt. Zu Beginn des Pro- grammes hörten wir nach einem ſtimmungsvollen Eröffnungsmarſch der Kapelle Hanf⸗Blank von dem gutgeſchulten Männerchor des Vereins unter der ſicheren Leitung des Chormeiſters E. Hart⸗ mann, zwei prächtige Chöre„In Epiphania Domini“ v. M. Neumann und„Morgenlied“ von Rietz, die ſehr wirkungsvoll zum Vortrag kamen. Die mit Spannung erwartete Operette wurde nun von den Mitwirkenden mit einer großen Begeiſterung geſpielt, die die mit Bei⸗ fallsbezeugungen nicht geizenden Zuhörer bis zum Schluſſe in ihrem Banne hielt. Die ein- zelnen Spieler hatten ſich in die Rollen ſehr gut hineingelebt und wirklich anerkennenswerte Lei⸗ ſtungen vollbracht, wie man ſie ſelten auf Ver⸗ einsbühnen zu ſehen bekommt. Auch die Kapelle Hanf-Blank ſtellte wieder ihr Können unter Be- weis und meiſterte die köſtliche und bezaubernde Muſik in einer vorzüglichen Weiſe, wie man ſie von Künſtlern wohl nicht beſſer hätte erwarten können. Die wunderbaren Duoſzenen des Lie— bespaares wurden glänzend bewältigt und ihre ganzen darſtelleriſchen Fähigkeiten kamen bei der hochdramatiſchen Szene am Schluſſe des zweiten Aktes ſo recht zur Geltung. Großartig wurde die Rolle des Kommerzienrat von Mengen, der in der Vornehmheit ſeines Auftretens und In⸗ telligenz das Spiel beherrſchte, wiedergegeben. Auch Anton Keller, der Wirt zum Waldfrieden, löſte ſeine Aufgabe ausgezeichnet. Der urkomiſche Stanislaus und ſeine geliebte Sybille ſorgten dafür, daß auch der Humor zu ſeinem Rechte kam. Der am Schluſſe des Mäuſeſchwänzchen⸗ duetts aufgeführte groteske Tanz brachte den beiden großen Erfolg. Der auf Freiersfüßen gehende Schneider Hironymus Nadelſtich war eine Nummer für ſich. Sein bloßes Erſcheinen genügte ſchon, um wahre Heiterkeitsſtürme zu entfeſſeln. Glänzend gelungen iſt auch das Blindekuhſpiel, in dem der luſtige Student Stöp⸗ ſel von einer Bubikopfkolonne genasführt wurde. Die herrlichen Studentenchöre und die wunder⸗ baren Tänze und Reigen, die die Aufführung umrahmten, wurden von den mitwirkenden Da⸗ men und Herren gut beherrſcht und verdienen ebenfalls Anerkennung. Sehr effektvoll wirkte auch die großartige und farbenprächtige Beleuch- tung der dem Charakter des Stückes entſprechend kunſtvoll hergerichteten Bühne. Die Bühnen- ausſtattung iſt ein Meiſterwerk des 2. Vorſitzen⸗ den des Vereins, Herrn J. Haas, während die Beleuchtungsanlage von Herrn Georg Neff ge- ſchaffen wurde. Alles in allem war die Aufführung eine großartige Leiſtung, für die allen Mitwirkenden und Mitarbeitern herzlicher Dank gebührt. Sport und Spiel. Amicitia in Saarbrücken von Fuß⸗ ballverein 2:1 durch Schiedsrichter geſchlagen! Die weite Fahrt ins Saargebiet ging durch Regen, ſodaß alſo im voraus nichts gutes zu erhoffen war. Der Platz war lehmig, ſchwer und eine genaue Ballkontrolle faſt unmöglich. Trotz allem lieferte die Mannſchaft im allgemeinen ein gutes Spiel, beſonders die Verteidigung mit dem Torwart. Dieſe drei Leute ſtellten den blauſchwarzen Sturm faſt allein kalt. In der Läuferreihe hielten die Außenläufer trotz techniſch guten Spiels ihren Platz nicht ein. Dieſe fangen eine ganz neue Methode an, indem ſie ſich direckt hinter den eigeneu Sturm ſtellen und den gegner⸗ iſchen Außenſtürmern völlig freien Lauf laſſen. Der Sturm kombinierte ſehr, ging aber jedem Nahkampf aus dem Wag, war alſo zu weich. Durchſchlagskraft muß eben vorhanden ſein, wenn Tore erzielt werden ſollen. Die Grünen führten nach Anſtoß ein ſchönes Spiel vor und drängten den FVS meiſtens in ſeine Hälfte zurück. Kurz 0 vor der Pauſe kam Saarbrücken bei einem Eck- ball in Führung. Nach der Pauſe dauerte es nicht lange bis die Grünen durch ihren beſten Stürmer Kiß 2 ausgeglichen hatten. Die Grünen Schießen auch ein Tor, ein⸗ drängen gewaltig. wandfrei, aber es wird nicht gewertet Dieſer Pfeifemann, ein ausgezeichneter Platzſchiedsrichter, tat ſein möglichſtes um die Punkte den FVS zu erobern. Wenn es Holz im Saabrücker Strafraum gab, drückte er einfach beide Augen zu oder ſah ſich die umgekehrte Richtung an. Sein Meiſterſtück lieferte er bei dem garnicht geſchoſſenen Siegestreffer des FVS. Der Ball lag einwandſrei vor dem Pfoſten wie auch die AS. beſtätigt. Kein Menſch ſah den Ball im Tor, aber der Herr Schiedsrichter Maul und ſein getreuer Ekkehard an der Außenlinie. Sie ſind aber maßgebend und man muß damit zu⸗ frieden ſein. i Am Sonntag gaſtiert die Mannſchaft bes SC Saar Saarbrücken auf dem Waldſportplatz, der voriges Jahr einen ſo glänzenden Eindruck hinterlaſſen haben und einen hervorragenden Mittelläufer in Zeimet hatte. Am 22. Januar findet im Vereinshaus die ordentliche Jahresverſammlung ſtatt. An⸗ träge hierzu ſind bis ſpäteſtens Samstag Abend bei dem 1. Vorſitzenden Herrn M. Hoock oder in der Geſchäftsſtelle abzugeben. Wochenplan der Sportver⸗ einigung Amieitia 09 E. V. Vereinshaus„Waldſchenke“.— Täglich Betrieb Abteilung Fußball: Dienstag Nachm. 3 Uhr: Training der 1. M. und der 3. Mannſchaft. a Mittwoch Nachm. 3 Uhr: Training der Jugend. Mittwoch Abend 8 Uhr: Spielausſchuß. Donnerstag nachm. 3 Uhr: Training der 1. 2. und 4. Mannſchaft. Sonntag, den 15. Januar 32. Pokalſpiel gegen Saar Saarbrücken. Sonntag, den 22. Januar nachm. 1 Uhr im Vereinshaus Ordentliche Generalverſammlung. Anträge hierzu ſind bis zum kommenden Sams- tag, den 14. 1. 33. beim 1. Vorſitzenden Herrn Mich. Hoock, Friedrichſtr. 27., oder in der Ge⸗ ſchäftsſtelle abzugeben. Bekanntmachung. Betr.: Die Schlachtſteuer. Die nachſtehende Bekanntmachung des Kreis- amts Heppenheim vom 3. Januar 1933 bringen wir hiermit zur allgemeinen Kenntnis und emp⸗ fehlen allen in Betracht kommenden Gewerbe⸗ bus-Ordunng f Werktags 1 Neue Kirche: 5 Uhr: hl. Meſſe. 7/6 Uhr: Predigt(1. Thema). 6 Uhr: hl. Meſſe. 8 Uhr: 1. verkündigter Gottes dienſt; N zugleich Gottesdienſt für die Schulkinder. 38 Uhr: 2. verkündigter Gottesdienſt. 9 Uhr: hl. Meſſe. 9 Uhr: Predigt(2. Thema). Nachmittags: 3 Uhr: Predigt(1. Thema). ½9 Uhr: Predigt(2. Thema). Alte Kirche: 1/8 Uhr: Schulmeſſe. Morgens 8 Uhr: Predigt(1. Thema). Mittags 5 Uhr: Predigt(2. Thema). NB. ½ Stunde vor jeder Predigt: Roſenkranz. Die Kranken werden anfangs nächſter Woche beſucht. Wiernheimer Tageblatt— Oſernheimer Nachrichten) int täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Erſ 115 0— monatl. 1,40 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das e illuftrierte aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjährlich einen lan ſowie einen kalender.— Annahme von Abonnements tägl. 10 5 Gesche ſel and⸗ e u. beim Zgeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim rnſprecher 117.— ramme: A rt a. iger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Ant Geſchafteſtelle Rathausſtr. M.— tung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, (Giernheimer Bürger- Big.—. Oternb. Bolte dlatt) le toſtet 25 Pfg., die Nell 60 ace e dae ae mittags 8 Uhr, großere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen im unſerer Geſchaͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen · Expeditionen chlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Anzeigen werben ichkei tigt.— Für die A. denten bee fer Lasst fern Pda ftr Cewahr ht werner mes aber Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige bei 11 15 abgeſtufter Rabatt.— Nummer 9 Mittwoch, den 11. Januar 1933 50. Jahrgang treibenden, insbeſondere den Inhabern von“ Metzgereien, Konſumvereinen, Warenhäuſern uſw.“ für den alsbaldigen Aushang des Schlachtſteuer⸗ tarifs in ihren Verkaufsſtellen bei Meidung von Strafanzeigen beſorgt zu ſein. 5 Viernheim, den 9. Januar 1933. Heſſiſches Polizeiamt. Oechler. Betr.: Die Schlachtſteuer. Nach Art. 11 des Schlachtſteuergeſetzes 8. November 1932 ſind die Inhaber von L den und ſonſtigen Verkaufsſtellen, in dene Fleiſch, Fleiſch⸗ u. Wurſtwaren, die der Schlach ſteuer und Ausgleichsabgabe unterliegen, gewerbs⸗ mäßig verkauft werden, verpflichtet, eine Ab⸗ ſchrift des Schlachtſteuertarifs an einer ſichtbaren Stelle und in einer für jeden Käufer lesbaren! Schrift im Laden oder in der Verkaufsſtelle anzuſchlagen. Die Nichterfüllung der Verpflich⸗ tung unterliegt einer Geldſtrafe bis zu 500. Die Ortspolizeibehörden werden beauftra die in Betracht kommenden Geſchäfte(Metzgereie Konſumvereine, Warenhäuſer uſw.) auf dieſe Ve pflichtung hinzuweiſen und den Befolg nachzu⸗ prüfen. Heppenheim, den 3. Januar 1933. Heſſ. Kreisamt Heppenheim J. V.: gez. Stieh. aanggggaggnggagagggggagngangaegagaa Möbel I die Ihr Heim verschönern und echte Freude aufkommen lassen, fagggaganwumm deren Qualität nichts zu wünschen übrig läßt, deren Preise erschwinglich sind, die bringt in größter Auswahl ledc en Mes! Bau- und Möbelschreinerei Ngo Z lee, erhalten Sie gegen Einsendung des anhängenden Gutscheins dle„Deutsche Kurz-Post“, Deutschlands einzige Kurz-Zeitung für Politik, Wirtschaft, Kuſtur. Was die„OK“ ist? Eine Zeitung für den Vielbeschäftigten, für den überlasteten Geistesarbelter, eine Zeltung, die innerhalb weniger Monate viele tausend Leser unter der intelligenz unseres Landes fand! tdur 4 Pfennige beträgt ihr Risiko! 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So wurde eine deutſche Verfehlung gegen das Verſailler Diktat konſtruiert, die den Vorwand zur Eroberung“ des Ruhrgebiets abgeben muß— Wenn es nicht furchtbarer Ernſt geweſen äre, hätte man über den Aufwand an riegsmannen und Kriegsmaterial lachen üſſen, mit dem die Franzoſen ihren Ein⸗ fall in friedliche deutſche Lande bewerkſtellig— en. Man leſe nur die folgenden Zeilen über den Einmarſch in die Stadt Eſſen, die Zentrale des Ruhrgebiets: Gegen 11 Uhr vormittags war der ſüdliche Stadtteil ein jeſiges franzöſiſches Heerlager: Radfahrer waren der Vortrupp, ſechs Tanks, acht Pan— zerautos und zwei Schwadronen Dragoner folgten. Nach Angaben ausländiſcher Jour— aliſten ſollten dieſe Truppen vorläufig am Rande des Stadtgebietes bleiben, um abzu⸗ warten, bis Infanterie nachgefolgt war. Um 1.30 Uhr rückte dann auch ein Regiment Infanterie an mit einem General und ſei— nem Stabe. Um dieſelbe Zeit raſte das erſte franzöſiſche Zivilauto mit Ingenieuren in ie Stadt; weitere Kraftwagen folgten mit den Quartiermachern. Gleich darauf ſtröm⸗ en Truppen aus allen Richtungen in das Stadtzentrum, Kavallerie, zwei Regimenter Infanterie auf Laſtautos, Maſchinengewehr⸗ abteilungen, Panzerwagen und Tanks. Sie vereinigten ſich am Hauptbahnhof und auf anderen Plätzen des Zentrums. Die Um⸗ ebung des Bahnhofs, wichtige Straßenkreu⸗ ungen wurden von Kavalleriepoſten mit ge⸗ gogenem Säbel beſetzt, unter großen Abſper⸗ rungen der angrenzenden Straßen das Ge⸗ äude des Kohlenſyndikats durch Infanterie. s war aber leer, der Sitz des Kohlen⸗ yndikats war inzwiſchen nach Hamburg ver— legt worden. Das alſo war der Einmarſch in Eſſen. Auf ie gleiche Weiſe ging die Beſetzung des brigen Ruhrgebiets vor ſich. Die deutſche Bevölkerung aber ſetzte den fremden Ein⸗ ringlingen den paſſiven Widerſtand ntgegen: die Eiſenbahnen ſtanden ſtill, die abrikſchlote rauchten nicht mehr, die Hoch⸗ fen gingen aus und in den Bergwerken urden keine Kohle mehr gefördert... Es var nichts mit dem fein ausgedachten fran⸗ öſiſchen Plan, die induſtriellen Erzeugniſſe es Ruhrgebiets einfach nach Frankreich zu erſchicken. Immer wird es denkwürdig ind bewundernswert bleiben, wie die geſam⸗ te Bevölkerung an der Ruhr, aber auch im übrigen beſetzten Gebiet, allen franzöſiſchen Lockungen und Drohungen zum Trotz, treu ur deutſchen Sache hielk. Es war eine Zeit, Bei Husten, Heiserkeit 8 3 galles einig war. An dieſer Einigkeit prall⸗ Verschleimung Emeukalf Desto Fucalpalus-Bonkons Beutel 25 u. 50 Pig. Bienenhonig gar. rein, Gl. 1.30, 83 u. 40 dummbolllase pen u. 15 empflehlt RATHAUS DROGERIE Feter Meskonh.) — ö in der es keine Parteien mehr gab, in der ten auch alle ſeparatiſtiſchen Verſuche der 0 und ihrer ſchuftigen Söldlinge Am Ende des Ruhrkampfes gab der da⸗ malige Reichskanzler Dr. Cuno im Reichs⸗ ag eine Bilanz: mehr als hundert Tote, 6 0 Todesurteile, ein halbes Dutzend lebens⸗ ängliche Verurteilungen, viele Geißelver⸗ aftungen, Bankraub, Vertreibung von 5 110 000 Perſonen von Haus und Hof. Das var das ſichtbare Ergebnis des waffenloſen RNingens. Die ſchwebende Schuld des Reichs war vom 17. Januar bis 4. Auguſt von 1,6 Billionen Mark auf 69,6 Billionen Mark geſtiegen. Die Inflation ging ihrem Höhepunkt zu. Für Frankreich und Belgien aber brachte der Raub an Kohle ind Koks nur weniger als ein Fünftel deſſen, was freie deutſche Arbeit geliefert hätte, wenn die Franzoſen nicht in das e einmarſchiert wären. Trotzdem aber beſtanden die Franzoſen auf der Fort⸗ Die Finanzen des Reichs Fehlbetrag von zwei Milliarden Mark für 1932— Reichsſchulden rund 12 Milliarden Noch kein Haushaltsplan für 1933— die Gemeindefinanzen Berlin, 11. Januar. Im Haushaltsausſchuß des Reichstags gab am Dienstag im Rah⸗ men der finanzpolitiſchen Ausſprache Reichs⸗ finanzminiſter Graf Schwerin von Kroſigk einen Ueberblick über die Ent⸗ wicklung der Finanzlage. Das Rechnungs— jahr 1931 hat, wie er mitteilte, mit einem Geſamtfehlbetrag von 1690 Millionen Mark abgeſchloſſen. Der Miniſter ging dann auf das Haushaltsjahr 1932 ein. Für dieſes Jahr war, wie er erklärte, ein Steuerauf— kommen von 7,464 Milliarden Mark veran— ſchlagt. Das tatſächliche Ergebnis wird auf 6,681 Milliarden Mark geſchätzt, alſo um 783 Millionen geringer. Davon entfällt et— was mehr als die Hälfte auf das Reich und 55 kleinere Hälfte auf Länder und Gemein— en. Dieſes Weniger-Einkommen beruht im weſenklichen auf dem Zurückbleiben der Einkommenſteuereingänge um 270 Mil- lionen Mark, und das Aufkommen aus der Umſatzſteuer um 420 Millionen Mk. Eine gewiſſe Beſorgnis macht gerade in den letzten Monaten das Zollaufkommen. Im ganzen wird mit einem Minderaufkommen von rund 800 Millionen Mark bei Steuern und Zöllen gerechnet werden müſſen, in das ſich Reich und Länder teilen. Aber nicht nur die Steuereinnahmen, ſondern auch andere Einnahmen bleiben hinter den Schätzungen zurück. Das gilt insbeſondere für den Po— ſten, der aus der Veräußerung von Vor— zugsaktien der Reichsbahn vorgeſehen war. Es iſt nicht möglich geweſen, die 100 Mil- lionen vollſtändig zu veräußern, und wir werden hier ſicher mit einem Ausfall von 50 Millionen rechnen müſſen, wofür natürlich die Vorzugsaktien in dieſer Höhe im Beſitz des Reiches bleiben. Auf der Ausgabenſeite wird auch im Jahre 1932 eine Reihe von Mehraus- gaben zu veranſchlagen ſein. Hinzu treten u. a. Mehrausgaben wegen der Winterhilfe in Höhe von 40 Millionen, für Inſtandſetzung von Wohnungen, Waſſerſtra⸗ ßen und Straßenbau in gleicher Höhe, Auf⸗ wendungen für die Einlöſung von Schatz⸗ anweiſungen für die Landesbank der Rhein⸗ provinz und die Dresdener Bank im Be⸗ trage von 35 Millionen. Mehraufwendungen für die vorſtäbtiſche Kleinſiedlung von 25 Millionen, und Zahlungen an die Charlot⸗ ſetzung dieſer auch von ihrem Standpunkt 5 Doll verfehlten Gewaltpolitik. Auch die Tatſache, daß die engliſchen Kronjuriſten die franzöſiſche Ruhraktion als Verletzung des Verſailler Vertrags bezeichnet hatten.— das war ſchon am 27. Januar 1923 geſche⸗ hen!— kümmerte Herrn Poincare nicht. Was Frankreich wollte, war ganz klar: am Rhein ſollte ein angeblich neutraler, in Wirtlichkeit aber von Frankreich abhängiger „Pufferſtaat“ geſchaffen werden. Frank⸗ reichs Jahrhunderte alte Rheinpolitik wäre damit zum Siege geführt geweſen. An der deutſchen Treue iſt dieſer Plan geſcheitert. Beſtrafungen und Verfolgungen der uner⸗ hörteſten Art ſollten die deutſche Bevölkerung in ihrem Widerſtand zermürben. Vom Großinduſtriellen und Bürgermeiſter bis um letzten Unterbeamten und Arbeiter ſind die Treuen in die Gefängniſſe gewandert oder haben Heim und Haus verlaſſen müſ⸗ ſen, manche von ihnen, ohne den Tag der Befreiung noch zu erleben. Trotz zunehmen⸗ der wirtſchaftlicher Not, trotz des Zerfalls der deutſchen Wäbruna ſind die Feinde der zenhütte im Betrage von 35 Millionen. Man wird alſo für das Reich mit 400 Millionen Steuerausfall, 50 Millionen Ausfall bei den Vorzugsaktien der Reichsbahn, und mit Mehrausgaben und Mindereinnahmen bei verſchiedenen Poſten in Höhe von 300 bis 350 Millionen zu rechnen haben. Nun iſt auch im Jahre 1932 ein Poſten zur Deckung des alten Fehlbetrages in Höhe von 420 Millionen Mark vorgeſehen. Wir kommen alſo bei dem aus dem Vorjahr übernommenen Fehlbetrag von 1690 auf 1270 Millionen herunter. Da- zu krikt der neue Fehlbetrag von 300 Millionen, ſo daß wir insgeſamt am Ende des Rechnungsjahres 1932 einen Fehlbetrag von 2070 Millionen haben werden. Der Miniſter vertrat in dieſem Zuſam— menhang die Anſicht, daß angeſichts der Haushaltslage in anderen Ländern und der Rückſtände aus früheren Jahren dieſer Fehl⸗ betrag bei aller Schwere, die er kaſſenmäßig und haushaltsmäßig bedeute, an der Kriſen— zeit der letzten drei Jahre gemeſſen, ein Ergebnis darſtelle, das nicht allzu gefährlich ſei. Er erklärte weiter, daß in den letzten Mona— ten nennenswerte Kaſſenſchwierigkeiten nicht entſtanden ſind. Die Schwierigkeit werde aber im letzten Vierteljahr nachkommen. Schulden und Bürgſchaſten Nach den weiteren Mitteilungen des Reichsfinanzminiſters betrugen die Schulden des Reiches am 31. März vorigen Jahres 12,152 Milliarden und am 31. Dezember vo— rigen Jahres 12,264 Milliarden Mark. Nach einer vom Miniſter weiter gegebe— nen Ueberſicht beliefen ſich die vom Reich übernommenen Bürgſchaften am 1. April vorigen Jahres auf 2015 Millionen und am 1. Oktober auf 2146 Millionen Mark. Die Bürgſchaften für Wohnungs⸗ und Siedlungsweſen betragen 155 Millionen, die für die Banken 759 Millionen Mark. Die Belaſtung aus dem Arbeitsbeſchaf.⸗ fungsprogramm der Regierung Papen in Höhe von 340 Millionen Mark be trägt für die Jahre 1933 und 1934 im ee 1 95 115 Millionen ark. deutſchen Freiheit nicht zu ihrem Ziele ge⸗ langt, weil der nationale Wille der Bevöl⸗ kerung ſtärker war, als jene Machtmittel. Ende September mußte der paſſive Wider⸗ ſtand abgebrochen werden, weil die Finanz⸗ kraft des Reichs erſchöpft war. Aber ver⸗ geblich war der Kampf nicht geweſen. Die Welt hatte zum erſten Mal geſehen, daß das nach dem furchtbaren Ringen des Weltkrie⸗ ges zuſammengebrochene Volk ſich wieder einmütig zu einem Widerſtand zuſammen⸗ fand. Der Welt war klar geworden, welch ungeheure wirtſchaftliche, ſoziale und politi⸗ ſche Gefahr aus einer Zuſpitzung des mit⸗ teleuropäiſchen Konflikts folgen mußte. Der Welt war noch mehr klar geworden, daß Frankreich nach der Hegemonie in Eu⸗ ropa ſtrebte, und England vor allem ſah mit größter Sorge einer Entwicklung entge⸗ gen, die begann, an die napoleoniſchen Zei⸗ ten zu erinnern. Plötzlich ſtand Frankreich iſoliert in der Welt da. Die franzöſiſchen Wahlen des nächſten Jahres entſchieden ge⸗ gen Poincare, der zurücktreten mußte. Der Mes der Verſtändiaung wor affen. Der Wenn ferner die Steuer gutſcheine in der vorgeſehenen Höhe von 2,2 Milliarden begeben werden, ſo würde das in den näch⸗ ſten fünf Jahren einſchließlich der Zinſen eine jährliche Belaſtung von rund 500 Mil⸗ lionen Mark ausmachen. Das neue Haushaltsjahr Bei einer Betrachtung des Jahres 1933 erklärte der Miniſter, der Reichshaushalt für das neue Haushaltsjahr hänge in ſeiner Ge⸗ ſtaltung vollſtändig davon ab, wie ſich die Steuereinnahmen und die Ausgaben für die Erwerbsloſen betreuung geſtalten würden. „Ich halte es“, ſo erklärte der Miniſter, „bei der jetzigen Lage, in der finanzpo⸗ litiſche Fehler nichk begangen werden dürfen, für abſolut notwendig, daß wir mit der Aufſtellung und Vorlegung des Haushaltes gerade hinſichtlich dieſer bei⸗ den Poſten ſo nahe wie möglich an den Beginn des Haushaltsjahres heranrük⸗ ken. Das iſt diesmal wichtiger als die zweifellos hohe Bedeukung einer recht- zeitigen Vorlegung des Haushalts. Das iſt auch der Grund, weshalb ich über die Einzelheiten des Haushalts nähere Dar- legungen noch nicht machen kann.“ Der Miniſter nannte es als einen unver⸗ zeihlichen Fehler, wenn man verſuchen woll⸗ te, den Haushalt des Reiches in Ordnung zu bringen und dabei die Haushalte der Län⸗ der und Gemeinden eine munentrinnbaren Schickſal zu überlaſſen. Das Reich mache ſehr ernſthaft den Ver⸗ ſuch, die Gemeinden wieder auf die Füße zu ſtellen. So unſchuldig die Gemeinden an den wachſenden Wohlfahrtserwerbsloſenlaſten ſeien, ſo ſeien doch auch manche Gemeinden nicht unſchuldig an ihrer kurzfriſtigen Ver⸗ ſchuldung. Nach Enkgegennahme der Ausführungen des Miniſters und Erledigung kleinerer Vor- lagen vertagte ſich der Ausſchuß auf Mitt woch, um dann in die finanzpolitiſche Aus- ſprache einzutreten. Der Ausſchuß beſchloß, auch den Wirtſchaftsminiſter zu erſuchen, im Laufe dieſer Ausſprache Erklärungen über die Wirkſchaftslage abzugeben. Es iſt auch mit Ausführungen des Reichsarbeitsmini⸗ ſters zu rechnen. Kampf um den Rhein war zu Frankreichs entſchieden. Noch heute ſind die Wunden, die der Ruhrkampf geſchlagen, nicht völlig ver⸗ harſcht. Aber wir wiſſen heate, daß der E'in⸗ ſatz nicht vergebens war, daß es ſich der Opfer gelohnt hat. Ohne den Ruhrkampf ſtünden die Franzoſen wahrſcheinlich noch heute am Rhein. Bismarcks Werk der Reichsgründung hatte die ſtärkſte Probe be⸗ ſtanden. Es hat ſich im Ruhrkampf bewährt. Wir wollen uns daher auch in bieſen ſchweren Tagen daran erinnern, daß Einig⸗ keit uns ſtark machte und nur Uneinigkeit 75 05 wieder Deutſchlands Ohnmacht zei⸗ el Wenn der Geiſt der Volksgemeinſchaft, der in der ſchwerſten Zeit unſeres Vaterlandes am Rhein und in der Pfalz, in Heſſen, in Baden— wo im Februar Offenburg beſetzt wurde— und an der Ruhr ſiegreich war, in unſerem Volke nicht untergeht, wenn er uns wenigſtens in entſcheidenden Stun⸗ den zuſammenſchweißt, ſo werden die ſchwe⸗ ren Opfer dieſer Jahre nicht vergeblich ſein. Ungunſten In lurzen Worten: Reichspräſident von Hindenburg beſuchte am Dienstag die vom Reichsverband der heimattreuen Oſt⸗ und Weſtpreußen veran⸗ ſtaltete Ausſtellung in Berlin. Für den 1. April iſt die Ernennung deut⸗ ſcher Militär⸗ und Marineattaches bei den deutſchen Auslandsvertretungen beabſichtigt. Im Haushaltsausſchuß des Reichstages gab der Reichsfinanzminiſter einen Ueber⸗ blick über die Finanzlage des Reiches. Der Auswärtige Ausſchuß des Reichstags iſt zum 20. Januar einberufen worden. Der neue Ausweis der Reichsbank zeigt eine ſtarke Entlaſtung des Inſtituts. In Genf wurde die Vorbereitende Inter⸗ nationale Konferenz für die Einführung der 40⸗Stundenwoche eröffnet. Unweit Bukareſt ſind ein Schnellzug und ein Perſonenzug zuſammengeſtoßen. Es gab zehn Todesopfer. Zur Lage im Reith Hitler in Berlin. Berlin, 11. Januar. Adolf Hitler hat ſich am Dienstag unte kurzer Unterbrechung ſeiner Tätigkeit im lippe ſchen Wahlkampf vorübergehend nach Berlin begeben. Er iſt mit ſeiner ſtändigen Umgebung und in Begleitung von Dr. Göbbels in Ber⸗ lin eingetroffen. Der Zweck des nur kurz bemeſſenen Auf⸗ enthaltes iſt eine Beſprechung mit Reichstags⸗ präſident Göring, der ſoeben von einer Reiſe nach Schweden zurückgekehrt iſt. Imbuſch über v. Schleicher Auf einer Konferenz des Gewerkvereins Chriſtlicher Bergarbeiter Deutſchlands, die ſich mit der augenblicklichen wirtſchaftlichen und politiſchen Lage beſchäftigte, befaßte ſich der Vorſitzende, Abg. Imbuſch, u. a. auch mit der Haltung der Chriſtlichen Gewerkſchaften kur Reichsregierung. Manche alauben. ſo ſagte er dem dale zufolge, ſich tro des Slo von den Arbeitsloſen mit Freuden aufgenom⸗ menen Programms der jetzigen Regierung ge⸗ gen den Reichskanzler v. Schleicher wenden zu müſſen. Ein geſundes Mißtrauen iſt ja ganz gut. Das Mißtrauen darf aber nicht dazu füh⸗ ren, daß man ohne weiteres den der Geſun⸗ dung dienenden Plänen und damit der wirt⸗ ſchaftlichen Geſundung entgegenwirkt. Es iſt doch bis jetzt auch nicht der Nachweis erbracht, daß v. Schleicher nicht das Wohl des Vol⸗ kes und Vaterlandes will. Die Arbeitsbeſchaffung Dr. Gereke verteidigt ſein Programm. Berlin, 11. Januar. Im Sozialpolitiſchen Ausſchuß des Reichstages gab am Dienstag Reichskommiſſar Dr. Gereke einen Ueber⸗ blick über die Maßnahmen, die im Rahmen ſeines Sofortprogrammes durchgeführt wer⸗ den ſollen. Er wandte ſich dabei gegen die in der Preſſe an dieſem Programm geübten Kritiken. Die Finanzierung der dafür vorgeſehe⸗ nen 500 Millionen ſei geſicherk. Zunächſt ſollten diejenigen Arbeiten durch⸗ geführt werden, die unbedingt notwendig ſeien, aber aus Mangel an Mitteln bisher nicht hätten burchgeführt werden können. Mit aller Beſtimmtheit wandte ſich der Reichskommiſſar gegen die Forderung, von einem öffentlichen Arbeitsbeſchaffungspro⸗ gramm überhaupt abzuſehen, da das einen Schlag gegen die Privatwirtſchaft bedeute. Die Durchführungsbeſtimmungen ſehen ausdrücklich vor, daß die Arbeit der öf⸗ fenklichen Hand nur in Ausnahmefällen in Regiebetrieben ausgeführt und im übrigen an Privakunkernehmungen ver- geben werden ſollten. Ob die Einſtellungsprämien aufrecht erhal⸗ ten werden könnten, wenn der Arbeitsmarkt durch öffentliche Aufträge entlaſtet werde, ſtehe noch dahin. Endgültige Beſchlüſſe darüber lägen nicht vor. Eine Fahne des 3. Garderegiments Wird Frankreich ſie zurückgeben? Paris, 11. Januar. „Das Pariſer Blatt„Paris Midi“ ver⸗ öffentlicht am Dienstag einen bemerkens⸗ werten Artikel des Oberſten Guilleaume über die Frage der Rückgabe der Fahne des 2. Bataillons des 3. preußiſchen Garde⸗Re⸗ giments durch Frankreich an Deutſchland. Bei den Kämpfen um St. Leonhard bei Reims ging am 26. September 1914 die Fahne verloren. Der Jahnenkräger hakte das Jahnenkuch losgelöſt, und, um es zu retten, ſich um die Bruſt geſchlungen. So fiel er. Am 20. Januar 1920 fand man bei Erdar⸗ beiten die Leiche des Fahnenträgers und das Jahnenkuch. Das Fahnenkuch wurde dem franzöſiſchen n e über; geben. Gerade dieſe Fahne, die alſo nicht im Kriege erbeutet wurde. bat deshalb eine beſondere 1 2 Bedeutung, weil es die Fahne des 3. Gar⸗ de⸗Regimentes iſt, das Hindenburg früher befehligt hakte. Der franzöſiſche Oberſt Guilleaume tritt in e Artikel im„Paris Midi“ nach Schil⸗ erung des Tatbeſtandes dafür ein, daß Frankreich dem Reichspräſidenten die Fahne als Geſchenk überreichen laſſe. Der Oberſt erklärk dazu, er habe mit ehemaligen franzöſiſchen Fronkkämpfern geſprochen, die eine ſolche Kundgebung des guten Willens gebilligt hälten. Man darf geſpannt darauf ſein, wie ſich die amtlichen franzöſiſchen Stellen zu dieſer An⸗ regung ſtellen werden. Ihre Verwirklichung wäre eine ſchöne Geſte, die freilich zu dem chauviniſtiſchen Frankreich unſerer Tage nicht ſo recht paſſen will. Auf jeden Fall aber: Reſpekt vor dem Fahnenträger der ſeine Fahne mit in den Tod genommen hat! Das Orakelſpiel.— fein Empfang durch Schleicher. Berlin, 11. Januar. In politiſchen Kreiſen hat die plötzliche Reiſe Hitlers nach Berlin einiges Aufſe⸗ hen erregt. Gerüchte wollten von einer Zu⸗ ſammenkunft zwiſchen Hitler und dem Reichskanzler wiſſen. In unterrichteten Kreiſen wird aber mit Beſtimmtheit erklärt, daß eine ſolche Ju⸗ ſammenkunft nicht ſtattgefunden hat und ebenſo wird eine Fühlungsnahme durch Mit⸗ telsmänner dementiert. Es wird hinzugefügt, daß, wenn Hitler um eine Unterredung nach⸗ ſuchen würde, der Reichskanzler natürlich bereit wäre, ihn zu empfangen. Da Hitler aber heute wieder von Berlin abreiſen will, wird mit einer Zuſammenkunft auch nicht gerechnet. Unter dieſen Umſtänden nimmt man an, daß der Berliner Aufent⸗ halt des nationalſozialiſtiſchen Führers Ge⸗ ſchäften dient, die mit den inneren Partei⸗ wverhältniſſen zuſammenhängen. Es hat des⸗ halb auch keinen Zweck, ein großes Orakel⸗ ſpiel mitzumachen, das der Reiſe in der Oef⸗ fentlichkeit ſicher folgen wird. Ueberhaupt iſt man in ernſthaften polit. ſchen Kreiſen der Auffaſſung, daß von der Geſprächen, die in der letzten Zeit zwiſcher einzelnen Perſönlichkeiten ſtattgefunden ha⸗ ben, ein Aufhebens gemacht wird, das wei über den ſachlichen Wert hinausgeht, dei ihnen zukommt. Deutſche Militärattaches Ernennungen bevorſtehend. Berlin, 11. Januar. Wie das Reichswehrminiſterium mitteilt, iſt für den 1. April 1933 die Ernennung deutſcher Militär⸗ und Marineatta⸗ ches beabſichtigt. Militärattaches werden enkſandt nach Pa⸗ ris, London, Rom, Prag, Warſchau, Mos kau und Waſhington. Marineaktaches kom⸗ men nach Paris, London und Rom. Einzelne dieſer Akkaches werden vorausſichtlich auch gleichzeitig bei anderen Staaten akkreditiert werden. Die Namen der Aklkaches können noch nicht mitgeteilt werden, da die Ernen⸗ nungen noch nicht endgültig erfolgt ſind. Die Militärattaches werden den Miſſionschefs unkerſtellt. ie müſſen ihre Berichte vor Weitergabe dem Miſſionschef vorlegen. Militärattaches ſind Offiziere, die den diplomatiſchen Vertretungen— Geſandtſchaf⸗ ten und Botſchaften— zugeteilt ſind, um über die Heereseinrichtungen der betreffen⸗ den fremden Länder zu berichten. Seit Kriegsende hatte das Deutſche Reich keine Militär⸗ und Marineattaches mehr zu ſeinen Auslandsvertretungen entſandt, während ausländiſche Beobachter nach wie vor in Berlin ſind. Jetzt will die Reichsregierung die Einrichtung der Militärattaches wieder aufleben laſſen. Es verlautet, daß Oberſt Geyer von Schweppenburg, als Militärattache der deutſchen Votſchaft in London in Ausſicht genommen iſt und daß Generalmajor von Bötticher als Militärattache nach Waſhington gehen ſoll. Deutſchland werde überhaupt dazu übergehen, wieder Militärattaches bei ſei⸗ nen Hauptauslandsvertretungen zu ernen⸗ nen. Wie verſichert wird, iſt der neue Verteidi⸗ gungsminiſter Deveze feſt entſchloſſen, die Ausführung des Planes zur Organiſation der ae des belgiſchen Landes ge⸗ mäß den Erklärungen ſeiner Vorgänger un⸗ verzüglich e Der techniſche Aus⸗ ſchuß für die Befeſtigungsarbeiten iſt beauftragt, ſich mit dem Generalſtab und dem Miniſter über die Maßnahmen zu eini⸗ gen, die zur Verwirklichung dieſes Program⸗ mes notwendig ſind. Die belgiſche Regierung hal einen Auftrag auf eine große Anzahl ſchneller Kampfflug · zeuge und Bombenflugzeuge, deren ge. naue Jahl geheim gehalten wird, an die eng. liſche Flugzeugfirma Fairay erteilt. Das unruhige Spanien Neue Terrorakte.— 40 Tote. Madrid, 11. Januar. Die Geſamtverluſte bei den neuen Unruhen in ganz Spanien ſind, ſoweit bisher feſtge⸗ ſtellt werden konnte, an 40 Tote und etwa 75 Verwundete, darunter mehrere Schwerverwundete. Am Dienstag früh wur⸗ den in Madrid drei Perſonen tot aufgefun⸗ den, und zwar ein Mann, eine Frau und ein junges Mädchen. Alle drei ſind von unbe⸗ kannten Tätern durch Revolverſchüſſe⸗ getötet worden. In Madrid wurde ein Gasbehälter in die Luft geſprengt. Ein Teil der Stadt wurde dadurch völlig in Dunkelheit gehüllt. Amtlich wird erklärt, es handle ſich um einen auf die Feuchtigkeit zurückzuführenden Zwiſchenfall. Aus Sevilla wird gemeldet, daß die Gewerkſchaften am Dienstag den Gene ral⸗ Es kam zu verſchiedenen Zwiſchenfällen; auch Schießereien gab es, bei ſtreik erklärten. denen ſechs Perſonen verletzt wurden. Letzte Nachrichten Keine ſchwere Erkrankung des früheren deut ſchen Kaiſers. Doorn, 11. Jan. g waren Gerüchte verbreitet, daß der ehemali ge deutſche Kaiſer ſeit einigen Tagen an ei ner ernſten Halsentzündung leide und daß ſein geſundheitliches Befinden zu Beſorg⸗ niſſen Anlaß geben ſoll. Dazu wird aus Haus Doorn erklärt, dieſe Gerüchte entbehr ten jeder Grundlage. Der ehemalige deutſch Kaiſer ſei zwar von der ſeinerzeitigen Er kältung noch nicht völlig geneſen und müſſe ſich noch Schonung auferlegen; von eine Verſchlimmerung 1 5 Befindens aber keineswegs die Rede ſein. Schüſſe auf franzöſiſchen Rheindampfer Koblenz, 11. Jan. Auf den franzöſiſchen 1 i Schleppdampfer„Condor“ aus Stkraßbur wurde am Dienstag bei Caub von den Hän⸗ gen der Berge auf der linken Rheinſeile ſcharf geſchoſſen. In wenigen Minuten wur den etwa 20 Schüſſe auf den Dampfer abge feuert. Der Dampfer gab Nofſignale. Das Perſonal der franzöſiſchen Schiffahrt befindel ſich ſeit Tagen wegen Lohndifferenzen im Streik. Es liegt daher der Verdacht nah daß es ſich um einen Kacheakt gegen Skreik. brecher handelt. In Paris und Berlin könne f Richtung der Grünen Aue auf einem der vielen Steige, die Evchen àaus dem Armenviertel Roman von Käthe Hübner-Wehn Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) 7 Die Mutter weckte Eva in ſpäter Nachtſtunde, bat ſie, Doktor Knauer zu holen. Nur flüchtig bekleidet, eilte das Mädchen in die Nacht hinaus. Ein weicher Sommerregen rieſelte hernieder, doch Eva achtete nicht darauf. So ſchnell ſie konnte, eilte ſie zu dem Arzt, der den kleinen Karl ſchon ſeit ſeiner Geburt behandelte. Aber Doktor Knauer war bereits zu einem anderen Kranken gerufen worden. Es war unbeſtimmt, wann er wieder zurückkehrte. Da er⸗ innerte ſich Eva in ihrer Verzweiflung jenes großen, weißen Schildes, das an der Villa direkt gegenüber der Brücke angebracht war. Ohne Zaudern ſchlug ſie den Weg dahin ein, nur von dem Verlangen erfüllt, dem kranken, kleinen Bruder mög⸗ lichſt ſchnell Hilfe zu bringen. Profeſſor Hainer würde ihr ſicher ſeine Hilfe nicht entziehen, auch wenn er hörte, daß er den Weg ins Armenviertel der Stadt hinüber nehmen müſſe. Es dauerte ziemlich lange, bis auf ihr heftiges Klingeln geöffnet wurde und der Diener ſchläfrig nach ihren Wünſchen fragte. Eva bat, er möge gleich den Herrn Profeſſor wecken; es handle ſich um ein ganz junges Menſchenleben, das dringend ſeiner Hilfe bedürfe. „Der Herr Profeſſor iſt zwar verreiſt, doch unſer junger Herr vertritt ihn“, entgegnete der Diener.„Einen Augen⸗ blick, bitte, ich werde ihn gleich holen.“ Doch das war gar nicht mehr nötig, denn dieſer hatte am geöffneten Fenſter geſtanden und die Unterhaltung mit angehört. In der nächſten Minute ſchon ſtand er vor dem jungen Mädchen, das ſcheu und verlegen zu ihm empor⸗ blickte. „Aber Sie müſſen den Weg zu uns hinüber, über die Brücke nehmen, Herr Doktor“, ſagte de, wie zur Entſchul⸗ digung.„Ich weiß, daß das für gewöhnlich nicht das Reich iſt, wo Sie Ihre Patienten haben.“ 6 Ein ernſter, forſchender Blick traf ſie; dann glitt plötz⸗ lich ein Strahl des Erkennens über das Geſicht des jungen Arztes. Doch beherrſcht und ruhig wie zuvor ſagte er: „Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß wir Aerzte kommen, ſo⸗ bald jemand unſerer Hilfe bedarf. Der Kranke mag in einem Palaſt oder in einer armſeligen Hütte wohnen“, ſagte er mit einer tiefen, wohltönenden Stimme, während er mit ihr den Weg zur Brücke einſchlug. Schweigend ſchritten ſie nebeneinander dahin. Sie hatten ſchon die Hälfte des Weges zurückgelegt, als er plötzlich bemerkte, wie der Regen ihr das Haar ins Geſicht ſchlug, die Kleider ihr ganz durchnäßt am Körper hingen. „Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen meinen Mantel an⸗ biete, mein Fräulein“, ſagte er, indem er ſich raſch ſeines Regenmantels entledigte und ihr denſelben, ohne auf ihr Sträuben zu achten, um die Schultern legte. Sie zuckte zu⸗ ſammen unter der Berührung ſeiner Hände, und dann glitt ein weicher, dankbarer Blick zu ihm empor. „Wie ſchön das Mädchen iſt“, dachte Doktor Hainer; auch in ſeine Augen trat ein mildes, weiches Licht. Eine tiefe Freude erfüllte ihn plötzlich, daß es der Zufall ſo ge⸗ fügt, daß ſein Vater eben mit dem Wagen unterwegs war und er es ſein durfte, der dem verzweifelten Mädchen ſeine ärztliche Hilfe zur Verfügung ſtellen konnte. Auch er hatte jene flüchtige Begegnung mit ihr vor dem Hauſe des Konſuls nicht vergeſſen; zu feſt hatte ſich ihm jenes Bild, das ſie in ihrer ſanften, blonden Schönheit— den Arm voll duftender, rotglühender Nelken, ein ſonniges Lächeln im Antlitz— darbot, in ſeine Erinnerung ein⸗ geprägt. a Endlich hatten beide das kleine Haus erreicht, in dem Eva wohnte. Die Mutter hatte vom Fenſter aus ihr Kom⸗ men bemerkt und erſchien gleich darauf an der Tür. Doktor Hainer konnte trotz trübem Schein des Lichts deutlich den Namen auf dem weißen Porzellanſchild an der Tür ent⸗ ziffern: N Kurt Wanner, Kunſtmaler. Ach, dachte er, eine zerbrochene Künſtlerexiſtenz hauſt unter dieſem armſeligen Dache. Armes Mädchen, was nützt dir deine Feinheit und Schönheit, wenn du ver⸗ urteilt biſt, hier dein Leben zu verbringen. Als er einige Minuten ſpäter eine Unterſuchung an dem kranken, fiebernden Knaben vornahm, hatte er ſeine Diagnoſe bald geſtellt. Sein Geſicht war überſchattet von Mitleid und Trauer, als er der weinenden Mutter das Reſultat ſeiner Unterſuchung ſagte: „Der Kleine hat Diphtheritis. Es wäre beſſer ge⸗ weſen, Sie hätten nicht ſo lange gewartet, nach ärztlicher Hilfe zu ſchicken, liebe Frau. Aber ich will mein Menſchen⸗ möglichſtes tun, Ihr Kind zu retten.“ Er gab dem Jungen eine Serumeinſpritzung und der Mutter ſeine Anordnungen für die Nacht, deren genaueſte Befolgung er der Frau dringend ans Herz legte. Dann verſprach er, am nächſten Morgen mit ſeinem Vater, der zurückerwartet wurde, wiederzukommen. Soviel er er⸗ kennen konnte, war das Kind verloren; aber er wollte noch das Urteil ſeines viel erfahreneren Vaters hören, und mit ihm zuſammen die Behandlung des Kindes übernehmen. Während die Mutter in tränenloſem Schluchzen vor dem Bettchen ihres jüngſten Kindes in die Knie brach, übernahm es Eva, den jungen Arzt zu verabſchieden. Wie von ſelbſt fanden ſich ihre beiden Hände ineinander und hielten ſich länger umſchloſſen, als es eigentlich nötig ge⸗ weſen wäre. „Ich danke Ihnen aus tiefſtem Herzen, daß Sie ge⸗ kommen ſind, Herr Doktor“, ſagte ſie.„Ich weiß, daß Sie unſeren Bubi retten, wenn Menſchenhilfe hier noch etwas zu retten vermag.“ „Aber ich fürchte, daß es bei meinem herzlich guten Willen bleiben wird. Faſſen Sie ſich, liebes Fräulein! Seien Sie ſtark und verſuchen Sie das Unabänderliche zu tragen. Bei der überaus ſchwächlichen Konſtitution des Knaben würde nie ein geſunder, kräftiger Menſch aus ihm, der einmal ſelbſt ſein Brot verdienen könnte. Es wäre ſtets nur ein leiſe hin und her zuckendes Leben, das bei dem geringſten Luftzug verlöſchen kann.“ Fortſ. folgt.) V ö 4 f e, 12 5 4 1 75 1 2 6 0 4. nannte, der ab und zu einkehrte, ruhig an ſeinem Tiſche ſaß, 8. N * A* Zu einer Zeit, in der das Werdenfelſer Land in Oberbayern zwar ebenſo ſchön wie heute, aber unwirtlich und nur ſchwach beſiedelt war und von den Reiſenden nach Norden oder Süden ohne längeren Aufenthalt durchzogen wurde, kehrte ab und zu ein Fremder in einem Fuhrwerksgaſthof ein, der an der Stelle ſtand, wo heute der Weg hinaufführt zum Kloſter Ettal. Der Kreis der ſtändigen Beſucher des Gaſthofes war nur klein. Bauern aus der näheren und weiteren Umgebung ſchloſſen dort ihre Geſchäfte ab, Jäger kehrten ein, reiche Reiſende und Bettel— volk wechſelten ab mit ſonſtwelchen fahrenden Leuten. Und darum fiel der fremde Mann, der nur alle ſechs Wochen oder N N r e Nod S 2 zwei Monate erſchien, ſeine ſchwere Armbruſt an einen Haken hing, ſich vor dem Kruziſix bekreuzigte und dann breit und be— häbig an einem abſeits ſtehenden Tiſche Platz nahm, ſchließlich doch auf. Der Wams des Fremden war aus gutem Stoff, das breite Barett, das über das rechte Ohr herabhing, ſchmückte eine Adlerfeder, die derben Schuhe, die, entgegen der Sitte des da ſorderte ihn der junge Mann auf, ein Spielchen mit ihm zu machen. Finſter ſchob der Fremde den Becher mit den Würfeln beiſeite, dabei aus Verſehen den Arm des jungen Mannes ſtreifend. Sofort hatte aber der ſeinen Dolch gezogen, um die Unbill zu rächen. „Verfluchter Bauer!“ ſchrie er und drang auf den Fremden ein.„Ich werde dir lehren...“ Aber ſchon hatte ihn der Fremde um den Leib geſaßt. Laut ſchrie der Werdenfelſer auf— doch im nächſten Augenblick lag er der Länge nach auf der Straße im tieſen Schnee. Er kam nicht mehr in die Stube, und ſeinem im Galopp mit ihm davon raſenden Rappen ſcholl das brüllende Gelächter der Bauern nach.— 0 „Wer iſt der Fremde?“ herrſchte am nächſten Tage der junge Mann den Wirt an.„Ich bin Offizier im kaiſerlichen Heer— Hanne Vollrat iſt mein Name— und ich muß die Beleidigung rächen!“ ö „Er ſoll Joſua heißen, der Fremde!“ ſagte der Wirt.„Und er ſoll hoch oben am Eibſee als Einſiedler hauſen. Mehr wiſſen wir alle nicht!“ Stumm drehte der junge Mann dem Wirt den Rücken und ging.— Wochen vergingen— in den Bergen war der Schnee ge- ſchmolzen, warm ſchien die Sonne auf die Fluren und die Landes, bis zum Knie verſchnürt waren, zeigten gute Arbeit Wiſach war zum brauſenden Fluß geworden. Da kam der und ſchweren Nagelbeſchlag. Fremde ſeine Zeche bezahlte, hatte feinen Klang. Wenn ein reiſender Handelsmann anweſend war, kaufte der Fremde wohl weißes Linnen, wie es die Mädchen und Frauen trugen, oder einige Ellen guten Stoff für Weibskleidung. Auch ein goldenes Kettlein mit einer Schaumünze erſtand einſt der Fremde. Aber wenn der Wirt des Gaſthofes katzbuckelnd nahte, den Fremden zu einem Schoppen Tiroler Wein einlud und ihn vorſichtig über ſein Woher und Wohin aushorchen wollte, dann kam in das gutmütige Geſicht des Fremden ein ſtolzer Zug, die Augen- brauen furchten ſich zu einer drohenden Falte, und den breiten und langen Bart mit den Fingern ſtrählend, wandte ſich der Fremde ab, als ob er die Frage nicht gehört hätte. Gleichviel, ob Sommer oder Winter, ſtand der Fremde um fünf Uhr nach⸗ mittags auf, ſchulterte ſeine Armbruſt und verſchwand in der weiter über die führten. Loiſach nach Grainau und Grieſen zu Da war aber auf dem Werdenfelſer Schloſſe ein gar junger, Und das Silber mii dem der Fremde aus den Bergen wieder ins Tal. Er hatte ein Maul- ——„ tier mit, das zwei ſchwere Säcke mit Mehl trug. Wie immer, bezahlte er nach einem Trunk ſeine Zeche und machte ſich dann auf. „Paßt auf!“ rief ihm der Wirt nach. Herr will euch nicht wohl!“ Aber lachend rief der Fremde zurück:„Er kommen!“ Und dann nahm ihn der Wald auf. Laut klang die Glocke des Maultieres durch die anbrechende Nacht. Joſua, der Fremde, hörte nicht die leiſen Schritte ſeines Verfolgers; aber der hörte das Klingen der Glocke und konnte den Weg nicht verfehlen. Zuerſt ging der Weg eben am Ufer der Loiſach, dann ſteiler durch dichten Wald, am Rande der ungeheuren, himmelſtrebenden Wände entlang, und endlich ſteilhoch, um dann wieder bergab zu führen. Und plötzlich ſah der junge Offizier Hannes Vollrat, der Joſua aus Rachſucht und um ſein Geheimnis zu lüften, gefolgt war, einen großen See im Mondlicht unter ſich liegen. Den Eibſee. Unten am See erklang die Glocke des Maultieres. Der Fremde ſchritt mit ihm um den See herum. Und Hannes Vollrat, der ihm folgte, bemerkte plötzlich einen Lichtſchein. Es war acht Uhr abends geworden. Näherſchleichend, ſah der junge Offizier eine rohgezimmerte Hütte. Mit einer Fackel in der Hand, ſtand ein junges Weib an der Türſchwelle. Zwei Kinder, anſcheinend ein Knabe und ein Mädchen, machten ſich am Maultier zu ſchaffen. Laut kläffend ſprangen zwei große Hunde an ihrem Herrn hoch. Mit einem Male rollte ein großer Stein unter den Füßen des Offiziers fort in den See. Die Hunde hötten auf zu bellen. Sie hatten den ungewohnten Ton gehört und wurden ſcheinbar ſtutzig. Wie ihr Herr, der aufmerkſam im „Der Werdenſelſer ſoll mir nur ſchmetterte er ihm den Schädel. Das Tier ſtürzte ohne Laut fürwitziger Gaſt, ein Verwandter eines der Vögte, eingezogen. Der kümmerte ſich wenig um alten Brauch und bäueriſche Sitte, zog auf ſeinem Rappen talab, talauf, ſcherzte unziemlich mit den Töchtern der Bauern und den Ehefrauen und warf mit dem Geld um ſich, als ob die Taler Bettelpfennige wären. Auch in dem Fuhrwerksgaſthof an der Straße nach Ettal war der junge Mann Gaſt. Und wenn er kam, da rollten die Würfel und die Karten knallten auf den Tiſch. Und als einſt der Fremde aus den Bergen, wie man den ſchweigſamen Gaſt! und los!“ Bolzen aus der Armbruſt des Fremden ſauſte am Kopfe des Schein der Fackel nach der Stelle blickte, wo der Offizier nun— mehr mit klopfendem Herzen verſteckt lag. „Maria! Mit den Kindern ins Haus! Und die Balken vor!“ hörte Hannes Vollrat jetzt den Fremden rufen.—„Und Huſſa und Horr!“ ſchrie der Fremde ſeinen Hunden zu.„Auf Eiſige Furcht kroch nunmehr dem Offizier über den Rücken. Raſch begann er den Rückzug. Aber immer näher und näher kamen die Hunde. Hinter einen Felſen geduckt, erwartete der; Offizier den erſten Hund. Mit einem kräftigen Hieb zer— in die Tiefe. Mit wütendem Gebell nahte das zweite Tier. Beim Hieb auf den Schädel des Hundes zerbrach der Degen des Offiziers. Der Hund blieb aufheulend am Wege liegen. Und nun floh der junge Menſch zu Tal, verfolgt von Joſua. Ein Offiziers vorbei. Unaufhaltſam ging ſeine Flucht weiter. Und ſchon ſah er von weitem im Mondſchein Häuſer liegen. Bald hatte der Offizier die Straße erreicht— der Gaſthof lag vor ihm. 5 Atemlos rannte er um das in tiefer Ruh liegende Haus, und durch ein offenes Fenſter gelangte er in das Innere. Erſchöpft ließ er ſich im Gaſtzimmer auf eine Bank niederfallen. Aber es dauerte keine zwei Minuten, da ſtieg durch das gleiche Fenſter der Fremde von den Bergen in das Gaſtzimmer. Entſetzt ſprang der Offizier auf. „Bleibt ſitzen!“ ſagte mit eiſerner Ruhe der Fremde.„Ihr 8 ſeid ohne Waffen— ich bin bewaffnet: Ihr ſeid eben ſolche Wege nicht gewöhnt— ich wohl! Zuerſt Licht! Dann wollen wir weiterſprechen!“ Der Fremde brannte mit Stahl und Zunder ein Talglicht an, das an der Wand hing und ſetzte ſich behäbig mit breiten Armen neben den Offizier. Die Armbruſt, geſpannt mit auf⸗ gelegtem Bolzen, ſtellte der Fremde neben ſich. Raſch ſuhr die Hand des jungen Mannes in den Wams. Aber ebenſo raſch hatte Joſua die Hand gefaßt. Ein Stilett entwand er leicht der Fauſt des Erſchöpften. Und lachend klopfte er feinem Nachbarn auf die Schulter. Polternde Schritte näherten ſich die Treppe des Hauſes herab. Der Wirt erſchien und ſtarrte erſchrocken auf die ſpäten Gäſte. Der Offizier wollte aufſpringen: aber mit eiſerner Fauſt zwang ihn der Fremde auf den Stuhl. „So“, rief er dem Wirt zu,„nun Würfel her! Mir wollen noch ein Spielchen machen! Und dann Wein— Abet guten!“ Der Wirt wollte ſprechen; aber vor dem böſen Yick des Fremden verſtummte er, brachte den Würſelbechen unn Wein. „Nun Schluß mit der Narrheit!“ ſchrie der Oſſizier. Aber mit knirſchenden Zähnen faßte ihm der Fremde much der Gurgel und zwang ihm den Würfelbecher in die Hand. Dann griff der Fremde in die Taſche und warf zehn Golpſtücke are den Tiſch. Höhniſch blickte er auf den Offizier, der vergebens Geld ſuchte, dann aber den Wirt um Geld bat. Aber als der Wirt davoneilen wollte, da hielt ihn der Fremde zurück, ſchloß die Tür zur Treppe ab und ſteckte den Schlüſſel ein. b „Ich nehme Wechſel!“ rief der Fremde. Und es begann das Würſelſpiel. Zuerſt gewann der Offizier, dann aber ſtets der Fremde. Und immer wieder mußte der Oſſizier feinen Verſuſt auf das Papier ſchreiben, das der Wirt im Schanktiſch geſunden hatte. Vierhundert Goldgulden folgte der Rappe, der im Stall des Wirtes ſtand. Und als der Morgen graute und die erſten Fuhrleute an die Tür des Gaſthofes klopften, da ſtand der Fremde auf, ſteckte den Schuldſchein in die Taſche, holte den Rappen des Offiziers aus dem Stalle und machte ſich bereit zum Heimgang. Beim Abſchied aber zog er den jungen Offi⸗ zier beiſeite und raunte ihm ins Ohr:„Ich ſchenke euch die Schuld und den Rappen dazu, wenn ihr verſchweigt, wo ich meine Hütte habe!“ „Ja!“ rief der Offizier und griff nach dem Züge 1 ſeines Pferdes. „Halt!“ ſagie der Fremde.„Heute übers Jahr bringe ich euch den Rappen und das Papier! Eher nicht!“ Und ſie ſchieden voneinander.— Aber niemand kam jemals zur Hütte des Fremden. Als er nach einem Jahre den jungen Oiftzier ſuchte, da ſagte man dem Fremden, daß er im Kriege erſchlagen worden ſel. Der Fremde aber ſchenkte den Rappen dem Kloſter Ettal, das das Pferd ein Jahr lang in ſeinem Stalle beherbergt hatte. Im Kreuzgang hängt das Bild des Rappen. „Glauben ſollſt du und vertrauen!“ 4. Fortſetzung. Nachdruck verboten. „Das habe ich bisher nicht bemerkt, Danie. Ich glaubte tatſächlich an einen Zufall. Wenn es dich beruhigt, Kind: Solche Frauen, gepudert, mit Lippenſtift bemalt und eine Wolke aufdringlichen Parfüms um ſich verbreitend, haben mich früher nicht gereizt, jetzt, da ich meine ſüße Frau habe, ſchon gar nicht. Wenn du mir das doch glauben wollteſt, dann würdeſt du uns beſtimmt nicht eine Minute unſerer köſtlichen Reiſe mit ſolchen Gedanken ergällen.“ Sie ſtreichelte ſeine Hand.„Verzeih, Rudolf.“ Sein Blick tauchte tief in den ihren; dann ſagte er leiſe: „Was ſoll ich dir verzeihen? Deine große Liebe, die mich ſo glücklich macht?“ Hand in Hand wanderten ſie dann ſpäter den Hügel hinguf, ſahen auf die ewige Stadt und genoſſen die Schön⸗ heit und Sonne. Dann gingen ſie zurück und ſaßen noch einige Stunden „auf der Terraſſe bei ihrem Kaffee. Eine Kapelle ſpielte ſüdliche Weiſen, und dieſe Weiſen ſchmeichelten ſich ins Blut.— N 4 Eines Nachmittags— Daniela lag auf ihrem Balkon auf einem Ruhebett und ſchlief— ging Brünneck vorſichtig hinaus, um im Rauchſalon eine Zigarre zu rauchen. In der Halle begegnete ihm Gräfin Lompartz. Ein Blitz des Triumphs zuckte in ihren Augen auf, als ſie ihn allein ſah Mit einem ſüßen Lächeln reichte ihm die Dame die Hand. Dtieſe ſchöne, ringgeſchmückte Hand wurde ihm ſo gereicht, daß er ſie unbedingt hätte küſſen müſſen. Und er tat es doch nicht! Er dachte in dieſem Augen- blick nur an Daniela, an ihre großen, angſterfüllten Augen, an ihre Liebe! Und er küßte die Hand der Gräfin nicht! Er drückte ſie flüchtig und ſagte leichthin: „Sind Frau Gräfin mit den Sehenswürdigkeiten Roms fertig? Wir wollen in den nächſten Tagen weiter; haben das Neiſepenſum noch lange nicht erledigt.“ „Ich gedenke gleichfalls abzureiſen. Iſt es nicht komiſch? Erſt ſehnt man ſich mit aller Kraft des Herzens nach Italien, und wenn man endlich hier iſt, dann gefällt es einem nicht einmal ſo und man ſehnt ſich eben doch wieder nach der Heimat zurück.“ „Da haben Sie wohl recht, Frau Gräfin.“ „Wie iſt es, wollen wir nicht morgen einen Ausflug nach Fraskati unternehmen? Veilchen pflücken? Der Mohn blüht auch, der rote Mohn, der ſo lockt?“ Ec blickte ſie feſt an. Dann ſagte er wie ſcherzend: „Der Mohn? Der da lockt und doch ſo ſchnell in nichts Ich liebe ihn nicht. Ich liebe das Unvergäng⸗ zerfällt? liche, das, Unſterbliche.“ Sie nagte an den roten Lippen, die wie Purpur lockten ud um derentwillen er den Vergleich gezogen. Plötzlich ſagte ſie: „Sie find heute allein? Ich bin es ſeit Wochen. Mein Maun frönt ſeiner Spielleidenſchaft in Monte. Leiſten Sie mie ein wenig Geſellſchaft, Herr Doktor.“ „Sie würden an meiner Geſellſchaft keine Freude er— leben, Gräfin; ich bin kein Geſellſchaftsmenſch. Und dann — ich bin mit meiner Frau hier.“ Sie warf den Kopf zurück, „Warum erwähnen Sie das? Ein kleiner Goldfiſch mit frommen Idealen? Das kennt man doch, wenn ein itttereſſauter Mann ein ſolches Kind heiratet, daß er dann beſondere Gründe dazu hatte. Wollen Sie mich wirklich glauben machen, daß...“ Brünneck unterbrach ſie ſchroff: „Nicht weiter! Sie geſtatten, daß ich mich zurückziehe. Meine Frau ſteht mir ſo hoch, daß ich ſie nicht in dieſes Ge— ſpräch hineinziehen laſſe.“ „Auf Wiederſehen, Sie unmoderner Ehemann. Schade, daß wir uns nicht zwei Jahre ſpäter treffen konnten, denn dam hätte ſich Ihre Meinung beſtimmt geändert.“ Er verbeugte ſich.„Auf Wiederſehen, gnädige Frau.“ In Gedanken verloren ging Brünneck ins Rauch⸗ zimmer. Während er den blauen Wolken nachblickte, die ſeiner Zigarre entſtiegen, dachte er an Daniela. Wie in⸗ ſtinktiv ſie geahnt hatte, daß ihr von dieſer ſchönen, rück⸗ ſichtsloſen Weltdame Gefahr drohte! Daniela, die ſich ihm geſcheukt hatte in ihrer Reinheit und Süße und ihrer köſt⸗ lichen, jungen Liebe. Sie ſollte er auch nur mit einem Mick hinſergehen um einer Frau willen, die die Lange⸗ ietle, das unbefriedigte Innenleben durch die Welt hetzte? Nein, niemals würde er das tun! Manchmal war der deſellſchaftliche Firlefanz doch recht läſtig. Nein, viel zu milde war das ausgedrückt! Ein Poſſenſpiel war es! Deum ter, der dieſer Frau um Danielas willen am liebſten ſeine Verachtung ins Geſicht geſagt hätte, er mußte bei dec erſten beſten Gelegenheit dieſe Frau wieder begrüßen, atent man ihn nicht für einen Rüpel halten ſollte. Wenn Daniela ihn im Geſpräch mit der Gräfin geſehen Hätte! Brünneck ſprang auf und warf die Zigarre beiſeite. Naſch durchquerte er den Salon und ging wieder hinauf Daniela ſchlief noch immer. Still ſetzte er ſich in einen Seſſel. Er ſaß ſo, daß er ihr Geſicht ſehen konnte. Seine Had legte das Buch, in dem er eigentlich hatte leſen ollen, wieder auf den runden, weißen Korbtiſch. g Wie ſchmal Danielas Geſicht war! Warum bemerkte et das erſt heute? Er kniete neben ihr nieder, küßte ſie. „Danie, meine liebe ſüße Frau!“ * 1 E Sie waren wieder daheim! Tante Maria war glücklich datliber, denn es war ihr doch recht einſam geweſen. Und da Rudolf anſchließend ſofort ſeine praktiſche Tätigkeit auftlahm, ſo waren die beiden Frauen wieder wie früher oeh allein. Ueber Danielas ſchönem Geſicht lag ein Schein Die dunklen Augen ſtrathlten. Die Figur war noch ebenmäßiger ge⸗ dess Glückes geheimnisvoll ausgebreitet wolden „Wie ſchön du biſt, Danie“, ſagte die Tante bewun⸗ ernd.„Macht das das Glück?“ „Ja, Tante Maria! Mein großes, herrliches Glück!“ Von großen Geſellſchaften wollten die zwei jungen Menſchen vorerſt nichts wiſſen. Sie waren ſich immer noch ſelbſt genug. Und doch kam es zuweilen ſchon ab und zu vor, daß Daniela ungeduldig wartete, daß das Abendbrot wieder abgetragen werden mußte, weil der Hausherr noch immer nicht kam. Kam er dann endlich, dann war er meiſt ſo müde und abgeſpannt, daß er wortkarg aß und ſich dann in ſeine Zeitung vertiefte. Aber er zog dann zuweilen Daniela auf ſeinen Schoß, die dann den dunklen Kopf an ſeine Bruſt ſchmiegte und ganz ſtill in dieſer Stellung blieb, bis er fertig mit Leſen war. Dann hatte er ſich meiſt erholt und plauderte ge⸗ mütlich mit ihr. Manchmal gingen ſie auch zu Tante Maria hinüber, die ſich darüber ſehr freute. Doch dieſe Beſuche am Abend in Maria Lorrings gemütlichem Zimmer wur⸗ den ſeltener und ſeltener. Dauiela geizte mit jeder Minute, die der geliebte Mann ihr widmete. So zurückgezogen konnten ſie natürlich auch nicht immer dahinleben. Das Leben ſtellte auch in dieſer Beziehung Anſprüche. Und ſo kam es, daß ſie an Brünnecks Geburtstag im Juni ihre erſte, große Geſellſchaft gaben. Das paßte noch ſehr gut, ehe verſchiedene der bekannten Herrſchaften ver⸗ reiſten. Tante Maria wollte nach Nauheim. Der Arzt hatte es ihr verordnet. Ihr Herz war nicht recht intakt, und der Sanitätsrat hatte gemeint, wenn es auch noch lange kein gefährliches Uebel ſei, ſo könne eine Kur doch nur nützen. Und ſo galt es als abgemacht, daß Tante Maria im Juli reiſte. Da ſich zwei bekannte Damen anſchließen wollten, ſo war ſie ſehr gut aufgehoben die vier Wochen. Daniela freute ſich heimlich auf dieſe Zeit. Sie freute ſich, daß ſie mit ihrem Manne allein ſein würde. Und ſie machte ſich ſchon allerlei kleine Ueberraſchungen zurecht für dieſe Zeit. * 5 50 „Gnädige Frau, ich freue mich ſehr, Sie endlich wieder einmal zu ſehen.“ Profeſſor Schönborn drückte Danielas Hände herzlich in den ſeinen. Er plauderte ein Weilchen mit ihr und ver⸗ traute ihr an, daß ihm Doktor Brünneck ſehr fehle. Aber er hätte deſſen Glück in bezug auf die Komenusſche Praxis doch unmöglich im Wege ſtehen können. Brünneck trat zu ihnen. Danielas Blick ruhte ſtolz auf der hohen, aufrechten Geſtalt. „Ich habe eben Ihrer Frau Gemahlin erzählt, wie ſehr ich Sie vermiſſe da draußen bei mir, lieber Kollege“, meinte Profeſſor Schönborn. Brünneck lachte. Und da war er immer unwiderſtehlich. „Das hätten Sie lieber bleiben laſſen ſollen, Herr Pro⸗ feſſor. Meine Frau könnte mich ſonſt leicht überſchätzen“, ſagte er launig. Der alte Herr lachte auch. „Das würde nichts ſchaden. Leider haben die kleinen Weiberchen ſo verflixkt wenig Reſpekt vor uns. Immer wollen ſie uns auf der Naſe herumtanzen.“ Brünneck und Daniela lachten herzlich. Der Profeſſor ſtöberte in ſeinem Gedächtnis. „Ich wollte Ihnen beiden doch was erzählen; zu dumm, jetzt habe ich's natürlich wieder vergeſſen. Ach ſo, ich hab's wieder: Prinz Oldenhauſen hat ſich vermählt, Er war doch damals, gleich nachdem Sie auf die Reiſe gegangen waren, mit ſeinem Pferde ſchwer geſtürzt, und ich hatte ihn ſo ſchön wieder zuſammengeflickt, daß er mir dafür ſeine Freundſchaft anbot. Nun ſtehen wir im Briefwechſel mit⸗ einander. Na, und da teilte er mir das eben heute auch mit. Feiner Kerl iſt das, und er kommt wahrſcheinlich wieder hierher zu uns. Er beabſichtigt, Schloß Breiten⸗ höhe zu kaufen. Das ſteht doch ſchon ſolange zum Verkauf.“ Danielas Blick ſuchte den des Gatten. ihren frei und offen. Brünneck ſagte: „Ah, der Prinz? Nun, es ſcheint ihm demnach doch hier bei uns gefallen zu haben. Wäre alſo für unſere Damen ein neuer Grund, die diesjährigen geſellſchaft⸗ lichen Veranſtaltungen ganz beſonders reizend zu durch⸗ denken. Und Schloß Breitenhöhe wird dann ſicher des öfteren ſeine gaſtlichen Pforten öffnen. Ich habe mir er⸗ zählen laſſen, daß man dort früher ſehr koſtſpielige Feſte gefeiert hat?“ Profeſſor Schönborn nickte. „Sehr koſtſpielige, das iſt wahr. So übertrieben, daß die letzten Beſitzer dadurch an den Bettelſtab gekommen ſind. Horſt von Harach⸗Stein irrt irgendwo da draußen heimatlos durch die Welt, wenn er nicht inzwiſchen voll⸗ kommen unter die Räder gekommen ſein ſollte. Dabei war es ſo ſchade um den Bengel. Ein lieber Junge war er immer; leider ſchwach und triebhaft, Solche Naturen finden ſich nicht gut zurecht im Leben, wenn man ihnen den weichen Boden unter den Füßen weggezogen hat.“ Daniela ſchmiegte den Kopf an den Arm ihres Mannes. Seit geſtern abend wußte ſie, wie ſchwer er hatte kämpfen müſſen, um das ſich geſteckte Ziel zu erreichen. Er war nicht ſchwach und triebhaft! Er war ein ganzer Mann, der das Leben meiſterte? a „Danie?“ ö „Ich verglich, Rudolf!“ Ein weiches Lächeln lag um den Mund Brünnecks. Doch er ſagte nichts. Der Profeſſor dachte ſich ſein Teil, und er dachte auch, daß er nun lange genug hier geſchwatzt hatte. Er verbeugte ſich alſo und ſagte: „Ich bitte um Verzeihung, meine Herrſchaften! Ich muß unbedingt noch Herrn von Lands horb ſprechen, ehe er mir entwiſcht. Und jetzt wendet er mir gerade ſo ſchön ahnungslos den Rücken, ſo daß ich ihn gemütlich ſtellen kann Er ſoll ſich endlich einmal verantworten, warum er unſete Bierabende ſo beharrlich ſchwänzt. Ein alter Stu⸗ dent und keine Bierabende mit Kameraden. Das gibt es Der traf den Brünneck lachte zu der Anzüglichteit alten Herrn zu., „Ich werde es mir merken, Herr Profeſſor; Sie ſollen Ihr Wurfgeſchoß nicht umſonſt verſandt haben.“ f Der Profeſſor lachte dröhnend. 1 „Herrlich! Wenn der Schuß beim erſten Male gleich ſo ſitzt, da hat man ſeine Freude dran. Na, wirken wird er wohl noch nicht gleich?“ ſchloß er ahnungsvoll. ö „Wahrſcheinlich nicht, Herr Profeſſor. Er wird durch einen Magneten in der Wirkung behindert“, ſagte Brünneck und legte den Arm um Daniela. b „Hab' ich das nicht gewußt?“ polterte der alte Herr, „die Weiberchen, ja, ja, die Weiberchen. Und vollends, wenn ſie jung ſind!“ Er verbeugte ſich nochmals nach Daniela hin.„Ich bitte um Gnade, gnädige Frau; es war nicht böſe gemeint.“ 5 Sie nickte, aber der Hals war ihr wie zugeſchnürt. „Na, Kleines? Wie ſchauſt du denn aus? Du, du wirſt doch dem Profeſſor ſeine Worte nicht etwa übelnehmen wollen? Du, das wäre!“ „Nein, Rudolf. Aber— aber wirſt du wirklich einmal zu ſolchen ſchrecklichen Bierabenden gehen? Bierabend! Wie ordinär das klingt. Und wie lange dauert denn ſo ein Bierabend?“ Es zuckte amüſiert um ſeinen Mund. Dann ſagte er: „Er dauert manchmal bis gegen Morgen.“ „Um Gottes willen!“ 5 Daniela hatte es ganz entſetzt geſagt, und Brünneck hatte Mühe, ſich zurückzuhalten, ſonſt hätte er ſie jetzt vor allen Leuten geküßt. „Wir müſſen zu unſeren Gäſten zurück, Rudolf; ſie ſehen zu uns herüber.“ „Ja, und nun denken ſie vielleicht gar, wir hätten uns gezankt, weil meine Frau ſo ein nachdenkliches Geſicht auf⸗ geſetzt hat.“ Da lachte Daniela hell auf. „Wir uns zanken? Nie!“ „Du!“ Das Feſt war ſehr ſchön, wenn auch einige ältere Damen herausgefunden hatten, daß das junge Ehepaar denn doch zu ſehr die Turteltauben herauskehrten. Aber na, man würde ja ſehen, vernünftig würden ſie ſchon noch werden Unter dem Vernünftigwerden verſtand man natürlich nur, daß man auch einmal etwas Pikantes er⸗ fahren würde, denn der ſchöne Frauenarzt würde doch die Senſationsluüſt ſeiner lieben Mitmenſchen nicht gar zu ſehr enttäuſchen. Frank Delars war auch anweſend, da man ihn in jedem Salon ſah, wo man zum Ausdruck bringen wollte, daß man die Kunſt liebte. Ja, alſo Frank Delars war auch anweſend und dachte: „Meine Ahnung war alſo vollkommen richtig. Und jetzt den Don Juan hervorkehren und Brünneck ärgern! Zweifelhaftes Vergnügen! Erſtens iſt Frau Daniela in ihren Mann bis über beide kleine, entzückende Ohren ver⸗ liebt, und zweitens würde der in einem ſolchen Falle, in dem man ſeiner Ehre auch nur einen Herzſchlag lang zu⸗ nahe träte, ganz gehörige Denkzettel austeilen Frau Daniela hat es vorgezogen, eine unmoderne Ehe zu ſchließen mit gegenſeitiger Treue als Grundlage, alſo laſſen wir ſie in Frieden Uebrigens iſt Brünneck nicht mehr ſo ungenießbar wie früher. Das Glück hat ihn ge⸗ wandelt. Nun, ſehen wir uns alſo nach etwas anderem um. Die kleine Frau von Trieberg, die iſt ſo unglücklich in ihrer Ehe. Tröſten wir ſie alſo ein bißchen.“ Und Frank Delars ſaß ein paar Minuten ſpäter ſchon neben der kleinen blonden Frau und übte ſeine ſchwarzen Künſte. Es gelang ihm auch wirklich, ſie ein bißchen auf⸗ zuheitern. Sie lachte ſogar ein paarmal laut und fröhlich auf, weil er ihr eine ſehr amüſante Sache von ſeinem letzten Gaſtſpiel erzählte. Rittergutsbeſitzer von Trieberg ſtrich mißtrauiſch vor⸗ über. Er liebte es durchaus nicht, wenn man ſeiner Frau huldigte. Die mochte doch in Gottes Namen zwiſchen den Damen ſitzen und ſich unterhalten. Warum ſich der Sänger zu ihr ſetzen mußte, blieb ihm unerfindlich und verurſachte ihm obendrein Unbehagen. 5. Trieberg dachte über ſeine eigene Perſon weſentlich anders. Er führte kein ſolides Leben, und ſeine robuſte Natur nahm das als gutes Recht in Anſpruch. Aber ſeine Frau? Die ſollte ja daran denken, weſſen Namen ſie trug, ſonſt würden Blitz und Donner einſchlagen. Hm, Anue⸗ lore war hübſch. Sie gefiel ihm ja auch noch immer ſehr, aber ſie war ihm ja gewiß. Sie wartete daheim auf ihn; niemand wurde ihr gefährlich. Warum ſollte er ſich denn da immer zu ihr ſetzen? Holla, was machte ſie denn da dem Kerl für Augen? Heiß und kalt konnte es einem werden. So, jetzt hatte er es aber ſatt, jetzt ſetzte er ſich zu ihr. Er wollte doch einmal ſehen, ob der Künſtler auch jetzt noch ſo gewandt und liebenswürdig weiterplaudern oder ob er das Haſenpanier ergreifen würde. „Geſtatten?“ f Breit ſetzte ſich Trieberg dicht an die Seite ſeiner Frau. Der Sänger nickte vornehm, während die junge Frau ängſtlich zuſammenzuckte.„„ Und delars beſaß die unglaubliche Dreiſtigkeit und er⸗ zählte weiter. Er ſtellte ſich ſo, als ſäße Jürgen Trieberg nicht hier. VC 1 Der aber war mit Wut vollgeſtopft bis obenhin. „Liebe gnädige Frau, Sie können getroſt dort allein hingehen. Es verkehren Damen der Leiten Geſellſchaft dort“, ſchloß Delars ſoeben. 45 Jürgen Trieberg lauſchte geſpannt. Wo wollte der Windhund von einem Sänger denn die Annelore eigent⸗ lich hinſchicken. So ſehr er auch die Ohren ſpitzte, ſich zuletzt am Geſpräch beteiligte, er erfuhr nichts. Ja, der Künſtler überhörte ſogar vornehm⸗nachläſſig eine direkt geſtellte Frage.. doch überhaupt nicht.“ (Fortſetzung folgt.“ Pie chineſiſchen Grenzorte unter 5 bindungswege und der Um die Geſrierſleiſcheinfuhr Das Reich gewinnt den Prozeß. Leipzig, 11. Januar. In Uebereinſtimmung mit Berliner Ge⸗ richten hat das Reichsgericht die Schadens erſatklage in dem Millionenprozeß des Reichsverbandes des Deutſchen Einfuhr⸗ und Großhandels, des Jenkralverbandes Deutſcher Konſumvereine und des Verbandes Deulſcher Kühlhäuſer gegen das Reich wegen Aufhebung der Gefrierfleiſchkontingente endgültig abgelehnt. Die Japaner rücken vor! Eindringen in die Provinz Dſchehol. Tokio, 11. Januar. Halbamtlich wird gemeldet, daß Dienslag die militäriſchen Aktionen der ſapaniſchen Armee gegen die chineſiſchen Truppen an der Grenze der Provinz Dſchehol begonnen ha⸗ ben, nachdem Vormittags die Friſt abge⸗ aufen war, die den chineſiſchen Generalen vom japaniſchen Armeeſtab für die Einſtel⸗ ung der Truppentransporke in Dſchehol ge⸗ ſtellt wurde. Die japaniſche Truppenbewegung geſchah n der Richtung auf die Hauptſtadt Tſchaojan ie japaniſchen Truppen haben den Befehl, allen Um⸗ ſtänden zu beſetzen und jeden chineſiſchen Widerſtand zu brechen. Die japaniſchen Flie⸗ zer haben mit der Bombardierung der Ver⸗ Eiſenbahnen be⸗ zonnen. 9,77 Millionen Arheitsloſe Die neue amtliche Skatiſtik. Berlin, 11. Januar. nach dem Bericht der Reichsanſtalt für die Peit vom 15, bis 31. Dezember 1932 iſt in er zweiten Hälfte des Dezember die Arbeits- 1 dſigkeit aus ſaiſonmäßigen Arſachen weiter 1 chtsabſe jedoch langſamer als im erſten Be- tsabſchnitt. Am Jahresende waren bei en Arbeitsämktern rund 5 773 000 Arbeits- Jose gemeldet. Die Zunahme ſeit Mitle De⸗ rund 169 000. Die Ueberlage⸗ ember bekru ing gegenüber dem Vorjahr, die Ende Ju- i mit mehr als 1,7 Millionen am ftärkſten dar, iſt ſeitdem ſtändig geringer geworden Wos am Jahresende nur noch rund 0 5 In der Arbeitsloſenverſiche⸗ zung ſtieg die Zahl der Hauptunterſtüt⸗ ngsempfänger um rund 94000 auf rund 000 in der Kriſenfürſorge um nd 93 000 auf rund 1 281000. Aus dem betſonenkreis der öffentlichen Fürſorge wur— en Ende Dezember rund 2 375 000 Arbeits⸗ ſe nach den Vorſchriften der Reichsregie⸗ 99 ung als Wohlfahrtserwerbsloſe erkannt. Am Jahresende waren trotz Be⸗ digung oder winterlicher Unterbrechung hlreicher Maßnahmen noch rund 242 000 inge Deutſche im Freiwilligen Arbeitsdienſt tig, d. h. 43 000 weniger als Ende Novem⸗ er. Insgeſamt wurden alſo Ende Dezember ba 4,75 Millionen Arbeitsloſe unterſtützt der durch Bereitſtellung öffentlicher Ar⸗ kitsmöglichkeiten gefördert. Von der„Atlantique“ Das Feuer gelöſcht. Paris, 11. Januar. Der„Intranſigeant“ berichtet, daß die m Marineminiſterium eingeſetzten Sach⸗ Erſtändigen die Urſache des Brandes der tlantique“ nicht feſtſtellen konnten. Ha⸗ Is erklärt, in Cherbourg rechnet man allge⸗ ein damit, daß die„Atlantique“ abge⸗ ackt wird. Das Feuer an Bord der„Atlankique“ iſt umehr vollkommen gelöſcht und die Feuer ⸗ hr hat mit dem Auspumpen des Schiffs- umes begonnen. Nach den bisherigen Peſtſteulungen des kechniſchen Unterſuchungs⸗ sſchuſſes ſcheint die Unter wuſſerlinſe über⸗ ſupt keinen Schaden gengeumen zu 14 1 a 10 die Maſchinen find nur wenig beſchä⸗ Aus Baden Lohnſtreit im badiſchen Gaſtwirtsgewerbe. Karlsruhe, 11. Jan. Die Verhandlungen r den Neuabſchluß eines Lohn⸗ und Man⸗ tarifvertrages für das badiſche Gaſtwirts⸗ werbe, die vor dem ſtellvertretenden Schlich⸗ „ Obergewerberat Hanowinckel, ſtattfanden, ben in der Vorverhandlung zu einer Eini⸗ ng nicht geführt. Der Streit wird vor Schlichterkammer weiterverhandelt. ordverſuch und Selbſtmord aus Eiferſucht. äckingen, 11. Jan. Aus Eiferſucht ſchoß 23jährige Ottmar Malzacher die Kellnerin arie Fiſcher nieder und beging dann Selbſt⸗ 85 Das Mädchen liegt ſchwer verletzt dar⸗ Heidelberg, 11. Jan.(Pro teſt gegen ebadiſche Fleiſchſteuer.) Die Land⸗ ſchaft der Kreiſe Heidelberg⸗Mannheim in Kirchbeim eine ſtark beſuchte Proteſt⸗ * ö verſammlung gegen die badiſche Fleiſchſteuer abgehalten. 55 einer 00 0 menen Entſchließung wird aufs ſchärfſte gegen die neue unerträgliche Belaſtung der badi⸗ ſchen Landwirtſchaft durch die Schlachtſteuer ide und ihre ſofortige Aufhebung ge⸗ Karlsruhe, 11. Jan.(Ver kehrsunfall unter Alkoholeinfluß.) In der Nacht ſtieß beim Ettlingertor eine aus der Kriegs⸗ ſtraße kommende Kraftdroſchke mit einem vom Marktplatz kommenden Perſonenkraftwagen zu⸗ ſammen. Beide Fahrzeuge wurden beſchädigt. Der Zuſammenſtoß iſt auf die unvorſichtige Fahrweiſe des einen Kraftfahrers, eines Den⸗ tiſten, der ſtark unter Alkoholeinfluß ſtand, zurückzuführen. Aus Heſſen und Naſſan Notgemeinſchaft des Neuhausbeſitzes. Darmſtadt, 11. Jan. Dem Neuhausbeſitz drohen ſchwere Gefahren. Um den ſich immer mehr verſchlechternden Verhältniſſen wirkſam entgegentreten zu können, hat ſich deshalb die„Notgemeinſchaft des heſſiſchen Neuhaus⸗ beſitzes“ in Darmſtadt gegründet. Sie hat ſeit ihrer Gründung in ganz Heſſen bereits eine große Anzahl von Ortsgruppen ins Le⸗ ben gerufen. Die Notgemeinſchaft des heſſiſchen Neuhausbeſitzes hat ſich zum Ziel geſetzt, jedem Hausbeſitzer in allen ſeinen Neuhausbeſitz an⸗ gehenden Fragen mit Rat und Tat zur Seite zu ſtehen und bei den zuſtändigen Behörden die dringend notwendigen Erleichterungen durchzuſetzen. 8 Die Notgemeinſchaft iſt der Süddeutſchen Arbeitsgemeinſchaft des Neuhausbeſitzes und der Reichsarbeitsgemeinſchaft des Deutſchen Neuhausbeſitzes in Berlin angeſchloſſen. Der Vorſitzende der Notgemeinſchaft iſt Rechtsan⸗ walt Dr. Neuſchäffer(Darmſtadt). Aufruf de⸗ eſſichen gängerbundes Erhaltet den Geſang. Der Heſſiſche Sängerbund hat zum Jahres- wechſel an ſeine Bundesvereine und Bundes⸗ ſänger in der„Heſſiſchen Sängerwarte“ folgen— den Neujahrsaufruf erlaſſen: Das Jahr 1932 brachte vielen von uns Arbeitsloſigkeit, Sorgen und bittere Not und den Vereinen einen harten Kampf um ihre Exiſtenz. Aengſtliche Gemüter wollten ſchon prophezeien, daß der Männergeſang verſtum— me und das Vereinsweſen zum Erliegen komme. In Zeiten der Not wachſen aber auch die Kräfte, die eine gütige Vorſehung den Men⸗ ſchen verliehen hat. Schickſal zu ertragen, Schweres zu überwinden und„allen Gewalten zum Trutz“ ſich erhalten. So ſehen wir un⸗ ſere Sangesbrüder einen heroiſchen Kampf führen um Arbeit und Brot für ihre Fa⸗ milien, aber auch um die Erhaltung jener un⸗ verſiegbaren Quellen, die das deutſche Lied über unſer Volk ergießt. Dieſes Lied richtet auf und mahnt, ſpendet Troſt und Erbau⸗ ung, ſtärkt Mut und Lebenswillen. Die deut⸗ ſche Sängerſchaft hal damit die Aufgabe, in der heutigen Notzeit den Abwehrwillen gegen die Angunſt unſerer Zeit ſtärken zu helfen; ſie iſt ſich ihrer Verantwortung be⸗ wußt. Was Wille und Tat innerhalb unſerer Sängerſchaft vermögen, hat das Frankfurter Feſt in ganzer Größe offenbart, wir ſehen es aber auch an jedem einzelnen Verein. Kei⸗ ner iſt zuſammengebrochen, überall wird noch geſungen in Stadt und Land,— aber die finanziellen Opfer, die das Vereinsleben erfor⸗ dert, können von den wenigen, die noch zu opfern in der Lage ſind, kaum getragen wer⸗ den. Das aber liebe Sangesbrüder, iſt zwar hart, aber nicht unüberwindlich. Kein Verein wird untergehen, ſolange bie Liebe zum Geſang und der Wille zur Tat un⸗ ſere Kraft und unſer Ziel ſind. E Eine heſſiſche Sängerwoche. Der geſchäftsführende Bundesvorſtand des Heſſiſchen Sängerbundes beſchäftigte ſich mit dem Vertrag mit dem Muſikſchutzverband und beſchloß, dieſen auch auf das Jahr 1933 auszudehnen und zwar unter den gleichen Be⸗ dingungen wie im Vorjahre. Hierdurch ſind die Geſanavereine. die dem Heſſiſchen Sänger⸗ bund angeſchloſſen ſind, auch fur das Jahr 1933 für ihre geſangliche Tätigleit geſchützt. Von beſonderem Intereſſe iſt der Beſchluß, jährlich eine Sängerwoche durchzuführen. Die erſte Heſſiſche Sängerwoche wird im Oktober 1933 in Darmſtadt ſtattfinden. Die Vorberei⸗ tung und Durchführung wurde dem Gau Darmſtadt unter Leitung ſeines Vorſitzenden G. F. Roth, Darmſtadt, übertragen. Die Schaumweinerzeugung in Heſſen⸗Naſſau und Heſſen. Im Rechnungsjahr 1931-32 ging die ge⸗ ſamte deutſche Schoumweinerzeugung von 8,1 Mill. ganzen Flaſchen auf 5,3 Mill. zurück, was einen abermaligen Rückgang um ein Drit⸗ tel bedeutet. Mit der Schaumweinerzeugung befaſſen ſich nunmehr noch insgeſamt 197 Be⸗ triebe gegen 205 im Vorjahr. Hiervon ent⸗ fallen auf Heſſen Naſſau 35(im Vorjahre 36) und auf Heſſen 19(18). Heſſen und Heſſen⸗Naſſau liefern auch den meiſten Schaum⸗ wein und zwar erzeugte Heſſen-Naſſau(Vor⸗ jahresziffern in Klammern) 1,9 Mill. ganze Flaſchen Traubenſchaumwein(2,8) und 0,15 (0,24) Mill. Flaſchen Fruchtſchaumwein, Heſ— ſen 0,8(1,3) bezw. 0,03(0,05) Mill. Fla⸗ ſchen bei einer Geſamterzeugung von 4,3(5,7) bezw. 0,9(1,4) Mill. Flaſchen im Reich. *. Die heſſiſche Edelpelztierzucht. Bei der letzten Zählung wurben in Heſſen 29 Edelpelztierfarmen ermittelt, darunter eine mit 78 Silberfüchſen, eine mit fünf Blaufüch⸗ ſen, 20 mit 86 Nerzen, eine mit zwei Waſch⸗ bären, eine mit fünf amerikaniſchen Oppoſums, eine mit 15 Karakulſchafen und 10 mit 115 Sumpfbibern. In Heſſen⸗Naſſau zählte man im ganzen 22 Farmen. Bei den Tieren handelt es ſich durchweg um Zuchttiere, da der Zählungs⸗ ſtichtag im Monat Februar liegt. Gründung eines Reichsverbandes Weinexporteure. Wiesbaden, 10. Jan. Auf Veranlaſſung der Rheingauer Weinhandelsvereinigung wurde der Reichsverband deutſcher Wein-Exporteure e. V. Sitz Wiesbaden, gegründet. In der Gründungsverſammlung waren etwa 200 am Weinexport intereſſierte deutſche Weinhändler vertreten. Die neue Organiſation ſoll lediglich den Zweck haben, den deutſchen Weinexpor⸗ teuren in anderen Ländern den Boden für die Aufnahme deutſchen Weines vorzubereiten. Daermſtadt, 11. Jan.(Beigeorone⸗ tenwahl). Bei der Beigeordnetenwahl in Neuſtadt im Odenwald wurde der Kaufmann Heinrich Köbler als Vertreter der bürgerlichen Parteien mit 258 Stimmen zum Beigeordne⸗ ten gewählt. Der kommuniſtiſche Kandidat er⸗ hielt 230 Stimmen. Darmſtadt, 11. Jan.(Hypotheken⸗ zinsſenkung.) Nach einer Mitteilung der Bezirksſparkaſſe Gießen iſt am 1. Januar 1933 eine Senkung der Hypothekenzinsſätze um 0,5 Prozent, alſo auf 6,5 Prozent einge⸗ treten. Hierin iſt ein Verwaltungskoſtenbei⸗ trag von zwei Achtel Prozent enthalten. Darmſtadt, 11. Jan.(Geſtändig.) We⸗ gen eines Anſchlages auf ein Glashaus in Kleinhauſen wurde ein dortiger Einwohner feſtgenommen. Er hat jetzt den verſuchten An⸗ ſchlag auf das Glashaus eingeſtanden und weiter zugegeben, daß er dem das Glashaus bewachenden Hund vergiftete Wurſt zugewor— fen hat, die das Tier aber nicht fraß. Im Beſitz des Feſtgenommenen fand ſich eine Ar⸗ meepiſtole 08 mit Munition, die beſchlagnahmt wurde. Darmſtadt, 11. Jan.(Warnung vor einem Schwindler.) Dieſer Tage iſt in der Altſtadt bei einer alten Frau ein Mann erſchienen, der angab, von der Winterhilfe zu kommen. Er ſagte der Frau, daß ſie von der Winterhilfe des„Evangeliſchen Wohl⸗ fahrtsdienſtes“ 10 Zentner Briketts bekom⸗ men würde. Weiter erklärte der Betrüger, daß die Frau für jeden Zentner 50 Pfennige bezahlen müſſe. Die Briketts ſollten durch den Städtiſchen Fuhrpark angeliefert werden. Da die Frau keine 5 Mark hatte, hat ſie an den Betrüger nur 3 Mark bezahlt, mit denen er auch zufrieden war. Er gab an. die reſtlichen deutſcher Ein neuer Schienen⸗Omnibus. Der Wagen wurde von der Maſchinenfabrik Augsburg⸗Nürnberg gebaut. Der Antrieb er⸗ folgt durch 140 PS ſtarke Dieſelmotoren, die eine Höchſtgeſchwindigkeit von 102 Kilo⸗ metern in der Stunde ermöglichen. 2 Mark würden ihr dann an der Unterſtüt⸗ zung in Abrechnung gebracht. Da die Frau Be⸗ denken bekam, ging ſie zu ihrem zuſtändigen Betreuer um ſich nach der Richtigkeit zu er⸗ kundigen. Dort mußte ſie erfahren, daß ſie einem Betrüger in die Hände gefallen war. Der Täter hat eine Quittung und einen Lie⸗ ferſchein zurückgelaſſen, die er mit dem Namen „Frank“ unterzeichnete. Der Unbekannte wird wie folgt beſchrieben: etwa 1,60 bis 1,65 Meter groß, 30 bis 35 Jahre alt, von ſchlan⸗ ker Geſtalt, rundes glatt raſiertes Geſicht. Er trug grauen oder braunen Mantel, dunklen Hut und ſprach Darmſtädter Mundart. Darmſtadt, 11. Jan.(Achtet auf frem⸗ de Menſchen in den an Aus einem Hauſe der Hochſtraße wurde ein Waſch⸗ becken aus einer Kloſettanlage des Treppen⸗ hauſes geſtohlen. Der Täter begab ſich hierauf in die Waſchküche und entwendete dort ein Paar braune Tourenſtiefel Größe 44.— Am ſelben Tage wurde der Schalter zu der elek⸗ triſchen Leitung in einem Kloſett des Hauſes Erbacherſtraße Nr. 17 abgeſchraubt und ent⸗ wendet. Außerdem ſtahl der Täter auch noch die elektriſche Birne. Es handelt ſich in bei⸗ den Fällen um Bettler, die vor der Tat in den Häuſern vorgeſprochen haben, aber abge⸗ wieſen wurden.— Aus dem Hof des Hau⸗ ſes Darmſtraße 27 wurde ein zweireihiger feldgrauer Reichswehrmantel geſtohlen. Der Mantel war auf einem Fahrrad befeſtigt. Aus der Heimat Gedenktage 11. Januar. 1858 Der däniſche RomaniſtͤKriſtoffer Nyrop in Kopenhagen geboren. 1879 Der franzöſiſche Karikaturenzeichner Honore Daumier in Valmandois geſt. 1882 Der Naturforſcher Theodor Schwann, Begründer der Zellenlehre in Köln ge⸗ ſtorben. Prot. und kath.: Hyginus. Sonnenaufg. 8,07 Sonnenunterg. 16,08 Mondunterg. 8,27 Mondaufg. 15,19 * Grotze und kleine Lügner An ſich iſt ja eine Lüge eben nichts an⸗ deres als das Gegenteil der Wahrheit, oder anders geſagt: Gelogen iſt gelogen! Unter⸗ ſchiede gibt es nur, wenn man ſie überhaupt machen will, im Wie und Weshalb der Lüge. Man wird es alſo im allgemeinen einem Men⸗ ſchen nicht allzu ſehr ankreiden dürfen, wenn er aus edlen, ſelbſtloſen Motiven heraus die Wahrheit einmal nicht unbedingt zu ihrem Recht kommen läßt. Die Kernfrage aber iſt hier eine andere. Große Lügner und kleine Lügner unterſchei⸗ den ſich ſowohl in der Art ihrer Lügenhaftig⸗ keit, als auch in der moraliſchen Beurteilung dieſer ſchlechten Eigenſchaft. Unbedingt ver⸗ werflich iſt es natürlich, wenn ein Menſch an⸗ geſchwindelt wird, um ihm zu ſchaden, um irgendwelcher materieller oder vermeintlich ideeller Vorteile oder Dinge willen. Hierbei muß es gleichgültig ſein, ob der Wert oder Anwert der ganzen Angelegenheit erheblich oder weniger bedeutſam iſt. Hier muß Lüge wende genannt und entſprechend eingeſchätzt werden. „Daneben gibt es auch Leute— ihre Zahl iſt ja leider nicht gerade klein—, die lügen um des Lügens willen. Es ſind dies Leute, die ihre Mitmenſchen anflunkern, um ihnen etwa ein günſtigeres Bild von ſich ſelbſt zu ſuggerieren, die ohne eigentlich erſichtlichen Grund einem etwas als blau aufſchwatzen wollen, wenn es auch in Wirklichkeit anders⸗ farbig iſt. Ihre Exiſtenz wirkt ſich zwar zu⸗ weilen für die Allgemeinheit nicht weniger ſchädigend und unerfreulich aus, als die der hier als„große Lügner“ bezeichneten Men⸗ ſchen, aber ihr Handeln iſt im allgemeinen nicht auf ähnlich verwerflichen Motiven aufgebaut. Die Schlimmſten allerdings ſind diejenigen, die beide Lügenarten virtuos miteinander zu ver⸗ binden wiſſen. Aus ihnen rekrutieren ſich„ge⸗ niale“ Hochſtapler uſw., alſo Schädlinge der Allgemeinheit. * * Wie ſoll die Poſtkarte beſchaffen ſein. Die Poſtkarte darf nur aus einem Niatt 5g; ſtehen. Sie muß aus ſteifem oder ſonſtigem feſten Papier hergeſtellt ſein. Die Deutſche Reichspoſt hält Karten für den Orts- und Fernverkehr mit und ohne Wertſtempel zum Verkauf bereit. Karten, die nicht amtlich aus⸗ gegeben werden, dürfen nicht größer als 14,8:10,5 Zentimeter und nicht kleiner als 10:6 Zentimeter ſein. Ihr Gewicht ſoll 8 gr. nicht überſchreiten. Das Papier iſt in hel⸗ ler Farbe zu halten. Wenn die Maße und Vorſchriften ſtimmen, ſind auch Karten mit Anſchriftenklappen zugelaſſen. Die linke Hälfte der Vorder⸗ und Rückſeite ſtehen dem Abſen⸗ der für Mitteilungen zur Verfügung, die rechte vordere für die Anſchrift des Empfängers. * Wetterbericht Mit dem Einbruch polarer Luft iſt über Weſteuropa wieder ein Zwiſchenhoch erſchienen, das Aufheiterung brachte. Auf den Höhen des Schwarzwaldes liegt eine geſchloſſene Schneedecke. Da jedoch vom Mittelmeer her Zyklone ſtärker in Erſcheinung treten, dürfte die U vorausſichtlich noch unbeſtändig blei⸗