4 ble augsde U. Ocwalgste fopfüm- Sanson. Haule koniag üer 180 F. iat: nur 40 Pg. Mey fe Jonny ben Fupog Lokales Vom Sonntag. Mit dem geſtrigen Sonntag fand die Männer- miſſion und damit die Miſſion überhaupt ihren Abſchluß. Drei Wochen lang haben die Hochw. Patres das Wort Gottes gepredigt und viele ver— lorene Schäfchen wieder zurück in den Schoß der Kirche gebracht. Der gelockerte Glaube wurde gefeſtigt, der verlorene wieder gefunden. Eine Fülle göttlicher Gnade iſt über unſeren Ort ge— kommen. Die Männer und Jungmänner betei— ligten ſich geſtern in überaus ſtattlicher Zahl am Sakramentsempfang. Auch die Segensmeſſe mit Mutter Gottesfeier um 11 Uhr war überfüllt. Nachmittags waren Schlußfeiern für die Kinder und um 4, 6 und 8 Uhr Schlußfeiern für alle Gläubigen, die auch noch einmal einen überwäl⸗ tigenden Beſuch hatten. Heute Vormittag war nochmals Requiem für alle Verſtorbenen der Pfarrei mit Anſprache. Hiermit iſt die Miſſion in unſerer Gemeinde beendet.— Auch am geſtri— gen Sonntag wurde wegen der Miſſion von allen Veranſtaltungen Abſtand genommen. Die Sport- vereinigung hatte in ihrem Vereinsheim ihre Jahres⸗Verſammlung, die bei verſchiedenen Aende— rungen in der Vereinsleitung einen recht ſtürmi— ſchen Verlauf nahm. langen, weshalb die Verſammlung vertagt werden mußte.— Die Witterungsverhältniſſe waren außerordentlich rauh. Die ſehr kalte Temperatur und auch die rauhen Winde machten den Aufent⸗ halt im Freien nicht gerade angenehm. Jedoch ſoll uns dieſe Witterung ſchon lieber ſein, als naßkaltes geſundheitsſchädliches Wetter. „Er geht von uns. Für unſeren hochverehrten Herrn Kapl. Frey hat die Stunde des Scheidens geſchlagen. Ueber fünf Jahre hat er in der hieſigen Gemeinde ſegensreich ge— wirkt. Wer ſein ſtilles Arbeiten als Prieſter kennt, iſt erbaut von der gewiſſenhaften Erfüllung ſeiner Berufspflichten. Wie lauſchten doch alle gern ſeinen inhaltsreichen Predigten! Auch die Schulkinder, denen er die Wahrheiten unſerer heiligen Religion in der klarſten und packendſten Weiſe zu geben verſtand, folgter freudig ſeinem Unterrichte. Seine Arbeiten in den Vereinen zeitigten reiche Früchte. Wie gern lenkte er ſeine Schritte allmonatlich zu den regelmäßig abge— haltenen Verſammlungen des Arbeiter-Vereins! Freudig erwarteten ihn dort immer eine große Anzahl biederer, treuer Männer. Für jeden hat er ein wohltuendes Wort. Aufmerkſam folgten ſie ſeinen belehrenden Vorträgen. Kein Opfer war ihm zu groß, wenn es galt, für die Intereſſe des Vereins einzuſtehen. Sein Ver— dienſt iſt es, in Rechtsfragen unentgeltlich Aus- kunft zu erhalten in den Beratungsſtunden des Arbeiterſekretärs. Betrachten wir die Bibliothek des Borromäusvereins bei den Engl. Frl., ſo ſehen wir, daß er auch hier ein reiche Tätigkeit b Die umfangreiche Tages⸗ ordnung konnte nicht ganz zur Abwicklung ge⸗ entfaltete. Es gelang ihm, durch reichliche Unter⸗ ſtützung die Bibliothek in kurzer Zeit in klarer, überſichtlicher Weiſe zu ordnen. Stets war er beſtrebt, ſie durch gute Bücher immer mehr zu bereichern. Auch die Verwaltung des Volks- vereins lag ihm ob. Die alljährlich gutbeſuchten Volksvereinsverſammlungen beweiſen, daß auch in dieſem Verein reges Leben herrſcht und die Mitglieder ſich bewußt ſind von dem tiefen Sinne des Vereins. Seine Tätigkeit auf polit- iſchem Gebiete iſt nicht zu vergeſſen. Die Ver- trauensleute der Zentrumspartei wiſſen, welch aufklärendes Wort er in manchen Verſammlungen geſprochen hat. Gar vielſeitig war ſeine Tätig⸗ keit, die ihm der gütige Gott reichlich belohnen möge. Bei ſeinem Weggange wollen wir ihm noch ein herzliches„Danke“ zurufen. All unſere beſten Wünſche und Gottes reichſten Segen möge ihn begleiten auf ſeinem weiteren Lebenswege. *Der Polizeibericht der letzten Woche meldet folgende Anzeigen: 1 wegen Vergehen gegen das Kraftfahrzeuggeſetz, 2 wegen Dieb⸗ ſtahl und 1 wegen fahrläſſiger Körperverletzung. * Zwei Diebſtähle. In der letzten Woche wurden hier zwei leichte Diebſtähle ver— jibt. Von einem Acker auf dem Lorſcherwege links wurde ein wertvoller Zwergobſtbaum(Birn- baum) entwendet. Weiter wurde in einem Hauſe vermutlich durch einen Bettler eine Tiſch⸗ decke geſtohlen. Der letztere Diebſtahl gibt An- laß zur Warnung. Man ſoll, wenn niemand anweſend iſt, ſeine Zimmer verſchließen. »Haſendiebſtähle. In den letzten Wochen wurden hier ſchon verſchiedene Haſen— diebſtähle ausgeführt. Die Diebſtähle mehren ſich immer mehr, weshalb wir die Haſenbeſitzer hiermit warnen. Es iſt unbedingt notwendig, die Haſen nachts in einem geſicherten Stall unterzubringen oder an den Haſentüxren kräftige Vorhängeſchlöſſer zu befeſtigen. Alſo Vorſicht, damit man vor Schaden bewahrt bleibt. Vom Krieger⸗ und Soldaten⸗ verein„Teutonia“ wird uns mitgeteilt: Die Weihnachtsfeiertage und die Tage der hl. Miſſion ſind vorüber. Das Winterarbeitspro— gramm wird in ſeiner letzten Hälfte abgewickelt, denn ſchon nahen im April die erſten Gau— ſchießen. Kommenden Mittwoch Abend eröffnet Herr Kamerad Heim die Vortragsfolge mit dem aktuellen Thema„Luftſchutz.“ Wer in der letzten Zeit die Zeitungen aufmerkſam geleſen, der wird gemerkt haben, daß man dieſem Pro— blem, durch das Ausland auſmerkſam gemacht, bei uns große Aufmerkſamkeit ſchenkt. Für uns an der Kante d. h. im Grenzland, iſt dieſe Frage von großer Bedeutung. Deshalb wurde auch dem Redner des Abends ſeitens der Polizei— direktion Mannheim jede Unterſtützung zuteil. Alle Mitglieder ſind hierzu freundlichſt einge— laden. Für die Teilnehmer des Freiwilligen Arbeitsdienſtes iſt der Vortrag verbindlich. Der Vortrag wird im Monat März der Allgemein— heit zugänglich gemacht.— Am Sonntag, den 29. können Januar findet die Winterfeſtlichkeit des Vereins ſtatt, etwas ſpät, aber ſie mußte wegen der hl. Miſſion verlegt werden. Im Vereinslokal zum Schützenhof werden die Mitglieder mit ihren Angehörigen einige angenehme Stunden verleben. Nähere Einladung folgt. Badiſche Landes⸗Geflügelſchau. Auf der großen Baden-Landesſchau die vom 20. bis 22. 1. in der Städt. Markthalle in Mos- bach unter großer Beteiligung von den 15 badiſchen Gauen ſtattfand, erhielt unſer ein⸗ heimiſcher Züchter Aug u ſt Jakob mit drei ausgeſtellten Rheinländer Hühner unter ſtarker Konkurrenz mit ſehr gut 1 einen Gau⸗Ehrenpreis ſowie einen 1. und 2. Preis. Viernheimer Tonſilmſchau Jonny ſtiehlt Europa Dieſer neueſte und intereſſanteſte Tonfilm⸗ ſchlager Harry Piel's dieſe Woche im Central⸗Film⸗Palaſt. Ein beſonderes Ereignis iſt dieſe Woche der neueſte Harry Piel Tonfilmſchlager„Jonny ſtiehlt Europa“ der bisher alles dageweſene überholt. Harry Piel im Tonfilm iſt eine Sen— ſation für ſich, da können die alten ſtummen Filme doch nicht mehr mit. Ein Tonfilm iſt in der heutigen Vollendung ſtets eine Klaſſe für ſich und nur im Tonfilm kann das Neueſte und Beſte geboten werden. Stumme Filme werden ſeit vier Jahren nicht mehr hergeſtellt und ge— hört ſchon der Vergangenheit an. Harry Piel in ſeinem neueſten und intereſſanteſten Tonfilm- ſchlager ſehen und hören iſt die größte Senſa— tion der Woche. Seine Abenteuer, ſeine Er— lebniſſe in Wort und Bild ſind iu dieſem Ton⸗ film unbeſchreiblich, das muß man geſehen und gehört haben. Ueberall in allen Städten der allergrößte Erfolg. Iſt doch Harry Piel der gefeierſte Liebling aller Filmfreunde. Damit alle ſeinen neuſten Tonfilmſchlager beſuchen tritt trotz höherer Unkoſten keine Preis- erhöhung ein. Das übrige reichhaltige Pro— gramm iſt ausgezeichnet beſonders der Tonluſt— ſpielſchlager„Der Knalleffekt“. Einfach groß— artig mit größtem Lacherfolg. Dieſes Pro- gramm iſt eine beſondere Leiſtung des Unter⸗ nehmens und verdient von allen Filmfreunden beſucht zu werden. Auf zu Harry Piel„Jonny ſtiehlt Europa“. Heute letzter Tag! 1. Platz nur 40 Pfg. Vereins ⸗Anzeiger Krieger⸗ und Soldatenverein„Teutonia“ mit Schützenabteilung. Heute Montag Abend 8 Uhr Theaterprobe. Mittwoch Abend 8 Uhr Vortrag des Herrn Heim über„Luftſchutz.“ Alle Mitglieder, beſonders die Kriegsteilnehmer ſind hierzu freundlichſt eingeladen. Gäſte find willkommen. Kommenden Sonntag 8 Uhr Familienabend im Lokal zum„Schützenhof.“ Zahlreichen Beſuch erwartet zu allen Veran⸗ ſtaltungen Der Vorſtand. n fn U.⸗T.⸗Filmpalaſt. Auch dieſe Woche kommen im U.⸗T.⸗Fil⸗ palaſt wieder zwei erſtklaſſige Großfilme zur Aufführung. Wir ſehen Richard Dix in ſeinem prächtigen Senſations- und Abenteuerfilm„Die Piraten vom gelben Fluß“. Dieſer Film wird alle Beſucher in ſeinem Banne halten. Im 2. Teil kommt das packende Drama der Leiden⸗ ſchaft, das hohe Lied von der Liebe und Frei⸗ heit„Lockruf der Berge.“ Zum Schluſſe der Wochen Lachſchlager„Alles Schiebung.“ Lachen ohne Ende. Sie ſehen alſo, daß wir in dieſer Woche wieder ein ſolch vorzügliches Programm zuſammengeſtellt haben, daß es nicht überboten werden kann. Jeder Filmfreund muß einme! in der Woche das U. T. beſuchen, denn nur dort findet er was er ſucht: Prächtige Filme, angenehme Unterhaltung, kurzum einen ſchönen Abend für wenig Geld. Darum alles auf in den U.⸗T. Filmpalaſt. Um den Verbandspokal. Rhein— Saar Die„Grünen“ waren geſtern ſpielfrei Bei allen anderen Vereinen wurde der Spielbe⸗ trieb um den Verbandspokal durchgeführt. Wir bringen nachſtehend die Reſultate und die Tabelle Die Reſultate: Vf. Neckarau— Mundenheim 5.1 VfR. Mannheim— 08 Mannheim 3:0 05 Saarbrücken— F. Saarbrücken 111 Eintracht Trier— Sandhofen 20 Bor. Neunkirchen— Sportfr. Saarbrücken 3:1 Tabellenſtand am 15. Januar: Vereine Sp. gew. unent. verl. T. Punkte Neckarau 2 0 4.0 Bor. Neunkirchen 0 F.⸗V. Saarbr. 2 1 VfR. Mhm. 2 0 Sportfr. Saarbr. 2 Viernheim Eintracht Trier 2 05 Saarbrücken Mundenheim Sandhofen 08 Mannheim e e Für das futo für das Schaufenster Für die Brille Das vorzügliche Präparat gegen das Anlaufen und Gefrieren der Scheiben. Hllein-Verkauf: Rathaus-Hrogerie Peter Mosbaan d d S de deo d 3 . ——— 2 O t S T ren DSO 8 d 2 D — eule nur ul 1. J. Lockruf der Berge 3. Alles Schiebung 2. Piraten vom gelben Fluss Auf ins Union! TANZ SCHULE Hans Schmitt, Mannheim beginnt morgen Dienstag, den 24. Jan,, abds. 8 Uhr im' Gaſthaus„Zum Deutſchen Kaiſer“ 0 Viernheim mit einem län kurs Gewiſſenhafter und fach- männiſcher Unterricht in ſämt⸗ lichen Tänzen. Gefl. Anmeldungen erbeten. Kulhol. Arbeiterberein Heute Montag abend 8 Uhr im„Engelſaal“ Abſchiedsfeier unſeres Präſes Herrn Kaplan Frey Vollzähliges Erſcheinen erwartet. Der Vorſtand. 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A. von ſämtlichen Annoncen- Expeditionen Artikel einen Tag vorher.— Annahme von 8 toſtet 20 Pfg., die Retlamezeile 60 Pfg., nahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ Anzeigen in unſerer ſchlanbs u. des Auslande Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes 1. -E e e eg geen Teen len bg dhe Cevi dt lenor ele Im Zwiſchenalt Dem vergangenen Sonntag hatte man in Berlin mit einigem Bangen entgegengeſehen. Aber es kam anläßlich der nationalſozialiſti⸗ ſchen Demonſtration auf dem Bülowplatz— vor dem Karl⸗Liebknechthaus, der kommuni⸗ ſtiſchen Parteizentrale— nur zu relativ harmloſen Zwiſchenfällen. Die Polizei hatte umfaſſende Sicherheitsmaßnahmen getroffen, der Bülowplatz ſelber war im weiten Um⸗ kreis abgeſperrt, die Anwohner mußten die Fenſter geſchloſſen halten und durften ſich nicht auf den Balkonen zeigen. Immerhin kam es zu einigen Zuſammenſtößen. Es gab eine ganze Anzahl Verletzter und es wurde eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen. Größere Störungen der öffentlichen Ord— nung ſind aber, wie bereits erwähnt, nicht vorgekommen. Nur die offenbar ſehr be⸗ ſchwingte Phantaſie des Berliner Berichter⸗ ſtatters eines Pariſer Blattes hat„Barrika⸗ denbauten“ und andere gefährliche Dinge entdeckt. Die Berliner ſelber haben davon nichts bemerkt. Es wäre nun aber verfehlt, aus dem ver⸗ hältnismäßig ruhigen Verlauf dieſes Berli⸗ ner Demonſtrationsſonntages etwa zu ſchlie⸗ ßen, daß in der politiſchen Lage irgend eine Entſpannung eingetreten wäre. Das iſt kei⸗ neswegs der Fall. Der Aelteſtenrat des Reichstags, der am letzten Freitag einen ent⸗ ſcheidenden Beſchluß faſſen ſollte, hat dies bekanntlich nicht getan, ſondern die Ent⸗ ſcheidung abermals um acht Tage verſchoben. Inzwiſchen geht das große Rätſelraten, wie die- Lage ſich geſtalten wird, weiter. Man weiß, daß die Entſcheidung bei den Nationalſozialiſten liegt. Der Reichstagsabgeordnete Göbbels hat die⸗ ſer Tage erklärt, die NSDAP. werde das Kabinett ſtürzen, wenn ſie den Zeitpunkt für gekommen erachte. Die NSDAP. ſtürze aber das Kabinett nicht, wenn es ihm angenehm ſei, ſondern wenn es ihm unangenehm ſet. Die Partei werde einmal ſchlagen. aber dann, wenn ſie wiſſe, daß der Schlag ſitzt. Nach dieſer Erklärung iſt wohl nicht damit zu rechnen, daß die Nationaſſozialiſten die Abſicht haben, im Reichstag ſofert den Mißtrauensanträgen gegen das Kabinett von Schleicher zur Annahme zu verhelfen. In der Tat hatte ja auch der nationalſozia⸗ liſtiſche Abg. Dr. Frick in der Sitzung des Aelteſtenrats am letzten Freitag beantragt, die Einberufung des Reichstags noch weiter hinauszuſchieben. Nur weil Deutſchnationale und Zentrum für frühere Reichstagseinbe⸗ rufung waren, iſt dieſer Antrag abgelehnt worden. Die allgemeine Lage und die Lage des Ka⸗ binetts von Schleicher werden noch ſchwieri⸗ ger durch die Tatſache, daß ſich auch in den ſteihen der Deutſchnationalen neuerdings Be⸗ ſtrebungen auf Erſetzung des gegenwärtigen Reichskanzlers durch eine andere Perſönlich⸗ keit zeigen. Man nennt als ſolche den frühe⸗ r Reichsbankpräſidenten Dr. Schacht, der bekanntlich vom Demokraten zum National⸗ ſozialiſten geworden iſt und der wohl auch den Deutſchnationalen nicht unſympathiſch wäre. Freilich haben Nationalſozialiſten und Deutſchnationale im Reichstag zuſam⸗ men noch nicht die Mehrheit. Es wäre aber wohl nicht daran zu denken, daß Zentrum und Bayeriſche Volkspartei einem Kabinett Schacht ihre Unterſtützung leihen. Anderer⸗ ſeits legt das Zentrum den größten Wert darauf, daß eine Löſung der innerpolitiſchen Schwierigkeiten auf parlamentari⸗ ſchem Wege verſucht wird. Man kann in⸗ des nicht erkennen, wie das Reichskabinett ausſehen ſoll, das mit Ausſicht auf Erfolg vor den Reichstag in ſeiner jetzigen Zuſam⸗ menſetzung hinzukreten in der Lage wäre. So führt jede objektive Betrachtung der Situation immer wieder zu der Erkenntnis, daß ein Ausweg aus all den Irrungen und Wirrungen dieſer Tage kaum zu bf iſt, denn auch eine Neichstagsauflöſung wäre kein ſolcher. Was tun? Die Antwort fällt ſchwer. Fällt offenbar auch dem Kanz. „Notſtand“ im Reich? 50. Jahrgang Die innerpolitiſche Lane— Noch keine Klärung— Neue Beratungen— Ltraſſer und Hitler— Neichstagsauflöſung aber keine Neuwahl? Berlin, 24. Januar. Die neue Woche beginnt in der alten Un⸗ ſicherheit über die weitere Entwicklung der politiſchen Lage. Eine Klärung iſt noch nicht abzuſehen. Die Verſuche, eine Löſung der Kriſe auf parlamentariſchem Wege zu er⸗ reichen, wurden fortgeſetzt aber ſie ſcheinen wenig ausſichtsreich. Der Reichspräſident empfing am Mon- tag den Reichskanzler von Schleicher zum Vortrag über die poliktiſche Lage und über den Sfand des Arbeitsbeſchaf⸗ fungsprogramms. Am Montag vokmittag fanden außerdem erneut eingehende Beratungen im national⸗ ſozialiſtiſchen Lager im„Kaiſerhof“ in An⸗ weſenheit Hitlers ſtatt. Die Regie⸗ rung beteiligt ſich entſprechend ihrer An⸗ kündigung an dieſen neuen Verſuchen nicht, ſie bleibt vielmehr demonſtrativ im Hinter⸗ grund und wartet ab. Wenn, was anzuneh⸗ men iſt, auch die neuen Verſuche einer Lö⸗ ſung auf parlamentariſcher Baſis fehlſchlagen ſollten, ſo würde man nach Auffaſſung po— litiſcher Kreiſe damit die letzte Möglichkeit erſchöpft haben, auf dieſem, d. h. dem parlamenkariſchen We⸗ ge zum Ziele zu kommen. In dieſem Falle müßte normalerweiſe der Reichstag aufgelöſt werden und es müßz 5 Dieſer ten Neuwahlen ausgeſchrieben werden. Da der Wahlkampf aber nur neue Beun— ruhigung bringen würde und die Wahlen wahrſcheinlich doch keine weſentlich andere Zuſammenſetzung des Reichstags herbeifüh— ren werden, würde auch dieſes Vorgehen nichts nützen. Bei dieſer Sachlage rückt wieder der von verſchiedenen Seiten ſchon einmal früher erörterte Plan in den Vordergrund, den Reichstag aufzulöſen, und alsdann einen „Nofſtand“ zu erklären, der es rechtfer⸗ kigen würde, bis auf weileres ohne Parlament zu regieren. Es würden in dieſem Jalle alſo zunächſt keine Neu- wahlen anberaumt werden. Man weiß nicht, ob amtliche Stellen ſich mit dieſer Ark der Löſung bereils beſchäftigt haben, aber angeſichts der Schwierigkeiten, auf die jede Art der parlamenkariſchen Lö⸗ ſung der Kriſe ſtößt, iſt der Gedanke an einen Notſtand naheliegend, wenn er natürlich auch auf den heftigen Wider⸗ ſtand aller Kreiſe ſtößt, die unbedingt auf parlamenkariſchem Boden fſtehen. ler ſelber ſchwer. 5 0 von Schleicher nun ſchon ſeit Wochen nichts mehr gehört, ſo daß man über ſeine Pläne und Abſichten immer nur auf mehr oder minder unkontrollierbare Mitteilungen von dritter Seite angewieſen war. Aber nun geht der Zwiſchenakt allmählich zu Ende. Der Vorhang ſoll ſich wieder he⸗ ben. Die Akteure müſſen wieder die politi⸗ ſche Bühne betreten. Irgend etwas muß ge⸗ ſchehen, irgendwie muß jetzt gehandelt wer⸗ den. Mit oder ohne Reichstag. Wir ſind auf den Fortgang des Spieles geſpannt. Am Montag hat der Reichskanzler dem Reichspräſidenten Vortrag über die politiſche Lage gehalten. Man darf wohl annehmen, daß bei dieſem Anlaß beſtimmte Pläne für das Vorgehen der Reichsregiereung beſpro⸗ chen worden ſind. Es heißt, Schleicher habe außerordentliche Vollmachten bekommen. Nach welcher Richtung, iſt allerdings nicht bekannt. Jedenfalls drängt die Lage jetzt der Klärung zu. zwiſchen Wenigſtens hat man von Zurzeit weilt auch Gregor Straſſer wieder in Berlin. Um die Frage einer etwa⸗ igen Hereinnahme Gregor Straſſers in die Regierung iſt es übrigens merkwürdig ſtill geworden. Andererſeits iſt es nicht ausge⸗ ſchloſſen, daß es zu einer Ausſprache zwiſchen Adolf Hitler und Gregor Straſſer kommt, mit dem Ergebnis, daß der Konflikt in einer die NSDAP. nicht belaſtenden Weiſe beigelegt wird. 9ozialdemolratiſcher Appell an die Kommuniſten Im Anſchluß an einen Aufruf zu einer ſozialdemokratiſchen Maſſenkundge⸗ bung am Sonntag, 29. Januar ſchreibt der„Vorwärts“ an die Adreſſe der Kommuniſten u. a. folgendes:„Kann die KPD. auch nach dem 22. Januar, an dem ſie den wirklichen Feind der Arbeiterklaſſe, der faſchiſtiſchen Reaktion, ins Auge geſehen hat, noch immer wie bisher in der Sozialdemp⸗ kratiſchen Partei ihren Hauptfeind erblicken? Einigkeit tut not! Einigkeit, nicht Ein⸗ heitsfronkmanöver! Wir demonſtrieren am nächſten Sonnkag für die Einigkeit der Arbeiterklaſſe im Kampf gegen die Reaktion. Klaſſenkampf! nicht Bruder⸗ kampf! Prolekarier Deulſchlands ver- einigt Euch!“ Appell iſt innerpolitiſch natürlich ſehr bemerkenswert. Auch wenn er nicht zu einem taktiſchen Zuſammengehen der So⸗ zialdemokraten und Kommuniſten führen ſollte, bleibt er bei der ohnedies ſchon höchſt geſpannten innerpolitiſchen Lage höchſt be— deutungsvoll. 5 giedlungsausſchuß des Reichstags Juſammenſtoß zwiſchen Nalionalſozialiſten und Sozialdemokralen. i Berlin, 24. Januar. Im Reichstagsausſchuß für landwirtſchaftliches Siedlungs⸗ weſen kam es am Montag zu Beginn der Sitzung zu ſcharfen Auseinanderſetzungen Nationalſozialiſten und Sozialdemokraten. die nationalſo⸗ zialiſtiſchen Ausſchußmitglieder wandten ſich entſchieden gegen die Berichterſtattung, die über die letzten Ausſchußſitzungen in ſozigl⸗ demokratiſchen Zeitungen enthalten ſei. Es ſei dort von Volksbetrügereien der National— ſozialiſten im Ausſchuß geſprochen worden. Wenn dieſe Ark unwahrer Berichkerſtak— tung nicht aufhöre, würden die Nalio⸗ nalſozialiſten unker Umſtänden auch mit Brachialgewalt antworten. Sozialdemo⸗ kratiſche Ausſchußmikglieder nahmen ſcharf gegen dieſe Drohung skellung. Der Ausſchußvorſitzende, Abg. Schulze⸗ Stapen(Deutſchnat.) bat die Parteien, ſich im Ausſchuß eines Verkehrstones zu beflei— ßigen, der eine ſachliche Weiterar⸗ beit ermögliche. Eigenheime und Werlkswohnungen Der Siedlungsausſchuß befaßte ſich ſodann mit einem ſozialdemokratiſchen Antrag, der die Reichsregierung erſucht, die Rückzahlung der Darlehensraten aus der wertſchaffenden Arbeitsloſenfürſorge zur Er⸗ richtung von Land- und Forſtarbeiterheimen auf 50 Jahre zu verteilen, die Hälfte der am 15. November vorigen Jahres fällig ge⸗ weſenen Rickzahlungsraten zu erlaſſen und die bis dahin rückſtändigen Raten bis zum Ablauf der Rückzahlungsfriſt zu ſtun⸗ den. In einer längeren Ausſprache über den Antrag bat ein Regierungsvertreter, von der Friſtverlängerung auf 50 Jahre abzuſe⸗ hen und zunächſt einmal Maßnahmen für die nächſten Jahre zu treffen, da die künf— tige Entwicklung noch nicht vorauszuſehen ſei. Er teilte weiter mit, daß zur Ablöſung der ausländiſchen Landarbeiter und zur Be⸗ kämpfung der Landflucht vom Reich und von den Ländern im erheblichen Ausmaß der Werkwohnungsbau und der Bau von Eigen— heimen für Landarbeiter gefördert worden ſei. Seit Ende der Inflation häkken Reich und Länder für dieſe Zwecke Darlehen in Höhe von 275 Millionen Mark gege- ben. Seit 1921 ſeien 41 000 Eigenheime und 26000 Werkswohnungen gebaut worden. Die Beſitzer von Eigenheimen ſeien den Tilgungsverpflichtungen bis zum Beginn der Kriſe pünkklich nach⸗ gekommen, auch nach der Kriſe ſeien die Tilgungsratken noch zum größten Teil eingegangen. Schließlich wurde der ſozialdemokratiſch⸗ Antrag gegen Zentrum, Bayeriſche Volks⸗ partei, Volksdienſt und Deutſchnationale an⸗ enommen und durch Annahme weiterer Anträge ergänzt. Kouflitt in Wegen der Finanzvorlage der Regierung Paris, 24. Januar. Bekanntlich hat die franzöſiſche Regierung dem Parlament einen umfaſſenden Plan zur Sanierung des Staatshaushalts zu⸗ gehen laſſen. Der Plan ſieht vor, durch Steu⸗ er⸗Erhöhungen und Droſſelung der Ausgaben(Kürzung der Beamtengehäl⸗ ter) das Defizit von 12 Mi lliarden Franken zu decken. Zunächſt hat ſich der Finanzausſchuß der Abgeordne⸗ tenkammer mit der Vorlage befaßt. Gegenüber dem Regierungsvorſchlag werden ſtarke Streichungen vorgenom⸗ men, ſo daß weſenklich geringere Mehr- einnahmen erzielt worden ſind als ur⸗ ſprünglich beabſichtigt war. Wegen der radikalen Aenderungen, die am Reglerunasproaramm vorgenommen wur- den, rechnet man in parlamentariſchen Krei⸗ ſen damit, daß der Finanzminiſter vom Aus⸗ ſchuß eine zweite Leſung verlangt, um nach Möglichkeit wenigſtens einen Teil ſei⸗ ner Vorſchläge in der urſprünglichen Form zur Annahme zu bringen. Man iſt ferner der Ueberzeugung, daß das zweite Haus⸗ haltszwölftel, das bis ſpäteſtens am 31. Ja⸗ nuar von beiden Häuſern verabſchiedet ſein muß, dem erſten Zwölftel ähneln und, wenn überhaupt, ſo nur einen ganz geringen Teil der ge⸗ forderten Sparmaßnahmen enkhalken wird. Bei der Beratung der einzelnen Artikel hat ſich der ſozialiſtiſche Standpunkt zum größten Teil durchgeſetzt. 5 In kurzen Worten: Der Reichspräſident empfing am Montag den Reichskanzler von Schleicher zum Vor⸗ trag über die politiſche Lage. Der Reichstagsausſchuß für das landwirt⸗ ſchaftliche Siedlungsweſen beſchäftigte ſich am Montag mit einem Antrag über die Vertei⸗ lung der Rückzahlung der Darlehenszahlung aus der wertſchaffenden Arbeitsloſenfürſorge zur Errichtung von Land- und Forſtarbeiter⸗ heimen. Der„Vorwärts“ richtet an die Kommuniſten einen Appell zur Zuſammenarbeit mit den Sozialdemokraten. Bei Zuſammenſtößen mit der Polizei in Köln im Anſchluß an kommuniſtiſche Demon⸗ ſtrationen gab es drei Tote. Aus verſchiedenen Teilen des Reiches und aus dem Auslande kommen Meldungen über große Kälte. Eis⸗ und Schneeſtürme haben Verkehrsſchwierigkeiten hervorgerufen. Der Völkerbundsausſchuß für den japaniſch⸗ chmneſiſchen Konflikt iſt in die Erörterung de abſchließenden Berichtes eingetreten. Der Aus⸗ ſchuß ſetzte einen neungliedrigen Redaktions⸗ ausſchuß ein, der einen Vorſchlag für den Bericht ausarbeiten ſoll. n e Regierung gegen Ausſchußz Jer franzöſiſche Miniſterrat trat am Montag unter dem Vorſitz des Staatspräſi⸗ denten zuſammen. U. a. erſtattete der Fi⸗ namzininiſter Cheron Bericht über den Skand der Beratungen des Finanzausſchuſ— ſes. Cheron erhielt den Auftrag, die Regie— rungsvorlage ſowohl vor der Kammer als auch vor dem Senat zu verteidigen. Das bedeutet, daß die Regierung ſich die Beſchlüſſe des Finanzausſchuſſes nicht zu eigen zu machen gedenkt, ſondern über ſie hinweggehl. Die latenten Meinungs- verſchiedenheiten zwiſchen der Regie. rung und dem Finanzausſchuß dürften alſo zu Beginn der Ausſprache gleich in einen akuten Juſtand übergehen. Die große Kammerausſprache über den Haushaltsplan iſt für Donnerstag zu erwarten. Völkerbund in Verlegenheit Der Mandſchurei-Ausſchuß ſetzt einen Anker⸗ ausſchuß ein. Genf, 24. Januar. Der Völkerbundsausſchuß zur Beilegung des Mandſchurei-Kon⸗ flikts hat am Montag, nachdem ſeine Ver⸗ mittlungsaktion im japaniſch⸗chineſiſchen Konflikt, die er auf Grund des Völkerbunds⸗ paktes unternommen hatte, geſcheitert iſt, mit der Vorbereitung des Schlußberich— tes an die außerordentliche Völkerbundsver— ſammlung begonnen. Das Völkerbundsſekre— tariat hatte einen Entwurf ausgearbeitet, der aber vom Ausſchuß als Diskuſſions⸗ grundlage nicht angenommen wurde. Man beſchloß, einen Unkerausſchuß einzu⸗ ſetzen, der zunächſt den Entwurf des allge· meinen Teiles des Berichtes ausarbeiten ſoll. Dem Ankerausſchuß gehören an: England, Jrankreich, Italien, Deutſchland, Spanien, Belgien, Schweden, die Tſchechoflowakei und die Schweiz. Wenn ein Ausſchuß nicht mehr weiter kann. ſett er einfach— einen neuen Nis ſchuß ein. Das iſt zwar vequem, ſchafft aber den Mandſchurei⸗Konflikt nicht aus der Welt! 5 Kein Vombenanſchlag in der Mandſchurei Tokio, 24. Januar. Dem japaniſchen Außenminiſter ging ein Telegramm des japaniſchen Sondergeſandten in Tſchangtſchun zu, in dem dieſer er⸗ klärt, daß die Nachrichten über einen An⸗ ſchlag auf ſeine Perſon oder auf den man⸗ dſchuriſchen Minſſterpräſidenten nicht den Tatſachen entfz rächen. Auruhen mit Todesopfern Kommuniſtiſche Ausſchreitungen. Köln, 24. Januar. Wie die Polizei mitteilt, mußte ſie mehr⸗ fc gegen kommuniſtiſche Kundgeber ein⸗ chreiten. Die Beamten wurden hierbei mit Steinen, Briketts uſw. beworfen, und tätlich angegriffen. Auf beſonders heftigen Wider⸗ ſtand ſtießen die Beamten in Köln⸗Eh⸗ renfeld, wo ſich etwa 800 Perſonen an⸗ geſammelt hatten. Zur Abwehr der Angriffe waren die Beamten gezwungen, von ihrer Schußwaffe Gebrauch zu machen, wobei zwei kommuniſtiſche Perſonen erheblich und zwei weitere leicht verletzt wurden. Mehrere Polizeibeamte wurden leicht verletzt. Bei den Demonſtrationen wurden im gan- zen acht Teilnehmer verletzt. Drei von ihnen ſind ihren ſchweren Verletzungen erlegen. Bei den Toten handelt es ſich um einen 20⸗ jährigenSchleifer, der durch einen Bauch⸗ ſchuß getötet wurde. Er war Heſterreicher und lebte bei ſeinen Eltern in Düſſeldorf. Der zweite durch einen Lungenſchuß tödlich Verletzte iſt ein 30 jähriger Schuhmacher. Beide hatten ſich bei einem kommuniſtiſchen Demonſtrationszug, der von der Polizei auf⸗ gelöſt werden mußte, als Rädelsführer be⸗ tätigt. Der dritte Tote, ein 27 Jahre alter Arbeiter, hatte Polizeibeamte tätlich ange— griffen. Der Regierungspräſident von Köln hat alle Aufzüge und Verſammlungen unter freiem Himmel über das Gebiet der Stadt Köln und des Landkreiſes Köln bis auf wei⸗ teres verboken. * Bilanz des Demonſtrationsſonntags Berlin, 24. Januat. Der Polizeipräſident teilt mit: Die Horſt Weſſel⸗Feier der NSDAP. auf dem Nikolai⸗Friedhof, wie das Auftreten auf dem Bülowplatz, iſt ohne jeden Zwi⸗ ſchenfall verlaufen. Die geſamte Teilnehmer⸗ zahl, die ſich am Bülowplatz bereitgeſtellt hatte, betrug ſchätzungsweiſe 16000 Mann. An der Feier auf dem Friedhof nahmen 500 Mann in Uniform und 300 Ziviliſten teil. Der Rückmarſch der NSDAP. begann um 15 Uhr. Um 17 Uhr war der Bülowplatz geräumt. Sämtliche Züge haben ohne nen⸗ nenswerte Zwiſchenfälle ihre Auflöſungsbe⸗ zirke erreicht. Im übrigen kam es in einzel⸗ nen Stadtteilen zu kommuniſtiſchen Demon⸗ ſtrationsverſuchen und einer Reihe von Ueberfällen auf einzelne Perſonen. Wie die Preſſeſtelle des Berliner Polizeipräſidiums abſchließend mitteilt, wurden am Sonntag in Berlin insgeſamt 118 Perſonen feſtgenommen, davon 108 Kommuniſten, während die reſt⸗ lichen zehn Nationalſozialiſten und Angehö⸗ rige anderer Parteien waren. Das a arkei„Die Role e“ kündigt in einer 1 gabe für Migwoc 9005 Maſſende⸗ monſtrakion auf dem Bülowplatz an. Franzöliſche Lügenmeldung Paris, 24. Januar. Im Zuſammenhang mit den Vorfällen an⸗ läßlich der nationalſozialiſtiſchen Kundge⸗ bung in Berlin am Sonntag gibt der Ber⸗ liner Sonderberichterſtatter des„Paris Soir“ ſeinem Blatt eine ſenſationell lieber. machte Meldung, in der unter der Ueber⸗ ſchrift„blutige Schlägereien in Berlin“ von Hunderten von Verletzten und über zehn Toten die Rede iſt. Der Berichterſtatter des Blattes hat ſeiner Phankaſie in einer Weiſe freien Lauf gelaſ⸗ ſen, daß man ſich bei der Lektüre des Berich⸗ kes in die ruſſiſchen Revolutionsjahre ver ſetzt ſieht. Barrikadenkämpfe wechſeln mit Skurmangriffen auf das Karl Liebknechthaus ab, aus dem abwechſelnd die Polizei von den Kommuniſten, und die gommuniſten von der Polizei vertrieben werden. Der Putſch in Brünn Amſturzverſuch kſchechiſcher Jaſchiſten. Prag, 24. Januar. Ueber den Umſturzverſuch in Brünn wird noch mitgeteilt, daß die Faſchiſten tat⸗ ſächlich zwei Stunden Herren der Lage wa⸗ ren und daß der Putſch erſt nach dem Ein⸗ ſatz von Polizeikräften mit Maſchinen⸗ gewehren unterdrückt werden konnte. Die Faſchiſten waren bekanntlich in die Kaſerne des 43. Infanterie⸗-Regiments eingedrungen. Bevor der Poſten der Kaſernenwache einen Schreckſchuß abgeben konnte, erhielt er be⸗ reits einen Revolverſchuß in den Arm. Seine Hilferufe weckten einen Zugführer und einen Fähnrich, die die Wache alarmieren wollten. Inzwiſchen waren die Angreifer jedoch in das Wachzimmer eingedrungen. Die Solda⸗ ten ſprangen aus den Fenſtern, um Hilfe zu holen. Sie eilten zu einem Gaſthaus, um von dort zu telefonieren. Die Faſchiſten hat⸗ ten jedoch ſämtliche Telefondrähte durch⸗ ſchnitten. Die Soldaten trafen ſchließlich drei Poliziſten, die ſofort gegen die Kaſerne vor⸗ dei wo ſie mit Schüſſen empfangen wur⸗ en. Bald darauf kraf eine Polizeiabteilung in Stärke von 250 Mann ein, ausgerüſtet mit Gewehren und zwei leichken Maſchinenge⸗ wehren. Das Kaſernentkor wurde nun unker konzentriſches Feuer genommen, während gleichzeitig ein Teil der Poliziſten vordrang. Inzwiſchen war es auch im Innern der Ka- ſerne zu einem Feuergefecht zwiſchen der alarmierten Bereitſchaft, der Unteroffizier⸗ ſchule und den Angreifern gekommen Ein Jaſchiſt erhielt einen Kopfſchuß, worauf ein Teil ſeiner Kameraden durch das rückwärtige Kaſernenkor aufs freie Feld flüchtete. Als die zurückgebliebenen Faſchiſten ſahen, daß jeder Widerſtand nutzlos ſein würde, warfen ſie die Waffen weg und ergaben ſich. 27 ſſche⸗ chiſche Faſchiſten wurden feſtgenommen. In⸗ zwiſchen war in Brünn die geſamte Garni⸗ ſon alarmiert worden. Der in den Kopf getroffene Faſchiſt ſtarb nach der Einlieferung ins Krankenhaus. Der zmeite Faſchiſt wurde lohensgefährlich ver⸗ Nee Keen der Kommuniſtiſchen f 1 5 1 e letzt. Der Führer der 3 je General Gaf da 0 7571 ö 1 70 9 6 100 gaftet und unter ſtarker Bewacung nac Brünn oebracht worden. Der Urheber 10 Aktion, Reſerveoberleutnant Ko zinet, ein Gutspächter, iſt geflohen und konnte noch nicht feſtgenommen werden. Deutſche Tugesſchan Nur ein Börſenmanöver. Eine Börſenkorreſpondenz hat trotz mehr— facher Dementis erneut gemeldet, das Reich beabſichtige, ſeinen Beſitz an Gelſenkirchen⸗ Aktien zu veräußern. An zuſtändiger Stelle wird erklärt, daß die in der Mel⸗ dung genannten beiden Firmen, nämlich die JG. Farbeninduſtrie AG. und Rheiniſche Stahlwerke AG. keinerlei Kaufangebot gemacht hätten. Es liege auch keine Ver⸗ kaufsabſicht des Reiches vor. Die Tatſache, daß derartige Meldungen immer wieder ver⸗ breitet würden, laſſe ganz offenkundig auf Börſenmanöver ſchließen. Aus der NSDAP. ausgeſchloſſen. Wie der SA.⸗Führer Hofmann in Nürnberg mitteilt, hat er„als außer⸗ ordentlicher Kommiſſar zur Herſtellung von Zucht und Ordnung der SA. in Mittelfran⸗ len“ folgende Mitglieder aus der Partei aus- geſchloſſen: Standartenführer Murr, Stſ. Wölfel, Stf. Söldner, Stf. Dingfelder, Stf. Kehrberger. Auslands⸗Nundſchau Blutiger Wahlkampf in Irland. Zu einem ſchweren politiſchen Zuſammen⸗ ſtoß kam es während einer Verſammlung der iriſchen Cosgrave⸗Partei in Tralee. 50 Perſonen wurden verletzt und mußten ins Krankenhaus gebracht werden. Die Ver⸗ ſammlung, in der Cosgrave ſprach, wurde von Anfang an durch eine Gruppe von etwa 500 Republikanern geſtört, die ſich in der Nähe der Tribüne angeſammelt hatten. Bald war ein wildes Handgemenge im Gange, bei dem auf beiden Seiten außer Steinen auch Eiſenſtangen, Stöcke und andere Waf⸗ fen benutzt wurden. Die Anhänger de Va⸗ leras warfen ſchließlich mit großen Pflaſter⸗ ſteinen, die ſie von einer in der Nähe befind⸗ lichen Straßenbauſtelle holten. Bald lagen mehrere Perſonen blutend am Boden und Ne von Sanitätern weggetragen wer⸗ en. Eine Schlacht im Gran Chaco. Wie aus La Paz Golivien) gemeldet wird, wird bei Manava die größte Schlacht zwiſchen den paraguayaniſchen und bolivia⸗ niſchen Truppen ſeit Ausbruch der Kämpfe im Gran Chaco ausgefochten. Die beiderſei⸗ tigen Verluſte werden jetzt auf rund 2000 Tote und Verwundete geſchätzt. Nach einem erſten erfolgreichen Angriff der boliviani⸗ ſchen Truppen haben die Paraguayaner zu einem Gegenangriff angeſetzt. Die Bolivia⸗ ner ſind infolge der Luftwaffe ſtark überle⸗ gen. Die bolivianiſche Regierung keilt mit, daß ſie jeden Friedensvorſchlag zur Beile⸗ gung der Streitigkeiten annehmen werde. Bolivien ſtelle jedoch die Bedingung, daß ihm ein freier und unbeſchränkter Zugang zum Fluß Paraguay gewährt wird. Evchen— aus dem Armenviertel Roman von Käthe Hübner-Wehn Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) 18 Eine Viertelſtunde ſpäter ſtanden Eva und ihre Mutter vor den Gärtnerseheleuten. Die beiden erſchienen um Jahre gealtert, ſo hatten der Schreck und die Sorge um den einzigen, vergötterten Sohn ſie angegriffen. Der Vater hielt Eva nun ein zerknittertes, tränennaſſes Telegramm entgegen. Das Mädchen nahm es ſchweigend, mit zuſammengepreßten Lippen, an ſich. Gemeinſam mit der Mutter, die ſich über ihre Schulter beugte, laſen ſie: „Ihr Sohn mit dem Motorrad auf der Durchreiſe durch unſere Stadt an einer Straßenkreuzung ſchwer verunglückt. Sofortiges Kommen erforderlich. Der Ver— letzte verlangt dringend nach einer Ev. Wäre für den Zuſtand des Kranken zweckmäßig, wenn letztere mit— käme. Krankenhausverwaltung der Stadt X. „Ja, aber wie kommt denn Ferdi nur nach.?“, rief Eva, und nannte den Namen eines kleinen alten Städt— chens an der Bergſtraße. „Wir können uns das auch nicht erklären“, ſagte Vater Meininger, und ſay ſich beſorgt nach ſeiner Frau um, die leiſe weinend auf die Ofenbank geſunken war.„Ferdi iſt geſtern bald nach vier Uhr— es mag auch ſchon gegen fünf Uhr nachmittags geweſen ſein, mit ſchneeweißem Ge— ſicht und furchtbar aufgeregt nach Hauſe gekommen und hat, ohne ein Wort zu ſagen, ſein Motorrad aus dem Schuppen geholt. Ich wollte, da ich gerade an ihm vorbei⸗ ging, ihn feſthalten und wiſſen, was ihn denn ſo außer Rand und Band gebracht habe. Er aber machte ſich los, ſah mich aus ganz verſtörten Augen an, dabei heftig den Kopf ſchüttelnd, als wolle er ſagen: Es hat keinen Zweck, Vater, ich kann mit dir darüber nicht ſprechen.“ Ohne ein Wort des Abſchieds iſt er eiligſt zum Hofe hinausgefahren. Die ganze Nacht haben wir vergeblich voller Sorgen und Bangen auf ihn gewartet. Als endlich der Morgen an⸗ brach, ohne daß unſer Sohn nach Hauſe gekommen wäre, da wußten wir, daß ihm etwas zugeſtoßen ſei, auch wenn das Telegramm vorhin nicht gekommen wäre.“ Ein bedrücktes, kummervolles Schweigen herrſchte in dem Zimmer, das in ſeiner freundlichen, altväterlichen Behaglichkeit nur dazu geeignet ſchien, frohe, ſorgloſe Stunden erleben zu laſſen. Vater Meininger riß ſich zu⸗ erſt wieder aus ſeiner ſchmerzensvollen Verſunkenheit auf: „Wir fahren natürlich mit dem nächſten Zuge, der in zwei Stunden geht, zu ihm. Du mußt mitkommen, Ev, denn er verlangt doch nach dir! Du kannſt dich ja telepho⸗ niſch bei dem Konſul wegen deines Fernbleibens entſchul⸗ digen.“ Vater Meininger ſah plötzlich ſchärfer auf Eva und machte unwillkürlich eine Bewegung, als wolle er ſie auf⸗ fangen, denn er hatte bemerkt, daß ſie wie erſchauernd die Augen ſchloß und leicht wankte. Doch ſie hatte ſich ſchon wieder in der Gewalt und richtete ſich ſtraff empor: „Natürlich komme ich mit. Ich werde gleich gehen und mich fertig machen. An der Bahn treffen wir uns dann.“ So zermürbt, ſo tonlos waren dieſe Worte geſprochen, daß Vater Meininger ein Verdacht kam. Obwohl er ihn ſofort verwarf, formten doch ſeine Lippen die Worte: „Hatteſt du vielleicht gar Streit mit Ferdi? Mir fällt eben ein, daß er ja des Nachmittags um vier Uhr immer zu dir ging, Ev.“ Es wurde plötzlich ſo ſtill im Zimmer, daß man eine Stecknadel hätte zu Boden fallen hören. Es war, als hielte jeder der Anweſenden plötzlich den Atem an. Mutter Meininger, die immer noch zuſammengeſunken auf der Ofenbank ſaß, nahm die Hände vom Geſicht und richtete ſich ſtraff auf. Ihre vom Weinen geröteten Augen ſtarrten unverwandt nach dem Mädchen. Und Eva mußte gerade hineinſehen in dieſe Augen; es ſchien ihr, als komme etwas Furchterweckendes, Drohendes aus ihnen auf ſie zu. Oder war es nur banges, zitterndes Erwarten, was ſich unter dem Schleier der Tränen hervordrängte? Eva fühlte einen Schauer den Nacken entlang rieſeln; eine den Atem beklemmende Angſt preßte ihr ſekundenlang das Herz zuſammen. Angſt mit ſich ſelbſt, mit dem ſchmerz⸗ gebeugten Ehepaar... Sie wußte in dieſem Augenblick, daß ein Ja von ihren Lippen auf des Mannes Frage gleich einer Kataſtrophe wirken würde. Sie wußte: die beiden hätten ihr nie und nimmer vergeben, wenn ſie ihnen jetzt ſagen würde:„Ich bin ſchuld, daß Ferdi fort iſt und dabei verunglückte, denn ich habe ihn von mir geſtoßen...“ Nicht eine Minute länger hätten die Meiningers ſie hier geduldet; mit ihrem Hunde hätten ſie ſie vielleicht vom Hofe gehetzt. Aber ſie hätte auch das auf ſich genom⸗ men, wenn nur der arme Jugendfreund nicht geweſen wäre, der in ſeinem Unglück nach ihr verlangte. Und ihm, der vielleicht ſchon ein Sterbender war, ſeinen heißen Wunſch zu erfüllen, das ſchien ihr jetzt wichtiger als alles andere. Es erſchien ihr, als ob es eine vom Schickſal ge⸗ fügte Sühne ſei für das Leid, das ſie ihm angetan. Eine Lüge iſt hier wohltäliger, als die Wahrheit, dachte ſie. Später, wenn alles wieder gut und Ferdinand geſund ge⸗ 1 iſt, dann kann ich ja immer noch die Wahrheſ agen. 8 Ihr Blick ſuchte in ernſter, dringender Mahnung der Mutter, die blaß und zitternd neben ihr ſtand, und blonde Haupt feſt in den Nacken legend, ſagte Eva feſter Stimme: „Ferdi war wohl bei mir, aber gezankt haben w' une in keiner Weiſe, Er iſt⸗ ieh wieder fort, da er etwas zu erledigen hate wie„ mir ſagte. Kann ſein, daß er unterwegs einen Verdruß hatte, von dem wir nichts wiſſen. Aber ich will mich jetzt beeilen, damit wir den Zug auch noch erreichen.“ 0 Was war das für eine ſchreckliche Fahrt! Nie würde Eva ſie vergeſſen! Ihr gegenüber, zitternd ineinander⸗ geſchmiegt, ſaß das Ehepaar. Ihr ſtoßweiſes, unterdrücktes Schluchzen, ihr ſcheues Stammeln und Flüſtern:„Ob er wohl noch lebt, bis wir kommen? Allmächtiger Gott, tue uns nur das nicht an! Laß uns unſeren Buben! Nimm alles, was wir haben, nur ihn laß uns!“(Fortſ. folgt.) 5 * 9 des Stimmengewirr vernommen hätte, das aus der Hütte Schneeſturm hierher getrieben hatte, klopfte er, da die Tür von Am Hochtorpaß hatte Peter kaum die Ski angeſchnallt, als ihn auch ſchon ein Schneeſturm überfiel, deſſen feine Eisnadeln ihm die Augen beizten. Von Minute zu Minute nahm er zu Der Sturmwind donnerte in den Felſen und legte ſilbrige Windwehen über den verharſchien Schnee. Manchmal nur ſah er, da es ſchnell einnachtete, in der Tiefe rote Fünkchen, Lichter wie von unendlich fernen Wohnſtätten. In raſender Fahrt paſſierte Peter die Scharnalp und kam wie im Flug an einem kleinen Stall vorbei, der von der Wind⸗ ſeite her völlig eingeſchneit war, während an der dem Winde abgekehrten Seite zwei Schneewehen das Haus umfaßten, doch den Weg zum Stalleingang frei ließen. Peter hielt an. Noch halb iaub von dem Sturm, war es ihm, als ob er ein brauſen⸗ drang. In der Meinung, eine Skigeſellſchaft zu treſſen, die der innen verriegelt war, laut an die Balken und begehrte Einlaß, denn auch ihm ſchien es rätlich, lieber auf der Scharnalp zu übernachten, als den höchſt unſicheren und gefährlichen Weg bei hereinbrechender Nacht nach St. Martin zu wählen. Kaum hatte Peter an das Tor geklopft, als auf ein Zeichen von innen das laute Stimmengewirr plötzlich verſtummte. Nach mehrmaligem Klopfen wurde plötzlich die Tür mit Wucht gufgeſtoßen, ſo daß Peter kaum Zeit hatte, zurückzuweichen, und in Augenhöhe drohten ihm vier Gewehrläufe entgegen. Er ſchaute ruhig in die Flinten hinein, wußte ſofort, wen er vor ſich hatte, und beruhigte die Schmuggler, daß er nur Obdach begehre und ein wenig Raum, um abkochen zu können Lang⸗ fan und widerwillig traten ſie zurück, ſenkten die Gewehre und ließen ihn herein. Man fragte Peter, wer er wäre, woher er läme und wohin er wolle. Nur einer ſchien des Deutſchen gut mächtig zu ſein. Die übrigen ſprachen ein ſtark dialektiſch gefärbtes Italieniſch. Man wies Peter in der Ecke einen feinen Raum an und beläſtigte ihn keineswegs. An der er⸗ koſchenen Feuerſtätte zündete er wieder an, kochte ſich eine Suppe und warf hier und da einen Blick auf die rußigen Männer, die ſeit ſeiner Ankunft nur noch gedämpft ſich unter⸗ lelten. 0 Peter zählte vierundzwanzig Männer, faſt alle bewaffnet. Als er nach ungefähr anderthalb Stunden auf die Tür zutrat, um nach dem Wetter zu ſehen, verwehrte man ihm den Weg und bekundete, daß das Wetter noch ſchlechter geworden ſei. Er ergab ſich und richtete ſich in ſeiner Ecle ein notdürſtiges Vager ein auf getrocknetem Miſt und altem Heu, das genügend erlag. 5 9 mochte ungefähr drei Stunden geſchlafen haben, als er durch empfindliche Kälte wach wurde. Ex öffnete. Taſchenlaterne und ſah ſich in dem Stalle völlig allein. 15 Schmuggler hatten mit ihrer Konterbande die Hütte verlaſſen, die Tür ſtand weit offen. Der Sturm, der ſich gedreht, hatte eine breite Fahne Pulverſchnee in die Hütte hineingeſagt. Draußen tobte der Schneeſturm weiter. Erſt nach längerem Schneeſchaaufeln gelang es ihm, die Tür wieder zu ſchließen. Er entzündete von neuem, diesmal ein größeres Feuer, und wachte den Morgen heran, zu erregt, um noch einmal Schlaf inden zu können. Wiederholt nahm während der Nacht das Heulen des Sturmes den Klang menſchlicher Stimmen an. Zuweilen ſchien es, als ob in langen Klagetönen ein Ver⸗ unglückter um Hilfe rief. Zuweilen, als ob mehrere Menſchen ihre Stimmen durch die hohle Hand erſchallen ließen, um Notzeichen zu geben. Deutlich aber tönten durch den Sturm hindurch zwei Schüſſe, denen ſpäter ein einzelner folgte. N Es mochte vielleicht fünf Uhr morgens ſein. Peters Uhr war ſtehengeblieben, da er während der Wanderung ver⸗ ſeſſen hatte, ſie aufzuziehen. Da klangen an die Tür plötzlich 15 e Er verhielt ſich ſtill und antwortete vorläufig nicht. Da aber der Feuerſchein von außen ſichtbar war, entſchloß er ſich auf wiederholtes Pochen, die Tür zu Aſnen. 22 Nc ee eg e ee, re Vor Peter ſtand ein großer, ſchwarzbärtiger Menſch mit geſchwärztem Geſicht, der eine große Laſt auf dem Rücken hielt. Vom Schein des Feuers geblendet, vermochte Peter anſangs nichts zu erkennen; er trat zurück und ſagte auf deuiſch:„Treten Sie ruhig ein!“ Und herein trat der Schwarzbärtige, der einen Perunglück⸗ ten, oſſenbar einen Bewußtloſen, auf dem Rücken trug. Peter ſchloß die Tür, und der Schwarze ſah ſich im Raum um, wo er ſeine lebendige Laſt niederlegen konnte. Peter griff zu, um ihm behilflich zu ſein. Mit einem drohenden Blick und einer groben Ellbogen⸗ bewegung wehrte dieſer ab, hob den Bewußt⸗ loſen vorſichtig von ſeinem Rücken herunter und ließ ihn in das Heu gleiten. Peter ſtellie in der Aufregung wohl ein Dutzend Fragen, ohne eine einzige Antwort zu bekommen. Was geſchehen ſei? Ob der Unglückliche einen Schuß habe, da er Schießen gehört haue? Ob er ab⸗ geſtürzt ſei? Woher die Männer kämen? Ob er Hilſe holen oder ihnen von ſeinem Verbands⸗ zeug geben ſolle? Er wäre beren, ihnen Kaffee zu kochen. Er hätte auch genügend Nahrungs⸗ mittel bei ſich, da er für ſeine Skitour für mehrere Tage vorgeſorgt hätte. Auf alle dieſe Fragen, die er in großen Zwiſchenräumen ftellte, erhielt Peter, wie ſchon geſagt, keinerlei Antwort. Eingefangen in den Zwang dieſer Situatſon, im tiefſten beunruhigt, beobachtete er den finſteren und miß⸗ trauiſchen Schwarzen und er ihn. Peter bot ſeine Hilfe an, den Verunglückten zu enttkleiden. Wieder wurde er mit einem drohenden Blick und einem knurrenden Laut zurückgeſchreckt. Der finſtere Mann machte alles allein, bettete den Bewußtloſen, ſo gut es ging, ſah ihm viertelſtundenlang ins Geſicht, horchte an ſeiner Bruft und an ſeinem Munde, ergriff manchmal die ſchwere, riſſige Hand des Unglücklichen, die totenbleich dalag, und rieb ſie zwiſchen den Tatzen. Manchmal räuſperte er ſich. Aus dem ſchweren Rock aus Lammfell nahm der Schwarzbärtige die Stücke einer Flinte hervor, Schaft und Lauf, und ſetzte ſie mit einem geübten Griff zuſammen Dann lud er das Gewehr und ſtellte es neben die Tür. Stundenlang ſtarrte er dann in die langſam verlöſchende Glut. Der Tag war angebrochen. Durch die Riſſe der Hütte kam ein kleiner Lichtſchein. Peter bereitete ſich einen Kaffee, öffnete eine Konſerve und aß— Gleichgültigkeit heuchelnd. Er bot dem Schwarzbärtigen Kaffee und Brot an. Dieſer tat gar nicht, als ob er ein Wort vernommen habe. Peter zündete ſich eine Pfeife an und bot dem Schweigſamen Tabak; auch dies wies er zurück. Dann packte Peier in aller Ruhe ſeinen Ruckſack, brachte ſeine Ski in Ordnung und ſchritt zur Tür. Da ver⸗ ſtellte ihm der Schwarzbärtige, wie die Schmuggler am Tage vorher,“den Weg, bedrohte ihn mit der Waffe und wies ihn in ſeine Ecke. Peter war tatſächlich ein Gefangener, der nichts anderes wagen durfte, als ein paar Schritte in der kleinen Hütte auf und ab zu gehen, allerdings ſtets von den Blicken des Finſteren verfolgt. Was konnte der Mann nur wollen? Peter berauben? Aber dazu hätte es nicht des finſteren Gehabes und derartig um⸗ ſtändlicher Vorbereitungen bedurft, Peters Schätze— Ski, Ruck⸗ ſack, Tourenzeug, ein wenig Proviant— lagen ja ſehr ſichtbar in der Hütte, Peter hätte ſie ihm kampflos überlaſſen. Aber es handelte ſich wohl um den Verwundeten. Vielleicht war der Finſtere ein Räuber, ein Schmuggler, einer von der Bande vom Abend zuvor, und hatte bei der Ausübung ſeines fatalen Gewerbes einen Förſter erſchoſſen und wollte ſich hier verſtecken. Vielleicht kamen bald Gendarmen oder Förſter und fingen mit dem Räuber eine Schießerei an, und Peier durſte dabei ſitzen und zuſehen. Angenehme Ausſichten!——— ö 0 0 Es mochte vielleicht zehn Uhr morgens ſein. Da tat der Bewußtloſe die Augen auf Er rührte ſich nicht. Er ſprach nur durch die geöffneten Lider. nicht bemerkt. Peter rief ihn an:„Euer Freund wacht!“ Er ſtarrte weiter vor ſich hin, und erſt nach längerer Zeit folgte ſein Blick ſeiner weiſenden Hand. Ein Vater kann nicht zärtlicher zu ſeinem verunglückten Sohn ſein, wie der Rieſe ſich um den Hilfloſen bemühte, der zum Reden zu ſchwach war. Unendlich langſam wurden die Lebensgeiſter lebendig. Eine Schußverletzung hatte er keineswegs. Auch ſeine Glieder waren heil. Der Schwarze bewegte ihm Hände und Arme, Füße und Beine, ohne daß ein Schmerzenslaut hörbar wurde. Da kam Peter ein rettender Gedanke. In ſeinem Ruckſack führte er eine Flaſche Kognak mit ſich, von dem er natürlich niemals ohne Not auf der Tour Gebrauch machte, Er ſchraubie die Flaſche auf, kniete ſich neben den Unglücklichen und bol ſie ihm dar. Da ging ein Lächeln über das Geſicht des halb Lebloſen Er griff nach der Flaſche, ſetzte ſie an den Mund und trank ſie in einem Zuge aus Wie leblos ſiel die Hand mit der Flaſche zurück. Der Schwarze hatte ſeinen Gefährten derart ins Heu gebettet und alle ſeine entbehrlichen Kleidungs⸗ ſtücke unter ihn geſchoben, daß der Aermſte ſicherlich warm und gut lag. Und da es bereits nun wieder ans Einnächten ging, der ganze übrige Tag ohne ſedes Wort dahingegangen war, Der Schwarzbärtige hatte es begann Peter von neuem auf beide einzureden. Draußen wütete —. e der Schneeſturm weiter. Peter zog ſeine Brieftaſche hervor, zeigte ihnen Brieſſchaften und Karten, die ſeinen Namen trugen, und fragte ſie, ob ſie jetzt bereit wären, ihm eine Antwort u geben. Der Schwarzbärtige ſah ſich gemüßigt, ſeine Papiere ſehr gründlich zu prüſen und gab ſie ihm zurück. Nachdem er Peter noch längere Zeit auf die Stirn geſehen hatte, erhob er ſich ſchwerfällig, öffnete ſeinen Ruckſack und entnahm ihm die großen Stücke einer Gemſe. Offenbar war das Tier kunſi⸗ gerecht zerlegt worden, damit es gut und unauffällig im Ruck⸗ ſack befördert werden konnte. Dann ſchürte er die Glut und begann am offenen Feuer eine Keule zu braten. Mit unend⸗ licher Sorgfalt drehte er das Stück Fleiſch, das in ſeinem eigenen Safte ſchmorte, bis es gar war, und nahm wiederhole von den Gewürzen, die Peier bei ſich hatte, um das Gerich⸗ ſchmackhaft zu machen. Darauf öffnete er ein im Griff ſeſt⸗ ſtehendes Taſchenmeſſer, ſchnitt ein tüchtiges Stück herunter und reichte es Peter auf der Spitze des Meſſers, ohne ein Wort zu ſagen. Peter packte darauf ſein Kochgeſchirr aus Aluminium aus, holte Meſſer und Gabel, Brot und Butter hervor, und dann begannen alle drei heißhungrig und ſchweigſam zn eſſen. Auch der Kranke bekam ſein Teil und kaute, wenn auch noch ſehr luſtlos, die Stücke, die Peter ihm ſorgſältig zer⸗ lleinert haue. Nach dem Eſſen kochte Peter Tee, für den Schwachen eine kräſtige Suppe, und der Finſtere nahm beren⸗ willig von ſeinem Tabak und ſtopfte ſein ausgebranntes Pfeiflein. Dann fragte Peter abermals, ob ſie ihm nun jetzt nicht ſagen wollten, was geſchehen ſei. Da kam es allmählich zutage. Nein, Schmuggler wären ſit nicht, aber Jäger Und er lachte dazu. Am Scharngrat hätten ſie die Gemſe geſchoſſen, zerlegt und in den Ruckſack gepackt. Der Forſtläufer von St. Martin, der ſich in acht nehmen ſolle, ſei während dieſer Arbeit herckngeſchlichen; heraufzukommen habe der Feigling nicht gewagt. Hinter einem Felſen habe er im Anſchlag gelegen. Zurück hätten ſie nicht gelonm, darum den Weg über den Gletſcher gewählt. Vor ihm ſel plötzlich in einer zugewehten, friſch verſchneiten Spalte ſein Freun verſchwunden Das ſei am Sonntagabend paſſiert. Peter über⸗ legte: Nun wachten ſie ſchon dem Mittwochmorgen entgegen. Er ſelbſi habe ſich in Sicherheit bringen müſſen und, um dem Freunde Hilfe zu bringen, die Dunkelheit abgewartet. Endlich habe er ihn auch gefunden. Tieſ ſei die Gleiſcherſpalte nich geweſen. Er habe an einer Stelle, wo die Spalte ſich hob, gut zu ihm gekonnt. Aber durch den Sturz ſei ſein Fraund be⸗ wußtlos geworden. Man wiſſe freilich nicht, was ſonſt noch los ſei. Ein Wunder, daß er ſich kein Glied erfroren habe. Fast einen Tag habe es gekoſtet, ihn bis hierher zu bringen. Der Forſtläufer ſei ebenfalls über den Gletſcher gekounden. aber er habe die Einbruchsſtelle nicht entdeckt. Der Schnee⸗ furm habe ſchnell wieder ſeden Tritt verweht. Satz für Satz, durch viele Pfeifenzüge unterbrochen, ſtocken d und mii großen Pauſen, war dieſe dürftige Erzählung über die ſchwer beweglichen Lippen gekommen, und da ſie nun einm Geräuſch hinter ſich hörten und ſich umwandten, ſtand der bis dahin Hilfloſe hinter ihnen und verſuchte, nicht ohne Stöhnen, ſein Kreuz aufzurichten. Er ging wankend umher, wie ein Trunkener. „Habt ihr noch von dem Zeug?“ fragte er Peter, auf bie leere Flaſche deutend. Allein Peter mußte bedauernd ver⸗ neinen.„Macht nichts“, ſagte der Alte und reichte Ihm die tlobige Hand, die ſich wie Holz anfühlte. Auch der Schwache klopfte Peter auf die Schulter, und nun lachten ſie alle drei ein hilfloſes Lachen: Peter über die Löſung dieſer furchtbaren Spannung, der Alte über den wiedererſtandenen Freund, und der Jüngere über ſeine belden Beine, die ihn noch nicht recht wieder tragen wollten. „Und wo iſt der Forſtläufer hingeraten?“ fragte Peter. „Meinetwegen unten durch heim“, ſagte der Schwarze mit einer bezeichnenden Geſte. Mit mancherlei Ge ſprächen aus Aben⸗ und Gefahr verging die Nacht. Keiner dachte daran, ſich dem Schlaf hin⸗ zugeben. Auch war zie Kälte derart ſcharf geworden, daß man e gut daran tat, das . Feuer groß zu unter halten. Als der Tag graute, ſtieß nun der Schwarzbärlige die Tür auf, zeigte nach dem Sternhimmel hin, und ſagte: „Es taut auſ“, und er verſuchte, einen 5 g 8 Juchzer in die Berge a 8 a 2* 7 5 1 e 3 zu ſchicken, der ihm 5 A 8 F aber doch uicht ſe V rocht gelang. 2 1 e N 2 . ee ee „Glauben ſollſt du und vertrauen!“ 1 Copyright dy Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) 18. Fortſetzung. Nachdruck verboten. Frau Ruth vertiefte ſich wieder in ihren Roman, und dabei ſtieg doch immer wieder das ſchöne, braune Geſicht des jungen Arztes vor ihr auf. Mein Gott, ſie ſchien ja auf dem beſten Wege zu ſein, ſich ernſtlich zu verlieben! Sollte de endlich hier in den Bergen, gegen die ſie ſich erſt ſo ge⸗ Hräubt, ihr lange erſehntes, wirkliches Erlebnis haben? Ein Erlebnis, das nicht nur aus Tanz und Flirt beſtand, sondern das tief eingriff in ihr Inneres? * 10* Die Damen reckten neugierig die Köpfe. Das Auto brachte ſoeben neue Gäſte. Zwei Herren, die ſich unter⸗ nehmungsluſtig umſahen, ein junges Ehepaar und dann noch eine kleine Geſellſchaft, beſtehend aus einer vornehm ausſehenden, älteren Dame, einer jungen Dame, die, blaß und ſchmal, aber von einer rührenden Schönheit, von der ieren umſorgt wurde. Dazu gehörte noch ein Kind und ein älteres, freundliches Mädchen. Die Damen nahmen von niemandem Notiz. Sie folgten Arm in Arm dem freundlichen Wirt, der ſie in ihre Zimmer hinaufführte. Die ältere Dame ſprach ihm dann noch ihre Befriedigung über die ſchön gelegenen Zimmer aus und machte einige Beſtellungen bezüglich der Verpflegung. Dann verließ der Wirt die Damen. Die jüngere hatte ſich an eines der Fenſter geſetzt und ſah nun hinaus in die weite Schönheit des geſegneten Landes. Ihre großen, dunklen Augen leuchteten in tiefſter Sehnſucht. Sie wandte ſich um. „Tante Maria, hier iſt es einzig ſchön, hier wollen wir lunge bleiben.“ Die alte Dame nickte. „Ja, Dauie, etwas Beſſeres konnte uns Gräfin Lanner wirklich nicht empfehlen. Die Luft iſt würzig und wohl⸗ iuend. Ich denke ſchon jetzt, daß du hier ganz geſund wirſt.“ „Ja, geſund! Endlich geſund an Herz und Seele. Ach. Tune Maria, warum muß man einen Menſchen, der einem ſo unſagbar wehe tun konnte, ſo unausſprechlich lieben trotz allem?“ „Kind, das hat wohl ſchon manches Menſchenkind ge— willſt du ihn nun nicht endlich zurückrufen?“ „Nein, Tante, Maria, es hätte keinen Zweck; ich kann ihm nicht verzeihen!“ Die alte Dame ſchwieg bekümmert. Das Kind, ein Mädelchen von ungefähr vier Jahren, ſaß in einem der Samtſeſſel und ſah mit großen, blauen Augen zu der Mutter hinüber. Es war ein bildſchönes Kind mit dunklen Locken. In dem bräunlichen Geſicht leuchteten die blauen Augen groß und aufmerkſam. Die alte Dame hob das Dingelchen zu ſich empor. Blumen geſehen und die Schafe? Darf Annemarie mit⸗ ſpielen?“ „Ja, mein Liebling, wir gehen dann auf die Wieſen hinüber; es wird ſchon erlaubt ſein. Aber jetzt ſei ſchön artig und gehe mit Frieda hinüber. Du mußt ſchlafen. Die Reiſe war anſtrengend für dich.“ Die Kleine glitt von den Armen der Tante herab. Sie trippelte zu ihrer Mutter, ſchmiegte den Kopf in deren Schoß und bat: „Mutti, lachen! Bitte, bitte, lachen!“ Daniela Brünneck ſah die blauen Augen, wußte, daß das Kind immer wieder aufs neue ſie an die ſeligen Stunden ihrer Liebe erinnern würde und ſchloß er⸗ ſchauernd die Augen. Ihre ſchlanken, weißen Hände ſtrichen zärtlich über das dunkle Lockenhaar des Kindes. „Morgen früh gehen wir auf die Wieſen, und da lacht und ſpielt Mama mit dir. Jetzt ſchläft Annemarie ſchön artig, ja?“ „Ja, Mutti! Kuß geben!“ Daniela beugte ſich zu ihrem Kinde herab und küßte es innig. Nachdem das Kind im Nebenzimmer längſt feſt und ſüß ſchlief, ſaßen die beiden Damen noch auf dem Balkon Das Gexräuſch der luſtig ſchwatzenden Stimmen vor dem Hauſe drang nur ſchwach zu ihnen herauf. Sie ſahen auch niemanden; vor ihnen breiteten ſich nur die blauen Berge, die dunklen Wälder und die ſaftigen Wieſen aus. Daniela bat ſchon jetzt, ſich an niemanden anſchließen zu wollen, ſondern ganz für ſich zu bleiben. 5 Tante Maria ſtimmte zu. Es lag ihr auch nicht, ſich ſchnell an jemanden anzuſchließen; aber zuweilen lernte man doch auch auf Reiſen recht angenehme Menſchen kennen. Daniela war allerdings beinahe menſchenſcheu in den letzten Jahren geworden. So durfte das auch nicht fort⸗ gehen; denn darunter litt ihr Geiſt. Tante Maria aber drängte trotz dieſer Gedanken nicht auf ein geſelligeres Leben. Es war ihr nur faſt unheimlich, daß Daniela, dieſes junge, ſchöne Geſchöpf, dieſes Leben ertrug. Es war ſchon ſehr ſpät, als die beiden Damen endlich auch zur Ruhe gingen. Von unten herauf klang gedämpft luſtiger Geſang. Daniela lag noch lange wach. All ihre Gedanken, ihre Sehnſucht waren bei ihrem Gatten. So alſo war ihre große, heilige Liebe zu Ende gegangen. So! Einmal hatte er verſucht, die Wiederherſtellung ſeiner Ehe zu verlangen; als ſie, Daniela, beim erſten Ruf nicht kam, hatte er ge⸗ ſchwiegen, war vielleicht froh, daß ſie nicht kam. Es mochte bei ihm ein Aufflackern ſeines Pflichtgefühls geweſen ſein, damals, als ſich ihre Unſchuld herausgeſtellt hatte. i Wo mochte er ſein? Vier lange Jahre, ſeit ſie ihn nicht ſah! Und in all dieſen Jahren waren Liebe und Sehnſucht nicht geſtorben. Er aber verſchwendete wahrſcheinlich kaum noch einen Ge⸗ danken an ſie. Er würde längſt Erſatz gefunden haben. Daniela richtete ſich haſtig auf. Wie irr blickte ſie ſich uw. Noch war ſie da, noch hatte ihre Ehe Geltung! Daniela weinte plötzlich ſtill und lautlos in ſich hin⸗ ein. Und ſie wußte, daß ſie ihn wiederſehen mußte. Nur ein einziges Mal! Rudolf Brünneck, der heute, vielleicht gerade in dieſem Augenblick, eine andere Frau küßte! Wie weh ihr ums Herz wurde, wenn ſie daran dachte! Rudolf, wenn er einer anderen gehörte in heißer, leiden⸗ ſchaftlicher Liebe! Daniela konnte nicht mehr im Bett bleiben. Sie ſtand auf, zog leiſe den Morgenrock über und die roſaſeidenen Schuhchen an, und dann ging ſie ans Fenſter. Lange, lange ſtand ſie ſo. Ganz hell war die Nacht, und weit dort droben konnte man ein winziges Pünktchen ſehen. Es war, als klebe dort ein Vogelneſt. Aber es war die Sternenhütte, an deren Tür ein hochgewachſener Mann ſtand und gleich⸗ falls ſehnſüchtig an die Vergangenheit zurückdachte. i 1 iK Daniela ging am anderen Morgen mit ihrem Töchter⸗ chen ſchon ſehr früh auf die Sennwieſen hinüber, nachdem ihr der Wirt verſichert hatte, die Cenzi würde ſich freuen; ſie habe Kinder furchtbar gern. Sie hatten erſt noch auf ihrem Balkon gefrühſtückt. Annemarie hatte herrliche, friſche Milch bekommen, während die beiden Damen Tee, weichgekochte Eier, goldgelbe Butter und zarten Schinken aßen. Daniela ging jetzt langſam den ſchmalen Weg hinab, der dann, über den Gebirgsbach hinüber, auf die Senn⸗ wieſen führte. Sorgſam führte ſie ihr Mädchen an der Hand. Die andere kleine Hand des Kindes hielt bereits einen dicken Blumenſtrauß. Annemarie jauchzte laut auf, als drüben auf der großen Wieſe am Waldrande die Vieh⸗ herden in langſamem, gravitätiſchem Zuge ankamen Fröh— lich hüpfte das Kind neben der Mutter her, die ſelbſt noch wie ein Kind, ſo jung und ſchlank ausſah. Die Sennerin lachte den beiden entgegen. Sie war ein dralles, echtes Alpenmädel mit roten Backen und geſundem, beweglichem Körper. Sehr erfreut blickte ſie auf das ſchöne Kind. Und bald waren alle drei gut Freund. Hierher nun ging Daniela immer, wenn ſie einen Spaziergang machen wollte. Manchmal kam auch Tante 0 Maria mit. Daniela erholte ſich gut, worüber die alte fragt und hat keine Antwort darauf erhalten. Aber— Dame ſich ſehr freute. 1 0 215 unn 9 5 Die Herren waren wieder zurückgekehrt. Das war der Zeitpunkt, wo man wieder etwas unternehmen konnte. Und heute abend ſollte ſogleich ein echter, rechter Gebirgs⸗ ball ahgehalten werden. Die Herren ſchnitten Geſichter; denn ſie waren nicht ſo recht mit ihren Ehehälften derſelben Meinung. Die Tour war anſtrengend geweſen; doch um des lieben Friedens willen ſtellten ſie ſich ſo, als ob ſie ſich freuten. Einer der Herren war nicht mit zurückgekommen. „Nun, wie gefällt es meiner kleinen Annemarie hier?“ „Schön, Tante Maria, oh, ſo ſchön! Haſt du die vielen Doktor Brünneck. Der hatte den Weg über die Ronach-Alm noch mit⸗ genommen, trotzdem die anderen Herren energiſch dagegen waren. Schließlich wollte man ſich doch hier erholen und nicht Felddienſtübungen machen. g Brünneck lachte, als man ihn warnte. Er kannte den Weg, hatte ihn ſchon einmal gemacht, noch dazu im Winter. Da er ſich nicht von ſeinem Vorſatz abbringen ließ, fügten ſich die Herren endlich und traten den Rückweg an. Sie er⸗ zählten das nun auch ihren Damen. Die ſahen ſich an. Na, ſo etwas! Dann hätte man mit der Veranſtaltung doch immerhin warten können, bis der intereſſante Arzt auch wieder da war. Nun aber konnte man nichts mehr rückgängig machen; man hätte ſich ſonſt zu ſehr blamiert, da man das Feſt zur Feier der Rückkehr der Herren ver⸗ anſtalten wollte. Frau Bankdirektor Orla ſagte geringſchätzig zus ihrem Gatten: „Albernes Getue! Ich ſchließe mich aus. Sie tun es ja doch nur, um ihre Töchter hier noch ſchleunigſt an den Mann zu bringen.“ Ludwig Orla zuckte mit den Schultern. „Jeder nach ſeiner Faſſon, meine Liebe. Würdeſt du auch ſo denken, wenn Doktor Brünneck das Feſt beſuchen könnte?“ Sie zuckte zuſammen. Dann ſagte ſie herausfordernd: „Du haſt ganz recht mit dieſer Frage. Ich würde dann wahrſcheinlich anders denken.“ „Siehſt du! Aber ich bin gar nicht böſe; ich bin froh, wenn ich ausſchlafen kann“, ſagte er gemütlich. Seine Frau ſah ihm dann mit innerem Unbehagen zu, wie er einen echten Schmarrn verſchlang, zu dem ſechs Eier, ſehr viel Speck und eine rieſige Scheibe Schinken die Zutaten waren. Frau Orla muſterte ihren Mann heim⸗ lich. Wie dick er war! Wie er ſich gehen ließ! Brünneck dagegen! Deſſen ſtraffe Figur war eine Augenweide. Ruth Orla ſchloß die Augen. Die Auskunftei hatte die Antwort geſandt. Verheiratet, lebt jedoch von ſeiner Frau getrennt. Ruth Orla dehnte ſich behaglich, wenn ſie an dieſe Aus⸗ kunft dachte. Alſo unglücklich verheiratet! Sie hatte ja gleich ſo etwas geahnt. Nun war ſie ihrer Sache ſicher. Lagen ihr in Berlin alle Männer zu Füßen, würde es ihr hier wohl auch noch gelingen, den begehrten Mann zu ſich zu zwingen. Hier im Hotel fürchtete ſie keine Konkurrenz! Nicht im entfernteſten. Daß dieſer Mann ſich nicht für eines dieſer harmloſen, kleinen Gänschen erwärmen würde, die ihm da förmlich auf dem Präſentierbrett zu⸗ geführt wurden, glaubte ſie als ſicher annehmen zu können. Die verheirateten Damen kamen auch nicht in Frage. Vor Ruth Orla ſtieg ein ſchönes, blaſſes Geſicht auf mit blau⸗ſchwarzem Haar und mit großen, dunklen Augen. Die Fremde dort oben! Ja, die! Die konnte gefährlich werden; denn ſie war von einer betörenden Schönheit. Aber dieſe junge Frau kam ja gar nicht in Frage. Die lebte doch vollſtändig zurückgezogen und wollte augenſcheinlich von niemandem etwas wiſſen. Dann würde es ihr doch wahrſcheinlich auch niche ein⸗ fallen, ihr Augenmerk auf Doktor Brünneck zu vicheen. Dieſe junge Frau ſah nicht ſo aus, als ob ſie ſich nach einem Flirt ſehnte, viel eher, als ob ſie ein großes Lend hier in den Bergen begraben wolle. Als an dieſem Abend von unten herauf die Muſib er⸗ tönte, ſaß Ruth Orla allein auf dem Balkon und ſaun bor ſich hin, während ihr Mann gemütlich ſchnarchte. Die Aun⸗ ſtrengung verſchlief man am beſten. Das hatte er benater ſo gehalten; dann war er bald wieder friſch. * 25 8 Zwei Tage ſpäter fühlte Daniela ſich nicht recht wohl. Sie hatte heftiges Kopfweh, das ſie ſich wahrſcheinlich beim Aufenthalt in der Sonne geholt hatte. Sie lag auf der Chaiſelongne, und die Stille ringsum wirkte wohl⸗ tuend Tante Maria war mit dem Kinde wieder auf die Wieſen hinübergegangen. Sie ſaß bei der Cenzi und plauderte mit ihr, während die Kleine im Graſe ſpiette. Zwei drollige, kleine Schafe umhüpften Annemarke, und das Kind lachte laut und fröhlich. Ganz drüben weideten die Kühe, und Annemarie wußte nun ſchon, daß ſie dort hinüber nicht gehen durfte. Nur die Lämmer waren ihre Spielkameraden. Die Cenzi erzählte gerade davon, wie vor en Jahren hier auf die Felsſpitze ein junger Mann geklettert war, um Edelweiß zu pflücken. Es galt eine Wette. Der junge Mann aber ſtürzte auf halbem Wege ab. „Ja, die Prinzenſpitze gibt keinen lebendig wieder her“, ſagte Cenzi zum Schluß ihrer Erzählung. Plötzlich ſchraten beide auf. Ein kläglicher e 5 ſchnitt die Luft. Am Rande des Abhangs ſtand Lämmer und ſah hinab. Von dem Kinde und dem anderen Lamm war wöchts mehr zu ſehen. Cenzi war im Nu drüben. Tante Maria ſchieppte ſich mühſam vorwärts. Cenzi wandte ſich ihr mit ſchwekelns⸗ bleichem Geſicht zu. „Gnädige Frau, das— Kind— iſt— hinabgeſtinze! Es liegt auf der Matte dort unten. Verletzt iſt es nicht; es ſitzt neben dem Lamm und ſtreichelt es. Aber wer(oll das Kind heraufholen um Chriſti willen?“ Tante Maria kniete im Graſe. Sie hatte die Hände ge⸗ faltet und ſah ſtarr hinunter. Die Grasmatte war nicht groß. Wenn Annemarie aufſtand und dann noch weiler abſtürzte? Drüben am Waldrande kam ein einzelner Wanderer. Er blieb ſtehen, ſah auch hinab und erfaßte im Augenblick die gefährliche Situation. Er warf den Ruckſack ab und begann gewandt, von der gegenüberliegenden Seite aus, hinabzuklettern. Es dauevte nicht lange, ſo war er unten bei dem Kinde angelangt. Er nahm es hoch; da fuhr er zurück. Narrte ihn denn ein Spuk? Genau ſo hatte ſeine kleine, längſt verſtorbene Schweſter ausgeſehen. Er beſaß noch ein Bild von ihr; erſt neulich war es ihm bei Durchſuchung eines Schubfaches in die Hände gefallen. Wer war das Kind, das ſeiner kleinen Schweſter ſo ähnlich war? Annemarie lachte den Fremden an. Dann ſagte ſie zu⸗ traulich: „Annemarie iſt unartig geweſen. Tante Maria ſagt, ich ſoll nicht fortgehen. Nun bin ich heruntergefallen.“ Rudolf Brünneck küßte das Kind, drückte es feſt, ſeſt an ſich. „Wie heißt du denn noch, Annemarie?“ fragte er, und ſeine Stimme klang ganz heiſer. „Annemarie heiße ich.“ Brünneck drückte das weiche Körperchen noch immer an ſich, und das Kind ſchlang zutraulich die Arme um ſeinen Hals. „Gehſt du mit zur Mutti? Wenn du mitkommſt, daun zankt Mutti nicht.“ Annemarie ſchaute ihm treuherzig in die Augen. Rudolf Brünneck aber dachte: „Wenn es möglich wäre! Wenn Gott uns hier zu⸗ ſammenführte, dann dürfte auch Daniela nicht länger hart bleiben. Dieſe Aehnlichkeit des Kindes mit meier Schweſter, ja, und auch mit mir ſelbſt! Dazu der Name Tante Maria! Es kann nicht anders ſein, es muß meim Kind ſein. So grauſam wird eine Duplizität der Füätle nicht vorherrſchen können.“ Da Annemarie ſich nicht von dem Lamm trennen wolte, nahm Brünneck auch dieſes mit ſich. Vorſichtig kletterte er nun wieder an der ſteilen Wand hoch. Seine Hände bluteten, als er oben ankam. Er reichte der Sennerin das Kind hinauf. Frau von Lorring aber blickte ihn an, als ſähe ſie ein Geſpenſt. Elaſtiſch ſchwang er ſich hinauf. „Rudolf!“ „Tante Maria!“ 4 Zwiſchen dieſen beiden Menſchen, die einander ſtets ſo hoch geachtet hatten, fiel alles in ſich zuſammen, was zwiſchen einſt und jetzt lag. Die alte Dame hielt beide Hände Brünnecks ſeſt in den ihren. „Rudolf, das iſt kein bloßer Zufall, das iſt Gottes Fügung“, ſagte ſie leiſe. Er küßte ihre Hände. „Ja, Tante Maria, wir wollen beide an dieſe Fügung glauben.“ Das Kind ſchmiegte ſich an den Vater, ſah zutraulich zu ihm empor und fragte: „Biſt du ein Vater? haben.“ Er hob ſein Töchterchen wieder auf ſeinen Arm. Ueber das dunkle Lockenköpſchen hinweg trafen ſich ſeine Augen mit denen der alten Dame. Langſam gingen ſie dann mit⸗ einander den ſchmalen Weg zum Hotel zurück. 5(Schluß folgt.) Ich will auch einen Vater Se ausge, Verſehenklich über die Grenze geralen und verhaftet. Gleiwitz, 24. Jan. Wie erſt jetzt bekannt wird, wurde am Mitlwoch der deter führer des Bundes techniſcher Angeſtellter, Bezirk Oſtoberſchleſien, Ingenieur Jakob⸗ Gleiwitz, an der deutſch⸗polniſchen Grenze hinter Poremba von den Polen verhaftet. Jakob hatte für eine illuſtrierte Wochenſchrift einige Skizzen verfaßt, die er illuſtrieren wollte. Zu dieſem Zweck begab er ſich in den Waldbezirk Poremba⸗Delbrück⸗Schächte, um photographiſche Aufnahmen zu machen. Da⸗ bei geriet Jakob erſehentlich einige Schritte über die deutſch⸗polniſche Grenze. Bei der bekannten Einſtellung der Polen beſteht die Gefahr, daß ſie dieſe günſtige Gelegenheit nicht vorüber gehen laſſen, einen Spionage fall zu konſtruieren, da Jakab beim Photo⸗ graphieren angetroffen wurde. Inſeln vom Eis blockiert. Huſum, 24. Jan. Infolge der Eisſchwierig⸗ keiten im Huſumer Wattenmeer mußte der Daumpfſchiſffverkehr nach den Inſeln Nord⸗ ſtrand und Pellworm eingeſtellt werden. Während der Verkehr von Huſum nach 0 Nordſtrand über den Nordſtrander Damm möglich iſt, wurde zur Aufrechterhaltung der Verbindung zwiſchen dem Feſtland und Belworm ein Flugzeug angefordert. 23 Grad Kälte Im Schneeſturm erfroren. Hirſchberg, 24. Januar. Au Samstag und Sonntag herrſchte über dern ganzen Rieſengebirgskamm ſchwerer Schneeſtur m. Im durchſchnitt ſind 30 timeter Neuſchnee gefallen. In den ichſten Lagen des Gebirges ſank das Ther⸗ mometer bis auf 23 Grad unter Null. Bei dem Aufſtieg von Hohenelbe nach den Schlüſſelbauden verirrten ſich zwei junge Lente und blieben erſchöp egen. Wäh⸗ reud der eine ſich wieder aufraffen konnte und mit erfrorenen Gliedern die Baude er⸗ reichte, konnte der andere ſpäter nur noch als Leiche geborgen werden. Der Verletzle und ein Arzt, dem ebenfalls in der ſcharfen Kälte die Finger abgefroren waren, mußten ins Krankenhaus Hohenelbe eingeliefert wer den. glebenſtündige Verbrecherjagd Die Autoflucht eines BBG.-Räubers. Berlin. 23. Januar. Die Berliner Kriminalpolizei hat in der Nacht den zweiten der an der Beraubung des BG.⸗Geldtransportes beteiligten Räu⸗ ber, nämlich den Kraftwagenführer Krebs, feſtgenommen. Die Polizei war Krebs be⸗ reits ſeit einigen Tagen auf der Spur. Sie ſtellte feſt, daß in der Sebaſtianſtraße eine blaue Horch⸗Limouſine geſtohlen worden war, und hatte Anhaltspunkte dafür, daß Krebs der Dieb war. Die Reviere wurden benachrichtigt, und die Polizeibeamten ſichte⸗ ten verſchiedentlich den geſtohlenen Wagen, mit dem Krebs in Richtung Frankfurt⸗Oder geflüchtet war. Das Netz zog ſich dann im⸗ mer enger um Krebs zuſammen. Gegen 1 Uhr nachts fuhr er vor dem Hauſe der Eltern vor und wurde dort feſtgenommen. Auf dem Präſidium legte er ein umfaſſendes Geſtänd⸗ nis ab.— Ein dritter Beteiligter an dem Raub hat ſich ſelbſt geſtellt. 5 Die gleichen Täter Nef e in Marien⸗ orf. Durch die Feſtnahme des BVG. ⸗Räubers Willy Krebs, iſt es Kriminalkommiſſar Liſ⸗ ſigkeit jetzt auch gelungen, den Raubüberfall, der am 13. Mai 1932 auf ein Lokal in Ma⸗ riendorf verübt wurde, wobei ein Prokuriſt Sauer von den Tätern bei ihrer Flucht er⸗ ſchoſſen wurde, aufzuklären. Krebs legte das Geſtändnis ab, mit dem noch flüchtigen Hoh⸗ eiſem und dem bereits feſtgenommenen Hil⸗ debrandt die Tat ausgeführt zu haben. Geheimnisvolle Exploſſon Zehn Perſonen getötet. Moskau, 24, Januar. Ver einigen Tagen wurden vier Moskau⸗ er Gelehrte, Kusnecow, Gorbunow, Greben⸗ ſchitow und Popew beerdigt, die bei Verſu⸗ 8 im Gebäude des Starkſtromtruſts ums en gekommen ſind. Außer dieſen vier Gelehrten ſoll noch eine Gruppe von ſechs Arbeitern, die an den Forſchungen teilge⸗ nommen hat, umgekommen ſein. Von amt⸗ licher Seite wird über die Todesurſache nichts mitgeteilt. Nach privaten Meldungen ſoll es ſich um eine 0 Noten beim Ausprobieren einer auf militäriſchem Gebiet liegenden Erfindung handeln. Eine Beſtätigung der Nachricht von amtlicher ruſſiſcher Seike iſt nicht zu er. halten. 2000 Omnibuſſe außer Vetrieb London, 24. Januar. Während des Wochenendes ſchloſſen ſich weitere 3500 Mann dem Omnibusſtreik an. Die Zahl der Streikenden beläuft ſich daher ht auf 13 000 bis 14000 Mann. Etwa 2 Omnibuſſe ſind außer Betrieb. beginnt am Donnerstag Es geht ſchon los Ein Vorſtoß Beneſchs gegen die Minderheiten zurückgewieſen. Genf, 24. Januar. Im Präſidium der Abrüſtungskonferenz kam es in der erſten Sitzung am Montag zu einer bewegten Ausſprache über den ſoge⸗ nannten„Landesverräterpara⸗ graphen“ des Abkommens. In dem Ab⸗ kommen war über die internationale Rü⸗ ſtungskontrolle urſprünglich eine Regelung vorgeſehen, wonach Perſonen, die dem Kon⸗ trollausſchuß Mitteilungen über geheime, im Abrüſtungsabkommen verbotene Rüſtungen ihres eigenen Landes machen, völlige Straf⸗ loſigkeit genießen ſollen. In der Montag⸗ ausſprache forderten dagegen Maſſigli, Wilſon und Motta die Behandlung der geſamten Frage im Hauptausſchuß der Ab⸗ rüſtungskonferenz. In der Ausſprache gab Beneſch eine eigenartige Erklärung ab, in der er Strafloſigkeit derartiger Landesver⸗ räter forderte und ſolche Perſonen auf die gleiche Stufe mit den beim Völkerbund ge— gen die Regierungen ihres Landes Be⸗ ſchwerde führenden Minderheiten ſtellte. Dieſe deutliche Anſpielung Beneſchs auf die zahlreichen Klagen der deutſchen Minder⸗ heiten beim Völkerbund infolge des forkge⸗ ſetzten Bruches der Minderheitenſchuhver⸗ träge wurde allgemein verſtanden. Bolſchaf⸗ ter Nadolny lehnte ſofork mit großem Nachdruck jeden Vergleich zwiſchen Landes verrätern und Minderheiten ab und bekonke den ſelbſtverſtändlichen Unkerſchied zwiſchen dem rechtlich auf inkernakionalen Verkrägen fußenden Beſchwerden der Minderheiten und dem Verhalten von Landesverräkern. Beneſch verharrte jedoch auf ſeiner Auffaſ⸗ ſung und erklärte, daß der Unterſchied zwi⸗ ſchen den beiden Perſonengruppen nur ſeine Auffaſſung beſtätige. Nadolny beantragte daraufhin, die geſamte Frage an den Haupt⸗ ausſchuß zu verweiſen. Aus der Heimat Gedenktage 24. Januar 1933. 1712 Friedrich der Große in Berlin geboren. 1732 Der Dichter PierreAuguſtin Caron de Beaumarchais in Paris geboren. 1776 Der Dichter. T. A. Hoffmann in Kö⸗ nigsberg geboren. Prot. und kath.: Timotheus. Sonnenaufg. 7.54 Sonnenunterg. 16.30 Mondes 728 Mondunterg. 14.08. Selbstschutz des Körpers Die Naſe, an der den Menſchen im zallge⸗ meinen nur ihre mehr oder weniger„tlaſſiſche Form intereſſiert, die ihrem Beſitzer je nach⸗ dem Freude oder Verdruß bereitet, hat im menſchlichen Organismus eine außerordentliche bedeutſame Funktion zu erfüllen. Sie iſt eines der wache Organe des Selbſtſchutzes, den der menſchliche Körper beſitzt, um ſich gegen von gußen her drohende Schäden zu ſchützen und für ſeine Geſunderhaltung zu ſorgen. Die Naſe ſtellt den oberſten Teil der menſch⸗ lichen Atmungseinrichtung dar, die zunachſe die kalte Außenluft für den Zugang zum Innern des Körpers zu erwärmen und ſie dann mit Waſſerdampf zu ſättigen hat. Beim Eindringen unerwärmter Luft in die Lunge durch Mundatmung iſt eine Erkältung und eine Erkrankung der Luftröhre und der Lunge unausbleiblich. Im Innern der Naſe fin⸗ det ſich ein mit feinſten Härchen verſehener Bezug, der ſich in ſtändig vibrierender Be⸗ wegung befindet. Dieſe Flimmerbewegung er⸗ möglicht es, aus der Luft eindringende Schäd⸗ lichkeiten, wie Fremdſtoffe, Krankheitserreger und dergleichen vom Vordringen in den Kör⸗ per fernzuhalten. Ein wichtiges Schutzmittel iſt auch der Naſenſchleim, der eine große Reihe von Krankheitserregern für den Körper un⸗ ſchädlich macht. 5 Beim Nieſen iſt darauf zu achten, daß man die für ſeinen Körper unſchädlich gemach⸗ ten Stoffe nicht auf andere Perſonen über⸗ trägt. Man halte daher ſtets ein Taſchentuch beim Nieſen vor den Mund. Schließlich ſei noch daran erinnert, daß uns die Naſe als Vermittler des Geruches vor Gefahren ſchützt, indem ſie uns vor der Einatmung gaſiger ſchädlicher Stoffe ſchützt. Würde man z. B. das Ausſtrömen von Leuchtgas nicht durch den Geruch wahrnehmen, ſo würden ſicherlich noch mehr Menſchenleben als bisher ſolchen Vergiftungen zum Opfer fallen. Wer alſo die Waffe nützen will, die ihm die Natur in der Naſe gegeben hat, der atme ſtets nur durch dieſes Organ und ſorge dafür, daß etwaige Behinderungen der Naſenatmung, die durch Wucherungen, Entzündungen und der⸗ gleichen entſtehen können, durch ärztliche Hilfe möglichſt raſch beſeitigt werden. * Behandlung aufgefundener Luftballone mit wiſſenſchaftlichen Apparaten. Zur Siche⸗ rung der Luftfahrt und zu wiſſenſchaftlichen Zwecken werden von den verſchiedenen meteoro— logiſchen Inſtituten im Deutſchen Reiche mit Ballonen und Drachen Inſtrumente aufgelaſ— ſen, die die Temperatur und andere Wetter⸗ elemente ſelbſttätig aufzeichnen. Die Finder ſolcher Ballone oder Drachen mit Regiſtrierin⸗ ſtrumenten werden erſucht, die daran ange⸗ brachten Anweiſungen genau zu befolgen. In den Anweiſungen iſt ſtets die Drahtanſchrift oder der Fernruf des in Frage kommenden Inſtituts enthalten. Dem Finder werden die Unkoſten für die Benachrichtigung erſetzt. Bei richtiger Behandlung der Inſtrumente, die genau angegeben iſt, erhält der Finder außer⸗ dem eine Belohnung. Die Ballone und Dra⸗ chen ſowie die mitgeführten Apparate ſind Staatseigentum, ihre böswillige Beſchädigung oder Entwendung wird ſtrafrechtlich verfolgt. * Welterbericht Wettervorh ſage: Anhalten des ſcharfen Froſtes bei ſordöſtlichen Winden, ſtellenweiſe leichte Schn⸗ckälle. Besprechung Zentrum N DAP. Berlin, 24. Jan. Zwiſchen den Reichstags⸗ fraktionen der NSDAP. und der Zentrums⸗ partei fand, wie die„Germania berichtet, am Montag eine kurze, rein informatoriſche Ausſprache ſtatt, an der von jeder Seite nur ein Vertreter beteiligt war. Es iſt anzuneh⸗ men, daß dieſe Beſprechungen heute fortge⸗ ſetzt werden. Geſchäftliche Mitteilungen. * Moderne Wiſſenſchaft. Auch bei der Glatze braucht man noch nicht zu verzweifeln. Die moderne Wiſſenſchaft iſt heute in der Lage, einen Menſchen, deſſen Magen oder Darm durch Operation außer Funktion geſetzt iſt, durch die Haut zu ernähren. Ebenſo laſſen ſich auch die geſchwächten Haarwurzeln durch Zufuhr von wirkſamen Haarnährſtoffen, die aus dem Haar ſelbſt gewonnen werden, wieder kräftigen, ſodaß ſie in der Lage ſind, ihre Funktion in vollem Maße auszuüben. Der Gedanke, aus natür⸗ lichem, gereinigtem Menſchenhaar die Bauſteine herauszulöſen und ſie der geſchwächten Haar- wurzel zum Auſbau zuzuführen, iſt ebenſo intereſ⸗ ſant wie überzeugend. Durch deutſches Reichs- patent iſt der Firma Silvikrin Gem.eb. H. die Herſtellung dieſer Haarlöſungen patentiert. Eine Probe-Reo-Silvikrin⸗Shampoon, ſowie das Büch⸗ lein„Die Erhaltung und Wiedergewinnung un- ſeres Kopfhaares“ erhalten Sie koſtenlos auf Ihre Aufforderung von der Firma Silvikrin- Vertrieb G.m.b. H., Berlin SW. 68, Alsxand⸗ rinenſtraße 105 /6. Märkte und Vörſen Vom 23. Januar. (Ohne Gewähr.) Frankfurter Produktenbörſe. Amtlich notierten: Weizen 19,90 bis 20; Roggen 16,25; Sommergerſte 18 bis 18,25; Hafer 13 bis 13,50; Weizenmehl ſüdd. Spezial Null 28 bis 29; dto. niederrh. 28 bis 29; Roggenmehl 22,25 bis 23,25; Weizenkleie 7,40 bis 7,50; Roggenkleie 1,85 bis 8; Soja⸗ ſchrot 10,30 bis 10,75; Palmkuchen 8,65 bis 8,75 Erdnußkuchen 12,25 bis 12,50; Biertre⸗ ber 10,75 bis 10,85; alles per 100 Kilo; Tendenz: ruhig. Mannheimer Produktenbörſe. Es notierten in Rm. per 100 Kilo, wag⸗ gonfrei Mannheim: Inlandsweizen 20,30 bis 20,40; Inlandsroggen 16,50; Inlandshafer 13,25 bis 14; inl. Sommergerſte 18,50 bis 20 Futtergerſte 17,50 bis 17,75; gelbes La⸗ Platamais 19,50; ſüdd. Weizenmehl, Spezial Null, mit Austauſchweizen 28,75 bis 29; ſüdd. Weizenauszugsmehl 31,75 bis 32; ſüdd. Wei⸗ zenbrotmehl 20,75 bis 21; nord⸗ und ſüdd. Roggenmehl 20,75 bis 23,75; feine Weizen⸗ kleie 7,50 bis 7,75; Biertreber 10,50 bis 10,75; Erdnußkuchen 11,75. Mannheimer Großviehmarkt. Zufuhr und Preiſe: 189 Ochſen 20 bis 30; 131 Bullen 17 bis 24; 244 Kühe 10 bis 24; 348 Färſen 21 bis 31; 756 Kälber 22 bis 37; 16 Schafe 15 bis 22; 2588 Schweine 32 bis 39; 90 Arbeitspferde 300 bis 1200; 76 Schlachtpferde 20 bis 100.— Marktverlauf: Großvieh ruhig, langſam geräumt; Schweine mittel, geräumt; Kälber ruhig, geräumt; Ar⸗ beits⸗ und Schlachtpferde ruhig.